vorgehend
Landgericht München I, 7 O 16532/01, 02.10.2003
Oberlandesgericht München, 29 U 5084/03, 25.10.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I Z R 2 3 7 / 1 2
vom
3. April 2014
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. April 2014 durch die
Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin
Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen den Senatsbeschluss vom 6. November 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet. Der Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist durch die Zurückweisung ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch Beschluss des Senats vom 6. November 2013 nicht verletzt.
2
I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - I ZB 68/10, GRUR 2012, 314 Rn. 12 - Medicus.log).
3
II. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 6. November 2013 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten in vollem Umfang geprüft , jedoch sämtlich nicht für durchgreifend erachtet.
4
1. Soweit die Beklagte mit ihrer Anhörungsrüge ihren Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde wiederholt, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. Mai 2008 - 1 BvR 562/08, NJW 2008, 2635 f.; BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - I ZR 92/09, MMR 2012, 766 Rn. 2). Eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auch nicht mit dem Ziel eingelegt werden, eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2013 - IX ZR 100/11, juris Rn. 3; Beschluss vom 15. August 2013 - I ZR 91/12, juris Rn. 2).
5
2. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Übrigen geklärt, dass eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung von Verfassungs wegen regelmäßig keiner Begründung bedarf (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1382/10, NJW 2011, 1497 Rn. 12). Dies gilt auch für Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, mit denen - wie hier - eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 544 Abs. 4 ZPO zurückgewiesen worden ist (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 12). Eine Begründung ist nur dann aus- nahmsweise geboten, wenn vom eindeutigen Wortlaut einer Norm abgewichen wird und der Grund hierfür nicht ohne weiteres erkennbar ist oder wenn ein im Zeitpunkt der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde bestehender Zulassungsgrund vor der Entscheidung über diese wegfällt und deswegen eine Prüfung der Erfolgsaussichten auf der Grundlage anderer als der von der Vorinstanz als tragend angesehenen Gründe erforderlich ist (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 13). Eine solche Ausnahme ist jedoch weder von der Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich.
6
An diesen Grundsätzen zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen ändert sich auch dann nichts, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz gerügt worden ist. Der Umstand, dass die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 4 ZPO mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO angefochten werden kann, wenn mit dieser eine nicht nur sekundäre, sondern eine neue und eigenständige Gehörsverletzung gerügt wird, hat keinen Einfluss auf Begründungserleichterungen bei Beschlüssen über die Nichtzulassungsbeschwerde (BVerfG, NJW 2011, 1497 Rn. 14; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZR 91/12, juris Rn. 4).
7
III. Im Streitfall bestand - anders als die Beklagte mit der Anhörungsrüge geltend macht - auch kein Grund für ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV. Nach dem im Revisionsverfahren gegen das erste Berufungsurteil (OLG München, GRUR Int. 2005, 72) bereits erfolgten Vorabentscheidungsersuchen (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2008 - I ZR 69/04, GRUR 2008, 413 = WRP 2008, 669 - Bayerisches Bier I) und dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - C-120/08, GRUR 2011, 240 = WRP 2011, 189 - Bavaria/Bayerischer Brauerbund II) bestehen im Streitfall bei der Auslegung des Unionsrechts keine vernünftigen Zweifel, so dass eine erneute Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht geboten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T; Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, Slg. 2005, I-8151 Rn. 33 - Intermodal Transport).
8
1. Die Beklagte macht mit der Anhörungsrüge geltend, im vorliegenden Fall stelle sich die Frage, ob die gemäß Art. 1 Nr. 15 der Verordnung (EG) Nr. 692/2003 fortgeltende Bestimmung des Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 die Gewährung des Schutzes nationalen Rechts in einem Fall ausschließt, in welchem der Kläger Schutz einer nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 eingetragenen geschützten geographischen Angabe gegenüber einer vorrangigen Marke sucht und die Klage eingelegt wurde nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Eintragung der geschützten geographischen Angabe und der Schutz sich auf nationales Recht und Tatsachen stützt, die vor der Eintragung der geschützten geographischen Angabe liegen.
9
Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist insoweit nicht erforderlich.
10
Nach Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 konnten die Mitgliedstaaten den einzelstaatlichen Schutz bis zu dem Zeitpunkt, zu dem über die Eintragung entschieden wurde, beibehalten (vgl. auch EuGH, GRUR 2011, 240 Rn. 63 f. - Bavaria/Bayerischer Brauerbund II; BGH, Urteil vom 22. September 2011 - I ZR 69/04, GRUR 2012, 394 Rn. 37 = WRP 2012, 550 - Bayerisches Bier II). Auf den Zeitpunkt der Klageerhebung stellt die Bestimmung nicht ab. Es ist zudem nichts dafür ersichtlich, dass mit dem Schutz auf Unionsebene der zuvor bestehende nationale Schutz rückwirkend entfallen ist.
11
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Exklusivität des Schutzes nach den Verordnungen Nr. 2081/92 und 510/2006, wonach diese Verordnungen eine einheitliche und abschließende Schutzregelung für Ursprungsbezeichnungen und geographische Angaben schaffen (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 8. September 2009 - C-478/07, Slg. 2009, I-7721 = GRUR 2010, 143 Rn. 114 bis 129 - American Bud II). Das betrifft nur ein Nebeneinander des nationalen und des unionsrechtlichen Schutzsystems (vgl. EuGH, GRUR 2010, 143 Rn. 114). Vorliegend geht es um einen nationalen Schutz, solange der unionsrechtliche Schutz noch nicht besteht, also um ein Nacheinander des Schutzes, den Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 ermöglicht (vgl. EuGH, GRUR 2011, 240 Rn. 63 f. - Bavaria/Bayerischer Brauerbund II).
12
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte für ihre gegenteilige Ansicht auf die mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2012 vorgelegten Urteile der obersten Gerichte Spaniens und Italiens. Die Beklagte hat schon nicht dargelegt, dass die Gründe, die für eine Schutzversagung in diesen Entscheidungen maßgeblich waren, nicht auf Besonderheiten - etwa weil "BAVARIA" im Spanischen und Italienischen keinen Bezug zu "bayerisch" oder "Bayern" aufweist - beruhen, die mit der von der Anhörungsrüge aufgeworfenen Frage nichts zu tun haben.
13
2. Die Anhörungsrüge meint, ein Schutz nach §§ 126 ff. MarkenG sei im Hinblick auf Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 und der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 ausgeschlossen. Die IR-Marke dürfe deshalb weiter verwendet werden.
14
a) Dieses Vorbringen und die in diesem Zusammenhang formulierte Vorlagefrage rechtfertigt kein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union. Auf das Verhältnis von Art. 14 Abs. 2 der Verordnungen Nr. 2081/92 und 510/2006 zum übergangsweise zulässigen nationalen Schutz kommt es nicht an.
15
aa) Der Schutz des Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 - Gleiches gilt für die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 - setzt einen guten Glauben des Markeninhabers bei der Eintragung der Marke voraus. Einen guten Glauben der Beklagten hat das Berufungsgericht verneint. Die dagegen gerichteten , auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten gestützten Rügen greifen nicht durch.
16
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte nicht gutgläubig bei der Eintragung der Marke war, weil zuvor Schutz für Marken mit dem Bestandteil "Bavaria" in Deutschland von Amts wegen verweigert wurde.
17
Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff des guten Glaubens in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 unter Berücksichtigung aller Vorschriften des nationalen Rechts und des Völkerrechts zu betrachten , die in dem Zeitpunkt galten, als der Antrag auf Eintragung der Marke eingereicht wurde. Entsprechendes hat für den Zeitpunkt des Antrags auf Schutzerstreckung der IR-Marke zu gelten. Bei dem Inhaber der Marke kann grundsätzlich kein guter Glaube vermutet werden, wenn die seinerzeit geltenden Vorschriften einem Eintragungsantrag eindeutig entgegenstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 4. März 1999 - C-87/97, GRUR Int. 1999, 443 Rn. 35 - Gorgonzola/ Cambozola; BGH, GRUR 2008, 413 Rn. 36 - Bayerisches Bier I). Zu den maßgeblichen nationalen Vorschriften gehörten im Jahr 1995 § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG , der ein Schutzhindernis für geographische Angaben begründet, und die Vorschriften über den nationalen Schutz geographischer Angaben, aus denen sich ein relatives Schutzhindernis nach § 13 Abs. 1 und 2 Nr. 5 MarkenG ergibt.
Diese stehen nach Art. 6quinquies Abschn. B Nr. 1 und 2 PVÜ auch einer Schutzerstreckung der IR-Marke auf Deutschland entgegen.
18
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten folgt auch nicht daraus, dass sie seit 1925 das Zeichen "Bavaria" - etwa in der Unternehmensbezeichnung - benutzt. Markenschutz ist ihr jedenfalls mehrfach verweigert worden.
19
Gegen eine Bösgläubigkeit der Beklagten spricht auch nicht der Umstand , dass der Kläger den Schutz für die Bezeichnung "Bavaria" im Eintragungsverfahren hat fallen lassen. Der Tatsache, dass der Kläger für diese Bezeichnung den Schutz als geschützte geographische Angabe nach den Verordnungen der Europäischen Union nicht weiterverfolgt hat, lässt sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass die Beklagte für eine entsprechende Bezeichnung Markenschutz erwerben kann.
20
b) Der Nichtzulassungsbeschwerde verhilft auch nicht der Hinweis auf Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 zum Erfolg, die an die Stelle der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 getreten ist. Auch diese Vorschrift setzt einen guten Glauben der Beklagten voraus, an dem es vorliegend im Hinblick auf die Schutzerstreckung der IR-Marke auf Deutschland fehlt. Deshalb kommt es auch nicht auf die von der Anhörungsrüge in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage an, ob Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 als Ausdruck unionsrechtlicher Verbürgung des Schutzes des geistigen Eigentums an einer gutgläubig in der Union erworbenen Marke gegenüber einer geographischen Angabe auch einer Löschung dieser Marke auf der Grundlage nationalen Rechts entgegenstehen.
Büscher Pokrant Kirchhoff
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.10.2003 - 7 O 16532/01 -
OLG München, Entscheidung vom 25.10.2012 - 29 U 5084/03 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Apr. 2014 - I ZR 237/12

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 263/04
vom
24. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 321a F: 1. Januar 2005, § 564

a) § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember
2004 (BGBl. I S. 3220) gilt - sofern die nach Absatz 2 zu wahrenden
Fristen noch nicht abgelaufen sind - auch für vor Inkrafttreten der
Novelle am 1. Januar 2005 rechtskräftig gewordene Entscheidungen.

b) Die Entscheidung über eine Gehörsrüge braucht nicht begründet zu werden
, soweit sie im Revisionsverfahren erhobene und in Anwendung des
§ 564 ZPO ohne nähere Begründung nicht für durchgreifend erachtete
Rügen von Verfahrensmängeln betrifft.
BGH, Beschluß vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rügeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:


I.


Die Klägerin hat in dem vorausgegangenen Rechtsstreit d as beklagte Bundesland auf Ersatz von Vermögensverlusten wegen der Versagung einer Kiesabbaubewilligung in Anspruch genommen. Ihre Revision gegen die im Berufungsrechtszug erfolgte Klageabweisung hat der Senat durch Urteil vom 9. Dezember 2004 zurückgewiesen (für BGHZ bestimmt). Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 5. Januar 2005 zugestellt worden.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit einer am 18. Januar 2005 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I
S. 3220). Sie trägt vor, der erkennende Senat habe im Revisionsurteil ihre Verfahrensrügen zu dem Vorwurf sachfremder Behandlung ihres Bewilligungsantrags durch das Bergamt des beklagten Landes nicht vollständig erfaßt und beschieden.

II.


Die Anhörungsrüge ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken gegen die Statthaftigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs, obwohl das angegriffene Urteil bereits mit seiner Verkündung am 9. Dezember 2004 und sonach vor Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes am 1. Januar 2005 rechtskräftig geworden ist.

a) Die Novelle hat die bis dahin nur gegen nicht beru fungsfähige Urteile erster Instanz gegebene Möglichkeit, eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör zu rügen (§ 321a Abs. 1 ZPO i.d.F. des Zivilprozeßreformgesetzes vom 27. Juli 2001, BGBl. S. 1887), durch Änderung des § 321a Abs. 1 ZPO auf alle mit Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbare gerichtliche Entscheidungen erweitert. Das gilt deshalb auch für die nach streitiger mündlicher Verhandlung ergangenen, sofort rechtskräftig werdenden Revisionsurteile. Übergangsvorschriften enthält das Gesetz nicht. Es ist daher durch Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Zivilprozeßrechts zu bestimmen, ob die Neuregelung auch zuvor schon rechtskräftig gewordene Urteile erfaßt. Die Frage ist zu bejahen.

b) Die Statthaftigkeit eines unter der Herrschaft neue n Rechts eingelegten Rechtsmittels bestimmt sich - ebenso wie dessen sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen - regelmäßig nach dem geänderten Recht (vgl. BGH, Beschluß vom 25. November 1977 - I ARZ 584/77 - NJW 1978, 427; Beschluß vom 25. Januar 1978 - IV ZB 10/77 - NJW 1978, 889 f.; RGZ 135, 121, 123; RG JW 1925, 362, 363; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1 EGZPO Rn. 4 m.w.N.). Das gilt im allgemeinen indes nur für anhängige Verfahren. Bereits rechtskräftige Urteile werden mit einer Änderung des Rechtsmittelszuges grundsätzlich nicht anfechtbar (BGHZ 3, 82, 85; BAG AP Nr. 5 zu § 123 ArbGG 1953; Stein/Jonas/Schlosser, aaO). Es kann in der Regel nicht angenommen werden, daß die durch ein rechtskräftiges Urteil eingetretene definitive Feststellung der Rechtsverhältnisse und die Erledigung des Rechtsstreits nachträglich wieder umgestoßen werden sollen. Das würde einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtskraft darstellen, die über die Belange der siegreichen Partei hinaus auch im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit schützenswert ist. Eine Ausnahme kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn besonders zwingende, den Erwägungen der Rechtssicherheit übergeordnete Gründe dazu Anlaß geben, etwa dann, wenn wirtschaftliche und soziale Mißstände zu beseitigen sind (BGHZ aaO S. 85 ff.).

c) Eine solche Ausnahmesituation ist hier gegeben. Desweg en kann auch auf sich beruhen, ob diese Grundsätze einschränkungslos für sämtliche Rechtsbehelfe gelten. Das Interesse an einer Verteidigung der eingetretenen Rechtskraft ist unter den besonderen Voraussetzungen der Anhörungsrüge schon nicht schutzwürdig, weil diese nur dann begründet ist, wenn das Gericht das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO). In diesem Falle müßte die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG
die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG - Annahmegründe im Sinne des § 93a BVerfGG vorausgesetzt - jedenfalls auf Verfassungsbeschwerde der beschwerten Partei aufgehoben werden. Es geht daher nicht wie sonst um eine Abgrenzung zwischen den im Ansatz gleichermaßen schützenswerten Geboten der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit, sondern allein oder zumindest weit überwiegend um die (Kompetenz-)Frage, ob eine Abhilfe durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen muß oder ob sie bereits im Rahmen der fachgerichtlichen Prüfung vorgenommen werden kann.
Diese Frage hat das Plenum des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluß vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 401 ff. = NJW 2003, 1924 ff.) grundsätzlich im Sinne eines Vorrangs des von den Fachgerichten zu gewährenden Rechtsschutzes beantwortet. Danach sichert der allgemeine Justizgewährungsanspruch als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Rechtsschutz gegen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in jeder gerichtlichen Instanz, also auch dann, wenn das Verfahrensgrundrecht erstmalig in einem Rechtsmittelverfahren verletzt wird. Die Verfahrensordnung muß in diesem Fall eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit vorsehen. Lediglich für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2004 war dieser bis dahin verfassungswidrige Zustand noch hinzunehmen (BVerfGE 107, 395, 418).
Die Novellierung des § 321a ZPO durch das Anhörungsrüge ngesetz dient der Umsetzung dieses Beschlusses (BT-Drucks. 15/3706 S. 1, 13). Die Gehörsrüge einer Partei hindert den Eintritt der Rechtskraft nicht. Erst wenn sich herausstellt, daß die Rüge begründet ist, wird - ähnlich einer Wiedereinsetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens (BT-Drucks. 15/3706 S. 14,
17) - die Rechtskraft durchbrochen und das Verfahren fortgesetzt. Was für vor dem Ende der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Übergangsfrist rechtskräftig gewordene Urteile gelten soll, wenn die Frist zur Erhebung der erweiterten Anhörungsrüge beim Inkrafttreten der Novelle noch nicht abgelaufen war oder diese - wie im Streitfall - überhaupt erst nach dem 1. Januar 2005 beginnen konnte, läßt sich weder der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch den Gesetzesmaterialien eindeutig entnehmen. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Lage und der nur noch für eine Übergangszeit hinzunehmenden Rechtsschutzlücken in der fachgerichtlichen Prüfung ist indes davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den nicht zuletzt der Entlastung des Bundesverfassungsgerichts dienenden Vorgaben in dem Plenarbeschluß des Gerichts jedenfalls in zeitlicher Hinsicht soweit wie möglich Rechnung tragen, d.h. die neue Gehörsrüge auch rückwirkend auf alle bei Einhaltung der Rügefristen des § 321a Abs. 2 ZPO n.F. (zwei Wochen ab Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs, spätestens ein Jahr seit Bekanntgabe der Entscheidung ) noch angreifbaren Entscheidungen erstrecken wollte. Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung war dafür nicht erforderlich (anders wohl Stein/Jonas/Schlosser, aaO, § 1 EGZPO Rn. 1 m.w.N.).
2. Die damit statthafte und auch im übrigen zulässige Gehörsrüge ist jedoch unbegründet. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen des Urteils auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat im Urteil vom 9. Dezember 2004 die jetzt von der Anhörungsrüge der Klägerin umfaßten Revisionsangriffe in vollem Umfang geprüft, selbst wenn dies in den Entscheidungsgründen seines Urteils nur knapp angemerkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisi-
merkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisionsrügen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Von einer ergänzenden Begründung sieht er auch in diesem Verfahrensabschnitt in entsprechender Anwendung des § 564 ZPO ab. Weder aus § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO, nach dem der Beschluß kurz begründet werden soll, noch unmittelbar aus dem Verfassungsrecht ergibt sich eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Begründung der Entscheidung. Ansonsten hätte es eine Partei in der Hand, mittels einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO die Bestimmung des § 564 ZPO im Revisionsverfahren auszuhebeln. Dem entspricht es, daß nach der Gesetzesbegründung auch eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu eingelegt werden kann, eine Begründungsergänzung herbeizuführen (BT-Drucks. 15/3706 S. 16).
Schlick Wurm Kapsa
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12
Das Bundespatentgericht hat dieses Vorbringen ausweislich seiner Wiedergabe in dem angefochtenen Beschluss zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Es hat zu den orthopädischen Schuhwaren allerdings nur orthopädische Maßschuhe und orthopädische Serienschuhe gezählt, die von Orthopädieschuhmachern hergestellt oder angepasst werden. Dass das Bundespatentgericht damit der Ansicht der Widersprechenden nicht gefolgt ist, zu den orthopädischen Schuhwaren rechneten auch Schuhe mit einem orthopädischen Fußbett, stellt keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens nicht, dass sie mit ihrem Vorbringen im Verfahren Recht behalten. Das Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde dient auch nicht der Überprüfung, ob die Entscheidung des Bundespatentgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht fehlerfrei ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

3
Von einer weiterreichenden Begründung kann auch in diesem Verfahrensabschnitt in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen werden. Weder aus § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO, nach dem der Beschluss kurz begründet werden soll, noch unmittelbar aus dem Verfassungsrecht ergibt sich eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Begründung der Entscheidung. Ansonsten hätte es eine Partei in der Hand, mittels einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO die Bestimmung des § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auszuhebeln. Nach der Gesetzesbegründung kann eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu eingelegt werden, eine Begründungsergänzung herbeizuführen (vgl. BT-Drucks. 15/3706 S. 16; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432, 1433; vom 28. Juli 2005 - III ZR 443/04, NJW-RR 2006, 63, 64; vom 6. Oktober 2005 - IX ZR 120/03, nv).
2
Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 20. Juni 2013 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten in vollem Umfang geprüft, jedoch sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Soweit der Beklagte mit seiner Anhörungsrüge seinen Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde wiederholt, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BVerfG, Kammer- beschluss vom 5. Mai 2008 - 1 BvR 562/08, NJW 2008, 2635 f.; BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - I ZR 92/09, MMR 2012, 766 Rn. 2 mwN). Eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auch nicht dazu eingelegt werden, eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2013 - IX ZR 100/11, juris Rn. 3 mwN).

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

2
Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 20. Juni 2013 die Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten in vollem Umfang geprüft, jedoch sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Soweit der Beklagte mit seiner Anhörungsrüge seinen Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde wiederholt, kann die Anhörungsrüge damit nicht begründet werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können mit der Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (vgl. BVerfG, Kammer- beschluss vom 5. Mai 2008 - 1 BvR 562/08, NJW 2008, 2635 f.; BGH, Beschluss vom 19. Juli 2012 - I ZR 92/09, MMR 2012, 766 Rn. 2 mwN). Eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auch nicht dazu eingelegt werden, eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2013 - IX ZR 100/11, juris Rn. 3 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 69/04 Verkündet am:
14. Februar 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Bayerisches Bier
EG-VO 510/06 Art. 14 Abs. 1;
EWG-VO 2081/92 Art. 17
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung der
Verordnung (EG) Nr. 510/06 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von
geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse
und Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 93 v. 31.3.2006, S. 12) folgende Fragen zur
Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 anwendbar, wenn die geschützte
Angabe im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung
(EWG) Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen
für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli
1992 (ABl. EG Nr. L 208 v. 24.7.1992, S. 1) wirksam eingetragen ist?
2. a) Falls die Frage zu 1 bejaht wird: Auf welchen Zeitpunkt ist für die Beurteilung
des Zeitrangs der geschützten geographischen Angabe i.S. von
Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 abzustellen?

b) Falls die Frage zu 1 verneint wird: Nach welcher Vorschrift richtet sich die
Kollision einer im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung
(EWG) Nr. 2081/92 wirksam eingetragenen geographischen Angabe mit
einer Marke und wonach richtet sich der Zeitrang der geschützten geographischen
Angabe?
3. Kann auf die nationalen Vorschriften zum Schutz geographischer Bezeichnungen
zurückgegriffen werden, wenn die Angabe "Bayerisches Bier" die
Voraussetzungen zur Eintragung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92
und der Verordnung (EG) Nr. 510/06 erfüllt, die Verordnung (EG) Nr. 1347/01
jedoch unwirksam ist?
BGH, Beschl. v. 14. Februar 2008 - I ZR 69/04 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff
und Dr. Koch

beschlossen:
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 510/06 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 93 v. 31.3.2006, S. 12) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Ist Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 anwendbar , wenn die geschützte Angabe im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli 1992 (ABl. EG Nr. L 208 v. 24.7.1992, S. 1) wirksam eingetragen ist? 2. a) Falls die Frage zu 1 bejaht wird: Auf welchen Zeitpunkt ist für die Beurteilung des Zeitrangs der geschützten geographischen Angabe i.S. von Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 abzustellen?
b) Falls die Frage zu 1 verneint wird: Nach welcher Vorschrift richtet sich die Kollision einer im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 wirksam eingetragenen geographischen Angabe mit einer Marke und wonach richtet sich der Zeitrang der geschützten geographischen Angabe? 3. Kann auf die nationalen Vorschriften zum Schutz geographischer Bezeichnungen zurückgegriffen werden, wenn die Angabe "Bayerisches Bier" die Voraussetzungen zur Eintragung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 und der Verordnung (EG) Nr. 510/06 erfüllt, die Verordnung (EG) Nr. 1347/01 jedoch unwirksam ist?

Gründe:


1
I. Der Kläger, der Bayerische Brauerbund e.V., ist der Dachverband der bayerischen Brauwirtschaft. Nach § 2 seiner Satzung gehört es zu seinen Aufgaben , gegen die unlautere Verwendung der Angabe "Bayerisches Bier" vorzugehen.

2
Auf Antrag des Klägers meldete die Bundesregierung am 20. Januar 1994 die Bezeichnung "Bayerisches Bier" zur Eintragung in das von der Europäischen Kommission geführte Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geographischen Angaben an. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1347/01 des Rates vom 28. Juni 2001 (ABl. EG Nr. L 182 v. 5.7.2001, S. 3) wurde die Bezeichnung "Bayerisches Bier" als geschützte geographische Angabe (g.g.A.) eingetragen.
3
Die Beklagte ist eine niederländische Brauerei. Sie ist Inhaberin der international registrierten Marke Nr. 645 349: .
4
Die IR-Marke genießt mit Priorität vom 28. April 1995 Schutz in Deutschland für die Waren "Bières; eaux minérales et gazeuses et autres boissons non alcooliques; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres préparations pour faire des boissons".
5
Der Kläger sieht eine Verletzung der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" in der Schutzerstreckung der IR-Marke der Beklagten auf Deutschland. Er hat die mangelnde Benutzung der Marke mit Ausnahme der Ware "Bières" geltend gemacht.

6
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in die Schutzentziehung der IR-Marke Nr. 645 349 in Deutschland einzuwilligen.
7
Die Beklagte hat eine Verletzung der geschützten geographischen Angabe durch ihre Marke in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, die Verordnung (EG) Nr. 1347/01, durch die die Bezeichnung "Bayerisches Bier" geschützt werde, sei unwirksam. Zudem sei der Schutz der IR-Marke zeitlich vorrangig vor demjenigen der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier".
8
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
9
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und hilfsweise beantragt festzustellen, dass die Bundesregierung insoweit gegen die Verordnung (EWG) 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 verstoßen hat, als sie den Antrag des Klägers auf Eintragung der Angabe "Bayerisches Bier" als nach der Verordnung geschützte geographische Angabe an die Kommission der Europäischen Gemeinschaft weitergeleitet hat.
10
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG München GRUR Int. 2005, 72).
11
Dagegen richtet sich die (vom Senat) zugelassene Revision der Beklagten. Die Beklagte erstrebt mit ihrem Rechtsmittel die Abweisung der Klage auf Einwilligung in die Schutzentziehung der IR-Marke Nr. 645 349, soweit die Mar- ke für Bier eingetragen ist. Zudem verfolgt sie ihren hilfsweise gestellten Feststellungsantrag weiter.
12
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
13
II. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 93 v. 31.3.2006, S. 12) ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 234 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 EG eine Vorabentscheidung zu den im Beschlusstenor gestellten Fragen einzuholen.
14
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Entziehung des Schutzes der IR-Marke der Beklagten für Deutschland im Hinblick auf die Eintragung für "Bier" zu. Die Bezeichnung "Bayerisches Bier" sei durch die Verordnung (EG) Nr. 1347/01 im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 14. Juli 1992 (ABl. EG Nr. L 208 v. 24.7.1992, S. 1) wirksam als geschützte geographische Angabe in das Verzeichnis der Kommission eingetragen worden. Die von der Beklagten gegen die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/01 vorgebrachten Einwände griffen sämtlich nicht durch. Das Eintragungsverfahren sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Kommission habe auch zutreffend verneint, dass die Bezeichnung "Bayerisches Bier" zu einer Gattungsbezeichnung geworden sei. Die IR-Marke verletze den für die geschützte geographische Angabe "Bayerisches Bier" nach Art. 13 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 bestehenden Schutzbereich. Sie dürfe auch nicht nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 weiterverwendet werden. Es fehle an einem zeitlich vorrangigen Schutz der IR-Marke vor der geschützten geographischen Angabe. Ausschlaggebend für den Zeitrang der geschützten geographischen Angabe i.S. von Art. 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 sei der Tag der Stellung des Eintragungsantrags nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 für die Bezeichnung "Bayerisches Bier" am 20. Januar 1994. Dagegen verfüge die IR-Marke nur über die Benelux-Priorität vom 28. April 1995. Auf ältere Markeneintragungen zugunsten der Beklagten in anderen Mitgliedstaaten komme es nicht an. Der von der Beklagten beanspruchte Telle-quelle-Schutz nach Art. 6quinquies PVÜ stehe dem Antrag auf Einwilligung in die Löschung der IR-Marke nicht entgegen. Der Telle-quelle-Schutz regele den Maßstab für absolute Schutzversagungsgründe , nicht aber Prioritätsfragen. Der Anspruch des Klägers sei nicht verwirkt, und die Entziehung des Schutzes der prioritätsjüngeren IR-Marke für Deutschland sei nicht unverhältnismäßig.
15
2. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung des Schutzbereichs der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" i.S. von Art. 13 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 durch die IR-Marke bejaht. Nach Erlass des Berufungsurteils ist die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 mit Wirkung vom 31. März 2006 aufgehoben und durch die Verordnung (EG) Nr. 510/06 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 93 v. 31.3.2006, S. 12) ersetzt worden (Art. 19, 20 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06). Die Verordnung (EG) Nr. 510/06 sieht in Art. 13 Abs. 1 lit. b für geschützte Namen einen inhaltsgleichen Schutz wie Art. 13 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 vor. Danach werden eingetragene Namen gegen jede widerrechtliche Anspielung geschützt, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder wenn der geschützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie "Art", "Typ", "Verfahren", "Fasson", "Nachahmung" oder dergleichen verwendet wird.
16
Nach Auffassung des Senats kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits darauf an, ob die Verordnung (EG) Nr. 1347/01, durch die die Bezeichnung "Bayerisches Bier" als geschützte geographische Angabe in das Verzeichnis der Kommission eingetragen worden ist, wirksam ist (dazu nachstehend II 3) und ob die geschützte geographische Angabe "Bayerisches Bier" der IR-Marke der Beklagten im Rang vorgeht und diese Marke auch nicht im Verhältnis zu der geschützten geographischen Angabe koexistenzberechtigt ist (dazu nachstehend II 4 und 5).
17
Ist die Verordnung (EG) Nr. 1347/01 wirksam, verfügt die geschützte geographische Angabe über einen besseren Zeitrang als die IR-Marke und ist diese auch nicht koexistenzberechtigt, möchte der Senat - ebenso wie das Berufungsgericht auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 - eine Verletzung des Schutzbereichs der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" nach Art. 13 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 510/06 durch die IR-Marke der Beklagten bejahen.
18
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften erfasst der Begriff der Anspielung i.S. von Art. 13 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 eine Fallgestaltung, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil der geschützten Bezeichnung in der Weise einschließt, dass der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen , die die Bezeichnung trägt, ohne dass hierzu die Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr vorliegen müssen (EuGH, Urt. v. 4.3.1999 - C-87/97, Slg. 1999, I-1301 = GRUR Int. 1999, 443 Tz. 25 f. = WRP 1999, 486 - Gorgonzola/Cambozola). Der Schutz nach Art. 13 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 und nach der entsprechenden Vorschrift der Verordnung (EG) Nr. 510/06 umfasst auch den geschützten Namen in einer Übersetzung.
19
b) Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Verbraucher einen gedanklichen Bezug zu der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" herstellt, wenn Bier mit der IR-Marke der Beklagten gekennzeichnet wird. Dass der tatsächliche Ursprung des mit der IR-Marke der Beklagten gekennzeichneten Bieres aus Holland in der Marke zum Ausdruck kommt, ist unerheblich (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 443 Tz. 29 - Gorgonzola/ Cambozola).
20
Da die Beklagte sich im Revisionsverfahren nur noch gegen die Schutzentziehung der IR-Marke für die Ware "Bières" wendet, steht die gleiche Erzeugnisklasse i.S. von Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 in Rede wie diejenige der geschützten geographischen Angabe.
21
c) Dem Kläger steht deshalb nach § 135 MarkenG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V. mit Art. 13 Abs. 1 lit. b und Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 - Entsprechendes galt nach Art. 13 Abs. 1 lit. b und Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 - ein Löschungsanspruch zu, der auf Entziehung des Schutzes der IR-Marke für Deutschland gerichtet ist, wenn die vorstehend angeführten Voraussetzungen erfüllt sind (Wirksamkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/01, besserer Zeitrang der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" und keine Koexistenzberechtigung der IRMarke ).

22
3. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es auf die Wirksamkeit der den Schutz der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" begründenden Verordnung (EG) Nr. 1347/01 an.
23
a) Ohne die wirksame Begründung des Schutzes als geschützte geographische Angabe kann die Bezeichnung "Bayerisches Bier" zwar als geographische Herkunftsangabe i.S. des § 126 Abs. 1 MarkenG grundsätzlich Schutz nach den Vorschriften des deutschen Markengesetzes beanspruchen (EuGH, Urt. v. 7.11.2000 - C-312/98, Slg. 2000, I-9187, GRUR 2001, 64 Tz. 47 ff. = WRP 2000, 1389 - Warsteiner; Urt. v. 18.11.2003 - C-216/01, Slg. 2003, I-13617 = GRUR Int. 2004, 131 Tz. 74 - American Bud). Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Bezeichnung in Deutschland keine Gattungsbezeichnung i.S. des § 126 Abs. 2 MarkenG ist. Es hat von seinem Standpunkt aus aber folgerichtig keine Feststellungen dazu getroffen, ob dem Kläger für die Zeit nach dem Inkrafttreten des deutschen Markengesetzes am 1. Januar 1995 ein aus §§ 127, 128 MarkenG i.V. mit § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F., § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG folgender Anspruch auf Einwilligung in die Schutzentziehung der IR-Marke der Beklagten zusteht. Das Berufungsurteil muss daher aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden , wenn die Verordnung (EG) Nr. 1347/01 unwirksam wäre und auf die nationalen Vorschriften zum Schutz geographischer Herkunftsangaben nach §§ 127, 128 MarkenG im Streitfall zurückgegriffen werden kann (dazu nachstehend unter II 6).
24
b) Die Frage der Wirksamkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/01 ist bereits Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens der Corte d'appello Turin vom 19. Juli 2007 an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in ei- nem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits in Italien geführten Prozess (Aktenzeichen des Gerichtshofs: C-343/07).
25
Das italienische Gericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften unter anderem Fragen zur Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/01 unter dem Aspekt formeller und materieller Mängel vorgelegt. Im Hinblick auf dieses Vorabentscheidungsersuchen in einem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits geführten Prozess sieht der Senat von weitergehenden Ausführungen zur Frage der Wirksamkeit dieser Verordnung ab.
26
4. Ist die Verordnung (EG) Nr. 1347/01 wirksam, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf an, ob die geschützte geographische Angabe "Bayerisches Bier" i.S. von Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 vorrangig gegenüber der IR-Marke der Beklagten ist und diese Marke nicht nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 im Verhältnis zu der geschützten geographischen Angabe koexistenzberechtigt ist.
27
a) Nach Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 wird die Eintragung einer Marke, auf die einer der in Art. 13 der Verordnung aufgeführten Tatbestände zutrifft und die die gleiche Erzeugnisklasse betrifft, abgelehnt , wenn der Antrag auf Eintragung der Marke nach Einreichung des Antrags auf Eintragung der Ursprungsbezeichnung oder geographischen Angabe bei der Kommission gestellt wird. Unter Verstoß gegen diese Vorschrift eingetragene Marken werden nach Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung gelöscht. Eine inhaltsgleiche Regelung enthielt Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 692/03 des Rates vom 8. April 2003 (ABl. EG Nr. L 99 v. 17.4.2003, S. 1) mit Wirkung vom 24. April 2003 geänderten Fassung.

28
b) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 vor, weil der Antrag auf Eintragung der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" bei der Kommission am 20. Januar 1994 eingegangen ist, während die IR-Marke der Beklagten über die Priorität vom 28. April 1995 verfügt. Entsprechendes gilt nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 692/03 geänderten Fassung.
29
aa) In der zuvor gültigen Fassung sah Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 dagegen vor, dass der Antrag auf Eintragung der Marke, auf den einer der in Art. 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft und der die gleiche Art von Erzeugnissen betrifft, zurückgewiesen wird, sofern dieser Antrag nach der in Art. 6 Abs. 2 vorgesehenen Veröffentlichung eingereicht wird. Die Bestimmung des Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 ist allerdings im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 dieser Verordnung nicht anwendbar. Das vereinfachte Verfahren richtet sich nach Art. 15 der Verordnung, der eine Veröffentlichung nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung nicht vorsieht. Die Vorschrift des Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 über das vereinfachte Verfahren ist durch Art. 1 Nr. 15 der Verordnung (EG) Nr. 692/03 gestrichen worden. Sie gilt nur fort für die eingetragenen Bezeichnungen oder die Bezeichnungen , für die die Eintragung nach dieser Vorschrift beantragt ist. Nach Art. 17 Abs. 3 konnten die Mitgliedstaaten einen einzelstaatlichen Schutz der gemäß Absatz 1 mitgeteilten Bezeichnungen bis zu dem Zeitpunkt beibehalten, zu dem über den Antrag entschieden worden ist.
30
bb) Der Umstand, dass im vereinfachten Verfahren eine Art. 6 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 entsprechende ausdrückliche Regelung des Zeitrangs der geschützten geographischen Angabe fehlt, könnte seinen Grund in der Ausgestaltung des vereinfachten Verfahrens nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 haben. Die Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 setzt für die Anmeldung und Eintragung im vereinfachten Verfahren voraus, dass es sich in den jeweiligen Mitgliedstaaten um gesetzlich geschützte oder üblich gewordene Bezeichnungen handelt. Der Gerichtshof hat in den Urteilen "Grana padano" (v. 20.5.2003 - C-469/00, Slg. 2003, I-5053 = GRUR 2003, 609 Tz. 93 ff.) und "Prosciutto di Parma" (v. 20.5.2003 - C-108/01, Slg. 2003, I-5121 = GRUR 2003, 616 Tz. 95 ff.) entschieden, dass es den Betroffenen aus Gründen der Rechtssicherheit möglich sein muss, den Umfang der ihnen durch eine Gemeinschaftsregelung auferlegten Pflichten genau zu erkennen. Er hat daraus gefolgert, dass die Voraussetzung einer Spezifikation nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 einem Betroffenen in einem Zivilverfahren nur entgegengehalten werden kann, wenn die Voraussetzung in angemessener Weise bekannt gemacht worden ist. Der Gerichtshof hat des Weiteren in der Entscheidung "Grana padano" (GRUR 2003, 609 Tz. 101 f.) ausgesprochen, dass eine entsprechende Voraussetzung auch vor Bekanntmachung der Anforderungen der Spezifikation einem Betroffenen entgegengesetzt werden kann, wenn dieser sie aufgrund der bis zum Inkrafttreten der Verordnung fortgeltenden nationalen Vorschriften zu beachten hatte.
31
cc) Würden diese Grundsätze auf die Kollision einer im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 eingetragenen geschützten geographischen Angabe mit einer Marke übertragen, könnte sich daraus ergeben, dass für den Zeitrang einer geschützten geographischen Angabe der Zeitpunkt der Veröffentlichung ihrer Eintragung maßgeblich ist und dass ein früherer Zeitrang sich für die geschützte geographische Angabe in dem zeitlichen Umfang ergibt, in dem sie bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung nach nationalen Vorschriften des Mitgliedstaats geschützt war.
32
In diesem Fall stellt sich die weitere Frage, ob es für die Bestimmung des Zeitrangs nach den nationalen Vorschriften des Mitgliedstaats nur darauf ankommt , ob die geschützte geographische Angabe vor dem Inkrafttreten der Verordnung nach den nationalen Vorschriften allgemein Schutz beanspruchen konnte, oder ob es erforderlich ist, dass auch aufgrund der Vorschriften des Mitgliedstaats die geltend gemachten Ansprüche aus der geographischen Bezeichnung gegen die Marke begründet sind. Bezogen auf den vorliegenden Fall ist die Frage darauf gerichtet, ob es für die Beurteilung des Zeitrangs der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" auf das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1347/01 am 5. Juli 2001 und bejahendenfalls darauf ankommt , ab welchem Zeitpunkt diese Bezeichnung Schutz nach §§ 127, 128 des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen deutschen Markengesetzes beanspruchen konnte, oder ob zudem erforderlich ist, dass auch aufgrund dieser Vorschriften (§§ 127, 128 MarkenG) die begehrte Einwilligung in die Schutzentziehung der IR-Marke der Beklagten zum Prioritätszeitpunkt (28. April 1995) verlangt werden konnte.
33
dd) Im vorliegenden Verfahren stellt sich danach die Frage, ob Art. 14 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 auf geschützte geographische Angaben anwendbar ist, die im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 eingetragen sind, und bejahendenfalls welcher Zeitpunkt für den Zeitrang der geschützten geographischen Angabe maßgeblich ist.

34
Sollte die Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 auf im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 eingetragene geschützte geographische Angaben nicht anwendbar sein, stellt sich die Frage, nach welcher Bestimmung sich die Kollision einer nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 geschützten geographischen Angabe mit einer Marke richtet.
35
5. Die Bestimmung des Zeitrangs der im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 eingetragenen geschützten geographischen Angabe ist auch nicht im Hinblick auf die Vorschrift des Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 entbehrlich, der eine Koexistenzberechtigung für eine Marke vorsieht, auf die einer der in Art. 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft.
36
Die Vorschrift des Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 setzt für eine Koexistenzberechtigung zwischen der geschützten geographischen Angabe und der Marke voraus, dass die Marke vor dem 1. Januar 1996 in gutem Glauben angemeldet oder eingetragen worden ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 ist der Begriff des guten Glaubens unter Berücksichtigung aller Vorschriften des nationalen Rechts und des Völkerrechts zu betrachten, die in dem Zeitpunkt galten, als der Antrag auf Eintragung der Marke eingereicht wurde. Standen die seinerzeit geltenden Vorschriften dem Eintragungsantrag für die Marke eindeutig entgegen, kann ein guter Glaube grundsätzlich nicht vermutet werden (EuGH GRUR Int. 1999, 443 Tz. 35 - Gorgonzola/Cambozola). Da das Berufungsgericht hierzu bislang keine Feststellungen getroffen hat, kann im Revisionsverfahren nicht zu Lasten des Revisionsbeklagten davon ausgegangen werden, die Revisionsklägerin sei gutgläubig i.S. des Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/06 gewesen.

37
6. Sollte die Verordnung (EG) Nr. 1347/01 aus formalen Gründen unwirksam sein, stellt sich die weitere Frage nach der Anwendbarkeit des nationalen Schutzes geographischer Herkunftsangaben.
38
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften steht die Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 nationalen Bestimmungen nicht entgegen, die die irreführende Verwendung geographischer Herkunftsangaben verbieten, bei denen kein Zusammenhang zwischen den Eigenschaften des Produkts und seiner geographischen Herkunft besteht (EuGH, Urt. v. 7.5.1997 - C-321-324/94, Slg. 1997, I-2343 = GRUR Int. 1997, 737 Tz. 39 f. - Piestre; GRUR 2001, 64 Tz. 54 - Warsteiner; GRUR Int. 2004, 131 Tz. 74 - American Bud).
39
b) Umstritten geblieben ist allerdings auch nach diesen Entscheidungen, ob die geographischen Herkunftsangaben, die die Voraussetzungen einer Eintragung nach den Verordnungen (EWG) Nr. 2081/92 und (EG) Nr. 510/06 erfüllen , die aber nicht zur Eintragung angemeldet worden sind, nach dem Recht der Mitgliedstaaten geschützt werden können (bejahend: Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., Vor § 130 Rdn. 21a; Fezer/Marx, UWG, § 4-S 10 Rdn. 235; Gloy/ Loschelder/Helm, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 57 Rdn. 41; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 126 Rdn. 41 f.; Obergfell, GRUR 2001, 313, 315; Loschelder, FS Erdmann, S. 387, 395 f.; Büscher, FS Erdmann, S. 237, 240; Knaak, FS Schricker, S. 815, 818; a.A. Meyer/Klaus, GRUR 2003, 553, 557; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Vor §§ 130-136 Rdn. 2; wohl auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften, hierzu Art. 1 der Verordnung Nr. 918/04, ABl. EG Nr. L 163 v. 30.4.2004, S. 88).

40
Sollte die den Schutz der geographischen Angabe "Bayerisches Bier" begründende Verordnung (EG) Nr. 1347/01 aus formalen Gründen unwirksam sein, obwohl die Bezeichnung die Anforderungen an eine Eintragung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 und der Verordnung (EG) Nr. 510/06 an sich erfüllt, stellt sich die Frage, ob auf die nationalen Vorschriften (§§ 127, 128 MarkenG) zum Schutz der geographischen Bezeichnung zurückgegriffen werden kann.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.10.2003 - 7 O 16532/01 -
OLG München, Entscheidung vom 27.05.2004 - 29 U 5084/03 -
37
a) Der nationale Schutz für die Bezeichnung "Bayerisches Bier" nach den §§ 126, 127 MarkenG ist vorliegend nicht ausgeschlossen. Allerdings hat die in der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 vorgesehene unionsrechtliche Schutzregelung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abschließenden Charakter (vgl. EuGH, GRUR 2010, 143 Rn. 129 - American Bud II). Auf die Bedeutung dieser Entscheidung für den Schutz einer geographischen Bezeichnung nach § 127 Abs. 1 bis 3 MarkenG, die die Voraussetzungen einer geographischen Angabe oder Ursprungsbezeichnung im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 und der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 erfüllt, kommt es im Streitfall nicht an. Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten den einzelstaatlichen Schutz der nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung mitgeteilten Bezeichnungen bis zu dem Zeitpunkt beibehalten können, zu dem über die Eintragung entschieden worden ist. Daraus folgt, dass die von den Mitgliedstaaten der Kommission im vereinfachten Verfahren nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung mitgeteilten Bezeichnungen auf einzelstaatlicher Ebene so lange geschützt bleiben können, bis über ihre Eintragung entschieden worden ist (vgl. EuGH, GRUR 2011, 240 Rn. 63 f. - Bavaria N.V./Bayerischer Brauerbund II). Ein möglicher Schutz der Bezeichnung "Bayerisches Bier" nach §§ 126, 127 MarkenG in Deutschland blieb daher bis zum Wirksamwerden der Eintragung der geschützten geographischen An- gabe "Bayerisches Bier" nach der Verordnung (EG) Nr. 1347/2001 am 5. Juli 2001 von dem unionsrechtlichen Schutzsystem unberührt bestehen. Sollten die Voraussetzungen der §§ 126, 127 Abs. 1, 2 oder 3 MarkenG vor dem Zeitpunkt der Priorität der IR-Marke (28. April 1995) vorgelegen haben, steht dem Kläger der Anspruch auf Schutzentziehung nach § 115 Abs. 1, § 51 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Nr. 5, § 128 Abs. 1 MarkenG, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu.

(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.

(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

1.
denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
2.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,
3.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sind,
4.
die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen,
5.
die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen,
6.
die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten,
7.
die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten,
8.
die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten,
9.
die nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, und die Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
10.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder von internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Bezeichnungen für Weine dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
11.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Spezialitäten dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
12.
die aus einer im Einklang mit deutschem Recht, mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder mit internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, zu Sortenschutzrechten eingetragenen früheren Sortenbezeichnung bestehen oder diese in ihren wesentlichen Elementen wiedergeben und die sich auf Pflanzensorten derselben Art oder eng verwandter Arten beziehen,
13.
deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder
14.
die bösgläubig angemeldet worden sind.

(3) Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.

(4) Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufgeführten Zeichens enthält. Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist nicht anzuwenden, wenn der Anmelder befugt ist, in der Marke eines der dort aufgeführten Zeichen zu führen, selbst wenn es mit einem anderen der dort aufgeführten Zeichen verwechselt werden kann. Absatz 2 Nr. 7 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit denen, für die das Prüf- oder Gewährzeichen eingeführt ist, weder identisch noch diesen ähnlich sind. Absatz 2 Nr. 8 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.

(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden, wenn ein anderer vor dem für den Zeitrang der eingetragenen Marke maßgeblichen Tag ein sonstiges, nicht in den §§ 9 bis 12 aufgeführtes Recht erworben hat und dieses ihn berechtigt, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen.

(2) Zu den sonstigen Rechten im Sinne des Absatzes 1 gehören insbesondere:

1.
Namensrechte,
2.
das Recht an der eigenen Abbildung,
3.
Urheberrechte,
4.
Sortenbezeichnungen,
5.
geographische Herkunftsangaben,
6.
sonstige gewerbliche Schutzrechte.