Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2014 - I ZR 120/13

bei uns veröffentlicht am17.11.2014
vorgehend
Landgericht Freiburg, 1 O 139/12, 31.10.2012
Oberlandesgericht Karlsruhe, 4 U 254/12, 14.06.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I Z R 1 2 0 / 1 3
vom
17. November 2014
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 2014
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter
Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 13. März 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg.
2
I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG, NJW-RR 2004, 1710, 1712). Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Die Partei hat auch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht sich in dem von ihr für richtig erachteten Sinn mit ihrem Vorbringen befasst (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - I ZB 68/10, GRUR 2012, 314 Rn. 12 - Medicus.log).
3
II. Der Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist durch das Senatsurteil vom 13. März 2014 nicht verletzt.
4
1. Die Anhörungsrüge macht vergeblich geltend, der Senat habe den Vortrag der Klägerin zur Unzulässigkeit der Auslagerung des Entlassmanagements auf Dritte übergangen.
5
a) In diesem Zusammenhang führt die Anhörungsrüge aus:
6
Komme man zu dem Ergebnis, dass das Entlassmanagement eine Zuweisung von Verschreibungen rechtfertigen könne, komme es im Einzelfall darauf an, ob das Entlassmanagement den rechtlichen Vorschriften genüge. Nur ein im Einzelfall rechtmäßiges Entlassmanagement könne eine Zuweisung rechtfertigen. Davon sei vorliegend nicht auszugehen. Die Patientenring GmbH führe Aufgaben des Entlassmanagements für das Universitätsklinikum aus, das Teil der Krankenhausbehandlung sei. In die Entlassungsvorbereitung des Klinikums sei die Patientenring GmbH umfassend eingebunden. Die Ausgliederung der Aufgaben auf die Patientenring GmbH sei rechtswidrig. Wolle man dies anders sehen, hätte der Senat den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wegen einer Abweichung von der Rechtsprechungspraxis des Bundessozialgerichts anrufen müssen.
7
b) Das als übergangen gerügte Vorbringen ist nicht entscheidungserheblich.
8
aa) Der Senat ist davon ausgegangen, dass die operative Durchführung eines Entlassmanagements durch einen externen Anbieter grundsätzlich zulässig ist.
9
Gegenteiliges folgt - anders als die Anhörungsrüge meint - nicht aus der von ihr herangezogenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die Ent- scheidungen, auf die sich die Anhörungsrüge beruft, sind für die Frage der Zulässigkeit der Auslagerung des Entlassmanagements nicht einschlägig.
10
(1) Gegenstand des Urteils des Bundessozialgerichts vom 23. März 2011 (BSG, Urteil vom 23. März 2011 - B 6 KA 11/10 R, BSGE 108, 35) war die Zulässigkeit ambulanter Operationen im Krankenhaus, wenn diese in Form einer Zusammenarbeit von im Krankenhaus angestellten Anästhesisten mit vertragsärztlich zugelassenen Chirurgen erfolgt. Kläger jenes Verfahrens war ein Vertragsarzt , der das beklagte Krankenhaus wegen einer unzulässigen Teilnahme an der ambulanten Versorgung in Anspruch nahm. Das Klagebegehren war auf den Zulassungsstatus und die daraus abgeleiteten Abwehrrechte der niedergelassenen Vertragsärzte gegen andere Leistungserbringer gestützt, die in rechtswidriger Weise in der ambulanten Versorgung tätig sind. Danach bedarf die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte einer entsprechenden gesetzlichen Regelung (vgl. BSGE 108, 35 Rn. 21). Geltend gemacht war ein Verstoß gegen § 115 b SGB V in Verbindung mit dem in dieser Vorschrift vorgesehenen Vertrag über ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag). Auf einen Verstoß gegen diese Regelungen hat das Bundessozialgericht seine Entscheidung auch gestützt (BSGE 108, 35 Rn. 50).
11
(2) Die weitere von der Anhörungsrüge herangezogene Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 19. September 2013 - B 3 KR 8/12 R, BSGE 114, 237) betraf einen Antrag der Klägerin auf Zulassung zur Erbringung von Heilmitteln nach § 124 Abs. 2 SGB V. Die Klägerin hatte den Antrag nach § 124 Abs. 2 SGB V gestellt, weil die mit den Krankenkassen abgeschlossene Vergütungsvereinbarung höhere Preise vorsieht als die Leistungserbringung nach § 124 Abs. 3 SGB V. Das Bundessozialgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Zulassung nach § 124 Abs. 2 SGB V verneint, weil sie eine Einrichtung betreibt, die überwiegend stationäre Leistungen er- bringt (BSGE 114, 237 Rn. 20). Begründet wird dies - ebenso wie in der zunächst genannten Entscheidung - mit der strikten Trennung von ambulanter und stationärer Leistungserbringung (BSGE 114, 237 Rn. 21).
12
(3) Damit hat die im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilende Fallgestaltung nichts zu tun. Dementsprechend haben sich die Parteien im vorausgegangenen Revisionsverfahren auf die Entscheidungspraxis des Bundessozialgerichts nicht berufen und der Senat hat ebenfalls keinen Anlass gesehen, die Entscheidungen des Bundessozialgerichts aufzugreifen.
13
Soweit die Anhörungsrüge nunmehr Passagen dieser Entscheidungen aus dem Zusammenhang reißt und für ihre Ansicht anführt, geht es um die hier nicht interessierende Frage der Abgrenzung zwischen stationärer Leistungserbringung und ambulanter Versorgung. Danach bestand entgegen der Meinung der Anhörungsrüge kein Anlass für eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes. In der unterbliebenen Vorlage liegt keine Verletzung des Rechts der Klägerin auf den gesetzlichen Richter oder ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
14
bb) Schließen gesetzliche Bestimmungen eine Ausgliederung der operativen Durchführung des Entlassmanagements auf einen externen privaten Anbieter nicht grundsätzlich aus, handelte der Beklagte nicht unlauter, als er sich auf das Kooperationsmodell mit der Patientenring GmbH einließ. Auf die Ausgestaltung des internen Verhältnisses zwischen der Patientenring GmbH und dem Krankenhaus (organisatorische, wirtschaftliche und personelle Verflechtung der Patientenring GmbH mit der Klinik), auf die die Anhörungsrüge abstellt, kommt es nicht an. Die Klägerin kann den Beklagten nicht mit den Mitteln des Lauterkeitsrechts dazu anhalten, das interne Verhältnis zwischen Patientenring GmbH und Klinik zu überprüfen.
15
2. Die Anhörungsrüge macht weiter vergeblich geltend, der Senat habe den Vortrag übergangen, dass die Anzahl ausgewählter Kooperationsapotheken äußerst gering sei. Im Streitfall handele es sich um drei bzw. fünf Kooperationspartner. Damit bestehe ein steuerndes Element mit der Folge, dass Rezepte des Klinikums Freiburg an die Kooperationsapotheken der Patientenring GmbH gezielt weitergeleitet würden. Dadurch werde das Verbot der Zuweisung umgangen und die Gefahr heraufbeschworen, dass der Apotheker die ihm zugewiesene Kontrollfunktion nicht sachgerecht und eigenverantwortlich wahrnehme.
16
Diesen Vortrag hat der Senat, soweit er den Ausführungen im Revisionsverfahren entspricht, berücksichtigt. Mit der Revisionserwiderung hatte die Klägerin sich darauf berufen, die Zahl der Kooperationsapotheken liege bei fünf. Der Senat hat dies in seiner Entscheidung damit umschrieben, dass die Patientenring GmbH mit mehreren Apotheken kooperiert und jede Apotheke Kooperationspartner werden kann. Soweit die Anhörungsrüge das steuernde Element der Tätigkeit der Patientenring GmbH hervorhebt, hat der Senat auch dies in seine Entscheidung einbezogen. Er hat nur den Gründen, die für das von der Patientenring GmbH und dem Klinikum praktizierte Modell sprechen, größeres Gewicht beigemessen (vgl. BGH GRUR 2014, 1009 Rn. 18 und 19 - Kooperationsapotheke). Dieses Ergebnis kann nicht mit der Anhörungsrüge nochmals inhaltlich zur Überprüfung durch den Senat gestellt werden.
Büscher Schaffert RiBGH Dr. Koch ist im Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben. Büscher
Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 31.10.2012 - 1 O 139/12 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.06.2013 - 4 U 254/12 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 124 Zulassung


(1) Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der Physiotherapie, der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, der Ergotherapie, der Podologie oder der Ernährungstherapie, dürfen an Versicherte nur von zugelassenen Lei

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 9. September 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückv
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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 263/04
vom
24. Februar 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 321a F: 1. Januar 2005, § 564

a) § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember
2004 (BGBl. I S. 3220) gilt - sofern die nach Absatz 2 zu wahrenden
Fristen noch nicht abgelaufen sind - auch für vor Inkrafttreten der
Novelle am 1. Januar 2005 rechtskräftig gewordene Entscheidungen.

b) Die Entscheidung über eine Gehörsrüge braucht nicht begründet zu werden
, soweit sie im Revisionsverfahren erhobene und in Anwendung des
§ 564 ZPO ohne nähere Begründung nicht für durchgreifend erachtete
Rügen von Verfahrensmängeln betrifft.
BGH, Beschluß vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und
Galke

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rügeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:


I.


Die Klägerin hat in dem vorausgegangenen Rechtsstreit d as beklagte Bundesland auf Ersatz von Vermögensverlusten wegen der Versagung einer Kiesabbaubewilligung in Anspruch genommen. Ihre Revision gegen die im Berufungsrechtszug erfolgte Klageabweisung hat der Senat durch Urteil vom 9. Dezember 2004 zurückgewiesen (für BGHZ bestimmt). Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 5. Januar 2005 zugestellt worden.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit einer am 18. Januar 2005 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Gehörsrüge gemäß § 321a ZPO in der Fassung des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I
S. 3220). Sie trägt vor, der erkennende Senat habe im Revisionsurteil ihre Verfahrensrügen zu dem Vorwurf sachfremder Behandlung ihres Bewilligungsantrags durch das Bergamt des beklagten Landes nicht vollständig erfaßt und beschieden.

II.


Die Anhörungsrüge ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken gegen die Statthaftigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs, obwohl das angegriffene Urteil bereits mit seiner Verkündung am 9. Dezember 2004 und sonach vor Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes am 1. Januar 2005 rechtskräftig geworden ist.

a) Die Novelle hat die bis dahin nur gegen nicht beru fungsfähige Urteile erster Instanz gegebene Möglichkeit, eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör zu rügen (§ 321a Abs. 1 ZPO i.d.F. des Zivilprozeßreformgesetzes vom 27. Juli 2001, BGBl. S. 1887), durch Änderung des § 321a Abs. 1 ZPO auf alle mit Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbare gerichtliche Entscheidungen erweitert. Das gilt deshalb auch für die nach streitiger mündlicher Verhandlung ergangenen, sofort rechtskräftig werdenden Revisionsurteile. Übergangsvorschriften enthält das Gesetz nicht. Es ist daher durch Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Zivilprozeßrechts zu bestimmen, ob die Neuregelung auch zuvor schon rechtskräftig gewordene Urteile erfaßt. Die Frage ist zu bejahen.

b) Die Statthaftigkeit eines unter der Herrschaft neue n Rechts eingelegten Rechtsmittels bestimmt sich - ebenso wie dessen sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen - regelmäßig nach dem geänderten Recht (vgl. BGH, Beschluß vom 25. November 1977 - I ARZ 584/77 - NJW 1978, 427; Beschluß vom 25. Januar 1978 - IV ZB 10/77 - NJW 1978, 889 f.; RGZ 135, 121, 123; RG JW 1925, 362, 363; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 1 EGZPO Rn. 4 m.w.N.). Das gilt im allgemeinen indes nur für anhängige Verfahren. Bereits rechtskräftige Urteile werden mit einer Änderung des Rechtsmittelszuges grundsätzlich nicht anfechtbar (BGHZ 3, 82, 85; BAG AP Nr. 5 zu § 123 ArbGG 1953; Stein/Jonas/Schlosser, aaO). Es kann in der Regel nicht angenommen werden, daß die durch ein rechtskräftiges Urteil eingetretene definitive Feststellung der Rechtsverhältnisse und die Erledigung des Rechtsstreits nachträglich wieder umgestoßen werden sollen. Das würde einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtskraft darstellen, die über die Belange der siegreichen Partei hinaus auch im öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit schützenswert ist. Eine Ausnahme kann allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn besonders zwingende, den Erwägungen der Rechtssicherheit übergeordnete Gründe dazu Anlaß geben, etwa dann, wenn wirtschaftliche und soziale Mißstände zu beseitigen sind (BGHZ aaO S. 85 ff.).

c) Eine solche Ausnahmesituation ist hier gegeben. Desweg en kann auch auf sich beruhen, ob diese Grundsätze einschränkungslos für sämtliche Rechtsbehelfe gelten. Das Interesse an einer Verteidigung der eingetretenen Rechtskraft ist unter den besonderen Voraussetzungen der Anhörungsrüge schon nicht schutzwürdig, weil diese nur dann begründet ist, wenn das Gericht das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO). In diesem Falle müßte die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG
die Entscheidung gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG - Annahmegründe im Sinne des § 93a BVerfGG vorausgesetzt - jedenfalls auf Verfassungsbeschwerde der beschwerten Partei aufgehoben werden. Es geht daher nicht wie sonst um eine Abgrenzung zwischen den im Ansatz gleichermaßen schützenswerten Geboten der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit, sondern allein oder zumindest weit überwiegend um die (Kompetenz-)Frage, ob eine Abhilfe durch das Bundesverfassungsgericht erfolgen muß oder ob sie bereits im Rahmen der fachgerichtlichen Prüfung vorgenommen werden kann.
Diese Frage hat das Plenum des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluß vom 30. April 2003 (1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 401 ff. = NJW 2003, 1924 ff.) grundsätzlich im Sinne eines Vorrangs des von den Fachgerichten zu gewährenden Rechtsschutzes beantwortet. Danach sichert der allgemeine Justizgewährungsanspruch als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Rechtsschutz gegen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in jeder gerichtlichen Instanz, also auch dann, wenn das Verfahrensgrundrecht erstmalig in einem Rechtsmittelverfahren verletzt wird. Die Verfahrensordnung muß in diesem Fall eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit vorsehen. Lediglich für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2004 war dieser bis dahin verfassungswidrige Zustand noch hinzunehmen (BVerfGE 107, 395, 418).
Die Novellierung des § 321a ZPO durch das Anhörungsrüge ngesetz dient der Umsetzung dieses Beschlusses (BT-Drucks. 15/3706 S. 1, 13). Die Gehörsrüge einer Partei hindert den Eintritt der Rechtskraft nicht. Erst wenn sich herausstellt, daß die Rüge begründet ist, wird - ähnlich einer Wiedereinsetzung oder Wiederaufnahme des Verfahrens (BT-Drucks. 15/3706 S. 14,
17) - die Rechtskraft durchbrochen und das Verfahren fortgesetzt. Was für vor dem Ende der vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Übergangsfrist rechtskräftig gewordene Urteile gelten soll, wenn die Frist zur Erhebung der erweiterten Anhörungsrüge beim Inkrafttreten der Novelle noch nicht abgelaufen war oder diese - wie im Streitfall - überhaupt erst nach dem 1. Januar 2005 beginnen konnte, läßt sich weder der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch den Gesetzesmaterialien eindeutig entnehmen. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Lage und der nur noch für eine Übergangszeit hinzunehmenden Rechtsschutzlücken in der fachgerichtlichen Prüfung ist indes davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den nicht zuletzt der Entlastung des Bundesverfassungsgerichts dienenden Vorgaben in dem Plenarbeschluß des Gerichts jedenfalls in zeitlicher Hinsicht soweit wie möglich Rechnung tragen, d.h. die neue Gehörsrüge auch rückwirkend auf alle bei Einhaltung der Rügefristen des § 321a Abs. 2 ZPO n.F. (zwei Wochen ab Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs, spätestens ein Jahr seit Bekanntgabe der Entscheidung ) noch angreifbaren Entscheidungen erstrecken wollte. Eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung war dafür nicht erforderlich (anders wohl Stein/Jonas/Schlosser, aaO, § 1 EGZPO Rn. 1 m.w.N.).
2. Die damit statthafte und auch im übrigen zulässige Gehörsrüge ist jedoch unbegründet. Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen des Urteils auch ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.). Der Senat hat im Urteil vom 9. Dezember 2004 die jetzt von der Anhörungsrüge der Klägerin umfaßten Revisionsangriffe in vollem Umfang geprüft, selbst wenn dies in den Entscheidungsgründen seines Urteils nur knapp angemerkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisi-
merkt und im übrigen auf § 564 ZPO verwiesen worden ist, und diese Revisionsrügen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Von einer ergänzenden Begründung sieht er auch in diesem Verfahrensabschnitt in entsprechender Anwendung des § 564 ZPO ab. Weder aus § 321a Abs. 4 Satz 5 ZPO, nach dem der Beschluß kurz begründet werden soll, noch unmittelbar aus dem Verfassungsrecht ergibt sich eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Begründung der Entscheidung. Ansonsten hätte es eine Partei in der Hand, mittels einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO die Bestimmung des § 564 ZPO im Revisionsverfahren auszuhebeln. Dem entspricht es, daß nach der Gesetzesbegründung auch eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu eingelegt werden kann, eine Begründungsergänzung herbeizuführen (BT-Drucks. 15/3706 S. 16).
Schlick Wurm Kapsa
Dörr Galke
12
Das Bundespatentgericht hat dieses Vorbringen ausweislich seiner Wiedergabe in dem angefochtenen Beschluss zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Es hat zu den orthopädischen Schuhwaren allerdings nur orthopädische Maßschuhe und orthopädische Serienschuhe gezählt, die von Orthopädieschuhmachern hergestellt oder angepasst werden. Dass das Bundespatentgericht damit der Ansicht der Widersprechenden nicht gefolgt ist, zu den orthopädischen Schuhwaren rechneten auch Schuhe mit einem orthopädischen Fußbett, stellt keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens nicht, dass sie mit ihrem Vorbringen im Verfahren Recht behalten. Das Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde dient auch nicht der Überprüfung, ob die Entscheidung des Bundespatentgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht fehlerfrei ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 9. September 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob vertragsärztlich zugelassene Anästhesisten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche gegen ein Krankenhaus geltend machen können, wenn die dort angestellten Anästhesisten in Kooperation mit vertragsärztlich zugelassenen Chirurgen ambulante Operationen im Krankenhaus durchgeführt haben.

2

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis, der zwei Fachärzte für Anästhesiologie angehören. Sie hat ihren Vertragsarztsitz in der Stadt S.; ihrer Praxis ist ein ambulantes Operationszentrum angegliedert, in dem Chirurgen unter Mitwirkung dieser Anästhesisten ambulante Operationen durchführen.

3

Die Beklagte, eine gemeinnützige GmbH, betreibt - ebenfalls in S. - ein Krankenhaus, das im Krankenhausplan mit Hauptabteilungen für Gefäßchirurgie und für Unfallchirurgie ausgewiesen ist; Belegbetten und Belegärzte sind diesen Bereichen nicht zugeordnet. Das Krankenhaus teilte entsprechend den Vorgaben des § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V seine Absicht mit, Operationen und stationsersetzende Eingriffe (im Folgenden zusammengefasst: ambulante Operationen) gemäß dem "Vertrag nach § 115b SGB V - Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus -" (AOP-Vertrag) durchzuführen bzw daran mitzuwirken. In der Folgezeit - in der Zeit vom Quartal II/2005 bis August 2006 - ließ das Krankenhaus durch drei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Chirurgen, die Gefäßchirurgen Dres. P. und S. sowie den Neurochirurgen Dr. B., unter Mitwirkung eines Anästhesisten des Krankenhauses ambulante Operationen durchführen. Dieses rechnete seine anästhesistischen Leistungen nach dem AOP-Vertrag bei den Krankenkassen ab, die Chirurgen erhielten die Vergütungen für ihre Leistungen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV).

4

Die Klägerin macht(e) gegenüber der Beklagten geltend, § 115b SGB V und der AOP-Vertrag sähen ambulante Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden seien, in Kooperation mit Ärzten des Krankenhauses nicht vor. Ohne die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Personal durch das Krankenhaus würden die Chirurgen die ambulanten Operationen in ihrem - der Klägerin - Operationszentrum unter Mitwirkung ihrer Anästhesisten durchgeführt haben. Es habe "begründete Erwartungen und Absprachen" dafür gegeben, dass die Chirurgen die ambulanten Operationen in ihrem Operationszentrum durchführen würden.

5

Die Klägerin beantragte im März 2006 beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahin, dass die Beklagte es unterlasse, in ihrem Krankenhaus aufgrund des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ambulante Operationen unter Heranziehung von solchen Vertragsärzten, die nicht belegärztlich mit ihm verbunden seien, durchzuführen bzw daran mitzuwirken. Die Beklagte gab im August 2006 eine entsprechende Unterlassungserklärung ab. Die Klägerin erklärte das Verfahren in der Hauptsache für erledigt; dem schloss sich die Beklagte sinngemäß an; das SG erlegte der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf (Beschluss vom 16.11.2006).

6

Die Klägerin hat im November 2006 Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte solle Auskunft über die von ihr - der Beklagten - für Dres. P., S. und B. durchgeführten Anästhesieleistungen geben, die im Zusammenhang mit den von diesen gegenüber der KÄV abgerechneten Leistungen stehen, sowie - beruhend auf dieser Auskunft - Ersatz für den daraus errechenbaren Schaden nebst Zinsen leisten. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9.9.2009). Es hat ausgeführt, die Klägerin habe weder Anspruch auf Auskunft noch auf Schadensersatz. Mit der Bereitstellung anästhesiologischer Leistungen habe die Beklagte keine Rechtsverletzung begangen. In Abgrenzung zu den für die belegärztliche Tätigkeit geltenden Bestimmungen seien beim ambulanten Operieren gemäß § 115b SGB V dem Krankenhaus alle Handlungsmöglichkeiten und Kooperationsformen eröffnet, die weder § 115b SGB V noch der AOP-Vertrag verbiete. Das Verbot einer Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Vertragsärzten könne weder aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck der Bestimmungen des § 115b SGB V oder des AOP-Vertrages abgeleitet werden. Der Vertrag enthalte keine Regelung, wonach Krankenhäuser nur dann Vergütungen beanspruchen könnten, wenn angestellte Krankenhausärzte oder Belegärzte des Krankenhauses die ambulanten Operationen durchgeführt hätten. Der im AOP-Vertrag verwendete Begriff "Operateur des Krankenhauses" sei nicht eng zu verstehen. Davon sei jeder Arzt erfasst, den das Krankenhaus für die ambulanten Operationen heranziehe; dies könne auch ein niedergelassener Vertragsarzt sein, auch einer, der nicht Belegarzt des Krankenhauses sei. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und ggf Schadensersatz scheitere auch daran, dass ihr kein Schaden entstanden sei. Es sei nicht sicher, dass die Operateure gerade die Klägerin zu den anästhesiologischen Leistungen herangezogen haben würden. Die Zahl der möglichen Konkurrenten für die Leistungserbringung sei nicht überschaubar. Ein möglicher Schaden käme im Übrigen nur bis zum August 2006 in Betracht, weil davon auszugehen sei, dass die Beklagte ab diesem Zeitpunkt entsprechend ihrer Unterlassungserklärung keine Leistungen der von der Klägerin beanstandeten Art mehr erbracht habe.

7

Mit ihrer (Sprung-)Revision macht die Klägerin geltend, dass sich ihr Begehren auf Auskunft darauf richte, welche Leistungen die Beklagte im Zusammenwirken mit den Chirurgen Dres. P., S. und B. erbracht habe. Den Zeitraum könne sie nicht exakt angeben, sie wisse nur, dass die Kooperation wohl im Quartal II/2005 begonnen und bis zur Unterlassungserklärung im August 2006 angedauert habe. Entsprechend dem Ergebnis der Auskunft werde sie dann ihr Begehren auf Schadensersatz konkretisieren können. Ihr seien die Vergütungen für anästhesistische Leistungen, jedenfalls aber diejenigen für die postoperative Überwachung entgangen. Dass die Chirurgen ihr Operationszentrum in Anspruch genommen hätten, sei hinreichend wahrscheinlich. Dies liege schon deshalb nahe, weil bei keinem anderen in S. niedergelassenen Facharzt für Anästhesiologie angefragt worden sei. Das Motiv der Beklagten, den Chirurgen ambulante Operationen im Krankenhaus - wohl zu besonders günstigen Konditionen oder gar unentgeltlich - zu ermöglichen, könne darin liegen, im Gegenzug bei Krankenhauseinweisungen möglichst bevorzugt berücksichtigt zu werden. Sie - die Klägerin - habe Anspruch auf die begehrte Auskunft und ggf auch auf Schadensersatz; denn die Handlungsweise der Beklagten, in ihrem Krankenhaus unter Mitwirkung ihrer Anästhesisten niedergelassene Vertragsärzte ambulante Operationen durchführen zu lassen, sei nicht durch § 115b SGB V und den AOP-Vertrag gedeckt. Diese Bestimmungen sähen ambulante Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden seien, nicht vor. Ohne Ermächtigungsgrundlage dürften Krankenhäuser nicht an der ambulanten Versorgung teilnehmen. Dies verstoße gegen den Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte. Ambulante Operationen seien nur durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte, jeweils in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses vorgesehen. Der Begriff des belegärztlich tätigen Vertragsarztes könne nicht dahin verstanden werden, dass auch solche Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden seien, auf der Grundlage des AOP-Vertrages in dessen Räumen ambulant operieren dürften. Der Einbeziehung der Belegärzte in den Kreis der zugelassenen Operateure liege der Rechtsgedanke zugrunde, diese von unnötigen stationären Behandlungen abzuhalten. Eine erweiternde Auslegung könne auch nicht aus dem Begriff "insbesondere" in § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag abgeleitet werden. In dieselbe Richtung weise § 18 Abs 1 AOP-Vertrag, der "nur eine Rechnung" vorsehe und mit dem eine gesonderte Abrechnung des operierenden Vertragsarztes gegenüber der KÄV nicht vereinbar sei.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 9. September 2009 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückweisen.

10

Das SG habe das Auskunfts- und Schadensersatzbegehren der Klägerin zu Recht abgewiesen. Diese könne schon deshalb keinen Erfolg haben, weil eine Schadensverursachung durch sie - die Beklagte - nicht belegt und auch nicht einmal wahrscheinlich sei. Es könne nicht angenommen werden, dass das Abrechnungsvolumen, das die Beklagte mit den anästhesiologischen Leistungen erzielt habe, mit Wahrscheinlichkeit oder gar Sicherheit gerade der klägerischen Praxis zugute gekommen wäre; denn in S. und vor allem im näheren Umkreis gebe es weitere Fachärzte für Anästhesiologie. Das SG habe auch in der Sache zutreffend das Verhalten des Krankenhauses als rechtmäßig angesehen. Das Krankenhaus habe den niedergelassenen Chirurgen, die nicht Belegärzte gewesen seien, für ihre ambulanten Operationen in seinen Räumen anästhesiologische Leistungen zur Verfügung stellen dürfen. Der AOP-Vertrag verwende einen rechtstechnisch fehlerhaften Begriff des Belegarztes.

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Die Beigeladenen zu 1. und 3. schließen sich - ohne Anträge zu stellen - den Ausführungen der Klägerin an. Die Beigeladene zu 7. macht ebenfalls Rechtsausführungen, positioniert sich aber nicht. Die übrigen Beigeladenen äußern sich nicht.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist zulässig und begründet. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten (unten A. 1. und 2.) und die Zuständigkeit des Senats für das Vertragsarztrecht (unten A. 3. und 4.) sind gegeben. Die Zulassung der Sprungrevision ist wirksam erfolgt und die sonstigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision sind erfüllt (unten B.). Die rechtliche Würdigung in der Sache (s im Einzelnen unten C.) ergibt, dass das Begehren der Klägerin auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG begründet ist. Zur abschließenden Beurteilung ihrer Stufenklage auf Auskunft und ggf auf Schadensersatz, die sie beim SG geführt hat und die ihrem revisionsgerichtlichen Antrag auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG weiterhin zugrunde liegt, sind ergänzende Tatsachenfeststellungen des SG erforderlich. Ein Auskunfts- und ggf auch Schadensersatzanspruch kommt jedenfalls in Betracht.

13

A. Die Entscheidungszuständigkeit des erkennenden Senats ist sowohl vom Rechtsweg her (unten 1. und 2.) als auch von der Spruchkörperzuständigkeit her (unten 3. und 4.) gegeben.

14

1. Die Eröffnung des Rechtswegs zu den Sozialgerichten folgt bereits daraus, dass das SG ihn als gegeben erachtet hat und dies gemäß § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) von den weiteren Instanzen im Rechtsmittelzug nicht mehr in Frage gestellt werden kann.

15

§ 17a Abs 5 GVG verbietet dem Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache zu entscheiden hat, die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs. Die Bindungswirkung besteht unabhängig davon, ob ein Beteiligter die Zulässigkeit des Rechtswegs vor dem SG in Frage gestellt hat (vgl BGH NJW 2008, 3572, 3573 RdNr 16; zur Reichweite der Bindungswirkung s zB auch BSGE 77, 119, 120 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1 S 2; BSG SozR 3-1720 § 17a Nr 7 S 11 f; BSG vom 6.10.2008 - B 3 SF 2/08 R - Juris RdNr 19-21) . Sie gilt auch dann, wenn das SG den Rechtsweg nur inzident bejaht hat (BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 1 RdNr 5 und BGH aaO RdNr 10, 17, 19).

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Diese Bindungswirkung des § 17a Abs 5 GVG greift hier ein; denn das SG hat über das Klagebegehren der Klägerin in der Sache entschieden und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten (§ 51 SGG) somit inzident für gegeben erachtet (zum speziellen Fall des § 17a Abs 2 Satz 3 GVG vgl BSGE 83, 128 = SozR 3-2500 § 116 Nr 17: Verweisung der Schadensersatzklage eines Vertragsarztes gegen einen ermächtigten Arzt vom LG an das SG) .

17

2. Die Bejahung des Rechtsweges zu den Sozialgerichten ist auch inhaltlich zutreffend. Dies ergibt sich aus § 51 Abs 1 Nr 2, Abs 2 Satz 1 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (SGB V) (Abs 1 Nr 2), dies auch dann, wenn die Streitigkeiten privatrechtliche Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung betreffen (Abs 2 Satz 1), und jeweils auch insoweit, als durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden (Abs 1 Nr 2 Halbsatz 2 und Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2). Damit sind die Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem SGB V umfassend, auch soweit die Rechtsbeziehungen der Leistungserbringer untereinander betroffen sind, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen (zum hierzu parallel formulierten Tatbestand des § 69 Satz 4 SGB V: vgl unten RdNr 43 am Ende).

18

3. Innerhalb der Sozialgerichte sind diejenigen Spruchkörper zuständig, die gemäß § 10 Abs 2 SGG(im Rechtsmittelzug iVm §§ 31 Abs 2, 40 Satz 2 SGG) für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts bestehen. Eine Zuständigkeit der Spruchkörper für Rechtsstreitigkeiten des allgemeinen Krankenversicherungsrechts (Angelegenheit der Sozialversicherung gemäß § 10 Abs 1 SGG) steht nicht in Frage (unten a), und es besteht auch kein Anlass für eine Vorlage an den Großen Senat (unten b).

19

a) Die Zuordnung der vorliegenden Streitigkeit zu § 10 Abs 2 SGG entspricht der bisherigen Rechtsprechung(zur Abgrenzung s zuletzt BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 15 ff mwN - auch zur teilweise abweichenden Auffassung des 3. Senats -; jüngst auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 9.2.2011 - L 11 KA 91/10 B ER - Juris RdNr 29 ff). Dies ergibt sich sowohl aus der Perspektive, welche Prozessparteien am Rechtsstreit beteiligt sind, als auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird.

20

Wird darauf abgestellt, zwischen welchen Beteiligten der Rechtsstreit geführt wird, so ist eine Konstellation gegeben, für die die Zuordnung zum Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG vorgezeichnet ist. Kläger ist ein Vertragsarzt bzw eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis. Beklagte ist zwar ein Krankenhaus, betroffen ist aber der Bereich ambulanter Tätigkeit. Die in § 115b SGB V vorgesehenen Leistungen gehören zur ambulanten Versorgung, wie auch § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V ungeachtet der Zuordnung zur Krankenhausbehandlung ausdrücklich klarstellt("Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär … sowie ambulant <§ 115b> erbracht."). Steht die Teilnahme von Krankenhäusern oder von Krankenhausärzten an der ambulanten Versorgung in Frage, so sind die Rechtsstreitigkeiten von oder gegen Krankenhäuser(n) nach der bisherigen Rechtsprechung dem Vertragsarztrecht zuzuordnen. Dies gilt nicht nur insoweit, als für die Eröffnung dieses Tätigkeitsfeldes eine Entscheidung des mit Vertragsärzten besetzten Zulassungsausschusses notwendig ist (so in den Fällen des § 116, des § 117 und des § 118 Abs 1 SGB V, vgl zB - zuletzt zu § 118 SGB V - BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1), sondern auch soweit einem Krankenhaus der ambulante Tätigkeitsbereich unmittelbar durch gesetzliche Regelung - ohne Erforderlichkeit einer ausdrücklichen behördlichen Entscheidung - eröffnet wird bzw worden ist: Dies betrifft die Konstellation des § 118 Abs 2 SGB V, aber auch Rechtsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen um Vergütungen für ambulante Leistungen gemäß § 120 Abs 1 und 3 SGB V(vgl dazu BSGE 76, 48, 49 iVm 51 = SozR 3-2500 § 120 Nr 5 S 27 iVm 29; BSG USK 97 80 S 452, insoweit in SozR 3-1500 § 166 Nr 6 nicht abgedruckt; vgl ferner BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 26 S 71 mwN). Vergleichbar gelagert mit diesen Fällen, in denen Krankenhäuser im Bereich ihrer ambulanten Tätigkeit betroffen sind, sind Rechtsstreitigkeiten, die den Bereich ihrer ambulanten Tätigkeit gemäß § 115b SGB V betreffen. Entsprechend den von § 118 Abs 2 SGB V erfassten Verfahren ist auch hier die Zuordnung zum Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG nicht zweifelhaft: Ebenso wie im Fall des § 118 Abs 2 SGB V ist auch hier unschädlich, dass es keiner gesonderten Entscheidung der mit Vertragsärzten besetzten Zulassungsausschüsse bedarf, damit das Krankenhaus an der ambulanten Versorgung gemäß § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag teilnehmen kann. Nach der Regelung des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag muss das Krankenhaus lediglich eine "Mitteilung" gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V iVm § 1 AOP-Vertrag abgeben, um zur Erbringung der in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag umschriebenen ambulanten Leistungen berechtigt zu sein(vgl hierzu BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92). Sind mithin schon generell Streitigkeiten von Krankenhäusern um die Teilnahme an der ambulanten Versorgung dem Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG zuzuordnen, so gilt dies jedenfalls fraglos dann, wenn ein Vertragsarzt sich gegen die Betätigung eines Krankenhauses im ambulanten Bereich wendet. Eine solche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Vertragsarzt und einem Krankenhaus ist schon wegen der Beteiligung des Vertragsarztes als Kläger gegen einen im ambulanten Bereich konkurrierenden Leistungserbringer dem Vertragsarztrecht zuzuordnen.

21

In der vorliegenden Konstellation ergibt sich die Zuordnung zum Vertragsarztrecht iS des § 10 Abs 2 SGG zusätzlich bei Abstellen auf den Kern des Rechtsstreits bzw - so vielfach die Terminologie - auf die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird(zu diesem Kriterium vgl zB BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 26 S 70 f mit BGH-Angaben; ebenso GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108; vgl auch derselbe in BGHZ 187, 105 = NJW 2011, 1211, 1212 RdNr 7 ff): Die klagende vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis stützt ihr Klagebegehren auf ihren Zulassungsstatus und die in ständiger Rechtsprechung daraus abgeleiteten Abwehrrechte der niedergelassenen Vertragsärzte gegen andere Leistungserbringer, die rechtswidrigerweise in der ambulanten Versorgung tätig sind (so schon BSGE 83, 128 = SozR 3-2500 § 116 Nr 17). Nach dem System des SGB V ist die ambulante Versorgung primär durch Vertragsärzte sicherzustellen; die ambulante Versorgung ist als vertragsärztliche Versorgung konzipiert (vgl § 72 SGB V). Die Mitwirkung an der ambulanten Versorgung durch andere Leistungserbringer als Vertragsärzte bedarf entsprechender gesetzlicher Regelung. In welchem Umfang und zu welchen Bedingungen § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag den Krankenhäusern eine derartige Leistungsberechtigung einräumt, wie sie hier von der Beklagten in Anspruch genommen wird, und ob ein niedergelassener Vertragsarzt aufgrund seines Zulassungsstatus einen Unterlassungs- bzw Schadensersatzanspruch - und ggf auch Auskunftsanspruch - gegen ein Krankenhaus hat, wenn dieses seine ambulante Tätigkeit über das durch § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag gestattete Ausmaß hinaus ausdehnt, ist die zentrale Frage des vorliegenden Rechtsstreits. Auch der 3. Senat des BSG grenzt danach ab, ob wie hier der rechtliche Status des Vertragsarztes unmittelbar betroffen ist (vgl BSG - 3. Senat - BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 12: "Vertragsarztrecht … rechtlichen Status als Vertragsarzt … bloß mittelbare Betroffenheit … vertragsärztliche Leistungserbringung im Streit").

22

b) Ergibt sich somit unter mehreren Aspekten die Zuordnung des Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts, so besteht auch kein Anlass für eine Vorlage an den Großen Senat gemäß § 41 SGG. Keiner der in § 41 Abs 2 und 4 SGG aufgeführten Tatbestände ist erfüllt.

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aa) Eine Abweichung von der Entscheidung eines anderen Senats iS des § 41 Abs 2 SGG liegt nicht vor. Soweit sich der 1. und der 3. Senat des BSG zu Zuständigkeitsfragen geäußert haben, handelte es sich jeweils um nicht-tragende Ausführungen (s die Zusammenfassung in BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 19). Eine Vorlage wegen Divergenz erfordert aber eine Abweichung in entscheidungserheblichen Ausführungen (vgl hierzu BSGE 51, 23, 24 ff = SozR 1500 § 42 Nr 7 S 10 ff; BSGE 58, 183, 186 f = SozR 1500 § 42 Nr 10 S 14; im selben Sinne BAGE 53, 30, 32; 69, 134, 138 , 141; 97, 150, 152; BGHSt 19, 7, 9; BVerwG Buchholz 310 § 11 Nr 6 S 13 oben; BFHE 132, 244, 250 = BStBl II 1981, 164, 166 f; BFHE 144, 124, 127 = BStBl II 1985, 587, 588 f; BFHE 145, 147, 150 = BStBl II 1986, 207, 208; BFHE 154, 556, 560 f = BStBl II 1989, 164, 166 f; s ferner BGHSt 40, 138, 145; inhaltlich ebenso - zur Anrufung des Plenums des BVerfG gemäß § 16 Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGE 77, 84, 104; 96, 375, 404; BVerfGE 96, 409 f; BVerfGE 112, 1, 23; 112, 50, 63).

24

bb) Eine Vorlage an den Großen Senat ist auch nicht etwa wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage iS des § 41 Abs 4 SGG veranlasst. Die Grundsatzvorlage eines Senats setzt nach dieser Bestimmung zum einen voraus, dass sie "nach seiner Auffassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist", und zum anderen, dass der Senat sein Ermessen ("kann … vorlegen") im Sinne der Vorlegung ausübt. Mithin bestehen auf zwei Ebenen bei der Entscheidung über eine Vorlage Einschätzungs- bzw Entscheidungsspielräume (vgl hierzu zB BSGE 62, 255, 259 oben = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 118 oben; das Ermessen hervorhebend zB BFHE 182, 506, 513 = BStBl II 1997, 787, 790; Pietzner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblatt-Kommentar , § 11 RdNr 56 mwN; A. Schmidt in Hennig, SGG, Loseblatt-Kommentar , § 41 RdNr 21). Unter welchen Voraussetzungen eine Vorlage "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" iS des § 41 Abs 4 Variante 2 SGG "erforderlich ist" bzw von ihr abgesehen werden kann, hängt nach der Rechtsprechung davon ab, ob eine Gefahr für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung durch sich abzeichnende entscheidungstragende Divergenzen besteht(so das Paradebeispiel, vgl zB BSGE 62, 255, 259 oben = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 118 oben; ebenso BSG - 3. Senat - GesR 2010, 415 RdNr 13, 16 am Ende, 26, 30). Ist dies noch nicht der Fall, so kann von einer Vorlage ermessensfehlerfrei abgesehen werden; zeichnen sich dagegen bereits entscheidungstragende Divergenzen ab, so kann das Vorlegungsermessen sogar auf Null reduziert sein.

25

Diese Voraussetzungen für eine Vorlage an den Großen Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung sind nicht gegeben. Sie ist schon nicht "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich", und überdies wäre eine Vorlage nicht ermessensgerecht.

26

Für die Annahme, im Sinne des Erfordernisses "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung" (§ 41 Abs 4 Variante 2 SGG) könnten in absehbarer Zeit Konkurrenzstreitverfahren von Vertragsärzten gegen Krankenhäuser wegen gemäß § 115b SGB V unzulässiger Kooperation bei Spruchkörpern des allgemeinen Krankenversicherungsrechts anhängig werden, gibt es keinen realen Ansatzpunkt. In diese Richtung laufende Gerichtsverfahren sind nicht ersichtlich. Aus demselben Grund ist auch die andere Tatbestandsvariante, eine Vorlage an den Großen Senat "zur Fortbildung des Rechts" (§ 41 Abs 4 Variante 1 SGG), nicht einschlägig: Ein Fortbildungsbedürfnis ist dem Senat nicht ersichtlich, solange nicht entscheidungstragende divergente Zuständigkeitsentscheidungen vorliegen oder jedenfalls in greifbarer Nähe sind. Für eine Vorlage lässt sich auch nichts aus dem seit ca einem Jahr beim Großen Senat anhängigen Vorlageverfahren (Az GS 1/10) herleiten; dieses betrifft einen anderen Streitgegenstand, nämlich die Rechtmäßigkeit einer Schiedsstellenentscheidung gemäß § 18a Krankenhausfinanzierungsgesetz zur Vergütung von Leistungen einer zahnärztlichen Hochschulambulanz.

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Auch aus dem im Vorlagebeschluss des 3. Senats (BSG vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B - GesR 2010, 415) angeführten Gesichtspunkt "prozessuales Querschnittsrecht" (aaO RdNr 12) lässt sich keine grundsätzliche Bedeutung herleiten. Konkurrenzstreitverfahren von Vertragsärzten gegen Krankenhäuser wie hier betreffen den Fall, dass ein Vertragsarzt aufgrund seines Zulassungsstatus und der daraus ableitbaren Abwehrrechte gegenüber einem anderen Leistungserbringer geltend macht, dieser sei in gemäß § 115b SGB V unzulässiger Kooperation in der ambulanten Versorgung tätig. Dies ist eine besondere Konstellation, die ein Problem prozessualen Querschnittsrechts im Rahmen von Zuständigkeitsfragen nicht erkennen lässt.

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Eine Anrufung des Großen Senats kann auch nicht deshalb erfolgen, weil jedenfalls wegen weiterer Zuständigkeitsfragen - außerhalb von Klagen von Vertragsärzten wegen gemäß § 115b SGB V unzulässiger Kooperation - eine "umfassende Klärung der Problematik durch den Großen Senat" veranlasst sei(hierzu BSG - 3. Senat - GesR 2010, 415 RdNr 44). Eine Vorlage, die wie hier in einem Rechtsstreit an sich nicht veranlasst ist, zwecks Klärung von Zuständigkeitsfragen in anderen Bereichen zu beschließen (so die Zielrichtung in BSG - 3. Senat - aaO RdNr 37), wäre nicht zulässig. Dies liefe darauf hinaus, "bei der Gelegenheit" eines Rechtsstreits den Großen Senat dafür in Anspruch zu nehmen, dass er ein Rechtsgutachten mit umfassenden Ausführungen über zusätzliche weitere Fragen erstellen solle. Ein solches Ansinnen wäre unzulässig; denn der Große Senat hat nicht die Aufgabe, Rechtsgutachten zu erstatten, wie in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte geklärt ist (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26; BFHE 91, 213, 215 = BStBl II 1968, 285, 286; BFHE 95, 31, 33 = BStBl II 1969, 291, 292; BAGE 20, 175, 183; 48, 122, 129; 69, 134, 145; inhaltlich ebenso BGHSt 19, 6, 9 ).

29

Scheitert eine Vorlage mithin schon am Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen, weil sie weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist, so besteht keine tatbestandsmäßige Grundlage für eine Ausübung des Ermessens ("kann … vorlegen").

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4. Der Senat entscheidet im vorliegenden Verfahren in der sich aus § 12 Abs 3 Satz 2 SGG(iVm §§ 33, 40 Satz 1 SGG) ergebenden Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte. Dies folgt daraus, dass der vorliegende Rechtsstreit weder unmittelbar die Krankenkassen betrifft noch die Entscheidung eines Gremiums, in dem Vertreter von Krankenkassen mitgewirkt haben, angefochten wird. Allein der Gesichtspunkt, dass der Bereich der gemäß § 115b SGB V zugelassenen ambulanten Operationen im Krankenhaus durch einen dreiseitigen Vertrag unter Beteiligung der Krankenkassen umgrenzt wird und dass eine erweiternde Auslegung des § 115b SGB V bzw des AOP-Vertrages durch Einbeziehung zB aller Vertragsärzte zu höheren Ausgaben der gemäß § 115b Abs 2 Satz 4 SGB V vergütungsverpflichteten Krankenkassen führen würde, reicht nicht aus für eine Zuordnung des Rechtsstreits zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts iS des § 12 Abs 3 Satz 1 SGG. In diesem Sinne hat der Senat bereits den Fall, dass ein Vertragsarzt einen ermächtigten Arzt, der bereits vor dem Wirksamwerden der ihm erteilten Ermächtigung Leistungen erbracht hatte, auf Schadensersatz in Anspruch nahm, als Angelegenheit der Vertragsärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG angesehen und seine Entscheidung unter Mitwirkung von zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte getroffen(s BSGE 83, 128 = SozR 3-2500 § 116 Nr 17).

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B. 1. Die (Sprung-)Revision gegen das Urteil des SG ist statthaft (§ 161 SGG), denn dieses hat die Sprungrevision mit Beschluss vom 24.3.2010 zugelassen.

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Dabei kann offen bleiben, ob der Beschluss des SG über die Zulassung der Sprungrevision unter ordnungsgemäßer Mitwirkung seiner ehrenamtlichen Richter zustande gekommen ist. Die Zweifel daran könnten sich darauf gründen, dass diese lediglich im Umlaufverfahren auf unterschiedlichen, ihnen per Fax übersandten Beschlussabschriften unterschrieben haben und insoweit keine einheitliche Urkunde vorliegt. Das stellt die Zulässigkeit der Sprungrevision aber nicht in Frage. Denn der Wirksamkeit der Zulassung der Sprungrevision stünde nicht einmal entgegen, wenn die ehrenamtlichen Richter überhaupt nicht mitgewirkt haben, sondern der Berufsrichter allein über die Zulassung der Revision entschieden hat. Der Zulassungsbeschluss ist dann zwar fehlerhaft, aber dennoch wirksam und das Revisionsgericht an ihn gebunden (so zuletzt BSG vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 13 und vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; vgl zur früheren Rspr: BSG BSGE 51, 23, 26 ff, 29 f = SozR 1500 § 161 Nr 27 S 54 ff; BSGE 64, 296, 297 f = SozR 1500 § 161 Nr 33 S 69 f; BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 13/06 R - Juris RdNr 9).

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2. Die Parteistellung als Klägerin und Revisionsführerin kommt im vorliegenden Verfahren der Gemeinschaftspraxis zu, die die Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß §§ 705 ff BGB hat. Diese gilt für schwebende Auseinandersetzungen um Forderungen und Verbindlichkeiten als fortbestehend (vgl § 730 Abs 2 Satz 1 BGB; s dazu zuletzt BSG vom 8.12.2010 - B 6 KA 33/09 R - RdNr 11 mwN; BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 5/10 R - RdNr 23). Dementsprechend hat der Senat das Rubrum berichtigt (vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 86 Nr 2 RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57 RdNr 12); seinem entsprechenden Hinweis in der mündlichen Verhandlung ist keiner der Beteiligten entgegengetreten.

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3. Schließlich bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulässigkeit der mit der Revision verfolgten Klage. Diese ist auch in der Form der von der Klägerin erhobenen Stufenklage zulässig, mit der sie zunächst Auskunft und - erst auf der Grundlage der erhaltenen Auskunft - Schadensersatz begehrt. Diese beiden Begehren können, da sie miteinander im Zusammenhang stehen und das eine Begehren auf dem anderen aufbaut, im Wege der Klagehäufung zusammen verfolgt werden (objektive Klagehäufung, vgl § 56 SGG; zum speziellen Fall der Stufenklage gemäß § 202 SGG iVm § 254 ZPO: vgl Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 56 RdNr 5) . Dabei reicht es aus, dass die Klägerin erst nach Erlangung der Auskunft über die von der Beklagten abgerechneten Leistungen den Schadensersatzanspruch beziffern will (vgl Greger in: Zöller, ZPO, 28. Aufl 2010, § 254 RdNr 1; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl 2011, § 254 RdNr 4, 6; jeweils mit Rspr-Angaben).

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C. Die rechtliche Würdigung in der Sache ergibt, dass das Begehren der Klägerin auf Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG begründet ist. Zur abschließenden Beurteilung der Stufenklage auf Auskunft und ggf auf Schadensersatz sind ergänzende Tatsachenfeststellungen des SG erforderlich, an das der Rechtsstreit deshalb gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG zurückzuverweisen ist.

36

Es ist nicht aus Rechtsgründen ausgeschlossen, dass die Klägerin mit ihrem Auskunfts- und ggf auch Schadensersatzbegehren Erfolg hat; denn in dem Verhältnis zwischen der klagenden Gemeinschaftspraxis und dem Krankenhaus bzw der beklagten Krankenhausträgerin können Auskunfts- und Schadensersatzansprüche bestehen (unten 1. a-c). Die Voraussetzungen, dass ein der Klägerin vom Krankenhaus zugefügter Schaden möglich bzw wahrscheinlich erscheint (unten 1. d) und dass die Handlungsweise des Krankenhauses gegen die Vorgaben des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag verstieß(unten 2.), sind gegeben.

37

1. In dem Verhältnis zwischen der klagenden Gemeinschaftspraxis und dem Krankenhaus der Beklagten sind die allgemeinen Regelungen des Wettbewerbsrechts über Auskunfts- und Schadensersatzansprüche anzuwenden.

38

Auskunfts- und Schadensersatzbegehren hängen im Falle der Klägerin in der Weise zusammen, dass die Klägerin zunächst Auskunft von der Beklagten darüber fordert, wann Dres. P., S. und B. welche ambulanten Operationen in Kooperation mit Anästhesisten des Krankenhauses der Beklagten erbrachten. Nach Erhalt dieser Auskunft will sie den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch errechnen.

39

Ist mithin das Auskunftsbegehren ein Hilfsanspruch für das Schadensersatzbegehren, so ist für die Zuerkennung eines Auskunftsanspruchs notwendig, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte überhaupt möglich erscheint, dh dass ein Schadensersatzanspruch rechtlich denkbar ist (unten a-c) und es nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Klägerin durch das rechtswidrige Verhalten der Beklagten einen Schaden erlitt (unten d).

40

a) Aus dem vertragsärztlichen Status ist abzuleiten, dass der Vertragsarzt einen Schadensersatzanspruch gegen einen konkurrierenden Leistungserbringer haben kann, der die für seine Mitwirkung an der ambulanten Versorgung geltenden Vorgaben nicht beachtet hat. Davon ist der Senat bereits in seinem früheren Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 75/97 R - ausgegangen (s BSGE 83, 128, 131 ff = SozR 3-2500 § 116 Nr 17 S 84 ff). In dieser Entscheidung hatte der Senat die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) für Schadensersatzansprüche eines Vertragsarztes gegen eine ermächtigte Ärztin herangezogen, die von ihrer Ermächtigung bereits Gebrauch gemacht hatte, ehe diese bestandskräftig war.

41

Dieselben Grundsätze gelten ebenso in anderen Fällen rechtswidriger Betätigung in der ambulanten Versorgung. Ein Vertragsarzt bzw eine vertragsärztliche Berufsausübungsgemeinschaft kann Schadensersatz nach wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen beanspruchen, wenn er bzw sie geltend machen kann, ein Krankenhaus habe die ihm durch § 115b SGB V eingeräumten Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten. Auch in dieser Konstellation stehen der Zulassungsstatus und das daraus ableitbare Abwehrrecht gegenüber anderen, in rechtswidriger Weise ambulant tätigen Leistungserbringern (vgl oben RdNr 21) in Frage. In einer solchen Lage muss dem betroffenen Vertragsarzt ein Mindestmaß an Rechtsschutz gewährt werden, dh die Möglichkeit der Abwehr und eines Schadensersatzes zuerkannt werden. Damit wird die Linie der Rechtsprechung von BVerfG und BSG zur Abwehr rechtswidrig tätiger Konkurrenten konsequent weitergeführt (vgl zur Konkurrentenabwehr zuletzt BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17, 19 f mwN; vgl schon früher BSGE 83, 128, 131 ff = SozR 3-2500 § 116 Nr 17 S 84 ff). Würden die Möglichkeiten der Abwehr und eines Schadensersatzes nicht anerkannt, so bliebe eine empfindliche Rechtsschutzlücke, die der zentralen Funktion des Zulassungsstatus des Vertragsarztes im SGB V nicht entspräche.

42

b) Der Heranziehung der allgemeinen Grundsätze des Wettbewerbsrechts steht § 69 SGB V nicht entgegen. Zwar verweist diese Vorschrift nur auf bestimmte zivilrechtliche Regelungen, nämlich in § 69 Satz 3 SGB V(Fassung vom 14.11.2003, BGBl I 1412) - und später im neuen Abs 2 zusätzlich auf einige Bestimmungen des Gesetzes für Wettbewerbsbeschränkungen (GWB, s die Fassungen vom 15.12.2008, BGBl I 2426, und vom 22.12.2010, BGBl I 2262) -. Daraus folgt aber keine Anwendungssperre für allgemeine zivilrechtliche Regelungen und Grundsätze. Vielmehr gebieten das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) - und ebenso der für Zivilrechtsbeziehungen einschlägige allgemeine Justizgewährleistungsanspruch (Art 2 Abs 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) -, dass in dem Fall rechtswidriger Schädigungen ein Mindestmaß an Primär- und/oder Sekundärrechtsschutz zuerkannt wird, dh Möglichkeiten der Abwehr und/oder eines Schadensersatzes bestehen (vgl dazu BVerfGE 116, 135, 154-159, und BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 31) .

43

Der Anwendung allgemeiner wettbewerbsrechtlicher Grundsätze iVm § 115b SGB V auf das vorliegende Streitverhältnis zwischen Vertragsarzt und Krankenhaus steht auch nicht entgegen, dass §§ 69 ff und § 115b SGB V gemäß der Überschrift zum Vierten Kapitel(§§ 69-140h SGB V) auf das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern zugeschnitten sind. Heute ist anerkannt, dass die Regelungen der §§ 69 ff SGB V auch im Verhältnis der Leistungserbringer untereinander zu beachten sind(zur Rechtsprechungsentwicklung s Engelmann in Schlegel/Voelzke/Engelmann, jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 69, insbesondere RdNr 57 ff, 119 ff, 210 ff) . Deren Geltung auch im Verhältnis der Leistungserbringer und die Anwendung der darauf bezogenen Schadensersatzregelungen auch in diesem Verhältnis ergibt sich zumal ausdrücklich aus dem den § 69(heute: Abs 1) SGB V abschließenden letzten Satz: "Die Sätze 1 bis 3 [die das gesamte Vierte Kapitel in Bezug nehmen] gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind." In diesem Sinne hat der BGH wiederholt ausgeführt, dass "die Vorschrift des § 69 SGB V … auch auf die Beziehungen von Leistungserbringern untereinander" anzuwenden ist, "soweit es um Handlungen in Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags der Krankenkassen geht"(BGH NJW-RR 2006, 1046, 1048 RdNr 23 am Ende; ebenso BGHZ 175, 333 RdNr 18 = NJW-RR 2008, 1426, 1427 RdNr 18 = NZS 2008, 653, 654 RdNr 18) . Dem ist zuzustimmen.

44

c) Wenn demnach allgemeine Schadensersatzregelungen auch für den Wettbewerb der Leistungserbringer untereinander gelten bzw gelten müssen, liegt es nahe, für nähere Einzelheiten die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Grundsätze des UWG heranzuziehen (Ansätze in dieser Richtung auch bei Engelmann in Schlegel/Voelzke/Engelmann, jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 69 RdNr 217 f). Das Rechtsinstitut des Schadensersatzes bei wettbewerbswidrigem Verhalten hat im UWG in dessen §§ 2, 3 iVm § 4 Nr 11 und §§ 9, 10 eine allgemeine Ausprägung erfahren(s dazu für die vorliegend betroffenen Jahre 2005/2006 die Fassung des UWG vom 3.7.2004, BGBl I 1414). In Anlehnung an diese Regelungen ergibt sich, dass ein Marktteilnehmer jedenfalls dann einem Konkurrenten Schadensersatz leisten muss, wenn er im geschäftlichen Verkehr gesetzlichen Vorschriften zuwiderhandelt, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (sog Rechtsbruchtatbestand, vgl dazu Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl 2011, § 4 RdNr 11.7; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl 2010, § 4 RdNr 11/11 und 11/52; vgl auch Sosnitza in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 2 RdNr 7).

45

Bei entsprechender Anwendung der §§ 2, 3 iVm § 4 Nr 11 und §§ 9, 10 UWG sind im Sinne dieser UWG-Bestimmungen die Regelungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag "dazu bestimmt, im Interesse der Leistungserbringer ihr Verhältnis zueinander zu regeln". Denn der zur Konkretisierung des § 115b SGB V vereinbarte AOP-Vertrag soll die Interessen der verschiedenen Gruppen der Leistungserbringer miteinander zum Ausgleich bringen(vgl die "Grundsätze" im Vorspann zum AOP-Vertrag). Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Zusammenstellung des Katalogs, welche Operationen und Eingriffe ambulant durchgeführt werden können, und die Festlegung näherer Regelungen den Spitzenverbänden der betroffenen Leistungserbringer im Zusammenwirken mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen zugewiesen hat: Gemäß § 115b Abs 1 SGB V haben die Spitzenverbände der Krankenkassen (seit dem 1.7.2008: der Spitzenverband Bund der Krankenkassen), die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die Aufgabe, in einer dreiseitigen Vereinbarung entsprechende Regelungen zu normieren. Dies haben sie - bzw mangels Einigung ersatzweise das Bundesschiedsamt gemäß § 115b Abs 3 iVm § 89 SGB V - im AOP-Vertrag getan. Dies dient dem Interessenausgleich zwischen den Krankenhäusern und der Gruppe der Vertragsärzte insgesamt, zu der auch die Klägerin gehört, die sich mithin ebenfalls auf die Schutzwirkung des AOP-Vertrages berufen kann und damit befugt ist, auf Verletzungen des AOP-Vertrages gegründete Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

46

Nach alledem ergibt sich - in Anlehnung an §§ 2, 3 iVm § 4 Nr 11 und §§ 9, 10 UWG(vgl oben RdNr 44) -, dass ein Leistungserbringer einem Konkurrenten zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, wenn er bei der Krankenversorgung gegen eine Rechtsvorschrift wie § 115b SGB V - iVm dem AOP-Vertrag - verstößt, die auch das Wettbewerbsverhalten der Leistungserbringer untereinander betrifft.

47

d) Bestehen mithin hier anwendbare Regelungen über einen Schadensersatzanspruch, so ist aber zusätzlich erforderlich, dass ein solcher auch im vorliegenden Fall ernstlich in Betracht kommen kann. Es muss möglich erscheinen, dass die Klägerin durch die Handlungsweise der Beklagten einen Schaden erlitt. Nur dann ist ein Schadensersatzanspruch denkbar und kann auch der Hilfsanspruch der Klägerin gegeben sein, Auskunft darüber zu erhalten, bei welchen ambulanten Operationen - und mit welcher Vergütung - die Anästhesisten des Krankenhauses der Beklagten mit den Chirurgen Dres. P., S. und B. kooperierten (vgl dazu schon oben RdNr 39).

48

Die Anforderungen an die Darlegungen zur konkreten Schadensverursachung sind - entsprechend der Fundierung des Schadensersatzanspruchs in Anlehnung an die Regelungen des UWG - an den Maßstäben auszurichten, die die Rechtsprechung auch sonst bei Schadensersatzbegehren nach dem UWG zugrunde legt. Der BGH hat in einem Urteil vom 17.9.2009 - in einem Streit zwischen zwei laborärztlichen Gemeinschaftspraxen wegen unzulässiger Anlockhandlungen durch Angebote nicht kostendeckender Preise bei O I- und O II-Laborleistungen - herausgestellt, dass es keine Vermutung dafür gebe, dass die Anlockhandlung auch die angestrebte Anlockwirkung - mit Schädigung der Konkurrenten - entfalte; es gebe nicht einmal eine Vermutung dafür, dass Ärzte ihre O III-Laboraufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie die O I- und O II-Aufträge geben (BGH NJW-RR 2010, 1059, RdNr 14 = GesR 2010, 197, RdNr 14) . Andererseits bedürfe es aber auch nicht des Nachweises eines strengen Kausalzusammenhangs. Ausreichend sei die Feststellung, dass die Ärzte tendenziell eher ihre O III-Aufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie auch die O I- und O II-Aufträge geben; dies könne vom Tatrichter aufgrund seiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des jeweiligen Falles entschieden werden (BGH aaO RdNr 16, 21).

49

Nach diesem Maßstab bedarf es noch weiterer Tatsachenfeststellungen des SG für die Entscheidung, ob ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ernstlich in Betracht kommt. Das SG hat im Tatbestand des angefochtenen Urteils einerseits ausgeführt, es habe "begründete Erwartungen und Absprachen" dafür gegeben, dass die Chirurgen ihre Operationen, wenn sie diese nicht im Krankenhaus der Beklagten hätten durchführen können, im Operationszentrum der Klägerin durchgeführt (und hier deren Anästhesisten herangezogen) haben würden. Hierfür könnte die örtliche Nähe zwischen der Klägerin und den niedergelassenen Chirurgen sprechen. Andererseits hat das SG in den Entscheidungsgründen dargelegt, es sei "in keinem Fall sicher", dass die Operateure die Anästhesisten der Klägerin herangezogen hätten: Denkbar ist, dass Missstimmigkeiten zwischen ihnen und den Ärzten der Klägerin aufgekommen waren und sie schon deshalb nicht das Operationszentrum der Klägerin in Anspruch genommen haben würden. Angesichts dieser ungeklärten Sachlage kann das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs weder sicher bejaht noch ausgeschlossen werden; daher bedarf es noch näherer Ermittlungen und Feststellungen des SG.

50

2. Schließlich war die Handlungsweise des Krankenhauses auch rechtswidrig. Sie war nicht vereinbar mit den Vorgaben des § 115b SGB V(zur hier maßgeblichen - bis zum 31.3.2007 unveränderten - Fassung s das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626) iVm dem AOP-Vertrag (hier zugrunde zu legen idF vom 18.3.2005, DÄ 2005, A 1232) .

51

Mit der Regelung des § 115b SGB V wurden neue Möglichkeiten für die Krankenhäuser geschaffen, ambulante Operationen durchzuführen bzw an ihnen mitzuwirken(unten a). Durch § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag sind aber nur bestimmte Kooperationsformen für ambulante Operationen im Krankenhaus geregelt worden(unten b und b aa). Die Bestimmungen des AOP-Vertrages können nicht in der von der Beklagten begehrten Weise erweiternd ausgelegt werden, allgemeine Wendungen in der Präambel reichen dafür nicht aus (unten b bb und cc). Dafür können auch nicht spätere Bestimmungen iS einer rückwirkenden Klarstellung herangezogen werden (unten b dd). Die daraus resultierenden Begrenzungen für die Durchführung ambulanter Operationen durch Krankenhäuser bzw für deren Mitwirkung an ihnen sind mit Art 12 und Art 14 GG vereinbar (unten b ee). Die Regelungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ergeben keine Grundlage für die von der Beklagten praktizierte - von der Klägerin beanstandete - Kooperation zwischen einem Vertragsarzt als Operateur und einem Anästhesisten des Krankenhauses(unten c und 3.).

52

a) Die Materialien aus dem Gesetzgebungsverfahren zum Gesundheitsstrukturgesetz sowie Sinn und Zweck des § 115b SGB V ergeben, dass mit dieser Regelung neue Möglichkeiten geschaffen wurden, in Krankenhäusern ambulante Operationen durchzuführen. Nach der Gesetzesbegründung zu § 115b SGB V sollten mit dieser Regelung die Möglichkeiten ambulanten Operierens - sowohl im Krankenhaus als auch in der Arztpraxis - ausgebaut werden(BT-Drucks 12/3608 S 71 und S 103 ). Dies sollte dazu beitragen, stationäre Behandlungen bei Patienten, die auch ambulant ausreichend und angemessen versorgt werden können, zu vermeiden (BT-Drucks 12/3608 S 103 , vgl auch S 67 und S 87 ; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92). Auf der Grundlage dieser Regelungen erhielten die Krankenhäuser, wie der Senat bereits ausgeführt hat, zusätzliche Möglichkeiten ambulanter Operationen, die sie zuvor nicht hatten (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92; ebenso BT-Drucks 12/3608 S 81 : "neues Leistungsspektrum"; ebenso S 103 ). Damit kommt der Regelung des § 115b SGB V eine konstitutive Funktion im Sinne einer Erweiterung des Rechtskreises der Krankenhäuser zu.

53

Der kompetenzerweiternde und nicht lediglich klarstellende Charakter des § 115b SGB V findet darin seine Bestätigung, dass das Krankenhaus die Zulassung zu den in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag normierten Möglichkeiten ambulanter Operationen durch schlichte Mitteilung gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 iVm Abs 4 Satz 2 SGB V erlangt. Das Krankenhaus führt in seiner Mitteilung diejenigen nach dem AOP-Vertrag zulässigen ambulanten Operationen auf, die es in seinem Krankenhaus durchzuführen beabsichtigt (vgl hierzu die Mitteilungen des Krankenhauses der Beklagten, zunächst vom 28.12.1993 und in der Folgezeit stetig aktualisiert). Aus dieser Mitteilung folgt unmittelbar kraft Gesetzes die Zulassung gemäß § 115b SGB V; diese bedarf nicht etwa erst noch einer Bestätigung durch den Zulassungsausschuss (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 19 S 92). Die Zulassung setzt vielmehr allein voraus, dass das Krankenhaus die entsprechende Mitteilung abgibt (zum Rechtscharakter der Mitteilung vgl Hess in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 115b RdNr 4; Köhler-Hohmann in jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 115b RdNr 14). Dieses Konzept einer gesetzlichen, aber doch einer Mitteilung gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V bedürftigen Zulassung zeigt, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen ist, die Krankenhäuser wären zur Durchführung solcher ambulanten Operationen schon bisher generell berechtigt gewesen.

54

b) Welche Arten ambulanter Operationen das Krankenhaus durchführen bzw in welcher Weise das Krankenhaus an ambulanten Operationen mitwirken darf, richtet sich nach dem Inhalt seiner Mitteilung gemäß § 115b Abs 2 Satz 2 SGB V und dem Katalog der in der Anlage zum AOP-Vertrag aufgeführten ambulanten Operationen iVm den sonstigen Regelungen des AOP-Vertrages. Der Katalog wird gemäß § 115b Abs 1 SGB V durch eine sog dreiseitige Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen - bzw seit dem 1.7.2008: dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen -, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ausgeformt bzw, wenn diese Partner kein Einvernehmen erzielen können, durch das gemäß § 115b Abs 3 SGB V berufene - erweiterte - Bundesschiedsamt festgesetzt. Diejenige Fassung des AOP-Vertrages, die für die vorliegend umstrittene Leistungserbringung zwischen Frühjahr 2005 und August 2006 maßgebend ist, wurde vom Bundesschiedsamt am 18.3.2005 festgesetzt (DÄ 2005, A 1232; - zur Aktualisierung vom 20.10.2005 mit Wirkung zum 1.1.2006 s im Internet unter http://www.dkgev.de/pdf/1383.pdf - abgerufen im März 2011) . In der beigefügten Anlage 1 sind die ambulant durchführbaren Operationen aufgeführt. Zur Frage, wer diese ambulanten Operationen durchführen und an ihnen mitwirken darf, kann weder der Anlage selbst eine Regelung entnommen werden, noch enthält der Vorschriftenteil des AOP-Vertrages (§§ 1-22 AOP-Vertrag; heute: §§ 1-23) dazu eine eigenständige Bestimmung (vgl ebenso SächsLSG MedR 2009, 114, 114 f). Aus dem Gesamtzusammenhang des AOP-Vertrages, vor allem aus seinen Regelungen über die Abrechnungsverfahren, ergeben sich jedoch ausreichend deutliche Hinweise darauf, welche Konstellationen im Rahmen des § 115b SGB V als zulässig anzusehen sind, dh inwieweit und in welchen Konstellationen das Krankenhaus bzw seine Ärzte ambulante Operationen durchführen bzw an ihnen mitwirken dürfen. So werden in § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag(dessen Fassung vom 18.3.2005 im Übrigen mit der heutigen identisch ist) für die Abrechnung des Krankenhauses die Konstellationen genannt,

·       

dass "sowohl ein Operateur als auch ein Anästhesist des Krankenhauses beteiligt sind" oder

·       

dass die ambulante Operation "durch einen belegärztlich tätigen Vertragsarzt erfolgt und das Krankenhaus nur die Anästhesieleistung erbringt".

Letztere Konstellation wird in § 18 Abs 1 Satz 4 AOP-Vertrag aufgegriffen: Dort heißt es, dass "die ambulante Operation durch einen am Krankenhaus tätigen Belegarzt" erfolgt.

55

Damit geht der AOP-Vertrag davon aus, dass es im Rahmen des § 115b SGB V nur diese zwei Arten von Kooperationsformen gibt, wie ein Krankenhaus ambulante Operationen durchführen bzw an ihnen mitwirken darf: Die ambulante Operation muss entweder von einem "Operateur des Krankenhauses" oder von einem am Krankenhaus tätigen Belegarzt durchgeführt werden, wobei die Anästhesieleistungen jeweils von einem Arzt des Krankenhauses erbracht werden. Nicht aufgeführt ist die Konstellation, dass ein Anästhesist des Krankenhauses an ambulanten Operationen mitwirkt, die ein Vertragsarzt durchführt; diese Art der Kooperation würde zu einer der zwei genannten nur passen, wenn der Vertragsarzt zugleich - evtl teilzeitig beschäftigter - "Operateur des Krankenhauses" oder Belegarzt des Krankenhauses wäre. - Zur Auslegung dieser Begriffe ist im Einzelnen auszuführen:

56

aa) Soweit im AOP-Vertrag die Durchführung ambulanter Operationen durch einen "Operateur des Krankenhauses" angesprochen ist, muss es sich um einen Arzt des Krankenhauses handeln. Dies bedeutet, dass dieser im Krankenhaus - in Voll- oder Teilzeit - als Angestellter oder Beamter fest angestellt sein muss.

57

Der Begriff "Operateur des Krankenhauses" würde dagegen überdehnt, wenn man ihm auch einen Arzt zuordnen wollte, der vom Krankenhaus nur als freier Mitarbeiter herangezogen wird. Ein nur punktuell hinzugezogener Vertragsarzt, der nicht zugleich Beschäftigter des Krankenhauses ist (im Sinne einer Nebentätigkeit im Umfang von max 13 bzw 26 Wochenstunden, vgl hierzu zuletzt BSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 40/09 R - RdNr 16 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), ist kein "Operateur des Krankenhauses". Dem steht schon entgegen, dass im weiteren Text des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag als Alternative zum "Operateur des Krankenhauses" nur der belegärztlich tätige Vertragsarzt genannt ist: Diese Eingrenzung würde unterlaufen, wenn jeder im Krankenhaus tätige Arzt bzw Vertragsarzt dem Begriff "Operateur des Krankenhauses" zugeordnet werden würde. Hierfür muss es sich vielmehr um einen wenigstens teilzeitig am Krankenhaus beschäftigten und sozialversicherten oder dort beamteten Arzt handeln (zu § 121 Abs 5 SGB V<"Honorararzt"> vgl unten RdNr 68).

58

Gegen die Auslegung, "Operateur des Krankenhauses" sei jeder im Krankenhaus tätige (Vertrags-)Arzt, spricht auch das Nebeneinander von "Krankenhausarzt" und "Vertragsarzt" in anderen Bestimmungen des AOP-Vertrages. So werden in dessen § 4 Abs 4 und Abs 5 die beiden Begriffe deutlich als nicht identisch zugrunde gelegt(ebenso SächsLSG MedR 2009, 114, 115).

59

Die Vorgabe, dass die Leistungserbringung des Krankenhauses grundsätzlich durch dessen eigenes Personal erfolgen soll, entspricht auch dem Ziel der Qualitätssicherung; denn bei eigenem Personal, das in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden ist, kann am ehesten davon ausgegangen werden, dass dieses nach dem Maßstab höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht wird. Auch der Gesichtspunkt der Transparenz der Leistungserbringung aus der Perspektive des Patienten spricht für diese Sicht. Entscheidet dieser sich dafür, eine ambulante Operation im Krankenhaus und nicht in einer ambulanten Vertragsarztpraxis durchführen zu lassen, so dürfte er typischerweise die Erwartung haben, von einem Arzt des Krankenhauses operiert zu werden, der dort fest angestellt und an der stationären Versorgung beteiligt ist. Schließlich entspricht es auch dem gesetzlichen Regelfall, dass Krankenhäuser mit eigenem Personal arbeiten. Ausnahmen davon sind nur enumerativ normiert; so werden im stationären Bereich durch § 2 Abs 2 Satz 2 Nr 2 Krankenhausentgeltgesetz vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter miteinbezogen(zu dessen Ausnahmecharakter vgl ebenso SächsLSG MedR 2009, 114, 115 ; - zum Kriterium der Gesamtverantwortung vgl zB Wagener/Haag, MedR 2009, 72, 73). Diese Regelung ist weder im ambulanten Bereich anwendbar noch ist eine dem vergleichbare Ausnahmeregelung in § 115b SGB V oder im AOP-Vertrag enthalten. Im Übrigen könnte ein vorrangig seiner Praxistätigkeit verpflichteter Vertragsarzt auch nicht ohne Weiteres als "jederzeit verfügbares" Personal des Krankenhauses iS des § 107 Abs 1 Nr 3 SGB V angesehen werden.

60

Die Operationsleistung kann allerdings kraft ausdrücklicher Regelung alternativ auch durch einen "belegärztlich tätigen Vertragsarzt" (§ 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag) bzw durch einen "am Krankenhaus tätigen Belegarzt" (§ 18 Abs 1 Satz 4 AOP-Vertrag) erfolgen. Mit beiden Formulierungen ist ersichtlich dasselbe gemeint, nämlich dass der ohnehin am Krankenhaus stationär tätige Belegarzt zusätzlich im Rahmen ambulanter Operationen gemäß § 115b SGB V tätig werden darf. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Terminologie in § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag "belegärztlich tätiger Vertragsarzt" ungenau ist, weil der Belegarzt im Rahmen ambulanter Operationen gemäß § 115b SGB V gerade nicht belegärztlich-stationär tätig ist; präziser ist die Formulierung in § 18 Abs 1 Satz 4 AOP-Vertrag: "ambulante Operationen durch einen am Krankenhaus tätigen Belegarzt". Gerade dem Belegarzt das ambulante Operieren zu ermöglichen, soll entsprechend dem Sinn und Zweck des § 115b SGB V dazu beitragen, stationäre Behandlungen bei solchen Patienten zu vermeiden, die auch ambulant ausreichend und angemessen versorgt werden können(hierzu vgl oben RdNr 52): Dem Belegarzt soll der Anreiz gegeben werden, vorrangig ambulant zu operieren und nur diejenigen Patienten belegärztlich-stationär zu operieren, bei denen dies unerlässlich ist. Ist mithin die Ausrichtung des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag gerade auf den Belegarzt sachgerecht, so kann dies nicht als vermeintliche redaktionelle Ungenauigkeit oder als nur technische Regelung außer Acht gelassen werden(zu Art 3 Abs 1 GG vgl unten RdNr 73).

61

Zurückzuweisen ist die Ansicht, der in § 7 Abs 4 Satz 2 letzter Satzteil AOP-Vertrag vorgenommenen Eingrenzung auf den Belegarzt komme deshalb keine Bedeutung zu, weil damit nur ein Streit über die separate Abrechenbarkeit anästhesiologischer Leistungen habe beigelegt werden sollen(so Wagener/Haag, MedR 2009, 72, 74; vgl auch Bohle in Huster/Kaltenborn, Krankenhausrecht, 2010, § 8 RdNr 27 am Ende). Hätte dies das Ziel der Vorschrift sein sollen, so hätte es nahegelegen, auf den angefügten Nebensatz ("sofern …") zu verzichten. Durch diesen Nebensatz wird indessen klargestellt, dass die separate Abrechenbarkeit überhaupt nur unter bestimmten, darin aufgeführten Voraussetzungen in Betracht kommen kann.

62

Eine erweiternde Auslegung des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag kann auch nicht aus dem Wort "insbesondere" abgeleitet werden. Bei der Vergütung ambulanter Leistungen sind Krankenhäuser gemäß Satz 1 wie niedergelassene Vertragsärzte der entsprechenden Fachrichtung einzustufen. Dies gilt gemäß Satz 2 insbesondere auch für die separate Abrechenbarkeit anästhesiologischer Leistungen/Narkosen, sofern im Krankenhaus bei Eingriffen gemäß § 115b SGB V entweder sowohl ein Operateur als auch ein Anästhesist des Krankenhauses beteiligt sind oder die Operationsleistung durch einen Belegarzt erfolgt und das Krankenhaus nur die Anästhesieleistung erbringt. Das Wort "insbesondere" hat nach diesem grammatischen Kontext keinen Bezug zu den erst im nachfolgenden Nebensatz benannten Arzttypen Krankenhausarzt und Belegarzt.

63

Anders als bei der Operationsleistung, die gemäß § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag alternativ entweder durch einen Krankenhausarzt oder durch einen Belegarzt des Krankenhauses erbracht werden kann, geht § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag für die anästhesistischen Leistungen davon aus, dass diese stets durch einen Krankenhausarzt erbracht werden; dafür werden - inhaltlich austauschbar - die Formulierungen "Anästhesisten des Krankenhauses" und "Krankenhaus nur die Anästhesieleistung erbringt" verwendet. Der Rahmen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ist mithin nur eingehalten, wenn die Anästhesieleistung von einem Arzt erbracht wird, der - entsprechend obigen Ausführungen(RdNr 56 f) - voll- oder teilzeitig am Krankenhaus beschäftigt und sozialversichert oder dort beamtet sein muss.

64

bb) Eine erweiternde Auslegung des § 7 Abs 4 Satz 2 AOP-Vertrag - mit Einbindung auch derjenigen Vertragsärzte, die nicht Belegärzte des Krankenhauses sind - lässt sich auch nicht auf die Präambel des AOP-Vertrages und die dort niedergelegten "Grundsätze" stützen. Darin wird als Ziel der Regelungen bezeichnet, "die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Vertragsärzten und Krankenhäusern zu fördern" und "die Kooperation zwischen niedergelassenem Bereich und Krankenhausbereich zu verbessern, einschließlich der gemeinsamen Nutzung von Operationskapazitäten im Krankenhaus" (Satz 2 der "Grundsätze"). Indessen handelt es sich hierbei nur um den Vorspann des Vertrages, der lediglich allgemein die Zielrichtung vorgibt. Der daran anschließende Regelungstext selbst benennt bestimmte Konstellationen, durch die die allgemeinen Passagen der Präambel konkretisiert werden. Diese speziellen Regelungen werden durch die allgemeiner formulierte und ausgerichtete Präambel nicht erweitert.

65

Auch die Ansicht der Beklagten, die Vertragspartner des AOP-Vertrags hätten durch spätere zusätzliche Bestimmungen im AOP-Vertrag im Sinne einer Klarstellung die Richtigkeit einer erweiternden Auslegung deutlich gemacht bzw deutlich machen wollen, greift nicht durch. Solche "Klarstellungen" haben nicht stattgefunden, insbesondere nicht durch die später zusätzlich in die "Grundsätze" aufgenommene Bestimmung, dass "auch die nach dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz zulässigen neuen Kooperationsformen" "umfasst" seien (Satz 2 der dem Paragraphenteil vorangestellten "Grundsätze"). Durch dieses Gesetz ist zwar dem § 20 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) der Satz angefügt worden, dass "die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus … mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar" ist. Dies indessen beseitigt lediglich das bis dahin bestehende - insbesondere von der Rechtsprechung des BSG herausgestellte - weitgehende Verbot gleichzeitiger Tätigkeit im stationären wie im ambulanten Bereich (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 18 mwN zum grundsätzlichen Verbot stationärer Patientenversorgung eines im Einzugsbereich praktizierenden Vertragsarztes; - zur Zielrichtung des Gesetzes s zB BT-Drucks 16/2474 S 29). Daraus kann aber nicht allgemein die Gestattung aller denkbaren Kooperationsformen zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern abgeleitet werden. Insbesondere gibt es keinen ausreichenden Anhaltspunkt, dass eine solche Gestattung gerade in die Regelungen des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages hineinzuinterpretieren sei. Die Ergänzung des § 20 Abs 2 Ärzte-ZV durch Anfügung des Satzes 2 war nach den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens darauf ausgerichtet, den Vertragsärzten - über die Möglichkeiten hinaus, im stationären Bereich in nicht patientenbezogenen Bereichen wie der Pathologie oder als Konsiliararzt tätig zu werden - zusätzliche Betätigungen als angestellter Krankenhausarzt und in Medizinischen Versorgungszentren, die mit Krankenhäusern verzahnt sind, zu ermöglichen(s BT-Drucks aaO S 29). Nicht erkennbar ist eine gezielte Ausrichtung auf § 115b SGB V in dem Sinne, dass gerade auch die in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag geregelten Kooperationsformen hätten erweitert werden sollen auf die Möglichkeit der Kooperation von Anästhesisten des Krankenhauses mit nicht belegärztlich tätigen Vertragsärzten(ebenso zB auch Dahm MedR 2010, 597, 600 iVm 607 f; differenzierend R. Clement in Rieger/Dahm/Steinhilper, Heidelberger Kommentar Arztrecht Krankenhausrecht Medizinrecht, Beitrag Nr 60 RdNr 64 - 66; zu weitgehend Quaas GesR 2009, 459, 460 ; aA zB Orlowski/Halbe/Karch, Vertragsarztänderungsgesetz, 2. Aufl 2008, S 165 f; Bohle aaO § 8 RdNr 27). Eine "Erweiterung" des § 115b SGB V durch § 20 Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV wäre auch vom Normenrang her problematisch(zum bloßen Verordnungsrang auch solcher Rechtsverordnungen, die durch förmliches Gesetz geändert worden sind: BVerfGE 114, 303, 312 f).

66

cc) Fehl geht schließlich auch die These, durch den AOP-Vertrag ergebe sich keine "Beschränkung" des Kreises der im Krankenhaus "zulässigerweise tätigen" Ärzte (in diesem Sinne Kuhlmann, KH 2008, 1313, 1316; Quaas, GesR 2009, 459 ff, insbesondere 464; Volkmer/Karthus, KH 2010, 215, 218). Eine solche Argumentation setzt implizit voraus, dass von einer zunächst umfassenden Gestattung ambulanter Operationen im Krankenhaus im Rahmen des § 115b SGB V ausgegangen werden könnte. Dies lässt sich jedoch dem Konzept des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag gerade nicht entnehmen: Hierdurch sind überhaupt erst Möglichkeiten für die Krankenhäuser, ambulante Operationen durchzuführen bzw an ihnen mitzuwirken, neu eröffnet worden(vgl oben RdNr 51 - 53).

67

dd) Auch weder aus dem später in § 20 Abs 2 Ärzte-ZV angefügten Satz 2 noch aus dem späteren § 121 Abs 5 SGB V noch aus der Krankenhausstatistik-Verordnung lässt sich ableiten, damit habe (auch rückwirkend) klargestellt werden sollen, dass jeder Vertragsarzt, auch der nicht belegärztlich tätige, zu ambulanten Operationen iS des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag berechtigt sei. Zu § 20 Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV ist bereits oben das Erforderliche ausgeführt worden(oben RdNr 65). Zu § 121 Abs 5 SGB V und zur Krankenhausstatistik-Verordnung ist auf Folgendes hinzuweisen:

68

Die durch § 121 Abs 5 SGB V(durch Art 3 Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17.3.2009, BGBl I S 534) geschaffene Möglichkeit für die Krankenhäuser, zur Vergütung der Belegärzte nunmehr Honorarverträge mit ihnen zu schließen, betrifft nur Belegärzte, nicht auch sonstige Vertragsärzte. Die These, mit dieser Regelung sei den Krankenhäusern ermöglicht worden, jeden Vertragsarzt auf der Grundlage eines Honorarvertrages zu Leistungen heranzuziehen, ist weder mit dem klaren Wortlaut der Regelung noch mit der systematischen Verortung des Abs 5 innerhalb des § 121 SGB V vereinbar(aA Quaas, GesR 2009, 459, 460 iVm 461).

69

In der Krankenhausstatistik-Verordnung (Änderung vom 17.3.2009, BGBl I 534) sind in § 3 Satz 1 Nr 11 neben den hauptamtlichen Ärzten weiterhin nur die (sonstigen) angestellten und die Belegärzte erwähnt. Die Regelung des § 3 Satz 1 Nr 13, wonach nunmehr auch Personal ohne "direktes" Beschäftigungsverhältnis anzugeben ist, macht Sinn schon mit Blick auf das sog Outsourcing, bei dem Leistungen von Personen erbracht werden, die bei einem anderen Träger beschäftigt sind. Nur diese Konstellation wird auch in der Gesetzesbegründung erwähnt (vgl BT-Drucks 16/11429 S 49; zu weitgehend Quaas aaO S 464). Diesen Regelungen lässt sich eine Zielrichtung im Sinne einer Erweiterung der Regelungen des § 115b SGB V oder des AOP-Vertrages nicht entnehmen.

70

ee) Die dargestellte Auslegung des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages verstößt auch nicht gegen Grundrechte der Beklagten(vgl Art 19 Abs 3 GG zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen). Eine Verfassungsverletzung ergibt sich weder im Hinblick auf das Eigentumsgrundrecht des Art 14 GG noch im Hinblick auf die Berufsfreiheit des Art 12 GG noch im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG.

71

Die Möglichkeit für Krankenhäuser, auf der Grundlage des § 115b SGB V im ambulanten Bereich tätig zu werden, ist von vornherein nur in dem im AOP-Vertrag näher zu regelnden Ausmaß eröffnet worden(vgl oben RdNr 51 ff). Damit kann "Eigentum" von vornherein nur in diesem - nach Maßgabe des AOP-Vertrages - eingeschränkten Umfang entstanden sein; die durch § 115b SGB V ermöglichten Tätigkeiten können vom Eigentumsschutz nur in dem Umfang umfasst sein, wie der AOP-Vertrag dies näher ausführt(in demselben Sinne BVerfGE 126, 233, 256 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5 RdNr 63 mwN). Ein Anspruch darauf, mehr Möglichkeiten zur Mitwirkung an ambulanten Operationen zu erhalten, als ihnen durch den AOP-Vertrag eingeräumt worden ist, kann nicht aus Art 14 Abs 1 GG hergeleitet werden, denn diesem lässt sich nur ein Schutz für bereits erlangte Rechtspositionen entnehmen.

72

Für das Vorbringen, die Regelungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag ergäben keine ausreichende Erweiterung der Aktionsfelder der Krankenhäuser bzw die Regelungen seien nicht angemessen ausgestaltet worden, kann allenfalls Art 12 Abs 1 GG in Betracht kommen(zu dieser Abgrenzung zwischen Art 14 und Art 12 GG vgl zuletzt BVerfGE 126, 112, 135 f = SozR 4-1100 Art 12 Nr 21 RdNr 84; ebenso zB BSGE 100, 43 = SozR 4-2500 § 95 Nr 14, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 21). Indessen steht das Grundrecht des Art 12 GG unter dem Vorbehalt, dass die Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt - auch beschränkt - werden kann (Art 12 Abs 1 Satz 2 GG). Diese Grenze ist im Falle von Regelungen der Berufsausübung unter leichteren Voraussetzungen eingehalten als bei Regelungen der Berufswahl. Dies ermöglicht aber auch dann, wenn - wie hier - nur die Berufsausübung betroffen ist, keine Beschränkungen in unbegrenztem Ausmaß; insbesondere dürfen Eingriffe nicht unverhältnismäßig schwer wiegen. Diese Grenzen sind im vorliegenden Fall gewahrt. Durch § 115b iVm dem AOP-Vertrag sind den Krankenhäusern, wie bereits mehrfach klargestellt, die hierin angelegten Möglichkeiten, ambulante Operationen durchzuführen bzw an ihnen mitzuwirken, überhaupt erst eröffnet worden(vgl oben RdNr 51 - 53). Greifbare Ansatzpunkte dafür, dass es keine angemessene Ausgestaltung bzw eine unverhältnismäßige Beschränkung für die Krankenhausträger darstelle, wenn diesen im Rahmen des § 115b SGB V die Durchführung ambulanter Operationen und die Mitwirkung an ihnen nur im Rahmen bestimmter Kooperationen und nicht in weitergehendem oder gar vollem Umfang eröffnet werde, bestehen nicht. Dem Krankenhaus verbleiben mit der Ausgestaltung des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag genügend Spielräume; insbesondere hat es Dispositionsfreiheit bei der grundlegenden Entscheidung, welche ambulanten Leistungen es zu den Bedingungen des AOP-Vertrages erbringen will.

73

Im Übrigen liegt auch kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor. Einem Krankenhaus im Rahmen des § 115b SGB V die Kooperation mit einem Belegarzt zu gestatten, nicht aber auch mit jedem sonstigen Vertragsarzt, stellt keine sachwidrige Differenzierung dar, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt(vgl oben RdNr 60).

74
c) Damit ergibt sich zusammenfassend, dass der Rahmen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag nur eingehalten ist, wenn eine der beiden Kooperationsformen gegeben ist, nämlich

· 

entweder sowohl der Operateur als auch der Anästhesist Ärzte des Krankenhauses

  ·   

oder der Operateur ein an dem Krankenhaus tätiger Belegarzt und der Anästhesist ein Arzt des Krankenhauses

sind. Nur in diesen Kooperationsformen hat § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag den Krankenhäusern die Möglichkeiten zur Durchführung von ambulanten Operationen und zur Mitwirkung an ihnen eingeräumt. Kooperiert ein Krankenhaus dagegen mit einem Partner, der zu keiner der beiden aufgeführten Kooperationsformen passt, so stellt es sich außerhalb des Reglements des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag - und hat dementsprechend auch keinen Honoraranspruch auf der Grundlage des § 115b SGB V -.
75

3. Sind die Bestimmungen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag mithin in der dargestellten Weise auszulegen, so folgt daraus für den vorliegenden Rechtsstreit, dass diese Regelungen keine Grundlage dafür bilden konnten, dass das Krankenhaus mit seinen Anästhesisten an ambulanten Operationen von nicht belegärztlich tätigen Vertragsärzten mitwirkte, die ihre Leistungen auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen mit ihrer KÄV abrechneten. Für eine derartige Kooperation mit einer solchen Abrechnungsweise ist auch keine andere Rechtsgrundlage ersichtlich; die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung ihrer Handlungsweise auch allein auf § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag berufen. Es fehlt demnach an einer Rechtsgrundlage, und deshalb war die Handlungsweise der Beklagten rechtswidrig.

76

D. Das SG wird nunmehr zu überprüfen haben, ob die rechtswidrige Handlungsweise der Beklagten mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Klägerin geschädigt hat. Bei seiner erneuten Entscheidung wird es auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Zulassung zur Erbringung von Heilmitteln nach § 124 Abs 2 SGB V für die Bereiche der Logopädie, Physio- und Ergotherapie.

2

Das evangelische Diakoniewerk "S eV" (im Folgenden: Diakoniewerk) betreibt neben anderen Einrichtungen das Diakoniekrankenhaus in S Im Juni 2004 beschloss das Diakoniewerk die bis dahin als Teil des Diakoniekrankenhauses betriebenen Abteilungen für Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie auf einen rechtlich selbstständigen Träger, die klagende GmbH, auszugliedern. Das Diakoniewerk war zunächst alleiniger Gesellschafter der Klägerin; diese blieb neben dem Diakoniekrankenhaus Tochtergesellschaft des Diakoniewerks. Trägerin des Diakoniekrankenhauses ist die beigeladene Diakonie-Klinikum S gGmbH in S (im Folgenden: Beigeladene). Mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss vom 31.8.2006 wurde die Beigeladene alleinige Gesellschafterin der Klägerin. Bereits im Juli 2006 hat die Beigeladene die Arbeitgeberstellung für 16 Mitarbeiter aus dem Heilmittelbereich übernommen, welche zuvor beim Diakoniewerk beschäftigt waren und im Rahmen eines Personalgestellungsvertrages vom März 2006 bis heute an die Klägerin als Entleiherin zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden.

3

Gegenstand des klägerischen Unternehmens ist die Erbringung von physiotherapeutischen, balneologischen, ergotherapeutischen und logopädischen Leistungen sowie von Schulungs- und Beratungsdienstleistungen im Bereich des Gesundheitswesens. Die Gesellschaft erbringt sämtliche Leistungen für stationär behandelte Patienten der Beigeladenen und zusätzlich für teilstationär und ambulant versorgte Patienten und Kunden im Sinne eines Zentrums für Prävention, Therapie und Rehabilitation (§ 2 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages). Die Klägerin beschäftigt neben den 16 entliehenen Arbeitnehmern weitere 26 Mitarbeiter, die direkt bei ihr angestellt sind, und zwar 19 im Bereich Physiotherapie, zehn im Bereich Ergotherapie, acht im Bereich Logopädie und fünf in der Anmeldung. Die Beigeladene verfügt über keine außerhalb der Gestellung tätigen Logopäden, Physio- oder Ergotherapeuten.

4

Derzeit erbringt die Klägerin etwa zwei Drittel ihrer Leistungen als Subunternehmerin der Beigeladenen an Patienten, die dort stationär versorgt werden; damit erzielt sie etwa 85 % ihrer Einnahmen. Die übrigen etwa 15 % der Einnahmen kommen aus der ambulanten Behandlung von GKV-Patienten, wobei die Beigeladene diese Leistungen nach § 124 Abs 3 SGB V - obwohl sie selbst keine Therapeuten beschäftigt - mit den Krankenkassen abrechnet. Im Fall einer Zulassung würde die Klägerin eigenen Angaben zufolge die gesamten Patienten der Beigeladenen im Bereich der ambulanten Heilmittelversorgung übernehmen und im eigenen Namen versorgen. Sie erbringt die Heilmittel in insgesamt 19 Räumen, die sie im Anwesen der Beigeladenen - "Badhaus" - zur Nutzung als Therapiezentrum mit einer Gesamtfläche von 835 qm gemietet hat, wobei sie Aufzüge, Flure, Treppenhaus, Cafeteria und Speisesaal als Gemeinschaftsflächen mitbenutzen darf.

5

Mit Schreiben vom 27.3.2006 beantragte die Klägerin die Zulassung zur Erbringung von physiotherapeutischen, ergotherapeutischen und logopädischen Leistungen nach § 124 Abs 2 SGB V und gab jeweils die fachlichen Leiter(innen) an. Der Deutsche Bundesverband für Logopädie sowie der Deutsche Verband der Ergotherapeuten erhoben in räumlicher und fachlicher Hinsicht keine Einwände gegen eine Zulassung. Der Deutsche Verband für Physiotherapie teilte mit, angesichts der neun Räume für die Physiotherapie dürften auch nur neun Physiotherapeuten beschäftigt werden. Hierzu gab die Klägerin an, dass die angemeldeten zwölf Physiotherapeuten nicht alle ambulant, sondern auch auf den Stationen der Beigeladenen tätig würden und daher die Räumlichkeiten ausreichten.

6

Der Antrag der Klägerin ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass für die ambulante Leistungserbringung nach § 124 Abs 3 SGB V mit den Krankenkassen eine Vergütungsvereinbarung zu Preisen abgeschlossen worden ist, die aufgrund der niedrigeren Gestellungskosten und Unternehmensrisiken etwa 15 - 20 % unter dem Preisniveau liegen, das für niedergelassene Leistungserbringer nach § 124 Abs 2 SGB V mit den Krankenkassen vereinbart worden ist.

7

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Zulassung als Heilmittelerbringer gemäß § 124 Abs 2 SGB V mit Bescheid vom 18.12.2006 ab, wies den dagegen erhobenen Widerspruch mit Bescheid vom 13.7.2007 zurück und führte zur Begründung aus: Gemäß Ziffer I. Nr 2 der Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen (heute: Spitzenverband Bund der Krankenkassen) nach § 124 Abs 4 SGB V und § 5 Abs 1 des Rahmenvertrages nach § 125 SGB V habe der fachliche Leiter ganztägig in seiner Praxis zur Verfügung zu stehen und die qualifizierte Durchführung der Behandlung sicherzustellen. Die Tätigkeit des fachlichen Leiters müsse im Bereich der ambulanten Heilmittelerbringung allerdings seine übrige Erwerbstätigkeit übersteigen. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, da die ambulante Behandlung eindeutig im Hintergrund stehe. Die vorgehaltene Gesamtfläche und die Anzahl der Behandlungsräume reichten bei der Vielzahl der angestellten Therapeuten selbst unter Berücksichtigung von Leistungen, die auf der Station erbracht würden, nicht aus, weil teilweise auch die stationär versorgten Patienten in den Räumlichkeiten des Therapiezentrums zu behandeln seien. Das Therapiezentrum sei keine abgeschlossene Einheit bzw nicht vollständig räumlich vom Krankenhaus getrennt, wie in den Zulassungsempfehlungen vorgesehen. Eine Heilmittelpraxis, die von einem Krankenhausträger betrieben werde, müsse für eine Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V - neben der Berechtigung zur Abrechnung gemäß § 124 Abs 3 SGB V - eine eindeutige Ausrichtung auf die ambulante Behandlung nachweisen. Nach einem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände vom 20.4.2006 führe eine Vermischung von ambulant und stationär behandelten Patienten und die damit verbundene Mischfinanzierung im Verhältnis zu eigenständigen Heilmittelpraxen zu ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteilen und verletze daher den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die in § 124 Abs 3 SGB V genannten Einrichtungen könnten sich nicht über eine Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V weitere Abrechnungsspielräume ermöglichen. Der Gesetzgeber habe die Nachrangigkeit im Bereich der ambulanten Heilmittelerbringung für Einrichtungen nach Absatz 3 durch den Verzicht auf eine Zulassungsentscheidung unterstrichen.

8

Auf die dagegen gerichtete Klage hat das SG den Bescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte zur Erteilung der beantragten Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V ab Antragstellung verurteilt(Urteil vom 25.11.2010). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.2.2012): Die Klägerin habe zwar an der Erteilung der beantragten Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V ein berechtigtes Interesse; sie betreibe kein Krankenhaus und keine vergleichbare Einrichtung iS von § 124 Abs 3 SGB V und dürfe deshalb nicht ohne Zulassung Heilmittel an Versicherte in der ambulanten Versorgung abgeben. Sie habe jedoch keinen Anspruch auf die begehrte Zulassung. Diese könne zwar grundsätzlich auch einer GmbH erteilt werden, aus der Systematik des § 124 Abs 2 und 3 SGB V ergebe sich indes, dass nur Betreiber einer personell und räumlich zur Erbringung ambulanter Heilmittel ausgestatteten Praxis zuzulassen seien. Die Klägerin erbringe Heilmittel in erster Linie im Auftrag der Beigeladenen im zeitlich, organisatorisch und quantitativ kaum disponiblen Rahmen der stationären Behandlung. Im Bereich der ambulanten Versorgung erbringe die Klägerin deutlich weniger Leistungen, sodass ihr Unternehmen nicht dem Berufsbild eines in eigener Praxis selbstständig tätigen Heilmittelerbringers entspreche. Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, ob die Zahl der Praxisräume ausreiche, weil die Zuordnung von Mitarbeitern zur ausschließlich ambulanten Heilmittelerbringung nicht arbeitsvertraglich verbindlich geregelt sei und insoweit keine entsprechenden Räume zur ausschließlich ambulanten Behandlung zur Verfügung ständen. Das Verlangen nach einer zweckmäßigen Praxisausstattung sei im Hinblick auf das sozialpolitische Ziel der Gesundheit der Versicherten eine gerechtfertigte Regelung der Berufsausübung.

9

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 124 Abs 2 SGB V und Art 12 Abs 1 GG). Die Erteilung einer Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V könne nicht deswegen beschränkt werden, weil ein Krankenhausträger die Position des alleinigen Gesellschafters im Unternehmen innehabe. Die Auffassung des LSG, eine Zulassung zur ambulanten Versorgung sei zu versagen, wenn ein Leistungserbringer überwiegend von einem Krankenhausträger zur Abgabe von Heilmitteln an stationär versorgte Patienten beauftragt werde, ergebe sich weder aus Sinn und Zweck noch aus der Systematik des § 124 SGB V. Das Therapiezentrum sei auch nicht für eine ambulante Leistungserbringung überdimensioniert; gerade die sich aus der ambulanten und stationären Versorgung ergebenden Synergieeffekte böten im Hinblick auf die Auslastung der Praxisräume und den Einsatz der Therapeuten eine Gewähr für eine wirtschaftliche und zweckmäßige Versorgung. Aufgrund der Öffnungszeiten von 7 - 19 Uhr ständen die Behandlungsräume den bei der Klägerin beschäftigten Therapeuten überschneidungsfrei selbst dann zur Verfügung, wenn sämtliche Therapeuten ausschließlich ambulant tätig würden. Im Ergebnis schließe das LSG Heilmittelerbringer, die nicht nur in der ambulanten, sondern auch in der Versorgung stationär behandelter Patienten Leistungen erbringen wollten, von der Zulassung und damit vom Beruf des Heilmittelerbringers aus. Dies stelle einen rechtswidrigen Eingriff in die Berufswahlfreiheit dar.

10

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15.2.2012 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Heilbronn vom 25.11.2010 zurückzuweisen.

11

Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des LSG und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Mit Beschluss vom 27.8.2013 hat der Senat die Diakonie-Klinikum S gGmbH mit ihrer Zustimmung (§ 168 S 2 SGG) zum Verfahren beigeladen; diese hat von einer Stellungnahme und Antragstellung abgesehen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V. Der Entscheidung des LSG ist im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung zu folgen.

14

1. a) Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Die Zulassung ergeht in Form eines Verwaltungsaktes, der nach § 124 Abs 5 S 1 SGB V von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen erlassen wird(BSG SozR 4-2500 § 124 Nr 1 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 125 Nr 2 RdNr 8). Die Beklagte ist ein Landesverband der Ortskrankenkassen (§ 207 Abs 1 S 1 SGB V). Die Entscheidung über die Zulassung steht nicht im Ermessen der Behörde; bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Zulassung. Nach § 124 Abs 2 S 2 SGB V kann eine Zulassung auch für mehrere Heilmittelbereiche (hier: Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie) beansprucht werden, sofern die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind.

15

b) Die Klägerin besitzt ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Zulassung, da sie Heilmittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Bereich der ambulanten Versorgung auf eigene Rechnung nur abgeben darf, wenn ihr eine Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V erteilt wird(§ 124 Abs 1 SGB V). Denn sie gehört nicht zu den nach § 124 Abs 3 SGB V privilegierten Einrichtungen, die Heilmittel kraft Gesetzes ohne gesonderte Zulassung durch Personen abgeben dürfen, die die Voraussetzungen nach § 124 Abs 2 Nr 1 SGB V erfüllen, soweit die Voraussetzungen nach § 124 Abs 2 Nr 2 und 3 SGB V in entsprechender Weise vorliegen. Privilegiert werden durch § 124 Abs 3 SGB V nur Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und ihnen vergleichbare Einrichtungen.

16

Die Klägerin betreibt kein Krankenhaus und keine "vergleichbare Einrichtung" iS des § 124 Abs 3 SGB V. Sie steht weder unter ständiger ärztlicher Leitung noch werden Patienten bei ihr untergebracht (vgl § 107 SGB V); als eigenständige juristische Person ist sie nicht mit der Beigeladenen identisch, auch wenn diese alleinige Gesellschafterin der klagenden GmbH ist. Was unter einer "vergleichbaren Einrichtung" iS des § 124 Abs 3 SGB V zu verstehen ist, wird gesetzlich nicht definiert. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Regelungen in § 124 Abs 1 und 2 SGB V einerseits und in § 124 Abs 3 SGB V andererseits kann es sich bei "vergleichbaren Einrichtungen" nur um solche handeln, die schon aufgrund einer anderweitigen umfassenden Zulassung in das GKV-Gefüge eingebunden sind und deshalb "wie Krankenhäuser" Heilmittel iS des § 124 Abs 1 SGB V erbringen dürfen. Denn das Zulassungserfordernis findet als Eingriff in die durch Art 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Heilmittelerbringer seine Rechtfertigung grundsätzlich in der Notwendigkeit, die Qualität der abgegebenen Heilmittel ausreichend und angemessen zu sichern. Bei nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern sowie bei Vorsorge- und Reha-Einrichtungen, die nach §§ 111 ff SGB V durch Versorgungsvertrag zugelassen sind, findet eine ausreichende Leistungs- und Qualitätssicherung einheitlich für die gesamte stationäre Versorgung statt. Erbringt eine solche Einrichtung Heilmittel im Rahmen der ambulanten Versorgung, ist eine gesonderte Zulassung unter Qualitätssicherungsgesichtspunkten nicht erforderlich (vgl dazu Armbruster in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 124 RdNr 27 ff). Anders liegt es aber bei der Klägerin, die nicht über eine anderweitige - qualitätssichernde - GKV-Zulassung verfügt; sie bedarf deshalb zur Heilmittelerbringung einer vorherigen Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V.

17

2. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V.

18

Ein nur für die Zukunft (dazu a) in Betracht kommender Zulassungsanspruch nach § 124 Abs 2 SGB V scheidet aus, wenn der Antragsteller - gleichgültig, ob Individual- oder juristische Person - überwiegend Leistungen im stationären Bereich erbringt und daher seine Praxis insgesamt nicht als eine solche zur ambulanten Heilmittelerbringung angesehen werden kann(dazu b). Einer Zulassungserteilung nach § 124 Abs 2 SGB V steht außerdem entgegen, dass sie nicht beansprucht werden kann, soweit sie durch Ausgliederung des gesamten Heilmittelbereichs von einem Krankenhaus und Übertragung auf die Einrichtung zu ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteilen führen kann(dazu c). Verfassungsrechtliche Gewährleistungen stehen dem nicht entgegen (dazu d).

19

a) Die Zulassung eines Leistungserbringers zur Abgabe von Heilmitteln nach § 124 Abs 2 SGB V kann als statusbegründender Verwaltungsakt grundsätzlich nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft erteilt werden(BSGE 78, 243 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2; BSG SozR 3-5525 § 32b Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 7 sowie BSGE 51, 126 = SozR 2200 § 371 Nr 4 für die Statusbegründung als Vertragskrankenhaus). Die Zulassung hat auch im Heilmittelbereich konstitutive Wirkung und kann sich nur auf die Zeit nach Zugang der Zulassungs- oder Verkündung der sie ersetzenden Gerichtsentscheidung bei der Klägerin beziehen. Die vom SG statuierte Rückwirkung der Zulassung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Zulassungsantrages wäre - wie bereits vom LSG zutreffend festgestellt - schon aus diesem Grund aufzuheben.

20

b) Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Zulassung für die Zukunft. Dies gilt für alle drei Heilmittelbereiche, für die die Klägerin eine Zulassung begehrt. Einrichtungen, die überwiegend stationäre Leistungen erbringen, können eine Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V zur Abgabe von ambulanten Heilmitteln nicht beanspruchen, weil sie keine Praxis zur ambulanten Heilmittelerbringung betreiben. Wegen der im SGB V angelegten grundsätzlichen Trennung zwischen ambulanter und stationärer Leistungserbringung (dazu aa), die systematisch auch im Heilmittelbereich angeordnet ist (dazu bb), können Leistungserbringer ihre Leistungen sektorenübergreifend allein auf der Grundlage einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung anbieten und auch nur, soweit es in diesen Regelungen vorgesehen ist (dazu cc). Für den Heilmittelbereich bedeutet dies, dass Leistungserbringer entsprechend ihrem Schwerpunkt entweder als Leistungserbringer in der stationären oder in der ambulanten Versorgung einzuordnen sind (dazu dd).

21

aa) Die strikte Trennung zwischen ambulanter und stationärer Leistungserbringung, die im Vertragsarztrecht mit seinem ganz eigenen Organisations- und Vergütungssystem besonders markant ist, durchzieht das gesamte SGB V in allen Leistungsbereichen (von der grundsätzlichen Trennung der ambulanten von der stationären Versorgung, die nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung durchbrochen werden kann, wird zB auch in BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 51 ff zum Vertragsarztrecht sowie in BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1 zur Tagesklinik ausgegangen; vgl auch Clemens, MedR 2011, 770, ders in: Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 3. Aufl 2013, S 1192 RdNr 198 ff). Das basiert auf der traditionell sehr unterschiedlichen Ausgestaltung beider Leistungsbereiche sowohl im Leistungs- als auch im Leistungserbringerrecht und durchzieht die gesetzlichen Vorschriften bis in die rechtlich nachgeordneten Ebenen der Verordnungen, Empfehlungen und vertraglichen Vereinbarungen. Für die vom Gesetzgeber in den letzten Jahren verstärkt angestrebte sektorenübergreifende Versorgung der Versicherten mit einer verbesserten Abstimmung und Verzahnung der stationären mit den ambulanten Leistungen im Interesse der Patienten sind aufwendige gesetzliche und vertragliche Konstruktionen erforderlich (vgl etwa § 115b, §§ 116 ff und §§ 140a ff SGB V). Denn zur Umsetzung der mit der sektorenübergreifenden Verzahnung der Leistungen erstrebten verbesserten Leistungsqualität sind nicht nur auf der Ebene des Leistungsrechts besondere gesetzliche Regelungen für die Ansprüche der Versicherten erforderlich, sondern darüber hinaus auch zur Regelung der Rechtsbeziehungen zu den Leistungserbringern. Grundsätzlich orientiert sich das Leistungserbringungsrecht aber nach wie vor an der Differenzierung zwischen ambulanten und stationären Leistungen und ist jeweils auf die besonderen Bedürfnisse und Eigenarten des betroffenen Leistungssektors mit seinen gesonderten Organisations- und Vergütungsregelungen zugeschnitten.

22

bb) Diese Differenzierung wird auch im Heilmittelbereich deutlich. In den §§ 124, 125 SGB V werden die Beziehungen der Krankenkassen zu Leistungserbringern von Heilmitteln im Bereich der ambulanten Versorgung geregelt, insbesondere Fragen der Zulassung(vgl auch Schneider in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 124 RdNr 22). Bei der Abgabe von Heilmitteln im Zusammenhang mit einer stationären Behandlung muss die behandelnde Einrichtung indes bereits über eine Zulassung zur stationären Behandlung verfügen und die Einzelheiten der Versorgung bzw der Vergütung finden sich in den für die jeweilige stationäre Behandlung geltenden Bestimmungen und Vereinbarungen (vgl § 17 Abs 1a KHG). Danach fällt für Heilmittel, die zB Krankenhäuser im Rahmen der stationären Versorgung erbringen, in aller Regel keine gesonderte Vergütung an, weil sie mit der einheitlichen Vergütung für die gesamte Leistung in Form einer Fallpauschale abgegolten sind.

23

Zur Regelung der ambulanten Versorgung von GKV-Versicherten hat der Gesetzgeber in § 124 Abs 2 und Abs 3 SGB V nochmals differenzierende Regelungen getroffen, und zwar für niedergelassene Heilmittelerbringer, die nach § 124 Abs 2 SGB V ambulante Leistungen erbringen, und solchen Einrichtungen, die aufgrund einer anderweitigen Zulassung bereits Heilmittel im Rahmen der stationären Versorgung erbringen und denen als Annex dazu das Recht zur ambulanten Leistungserbringung "quasi nebenbei" eingeräumt wird(§ 124 Abs 3 SGB V). Diese Gesetzessystematik verdeutlicht, dass die dem SGB V zugrunde liegende sektorenspezifische Trennung zwischen stationärer und ambulanter Leistungserbringung auch den Bereich der Heilmittelerbringer durchzieht.

24

§ 124 Abs 3 SGB V richtet sich an stationäre Einrichtungen, denn sowohl Krankenhäuser als auch Rehabilitationseinrichtungen sind nach § 107 SGB V Einrichtungen der stationären Versorgung. § 124 Abs 2 und Abs 4 bis 7 sowie § 125 SGB V richten sich demgegenüber an niedergelassene Leistungserbringer(vgl BSGE 77, 130, 137 ff = SozR 3-2500 § 124 Nr 2 S 20 ff zur Zulassung einer GmbH; BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 4 S 34 ff zur Zulassung einer GbR). Dass der Gesetzgeber sich dabei am Bild des "typischen" Heilmittelerbringers orientiert hat, der überwiegend in der ambulanten Versorgung tätig ist, wird zudem an der Einbindung der für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene deutlich, die sich als Interessenvertreter ihrer Mitglieder verstehen, welche ganz überwiegend ambulante Leistungen erbringen. Vor diesem Hintergrund sind die weitergehenden Regelungen der Empfehlungen des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen nach § 124 Abs 4 SGB V und der Rahmenempfehlungen und Verträge nach § 125 SGB V auf Leistungserbringer zugeschnitten, die in erster Linie ambulante Leistungen erbringen. So kann etwa nach Ziffer I. 2 der Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes gemäß § 124 Abs 4 SGB V zur einheitlichen Anwendung der Zulassungsbedingungen nach § 124 Abs 2 SGB V für Leistungserbringer von Heilmitteln, die als Dienstleistung an Versicherte abgegeben werden(Zulassungsempfehlungen in der Fassung vom 18.10.2010) eine Zulassung "nur erteilt werden, wenn die jeweilige Tätigkeit des Zugelassenen/fachlichen Leiters von wirtschaftlicher Bedeutung ist sowie zeitlich die übrige Erwerbstätigkeit übersteigt. Der Zugelassene/fachliche Leiter hat als Behandler ganztägig in seiner Praxis zur Verfügung zu stehen oder die qualifizierte Durchführung der Behandlung der Anspruchsberechtigten in seiner Praxis sicherzustellen." Da mit der jeweiligen Tätigkeit nur die gemeint sein kann, für die die Zulassung begehrt wird, muss gerade die ambulante Leistungserbringung von wirtschaftlicher Bedeutung sein und zeitlich die übrige Erwerbstätigkeit übersteigen. Für diese Leistungen hat der Behandler ganztägig in seiner Praxis zur Verfügung zu stehen und die qualifizierte Durchführung sicherzustellen. Auch die Verträge über die Einzelheiten der Versorgung mit Heilmitteln, über die Preise, deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung nach § 125 Abs 2 SGB V sind ausschließlich an Heilmittelerbringern in der ambulanten Versorgung orientiert.

25

Während diese Regelungen, Empfehlungen und Vereinbarungen unmittelbar oder durch eine Anerkennungserklärung für alle nach § 124 Abs 2 SGB V zur ambulanten Versorgung zugelassenen Leistungserbringer gelten, werden für Einrichtungen iS von § 124 Abs 3 SGB V gesonderte Vereinbarungen getroffen.

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Die Erteilung einer Zulassung setzt nach § 124 Abs 2 Nr 3 SGB V voraus, dass der Leistungserbringer die für die Versorgung der Versicherten geltenden Vereinbarungen anerkennt. Wegen dieser Anerkennungserklärung wirken die Vereinbarungen normativ; eine Verbandsangehörigkeit oder entsprechende Satzungsregelung ist für die kollektivrechtliche Wirkung nicht erforderlich (vgl BSGE 105, 1 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5, RdNr 28; Schneider in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 125 RdNr 10, 12, 21; Luthe in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand 08/2010, K § 125 RdNr 6, 8). Die normative Bindung an bestehende Verträge wird lediglich im Falle einer (freiwilligen) Vereinbarung niedrigerer Preise aufgehoben. Daher kann jeder nach § 124 Abs 2 SGB V zugelassene Heilmittelerbringer durch eine einseitige Erklärung den mit den Berufsverbänden geschlossenen und an der ambulanten Versorgung ausgerichteten Verträgen beitreten, soweit er dem räumlichen und dem an den verschiedenen Heilmittelbereichen orientierten sachlichen Geltungsbereich der Vereinbarung unterfällt. Aufgrund der Pflicht der Krankenkassen zur Gleichbehandlung aller zugelassenen Heilmittelerbringer dürfte eine Differenzierung zwischen verschiedenen Leistungserbringern kaum möglich sein.

27

Anders liegt es für Einrichtungen iS des § 124 Abs 3 SGB V, da für diese das Tatbestandsmerkmal des § 124 Abs 2 Nr 3 SGB V nur entsprechend anwendbar ist(§ 124 Abs 3 Halbs 2 SGB V). Soweit zB für bestimmte Einrichtungen gesonderte Vereinbarungen geschlossen werden können, haben andere nicht die Möglichkeit des Beitritts - etwa durch eine einseitige Erklärung. Deshalb würden für die Beigeladene, wenn sie denn nach § 124 Abs 3 SGB V abrechnungsbefugt wäre, nur die zwischen der Beklagten und der zuständigen Krankenhausgesellschaft getroffenen Vereinbarungen gelten, die wegen unterschiedlicher Wettbewerbs- und Kostenstrukturen für vergleichbare Leistungen eine von den Vergütungsvereinbarungen für niedergelassene Heilmittelerbringer deutlich nach unten abweichende Vergütung vorsehen.

28

Dieses unterschiedliche Regelungsgefüge bedingt die sektorenspezifische Einordnung der Leistungserbringer. Andernfalls würde das nach sachgerechten Kriterien differenzierende System ausgehebelt und Leistungserbringer des einen Sektors könnten sich in ein Organisations- und Vergütungssystem eingliedern, das weder auf sie zugeschnitten noch übertragbar ist. Denn die in der Praxis übliche unterschiedliche Vergütungsregelung für Leistungserbringer, die überwiegend stationäre Leistungen erbringen, und solche, die überwiegend ambulante Heilmittel abgeben, werden nicht nur von den diese Leistungserbringer repräsentierenden Verbänden vereinbart, sondern sind auch an deren jeweils unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen, Bedürfnissen und Eigenarten orientiert.

29

cc) Aufgrund der dargelegten traditionell deutlichen Trennung der ambulanten von der stationären Versorgung sind sektorenübergreifende Kooperationsformen nur zulässig, wenn sich diese ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben und auch dann nur in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang (vgl Clemens, MedR 2011, 770, ders in: Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 3. Aufl 2013, S 1192 RdNr 198 ff). Deshalb hat der 6. Senat des BSG (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 51 ff zum Vertragsarztrecht; BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1 zur Tagesklinik)bereits zutreffend entschieden, dass Kooperationen zwischen ambulanten Leistungserbringern und Krankenhäusern nicht grundsätzlich erlaubt sind, bloß weil keine gesetzliche Regelung die Kooperation verbietet, sondern solche Kooperationsformen grundsätzlich einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfen. Dies gilt entsprechend für den Bereich der Heilmittelerbringung. Für Heilmittelerbringer ist zwar eine sektorenüberschreitende Leistungserbringung nicht gänzlich ausgeschlossen; allerdings lässt sich den gesetzlichen Regelungen hierzu entnehmen, dass sie nur in einem untergeordneten Ausmaß zulässig sein soll. Der Arbeitsschwerpunkt von Leistungserbringern, die wegen ihrer Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V dem ambulanten Versorgungsbereich zuzurechnen sind, darf sich nicht auf die überwiegende Erbringung von stationären Leistungen verlagern.

30

Grundsätzlich bildet für Einrichtungen der stationären Versorgung § 124 Abs 3 SGB V die gesetzliche Basis, aufgrund derer sie zur Erbringung von ambulanten Heilmitteln für GKV-Versicherte berechtigt sind. Sie bedürfen dazu einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, weil sie nach ihrem gesetzlich vorgegebenen Hauptzweck der Versorgung mit stationären Leistungen dienen. Für Krankenhäuser, Rehabilitations- und vergleichbare Einrichtungen handelt es sich dabei jedoch nur um eine Annexleistung. Sie wird ermöglicht, um die mit dem stationären Versorgungsbereich verbundenen Vorteile (zB für Patienten, die eine ambulante Behandlung im Anschluss an einen stationären Krankenhausaufenthalt ohne Wechsel des Therapeuten oder der Einrichtung fortsetzen können, oder zur Nutzung der Infrastruktur des Krankenhauses, der vorhandenen räumlichen und sächlichen Ausstattung sowie eines effizienten Personaleinsatzes) nicht ungenutzt verpuffen zu lassen. Eine angemessene Berücksichtigung dieser Wettbewerbsvorteile erfolgt durch entsprechend niedrigere Vergütungsvereinbarungen und damit zum Nutzen der Solidargemeinschaft. Trotz dieser Berechtigung zur Erbringung von Heilmitteln in der ambulanten Versorgung bleibt der Hauptzweck der in § 124 Abs 3 SGB V genannten Einrichtungen bei der Erbringung stationärer Leistungen.

31

Auf der anderen Seite dürfen aber auch Leistungserbringer, die unter den Voraussetzungen des § 124 Abs 2 SGB V zur Abgabe von Heilmitteln im Bereich der ambulanten Versorgung zugelassen sind, stationäre Hilfeleistungen anbieten, wenn sie von einem Krankenhaus oder einer vergleichbaren Versorgungseinrichtung beauftragt werden, im Rahmen der Krankenhaus- oder sonstigen Behandlung zu erbringenden Heilmittel als Dritte iS von § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) abzugeben. Diese Vorschrift erlaubt die Abgabe von Krankenhausleistungen durch Dritte jedoch ausdrücklich nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs 2 S 1 KHEntgG. Danach müssen die Leistungen im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sein. Aus dem Merkmal "im Einzelfall" ist zu schlussfolgern, dass die Leistungen Dritter nicht regelmäßig und nur in einem untergeordneten Umfang angefordert werden dürfen (vgl Clemens, MedR 2011, 770, 780; ders in: Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 3. Aufl 2013, S 1192 ff, 1207 ff insbesondere RdNr 246); ein überwiegendes oder gar - wie hier - vollständiges Outsourcen von wesentlichen ärztlichen oder auch nichtärztlichen Hilfeleistungen ist nicht zulässig. Diese Form der stationären Leistungserbringung wird daher regelmäßig nur als Annex zur Tätigkeit eines Heilmittelerbringers in der ambulanten Versorgung in Betracht kommen.

32

dd) Insgesamt steht für den Senat fest, dass der Gesetzgeber nicht jede Form sektorenübergreifender Versorgung im Bereich der Heilmittel zulassen wollte. Leistungserbringer der stationären Ebene haben die Möglichkeit, ambulante Leistungen als Annex zu ihrer schwerpunktmäßig stationären Aufgabenstellung zu erbringen, und umgekehrt dürfen die im ambulanten Sektor tätigen Leistungserbringer nur im Einzelfall stationäre Hilfestellung leisten, weil sie ihren Schwerpunkt in der ambulanten Versorgung haben. Heilmittelerbringer sind deshalb entsprechend dem Schwerpunkt ihrer Leistungserbringung dem ambulanten oder stationären Leistungssektor zuzuordnen. Daraus folgt, dass nur solche Leistungserbringer, die nach ihrem Schwerpunkt ambulante Leistungen erbringen und zur stationären Leistungserbringung allenfalls im Einzelfall herangezogen werden, nach § 124 Abs 2 SGB V zuzulassen sind.

33

c) Die Erteilung einer Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V kann außerdem nicht mit dem Ziel beansprucht werden, durch Ausgliederung des gesamten Heilmittelbereichs aus dem Krankenhaus und Verlagerung auf eine externe Einrichtung ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile zu realisieren. Mit der vollständigen Ausgliederung des Heilmittelbereichs von der Beigeladenen auf die Klägerin (dazu aa) und der damit verbundenen jahrelangen rechtswidrigen Abrechnungspraxis (dazu bb) verfolgen die Beteiligten unter Umgehung der gesetzlichen Vorschriften letztlich das Ziel, für die Heilmittelerbringung im ambulanten Bereich eine höhere Vergütung zu erzielen (dazu cc). Dem Streben der Beigeladenen nach unberechtigten Wettbewerbsvorteilen darf jedoch nicht durch die Erteilung einer Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V an die Klägerin zur Durchsetzung verholfen werden.

34

aa) Der Senat hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vollständigen Verlagerung des Heilmittelbereichs von der Beigeladenen auf die Klägerin. Nach den gesetzlichen Vorgaben soll die Leistungserbringung des Krankenhauses grundsätzlich durch dessen eigenes Personal erfolgen. In § 107 Abs 1 SGB V wird der Krankenhausbegriff durch die Aufnahme strukturell-organisatorischer und fachlich-inhaltlicher Voraussetzungen konkretisiert. Danach haben Krankenhäuser ua über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten zu verfügen (vgl § 107 Abs 1 Nr 2 SGB V) und sind mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ärztlichem, Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem Personal darauf eingerichtet, vorwiegend ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen zu erbringen (vgl § 107 Abs 1 Nr 3 SGB V). Der Gesetzgeber geht daher jedenfalls für den Regelfall davon aus, dass das Krankenhaus über die Möglichkeit verfügt, Heilmittel zu erbringen, soweit diese zur Erfüllung des Versorgungsauftrags erforderlich werden, und zwar grundsätzlich mit Hilfe von jederzeit verfügbarem Personal des Krankenhauses. Zweifelhaft ist daher, ob zu dem "jederzeit verfügbaren Personal" iS des § 107 Abs 1 Nr 3 SGB V auch Dritte (bzw das bei Dritten beschäftigte Personal) gehören können, auf deren Leistungen das Krankenhaus nach § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG zurückgreifen kann (kritisch hierzu auch BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 59 ff zum Vertragsarztrecht). Darüber hinaus darf das Krankenhaus - wie bereits ausgeführt - Leistungen Dritter nach § 2 Abs 2 S 2 Nr 2, Abs 2 S 1 KHEntgG nur "im Einzelfall" veranlassen, also nicht regelmäßig und nur in einem untergeordneten Umfang. Damit sind vor allem spezielle Leistungen gemeint, für die das eigene Personal des Krankenhauses keine hinreichenden Spezialkenntnisse hat. Möglicherweise können darunter auch Leistungen zur Abdeckung unkalkulierbarer Leistungsspitzen verstanden werden, bei denen in einem engen zeitlichen Rahmen ungewöhnlich zahl- und/oder umfangreiche Leistungen zu erbringen sind. Die Ausgliederung eines regelmäßig vom Krankenhaus vorzuhaltenden Leistungsbereichs insgesamt auf einen Dritten ist davon indes nicht umfasst (vgl hierzu Clemens in: Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 3. Aufl 2013, S 1209 RdNr 245 ff). Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Beigeladene in umfangreicher Weise chirurgisch-orthopädisch ausgerichtet ist und in diesen Bereichen insbesondere die physiotherapeutische Nachsorge von hervorragender Bedeutung ist. Nach dem Krankenhausplan Baden-Württemberg (Stand Februar 2013) handelt es sich bei der Beigeladenen um eine vollstationäre Einrichtung der Allgemeinversorgung. Ihr sind ua die Fachgebiete der Chirurgie und der Kinder- und Jugendmedizin zugewiesen, wobei die Chirurgie das Fachgebiet mit den meisten Plätzen/Betten darstellt. Dass die Erbringung von Heilmitteln in erheblichem Umfang zum Versorgungsauftrag der Beigeladenen gehört, wird auch daran deutlich, dass sie vor der Ausgliederung des Heilmittelbereichs dort mindestens 16 Mitarbeiter beschäftigte. Dennoch hat sie diesen Bereich vollständig ausgegliedert und hält selbst kein Personal zur Heilmittelerbringung mehr vor. Ob die Beigeladene damit noch die in § 107 Abs 1 SGB V umschriebenen Mindestmerkmale für ein Krankenhaus erfüllt, erscheint durchaus zweifelhaft.

35

Die Leistungserbringung durch eigenes Personal des Krankenhauses entspricht zudem dem Ziel der Qualitätssicherung; denn bei eigenem Personal, das in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden ist, kann am ehesten davon ausgegangen werden, dass dieses nach dem Maßstab höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht wird (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 59). Auch der Gesichtspunkt der Transparenz der Leistungserbringung aus der Perspektive des Patienten, der typischerweise die Erwartung hat, vom Personal des Krankenhauses behandelt zu werden, spricht für diese Sicht (BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 59). Werden nach dem Versorgungsauftrag eines Krankenhauses regelmäßig - dh nicht nur in besonderen Einzelfällen - Heilmittel im Rahmen der Krankenhausbehandlung erforderlich, entspricht die vollständige Ausgliederung dieses Leistungsbereichs diesen gesetzlichen Vorgaben nicht.

36

bb) Trotz der Ausgliederung des Heilmittelbereichs rechnet die Beigeladene weiterhin die ambulante Heilmittelerbringung gemäß § 124 Abs 3 SGB V mit den Krankenkassen ab, weil die Klägerin selbst nicht zugelassen ist und keine Abrechnungsbefugnis besitzt. Diese Abrechnungspraxis ist rechtswidrig und es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher gesetzlichen Vorschrift die Beklagte diese Entgelte erbringt. Die Beigeladene ist schon deshalb nicht zur Abrechnung nach § 124 Abs 3 SGB V berechtigt, weil sie die Voraussetzungen nach § 124 Abs 3 iVm Abs 2 Nr 1 und 2 SGB V seit der Ausgliederung ihres Heilmittelbereichs nicht mehr erfüllt. Denn sie verfügt weder über das zur Leistungserbringung erforderliche Personal noch über eine entsprechende räumliche und sächliche Ausstattung. Die Abrechnungspraxis wäre aber selbst dann rechtswidrig, wenn die Beigeladene diese Voraussetzungen noch erfüllen würde, denn ein Krankenhaus darf nur Leistungen abrechnen, die es selbst erbringt oder nach § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG durch Dritte erbringen darf. Eine Befugnis zur Übertragung ambulanter Leistungen auf Dritte besteht nicht, weil § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG nur für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen nach § 1 Abs 1 KHEntgG gilt und auf ambulante Leistungen nicht anwendbar oder übertragbar ist(vgl Clemens in: Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 3. Aufl 2013, S 1194 RdNr 202 f sowie S 1207 RdNr 237 f). Das ergibt sich im Übrigen auch aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 1 Abs 1 KHEntgG, der den Anwendungsbereich des Gesetzes definiert. In diese rechtswidrige Abrechnungspraxis ist die Klägerin mit eingebunden, denn nur so kann sie selbst von der Aufgabenübertragung profitieren. Denn für sie gibt es derzeit mangels Zulassung keine Möglichkeit, ambulante Heilmittel zu Lasten der GKV zu erbringen.

37

cc) Im Zusammenspiel der Klägerin mit der Beigeladenen wird für den Senat deutlich, dass gemeinschaftlich auf der Basis einer derzeit rechtswidrigen Abrechnungspraxis versucht werden soll, für eine ambulante Leistungserbringung "im Krankenhauskontext" die für niedergelassene Leistungserbringer vereinbarten höheren Vergütungssätze abrechnen und gleichzeitig die Wettbewerbsvorteile des Krankenhauses weiterhin nutzen zu können. Dem kann nicht durch die Erteilung einer Zulassung nach § 124 Abs 2 SGB V zur Durchsetzung verholfen werden.

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d) Ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung lässt sich nicht aus verfassungsrechtlichen Gewährleistungen herleiten. Ein Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG oder Art 14 GG liegt nicht vor. Eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition kann sich nur in dem Maße ergeben, wie Betätigungs- und Kooperationsmöglichkeiten gesetzlich vorgesehen sind und damit eine legalisierte Betätigung vorliegt. Denn Grundrechte sind zunächst Abwehrrechte, aus denen sich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen die Begründung einer einfachgesetzlich nicht geregelten oder die Erweiterung einer Rechtsposition ergeben kann. Neue, gesetzlich nicht vorgesehene Kooperations- oder Betätigungsmöglichkeiten zur Leistungserbringung zu Lasten der GKV können grundsätzlich nicht aus der Verfassung abgeleitet werden. Deshalb sind die Grundrechte keine Rechtsgrundlage für das Begehren, die Durchlässigkeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und die Möglichkeiten von Kooperationen zwischen verschiedenen Leistungserbringern zu erweitern (vgl Clemens in: Wenzel, Handbuch des Fachanwalts Medizinrecht, 3. Aufl 2013, S 1193 RdNr 200, mwN). Zwar kann in dem eingeschränkten Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit in der GKV ein Eingriff in die aus Art 12 Abs 1 GG grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit liegen (vgl BVerfGE 11, 30 = SozR Nr 15 zu § 368a RVO; ebenso BVerfGE 12, 144 = SozR Nr 13 zu Allg GG = SozR Nr 7 zu Art 12 GG), doch würde dies voraussetzen, dass sich der Grundrechtsträger selbst regelkonform verhält und die gesetzlich vorgeschriebenen Wege zur Erlangung seiner Zulassung einhält. Diese letzteren Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der Physiotherapie, der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie, der Ergotherapie, der Podologie oder der Ernährungstherapie, dürfen an Versicherte nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden, die

1.
die für die Leistungserbringung erforderliche Ausbildung sowie eine entsprechende zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigende Erlaubnis oder einen vergleichbaren akademischen Abschluss besitzen,
2.
über eine Praxisausstattung verfügen, die eine zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungserbringung gewährleistet, und
3.
die für die Versorgung mit Heilmitteln geltenden Verträge nach § 125 Absatz 1 anerkennen.

(2) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen bilden gemeinsam und einheitlich bei einem der Landesverbände oder den Ersatzkassen eine Arbeitsgemeinschaft, die mit Wirkung für alle Krankenkassen die Entscheidungen über die Zulassungen trifft. Die Arbeitsgemeinschaften sind berechtigt, zur Erfüllung dieser Aufgabe Verwaltungsakte zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben. Die Möglichkeit der Änderung oder Aufhebung gilt auch für Verwaltungsakte, die von den Landesverbänden der Krankenkassen oder den Ersatzkassen erteilt worden sind. Die Arbeitsgemeinschaft kann sich dabei auch auf mehrere Bundesländer erstrecken. Die Kosten tragen die Landesverbände und die Ersatzkassen anteilig nach Versicherten nach der Statistik KM 6. Die Arbeitsgemeinschaft darf die für die Überprüfung der Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2a erforderlichen Daten von Leistungserbringern erheben, verarbeiten und nutzen. Die Arbeitsgemeinschaft darf die Daten von Leistungserbringern nach Absatz 5 erheben, verarbeiten und nutzen, zu denen in den Verträgen nach § 125 gemäß § 125 Absatz 2 Nummer 5a eine Anzeigepflicht besteht. Sie hat die maßgeblichen Daten nach den Sätzen 6 und 7 an den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu übermitteln, der die Krankenkassen regelmäßig über die Leistungserbringer nach den Absätzen 1 und 5 informiert. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Die Arbeitsgemeinschaften sind bis zum 31. August 2019 zu bilden. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt § 124 Absatz 5 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat auf Grundlage der Daten nach Satz 8 eine Liste über die Leistungserbringer nach den Absätzen 1 und 5 mit den maßgeblichen Daten des jeweiligen Leistungserbringers nach den Absätzen 1 und 5 zu veröffentlichen; über den Umfang der zu veröffentlichenden Daten verständigen sich die Vertragspartner in den jeweiligen Verträgen nach § 125 Absatz 1.

(2a) Die Arbeitsgemeinschaften nach Absatz 2 prüfen zudem, ob Leistungserbringer die Voraussetzungen nach § 125 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 für die Durchführung von besonderen Maßnahmen der Physiotherapie unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 erfüllen. Bei Erfüllung der Anforderungen erteilt die Arbeitsgemeinschaft eine entsprechende Abrechnungserlaubnis. Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Die Arbeitsgemeinschaft nach Absatz 2 ist berechtigt, die zuzulassenden Leistungserbringer im Hinblick auf die vertraglich vereinbarten räumlichen, sachlichen und personellen Voraussetzungen zu überprüfen. Die Leistungserbringer haben hierzu den Zutritt zu ihrer Praxis zu den üblichen Praxiszeiten zu gewähren. Mehrfache Praxisprüfungen durch die Arbeitsgemeinschaft sind zu vermeiden.

(4) (weggefallen)

(5) Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und ihnen vergleichbare Einrichtungen dürfen die in Absatz 1 genannten Heilmittel durch Personen abgeben, die die Voraussetzung nach Absatz 1 Nummer 1 erfüllen, wenn sie über eine Praxisausstattung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 verfügen. Einer Zulassung bedarf es nicht. Für die in Satz 1 genannten Einrichtungen gelten die nach § 125 Absatz 1 abgeschlossenen Verträge entsprechend, ohne dass es einer Anerkennung dieser Verträge bedarf.

(6) (weggefallen)