Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01

bei uns veröffentlicht am25.09.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
WÜK Art. 36
1. Zur Belehrung eines Festgenommenen mit fremder Staatsangehörigkeit
gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des Wiener Konsularrechtsübereinkommens
(WÜK) über sein subjektives Recht, die
unverzügliche Benachrichtigung seiner konsularischen Vertretung
zu verlangen, sind bereits die Polizeibeamten nach Festnahme
verpflichtet (BVerfG – Kammer – NJW 2007, 499 unter Aufhebung
von BGHR WÜK Art. 36 Unterrichtung 1).
2. Das Unterbleiben der gebotenen Belehrung über das Recht auf
konsularischen Beistand nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK
führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.
3. Die Rechtsverletzung kann jedoch zu einer Kompensation derart
führen, dass ein bestimmter Teil der verhängten Freiheitsstrafe
als verbüßt anzurechnen ist.
BGH, Beschluss vom 25. September 2007 – 5 StR 116/01
5 StR 475/02
LG Braunschweig
LG Hamburg –
5 StR 475/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 25. September 2007
in den Strafsachen
I. gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Mordes u. a.
II. gegen
wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2007

beschlossen:
1. Die Verfahren 5 StR 116/01 und 5 StR 475/02 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Revisionen der Angeklagten S. , F. und Sa. gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 5. Juli 2000 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen, die Revision des Angeklagten S. mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO), dass von der verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten.
Jeder dieser Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, die Angeklagten S. , F. und Sa. zudem die den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen.
3. Die Revision des Angeklagten D. gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. April 2002 wird auf Kosten des Beschwerdeführers nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass von der verhängten Freiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten.
4. Das Verfahren gegen den verstorbenen Angeklagten T. wird nach § 206a Abs. 1 StPO eingestellt.
Insofern fallen die Auslagen der Staatskasse dieser zur Last. Es wird davon abgesehen, die notwendigen Auslagen dieses Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen.
G r ü n d e

A


1
Die vorliegende Entscheidung ergeht in zwei zu verbindenden Verfahren jeweils im zweiten Verfahrensdurchgang, nachdem das Bundesverfassungsgericht in beiden Verfahren – nach § 349 Abs. 2 StPO ergangene – Beschlüsse des Senates aufgehoben hat.

I.


2
Das Landgericht Braunschweig hat am 5. Juli 2000 den Angeklagten S. wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die Angeklagten F. und Sa. sowie den inzwischen verstorbenen T. hat es wegen Anstiftung zum Mord sowie wegen Nötigung, die Angeklagten F. und T. darüber hinaus wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Nötigung und den Angeklagten Sa. zudem wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Betreffend die Angeklagten F. , Sa. und T. hat das Landgericht die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
3
Mit ihren Revisionen haben die Angeklagten S. (türkischer Staatsangehöriger ), F. (deutscher Staatsangehöriger), Sa. und T. (beide serbisch-montenegrinische Staatsangehörige) mit der Verfahrensrüge beanstandet, dass der damals vorläufig festgenommene Beschuldigte S. vor seiner polizeilichen Vernehmung nicht gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24. April 1963 (BGBl II 1969 S. 1585) belehrt worden sei.
4
Der Senat hat durch Beschluss vom 7. November 2001 – 5 StR 116/01 (BGHR WÜK Art. 36 Unterrichtung 1, StV 2003, 57 m. Anm.
Paulus) die Revisionen der Angeklagten nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

II.


5
Das Landgericht Hamburg hat am 5. April 2002 den Angeklagten D. wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Raub mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt.
6
Der Angeklagte D. (türkischer Staatsangehöriger) hat im Rahmen seiner Revision mit der Verfahrensrüge geltend gemacht, dass er vor seiner polizeilichen Vernehmung nicht gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK belehrt worden sei.
7
Der Senat hat durch Beschluss vom 29. Januar 2003 – 5 StR 475/02 – die Revision des Angeklagten D. nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

III.


8
Das Bundesverfassungsgericht – 1. Kammer des Zweiten Senats – hat durch Beschluss vom 19. September 2006 (NJW 2007, 499, m. Bespr. Walter JR 2007, 99 und Kreß GA 2007, 296 sowie Anm. Burchard JZ 2007, 891) die Verfahren über die Verfassungsbeschwerden der Angeklagten zur gemeinsamen Entscheidung verbunden, die Beschlüsse des Senats vom 7. November 2001 – 5 StR 116/01 – und vom 29. Januar 2003 – 5 StR 475/02 – betreffend die Beschwerdeführer wegen deren Verletzung in ihrem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) aufgehoben und die Sachen insoweit an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.

B


9
Danach hat der Senat über die Revisionen aller Angeklagten erneut zu entscheiden.

I.


10
Dies kann im Beschlusswege erfolgen.
11
1. Über die Revisionen der Angeklagten S. , F. , Sa. und D. kann im Verfahren nach § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO befunden werden.
12
Durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 sind beide Verfahren in denjenigen Stand zurückversetzt worden, den sie vor dem Senatsbeschluss vom 7. November 2001 – 5 StR 116/01 – und demjenigen vom 29. Januar 2003 – 5 StR 475/02 – hatten. Soweit durch die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Rechtsfragen der Wirkung eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK – hierauf konzentriert und auf die in Betracht kommenden Gesichtspunkte hinweisend – zur erneuten Entscheidung gestellt sind, haben der Generalbundesanwalt mit seinen Antragsschriften vom 12. Dezember 2006 in der Sache 5 StR 116/01 und vom 18. Dezember 2006 in der Sache 5 StR 475/02 sowie die Verteidiger aller Angeklagten und der Vertreter der Nebenkläger Stellung genommen.
13
Eine Entscheidung im Beschlussverfahren ist auch nicht deshalb ausgeschlossen , weil zur erneuten Senatsentscheidung eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts führt. Die hiernach unter notwendig revidierter Sicht erneut zu entscheidende Frage ist eng begrenzt und von den Verfahrensbeteiligten schriftsätzlich ausführlich behandelt worden. Sie ist auch unter Berücksichtigung der veränderten Vorgaben aus Sicht des Senats letzt- lich eindeutig zu beantworten. In der nach § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO geforderten Einstimmigkeit, bei § 349 Abs. 2 StPO zudem im notwendigen Einklang mit dem Ergebnis des Antrags des Generalbundesanwalts finden sich ausreichende Korrektive (vgl. auch BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 6). Es ist daran zu erinnern, dass auch sonst höchstrichterlich umstrittene Fragen (§ 132 Abs. 2 GVG) und Fragen von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG) durch Beschluss entschieden werden können (§ 138 Abs. 1 Satz 2 GVG) und regelmäßig in dieser Verfahrensweise entschieden werden, ohne dass den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme auch in einer Hauptverhandlung gegeben würde.
14
2. Die Entscheidung betreffend den verstorbenen Angeklagten T. hat nach § 206a Abs. 1 StPO durch Beschluss zu erfolgen.

II.


15
Die Revisionen der Angeklagten S. und D. sind weitgehend, die der Angeklagten F. und Sa. in vollem Umfang unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
16
1. Soweit die Revisionen jeweils mit der Verfahrensrüge eine Verletzung von Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK geltend machen, führt dies lediglich zu einem geringen Teilerfolg der Revisionen der Angeklagten S. und D. .
17
a) Allerdings liegt in jedem der beiden Fälle eine Gesetzesverletzung darin, dass der Angeklagte S. und der Angeklagte D. jeweils nach ihrer Festnahme nicht durch die Polizeibeamten über ihre Rechte gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK belehrt worden sind.
18
Die Bundesrepublik Deutschland und die Türkei sind Vertragsstaaten des genannten Übereinkommens (BGBl II 1969 S. 1585, 1671).
19
Zur Belehrung eines Festgenommenen mit fremder Staatsangehörigkeit gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK über sein subjektives Recht, die unverzügliche Benachrichtigung seiner konsularischen Vertretung zu verlangen , sind bereits die Polizeibeamten nach Festnahme verpflichtet (BVerfG – Kammer – NJW 2007, 499, 503 unter Berufung auf IGH, Urteil vom 27. Juni 2001, ICJ-Reports 2001, 464 – „LaGrand“ – [Übersetzung in EuGRZ 2001, 287] sowie vom 31. März 2004, ILM 43 [2004], 581 – „Avena“). Die durch den Senat vormals vorgenommene, an den nationalen Konkretisierungen im Haftrecht nach Art. 104 GG, §§ 115, 115a, 128 StPO orientierte Auslegung, welche die Pflicht auf den Richter beschränkt (BGHR WÜK Art. 36 Unterrichtung 1), erweist sich danach als zu eng und ist ausdrücklich zu revidieren. Die Belehrungspflicht knüpft – standardisiert – an die fremde Staatsangehörigkeit des Beschuldigten und an seine Festnahmesituation an. Sie gilt also auch für den Fall, dass der Beschuldigte seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat. Eine darüber hinausgehende ausländerspezifische oder situationsbedingte Hilflosigkeit ist nicht Voraussetzung für die sich aus Völkervertragsrecht im Range eines Bundesgesetzes ergebende Belehrungspflicht. Ebenso führt bei einem Beschuldigten, der nicht ausländischer Angehöriger eines Vertragsstaats des Wiener Übereinkommens ist, eine gleichgeartete besondere Hilflosigkeit in der Festnahmesituation nicht zu hieraus abzuleitenden entsprechenden Unterstützungspflichten.
20
Damit ist festzustellen, dass die Angeklagten D. und S. durch die unterbliebene Belehrung seitens der Polizeibeamten, die ihre erste Vernehmung durchgeführt haben, in ihren subjektiven Rechten auf konsularische Unterstützung bei der effektiven Wahrnehmung ihrer Verteidigungsrechte in der Haftsituation verletzt worden sind. Ein Beruhen der Beweiswürdigung in den angefochtenen Urteilen auf den Ergebnissen der in dieser Situation erfolgten Vernehmungen kann der Senat nicht ausschließen, wenn sie auch in beiden Fällen eher fernliegen mag.
21
b) Die Mitangeklagten des Angeklagten S. , die Beschwerdeführer Sa. (serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger) und F. (deutscher Staatsangehöriger), können aus dieser Verletzung des subjektiven Rechts ihres Mitbeschuldigten für sich von vornherein keine Verletzung eigener Verfahrensrechte herleiten. Die Belehrungspflicht aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK knüpft individuell an fremde Staatsangehörigkeit und Festnahmesituation des unmittelbar betroffenen Beschuldigten an. Seine Verletzung berührt noch weniger als eine Verletzung der Rechte aus § 136 Abs. 1 StPO (vgl. dazu BGHSt 47, 233, 234; BGHR StPO § 136 Belehrung 5; BGH wistra 2000, 311, 313; vgl. auch Nack StraFo 1998, 366, 372 f.) den Rechtskreis eines Mitbeschuldigten. Grundlegende generelle Belange der Prozessordnungsmäßigkeit des Verfahrens, die eine abweichende Betrachtung veranlassen könnten (vgl. BGHSt 33, 148, 154 m.w.N.), sind nicht berührt. Bei dieser Sachlage bedarf die Frage keiner Vertiefung, ob als Ergebnis der maßgeblichen Abwägung zwischen den Belangen rechtsstaatlich geforderter Wahrheitsfindung und effektiver Wahrung unverletzlicher Verfahrenspositionen schon die bislang vom Bundesgerichtshof anerkannten Drittwirkungen – namentlich bei so persönlich geprägten Rechtspositionen wie denen aus dem Bereich des § 52 StPO – als eher zu weitgehend angesehen werden müssen.
22
c) Die von den Verstößen gegen die Belehrungspflicht selbst betroffenen Beschwerdeführer S. und D. sind mit revisionsrechtlichen Beanstandungen gegen eine Verletzung des Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK nicht etwa in Ermangelung eines Widerspruchs ausgeschlossen. Sie haben in ihren Revisionsbegründungen jeweils vorgetragen, dass sie in der Hauptverhandlung bis zu dem in § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt Widerspruch gegen die Verwertung ihrer Angaben in den Beschuldigtenvernehmungen, für die sie eine Verletzung von Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK geltend machen können, erhoben haben (hervorgehoben von BVerfG – Kammer – aaO S. 500; vgl. zum Widerspruchserfordernis BGH, Beschluss vom 11. September 2007 – 1 StR 273/07, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Aller- dings erfolgte dieser Widerspruch „generell“ (S. ) bzw. bezogen auf ganz andere, nicht durchgreifende Verfahrensbeanstandungen nach §§ 136, 137 StPO (D. ). Dies wird den Erfordernissen eines spezifizierten Widerspruchs , wie ihn der 1. Strafsenat in seinem Beschluss vom 11. September 2007 in Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur „Widerspruchslösung“ verlangt hat, nicht gerecht. Das bleibt aber vorliegend für die unmittelbar von dem Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK betroffenen Beschwerdeführer S. und D. unschädlich. Denn anders als in dem vom 1. Strafsenat entschiedenen Fall ist die in Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK vorgesehene Belehrung hier in beiden Fällen nie nachgeholt, der Verstoß mithin nicht später geheilt worden. Unter diesen Voraussetzungen sieht sich der Senat nach den maßgeblich zu beachtenden Grundsätzen des „LaGrand“-Urteils des Internationalen Gerichtshofs (BVerfG – Kammer – aaO S. 501 ff.) außerstande, den im Fall der Heilung erwägenswerten, vom 1. Strafsenat verlangten spezifizierten Widerspruch als Rügevoraussetzung zu fordern. Denn der Internationale Gerichtshof hatte einen Ausschluss der Revisibilität („review und reconsideration“) einer Verletzung dieses Rechts mangels rechtzeitiger Erhebung von nach nationalem Recht verlangten Einwänden – dort betreffend die USamerikanische „procedural default rule“ – jedenfalls dann als Verstoß gegen Art. 36 Abs. 2 WÜK betrachtet und deswegen missbilligt, wenn die Unterrichtung über das sich aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK ergebende Recht solange nicht erfolgte, wie diese Einwände prozessrechtlich hätten erhoben werden müssen (IGH – „LaGrand“ – aaO S. 497 sowie – „Avena“ – aaO S. 613; vgl. hierzu auch Simma in Festschrift für Tomuschat S. 423, 428 ff.). Ob ohne Heilung des Verstoßes jeglicher Widerspruch entbehrlich wäre, bedarf angesichts des hier jeweils generell erfolgten Widerspruchs keiner Vertiefung.
23
d) Indes zieht der Verstoß gegen die Belehrungspflicht aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK kein Verwertungsverbot nach sich, das anzunehmen Völker- oder Verfassungsrecht nicht gebieten (BVerfG – Kammer – aaO S. 503 f.; vgl. auch Kreß GA 2007, 296, 304; Walter JR 2007, 99, 101; Paulus StV 2003, 57, 58 f.; ferner Burchard JZ 2007, 891, 893 f.). Insoweit stellt sich die Rechtslage in Abwägung der widerstreitenden Interessen namentlich unter Berücksichtigung von Art und Gewicht des Verstoßes und von wesentlichen Belangen der Urteilsfindung im Strafverfahren (vgl. BGHSt 44, 243, 249 m.w.N.; BGH NJW 2007, 2269, 2271, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt ) anders dar als bei der in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Belehrung über das Schweigerecht und das Verteidigerkonsultationsrecht. Hierdurch werden die wesentlichen Rechte des Beschuldigten auf Selbstbelastungsfreiheit und effektive Verteidigung unmittelbar bezogen auf die Vernehmungssituation zentral geschützt. Die einem Beschuldigten aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK zu erteilende Belehrung ist diesen Belehrungspflichten hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und – was für die Annahme eines Verwertungsverbots wesentlich sein kann – hinsichtlich ihrer Bedeutung für ein mögliches Beweisergebnis zu Lasten des Beschuldigten nicht ausreichend ähnlich. So knüpft die Belehrungspflicht des Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK schon nicht an den Beginn der Vernehmung an, sondern es wird allein auf die Inhaftierung abgestellt. Zudem wird durch das Unterrichtungsrecht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b WÜK lediglich ein ergänzender Schutz für jeden inhaftierten Beschuldigten mit einer fremden Staatsangehörigkeit geboten, dem in der Haftsituation und unter deren besonderer Berücksichtigung eine allein staatsangehörigkeitsbezogene weitergehende Verbesserung seiner Verteidigungschancen eingeräumt werden soll. Durch diese standardisierte Rechtsposition wird, wie dargelegt, auch nicht etwa besonders auf eine mögliche ausländerspezifische Hilflosigkeit abgestellt. Liegt eine solche vor, ist dem eben nicht etwa durch eine hervorgehobene Bewertung oder weitergehende Ausgestaltung der Rechte aus Art. 36 Abs. 1 lit. b WÜK Rechnung zu tragen, sondern durch eine geeignete besondere Rücksicht auf die Wahrnehmung des Schweigerechts und des Verteidigerkonsultationsrechts, insbesondere bei der Ausgestaltung der nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgeschriebenen Belehrung (vgl. BGHSt 42, 15). Den betroffenen ausländischen Beschuldigten kommen sonst unvermindert sämtliche rechtsstaatlichen Ver- teidigungsstandards zugute. An eine Verletzung des subjektiven Rechts aus Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK (vgl. IGH – „LaGrand“ – aaO S. 494), das zwar beachtlich ist, indes ein für die Ausgestaltung der Verteidigung nicht zentrales pauschales Sonderrecht darstellt, ist danach, anders als bei § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO möglich, kein Beweisverwertungsverbot zu knüpfen.
24
e) Jedoch erachtet der Senat es für angezeigt, die Rechtsverletzung zu kompensieren.
25
Trotz Ablehnung eines Beweisverwertungsverbots darf der festzustellende Verstoß gegen die völkerrechtlich verankerte Unterrichtungspflicht aus Art. 36 Abs. 1 lit. b WÜK grundsätzlich nicht folgenlos bleiben. Nach der vom Internationalen Gerichtshof geforderten Auslegung des Art. 36 Abs. 2 zweiter Halbsatz WÜK – die gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu beachten ist (BVerfG – Kammer – aaO S. 501) – muss es möglich sein, eine effektive Revisibiliät („full effect“, IGH – „La Grand“ – aaO S. 498) sicherzustellen. Daraus folgt zum einen, dass das Revisionsgericht auf eine Verfahrensrüge des betroffenen ausländischen Angeklagten eine Rechtsverletzung zu prüfen und gegebenenfalls festzustellen hat. Zudem ist zu beachten , dass die Angeklagten S. und D. in ihren persönlichen und prozessualen Rechten verletzt worden sind und die – dem deutschen Revisionsverfahren ohnehin fremde – alleinige Feststellung der Rechtsverletzung dies nicht stets angemessen auszugleichen vermag. Ähnlich wie in den Fällen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung (vgl. die Darstellung der Rechtsentwicklung im Vorlagebeschluss des 3. Strafsenats vom 23. August 2007 – 3 StR 50/07) und im Fall der Verleitung einer unverdächtigen und zunächst nicht tatgeneigten Person zu einer Straftat durch eine von einem Amtsträger geführte Vertrauensperson in einer dem Staat zuzurechnenden Weise (BGHSt 45, 321; 47, 44, 52) liegt ein Grund für eine Kompensation vor (vgl. hierzu Simma aaO S. 432). Damit wird sichergestellt, dass der Verletzte, sofern dies angemessen ist, eine Wiedergutmachung für die von ihm erlittene Beeinträchtigung seiner Rechtsposition aus Art. 36 WÜK im sachnächsten nationalen Verfahren erhalten kann.
26
Eine derartige Kompensation erscheint jedenfalls dann angezeigt und gar geboten, wenn der betroffene Angeklagte eine erhebliche Bestrafung erfährt und der Verstoß nicht – wie in dem vom 1. Strafsenat entschiedenen Fall angesichts alsbald anschließender Belehrung durch den Haftrichter – nur kurzfristig fortgewirkt hat. Beide Voraussetzungen sind vorliegend bei den unmittelbar betroffenen Beschwerdeführern S. und D. erfüllt.
27
f) Der Senat nimmt diese Kompensation nicht – wie die bisherige Rechtsprechung in den genannten Fällen – durch eine Herabsetzung der verhängten Strafe (Strafzumessungslösung) vor, sondern in Form des Ausspruchs , dass ein zahlenmäßig bestimmter Teil der verhängten Freiheitsstrafe als vollstreckt gilt (Vollstreckungslösung). Er sieht sich als befugt an, in der vorstehenden Weise zu entscheiden, ohne von bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen, da bislang nicht entschieden worden ist, in welcher Form die Kompensation einer Verletzung von Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK und damit die angezeigte effektive Geltendmachung der Verletzung dieses Rechts vorzunehmen ist. Er orientiert sich an der auf eine analoge Anwendung des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB gestützten „Vollstreckungslösung“ , wie sie der 3. Strafsenat im Vorlagebeschluss vom 23. August 2007 – 3 StR 50/07 (vgl. auch Basdorf, Tagungsbericht zum Karlsruher Strafrechtsdialog 2007) nunmehr für Fälle überlanger Verfahrensdauer für vorzugswürdig hält. Diese Lösung ist – anders als die Strafzumessungslösung – nicht mit dem Widerspruch behaftet, durch eine Reduktion der schuldangemessenen Strafe Verfahrensfehler der Strafverfolgungsbehörden, die mit der Schuld des Angeklagten in keiner Beziehung stehen, hiermit in Korrelation zu setzen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 – 5 StR 83/07, zur Veröffentlichung in BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 fair-trail 5 bestimmt). Sie entspricht vielmehr dem objektiv orientierten Modell des § 51 StGB. Damit ist auch eine höhere Transparenz der Rechtsfolgenentscheidung in dem Sinne gewährleistet, dass die Tatschuld im Strafausspruch zutreffend ausgewiesen wird und in dieser Weise unvermindert bei späteren Entscheidungen berücksichtigt werden kann.
28
Die neue Fallkonstellation erlaubt eine solche abweichende Methodik selbst für den Fall, dass sie sich – entgegen der Auffassung auch des 5. Strafsenats – bei auf überlanger Verfahrensdauer beruhenden Verstößen gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK nicht durchsetzen sollte. Jene Fälle haben einen weit größeren Anwendungsbereich und betreffen – im Gegensatz zu der hier zu entscheidenden Fallkonstellation mit regelmäßig nicht übermäßig schwerwiegenden Verstößen – Fälle unterschiedlichsten Gewichts mit einem ganz individuell zu bemessenden Ausmaß einer gebotenen Kompensation.
29
Die neue, vorliegend vom Senat bereits angewendete Methodik hat überdies den Vorteil, dass eine effektive Revisibilität auch einem zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Angeklagten zugute kommt, abweichend von der Lösung über die Strafzumessung, deren insoweit negative Konsequenz von der Rechtsprechung freilich gebilligt worden ist (BVerfG – Kammer – NStZ 2006, 680; BGH NStZ 2006, 346). So wird infolge der „Vollstreckungslösung“ hier der Angeklagte S. durch eine bezifferte Anrechnung eines als verbüßt geltenden Teils der Strafe analog § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB den Zeitpunkt der Mindestverbüßung nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB früher erreichen.
30
Der Senat lässt offen, ob in Fällen geringerer Schwere eine mittels Anwendung des nationalen Rechts mögliche Kompensation auch auf andere Weise, etwa durch Gewährung einer Entschädigung in analoger Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) oder durch Kostennachlass, etwa analog § 465 Abs. 2 StPO, in Betracht zu ziehen wäre. Bei Strafen geringeren Gewichts und im Falle der späteren Heilung des Verfahrensverstoßes durch alsbald nachgeholte Belehrung gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Sep- tember 2007 – 1 StR 273/07, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt) mag eine Kompensation gänzlich entbehrlich sein.
31
g) Der Senat bestimmt das Maß der als vollstreckt geltenden Strafe angesichts des jeweiligen Gewichts des Verstoßes und seiner Auswirkungen sowie der jeweiligen Tatvorwürfe bei beiden Beschwerdeführern jeweils mit sechs Monaten.
32
2. Im Übrigen sind die Revisionen der Angeklagten S. , F. und Sa. aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 21. Juni 2001 sowie die Revision des Angeklagten D. aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. November 2002 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
33
3. Irgendeine Herabsetzung oder weitergehende partielle Kompensation der gegen die Angeklagten S. , F. , Sa. und D. verhängten Strafen unter dem Gesichtspunkt der besonders langen Verfahrensdauer ist nicht vorzunehmen. Der Senat vermag eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht zu konstatieren.
34
a) Soweit es etwa um die Behandlung der beiden Sachen zwischen der Erhebung der Verfassungsbeschwerden und dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 gehen kann, neigt der Senat zu der Ansicht, dass einem Gericht grundsätzlich nicht die Möglichkeit eröffnet ist, einen durch ein höherrangiges Gericht begangenen Verstoß der genannten Art gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK festzustellen und zu berücksichtigen , wenn nicht etwa dieses Gericht entsprechende Hinweise gegeben hat. Dies dürfte bereits aus der Verfassung des Gesamtgefüges der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland folgen und findet zumindest seine verfahrenspraktische Bestätigung darin, dass dem Gericht geringeren Ranges Kenntnisse zum erfolgten Verfahrensgang beim höherrangigen Gericht fehlen.
35
b) Die Behandlung der Sachen beim Senat war nicht verzögerlich. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 ist beim Senat am 26. Oktober 2006 eingegangen. Auf die Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 12. Dezember 2006 (in der Sache 5 StR 116/01) und vom 18. Dezember 2006 (in der Sache 5 StR 475/02) haben die Verfahrensbeteiligten bis zum 7. März 2007 Stellung genommen. Die gegen den Vorsitzenden, den Berichterstatter und ein weiteres Senatsmitglied gerichteten Ablehnungsgesuche des Angeklagten D. vom 17. Januar 2007 hat der Senat nach den gebotenen Anhörungen durch Beschluss vom 11. April 2007 zurückgewiesen. Darin, dass das Revisionsgericht in seiner sich erst aus jener Senatsentscheidung ergebenden Besetzung nicht schon früher entschieden hat, liegt keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (vgl. zudem zur fehlenden Rechtsstaatswidrigkeit längerer Verfahrensdauer in umfänglichen und schwierigen Verfahren BGH NJW 2007, 853, 857).
36
c) Eine solche Verfahrensverzögerung findet sich auch nicht etwa darin , dass das Bundesverfassungsgericht hier zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs wegen Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf ein faires Verfahren aufgehoben hat, wodurch ein weiterer fast ein Jahr währender Verfahrensgang vor dem Bundesgerichtshof notwendig geworden ist. Anzuknüpfen ist an das Urteil des 3. Strafsenats vom 7. Februar 2006 – 3 StR 460/98 (NJW 2006, 1529), wonach eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung nicht allein deshalb vorliegt, weil das Revisionsgericht zur Korrektur eines dem Tatrichter unterlaufenen – nicht eklatanten – Rechtsfehlers dessen Urteil aufheben und die Sache zu neuer – zeitaufwändiger – Bearbeitung an die Vorinstanz zurückverweisen muss; denn solcher Verfahrensgang ist Ausfluss eines rechtsstaatlichen Rechtsmittelsystems. Die Grundsätze dieses Urteils, denen der Senat in vollem Umfang zustimmt, sind auf die vorliegende Konstellation der Aufhebung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs durch das Bundesverfassungsgericht sinngemäß zu übertragen. Als eklatante Gesetzesverletzung, die eine abweichende Beurteilung erfordern könnte (vgl. BGH aaO S. 1532 m.w.N.), wertet der Senat sei- ne erste, nunmehr freilich nach Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts zu revidierende Entscheidung nicht.
37
4. Der Teilerfolg, den die Angeklagten S. und D. auf ihre unbeschränkten Revisionen mit der Anrechnung von sechs Monaten Freiheitsstrafe auf die verbüßten Strafen erzielen, ist derart gering, dass es unter den Billigkeitsgesichtspunkten des § 473 Abs. 4 StPO nicht angezeigt erscheint, eine Kostenteilung vorzunehmen.

III.


38
Auf die Revision des Angeklagten T. ist das Verfahren einzustellen. Dieser Angeklagte ist am 7. September 2004 verstorben. Da das Bundesverfassungsgericht den Beschluss des Senats vom 7. November 2001 auch betreffend den Angeklagten T. aufgehoben hat, stellt der Senat das Verfahren insoweit nach § 206a Abs. 1 StPO ein (vgl. BGHSt 45, 108).
39
Die Kostenentscheidung hat im Fall des Todes des Angeklagten nach denjenigen Grundsätzen zu erfolgen, die bei Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses allgemein anzuwenden sind (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 464 Rdn. 14, § 465 Rdn. 12). Deshalb fallen die Auslagen der Staatskasse dieser nach § 467 Abs. 1 StPO zur Last. Jedoch wird nach § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO davon abgesehen, die notwendigen Ausla- gen des Angeklagten T. der Staatskasse aufzuerlegen. Aus den obigen Ausführungen folgt, dass dieser Angeklagte nur deshalb nicht rechtskräftig verurteilt wird, weil mit seinem Tod ein Verfahrenshindernis eingetreten ist.
Basdorf RiBGH Häger ist erkrankt Gerhardt und daher verhindert zu unterschreiben Basdorf Brause Schaal

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01 zitiert 20 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 104


(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden. (2) Über die Zuläss

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 132


(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate. (2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Sena

Strafgesetzbuch - StGB | § 51 Anrechnung


(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann

Strafprozeßordnung - StPO | § 52 Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Strafprozeßordnung - StPO | § 136 Vernehmung


(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern

Strafgesetzbuch - StGB | § 57a Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,2. nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und3

Strafprozeßordnung - StPO | § 257 Befragung des Angeklagten und Erklärungsrechte nach einer Beweiserhebung


(1) Nach der Vernehmung eines jeden Mitangeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung soll der Angeklagte befragt werden, ob er dazu etwas zu erklären habe. (2) Auf Verlangen ist auch dem Staatsanwalt und dem Verteidiger nach der Vernehmung

Strafprozeßordnung - StPO | § 115 Vorführung vor den zuständigen Richter


(1) Wird der Beschuldigte auf Grund des Haftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich dem zuständigen Gericht vorzuführen. (2) Das Gericht hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tage, über den Gegenstand de

Strafprozeßordnung - StPO | § 137 Recht des Beschuldigten auf Hinzuziehung eines Verteidigers


(1) Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen. (2) Hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Vertreter, so kann auch dieser sel

Strafprozeßordnung - StPO | § 128 Vorführung bei vorläufiger Festnahme


(1) Der Festgenommene ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, unverzüglich, spätestens am Tage nach der Festnahme, dem Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er festgenommen worden ist, vorzuführen. Der Richter vernimmt den Vorge

Strafprozeßordnung - StPO | § 115a Vorführung vor den Richter des nächsten Amtsgerichts


(1) Kann der Beschuldigte nicht spätestens am Tag nach der Ergreifung dem zuständigen Gericht vorgeführt werden, so ist er unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem nächsten Amtsgericht vorzuführen. (2) Das Gericht hat den Beschul

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 138


(1) Die Großen Senate und die Vereinigten Großen Senate entscheiden nur über die Rechtsfrage. Sie können ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Entscheidung ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend. (2) Vor der Entscheidu

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2007 - 5 StR 475/02

bei uns veröffentlicht am 11.04.2007

5 StR 475/02 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 11. April 2007 in der Strafsache gegen wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. April 2007 beschlossen : Der Antrag des Angeklagten D. ,

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juni 2007 - 5 StR 83/07

bei uns veröffentlicht am 21.06.2007

5 StR 83/07 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 21. Juni 2007 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Ha

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2007 - 1 StR 273/07

bei uns veröffentlicht am 11.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 273/07 vom 11. September 2007 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja (nur II) Veröffentlichung: ja WÜK Art. 36; StPO § 257 1. Die Widerspruchslösung findet auch bei einer zu spät erteilten Belehrung über das Recht a

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01

bei uns veröffentlicht am 25.09.2007

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja WÜK Art. 36 1. Zur Belehrung eines Festgenommenen mit fremder Staatsangehörigkeit gemäß Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des Wiener Konsularrechtsübereinkommens (WÜK) über sein subjektives Recht,

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2001 - 5 StR 116/01

bei uns veröffentlicht am 07.11.2001

5 StR 116/01 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 7. November 2001 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. wegen Mordes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2001 beschlossen: Die Revisionen der Angeklagten gegen das

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Jan. 2003 - 5 StR 475/02

bei uns veröffentlicht am 29.01.2003

5 StR 475/02 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 29. Januar 2003 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2003 beschlossen: Die Revisionen der
8 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - 5 StR 116/01.

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - 1 StR 631/13

bei uns veröffentlicht am 13.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 6 3 1 / 1 3 vom 13. Februar 2014 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , des Verteidigers und des Neben

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Dez. 2007 - 3 StR 318/07

bei uns veröffentlicht am 20.12.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 318/07 vom 20. Dezember 2007 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ___________________________________ WÜK Art. 36 Abs. 1 Buchst. b Satz 3 Zu den Folgen einer verspätet erteilte

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2007 - 5 StR 478/07

bei uns veröffentlicht am 06.12.2007

5 StR 478/07 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 6. Dezember 2007 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2007 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil d

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Mai 2011 - 3 StR 97/11

bei uns veröffentlicht am 31.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 97/11 vom 31. Mai 2011 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 31. Mai 2011 einst

Referenzen

5 StR 475/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 11. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. April 2007 beschlossen
:
Der Antrag des Angeklagten D. , den Vorsitzenden Richter
am Bundesgerichtshof Basdorf, den Richter am Bundesgerichtshof
Häger und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Gerhardt wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen,
wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
1 1. Der Senat hat durch Beschluss vom 29. Januar 2003 die Revision
des Angeklagten gegen das Urteil das Landgerichts Hamburg vom 5. April
2002, durch das dieser wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge in
Tateinheit mit versuchtem Raub mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von
elf Jahren verurteilt worden war, gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet
verworfen. An dieser Entscheidung haben die in der Beschlussformel genannten
Richter mitgewirkt. Auf die hiergegen unter anderem vom Angeklagten
eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht
durch Beschluss vom 19. September 2006 diesen Beschluss aufgehoben
und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen (BVerfG
NStZ 2007, 159). Das Bundesverfassungsgericht hat seine Entscheidung
darauf gestützt, dass das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren
verletzt worden sei, da der Bundesgerichtshof Art. 36 Abs. 1 Buchstabe b
Satz 3 Wiener Konsularrechtsübereinkommen (WÜK) in einer Weise ausgelegt
habe, die derjenigen des Internationalen Gerichtshofs widerspreche.
2 Der Angeklagte hat die in der Beschlussformel genannten Richter wegen
Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da sie an der vom Bundesverfassungsgericht
aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt, die in Rede stehen-
de Rechtsfrage bereits entschieden hätten und daher nicht mehr unvoreingenommen
seien. Zudem weise die Begründung des Bundesverfassungsgerichts
aus, wie wenig sich die abgelehnten Richter mit den entscheidenden
grundgesetzlichen und völkerrechtlichen Fragen auseinandergesetzt hätten.
Unter Berücksichtigung dieses Aspekts müsse der Angeklagte davon ausgehen
, dass die genannten Richter sich zur Frage des Art. 36 Abs. 1 WÜK bereits
festgelegt hätten.
3 2. Der Antrag bleibt erfolglos. Ein ausreichender Anlass für die Annahme
einer Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter ist weder
vorgetragen noch sonst ersichtlich.
4 Die Vorbefassung stellt grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar
(st. Rspr., vgl. nur BGHSt 21, 142, 143 f.; BGHR StPO § 338 Nr. 3 Strafkammer
1, insoweit in BGHSt 43, 96 nicht abgedruckt). Der Gesetzgeber hat
geregelten Ausnahmefällen die Ausschließung eines Richters wegen früherer
Mitwirkung in einer Sache vorgesehen. Im Übrigen wird das deutsche Verfahrensrecht
von der Auffassung beherrscht, dass der Richter auch dann
unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herantrete, wenn er sich
schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet habe
(BVerfGE 30, 149, 153 ff.). Dem entspricht es, dass ein Richter, der an einem
vom Revisionsgericht aufgehobenen Urteil mitgewirkt hat, erneut in der
zurückverwiesenen Sache mitentscheiden darf, ohne grundsätzlich als befangen
zu gelten (BGH NStZ 1991, 595; 1994, 447). Ebenso wenig kann ein
verständiger Angeklagter in den Fällen, in denen das Bundesverfassungsgericht
– wie hier – von der durch § 95 Abs. 2 BVerfGG eröffneten Möglichkeit
Gebrauch gemacht hat, die Sache an das Revisionsgericht zurückzuverweisen
, Bedenken gegen die Unvoreingenommenheit der Richter haben.
5 Besondere Umstände, die Anlass zur Besorgnis geben könnten, die
erneut zur Entscheidung berufenen Richter seien nicht bereit, die Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten, sind – zumal da sie an
dessen Rechtsauffassung gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG gebunden sind –
nicht ersichtlich. Der vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene Beschluss
des Senats enthält auch keine unsachlichen Äußerungen zum Nachteil des
Angeklagten (vgl. hierzu BGH NStZ 2005, 218). Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht
nicht von der für Ausnahmefälle – in denen eine sachgerechte
Behandlung durch das eigentlich zuständige Gericht nicht mehr zu
erwarten ist – für zulässig erachteten Möglichkeit der Zurückverweisung an
einen anderen Spruchkörper (BVerfGE 20, 336, 343 m.w.N.) Gebrauch gemacht.
Raum Brause Schaal
Roggenbuck Jäger

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 116/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 7. November 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2001

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 5. Juli 2000 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts merkt der Senat an: Die Rüge einer etwaigen Verletzung von Art. 36 Abs. 1 lit. b) des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24. April 1963 (BGBl. II 1969 S. 1585) bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerdeführer machen geltend, daß der vorläufig festgenommene Angeklagte S vor seiner polizeilichen Vernehmung, in der er sich teilgeständig zeigte, nicht über seine Rechte nach dem WÜK belehrt worden sei.
Zwar enthält die genannte Bestimmung nicht nur zwischenstaatliche Bestimmungen , sondern sie kann unter den dort genannten Voraussetzungen auch subjektive Rechte eines einzelnen Staatsangehörigen begründen (vgl. Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 27. Juni 2001 im “LaGrand Case” Germany v. United States of America; nichtamtliche Übersetzung in EuGRZ 2001, 287, 290, Nr. 77). Dafür spricht insbesondere der Wortlaut der genannten Regelung, nach dem die konsularische Vertretung des Entsen- destaates (nur) “auf Verlangen des Betroffenen” über dessen Festnahme etc. zu unterrichten ist (im englischen Vertragstext: “if he so requests”) und “diese Behörden haben den Betroffenen ... über seine Rechte ... zu unterrichten” (“The said authorities shall inform the person concerned ... of his rights”). Zudem dürfen Konsularbeamte nach Art. 36 Abs. 1 lit. c) WÜK für einen festgehaltenen Staatsangehörigen dann nicht tätig werden, wenn der Betroffene ausdrücklich Einspruch dagegen erhebt (“if he expressly opposes such action”).
Gleichwohl hat die Verfahrensrüge keinen Erfolg. So ist schon zweifelhaft, ob neben dem Angeklagten S die weiteren Angeklagten ihre Revision auf einen etwaigen Verstoß gegen das WÜK stützen können, da die genannten Bestimmungen nur dem Festgenommenen selbst bestimmte Rechte gewähren (vgl. dazu BGHSt 11, 213; BGHR StPO § 136 – Belehrung 5; siehe aber auch BGHSt 33, 148). Indes kommt es hierauf nicht an.
Der unmittelbar Betroffene soll durch die genannte Vorschrift nicht vor eigenen unbedachten Äußerungen geschützt werden, die er vor der Kontaktaufnahme mit dem für ihn zuständigen Konsularbeamten bzw. der entsprechenden Belehrung über seine diesbezüglichen Rechte gemacht hat. Insoweit gewährt das WÜK keinen über § 136 StPO hinausgehenden Schutz; mögliche sprachliche Defizite eines ausländischen Beschuldigten werden durch die unentgeltliche Unterstützung eines Dolmetschers nach Art. 6 Abs. 3 lit.
e) EMRK ausgeglichen (vgl. dazu BGHSt 46, 178). Durch die Benachrichtigung der konsularischen Vertretung soll vielmehr verhindert werden, daß Angehörige eines Entsendestaates, die außerhalb ihrer Heimat vielfach nur über geringe oder gar keine Sozialkontakte verfügen, dort aufgrund staatlichen Zugriffs spurlos aus der Öffentlichkeit verschwinden (vgl. Kleinknecht /Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 114b Rdn. 1). Allein insoweit ergänzt das WÜK deutsches Strafverfahrensrecht, insbesondere – bei ansonsten identischer Zielrichtung – Art. 104 Abs. 4 GG und § 114b StPO (vgl. zu den beiden letztgenannten Bestimmungen: Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG 4. Aufl. Art. 104 Rdn. 71; Boujong in KK 4. Aufl. § 114b Rdn. 1). Für eine zusätzliche Privilegierung von Angehörigen der dem WÜK beigetretener Staaten gegenüber anderen ± deutschen wie nichtdeutschen ± Beschuldigten gibt das Übereinkommen nichts her.
Schlieûlich hat die Verfahrensrüge auch deshalb keinen Erfolg, weil ªzuständige Behördeº für die Belehrung des Festgenommenen und die Benachrichtigung dessen konsularischer Vertretung nach Art. 36 Abs. 1 lit. b) WÜK nicht die unmittelbar festnehmende Polizei, sondern der in §§ 115, 115a, 128 StPO genannte Richter ist. Dafür spricht schon der Wortlaut der Bestimmung , nach der ± was anderenfalls zumindest nahegelegen hätte ± nicht etwa die festnehmenden Polizeibeamten, sondern die (nach nationalem Recht) zuständigen Behörden des Empfangsstaates zur Belehrung und Benachrichtigung verpflichtet werden (im englischen Vertragstext: ªthe competent authoritiesº bzw. später darauf Bezug nehmend: ªthe said authoritiesº). Nach deutschem Recht ist aber ausschlieûlich der Richter für die Benachrichtigung Dritter zuständig ± er also im Sinne des WÜK auch zuständige Behörde ±, wenn ein Beschuldigter nach den §§ 112 ff. StPO festgenommen wurde (vgl. § 114b Abs. 1 Satz 2 StPO). Da nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. § 115 Abs. 1, § 115a Abs. 1 und § 128 Abs. 1 Satz 1 StPO der Festgenommene ªunverzüglichº dem zuständigen Richter vorgeführt werden muû, ist auch gewährleistet, daû der Betroffene ohne Verzögerung über se ine Rechte aus dem WÜK von diesem Richter belehrt wird und er seine konsularische Vertretung von seiner Festnahme unterrichten lassen kann.
Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 475/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 29. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2003

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten S , D und Ö gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. April 2002 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
G r ü n d e Die Revisionen der Angeklagten haben aus den vom Generalbundes- anwalt in der Antragsschrift angegebenen Gründen keinen Erfolg.
Ergänzend bemerkt der Senat: Für die vom Angeklagten Ö erhobene Besetzungsrüge gelten die Ausführungen des Generalbundesanwalts im Antrag vom 13. November 2002 (B. I. 1.) entsprechend. Keinen Erfolg hat auch die Rüge des Angeklagten D , die polizeilichen Vernehmungsbeamten hätten ihm nach seiner Festnahme nicht vorenthalten dürfen, daß sich für ihn bereits ein Rechtsanwalt als möglicher Verteidiger gemeldet habe, mit der etwaigen Folge, daß seine damaligen Angaben nicht hätten verwertet werden dürfen (vgl. dazu BGH NStZ 1997, 502; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 136 Rdn. 10; Lüderssen in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 137 Rdn. 67). Die Verfahrensrüge genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, da die Revision verschweigt, daß der Angeklagte sich am 20. November 2001 – nach Konsultation seines Verteidigers – er- neut zur Sache eingelassen und die Richtigkeit seiner früheren Angaben bestätigt hat (Sachakten Bl. 619-621).
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

5 StR 116/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 7. November 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. November 2001

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 5. Juli 2000 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts merkt der Senat an: Die Rüge einer etwaigen Verletzung von Art. 36 Abs. 1 lit. b) des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24. April 1963 (BGBl. II 1969 S. 1585) bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerdeführer machen geltend, daß der vorläufig festgenommene Angeklagte S vor seiner polizeilichen Vernehmung, in der er sich teilgeständig zeigte, nicht über seine Rechte nach dem WÜK belehrt worden sei.
Zwar enthält die genannte Bestimmung nicht nur zwischenstaatliche Bestimmungen , sondern sie kann unter den dort genannten Voraussetzungen auch subjektive Rechte eines einzelnen Staatsangehörigen begründen (vgl. Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 27. Juni 2001 im “LaGrand Case” Germany v. United States of America; nichtamtliche Übersetzung in EuGRZ 2001, 287, 290, Nr. 77). Dafür spricht insbesondere der Wortlaut der genannten Regelung, nach dem die konsularische Vertretung des Entsen- destaates (nur) “auf Verlangen des Betroffenen” über dessen Festnahme etc. zu unterrichten ist (im englischen Vertragstext: “if he so requests”) und “diese Behörden haben den Betroffenen ... über seine Rechte ... zu unterrichten” (“The said authorities shall inform the person concerned ... of his rights”). Zudem dürfen Konsularbeamte nach Art. 36 Abs. 1 lit. c) WÜK für einen festgehaltenen Staatsangehörigen dann nicht tätig werden, wenn der Betroffene ausdrücklich Einspruch dagegen erhebt (“if he expressly opposes such action”).
Gleichwohl hat die Verfahrensrüge keinen Erfolg. So ist schon zweifelhaft, ob neben dem Angeklagten S die weiteren Angeklagten ihre Revision auf einen etwaigen Verstoß gegen das WÜK stützen können, da die genannten Bestimmungen nur dem Festgenommenen selbst bestimmte Rechte gewähren (vgl. dazu BGHSt 11, 213; BGHR StPO § 136 – Belehrung 5; siehe aber auch BGHSt 33, 148). Indes kommt es hierauf nicht an.
Der unmittelbar Betroffene soll durch die genannte Vorschrift nicht vor eigenen unbedachten Äußerungen geschützt werden, die er vor der Kontaktaufnahme mit dem für ihn zuständigen Konsularbeamten bzw. der entsprechenden Belehrung über seine diesbezüglichen Rechte gemacht hat. Insoweit gewährt das WÜK keinen über § 136 StPO hinausgehenden Schutz; mögliche sprachliche Defizite eines ausländischen Beschuldigten werden durch die unentgeltliche Unterstützung eines Dolmetschers nach Art. 6 Abs. 3 lit.
e) EMRK ausgeglichen (vgl. dazu BGHSt 46, 178). Durch die Benachrichtigung der konsularischen Vertretung soll vielmehr verhindert werden, daß Angehörige eines Entsendestaates, die außerhalb ihrer Heimat vielfach nur über geringe oder gar keine Sozialkontakte verfügen, dort aufgrund staatlichen Zugriffs spurlos aus der Öffentlichkeit verschwinden (vgl. Kleinknecht /Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 114b Rdn. 1). Allein insoweit ergänzt das WÜK deutsches Strafverfahrensrecht, insbesondere – bei ansonsten identischer Zielrichtung – Art. 104 Abs. 4 GG und § 114b StPO (vgl. zu den beiden letztgenannten Bestimmungen: Gusy in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG 4. Aufl. Art. 104 Rdn. 71; Boujong in KK 4. Aufl. § 114b Rdn. 1). Für eine zusätzliche Privilegierung von Angehörigen der dem WÜK beigetretener Staaten gegenüber anderen ± deutschen wie nichtdeutschen ± Beschuldigten gibt das Übereinkommen nichts her.
Schlieûlich hat die Verfahrensrüge auch deshalb keinen Erfolg, weil ªzuständige Behördeº für die Belehrung des Festgenommenen und die Benachrichtigung dessen konsularischer Vertretung nach Art. 36 Abs. 1 lit. b) WÜK nicht die unmittelbar festnehmende Polizei, sondern der in §§ 115, 115a, 128 StPO genannte Richter ist. Dafür spricht schon der Wortlaut der Bestimmung , nach der ± was anderenfalls zumindest nahegelegen hätte ± nicht etwa die festnehmenden Polizeibeamten, sondern die (nach nationalem Recht) zuständigen Behörden des Empfangsstaates zur Belehrung und Benachrichtigung verpflichtet werden (im englischen Vertragstext: ªthe competent authoritiesº bzw. später darauf Bezug nehmend: ªthe said authoritiesº). Nach deutschem Recht ist aber ausschlieûlich der Richter für die Benachrichtigung Dritter zuständig ± er also im Sinne des WÜK auch zuständige Behörde ±, wenn ein Beschuldigter nach den §§ 112 ff. StPO festgenommen wurde (vgl. § 114b Abs. 1 Satz 2 StPO). Da nach Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. § 115 Abs. 1, § 115a Abs. 1 und § 128 Abs. 1 Satz 1 StPO der Festgenommene ªunverzüglichº dem zuständigen Richter vorgeführt werden muû, ist auch gewährleistet, daû der Betroffene ohne Verzögerung über se ine Rechte aus dem WÜK von diesem Richter belehrt wird und er seine konsularische Vertretung von seiner Festnahme unterrichten lassen kann.
Harms Häger Raum Brause Schaal
5 StR 475/02

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 29. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen räuberischer Erpressung mit Todesfolge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Januar 2003

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten S , D und Ö gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. April 2002 werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
G r ü n d e Die Revisionen der Angeklagten haben aus den vom Generalbundes- anwalt in der Antragsschrift angegebenen Gründen keinen Erfolg.
Ergänzend bemerkt der Senat: Für die vom Angeklagten Ö erhobene Besetzungsrüge gelten die Ausführungen des Generalbundesanwalts im Antrag vom 13. November 2002 (B. I. 1.) entsprechend. Keinen Erfolg hat auch die Rüge des Angeklagten D , die polizeilichen Vernehmungsbeamten hätten ihm nach seiner Festnahme nicht vorenthalten dürfen, daß sich für ihn bereits ein Rechtsanwalt als möglicher Verteidiger gemeldet habe, mit der etwaigen Folge, daß seine damaligen Angaben nicht hätten verwertet werden dürfen (vgl. dazu BGH NStZ 1997, 502; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 136 Rdn. 10; Lüderssen in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 137 Rdn. 67). Die Verfahrensrüge genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, da die Revision verschweigt, daß der Angeklagte sich am 20. November 2001 – nach Konsultation seines Verteidigers – er- neut zur Sache eingelassen und die Richtigkeit seiner früheren Angaben bestätigt hat (Sachakten Bl. 619-621).
Harms Häger Basdorf Gerhardt Raum

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die Großen Senate und die Vereinigten Großen Senate entscheiden nur über die Rechtsfrage. Sie können ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Entscheidung ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend.

(2) Vor der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen oder der Vereinigten Großen Senate und in Rechtsstreitigkeiten, welche die Anfechtung einer Todeserklärung zum Gegenstand haben, ist der Generalbundesanwalt zu hören. Der Generalbundesanwalt kann auch in der Sitzung seine Auffassung darlegen.

(3) Erfordert die Entscheidung der Sache eine erneute mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Senat, so sind die Beteiligten unter Mitteilung der ergangenen Entscheidung der Rechtsfrage zu der Verhandlung zu laden.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Wird der Beschuldigte auf Grund des Haftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich dem zuständigen Gericht vorzuführen.

(2) Das Gericht hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tage, über den Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen.

(3) Bei der Vernehmung ist der Beschuldigte auf die ihn belastenden Umstände und sein Recht hinzuweisen, sich zur Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ihm ist Gelegenheit zu geben, die Verdachts- und Haftgründe zu entkräften und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen.

(4) Wird die Haft aufrechterhalten, so ist der Beschuldigte über das Recht der Beschwerde und die anderen Rechtsbehelfe (§ 117 Abs. 1, 2, § 118 Abs. 1, 2, § 119 Abs. 5, § 119a Abs. 1) zu belehren. § 304 Abs. 4 und 5 bleibt unberührt.

(1) Kann der Beschuldigte nicht spätestens am Tag nach der Ergreifung dem zuständigen Gericht vorgeführt werden, so ist er unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem nächsten Amtsgericht vorzuführen.

(2) Das Gericht hat den Beschuldigten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tage, zu vernehmen. Bei der Vernehmung wird, soweit möglich, § 115 Abs. 3 angewandt. Ergibt sich bei der Vernehmung, dass der Haftbefehl aufgehoben, seine Aufhebung durch die Staatsanwaltschaft beantragt (§ 120 Abs. 3) oder der Ergriffene nicht die in dem Haftbefehl bezeichnete Person ist, so ist der Ergriffene freizulassen. Erhebt dieser sonst gegen den Haftbefehl oder dessen Vollzug Einwendungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder hat das Gericht Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der Haft, so teilt es diese dem zuständigen Gericht und der zuständigen Staatsanwaltschaft unverzüglich und auf dem nach den Umständen angezeigten schnellsten Wege mit; das zuständige Gericht prüft unverzüglich, ob der Haftbefehl aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen ist.

(3) Wird der Beschuldigte nicht freigelassen, so ist er auf sein Verlangen dem zuständigen Gericht zur Vernehmung nach § 115 vorzuführen. Der Beschuldigte ist auf dieses Recht hinzuweisen und gemäß § 115 Abs. 4 zu belehren.

(1) Der Festgenommene ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, unverzüglich, spätestens am Tage nach der Festnahme, dem Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er festgenommen worden ist, vorzuführen. Der Richter vernimmt den Vorgeführten gemäß § 115 Abs. 3.

(2) Hält der Richter die Festnahme nicht für gerechtfertigt oder ihre Gründe für beseitigt, so ordnet er die Freilassung an. Andernfalls erläßt er auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist, von Amts wegen einen Haftbefehl oder einen Unterbringungsbefehl. § 115 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Nach der Vernehmung eines jeden Mitangeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung soll der Angeklagte befragt werden, ob er dazu etwas zu erklären habe.

(2) Auf Verlangen ist auch dem Staatsanwalt und dem Verteidiger nach der Vernehmung des Angeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.

(3) Die Erklärungen dürfen den Schlußvortrag nicht vorwegnehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 273/07
vom
11. September 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja (nur II)
Veröffentlichung: ja
WÜK Art. 36; StPO § 257
1. Die Widerspruchslösung findet auch bei einer zu spät erteilten Belehrung
über das Recht auf konsularischen Beistand nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3
des Wiener Konsularrechtsübereinkommens (WÜK) Anwendung.
2. Zu den Anforderungen an einen solchen Widerspruch.
BGH, Beschl. vom 11. September 2007 - 1 StR 273/07 - LG Regensburg
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 20. Dezember 2006 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


I.

1
1. Das Landgericht hat - für den Senat bindend - festgestellt:
2
In der Tatnacht kam es zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau D. B. , dem Tatopfer, im Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung zunächst zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Dabei fesselte der Angeklagte seiner Ehefrau die Hände auf dem Rücken; dies gehörte zu den üblichen Praktiken des Ehepaars. Er riss hierzu Lautsprecherkabel der Heimkinoanlage ab, weil er die gewöhnlich benutzten Utensilien - wie Stofftücher oder Handschellen aus dem Erotikfachhandel - weggeworfen oder unauffindbar verlegt hatte. Seine Ehefrau war über die Verwendung des Kabels und die äußerst straffe Fesselung, die zu blasigen Hautabhebungen führte, verwundert. Der Angeklagte führte sodann mit seiner Ehefrau einvernehmlich - zuletzt bäuchlings übereinander auf dem Wohnzimmerteppich liegend - den Analverkehr bis zum Samenerguss durch. Als der Angeklagte ihrem anschließenden Begehren, von ihr "herunterzugehen" und sie loszubinden, keine Folge leistete, beschimpfte sie ihn.
3
Auf Grund dieser Unmutsäußerungen erregt, beschloss der Angeklagte nunmehr seine Ehefrau zu töten. Er hob ihren Slip vom Boden auf, zerriss ihn und band ihr damit die Fußgelenke zusammen. Weiterhin riss er ein zweites Lautsprecherkabel ab und verschnürte damit ihre Unterschenkel. Erst jetzt erkannte D. B. - zumal der Angeklagte auf Nachfrage entsprechende Andeutungen machte - die Gefahr für ihr Leben, war allerdings infolge der Fesselung widerstandsunfähig. Es gelang ihr nicht, den Angeklagten umzustimmen. In Ausführung seines Tötungsvorhabens schlang dieser ein weiteres Stück Lautsprecherkabel um den Hals seiner Ehefrau und zog bis zum Todeseintritt zu, wobei er im weiteren Verlauf noch einen Holzkochlöffel einsetzte, um damit durch Drehbewegungen die Zugkräfte und die drosselnde Wirkung des Kabels zu verstärken.
4
2. Das Landgericht hat die Tat als Heimtückemord bewertet und den Angeklagten zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, welche die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

II.

5
Die Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 12. Juni 2007 dargelegten Gründen nicht durch. Näherer Erörterung bedarf nur die Rüge, die Schwurgerichtskammer habe bei der Ur- teilsfindung rechtsfehlerhaft die Aussage des Angeklagten bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung verwertet, obwohl er bei dieser Vernehmung als irakischer Staatsangehöriger nicht über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt worden sei (Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des Wiener Konsularrechtsübereinkommens [WÜK]).
6
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
7
Nachdem der Angeklagte nach der Tat über Notruf mitgeteilt hatte, dass er soeben seine Ehefrau erdrosselt habe, wurde er von Polizeibeamten kurz nach deren Eintreffen vor seiner Wohnung festgenommen. Etwa fünf Stunden später, am Morgen des 12. September 2005, begann die gegenständliche Beschuldigtenvernehmung durch den kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter, der den Angeklagten nach § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 4 StPO, nicht jedoch nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK belehrte. Noch bevor der Angeklagte die Tat schilderte, wurde ein Dolmetscher hinzugezogen, der das gesamte bis dahin erstellte Protokoll einschließlich der Belehrung übersetzte. Sodann machte der Angeklagte geständige Angaben zum Tatgeschehen.
8
Bei der Haftbefehlseröffnung am nächsten Tag sagte der Angeklagte nicht mehr aus. Vom Ermittlungsrichter wurde er anschließend erstmals darüber belehrt, dass er die Unterrichtung seiner Auslandsvertretung verlangen könne. Von diesem Recht machte der Angeklagte Gebrauch; der Versuch einer sofortigen telefonischen Kontaktaufnahme mit der irakischen Botschaft scheiterte allerdings. Bei der Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen ca. ein halbes Jahr später wiederholte der Angeklagte im Wesentlichen seine Angaben bei der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits durch seinen derzeitigen Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Bo. vertreten.
9
Am 1. Hauptverhandlungstag, dem 9. Oktober 2006, widersprach der Verteidiger vor Einlassung des Angeklagten zur Sache der Verwertung von dessen Angaben bei der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung "insofern, als die Kammer aus dieser für … (den Angeklagten) negative Schlussfolgerungen ziehen möchte". Gerügt wurde folgendes: Der Angeklagte sei nicht auf die Möglichkeit der - kostenlosen - Beiordnung eines Pflichtverteidigers hingewiesen und es sei kein entsprechender Beiordnungsantrag gestellt worden; er sei nicht über die Existenz eines Strafverteidigernotrufs informiert worden; der Dolmetscher habe den kurdischen Dialekt des Angeklagten nicht beherrscht; es seien verbotene Vernehmungsmethoden infolge Ermüdung des Angeklagten angewandt worden. Anschließend gab der Verteidiger für den Angeklagten eine Erklärung zur Sache ab, die von den bisherigen Angaben abwich. Am 3. Verhandlungstag , dem 11. Oktober 2006, wurde der hinzugezogene Dolmetscher als Zeuge vernommen, zudem ein Beschluss verkündet, mit dem der Widerspruch in allen gerügten Punkten zurückgewiesen wurde. Am 4. Verhandlungstag, dem 13. Oktober 2006, wurde der kriminalpolizeiliche Sachbearbeiter zeugenschaftlich vernommen.
10
Am 8. Verhandlungstag, dem 29. November 2006, erhob der Verteidiger eine Gegenvorstellung und "erneuert(e) den Widerspruch … um eine weitere rechtliche Sichtweise". Unter Hinweis auf die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 - 2 BvR 2115/01 u.a. (NJW 2007, 499) machte er nunmehr zusätzlich ein Verwertungsverbot infolge der Verletzung der Belehrungspflicht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK geltend. Am 9. Verhandlungstag, dem 7. Dezember 2006, verkündete der Vorsitzende einen Beschluss der Schwurgerichtskammer, mit dem sie die Gegenvorstellung zurückwies.
11
Die Feststellungen zur Tat basieren auf der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung ; die Angaben des Angeklagten gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen hat die Kammer (nur) "ergänzend" herangezogen (UA S. 16).
12
2. Die Verfahrensrüge ist - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - nicht zulässig erhoben. Die Revisionsbegründung teilt nicht mit (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), dass die Gegenvorstellung des Angeklagten vom 29. November 2006, mit der er den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK erstmals beanstandete, mit Beschluss vom 7. Dezember 2006 zurückgewiesen wurde. Diese Tatsache ergibt sich zwar aus den Urteilsgründen, die das Revisionsgericht auf die Sachrüge ergänzend zu berücksichtigen hat (UA S. 33 f.). Der Inhalt des Beschlusses wird aber weder in der Revisionsbegründung noch im Urteil wiedergegeben.
13
Ein Zweck des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist, das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, allein anhand der Revisionsbegründung über die Schlüssigkeit einer Verfahrensrüge zu befinden (BVerfGE 112, 185, 212). Der Revisionsführer muss daher die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG aaO 208 m. Nachw. zur st. Rspr. des BGH). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung hier nicht gerecht. Auch unter ergänzender Heranziehung der Urteilsgründe ist für den Senat nicht erkennbar , aufgrund welcher Tatsachen und welcher Erwägungen das Landgericht von uneingeschränkter Verwertbarkeit der Beschuldigtenvernehmung ausgegangen ist. Dies wäre für ein im Wege der Abwägung zu beurteilendes Beweisverwertungsverbot relevant. Daher hätte die Revisionsbegründung den Beschluss mit seinem wesentlichen Inhalt mitteilen müssen. http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-38-214'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-42-15'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-42-22'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore - 7 -
14
3. Die Rüge wäre auch unbegründet. Zwar wurde die Belehrungspflicht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK verletzt, indem der Angeklagte nicht "unverzüglich" nach seiner Festnahme auf sein Recht auf konsularischen Beistand hingewiesen wurde. Insoweit war der Widerspruch in der Hauptverhandlung jedoch verspätet, da diese Pflichtverletzung erst nach dem gemäß § 257 StPO maßgeblichen Zeitpunkt geltend gemacht wurde. Die Zeugenvernehmungen des Dolmetschers und des kriminalpolizeilichen Sachbearbeiters erfolgten bereits am 2. und 3. Verhandlungstag; die - den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK erstmals beanstandende - Gegenvorstellung wurde erst am 8. Verhandlungstag erhoben. Daher kann dahinstehen, ob hier aus dem Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK ein Beweisverwertungsverbot zu folgern gewesen wäre.
15
a) Generell gilt, dass Angaben des Angeklagten, die im Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen die Verfahrensgrundsätze des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO (Schweigerecht sowie Recht zur Verteidigerkonsultation) oder sonstige Belehrungspflichten aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG erlangt wurden, gleichwohl verwertet werden können, wenn der (verteidigte) Angeklagte nicht bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt widersprochen hat (BGHSt 50, 272, 274; zur Widerspruchslösung vgl. BGHSt 38, 214; 39, 349, 352; 42, 15, 22 f.; BGH NJW 1997, 2893; NStZ 1997, 502; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschn. L Rdn. 28 f.). Dies ist ebenso der Fall, wenn eine Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand gemäß Art. 36 WÜK nicht rechtzeitig erfolgte; auch dieses Recht konkretisiert den Grundsatz des fairen Verfahrens (vgl. BVerfG [Kammer] NJW 2007, 499, 501). Inwieweit anderes anzunehmen wäre, wenn die Belehrung nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK nicht nachgeholt worden wäre, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Denn insoweit könnte die fehlende Belehrung dafür verantwortlich sein, dass der - nicht informier- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=JR&B=2006&S=300 - 8 - te - Herkunftsstaat außerstande ist, dem Angeklagten bei der Verteidigung behilflich zu sein, damit dieser den Belehrungsmangel rechtzeitig rügen kann (vgl. IGH, Urt. vom 27. Juni 2001 - Fall "LaGrand" - Rdn. 90 f., ICJ-Reports 2001, 464 = JZ 2002, 91, 92; BVerfG aaO 503).
16
b) Der Widerspruch des verteidigten Angeklagten bedarf regelmäßig einer Begründung, in der - zumindest in groben Zügen - anzugeben ist, unter welchem Gesichtspunkt der Angeklagte den zu erhebenden oder bereits erhobenen Beweis für unverwertbar hält. Die Begründung muss die Angriffsrichtung erkennen lassen, die den Prüfungsumfang durch das Tatgericht begrenzt (ausdrücklich offen gelassen in BVerfG aaO 504; vgl. in diesem Sinne zur Angriffsrichtung einer Verfahrensrüge im Revisionsverfahren BGH NStZ 2007, 161, 162; Cirener/Sander JR 2006, 300 jew. m.w.N.). Hierfür spricht namentlich:
17
Widerspricht der verteidigte Angeklagte etwa der Verwertung der Aussage einer Vernehmungsperson über seine Angaben im Ermittlungsverfahren, weil er nicht über sein Aussageverweigerungsrecht belehrt worden sei, wird das Tatgericht keine Veranlassung haben, möglichen anderen Verfahrensfehlern im Einzelnen nachzugehen. Das Gericht wird dann beispielsweise nicht - von sich aus - den seinerzeit hinzugezogenen Dolmetscher dazu hören, inwieweit er sich mit dem Angeklagten verständigen konnte und ob er den von diesem gesprochenen Dialekt hinreichend beherrscht; auch zu Ermittlungen und (freibeweislichen ) Beweiserhebungen im Zusammenhang mit der Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand - etwa dazu, ob der Angeklagte in einem früheren Verfahren schon einmal über dieses Recht unterrichtet worden war - ist das Gericht nicht gehalten. Müsste es alledem stets von Amts wegen nachgehen, würde dies auch dem verfassungsrechtlichen Gebot der straffen Durchführung der Hauptverhandlung zuwiderlaufen (vgl. nur BGH NJW 2007, 2501, 2504 m.w.N.). Dagegen dient der befristet zu erhebende Widerspruch - bis zum durch § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt - der gebotenen Verfahrensförderung, ohne dem verteidigten Angeklagten unzumutbare Anforderungen aufzuerlegen (BGHSt 42, 15, 23).
18
c) Der Widerspruch des Angeklagten vom 9. Oktober 2006 bezog sich auf eine Reihe vermeintlicher - tatsächlich nicht vorliegender oder jedenfalls im Ergebnis unbeachtlicher - Verfahrensfehler, nicht jedoch auf eine Gesetzesverletzung im Zusammenhang mit dem Recht auf konsularischen Beistand. Insoweit war der - erst mit der Gegenvorstellung erhobene weitere - Widerspruch verspätet im Sinne von § 257 StPO.
19
Die verschiedenen Angriffsrichtungen des Widerspruchs vom 9. Oktober 2006 gehen aus dem Wortlaut des Verteidigerschriftsatzes eindeutig hervor. In diesen Punkten hat das Gericht den Widerspruch auch alsbald, am 11. Oktober 2006, verbeschieden. Dass es dem Angeklagten bei Erhebung dieses Widerspruchs nicht um den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK ging, ergibt sich gerade daraus, dass er diese Angriffsrichtung deutlich später, am 29. November 2006, eigens mit einer Gegenvorstellung "nachgeschoben" hat. Dies geschah erst, als die an der gegenständlichen Beschuldigtenvernehmung beteiligten Zeugen schon längst entlassen waren und die Verfahrensbeteiligten sich hierzu hatten erklären können (§ 257 Abs. 1 und 2 StPO). Eine frühere Geltendmachung des Verstoßes war dem Angeklagten auch zumutbar, zumal er bereits am Tag nach der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt worden war.
20
d) Der Beschwerdeführer hat weder im Rahmen der Gegenvorstellung noch im Rahmen der Revision vorgetragen, dass er gehindert war, auch im Hinblick auf den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK rechtzeitig Widerspruch zu erheben. Unbeschadet dessen wäre eine späte Kenntnisnahme des Angeklagten oder des Verteidigers von der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch ohne Relevanz (in vergleichbarem Sinne BGH NStZ 2005, 582; StV 2005, 373).

III.

21
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch das Mordmerkmal der Heimtücke hat das Landgericht zutreffend bejaht.
22
1. Heimtückisch im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Das Opfer muss gerade auf Grund seiner Arglosigkeit wehrlos sein, wobei für die Beurteilung die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs maßgebend ist (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2005, 688, 689; 2006, 502, 503; Urt. vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04; Urt. vom 2. Februar 2005 - 1 StR 473/04). An dieser Ursächlichkeit der Arglosigkeit für die Wehrlosigkeit fehlt es, wenn sich das Opfer vom Täter verteidigungsunfähig machen ließ, bevor dieser den Entschluss zu dem Angriff fasste (vgl. BGHSt 32, 382; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 211 Rdn. 24a; Schneider in MüKo-StGB § 211 Rdn. 139).
23
2. Gemessen an diesen Maßstäben ist die Bewertung durch das Landgericht frei von Rechtsfehlern.
24
Freilich wäre das Mordmerkmal der Heimtücke nicht verwirklicht, wenn sich nach Beginn des mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs an der - so die Feststellungen des Landgerichts: undolos herbeigeführten - Lage von D. B. keine relevanten Änderungen mehr ergeben hätten. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte den Tötungsentschluss fasste, waren die Verteidigungsmöglichkeiten seiner Ehefrau zwar infolge der einvernehmlichen Sexualpraktiken eingeschränkt. Die Hände waren auf ihrem Rücken gefesselt; sie lag bäuchlings auf dem Teppichboden.
25
Gleichwohl war D. B. infolge Arglosigkeit wehrlos. Denn bei rechtzeitigem Erkennen des Tötungsentschlusses wäre sie in dieser Situation zu wirksamerer Gegenwehr imstande gewesen, um den Anschlag auf ihr Leben wenigstens deutlich zu erschweren. Der Angeklagte musste noch ihren Slip aufheben und zerreißen, weiterhin ein zweites Lautsprecherkabel abreißen und mit beidem ihre Fußgelenke und Unterschenkel fesseln, bevor sie endgültig widerstandsunfähig war. Es liegt auf der Hand, dass D. B. in dieser Zeit geeignete Verteidigungsmaßnahmen - Tritte gegen den Angeklagten oder Versuche , aufzustehen und wegzulaufen - hätte ergreifen können. Derartiger hypothetischer Erwägungen im Urteil bedarf es hier daher nicht. Da die Wehrlosigkeit von D. B. also mit der Fesselung der unteren Extremitäten noch weiter vertieft wurde, ist entscheidend, dass sie währenddessen von dem kurz zuvor gefassten Tötungsentschluss nichts ahnte, die ihr drohende Gefahr vielmehr erst während des anschließenden Wortwechsels erkannte.
26
In diesem Sinne hat das Landgericht als Ursache für die Wehrlosigkeit nicht nur angesehen, "dass D. B. die zunächst beiderseits rein sexuell motivierte Fesselung ihrer Handgelenke freiwillig … vornehmen" ließ, sondern vor allem auch, dass sie "die vor Anlegung der Fußfesseln eingetretene Änderung der Motivlage des Angeklagten zu spät bemerkt(e) …, um effektiv intervenieren zu können" (UA S. 20). Das Urteil stellt ausdrücklich heraus: "Das Anlegen der Fußfesseln stellte den ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriff des Angeklagten dar. D. B. war davon zu überrascht, um sich zu wehren" (UA S. 34).
27
Die - weiteren - Ausführungen der Revision, die Arglosigkeit von D. B. könnte schon Tage vor der Tat allgemein "entfallen" gewesen sein, weil der Angeklagte ihr gegenüber geäußert habe, er werde sie töten, wenn sie schlechten Umgang habe und den gemeinsamen Sohn "da hineinziehe", und weil sie den Angeklagten seinerzeit - nicht ausschließbar - beleidigt habe, liegen angesichts der Feststellungen zur Tat neben der Sache. Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten Verteidiger darf drei nicht übersteigen.

(2) Hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Vertreter, so kann auch dieser selbständig einen Verteidiger wählen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Bei Beginn der Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Möchte der Beschuldigte vor seiner Vernehmung einen Verteidiger befragen, sind ihm Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ihm erleichtern, einen Verteidiger zu kontaktieren. Auf bestehende anwaltliche Notdienste ist dabei hinzuweisen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen und unter den Voraussetzungen des § 140 die Bestellung eines Pflichtverteidigers nach Maßgabe des § 141 Absatz 1 und des § 142 Absatz 1 beantragen kann; zu Letzterem ist er dabei auf die Kostenfolge des § 465 hinzuweisen. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.

(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.

(3) Bei der Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Die Vernehmung des Beschuldigten kann in Bild und Ton aufgezeichnet werden. Sie ist aufzuzeichnen, wenn

1.
dem Verfahren ein vorsätzlich begangenes Tötungsdelikt zugrunde liegt und der Aufzeichnung weder die äußeren Umstände noch die besondere Dringlichkeit der Vernehmung entgegenstehen oder
2.
die schutzwürdigen Interessen von Beschuldigten, die erkennbar unter eingeschränkten geistigen Fähigkeiten oder einer schwerwiegenden seelischen Störung leiden, durch die Aufzeichnung besser gewahrt werden können.
§ 58a Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) § 58b gilt entsprechend.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

5 StR 83/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 21. Juni 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlungen
vom 20. und 21. Juni 2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin K.
als Verteidigerin für den Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt Z.
alsVerteidigerfürdenAngeklagten P. J. ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,
am 21. Juni 2007 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Juni 2006 werden verworfen.
Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge jeweils zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit Verfahrensrügen und der Sachrüge. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Revisionen, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Sämtliche Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

I.


3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
4
Zur Tatzeit verbüßten die Angeklagten H. und P. J. den Rest von mehrjährigen Freiheitsstrafen aus einschlägigen Verurteilungen im offenen Vollzug. Während die beiden Angeklagten kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft standen, hatte der Zeuge P. noch mehrere Jahre zu verbüßen. Der Angeklagte H. und P. waren gut miteinander bekannt und unterhielten sich oft über ihre Verbindungen zur Rauschgiftszene, wobei sie sich jeweils ihrer guten Kontakte rühmten.
5
Um sich Hafterleichterungen zu verschaffen, beschloss der Zeuge, aus den bis dahin allgemeinen und unverbindlichen Gesprächen Kapital zu schlagen und unter Hinzuziehung der Polizei ein Drogengeschäft zu arrangieren. Er wandte sich von sich aus an den Angeklagten H. , erklärte, er kenne „draußen“ jemanden, der Kokain kaufen wolle, und bat um Mithilfe. Erst nachdem der Zeuge das Einverständnis des Landeskriminalamtes erlangt hatte, mit dem Angeklagten ein fingiertes Drogengeschäft durchzuführen , nannte er H. konkrete Mengen und Preise. In Absprache mit dem Landeskriminalamt erklärte P. , 1 kg Kokain zum Grammpreis von 35 Euro kaufen zu wollen. H. , „der bis zu diesem Zeitpunkt der Begehung neuer Straftaten nicht zugeneigt war“, wandte sich daraufhin an den Mitangeklagten P. J. , auf den der Zeuge ihn aufmerksam gemacht hatte. Dieser sagte zu, über eine dritte Person außerhalb der Vollzugsanstalt die von P. gewünschte Menge zu beschaffen. Er ging von einem Grammpreis von 32 Euro aus und die Angeklagten H. und P. J. fassten den Entschluss, die zu erwartende Differenz von 3.000 Euro unter sich aufzuteilen. Beide beabsichtigten, das erhoffte Geld als Startkapital für das bevorstehende Leben in Freiheit einzusetzen.
6
Nach Abstimmung mit dem Landeskriminalamt verabredete P. mit H. für den 13. Juni 2005 die Übergabe einer durch die Kontaktperson des Mitangeklagten P. J. zu liefernden Menge von 1 kg Kokain. Die Übergabe erfolgte dann in der Weise, dass P. J. eine Übergabe des Rauschgifts – allerdings nur 471,2 g Kokaingemisch – durch seine Kontaktleute in seiner Anwesenheit an H. veranlasste, der es dann an dem verabredeten Treffpunkt dem Zeugen P. gegen Aushändigung des vom Landeskriminalamtes zur Verfügung gestellten Kaufpreises übergab. Unmittelbar darauf erfolgte der Zugriff durch Einsatzkräfte der Polizei, die das Drogengeschäft von Beginn an überwacht hatten, die Angeklagten festnahmen und das Rauschgift sicherstellten.
7
Das Landgericht hat die Tat als gemeinschaftliches Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet, die Annahme eines minder schweren Falles abgelehnt und die Strafe für beide Angeklagte dem Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG (bei H. gemildert nach § 31 BtMG, § 49 Abs. 2 StGB) entnommen. Bei der Strafzumessung hat die Strafkammer in erheblichem Maße berücksichtigt, dass das Drogengeschäft letztlich seitens der Polizeibehörde initiiert gewesen sei und durchgängig unter Aufsicht der staatlichen Stellen stattgefunden habe. Da das Drogengeschäft ohne das von der Polizei unterstützte Eingreifen des Zeugen P. nicht stattgefunden hätte, seien die Grenzen einer zulässigen Tatprovokation bereits überschritten und Art. 6 Abs. 1 MRK tangiert. Die Gesamtwürdigung des Geschehens ergebe, dass das tatprovozierende Verhalten des Zeugen P. als Lockspitzel der Polizei ein solches Gewicht erlangt habe, dass demgegenüber der „durchaus ebenfalls“ schwerwiegende Beitrag der Angeklagten in den Hintergrund trete. Unter Berücksichtigung auch der strafschärfenden Gesichtspunkte wie einschlägige Vorstrafen, Tatbegehung im Rahmen gewährter Vollzugslockerungen und Art und Menge des Rauschgifts hat das Landgericht bei beiden Angeklagten die an sich verwirkten Freiheitsstrafen im Hinblick auf die Tatprovokation um neun Monate ermäßigt und jeweils auf drei Jahre und sechs Monate erkannt.

II.


8
Sämtliche Revisionen bleiben erfolglos.
9
1. Revision des Angeklagten H.
10
Soweit sich der Angeklagte gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts wendet, ist die Revision aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Auch die Angriffe gegen die Strafzumessung gehen fehl. Selbst vor dem Hintergrund der vom Landgericht angenommenen rechtsstaatswidrigen Tatprovokation sind die Ablehnung eines minder schweren Falles und das Ergebnis der Strafzumessung angesichts der erheblichen Vorstrafen des Angeklagten und des Umstandes, dass die Tat während des Vollzuges einer einschlägigen Verurteilung begangen wurde, nicht zu beanstanden.
11
2. Revision des Angeklagten P. J.
12
Die von diesem Beschwerdeführer erhobene Besetzungsrüge ist entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts unzulässig , sie wäre im Übrigen offensichtlich unbegründet (vgl. Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 54 GVG Rdn. 10). Auch der Sachrüge bleibt der Erfolg versagt. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen, die Tatbeiträge des Angeklagten P. J. seien lediglich als Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel zu werten. Denn es war dieser Angeklagte, der die Verbindung zum Lieferanten des Kokains hergestellt hat. Berücksichtigt man weiter, dass er die Hälfte des Gewinns erhalten sollte, liegt die Annahme von Beihilfe eher fern. Was die Strafzumessung betrifft, so rechtfertigen die vom Landgericht hierzu angestellten Erwägungen auch bei diesem Angeklagten die Nichtannahme eines minder schweren Falles und die Höhe der erkannten Strafe.
13
3. Revisionen der Staatsanwaltschaft
14
Ebenso erfolglos bleiben die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die sich mit der Sachrüge gegen die Annahme einer unzulässigen Tatprovokation und die hierfür gewährte Strafmilderung wendet. Der Senat kann dabei offenlassen, ob es für die Beanstandung der Bewertung eines Lockspitzeleinsatzes grundsätzlich der Erhebung einer Verfahrensrüge bedurft hätte (vgl. BGHSt 45, 321, 323; BGH, Beschluss vom 26. Mai 2004 – 2 ARs 33/04, insoweit in StraFo 2004, 356 nicht abgedruckt). Jedenfalls sieht sich der Senat anhand der Revisionen der Staatsanwaltschaft in der Lage, die rechtlichen Folgerungen des Landgerichts nach Maßgabe der Urteilsgründe zu überprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, Rdn. 13, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
15
Danach ist der Beschwerdeführerin zwar zuzugeben, dass die von der Rechtsprechung für das Vorliegen einer „klassischen“ unzulässigen Tatprovokation im Einzelnen aufgeführten Kriterien bei dem Angeklagten P. J. eher gar nicht und bei dem Angeklagten H. nur ansatzweise gegeben sind (vgl. BGHSt 45, 321, 338; 47, 44, 47). Gleichwohl sind die Taten der Angeklagten durch das Verhalten der Polizeibehörde hier in bedenklicher Weise derart begünstigt worden, dass die darauf beruhende Strafmaßreduzierung im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
16
Zu Recht weist die Strafkammer in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Strafvollzug der Resozialisierung von Gefangenen und nicht der Animierung zu weiteren Straftaten dient. Es geht grundsätzlich nicht an, dass der gesetzliche Auftrag der Vollzugsbehörden durch eine andere staatliche Institution unterlaufen wird. Hier hat die Polizeibehörde die Strafanstalt über den Lockspitzeleinsatz des P. soweit ersichtlich nicht unterrichtet, ohne dass ein tragfähiger Grund für solches Unterlassen – etwa Verstrickung von Vollzugsbediensteten oder außergewöhnliches Eilbedürfnis – vorgelegen hätte, so dass eine angemessene Abwägung, ob ein solches Vorhaben aus Sicht der Vollzugsbehörde verantwortbar sei, nicht erfolgen konnte. Der Senat neigt dazu, dass jede andere Reaktion auf P. s Initiative als der Widerruf der Vollzugslockerungen – für die Angeklagten, aber auch den Provokateur P. – nur vertretbar gewesen wäre, wenn durch einen im Einvernehmen mit der Anstalt veranlassten Lockspitzeleinsatz Aussicht bestanden hätte, gefährliche Strukturen von Rauschgiftlieferungen in den Strafvollzug hinein aufzudecken – wofür keine Anhaltspunkte bestehen – oder aber einen laufenden gewichtigen Rauschgifthandel mit der Sicherung großer Rauschgiftmengen und/oder Ergreifung gefährlicher Hinterleute – was aus dem Urteil nicht ersichtlich ist.
17
Angesichts der Bedenken, denen der festgestellte Lockspitzeleinsatz unterliegt, durfte ihm jedenfalls erhebliche strafmildernde Bedeutung zuerkannt werden. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob angesichts der gegebenen Verdachtsmomente und wegen der tatsächlichen Tatgeneigtheit der Angeklagten eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK zu bejahen wäre – was der Senat ausdrücklich offenlässt. Ihrer strafvollzugswidrigen Strafverstrickung kommt jedenfalls beträchtliches Gewicht zu, das in dem gefundenen Strafergebnis von jeweils drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe einen vertretbaren Niederschlag gefunden hat. Berücksichtigt man zudem, dass das Geschäft von Beginn an unter staatlicher Aufsicht stattgefunden hat, nur knapp die Hälfte der vereinbarten Menge geliefert wurde und das Rauschgift nicht in den Verkehr gelangt ist, sind die verhängten Strafen auch unter Bedacht auf die erheblichen strafschärfenden Umstände im Ergebnis jedenfalls schuldangemessen (§ 354 Abs. 1a StPO).
18
Dabei versteht der Senat – anders als der Generalbundesanwalt – die Strafzumessung des Landgerichts nach dem Gesamtzusammenhang des Urteils nicht etwa so, dass alle strafmildernden Wirkungen des Lockspitzeleinsatzes schon vor dem vorgenommenen „schuldunabhängigen“ Strafabschlag Berücksichtigung gefunden hätten. Dessen maßgebliche strafmildernde Bedeutung hat sich vielmehr insbesondere in diesem numerisch be- stimmten Abschlag niedergeschlagen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang schließlich darauf hin, dass er die Methode der in BGHSt 45, 321 geforderten numerischen Strafreduzierung bei einem als rechtsstaatswidrig bewerteten Lockspitzeleinsatz ohnehin als dem deutschen Strafzumessungsrecht fremd erachtet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2004 – 1 ARs 5/04; BGH wistra 2004, 470).
Basdorf Gerhardt Raum Schaal Jäger

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 273/07
vom
11. September 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja (nur II)
Veröffentlichung: ja
WÜK Art. 36; StPO § 257
1. Die Widerspruchslösung findet auch bei einer zu spät erteilten Belehrung
über das Recht auf konsularischen Beistand nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3
des Wiener Konsularrechtsübereinkommens (WÜK) Anwendung.
2. Zu den Anforderungen an einen solchen Widerspruch.
BGH, Beschl. vom 11. September 2007 - 1 StR 273/07 - LG Regensburg
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 20. Dezember 2006 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


I.

1
1. Das Landgericht hat - für den Senat bindend - festgestellt:
2
In der Tatnacht kam es zwischen dem Angeklagten und seiner Ehefrau D. B. , dem Tatopfer, im Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung zunächst zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Dabei fesselte der Angeklagte seiner Ehefrau die Hände auf dem Rücken; dies gehörte zu den üblichen Praktiken des Ehepaars. Er riss hierzu Lautsprecherkabel der Heimkinoanlage ab, weil er die gewöhnlich benutzten Utensilien - wie Stofftücher oder Handschellen aus dem Erotikfachhandel - weggeworfen oder unauffindbar verlegt hatte. Seine Ehefrau war über die Verwendung des Kabels und die äußerst straffe Fesselung, die zu blasigen Hautabhebungen führte, verwundert. Der Angeklagte führte sodann mit seiner Ehefrau einvernehmlich - zuletzt bäuchlings übereinander auf dem Wohnzimmerteppich liegend - den Analverkehr bis zum Samenerguss durch. Als der Angeklagte ihrem anschließenden Begehren, von ihr "herunterzugehen" und sie loszubinden, keine Folge leistete, beschimpfte sie ihn.
3
Auf Grund dieser Unmutsäußerungen erregt, beschloss der Angeklagte nunmehr seine Ehefrau zu töten. Er hob ihren Slip vom Boden auf, zerriss ihn und band ihr damit die Fußgelenke zusammen. Weiterhin riss er ein zweites Lautsprecherkabel ab und verschnürte damit ihre Unterschenkel. Erst jetzt erkannte D. B. - zumal der Angeklagte auf Nachfrage entsprechende Andeutungen machte - die Gefahr für ihr Leben, war allerdings infolge der Fesselung widerstandsunfähig. Es gelang ihr nicht, den Angeklagten umzustimmen. In Ausführung seines Tötungsvorhabens schlang dieser ein weiteres Stück Lautsprecherkabel um den Hals seiner Ehefrau und zog bis zum Todeseintritt zu, wobei er im weiteren Verlauf noch einen Holzkochlöffel einsetzte, um damit durch Drehbewegungen die Zugkräfte und die drosselnde Wirkung des Kabels zu verstärken.
4
2. Das Landgericht hat die Tat als Heimtückemord bewertet und den Angeklagten zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, welche die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

II.

5
Die Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 12. Juni 2007 dargelegten Gründen nicht durch. Näherer Erörterung bedarf nur die Rüge, die Schwurgerichtskammer habe bei der Ur- teilsfindung rechtsfehlerhaft die Aussage des Angeklagten bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung verwertet, obwohl er bei dieser Vernehmung als irakischer Staatsangehöriger nicht über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt worden sei (Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 des Wiener Konsularrechtsübereinkommens [WÜK]).
6
1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
7
Nachdem der Angeklagte nach der Tat über Notruf mitgeteilt hatte, dass er soeben seine Ehefrau erdrosselt habe, wurde er von Polizeibeamten kurz nach deren Eintreffen vor seiner Wohnung festgenommen. Etwa fünf Stunden später, am Morgen des 12. September 2005, begann die gegenständliche Beschuldigtenvernehmung durch den kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter, der den Angeklagten nach § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 4 StPO, nicht jedoch nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK belehrte. Noch bevor der Angeklagte die Tat schilderte, wurde ein Dolmetscher hinzugezogen, der das gesamte bis dahin erstellte Protokoll einschließlich der Belehrung übersetzte. Sodann machte der Angeklagte geständige Angaben zum Tatgeschehen.
8
Bei der Haftbefehlseröffnung am nächsten Tag sagte der Angeklagte nicht mehr aus. Vom Ermittlungsrichter wurde er anschließend erstmals darüber belehrt, dass er die Unterrichtung seiner Auslandsvertretung verlangen könne. Von diesem Recht machte der Angeklagte Gebrauch; der Versuch einer sofortigen telefonischen Kontaktaufnahme mit der irakischen Botschaft scheiterte allerdings. Bei der Exploration durch den psychiatrischen Sachverständigen ca. ein halbes Jahr später wiederholte der Angeklagte im Wesentlichen seine Angaben bei der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits durch seinen derzeitigen Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Bo. vertreten.
9
Am 1. Hauptverhandlungstag, dem 9. Oktober 2006, widersprach der Verteidiger vor Einlassung des Angeklagten zur Sache der Verwertung von dessen Angaben bei der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung "insofern, als die Kammer aus dieser für … (den Angeklagten) negative Schlussfolgerungen ziehen möchte". Gerügt wurde folgendes: Der Angeklagte sei nicht auf die Möglichkeit der - kostenlosen - Beiordnung eines Pflichtverteidigers hingewiesen und es sei kein entsprechender Beiordnungsantrag gestellt worden; er sei nicht über die Existenz eines Strafverteidigernotrufs informiert worden; der Dolmetscher habe den kurdischen Dialekt des Angeklagten nicht beherrscht; es seien verbotene Vernehmungsmethoden infolge Ermüdung des Angeklagten angewandt worden. Anschließend gab der Verteidiger für den Angeklagten eine Erklärung zur Sache ab, die von den bisherigen Angaben abwich. Am 3. Verhandlungstag , dem 11. Oktober 2006, wurde der hinzugezogene Dolmetscher als Zeuge vernommen, zudem ein Beschluss verkündet, mit dem der Widerspruch in allen gerügten Punkten zurückgewiesen wurde. Am 4. Verhandlungstag, dem 13. Oktober 2006, wurde der kriminalpolizeiliche Sachbearbeiter zeugenschaftlich vernommen.
10
Am 8. Verhandlungstag, dem 29. November 2006, erhob der Verteidiger eine Gegenvorstellung und "erneuert(e) den Widerspruch … um eine weitere rechtliche Sichtweise". Unter Hinweis auf die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2006 - 2 BvR 2115/01 u.a. (NJW 2007, 499) machte er nunmehr zusätzlich ein Verwertungsverbot infolge der Verletzung der Belehrungspflicht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK geltend. Am 9. Verhandlungstag, dem 7. Dezember 2006, verkündete der Vorsitzende einen Beschluss der Schwurgerichtskammer, mit dem sie die Gegenvorstellung zurückwies.
11
Die Feststellungen zur Tat basieren auf der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung ; die Angaben des Angeklagten gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen hat die Kammer (nur) "ergänzend" herangezogen (UA S. 16).
12
2. Die Verfahrensrüge ist - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - nicht zulässig erhoben. Die Revisionsbegründung teilt nicht mit (vgl. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), dass die Gegenvorstellung des Angeklagten vom 29. November 2006, mit der er den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK erstmals beanstandete, mit Beschluss vom 7. Dezember 2006 zurückgewiesen wurde. Diese Tatsache ergibt sich zwar aus den Urteilsgründen, die das Revisionsgericht auf die Sachrüge ergänzend zu berücksichtigen hat (UA S. 33 f.). Der Inhalt des Beschlusses wird aber weder in der Revisionsbegründung noch im Urteil wiedergegeben.
13
Ein Zweck des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist, das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, allein anhand der Revisionsbegründung über die Schlüssigkeit einer Verfahrensrüge zu befinden (BVerfGE 112, 185, 212). Der Revisionsführer muss daher die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG aaO 208 m. Nachw. zur st. Rspr. des BGH). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung hier nicht gerecht. Auch unter ergänzender Heranziehung der Urteilsgründe ist für den Senat nicht erkennbar , aufgrund welcher Tatsachen und welcher Erwägungen das Landgericht von uneingeschränkter Verwertbarkeit der Beschuldigtenvernehmung ausgegangen ist. Dies wäre für ein im Wege der Abwägung zu beurteilendes Beweisverwertungsverbot relevant. Daher hätte die Revisionsbegründung den Beschluss mit seinem wesentlichen Inhalt mitteilen müssen. http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-38-214'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-42-15'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghst-42-22'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghst_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghst_tocFrame#xaverTitleAnchore - 7 -
14
3. Die Rüge wäre auch unbegründet. Zwar wurde die Belehrungspflicht nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK verletzt, indem der Angeklagte nicht "unverzüglich" nach seiner Festnahme auf sein Recht auf konsularischen Beistand hingewiesen wurde. Insoweit war der Widerspruch in der Hauptverhandlung jedoch verspätet, da diese Pflichtverletzung erst nach dem gemäß § 257 StPO maßgeblichen Zeitpunkt geltend gemacht wurde. Die Zeugenvernehmungen des Dolmetschers und des kriminalpolizeilichen Sachbearbeiters erfolgten bereits am 2. und 3. Verhandlungstag; die - den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK erstmals beanstandende - Gegenvorstellung wurde erst am 8. Verhandlungstag erhoben. Daher kann dahinstehen, ob hier aus dem Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK ein Beweisverwertungsverbot zu folgern gewesen wäre.
15
a) Generell gilt, dass Angaben des Angeklagten, die im Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen die Verfahrensgrundsätze des § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO (Schweigerecht sowie Recht zur Verteidigerkonsultation) oder sonstige Belehrungspflichten aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG erlangt wurden, gleichwohl verwertet werden können, wenn der (verteidigte) Angeklagte nicht bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt widersprochen hat (BGHSt 50, 272, 274; zur Widerspruchslösung vgl. BGHSt 38, 214; 39, 349, 352; 42, 15, 22 f.; BGH NJW 1997, 2893; NStZ 1997, 502; Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. Einl. Abschn. L Rdn. 28 f.). Dies ist ebenso der Fall, wenn eine Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand gemäß Art. 36 WÜK nicht rechtzeitig erfolgte; auch dieses Recht konkretisiert den Grundsatz des fairen Verfahrens (vgl. BVerfG [Kammer] NJW 2007, 499, 501). Inwieweit anderes anzunehmen wäre, wenn die Belehrung nach Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK nicht nachgeholt worden wäre, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Denn insoweit könnte die fehlende Belehrung dafür verantwortlich sein, dass der - nicht informier- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=JR&B=2006&S=300 - 8 - te - Herkunftsstaat außerstande ist, dem Angeklagten bei der Verteidigung behilflich zu sein, damit dieser den Belehrungsmangel rechtzeitig rügen kann (vgl. IGH, Urt. vom 27. Juni 2001 - Fall "LaGrand" - Rdn. 90 f., ICJ-Reports 2001, 464 = JZ 2002, 91, 92; BVerfG aaO 503).
16
b) Der Widerspruch des verteidigten Angeklagten bedarf regelmäßig einer Begründung, in der - zumindest in groben Zügen - anzugeben ist, unter welchem Gesichtspunkt der Angeklagte den zu erhebenden oder bereits erhobenen Beweis für unverwertbar hält. Die Begründung muss die Angriffsrichtung erkennen lassen, die den Prüfungsumfang durch das Tatgericht begrenzt (ausdrücklich offen gelassen in BVerfG aaO 504; vgl. in diesem Sinne zur Angriffsrichtung einer Verfahrensrüge im Revisionsverfahren BGH NStZ 2007, 161, 162; Cirener/Sander JR 2006, 300 jew. m.w.N.). Hierfür spricht namentlich:
17
Widerspricht der verteidigte Angeklagte etwa der Verwertung der Aussage einer Vernehmungsperson über seine Angaben im Ermittlungsverfahren, weil er nicht über sein Aussageverweigerungsrecht belehrt worden sei, wird das Tatgericht keine Veranlassung haben, möglichen anderen Verfahrensfehlern im Einzelnen nachzugehen. Das Gericht wird dann beispielsweise nicht - von sich aus - den seinerzeit hinzugezogenen Dolmetscher dazu hören, inwieweit er sich mit dem Angeklagten verständigen konnte und ob er den von diesem gesprochenen Dialekt hinreichend beherrscht; auch zu Ermittlungen und (freibeweislichen ) Beweiserhebungen im Zusammenhang mit der Belehrung über das Recht auf konsularischen Beistand - etwa dazu, ob der Angeklagte in einem früheren Verfahren schon einmal über dieses Recht unterrichtet worden war - ist das Gericht nicht gehalten. Müsste es alledem stets von Amts wegen nachgehen, würde dies auch dem verfassungsrechtlichen Gebot der straffen Durchführung der Hauptverhandlung zuwiderlaufen (vgl. nur BGH NJW 2007, 2501, 2504 m.w.N.). Dagegen dient der befristet zu erhebende Widerspruch - bis zum durch § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt - der gebotenen Verfahrensförderung, ohne dem verteidigten Angeklagten unzumutbare Anforderungen aufzuerlegen (BGHSt 42, 15, 23).
18
c) Der Widerspruch des Angeklagten vom 9. Oktober 2006 bezog sich auf eine Reihe vermeintlicher - tatsächlich nicht vorliegender oder jedenfalls im Ergebnis unbeachtlicher - Verfahrensfehler, nicht jedoch auf eine Gesetzesverletzung im Zusammenhang mit dem Recht auf konsularischen Beistand. Insoweit war der - erst mit der Gegenvorstellung erhobene weitere - Widerspruch verspätet im Sinne von § 257 StPO.
19
Die verschiedenen Angriffsrichtungen des Widerspruchs vom 9. Oktober 2006 gehen aus dem Wortlaut des Verteidigerschriftsatzes eindeutig hervor. In diesen Punkten hat das Gericht den Widerspruch auch alsbald, am 11. Oktober 2006, verbeschieden. Dass es dem Angeklagten bei Erhebung dieses Widerspruchs nicht um den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK ging, ergibt sich gerade daraus, dass er diese Angriffsrichtung deutlich später, am 29. November 2006, eigens mit einer Gegenvorstellung "nachgeschoben" hat. Dies geschah erst, als die an der gegenständlichen Beschuldigtenvernehmung beteiligten Zeugen schon längst entlassen waren und die Verfahrensbeteiligten sich hierzu hatten erklären können (§ 257 Abs. 1 und 2 StPO). Eine frühere Geltendmachung des Verstoßes war dem Angeklagten auch zumutbar, zumal er bereits am Tag nach der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt worden war.
20
d) Der Beschwerdeführer hat weder im Rahmen der Gegenvorstellung noch im Rahmen der Revision vorgetragen, dass er gehindert war, auch im Hinblick auf den Verstoß gegen Art. 36 Abs. 1 lit. b Satz 3 WÜK rechtzeitig Widerspruch zu erheben. Unbeschadet dessen wäre eine späte Kenntnisnahme des Angeklagten oder des Verteidigers von der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch ohne Relevanz (in vergleichbarem Sinne BGH NStZ 2005, 582; StV 2005, 373).

III.

21
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch das Mordmerkmal der Heimtücke hat das Landgericht zutreffend bejaht.
22
1. Heimtückisch im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Das Opfer muss gerade auf Grund seiner Arglosigkeit wehrlos sein, wobei für die Beurteilung die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs maßgebend ist (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2005, 688, 689; 2006, 502, 503; Urt. vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04; Urt. vom 2. Februar 2005 - 1 StR 473/04). An dieser Ursächlichkeit der Arglosigkeit für die Wehrlosigkeit fehlt es, wenn sich das Opfer vom Täter verteidigungsunfähig machen ließ, bevor dieser den Entschluss zu dem Angriff fasste (vgl. BGHSt 32, 382; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 211 Rdn. 24a; Schneider in MüKo-StGB § 211 Rdn. 139).
23
2. Gemessen an diesen Maßstäben ist die Bewertung durch das Landgericht frei von Rechtsfehlern.
24
Freilich wäre das Mordmerkmal der Heimtücke nicht verwirklicht, wenn sich nach Beginn des mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs an der - so die Feststellungen des Landgerichts: undolos herbeigeführten - Lage von D. B. keine relevanten Änderungen mehr ergeben hätten. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Zu dem Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte den Tötungsentschluss fasste, waren die Verteidigungsmöglichkeiten seiner Ehefrau zwar infolge der einvernehmlichen Sexualpraktiken eingeschränkt. Die Hände waren auf ihrem Rücken gefesselt; sie lag bäuchlings auf dem Teppichboden.
25
Gleichwohl war D. B. infolge Arglosigkeit wehrlos. Denn bei rechtzeitigem Erkennen des Tötungsentschlusses wäre sie in dieser Situation zu wirksamerer Gegenwehr imstande gewesen, um den Anschlag auf ihr Leben wenigstens deutlich zu erschweren. Der Angeklagte musste noch ihren Slip aufheben und zerreißen, weiterhin ein zweites Lautsprecherkabel abreißen und mit beidem ihre Fußgelenke und Unterschenkel fesseln, bevor sie endgültig widerstandsunfähig war. Es liegt auf der Hand, dass D. B. in dieser Zeit geeignete Verteidigungsmaßnahmen - Tritte gegen den Angeklagten oder Versuche , aufzustehen und wegzulaufen - hätte ergreifen können. Derartiger hypothetischer Erwägungen im Urteil bedarf es hier daher nicht. Da die Wehrlosigkeit von D. B. also mit der Fesselung der unteren Extremitäten noch weiter vertieft wurde, ist entscheidend, dass sie währenddessen von dem kurz zuvor gefassten Tötungsentschluss nichts ahnte, die ihr drohende Gefahr vielmehr erst während des anschließenden Wortwechsels erkannte.
26
In diesem Sinne hat das Landgericht als Ursache für die Wehrlosigkeit nicht nur angesehen, "dass D. B. die zunächst beiderseits rein sexuell motivierte Fesselung ihrer Handgelenke freiwillig … vornehmen" ließ, sondern vor allem auch, dass sie "die vor Anlegung der Fußfesseln eingetretene Änderung der Motivlage des Angeklagten zu spät bemerkt(e) …, um effektiv intervenieren zu können" (UA S. 20). Das Urteil stellt ausdrücklich heraus: "Das Anlegen der Fußfesseln stellte den ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriff des Angeklagten dar. D. B. war davon zu überrascht, um sich zu wehren" (UA S. 34).
27
Die - weiteren - Ausführungen der Revision, die Arglosigkeit von D. B. könnte schon Tage vor der Tat allgemein "entfallen" gewesen sein, weil der Angeklagte ihr gegenüber geäußert habe, er werde sie töten, wenn sie schlechten Umgang habe und den gemeinsamen Sohn "da hineinziehe", und weil sie den Angeklagten seinerzeit - nicht ausschließbar - beleidigt habe, liegen angesichts der Feststellungen zur Tat neben der Sache. Nack Wahl Boetticher Kolz Elf

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.