Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2014 - 1 StR 631/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht München II hat den Angeklagten am 13. August 2013 wegen Bedrohung in Tatmehrheit mit versuchtem Totschlag zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Während des Verfahrens über die Revision des Angeklagten ist dieser am 6. Januar 2014 verstorben.
- 2
- 1. Das Verfahren ist nach § 206a StPO einzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juni 1999 - 4 StR 595/97, BGHSt 45, 108). Das angefochtene Urteil ist damit gegenstandslos, ohne dass es einer Aufhebung bedarf (BGH, Beschluss vom 5. August 1999 - 4 StR 640/98, BGHR StPO § 467 Abs. 3 Verfahrenshindernis
2).
- 3
- 2. Die Kostenentscheidung hat im Fall des Todes des Angeklagten nach denjenigen Grundsätzen zu erfolgen, die bei Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses allgemein anzuwenden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - 5 StR 116/01 Rn. 39, in BGHSt 52, 48 nicht abgedruckt).
- 4
- a) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Bedrohung in Tatmehrheit mit versuchtem Totschlag hätte Bestand gehabt, wenn der Angeklagte nicht vor der Entscheidung im Revisionsverfahren verstorben wäre. Die umfassende Nachprüfung des landgerichtlichen Urteils durch den Senat auf die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat zum Schuldspruch keine den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
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- aa) Der Senat hat bei seiner Entscheidung in den Blick genommen, dass in dieser Sache Termin zur Durchführung einer Revisionshauptverhandlung bestimmt war, bei der noch zusätzliche rechtliche Gesichtspunkte, welche die Erfolgsaussichten der Revision des Angeklagten betreffen konnten, zur Sprache hätten kommen können. Um diese bei der Kostenentscheidung berücksichtigen zu können, hat der Senat den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Mai 2002 - 1 StR 553/01, bei Becker NStZ-RR 2003, 97, 103). Diese haben davon keinen Gebrauch gemacht.
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- bb) Der Senat hat auch berücksichtigt, dass der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 14. November 2013 beantragt hatte, das Urteil des Landgerichts gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben, soweit der Angeklagte wegen versuchten Totschlags verurteilt worden ist. Die dort vertretene Auffassung, die Beweiserwägungen des Landgerichts zum Tötungsvorsatz seien nicht tragfähig , teilt der Senat indes nicht:
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- Nach den Urteilsfeststellungen hielt der Angeklagte mit beiden Händen einen Eispickel und schrie mehrfach aufgebracht und lautstark seine Tochter mit den Worten an: „I derschlag di mitm Pickel“. Sodann hob er den Eispickel mit einer ausholenden Bewegung über seinen Kopf und zog ihn sofort in einer fließenden Bewegung ohne zeitliche Verzögerung kraftvoll nach unten in Richtung des Kopfes seiner Tochter, die nur deshalb nicht getroffen wurde, weil der Freund der Tochter, der hinter ihr stand, geistesgegenwärtig mit nahezu gestrecktem Arm den Stiel des Eispickels ergriff und diesen dem Angeklagten entriss. Als der Freund der Tochter den Schlag in der Abwärtsbewegung abfangen konnte, war der Pickelaufsatz nur noch 10 bis 15 Zentimeter vom Kopf der Tochter entfernt. Ausgehend von diesen Feststellungen ist die auf der Grundlage einer Gesamtschau aller bedeutsamen Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten getroffene Würdigung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit Tötungsvorsatz gehandelt, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat auch die organisch bedingte Persönlichkeitsstörung des Angeklagten und den Umstand, dass der Angeklagte seine Tochter und deren Freund zunächst zum Gehen aufgefordert hatte, in den Blick genommen.
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- b) Ob neben dem Schuldspruch auch der Strafausspruch Bestand gehabt hätte, ist für die Kostenentscheidung ohne Bedeutung. Zwar hängt die Frage, ob der Staatskasse auch die Aufwendungen des Angeklagten auferlegt werden, von den Erfolgsaussichten der von ihm eingelegten Revision ab (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2001 - 1 StR 235/01). Maßgeblich ist insoweit allerdings nicht die Strafzumessung, sondern lediglich, ob - wie hier - der ergangene Schuldspruch Bestand gehabt hätte. Denn bereits dann wäre es unbillig , der Staatskasse die notwendigen Aufwendungen des Angeklagten aufzuer- legen (vgl. § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO). Hierfür hätte es sogar genügt, wenn das Verfahren überhaupt nur bis zur Schuldspruchreife geführt worden wäre (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26. März 1987 - 2 BvR 589/79 u.a., NJW 1987, 2427, 2428 und vom 5. Mai 2001 - 2 BvR 413/00).
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- 3. Eine Entschädigung für die durchgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen (insbesondere Untersuchungshaft) ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Angeklagte diese Maßnahmen zumindest grob fahrlässig verursacht hat. Im Übrigen wäre eine Entschädigung auch nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 StrEG zu versagen.
- 10
- 4. Die Erstattung der den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen kommt bei Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses - wie hier - nicht in Betracht; in der Beschlussformel ist dies nicht besonders auszusprechen (BGH, Beschluss vom 5. August 1999 - 4 StR 640/98, BGHR StPO § 467 Abs. 3 Verfahrenshindernis 2). Raum Wahl Rothfuß Jäger Cirener
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(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.
(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen
- 1.
für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt, - 2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist, - 3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen, - 4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.
(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.
(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.
(1) Die Entschädigung kann ganz oder teilweise versagt werden, wenn der Beschuldigte
- 1.
die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt worden ist, weil er im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat oder weil ein Verfahrenshindernis bestand.
(2) Die Entschädigung für eine Freiheitsentziehung kann ferner ganz oder teilweise versagt werden, wenn das Gericht die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften anwendet und hierbei eine erlittene Freiheitsentziehung berücksichtigt.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.