Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Okt. 2015 - 3 StR 382/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2015:291015B3STR382.15.0
29.10.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 382/15
vom
29. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern
ECLI:DE:BGH:2015:291015B3STR382.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 29. Oktober 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 17. März 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 22 Fällen schuldig ist, sowie
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 22 Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt sowie eine Kompensations- und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 1 StGB hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Rückfallvoraussetzung dieses Qualifikationstatbestandes bejaht. Dieser rechtlichen Würdigung stand zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung indes das Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 BZRG entgegen. Dies ist im Revisionsverfahren auf die Sachrüge zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1973 - 2 StR 451/72, BGHSt 25, 100; Beschluss vom 23. März 2006 - 4 StR 36/06, StraFo 2006, 296).
3
Im Einzelnen:
4
1. Gemäß § 51 Abs. 1 BZRG darf dem Betroffenen eine Tat und die entsprechende Verurteilung im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung über die Verurteilung im Register getilgt worden oder sie zu tilgen ist. Dieses bereits mit Eintritt der Tilgungsreife entstehende Vorhalte- und Verwertungsverbot der Eintragung im Register bedeutet einen Schutz des Betroffenen auch in den Fällen, in denen seine frühere Verurteilung auf andere Weise als durch eine Registerauskunft bekannt wird, etwa durch Mitteilungen von dritter Seite oder den Betroffenen selbst (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - 4 StR 428/11, NStZ-RR 2012, 143, 144 mwN). Durch die Regelung des § 51 Abs. 1 BZRG wird ein Verurteilter von dem mit seiner Verurteilung verbundenen Strafmakel befreit und durch die umfassende Wirkung der Tilgung die mit der Verurteilung einhergehende Stigmatisierung endgültig beseitigt. Unter das Verbot fallen Tat und Verurteilung sowie deren Vorhalten und Verwerten im Rechtsverkehr zum Nachteil des Betroffenen. Für die Frage der Tilgungsreife ist maßgeblicher Zeitpunkt in Strafsa- chen das Ende der Hauptverhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. Tolzmann, BZRG, 5. Aufl., § 51 Rn. 5, 12 ff., 24 mwN).
5
2. Die uneingeschränkte Geltung dieses Vorhalte- und Verwertungsverbotes ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für die Strafzumessung unbestritten; danach darf eine getilgte oder tilgungsreife Vorstrafe nicht zum Nachteil des Angeklagten, insbesondere nicht strafschärfend berücksichtigt werden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 11. November 2009 - 1 StR 549/09, StraFo 2010, 82, vom 24. August 2011 - 1 StR 317/11, StraFo 2011, 519 und vom 25. Januar 2011 - 4 StR 681/10, NStZ-RR 2011, 286). Gleiches gilt für gemäß § 63 Abs. 1 BZRG tilgungsreife Eintragungen im Erziehungsregister , wenn der Angeklagte vor der Hauptverhandlung das 24. Lebensjahr vollendet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2012 - 3 StR 141/12, StraFo 2012, 423; Tolzmann aaO, Rn. 26 ff.). Das Vorhalte- und Verwertungsvorbot tilgungsreifer Bestrafungen und der zugrundeliegenden Taten gilt grundsätzlich auch für die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, sofern nicht eine der in § 52 BZRG aufgeführten Ausnahmen gegeben ist (vgl. Tolzmann aaO, Rn. 37; BGH, Beschluss vom 28. August 2012 - 3 StR 309/12, BGHSt 57, 300, 302 ff.). Schließlich dürfen getilgte Vorstrafen auch nicht als Beweisanzeichen für eine nachteilige Würdigung der Persönlichkeit eines Angeklagten oder als Indiz für seine Täterschaft oder hinsichtlich der Glaubwürdigkeit von Prozessbeteiligten herangezogen werden (vgl. Tolzmann aaO, Rn. 33).
6
3. Strittig ist hingegen, ob § 51 Abs. 1 BZRG auch den Fall erfasst, dass die frühere Straftat oder Verurteilung Tatbestandsmerkmal einer späteren Straftat ist, die vor Eintritt der Tilgungsreife begangen wurde. Das Oberlandesgericht Celle hat dies - zu § 49 BZRG aF - verneint und entschieden, dass es gestattet sei, eine sonst unter das Verwertungsverbot fallende Vorstrafe zur Ausfüllung des gesetzlichen Tatbestandes einer neuen Straftat heranzuziehen, vorausgesetzt , dass dies zum Zeitpunkt der Begehung der neuen Straftat auch dann möglich gewesen wäre, wenn das "heutige Recht" hätte angewendet werden müssen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 StGB aF = § 2 Abs. 3 StGB nF). Sonst würde etwa eine Falschaussage, die nach damaligem und "heutigem Recht" strafbar ist, straflos bleiben, weil ihre Tatbestandsmäßigkeit nicht mehr festgestellt werden könnte (vgl. OLG Celle, Urteil vom 7. Dezember 1972 - 1 Ss 312/72, NJW 1973, 1012, 1013; ebenso Tolzmann aaO, Rn. 36; aA Tremml, Die Rechtswirkungen der Straftilgung, Diss. 1975, S. 71; Creifelds, GA 1974, 129, 140).
7
4. Ob dies zutrifft, kann indes offen bleiben, da diese Rechtsauffassung jedenfalls auf die hier zu beurteilende Fallkonstellation nicht übertragbar ist. Zwar werden Taten nach § 176 Abs. 1 und 2 StGB gemäß § 176a Abs. 1 StGB zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern heraufgestuft; die frühere Verurteilung ist dabei Tatbestandsmerkmal der Qualifikationsvorschrift. Indes knüpft diese nicht an das Tatbild und damit an den unmittelbaren Unrechts- und Schuldgehalt der neuen Tat nach § 176 Abs. 1 oder 2 StGB an; vielmehr betrifft sie allein die Strafzumessungsschuld, da sie einen ansonsten bei der Straffindung nur allgemein zu berücksichtigenden Umstand (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB: Das Vorleben des Täters) für eine bestimmte Konstellation des Rückfalls schon zur Festlegung des Strafrahmens heranzieht. Nach dem mit § 51 Abs. 1 BZRG verfolgten Zweck (s. oben 1.) und in der Konsequenz der daraus von der Rechtsprechung gezogenen Folgerungen (s. oben 2.) ist es daher nicht zulässig , zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung in der Tatsacheninstanz tilgungsreife einschlägige Vorstrafen zur Bejahung der Voraussetzungen des § 176a Abs. 1 StGB zu verwerten.
8
5. Danach hätte das Landgericht die rechtskräftige Vorverurteilung des Angeklagten durch das Urteil des Amtsgerichts Aurich vom 20. Juli 2004 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zehn Monaten, in der die Strafkammer die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung des Rückfalls gemäß § 176a Abs. 1 StGB erblickt hat, nicht berücksichtigen dürfen. Zwar war zum Zeitpunkt der in der vorliegenden Sache begangenen letzten Tat im Juni 2008 die Tilgungsreife für diese Vorstrafe noch nicht eingetreten, indes war dies zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung des angefochtenen Urteils am 17. März 2015 der Fall. Die Tilgungsfrist für die Vorverurteilung betrug gemäß § 46 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. b BZRG zehn Jahre und hatte gemäß § 47 Abs. 1 BZRG i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 BZRG am 20. Juli 2004, dem Tag des früheren Urteils, zu laufen begonnen und (bereits) mit Ablauf des 19. Juli 2014 geendet (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2014 - 5 StR 270/14, NStZ-RR 2014, 356). Daher durfte diese Verurteilung gemäß § 51 Abs. 1 BZRG zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung am 17. März 2015 nicht mehr zum Nachteil des Angeklagten vorgehalten und verwertet werden.
9
6. Da die aufgrund der Sachrüge veranlasste umfassende Prüfung des Urteils im Übrigen keinen weiteren Rechtsfehler erbracht hat und andere Feststellungen als die bisherigen nicht möglich erscheinen, ändert der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 22 Fällen schuldig ist.
10
Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des gesamten Strafausspruches nach sich; über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe muss daher neu verhandelt und entschieden werden.
Becker Hubert Schäfer Mayer Spaniol

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 36/06
vom
23. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Brandstiftung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. März 2006 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der Auswärtigen Strafkammer Recklinghausen des Landgerichts Bochum vom 30. August 2005 mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit schwerem Raub verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit schwerem Raub sowie wegen schweren Raubes in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Verurteilung wegen schweren Raubes in sechs Fällen wendet, ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Das Rechtsmittel führt aber auf die Sachrüge zur Aufhebung der Verurteilung wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit schwerem Raub im Fall II. 7 der Urteilsgründe und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe; einer Erörterung der insoweit erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
3
Die Annahme des Landgerichts, dem Angeklagten sei "im Hinblick auf seine Erfahrungen mit Brandlegungen und seine Tätigkeit bei der Jugendfeuerwehr" bei dem Anzünden der Pappe in dem Lagerraum des Supermarkts klar gewesen, dass das Feuer die sich in den Toilettenräumen aufhaltenden Angestellten in die Gefahr des Todes bringen konnte, und habe dies billigend in Kauf genommen, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Nach den Feststellungen war der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Soest vom 8. September 1990, das entgegen dem Vorbringen der Revision ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 6. April 2005 in der Hauptverhandlung verlesen worden ist (SA Bd. III Bl. 601), u.a. wegen Brandstiftung in sieben Fällen und wegen schwerer Brandstiftung zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Die dieser Verurteilung zugrunde liegenden Taten belegen nach Auffassung des Landgerichts, dass dem Angeklagten bei dem Anzünden der Pappe in dem Lagerraum des Supermarkts klar gewesen ist, dass das Feuer die sich in den Toilettenräumen aufhaltenden Angestellten in die Gefahr des Todes bringen konnte. Da die Eintragung dieser Verurteilung aus dem Register entfernt worden ist, hat das Landgericht, was auf die Sachrüge zu berücksichtigen ist, das gesetzliche Beweisverwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG ver- letzt (vgl. BGH NJW 1990, 2264; NStZ-RR 2001, 237; Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 261 Rdn. 14).
5
Der Senat kann nicht ausschließen, dass dieser Rechtsfehler den Schuldspruch wegen besonders schwerer Brandstiftung beeinflusst hat. Der aufgezeigte Mangel zwingt zur Aufhebung auch der für sich gesehen rechtlich nicht zu beanstandenden Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen schweren Raubes (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1; Kuckein in KK 5. Aufl. § 353 Rdn. 12) und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
6
Soweit es den Vorwurf der besonders schweren Brandstiftung im Sinne des § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB betrifft, wird der neue Tatrichter insbesondere zu prüfen haben, ob die Brandstiftung im Sinne der nach den bisherigen Feststellungen in Betracht kommenden Tatbestandsvarianten des § 306 a Abs. 1 Nr. 3 StGB oder des § 306 a Abs. 2 i.V.m. § 306 Abs. 1 Nr. 3 StGB vollendet oder nur versucht worden ist. Sofern kein vollendetes Inbrandsetzen vorliegt (vgl.
dazu Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 306 Rdn. 14 m.N.), wird zu prüfen sein, ob durch die Brandlegung ein Schutzgegenstand im Sinne der genannten Vorschriften ganz oder teilweise zerstört worden ist (vgl. dazu BGHSt 48, 14, 19 ff.).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Sost-Scheible

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 428/11
vom
8. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Dezember
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 12. April 2011 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten durch dieses entstandenen notwenigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte, vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Die Revision ist wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
3
Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestellt. Dieser steht aber im Widerspruch zu dem Angriffsziel des Rechtsmittels, wie es sich aus der Revisionsrechtfertigungsschrift ergibt. Den dort allein geführten Angriffen gegen den Rechtsfolgenausspruch ist - auch soweit die Unvollständigkeit der Feststellungen geltend gemacht wird - ein auf diesen bezogener Beschränkungswille der Beschwerde- führerin zu entnehmen (vgl. Nr. 156 Abs. 2 RiStBV; zur Auslegung in solchen Fällen BGH, Beschluss vom 14. Mai 2002 - 1 StR 48/02 mwN).
4
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 1. September 2011 bemerkt der Senat:
5
a) Die Strafkammer durfte strafmildernd berücksichtigen, dass die Taten für die Opfer keine psychischen oder physischen Auswirkungen hatten und haben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1986 - 2 StR 608/85).
6
Die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts beruhen auch auf einer tragfähigen Grundlage. Die Strafkammer stützt sie - anders als die Revisionsführerin vorträgt - nicht nur auf die Angaben der Heimerzieherin und der Heimpädagogin, sondern zudem unter anderem auf die Aussagen der Mütter der missbrauchten Kinder sowie die Angaben der Opfer selbst. Soweit die Staatsanwaltschaft meint, die Erzieherinnen könnten mangels fachlicher Qualifikation die seelischen Folgen der Taten für die Opfer nicht beurteilen, zeigt sie einen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils nicht auf; eine zulässige Aufklärungsrüge hat sie hierzu nicht erhoben.
7
b) Es begegnet auch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht bei der Zumessung der Strafe im Fall 1 "positiv bewertet" hat, dass vom Angeklagten "keinerlei direkter körperlicher Zwang oder Gewalt … ausging" (UA S. 23).
8
Die fehlende Gewaltanwendung darf einem Angeklagten im Fall einer Verurteilung nach § 176 oder § 176a StGB als solche zwar nicht strafmildernd zugutegehalten werden (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 1997 - 2 StR 641/96). Die den oben zitierten Ausführungen voranstehenden Darlegungen, wonach die Durchführung des Oralverkehrs an dem Jungen für diesen nicht mit "besonderen Schmerzen aufgrund der Länge und/oder Intensität oder des Einsatzes von Gewalt (in welcher Form auch immer) [verbunden war], die über das durchschnittliche Maß hinausgehen, das mit dem Strafrahmen abgedeckt werden soll", insbesondere aber die Darlegungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der von der Staatsanwaltschaft beanstandeten Formulierung ("… konnte die Kammer im unteren Bereich des Strafrahmens bleiben, da sie auch hier positiv bewertet hat, dass … [vom Angeklagten] keinerlei direkter körperlicher Zwang oder Gewalt" ausging), belegen indes, dass es der Strafkammer an dieser Stelle darauf ankam, die von ihr abzuurteilende Tat in den hierfür zur Verfügung stehenden Strafrahmen einzuordnen. Hiergegen ist nichts zu erinnern (vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 497/07, StraFo 2008, 172).
9
c) Soweit der der Revision der Staatsanwaltschaft beigetretene Generalstaatsanwalt meint, das Landgericht hätte die nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten sowie die dem Angeklagten in der Nachtragsanklage (deren Einbeziehung der Angeklagte nicht zugestimmt hat) zur Last gelegten Taten strafschärfend berücksichtigen müssen, fehlt es an einer zulässigen Verfahrensrüge (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2000 - 1 StR 183/00, NStZ-RR 2001, 174, 175). Aus dem Urteil selbst ergibt sich weder, dass die Strafkammer diese Taten - wie erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 - 1 StR 470/08, StraFo 2009, 154 mwN) - festgestellt hat, noch dass sie den Angeklagten auf deren strafschärfende Berücksichtigung hingewiesen hat.
10
d) Die Verhängung von Einzelstrafen in den Fällen II.3. und 4. der Urteilsgründe (Griff an das Geschlechtsteil der Jungen über der Kleidung und - im Fall II.4. - ein Kuss auf die Nase) in Höhe der Mindeststrafe des § 176 Abs. 1 StGB von sechs Monaten gegen den nunmehr knapp 85jährigen Angeklagten ist angesichts von der Strafkammer hervorgehobenen Besonderheiten des Falles nicht unvertretbar. Sie weist - wie auch die weiteren Einzelstrafen, die Gesamtstrafe und auch die Bewilligung der Strafaussetzung zur Bewährung - keinen Rechtsfehler auf.
11
3. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat auch zugunsten des Angeklagten keinen Erfolg (§ 301 StPO).
12
Die mehrfache Erörterung der Verurteilung des Angeklagten wegen "Unzucht mit Kindern" im Jahr 1957 in dem Urteil, etwa im Rahmen der Strafzumessung (UA S. 23 f.), begegnet Bedenken und gibt Anlass zu dem Hinweis, dass das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG auch dann besteht, wenn der Angeklagte eine getilgte oder tilgungsreife Vorstrafe von sich aus mitgeteilt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Dezember 2000 - 1 StR 398/00, NStZ-RR 2001, 237; vom 20. August 2002- 5 StR 259/02, StV 2003, 444 jeweils mwN).
Der Senat schließt jedoch aus, dass die von der Strafkammer verhängten Strafen hiervon beeinflusst sind, zumal die Strafkammer im Fall 1 gleichwohl einen minder schweren Fall angenommen und bei der Bemessung der Gesamtstrafe darauf verwiesen hat, dass die Verurteilung wegen Unzucht mit Kindern nicht als strafschärfende Vorstrafe zu behandeln sei (UA S. 27).
Ernemann Cierniak Franke
Mutzbauer Quentin

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 549/09
vom
11. November 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2009 beschlossen
:
1. Die Revision der Angeklagten S. S. gegen das Urteil des
Landgerichts Hof vom 20. Juli 2009 wird als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu
tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten R. S. wird das vorbezeichnete
Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit
den Feststellungen aufgehoben.
Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Die Strafkammer hat festgestellt:
2
Die Angeklagte S. S. ist Geschäftsführerin der Firma S. GmbH, ihr Ehemann, der Angeklagte R. S. , ist dort freiberuflicher Betriebsleiter. Die Angeklagte erlitt bei Sägearbeiten einen Unfall, ein Teil des linken Daumens musste amputiert werden. Diesen Unfall meldeten die Angeklagten der zuständigen Berufsgenossenschaft als betrieblichen Arbeitsunfall, die im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Angaben Zahlungen in insgesamt sechsstelliger Höhe leistete. Tatsächlich hatte sich jedoch der Unfall ereignet, als die Angeklagte Holz für den Privatbedarf sägte.
3
Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurden die Angeklagten jeweils wegen Betruges verurteilt, S. S. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, R. S. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten.
4
Die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten bleiben zum Schuldspruch erfolglos, die Revision der Angeklagten S. S. auch zum Strafausspruch (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten R. S. hält dagegen rechtlicher Prüfung nicht Stand (§ 349 Abs. 4 StPO).
5
1. Die auf Grund der Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Das - hinsichtlich beider Angeklagten identische - Vorbringen zum Schuldspruch ist teilweise urteilsfremd (etwa soweit es sich auf aus den Urteilsgründen nicht ersichtliche Angaben von Zeugen bezieht), sonst schon im Ansatz unbehelflich (z.B. habe die Strafkammer versäumt, Möglichkeiten anderen Geschehensablaufs „erforderlichenfalls weiter aufzuklären“) und im Übrigen handelt es sich um den im Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die (rechtsfehlerfreie ) tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene zu ersetzen. All dies hat auch der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt. Sein Vorbringen wird durch die Erwiderung der Revision (Schriftsatz vom 6. November 2009 für den Angeklagten R. S. ) nicht entkräftet. Soweit dort die Feststellungen der Straf- kammer deshalb für rechtsfehlerhaft gehalten werden, weil andere Schlussfolgerungen als die von der Strafkammer gezogenen „nicht denknotwendig“ ausgeschlossen seien, geht die Revision von einem unzutreffenden Maßstab aus. Richterliche Überzeugung erfordert keine jede andere denktheoretische Möglichkeit ausschließende, letztlich mathematische und daher von niemandem anzweifelbare Gewissheit (st. Rspr.; vgl. zuletzt Senat, Urt. vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 327/08; zahlr. weitere Nachw. b. Schoreit in KK 6. Aufl. § 261 Rdn. 4).
6
2. Hinsichtlich der Angeklagten S. S. hat die auf Grund der insoweit nicht näher ausgeführten Sachrüge gebotene Überprüfung des Strafausspruchs ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben, sodass deren Revision insgesamt zu verwerfen war.
7
3. Der Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten R. S. kann dagegen keinen Bestand haben. Dieser Angeklagte war durch ein am gleichen Tag rechtskräftiges Urteil vom 19. Juli 1999 zu einer zur Bewährung ausgesetzten und später erlassenen Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden. Weitere Verurteilungen gibt es nicht. Die Strafkammer teilt den der genannten Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalt detailliert mit und hebt deren strafschärfende Wirkung unter mehreren Aspekten hervor. Sie hat jedoch übersehen , dass hinsichtlich dieser Verurteilung bereits Tilgungsreife wegen Ablaufs der Tilgungsfrist eingetreten war. Diese beträgt hier gemäß § 46 Abs. 1 Ziff. 2 Buchst. b BZRG zehn Jahre und hatte gemäß § 47 Abs. 1 BZRG i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 BZRG am 19. Juli 1999, dem Tag des (ersten) Urteils in der damaligen Sache, zu laufen begonnen. Wegen der eingetretenen Tilgungsreife durfte die frühere Verurteilung jedoch gemäß § 51 Abs. 1 BZRG nicht mehr zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden. Angesichts des erheblichen strafschärfenden Gewichts, das die Strafkammer der früheren Verurteilung zugemessen hat, führt dies ohne weiteres zur Aufhebung des Strafausspruchs.
Nack Wahl Graf RiBGH Prof. Dr. Jäger befindet sich in Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Nack Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 317/11
vom
24. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. August 2011 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bochum vom 22. November 2010 im Rechtsfolgenausspruch
mit den Feststellungen zu der Vorverurteilung des Angeklagten
aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Soweit sich die Revision des Angeklagten gegen den Schuldspruch richtet , ist sie unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 21. Juli 2011 dargelegten Gründen, die durch die Gegenerklärung hierzu nicht entkräftet werden, insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Demgegenüber hat der Rechtsfolgenausspruch wegen der Verletzung sachlichen Rechts - Verstoß gegen § 51 Abs. 1 BZRG - keinen Bestand.
4
Gemäß § 51 Abs. 1 BZRG dürfen dem Betroffenen - hier dem Angeklagten - eine Verurteilung und die zugrunde liegende Tat im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht mehr zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Verurteilung im Bundeszentralregister getilgt worden ist oder wenn sie hätte getilgt werden müssen (Tilgungsreife).
5
In den Feststellungen zur Person des Angeklagten findet sich der Hinweis auf seine Verurteilung durch das Landgericht Aurich vom 17. Oktober 1990 - rechtskräftig am selben Tag - wegen versuchter Brandstiftung in Tateinheit mit versuchtem Versicherungsbetrug zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, unter kurzer Schilderung des zugrunde liegenden Sachverhalts.
6
Bei jener Verurteilung aus dem Jahre 1990 beträgt die Tilgungsfrist 15 Jahre (§ 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG). Zum Zeitpunkt der Verurteilung des Angeklagten in diesem Verfahren am 22. November 2010 war somit längst Tilgungsreife eingetreten. Anhaltspunkte dafür, dass der Ablauf der Frist gehemmt war (§ 47 BZRG) - etwa wegen weiterer noch nicht tilgungsreifer Vorverurteilungen oder weil die Bewährungsstrafe noch nicht erlassen ist - sind nicht ersichtlich.
7
Schon die - vorbehaltslose - Erwähnung der früheren Verurteilung in der Hauptverhandlung und in den Urteilsgründen stellt einen unzulässigen Vorhalt und daher einen Verstoß gegen § 51 Abs. 1 BZRG dar (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 1992 - 2 StR 454/91). Dies könnte den Bestand des Rechtsfolgenausspruchs allerdings dann nicht gefährden, wenn auszuschließen wäre, dass sich der Rechtsfehler bei der Strafzumessung zum Nachteil des Ange- klagten ausgewirkt hat. Dies ist hier indes nicht der Fall; die Strafkammer hat die Vorverurteilung zum Nachteil des Angeklagten verwertet.
8
Zwar hat das Landgericht dem Angeklagten bei den allgemeinen Strafzumessungserwägungen zur Festsetzung der Einzelstrafen einen - bis zu den nunmehr abgeurteilten Taten - untadeligen Lebenslauf bescheinigt. Bei den Erwägungen zur Strafaussetzung zur Bewährung hat es festgestellt, dass die Vorstrafe einer günstigen Sozialprognose nicht entgegenstehe.
9
Jedoch hat die Strafkammer bei ihrer Entscheidung, bei allen Taten (Einzel-)freiheitsstrafen zu verhängen, auch wenn diese unter sechs Monaten liegen (§ 47 Abs. 1 StGB), die Vorverurteilung des Angeklagten einbezogen. Von den 17 Einzelfreiheitsstrafen liegen 14 unter sechs Monaten (sechs mal drei Monate, acht mal vier Monate). Die Strafkammer hat dazu folgende Erwägungen angestellt: "Die besonderen Umstände, die die Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich machen, liegen bereits in Form der Vielzahl der Taten, der organisierten Arbeitsweise und der jeweils entstandenen nicht unerheblichen Schäden vor, die insgesamt eine nicht unerhebliche kriminelle Energie des Angeklagten offenbaren. Im Übrigen ist auch die - wenn auch nicht einschlägige - Vorstrafe (vgl. Stree in Schönke /Schröder, StGB § 47 Rn. 11) zu berücksichtigen. Zwar lässt sich bei Wiederholungstätern die Unerlässlichkeit einer Freiheitsstrafe nicht schematisch bejahen (vgl. OLG Schleswig NJW 1982, 116). Die Beurteilung der Frage, ob die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter sechs Monaten zur Einwirkung auf einen Wiederholungstäter wegen der in der Tat oder Persönlichkeit liegenden Umständen unerlässlich ist, hängt vielmehr - ebenso wie beim Ersttäter - von den Umständen des Einzelfalls ab. Vor dem Hintergrund der Verhängung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren im Jahr 1990, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, zeichnet sich nach dem vom Angeklagten gewonnenen persönlichen Eindruck klar ab, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe das einzige Mittel ist, den Angeklagten vom Fortsetzen strafbaren Verhaltens abzubringen."
10
Damit hat die Strafkammer auch der Vorverurteilung wesentliches Gewicht bei der Entscheidung nach § 47 Abs. 1 StGB beigemessen. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Landgericht ohne die Vorstrafe insoweit anders entschieden hätte, und ebenso wenig, dass diese die Festsetzung der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe auch sonst zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst hat.
11
Der Rechtsfolgenausspruch hat daher keinen Bestand. Mit Ausnahme derjenigen zur Vorverurteilung sind die zugehörigen Feststellungen vom Rechtsfehler nicht erfasst und können insoweit bestehen bleiben. Sie dürfen durch weitere Feststellungen, die zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, ergänzt werden.
12
Der Schriftsatz des Verteidigers vom 22. August 2011 hat dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen. Nack Wahl Hebenstreit Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 681/10
vom
25. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Januar 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 6. Oktober 2010 wird verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
2
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Das Landgericht durfte wie geschehen strafschärfend berücksichtigen, "dass der Angeklagte mehrfach und einschlägig vorbestraft ist" (UA 13 f.). Dem stand das - auf Sachrüge zu berücksichtigende (BGH, Beschluss vom 18. März 2009 – 1 StR 50/09) - Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG nicht entgegen. Das Landgericht teilt mit, dass der Angeklagte "u.a." dreimal vorbestraft ist: Am 19. Dezember 1991 wurde er wegen Handeltreibens mit „Haschisch“ in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von „Haschisch“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährung verurteilt; die Strafe wurde später erlassen. Mit Urteil vom 6. Dezember 1994 wurde der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit „Haschisch“ in zwei Fällen zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Bewährung verurteilt; auch diese Strafe wurde - nach Verlängerung der Bewährungszeit - erlassen. Zuletzt wurde er am 26. Juni 1996 wegen "Verkehrsunfallflucht" zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt; außerdem wurde eine Maßregel nach § 69a StGB angeordnet.
4
Sind im Register mehrere Verurteilungen eingetragen, so ist die Tilgung einer Eintragung gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG erst zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Wegen der Voreintragung aus dem Jahr 1991 galt auch für die mit Urteil vom 6. Dezember 1994 verhängte (Gesamt-)Freiheitsstrafe von einem Jahr eine fünfzehnjährige Tilgungsfrist gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG. Diese verlängerte sich gemäß § 46 Abs. 3 BZRG um die Dauer der verhängten Freiheitsstrafe; für diese Verlängerung kommt es nicht auf die Dauer ihrer Vollstreckung an (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 1999 - 4 StR 125/99, NStZ 1999, 466; Graf/Bücherl, Strafprozessordnung , § 46 BZRG Rn. 27). Somit war die Tilgungsfrist am 6. Oktober 2010, dem Tag der Urteilsverkündung, noch nicht abgelaufen. Die nach dem tatrichterlichen Urteil eingetretene Tilgungsreife der Eintragungen im Zentralregister ist vom Revisionsgericht nicht zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1993 - 5 StR 320/93, BGHR BZRG § 51 Tilgungsreife 1).
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Eintragungen im Erziehungsregister werden entfernt, sobald die betroffene Person das 24. Lebensjahr vollendet hat.

(2) Die Entfernung unterbleibt, solange im Zentralregister eine Verurteilung zu Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Jugendstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung eingetragen ist.

(3) Die Registerbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß Eintragungen vorzeitig entfernt werden, wenn die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse einer solchen Anordnung nicht entgegensteht. § 49 Abs. 3 ist anzuwenden.

(4) Die §§ 51, 52 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 141/12
vom
12. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 12. Juni
2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 28. November 2011 - soweit es ihn betrifft - im Strafausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet er die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel bleibt im Schuldspruch aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalt ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Strafausspruch kann jedoch nicht bestehen bleiben.
2
Die Strafkammer hat sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne ausdrücklich zum Nachteil des Angeklagten erwogen, dass er bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und schon mit Jugendarrest belegt worden ist. Das Landgericht hat dabei übersehen , dass der Angeklagte vor der Hauptverhandlung das 24. Lebensjahr vollendet hat und deshalb gemäß § 63 Abs. 1 BZRG alle Eintragungen im Erziehungsregister tilgungsreif waren. Sie durften daher gemäß § 63 Abs. 4 i.V.m. § 51 Abs. 1 BZRG bei der Strafzumessung nicht mehr verwertet werden. Der gegen den Angeklagten verhängte Jugendarrest wegen Zuwiderhandlungen gegen Auflagen aus der Verurteilung vom 21. September 2006 steht der Löschung der Eintragungen im Erziehungsregister gemäß § 63 Abs. 1 und 2 BZRG nicht entgegen. Er ist nach § 4 Nr. 1 BZRG weder im Zentralregister einzutragen noch stellt er als Ungehorsamsfolge einen Strafarrest im Sinne des § 63 Abs. 2 BZRG dar (BGH, Beschluss vom 1. Juli 2004 - 3 StR 179/04; StV 2004, 652).
3
Das Landgericht hätte deshalb bei Bemessung der Strafe lediglich die im Zentralregister eingetragene Verurteilung des Angeklagten vom 9. Februar 2011 zu einer geringen Geldstrafe berücksichtigen dürfen.
4
Einer Aufhebung der Feststellungen zum Strafausspruch bedarf es nicht, da lediglich ein Wertungsfehler vorliegt.
Becker Pfister Sost-Scheible Mayer Gericke

(1) Die frühere Tat darf abweichend von § 51 Abs. 1 nur berücksichtigt werden, wenn

1.
die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder eine Ausnahme zwingend gebietet,
2.
in einem erneuten Strafverfahren ein Gutachten über die Voraussetzungen der §§ 20, 21, 63, 64, 66, 66a oder 66b des Strafgesetzbuchs zu erstatten ist, falls die Umstände der früheren Tat für die Beurteilung der Schuldfähigkeit oder Gefährlichkeit der betroffenen Person von Bedeutung sind,
3.
die Wiederaufnahme des früheren Verfahrens beantragt wird,
4.
die betroffene Person die Zulassung zu einem Beruf oder einem Gewerbe, die Einstellung in den öffentlichen Dienst oder die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, eines Munitionserwerbscheins, Waffenscheins, Jagdscheins oder einer Erlaubnis nach § 27 des Sprengstoffgesetzes beantragt, falls die Zulassung, Einstellung oder Erteilung der Erlaubnis sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde; das gleiche gilt, wenn die betroffene Person die Aufhebung einer die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes untersagenden Entscheidung beantragt oder
5.
dies in gesetzlichen Bestimmungen unter Bezugnahme auf diese Vorschrift vorgesehen ist.

(2) Abweichend von § 51 Absatz 1 darf eine frühere Tat ferner

1.
in einem Verfahren, das die Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat,
2.
zur Ergreifung von Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Absatz 5 des Straßenverkehrsgesetzes
berücksichtigt werden, solange die Verurteilung nach den Vorschriften der §§ 28 bis 30b des Straßenverkehrsgesetzes verwertet werden darf. Außerdem dürfen für die Prüfung der Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen Entscheidungen der Gerichte nach den §§ 69 bis 69b des Strafgesetzbuches verwertet werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 309/12
vom
28. August 2012
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Ein Gutachten zum Bestehen eines Hanges im Sinne von § 66 StGB und einer
darauf beruhenden Gefährlichkeit eines Angeklagten ist kein "Gutachten über
den Geisteszustand", dessen Erstattung eine Verwertung von Taten aus im
Zentralregister getilgten oder tilgungsreifen Verurteilungen erlaubt.
BGH, Beschluss vom 28. August 2012 - 3 StR 309/12 - LG Mönchengladbach
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. August 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 9. Februar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte gegen den Angeklagten in einem ersten Urteil wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verhängt und die Sicherungsverwahrung angeordnet; von weiteren Tatvorwürfen hatte es ihn freigesprochen. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat das Urteil - unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels - im Maßregelausspruch aufgehoben (BGH, Beschluss vom 30. März 2010 - 3 StR 69/10, StV 2010, 484). Auf die dem Senat erst später vorgelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist das Urteil aufgehoben worden, soweit der Angeklagte vom Vorwurf des sexuellen Kindesmissbrauchs in acht weiteren Fällen freigesprochen worden war (BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 StR 69/10, NStZ 2011, 47).
2
Im zweiten Verfahrensdurchgang hat das Landgericht das Verfahren hinsichtlich der verbliebenen Tatvorwürfe auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt und erneut die Sicherungsverwahrung angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
3
Nach den aufgrund des rechtskräftigen Schuldspruchs bindenden Feststellungen missbrauchte der damals 57 oder 58 Jahre alte Angeklagte zwei Mädchen im Alter von zehn oder elf bzw. von zwölf Jahren, die er im unmittelbaren Wohnumfeld kennen gelernt und um die er sich im Einverständnis mit den Eltern als hilfsbereiter Nachbar gekümmert hatte. Er holte die Kinder von der Schule ab, machte Ausflüge mit ihnen und ließ sie in seiner Wohnung das Internet nutzen. In den Sommerferien 2008 waren die Kinder ständig von morgens bis abends bei ihm. Die Taten - darunter einmal Oralverkehr der beiden Mädchen am Angeklagten, wechselseitiges Anfassen an den Genitalien bei mehreren Gelegenheiten, Austausch von Zungenküssen sowie zwei Fälle des Vorzeigens pornographischer Filme - beging der Angeklagte "in dem Zeitraum von Anfang Juni bis Ende August 2008". Eine nähere Eingrenzung war der Kammer - von zwei Übergriffen abgesehen, die am 15. und 16. August 2008 stattfanden - nicht möglich.
4
Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält erneut rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
1. Die formellen Voraussetzungen der Maßregel gemäß § 66 Abs. 2 StGB aF sowie § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB aF hat das Landgericht unter Anwendung des zur Tatzeit geltenden Rechts (vgl. Art. 316e Abs. 2 EGStGB) allerdings ohne Rechtsfehler festgestellt. Der Angeklagte ist rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden, die aus verwirkten Einzelstrafen von drei Jahren und acht Monaten für das Verbrechen nach § 176a StGB aF sowie u.a. von zwei Jahren und drei Jahren für Vergehen nach § 176 StGB gebildet worden ist. Vorangegangener Verurteilungen zu Freiheitsstrafe und darauf beruhender Strafverbüßung bedurfte es in diesem Fall daher nicht.
6
2. Die materiellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung hat das Landgericht indes rechtsfehlerhaft begründet; denn es hat, um den Hang des Angeklagten zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden (§ 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF), zu belegen, mehrere Verurteilungen des Angeklagten zu dessen Nachteil herangezogen, die im Bundeszentralregister bereits getilgt waren. Dieser Rechtsfehler ist auf die Sachrüge zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 10. Januar 1973 - 2 StR 451/72, BGHSt 25, 100, 101; Beschluss vom 23. März 2006 - 4 StR 36/06, BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 9).
7
a) Die Strafkammer ist bei der Annahme, bei dem Angeklagten bestehe ein ausgeprägter Hang zur Begehung von Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern, den beiden gehörten Sachverständigen gefolgt. Diese haben ausgeführt , die Delinquenz des Angeklagten zeichne sich durch einen frühen Beginn und nahezu ausschließlich sexuellen Bezug aus. Insbesondere sei der Angeklagte zwischen seinem 21. und 28. Lebensjahr mehrfach wegen exhibitionistischer Handlungen verurteilt worden. Die Urteilsgründe geben in diesem Zu- sammenhang auszugsweise den Text dreier Urteile des Landgerichts Krefeld aus den Jahren 1972, 1978 und 1979 wieder. Danach hatte der Angeklagte Anfang 1971 im Alter von 20 Jahren dreimal nackt am Fenster der elterlichen Wohnung posiert und sein Glied auf der Straße spielenden Kindern vorgezeigt. Im September 1977 hatte er sich - inzwischen 27 Jahre alt - auf einem Weg vor zwei vierzehnjährigen Mädchen nackt präsentiert. Zuletzt hatte er Mitte Juli 1978 vor zwei dreizehn bzw. fünfzehn Jahre alten Schülerinnen sein Glied entblößt. Das Bundeszentralregister enthält lediglich die wegen der hier gegenständlichen Taten rechtskräftig verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Die Eintragungen über die Verurteilungen durch das Landgericht Krefeld sind getilgt worden.
8
b) Die Heranziehung der im Bundeszentralregister getilgten Vorstrafen zum Nachteil des Angeklagten verstößt gegen das gesetzliche Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 BZRG. Nach dieser Vorschrift dürfen aus der Tat, die Gegenstand einer getilgten Verurteilung ist, keine nachteiligen Schlüsse auf die Persönlichkeit des Angeklagten gezogen werden (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 - 3 StR 8/10, BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 11). Dieses Verwertungsverbot gilt auch, soweit über die Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung zu entscheiden ist (BGH, Urteil vom 10. Januar 1973 - 2 StR 451/72, BGHSt 25, 100, 104; Beschluss vom 4. Oktober 2000 - 2 StR 352/00, BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 7; Beschluss vom 27. Juni 2002 - 4 StR 162/02, NStZ-RR 2002, 332), und selbst dann, wenn der Angeklagte eine getilgte oder tilgungsreife Vorstrafe von sich aus mitgeteilt hat (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - 4 StR 428/11, NStZ-RR 2012, 143 mwN). Das Verwertungsverbot ist deshalb auch bei der nach § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF zu treffenden Entscheidung zu beachten, ob die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu schweren Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist.
9
Entgegen der Auffassung des Landgerichts rechtfertigt § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG die Verwertung getilgter Vorstrafen zu Lasten des Angeklagten bei Begutachtungen zur Unterbringung nach § 66 StGB nicht. Danach darf eine frühere Tat abweichend von § 51 Abs. 1 BZRG berücksichtigt werden, wenn in einem erneuten Strafverfahren ein Gutachten über den Geisteszustand des Betroffenen zu erstatten ist, falls die Umstände der früheren Tat für die Beurteilung seines Geisteszustands von Bedeutung sind. Ein Gutachten zum Bestehen eines Hanges im Sinne von § 66 StGB und einer darauf beruhenden Gefährlichkeit eines Angeklagten ist indes kein Gutachten über den Geisteszustand im Sinne des § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG. Hierzu im Einzelnen:
10
aa) Schon der Wortlaut des § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG legt es nahe, dass mit Geisteszustand der psychische Zustand des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung gemeint ist, über den im Rahmen der Schuldfähigkeitsprüfung gegebenenfalls ein Sachverständiger sein Gutachten zu erstatten hat. Der Begriff zielt deshalb auf die vier Eingangsmerkmale des § 20 StGB, die krankhafte seelische Störung, die tiefgreifende Bewusstseinsstörung, den Schwachsinn oder die schwere andere seelische Abartigkeit, ab. Vom Gutachten über das Vorliegen eines dieser Merkmale ist die nach § 246a StPO vor der Anordnung der Sicherungsverwahrung durchzuführende sachverständige Begutachtung zu unterscheiden. Nach dieser Vorschrift ist der Sachverständige "über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen". Die Vorschrift verwendet somit den Ausdruck "Geisteszustand" im Gegensatz zu § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG nicht. Kommt die Unterbringung nach § 66 StGB in Betracht, soll dem Tatgericht eine Entscheidungshilfe für die Beurteilung gege- ben werden, ob der Angeklagte infolge seines Hanges zur Begehung erheblicher Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist. Hangtäter ist dabei derjenige , der dauernd zu Straftaten entschlossen ist oder der aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung, deren Ursache unerheblich ist, immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. Oktober 2004 - 5 StR 130/04, NStZ 2005, 265). Bei der Prüfung des Hanges im Sinne des § 66 StGB geht es somit im Ergebnis nicht in erster Linie um die Bewertung des Geisteszustands des Täters, sondern um die wertende Feststellung einer persönlichen Eigenschaft (vgl. LK-Rissing-van Saan/Peglau, 12. Aufl., § 66 Rn. 118). Hierfür bedarf es nicht notwendigerweise der Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen. Zwar werden nach den Erfahrungen des Senats bei in Betracht kommender Sicherungsverwahrung überwiegend Ärzte als Gutachter herangezogen, doch findet dies seine Rechtfertigung vor allem darin, dass dabei regelmäßig zugleich untersucht werden muss, ob der Angeklagte bei der Tat in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt oder schuldunfähig war und deshalb unter Umständen eine andere Maßregel, insbesondere eine Unterbringung nach § 63 StGB, in Betracht kommt.
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bb) Für diese Auslegung spricht auch die ratio legis. Sinn und Zweck des Verwertungsverbots nach § 51 Abs. 1 BZRG ist es, den Angeklagten davor zu schützen, dass ihm nach Ablauf einer im Verhältnis zur erkannten Rechtsfolge kürzer oder länger bemessenen Frist straffreien Lebens alte Taten nochmals vorgehalten und zu seinem Nachteil verwertet werden. Dieses Schutzes bedarf der Angeklagte jedenfalls nicht in demselben Maße, wenn es um die Beurteilung der Schuldfähigkeit geht, da deren Ausschluss oder erhebliche Verminderung regelmäßig entweder die Bestrafung hindern oder die Strafe mildern. Lediglich bei der Anordnung einer Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB, § 42b StGB aF) kann die Ausnahmeregelung des § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG zu einer den Angeklagten belastenden, indes auch dessen Heilung dienenden Sanktion führen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1973 - 2 StR 451/72, BGHSt 25, 100, 104).
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cc) Den Gesetzesmaterialien ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Danach soll die Ausnahme vom Verwertungsverbot sicherstellen, "dass ein Gutachter in einem späteren Strafverfahren gegen den Betroffenen die frühere Tat nicht ausklammern muss, wenn es darum geht, den Geisteszustand des Betroffenen zu beurteilen" (Schriftlicher Bericht des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, BT-Drucks. VI/1550 S. 23), ohne dass der Begriff näher umschrieben wird.
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dd) Dafür, ein Gutachten über das Bestehen eines Hanges nach § 66 StGB nicht als Gutachten über den Geisteszustand im Sinne des § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG zu verstehen, spricht auch der Vergleich mit sonstigen kriminalprognostischen Entscheidungen und den ihnen vorangehenden Begutachtungen. So gilt etwa das gesetzliche Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG auch für die bei der Prüfung der Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 1 StGB zu treffende Prognoseentscheidung, ob der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 - 3 StR 8/10, BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 11). Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 StGB sind für diese Entscheidung u.a. die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat sowie seine Lebensverhältnisse und damit im Wesentlichen die gleichen Kriterien von Belang , die bei der Begutachtung nach § 66 StGB Bedeutung haben.
14
ee) Das aufgezeigte Verständnis des Regelungsgefüges der §§ 51, 52 BZRG steht auch im Übrigen in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach gilt die Ausnahme vom Verwertungsverbot nur, "wenn es um den Geisteszustand des Betroffenen geht, dessen Beurteilung zu einer Unterbringung nach § 42b StGB (Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt nach altem Recht) führen kann" (BGH, Urteil vom 10. Januar 1973 - 2 StR 451/72, BGHSt 25, 100, 104). Die indizielle Verwertung im Register getilgter früherer Verurteilungen zur Feststellung eines Hanges im Sinne von § 66 StGB zum Nachteil des Angeklagten ist mehrfach beanstandet worden (BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 2000 - 2 StR 352/00, BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot 7, und vom 27. Juni 2002 - 4 StR 162/02, NStZ-RR 2002, 332; zuletzt Beschluss vom 12. September 2007 - 5 StR 347/07, StV 2007, 633 - nur obiter). Soweit der 4. Strafsenat in einer späteren, vom Landgericht für seine Rechtsauffassung in Anspruch genommenen Entscheidung (BGH, Beschluss vom 8. März 2005 - 4 StR 569/04, BGHR BZRG § 51 Verwertungsverbot
8) in einem nicht tragenden Hinweis ohne nähere Begründung Zweifel an dieser Rechtsprechung angemeldet hat, teilt der Senat diese Bedenken aus den vorstehenden Gründen nicht.
15
c) Das Urteil beruht auf dem dargelegten Rechtsfehler. Die Erörterung der einem Verwertungsverbot unterliegenden Taten nimmt in den Urteilsgründen breiten Raum ein und ist Grundlage für die Einschätzung des Landgerichts, die Delinquenz des Angeklagten habe früh begonnen und weise nahezu ausschließlich sexuellen Bezug aus.
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3. Es ist abermals nicht völlig auszuschließen, dass eine neuerliche Verhandlung doch noch zur Feststellung von Umständen führt, welche die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung rechtfertigen könnten. Über den Maßregelausspruch muss deshalb nochmals tatrichterlich entschieden werden. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 StPO Gebrauch, die Sache an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen.
Schäfer Pfister RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Schäfer Mayer Gericke

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

(1) Die Registerbehörde kann auf Antrag oder von Amts wegen anordnen, daß Eintragungen entgegen den §§ 45, 46 zu tilgen sind, falls die Vollstreckung erledigt ist und das öffentliche Interesse der Anordnung nicht entgegensteht. Die Registerbehörde soll das erkennende Gericht und die sonst zuständige Behörde hören. Betrifft die Eintragung eine Verurteilung, durch welche eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist, so soll sie auch die Stellungnahme eines oder einer in der Psychiatrie erfahrenen medizinischen Sachverständigen einholen.

(2) Hat der Verurteilte infolge der Verurteilung durch ein Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, oder das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, verloren, so darf eine Anordnung nach Absatz 1 nicht ergehen, solange er diese Fähigkeit oder dieses Recht nicht wiedererlangt hat.

(3) Gegen die Ablehnung einer Anordnung nach Absatz 1 steht dem Antragsteller innerhalb zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Entscheidung die Beschwerde zu. Hilft die Registerbehörde der Beschwerde nicht ab, so entscheidet das Bundesministerium der Justiz.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Für die Feststellung und Berechnung der Frist gelten die §§ 35, 36 entsprechend.

(2) Die Tilgungsfrist läuft nicht ab, solange sich aus dem Register ergibt, daß die Vollstreckung einer Strafe oder eine der in § 61 des Strafgesetzbuchs aufgeführten Maßregeln der Besserung und Sicherung noch nicht erledigt oder die Strafe noch nicht erlassen ist. § 37 Abs. 1 gilt entsprechend.

(3) Sind im Register mehrere Verurteilungen eingetragen, so ist die Tilgung einer Eintragung erst zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Die Eintragung einer Verurteilung, durch die eine Sperre für die Erteilung der Fahrerlaubnis für immer angeordnet worden ist, hindert die Tilgung anderer Verurteilungen nur, wenn zugleich auf eine Strafe erkannt worden ist, für die allein die Tilgungsfrist nach § 46 noch nicht abgelaufen wäre.

Die Frist beginnt mit dem Tag des ersten Urteils (§ 5 Abs. 1 Nr. 4). Dieser Tag bleibt auch maßgebend, wenn

1.
eine Gesamtstrafe oder eine einheitliche Jugendstrafe gebildet,
2.
nach § 30 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes auf Jugendstrafe erkannt wird oder
3.
eine Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren ergeht, die eine registerpflichtige Verurteilung enthält.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 270/14
vom
15. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juli 2014 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 13. Februar 2014 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die in Polen erlittene Auslieferungshaft auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe im Maßstab 1:1 angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und wegen versuchter (besonders) schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete und auf die Verletzung materiellen sowie formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten war lediglich der Anrechnungsmaßstab für die durch den Angeklagten erlittene Auslieferungshaft zu bestimmen (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB, § 354 Abs. 1 StPO analog). Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf allerdings Folgendes:
2
1. In Einklang mit der Auffassung der Revision war in Bezug auf den Strafbefehl des Amtsgerichts Neumünster vom 13. Februar 2009 am Tag der Urteilsverkündung (13. Februar 2014) Tilgungsreife eingetreten. Sonderregelungen für die Berechnung des Fristenlaufs enthält das Bundeszentralregistergesetz nicht. Die §§ 42, 43 StPO beanspruchen lediglich Geltung für strafpro- zessuale Fristen (vgl. KK/Maul, StPO, 7. Aufl., § 43 Rn. 6), denen die zentralregisterrechtlichen Tilgungsfristen indessen nicht zugeordnet werden können. Demgemäß sind die allgemeinen Regelungen der §§ 186 ff. BGB heranzuziehen , an denen grundsätzlich auch das öffentliche Recht zu messen ist (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 6. Juli 1972 – GmS-OGB 2/71, BGHZ 59, 396, 397; BGH, Beschluss vom 24. November 1987 – 5 AR Vollz 6/87, BGHSt 35, 107, 110 f.). Im Hinblick darauf, dass § 47 Abs. 1 i.V.m. § 36 Satz 1, § 5 Abs. 1 Nr. 4 BZRG nicht an ein Ereignis oder einen in den Lauf des Tages fallenden Zeit- punkt anknüpft (vgl. § 187 Abs. 1 BGB), sondern an den „Tag“ des Urteils bzw. der Unterzeichnung des Strafbefehls, war der 13. Februar 2009 nach § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB in die Frist einzurechnen. Demnach hat die Fünfjahresfrist des § 46 Abs. 1 Nr. 1a BZRG mit Ablauf des 12. Februar 2014 geendet.
3
2. Das daraus resultierende Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG gefährdet den Bestand des Urteils jedoch letztlich nicht. Die Strafkammer hat den im Strafbefehl festgestellten Sachverhalt lediglich als eines von mehreren Anzeichen herangezogen, die die Richtigkeit der Aussage des Geschädigten unterstützten (UA S. 11). Die – von Realdetails geprägte und konstante – Aussage des Geschädigten (UA S. 10) wurde jenseits dessen in zentralen Teilen bestätigt durch die Bekundungen der Sicherheitskraft, die die Flucht zweier Täter beobachtete und Schüsse wahrnahm, sowie die Aussage des zum Tatort gerufenen Polizeibeamten namentlich zum Zustand des Zimmers des Opfers. Dem Opfer wurde auch über dessen Betreuer, der dies und die Gesamtumstände bestätigte, Ende des Jahres 2009 eine Geldzahlung für eine später tatsächlich erfolgte „Rücknahme“ der Strafanzeige gegen den Angeklagten angeboten und ausgezahlt. Hinsichtlich des geraubten Mobiltelefons wurden für den Zeitraum nach der Tat Verbindungsdaten zu dem Angeklagten nahestehenden Personen festgestellt.
4
Im Blick auf diese Beweislage kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer die Aussage des Opfers als unglaubhaft gewertet hätte und der Schuldspruch abweichend ausgefallen wäre, wenn der genannte Strafbefehl nicht herangezogen worden wäre. Gleiches gilt für den Strafausspruch. Denn die Strafkammer hat die „nicht nennenswerte“ Vorverurteilung ausdrücklich nicht zum Nachteil des Angeklagten gewichtet (vgl. UA S. 22, 23); es ist ausgeschlossen , dass sie den Angeklagten milder beurteilt hätte, wenn sie ihn als gänzlich unbestraft behandelt hätte.
Basdorf Sander Schneider
Dölp König

(1) Ist die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder ist sie zu tilgen, so dürfen die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden.

(2) Aus der Tat oder der Verurteilung entstandene Rechte Dritter, gesetzliche Rechtsfolgen der Tat oder der Verurteilung und Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die im Zusammenhang mit der Tat oder der Verurteilung ergangen sind, bleiben unberührt.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.