Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:181016B3STR186.16.0
bei uns veröffentlicht am18.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 186/16
vom
18. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:181016B3STR186.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 18. Oktober 2016 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 11. Januar 2016 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe verurteilt worden sind; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) der Tenor des vorbezeichneten Urteils, soweit es den Angeklagten M. S. betrifft, im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte aa) wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 72 Fällen, davon in 36 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in weiteren 36 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Trier vom 19. Juli 2011 - 8053 Js 17350/10 - 34 Ds - und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Trier vom 22. September 2010 - 8053 Js 17350/10 - 34 Ds - und des Amtsgerichts St. Wendel vom 11. März 2011 - 11 Ds 66 Js 2261/10 (455/10) - zu einer Gesamtfrei- heitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt ist, und bb) wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 105 Fällen, davon in 54 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in weiteren 51 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, sowie wegen sexueller Nötigung in drei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt ist;
c) das vorbezeichnete Urteil, soweit es die Angeklagte Ma. S. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der unterlassenen Hilfeleistung in drei Fällen schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Der Angeklagte M. S. hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. S. wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 180 Fällen, davon in 93 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in weiteren 87 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, sowie wegen sexueller Nötigung in drei Fällen unter "Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Trier vom 19. Juli 2011 - 8053 Js 17350/10.34 Ds -, dessen Gesamtfreiheitsstrafe aufgelöst wird und in Wegfall kommt", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte Ma. S. hat es wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in drei Fällen und wegen unterlassener Hilfeleistung in drei weiteren Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten erkannt. Dagegen wenden sich die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts sowie auf Verfahrensbeanstandungen gestützten Revisionen der Beschwerdeführer. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe jeweils wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern verurteilt hat, fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung einer Anklageerhebung und demzufolge auch an der eines Eröffnungsbeschlusses, so dass das Verfahren gemäß § 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO einzustellen ist.
3
a) Mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage war dem Angeklagten M. S. , soweit hier von Bedeutung, zur Last gelegt worden, in der Zeit von September 2009 bis zum 20. Oktober 2011 wöchentlich bei mindestens zwei Gelegenheiten mit der Nebenklägerin sexuelle Kontakte initiiert zu haben, die grundsätzlich gleichförmig verlaufen seien: Er habe zunächst unter der Kleidung des Kindes an den Brüsten und im Schambereich manipuliert, es dann ganz oder teilweise ausgezogen und an ihm ungeschützten Vaginal- und Oralverkehr praktiziert, wobei er beim Oralverkehr den Kopf des Mädchens jeweils fest an seinen Intimbereich gedrückt habe; damit habe er sich in 218 Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vergewaltigung schuldig gemacht. Der Angeklagten Ma. S. war vorgeworfen worden, in mindestens der Hälfte der Fälle "räumlich und zeitlich anwesend" gewesen zu sein und die Handlungen des Angeklagten wahrgenommen zu haben; gleichwohl habe sie als Mutter des Kindes jedes Mal nicht eingegriffen und dadurch die jeweiligen Tatbestandsverwirklichungen durch den Angeklagten M. S. gefördert und ermöglicht.
4
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es im Zeitraum vom 17. Januar 2010 bis zum 20. Oktober 2011 zu 177 Taten der in der Anklage beschriebenen Art, wobei die Strafkammer angenommen hat, dass nur bei wöchentlich einer Gelegenheit der Angeklagte den Oral- oder Vaginalverkehr mit der Nebenklägerin vornahm und sie bei einer zweiten Gelegenheit nur an der Brust und im Schambereich berührte und sich von ihr manuell befriedigen ließ oder dies vor ihr selbst tat. In den Fällen des Oralverkehrs habe er keine Gewalt angewandt. Betreffend die Angeklagte Ma. S. hat das Landgericht festgestellt, dass sie jedenfalls bei drei Gelegenheiten hinzukam, wenn der Angeklagte M. S. an der Nebenklägerin sexuelle Handlungen vornahm, und das Zimmer wieder verließ, ohne die Taten zu unterbinden oder der Nebenklägerin anderweitig zu Hilfe zu kommen.
5
Darüber hinaus hat das Landgericht zu den Fällen 178-180 der Urteilsgründe Folgendes festgestellt: An zwei nicht genau feststellbaren Tagen in der Zeit zwischen Fastnacht und dem 20. Oktober 2011 kam es dazu, dass die beiden Angeklagten die Nebenklägerin gemeinsam sexuell missbrauchten. Die Initiative dazu ging von dem Angeklagten M. S. aus, die Angeklagte Ma. S. beteiligte sich ihm zuliebe. In beiden Fällen begaben sich die Angeklagten gemeinsam mit der Nebenklägerin ins Elternschlafzimmer, entkleideten jedenfalls deren Oberkörper und die Angeklagte Ma. S. streichelte sie an der Brust und am gesamten Oberkörper. Der Angeklagte M. S. schaute zunächst nur zu, streichelte die Nebenklägerin dann aber auch selbst an der Brust und an der Scheide (Fälle 178-179 der Urteilsgründe). Bei einer weiteren Gelegenheit begaben sich die Angeklagten aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses gemeinsam mit der Nebenklägerin ins Schlafzimmer und entkleideten sie vollständig. Auf Aufforderung des Angeklagten M. S. führte die Angeklagte Ma. S. einen Dildo in die Vagina der Nebenklägerin ein; der Angeklagte M. S. beobachtete dies zunächst und begann später - sexuell erregt - die Nebenklägerin an Brust und im Schambereich zu streicheln (Fall 180 der Urteilsgründe).
6
Eine Nachtragsanklage, die diese Begehungsweisen zum Gegenstand hatte, ist nicht erhoben worden.
7
c) Die auf diese Feststellungen gestützte Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in drei Fällen hat keinen Bestand; das Verfahren ist insoweit einzustellen. Das von der Strafkammer festgestellte Geschehen weicht so deutlich von den in der Anklageschrift geschilderten geschichtlichen Vorgängen ab, dass es sich nicht mehr als eine von der Anklage bezeichnete Tat im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO darstellt. Hierzu gilt:
8
Gegenstand der Urteilsfindung ist nur die in der Anklage bezeichnete Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO. Allerdings hat das Gericht die angeklagte Tat im verfahrensrechtlichen Sinne erschöpfend abzuurteilen; zur Tat in diesem Sinne gehört das gesamte Verhalten der Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt. In diesem Rahmen muss das Tatgericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat erstrecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2014 - 4 StR 153/14, juris Rn. 5; Beschlüsse vom 27. November 2011 - 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169; vom 10. November 2008 - 3 StR 433/08, NStZ-RR 2009, 146, 147). Diese Umgestaltung der Strafklage darf aber nicht dazu führen, dass die Identität der von der Anklage umfassten Tat nicht mehr gewahrt ist, weil das ihr zugrunde liegende Geschehen durch ein anderes ersetzt wird (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 375/08, juris Rn. 8).
9
So verhält es sich indes hier: In den Fällen 178-180 der Urteilsgründe weichen die Feststellungen der Strafkammer hinsichtlich der Modalitäten der Tatbegehung so erheblich vom Anklagevorwurf ab, dass mit ihnen andere als die angeklagten Taten beschrieben sind. Nach dem dargelegten, der Anklageerhebung zugrunde liegenden Ermittlungsergebnis war die Nebenklägerin über Jahre hinweg Opfer einer Vielzahl von gleichartigen sexuellen Übergriffen des Angeklagten M. S. , die hinsichtlich der jeweiligen Tatzeit nicht näher bestimmt werden konnten. Hinsichtlich der Tatorte nannte die Anklageschrift jeweils drei Zimmer in den beiden von den Angeklagten und der Nebenklägerin bewohnten Wohnungen, ohne die einzelnen Taten bestimmten Räumen zuordnen zu können. Lediglich die Art und Weise der Tatverwirklichung war - wenn auch in allen 218 Fällen gleichartig - konkret beschrieben. Der gegen die Angeklagte Ma. S. erhobene Vorwurf knüpfte an diese Tatschilderung an, indem die Anklageschrift ihr zur Last legte, jeweils nicht eingegriffen zu haben, um die Taten zu verhindern.
10
Diese Fassung des Anklagesatzes begegnet zwar entgegen der Auffassung der Angeklagten Ma. S. keinen durchgreifenden Bedenken, denn bei einer Vielzahl sexueller Übergriffe gegenüber Kindern, die - wie hier - erst nach Jahren angezeigt werden, ist eine Individualisierung nach Tatzeit und exaktem Geschehensablauf nicht durchgehend möglich. Dies steht einer Anklageerhebung gleichwohl nicht entgegen; die Anklageschrift erfüllt in diesen Fällen ihre Umgrenzungsfunktion, wenn sie den Verfahrensgegenstand durch den zeitlichen Rahmen der Tathandlungen, die Nennung der Höchstzahl der innerhalb dieses Rahmens begangenen Taten, das Tatopfer und die wesentlichen Grundzüge des jeweiligen Tatgeschehens bezeichnet (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 1994- 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 46 f.; vom 29. Juli 1998 - 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 154 f.; vom 22. Oktober 2013 - 5 StR 297/13, NStZ 2014, 49 mwN). Ist in diesen Fällen im Wesentlichen die Art und Weise der Tatbegehung konkret geschildert, kommt dieser Beschreibung indes maßgebliche Bedeutung für die Individualisierung der zum Gegenstand der Anklage und später des Eröffnungsbeschlusses gemachten Taten zu (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2011 - 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169). Weichen die in der Hauptverhandlung festgestellten Verhaltensweisen davon in wesentlichen Punkten ab, handelt es sich bei diesen nicht mehr um von der Anklage umfasste Vorwürfe.
11
Vorliegend zeichneten sich die Anklagevorwürfe dadurch aus, dass allein der Angeklagte M. S. die Nebenklägerin sexuell missbraucht und die Angeklagte Ma. S. dies teilweise bemerkt und nichts dagegen unternommen habe. Davon weicht die in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe festgestellte gemeinsame Vorgehensweise - noch dazu im Fall 180 unter Verwendung eines in der Anklageschrift nicht erwähnten Dildos - so erheblich ab, dass sich diese Übergriffe auf die Nebenklägerin als andere prozessuale Taten darstellen , die das Landgericht nicht ohne die - hier fehlende - Erhebung einer Nachtragsanklage zum Gegenstand einer Verurteilung machen konnte.
12
2. Die Verfahrensrügen der Angeklagten bleiben - soweit es auf sie nach der teilweisen Einstellung des Verfahrens noch ankommt - aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
13
3. Die auf die erhobene Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keine Rechtsfehler zu Ungunsten der Angeklagten ergeben. Mit Blick auf die vorgenommene Teileinstellung des Verfahrens gilt Folgendes:
14
a) Der dadurch bedingte Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe lässt den Strafausspruch gegen den Angeklagten M. S. im Übrigen unberührt. Die erste verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wird davon ohnehin nicht betroffen, weil diese ohne Einbeziehung dieser Einzelstrafen gebildet worden ist. Angesichts der nach der Teileinstellung verbleibenden Einzelstrafen von 51 mal zwei Jahren und 54 mal drei Jahren und neun Monaten schließt der Senat aber auch aus, dass das Landgericht ohne die drei weggefallenen Strafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als fünf Jahre erkannt hätte; dies gilt auch eingedenk des Umstands , dass die Einsatzstrafe von vier Jahren und zwei Monaten im Fall 180 der Urteilsgründe verhängt worden ist.
15
Allerdings war der Tenor des Urteils entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts so neu zu fassen, dass sich schon aus ihm und nicht erst aus den Gründen ergibt, wegen welcher Taten der Angeklagte zu welcher Gesamtstrafe verurteilt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2015 - 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305).
16
b) Bei der Angeklagten Ma. S. bedingt der Wegfall der in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen von zweimal zwei Jahren und zwei Monaten und einmal zwei Jahren und neun Monaten mit Blick auf die verbleibenden Einzelstrafen von dreimal sechs Monaten hingegen den Wegfall der Gesamtfreiheitsstrafe; diese muss neu zugemessen werden. Die dazu getroffenen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler jedoch nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (s. § 353 Abs. 2 StPO).
Becker Gericke Tiemann Berg Hoch

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 206a Einstellung des Verfahrens bei Verfahrenshindernis


(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen. (2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2013 - 5 StR 297/13

bei uns veröffentlicht am 22.10.2013

5 StR 297/13 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 22. Oktober 2013 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Oktober 2013, an der teilgenom

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Okt. 2008 - 3 StR 375/08

bei uns veröffentlicht am 30.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 375/08 vom 30. Oktober 2008 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Oktober 2008, an der teilgenommen haben: Vorsitz

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - 1 StR 305/15

bei uns veröffentlicht am 18.08.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 3 0 5 / 1 5 vom 18. August 2015 in der Strafsache gegen wegen Betrugs Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. August 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Nov. 2014 - 4 StR 153/14

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 153/14 vom 20. November 2014 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. November 2014, an der teilge
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2019 - 1 StR 665/18

bei uns veröffentlicht am 25.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 665/18 vom 25. April 2019 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. ECLI:DE:BGH:2019:250419B1STR665.18.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschw

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2018 - 2 StR 390/17

bei uns veröffentlicht am 27.02.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 390/17 vom 27. Februar 2018 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. ECLI:DE:BGH:2018:270218B2STR390.17.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des General

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2017 - 1 StR 458/16

bei uns veröffentlicht am 20.06.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 458/16 vom 20. Juni 2017 BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ StPO § 353 Abs. 2 1. Für die Frage, wann Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17

bei uns veröffentlicht am 23.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 141/17 vom 23. Mai 2017 in der Strafsache gegen alias: wegen Betrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2017:230517B4STR141.17.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts , im Hinblick au

Referenzen

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verfahrenshindernis heraus, so kann das Gericht außerhalb der Hauptverhandlung das Verfahren durch Beschluß einstellen.

(2) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

5
Gemäß § 264 Abs. 1 StPO ist Gegenstand der Urteilsfindung die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Gegenstand der zugelassenen Anklage sind u.a. zehn Taten in der oben näher beschriebenen Ausführung in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. April 2010. Auf diese Taten erstreckte sich die Kognitionspflicht des Gerichts. Die abgeurteilte Straftat betrifft einen anderen Zeitraum. Zwar braucht eine Veränderung oder Erweiterung des Tatzeitraums die Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat nicht aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 – 3 StR 457/93, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 8), wenn die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalen individualisiert und dadurch weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen gekennzeichnet ist (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 2 StR 311/13 Rn. 4; Urteil vom 17. August 2000 – 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 133; Beschluss vom 13. März 1996 – 3 StR 43/96, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 19). Bei gleichartigen, nicht durch andere individuelle Tatmerkmale als die Tatzeit unterscheidbaren Serientaten heben dagegen Veränderungen und Erweiterungen des Tatzeitraumes die Identität zwischen angeklagten und abgeurteilten Taten auf.
8
Diese Umgestaltung der Strafklage darf aber nicht dazu führen, dass das der Anklage zu Grunde liegende Geschehen vollständig verlassen und durch ein anderes ersetzt wird, mag dieses auch gleichartig sein (Engelhardt in KK 6. Aufl. § 264 Rdn. 17 m. w. N.). So verhält es sich hier: Bei der von der Kammer aufgrund der Aussage der Nebenklägerin festgestellten Tat im Wohnwagen auf dem Campingplatz in W. anlässlich eines Besuches der Zeugin R. in der Haftanstalt - also an einem anderen Tatort und unter anderen Begleitumständen - handelt es sich um einen geschichtlichen Vorgang, der sich von den Anklagevorwürfen, die sich allein auf Taten im Schlafzimmer der Nebenklägerin bezogen, deutlich unterscheidet. Die erforderliche Tatidentität im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO liegt daher nicht mehr vor.
5 StR 297/13

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 22. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Oktober
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt H.
als Verteidiger,
Rechtsanwalt B.
als Nebenklägervertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. November 2012 aufgehoben , soweit das Landgericht das Verfahren hinsichtlich der Tatvorwürfe 1 bis 5 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) vom 13. November 2007 eingestellt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Die zugelassene Anklage legt dem Angeklagten u.a. sexuellen Missbrauch eines Kindes in fünf Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen (Tatvorwürfe 1 bis 5 der Anklage), zur Last. Nachdem insoweit wiederholt nach § 206a StPO ergangene Einstellungsbeschlüsse des Landgerichts in der Beschwerdeinstanz aufgehoben worden waren, hat das Landgericht die Tatvorwürfe 1 bis 5 nunmehr durch das angefochtene Urteil eingestellt, weil die Anklageschrift – entgegen der letzten Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts – insofern nicht den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO genüge. Allein hierauf hat die Staatsanwaltschaft ihre Revision beschränkt. Eine weitergehende Verfah- renseinstellung und die Freisprechung des Angeklagten von weiteren Tatvorwürfen wird nicht mehr angefochten.
2
Im Umfang der Durchführung hat das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg. Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor. Die Anklage konkretisiert die Tatvorwürfe 1 bis 5 noch hinreichend und ist insoweit wirksam.
3
Bei einer Vielzahl sexueller Übergriffe gegenüber Kindern, die häufig – soauch im vorliegenden Fall – erst nach längerer Zeit angezeigt werden, ist eine Individualisierung nach Tatzeit und exaktem Geschehensablauf oftmals nicht möglich. Das darf einer Anklageerhebung nicht entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfüllt die Anklageschrift in diesen Fällen bereits dann ihre Umgrenzungsfunktion, wenn sie den Verfahrensgegenstand durch den zeitlichen Rahmen der Tatserie, die Nennung der Höchstzahl der nach dem Anklagevorwurf innerhalb dieses Rahmens begangenen Taten, das Tatopfer und die wesentlichen Grundzüge des Tatgeschehens bezeichnet (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 46 f.; vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 154 f. mwN).
4
Diesen Anforderungen wird die Anklage noch gerecht. Sie geht davon aus, dass es in den Tatzeiträumen zu einer Vielzahl ähnlicher sexueller Übergriffe des Angeklagten auf seine Tochter C. gekommen ist. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb – unter Bezeichnung des Opfers, des Tatortes und der Tatzeiträume – nur Taten angeklagt, die sich in ihrer konkreten Ausführungsart unterscheiden. Die individualisierenden Merkmale lassen trotz der zum Teil langen Tatzeiträume konkrete Lebenssachverhalte erkennen und die Taten von anderen möglichen Übergriffen abgrenzen. Dass die Taten auch etwa detailreicher hätten dargestellt werden können (vgl. wesentliches Ergebnis der Ermittlungen, S. 20 der Anklageschrift) steht dem nicht entgegen. Eine Begrenzung der Anklage auf den Initialfall und jeweils einen Fall mit einer weitergehenden, je individuell unterschiedlichen Modalität hat – worauf das Oberlandesgericht in seiner Beschwerdeentscheidung zu Recht hingewiesen hat – zur Folge, dass nach einem Sachurteil auf der Grundlage dieser Anklage auch für weitere gleichartige oder ähnliche Taten in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes von einem Strafklageverbrauch auszugehen sein wird.
5
Eine Verurteilung wegen eines tateinheitlichen Vergehens nach § 174 StGB wird nach dem Zweifelsgrundsatz nur dann möglich sein, wenn sich sicher feststellen lässt, dass die entsprechende individualisierte Tat nach dem 9. Juni 1999 begangen worden ist (vgl. zur Verjährung S. 21 der Anklageschrift

).


Basdorf Sander Schneider Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 3 0 5 / 1 5
vom
18. August 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. August 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 9. März 2015 im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
2
Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und erweist sich im Übrigen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift dazu ausgeführt: "Die rechtsfehlerfreien Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch die Festsetzung der Einzelstrafen begegnet keinen rechtlichen Beden- ken. Allerdings kann die Gesamtstrafenbildung keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat übersehen, dass die mit Urteil des Amtsgerichts Sonthofen verhängte Einzelstrafe von acht Monaten nicht mit denjenigen Taten, die vor der Zäsurwirkung entfaltenden Verurteilung des Amtsgerichts Kempten vom 21. November 2011 begangen wurden, gesamtstrafenfähig ist. Denn ausweislich des Auszuges aus der Verurteilung des Amtsgerichts Sonthofen bezieht sich diese Einzelstrafe auf einen betrügerischen Bezug von Leistungen nach dem SGB II vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. Mai 2012 (UA S. 6). Eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung kommt jedoch nur in Betracht, wenn die einzubeziehende Tat vor der früheren Verurteilung begangen worden ist. Für die Frage, ob dies der Fall ist, kommt es auf die Beendigung der Tat an, weil sie erst in diesem Zeitpunkt abschließend beurteilt werden kann (LK-Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 9). § 55 StGB soll nur denjenigen Zustand herstellen, der sich ergeben hätte, wenn der damalige Richter die jetzt zu beurteilende Tat mit abgeurteilt hätte (BGH, Beschluss vom 10. Mai 1994 - 1 StR 142/94, NStZ 1994, 482), was voraussetzt, dass er sie überhaupt hätte aburteilen können. Ist die Tat zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beendet, ist dies nicht der Fall. Die Einzelstrafe von acht Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Sonthofen hätte deshalb Eingang in die zweite zu bildende Gesamtstrafe finden müssen."
4
Dem schließt sich der Senat an.
5
Das neu zuständige Tatgericht wird in den Blick zu nehmen haben, dass sich nicht nur aus den Gründen, sondern schon aus dem Tenor des Urteils ergeben muss, für welche Taten der Angeklagte zu welcher Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden ist. Der Senat weist zudem darauf hin, dass die neuen Ge- samtstrafen wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nur so hoch bemessen werden dürfen, dass sie zusammen die Summe der im angefochtenen Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafen nicht übersteigen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2013 - 4 StR 356/13, NStZ-RR 2014, 74).
Raum Graf Jäger
Cirener Mosbacher

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.