Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:230517B4STR141.17.0
23.05.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 141/17
vom
23. Mai 2017
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:230517B4STR141.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts , im Hinblick auf die Verfahrensbeschränkung mit dessen Zustimmung, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Mai 2017 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und Abs. 4, § 354 Abs. 1 analog, § 430 Abs. 1 StPO beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 19. Dezember 2016 wird

a) das Verfahren hinsichtlich Fall II.3 der Urteilsgründe eingestellt ;

b) von der Einziehung des Pkw mit der Fahrgestellnummer nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren abgesehen und die Verfolgung der Taten auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt;

c) das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II.7 der Urteilsgründe wegen Betrugs in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten verurteilt ist;
bb) im Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, dass die Einziehungsanordnung hinsichtlich des vorbezeichneten Pkw nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen; hiervon ausgenommen sind die auf Fall II.3 der Urteilsgründe und die Einziehungsentscheidung entfallenden Kosten und notwendigen Auslagen, die der Staatskasse zur Last fallen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, wegen versuchten Betrugs und wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es einen Pkw mit den zugehörigen Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren eingezogen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen Betrugs im Fall II.1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung stand; insbesondere besteht kein Verfahrenshindernis.
3
a) Deutsches Strafrecht ist anwendbar. Zwar teilt das Urteil weder den Ort, an dem die Täuschung über die vermeintliche Investitionsmöglichkeit statt- fand, noch die Staatsangehörigkeit der durchgehend im Ausland wohnenden Geschädigten mit. Die Tat ist jedoch gemäß § 3 StGB als Inlandstat verfolgbar, weil die Geschädigte dem Angeklagten einen Teil der von ihm ertrogenen Bargeldbeträge auf der deutschen Seite von R. übergab und hierdurch jedenfalls ein inländischer Erfolgsort im Sinne des § 9 Abs. 1 StGB gegeben ist.
4
b) Auch die Identität der ausgeurteilten mit der angeklagten Tat ist gewahrt. Der Umstand, dass nach den Urteilsfeststellungen die Geschädigte aufgrund Täuschung durch den Angeklagten dessen Hotel- undMietwagenkosten mit ihrer Kreditkarte bezahlte, während die Anklage noch davon ausgegangen war, dass die Geschädigte täuschungsbedingt dem Angeklagten ihre Kreditkarte überließ und er die Karte zum Ausgleich dieser Verbindlichkeiten einsetzte, steht der Identität der Tat im Sinne des § 264 StPO nicht entgegen, da diese Änderung die Individualisierung des geschichtlichen Vorgangs nicht berührt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. März 2017 – 4 StR 516/16; vom 18. Oktober 2016 – 3 StR 186/16, StraFo 2017, 26 f.; vom 10. November 2008 – 3 StR 433/08, NStZ-RR 2009, 146 f.).
5
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Betrugs im Fall II.6 der Urteilsgründe hat ebenfalls Bestand. Sie weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
6
a) Der vom Angeklagten durch Täuschung über seine Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit erschlichene Aufenthalt im Hotel des Geschädigten N. führte bei dem Geschädigten zu einem Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB, auch wenn es das Landgericht unterlassen hat, die Höhe der Hotelkosten mitzuteilen. Entgegen der Annahme der Strafkammer liegt ein Eingehungsbetrug vor, so dass der Betrug bereits durch die Überlassung des Hotelzimmers vollendet war; die spätere Zahlung der Hotelrechnung durch die Eltern seiner damaligen Partnerin bleibt bei der Ermittlung des tatbestandlichen Vermögensschadens unberücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2016 – 1 StR 456/15, NStZ 2016, 674, 675; Beschlüsse vom 14. März 2017 – 4 StR 472/16; vom 14. Juli 2016 – 4 StR 362/15, WM 2016, 1785, 1786). Dass der Angeklagte nur wegen versuchten Betrugs verurteilt wurde, beschwert ihn nicht.
7
b) Der Senat ist an einer Entscheidung gemäß § 349 Abs. 2 StPO nicht dadurch gehindert, dass der Generalbundesanwalt hinsichtlich dieser Tat die Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO beantragt hat. Denn im Ergebnis hat die Revision des Angeklagten auch nach Auffassung des Generalbundesanwalts keinen Erfolg (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2015 – 1 StR 279/15, wistra 2015, 476 mwN).
8
3. Hingegen hält im Fall II.7 der Urteilsgründe die tateinheitliche Verurteilung wegen Urkundenfälschung rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
a) Die vom Angeklagten zur Verstärkung der Täuschung lediglich per E-Mail an den Geschädigten übermittelte, angeblich von der Firma S. stammende Zusage, die Hotelkosten zu übernehmen, stellt nicht das Herstellen und Gebrauchen einer (schriftlichen) Urkunde im Sinne des § 267 StGB, sondern das Speichern und Gebrauchen beweiserheblicher Daten im Sinne des § 269 Abs. 1 StGB dar (vgl. Erb in MüKo-StGB, 2. Aufl., § 269 Rn. 33 mwN).
10
b) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte hierge- gen wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Der Strafausspruch bleibt von der Änderung des Schuldspruchs unberührt.
11
4. a) Aus verfahrensökonomischen Gründen stellt der Senat das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs des Diebstahls (Fall II.3 der Urteilsgründe) auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein und sieht mit dessen Zustimmung gemäß § 430 Abs. 1 StPO von der Einziehung des Pkw mit den zugehörigen Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren ab.
12
Im Fall II.3 sind der Bruch fremden (Mit-)Gewahrsams und damit die objektiven Voraussetzungen eines Diebstahls nicht belegt. Mit Blick auf die Einziehung des Fahrzeugs ist – neben Bedenken hinsichtlich dessen Einsatz als Tatmittel in den Fällen II.6 und II.7 der Urteilsgründe und bezüglich der Verhältnismäßigkeit der Einziehung – dem Urteil nicht zu entnehmen, dass sich das Landgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. März 2016 – 2 StR 243/15, NStZ 2017, 89, 90; vom 28. August 2011 – 4 StR 375/11; vom 4. Januar 1994 – 4 StR 718/93, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1).
13
b) Der Ausspruch über die Gesamtstrafe bleibt von der Verfahrenseinstellung unberührt. Mit Blick auf die weiteren Einzelstrafen – zwei Jahre und neun Monate, zweimal zwei Jahre, ein Jahr, neun Monate und sechs Monate – schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die für den Diebstahl verhängte Einzelstrafe von sechs Monaten auf eine noch niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
14
5. Das undatierte Schreiben des Angeklagten an den Senat, eingegangen am 23. Mai 2017, lag bei der Entscheidung vor.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17 zitiert 13 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafgesetzbuch - StGB | § 267 Urkundenfälschung


(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch i

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Strafgesetzbuch - StGB | § 9 Ort der Tat


(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte. (2) Die

Strafprozeßordnung - StPO | § 430 Stellung in der Hauptverhandlung


(1) Bleibt der Einziehungsbeteiligte in der Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht aus, kann ohne ihn verhandelt werden; § 235 ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt, wenn sich der Einziehungsbeteiligte aus der Hauptverhandlung entfernt

Strafgesetzbuch - StGB | § 3 Geltung für Inlandstaten


Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 269 Fälschung beweiserheblicher Daten


(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsst

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2017 - 4 StR 516/16

bei uns veröffentlicht am 29.03.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 516/16 vom 29. März 2017 in der Strafsache gegen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2017:290317B4STR516.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbu

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 433/08

bei uns veröffentlicht am 10.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 433/08 vom 10. November 2008 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2016 - 3 StR 186/16

bei uns veröffentlicht am 18.10.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 186/16 vom 18. Oktober 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. ECLI:DE:BGH:2016:181016B3STR186.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Besch

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2016 - 1 StR 456/15

bei uns veröffentlicht am 21.04.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 456/15 vom 21. April 2016 in der Strafsache gegen wegen Betrugs u.a. ECLI:DE:BGH:2016:210416U1STR456.15.0 2016, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum, d

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. März 2016 - 2 StR 243/15

bei uns veröffentlicht am 31.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 243/15 vom 31. März 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2016:310316B2STR243.15.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs ha

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2015 - 1 StR 279/15

bei uns veröffentlicht am 23.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 S t R 2 7 9 / 1 5 vom 23. Juli 2015 in der Strafsache gegen wegen Steuerhinterziehung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juli 2015 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Mai 2017 - 4 StR 141/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2018 - 4 StR 484/17

bei uns veröffentlicht am 19.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 484/17 vom 19. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. ECLI:DE:BGH:2018:190618B4STR484.17.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdefü

Referenzen

(1) Bleibt der Einziehungsbeteiligte in der Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht aus, kann ohne ihn verhandelt werden; § 235 ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt, wenn sich der Einziehungsbeteiligte aus der Hauptverhandlung entfernt oder bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung ausbleibt.

(2) Auf Beweisanträge des Einziehungsbeteiligten zur Frage der Schuld des Angeklagten ist § 244 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 bis 6 nicht anzuwenden.

(3) Ordnet das Gericht die Einziehung eines Gegenstandes nach § 74b Absatz 1 des Strafgesetzbuches an, ohne dass eine Entschädigung nach § 74b Absatz 2 des Strafgesetzbuches zu gewähren ist, spricht es zugleich aus, dass dem Einziehungsbeteiligten eine Entschädigung nicht zusteht. Dies gilt nicht, wenn das Gericht eine Entschädigung des Einziehungsbeteiligten nach § 74b Absatz 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches für geboten hält; in diesem Fall entscheidet es zugleich über die Höhe der Entschädigung. Das Gericht weist den Einziehungsbeteiligten zuvor auf die Möglichkeit einer solchen Entscheidung hin und gibt ihm Gelegenheit, sich zu äußern.

(4) War der Einziehungsbeteiligte bei der Verkündung des Urteils nicht zugegen und auch nicht vertreten, so beginnt die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn. Bei der Zustellung des Urteils kann das Gericht anordnen, dass Teile des Urteils, welche die Einziehung nicht betreffen, ausgeschieden werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 516/16
vom
29. März 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:290317B4STR516.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 29. März 2017 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 2. Juni 2016 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe (Tat vom 8. September 2013) verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) der Ausspruch über die erste Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 15. Juli 2014, aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Zeitz vom 13. September 2013, aus dem Urteil des Amtsgerichts Eggenfelden vom 17. Dezember 2013 und aus dem Urteil des Amtsgerichts Kulmbach vom 23. Januar 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es ihn wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt. Von den erkannten Gesamtfreiheitsstrafen gelten jeweils drei Monate als vollstreckt. Dagegen wendet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Beschwerdeführers, der zudem das Fehlen einer Anklage in den Fällen 2 und 3 der Urteilsgründe beanstandet. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall 2 der Urteilsgründe wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt hat, fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung einer Anklageerhebung und demzufolge auch an der eines Eröffnungsbeschlusses , so dass das Verfahren gemäß § 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO einzustellen ist.
3
a) Mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage war dem Angeklagten zur Last gelegt worden, die Nebenklägerin ab dem 30. August 2013 für ca. eine Woche in seiner im dritten Stock gelegenen Wohnung eingesperrt und täglich und fortwährend geschlagen zu haben, um sie einzuschüchtern und am Verlassen der Wohnung zu hindern. Unter anderem habe er der Nebenklägerin am 31. August 2013 mehrfach kräftig mit Fäusten ins Gesicht geschlagen, weil er Sex mit ihr habe haben wollen, dann jedoch seinen Entschluss, sexuell mit ihr zu verkehren, wieder aufgegeben. Zu einem nicht mehr genau bestimmten Zeitpunkt in diesem Tatzeitraum sei es der Nebenklägerin schließlich gelungen, aus der Wohnung zu fliehen.
4
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts hielten sich der Angeklagte und die Nebenklägerin am 8. September 2013 in der Wohnung des Angeklagten auf. Es kam unter anderem zu Streitigkeiten darüber, dass der Angeklagte seine frühere Wohnung nach einer Strafanzeige der Nebenklägerin verloren hatte. Der Angeklagte schlug der Nebenklägerin mindestens einmal mit der Faust auf ihr rechtes Auge und mit der flachen Hand oder der Faust auf ihr linkes Auge, gegen den linken Oberarm und den unteren Rücken, wodurch sie Schmerzen erlitt.
5
c) Die auf diese Feststellungen gestützte Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung hat keinen Bestand; das Verfahren ist insoweit einzustellen. Das von der Strafkammer festgestellte Geschehen weicht so deutlich von dem in der Anklageschrift geschilderten geschichtlichen Vorgang ab, dass es sich nicht mehr als eine von der Anklage bezeichnete Tat im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO darstellt. Hierzu gilt:
6
Gegenstand der Urteilsfindung ist nur die in der Anklage bezeichnete Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO. Allerdings hat das Gericht die angeklagte Tat im verfahrensrechtlichen Sinne erschöpfend abzuurteilen; zur Tat in diesem Sinne gehört das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt. In diesem Rahmen muss das Tatgericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat erstrecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2014 – 4 StR 153/14, StraFo 2015, 68; Beschlüsse vom 27. November 2011 – 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169; vom 10. November 2008 – 3 StR 433/08, NStZ-RR 2009, 146, 147). Diese Umgestaltung der Strafklage darf aber nicht dazu führen, dass die Identität der von der Anklage umfassten Tat nicht mehr gewahrt ist, weil das ihr zugrunde liegende Geschehen durch ein anderes ersetzt wird (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 375/08, juris Rn. 8).
7
So verhält es sich indes hier im Fall 2 der Urteilsgründe. Die Feststellungen der Strafkammer weichen hinsichtlich der Tatzeit, des Anlasses und der Umstände der Tatbegehung so erheblich vom Anklagevorwurf ab, dass mit ihnen eine andere als die angeklagte Tat beschrieben ist.
8
2. Demgegenüber ist im Fall 3 der Urteilsgründe die Identität der ausgeurteilten mit der angeklagten Tat gewahrt.
9
a) Nach der Anklageschrift verlangte der Angeklagte am 24. September 2013 von der Nebenklägerin Sex zu dritt mit der Zeugin W., die er zu diesem Zweck in seine Wohnung bestellt hatte. Die Nebenklägerin lehnte dies ab, weshalb sie der Angeklagte in Anwesenheit der Zeugin über mehrere Stunden körperlich misshandelte, insbesondere mehrfach mit den Fäusten ins Gesicht und gegen die Rippen schlug.
10
b) Nach den Urteilsfeststellungen verbrachten der Angeklagte, die Nebenklägerin und die Zeugin W. am Abend des 24. September 2013 einige Stunden gemeinsam in der Wohnung des Angeklagten. Ob es dabei zu sexuellen Handlungen kam, konnte die Strafkammer nicht feststellen. Nachdem die Zeugin die Wohnung verlassen hatte, schlug der Angeklagte der Nebenklägerin mindestens zweimal mit der Faust ins Gesicht, wodurch sie Schmerzen und Hämatome erlitt.
11
c) Dieser Sachverhalt wird entgegen der Auffassung der Revision von der zugelassenen Anklage erfasst. Änderungen im Tatsächlichen, die nicht zu einer Auswechslung des durch Anklage und Eröffnungsbeschluss konkretisierten geschichtlichen Sachverhaltes durch einen neuen führen und die daher die Individualisierung des Sachverhalts als ein bestimmtes, von anderen unterscheidbares historisches Ereignis nicht betreffen, bewirken nicht, dass dieser in der Hauptverhandlung festgestellte Sachverhalt nicht mehr von der Anklage erfasst würde.
12
Um eine solche die Individualisierung des geschichtlichen Vorgangs nicht berührende Änderung handelt es sich bei dem Umstand, dass die Körperverletzung am 24. September 2013 erst nach Verlassen der Wohnung durch die Zeugin W. und nicht in deren Beisein geschah.
13
3. Die Einstellung des Verfahrens im Fall 2 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Der neue Tatrichter wird zu prüfen haben, wann die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 3. Mai 2013 vollstreckt worden ist. Sollte die Strafe nach dem 15. Juli 2014 vollstreckt worden sein, wären die Strafen für die fünf Taten des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vom 6. Februar 2013 bis zum 5. März 2013 aus dem Urteil des Amtsgerichts Starnberg vom 15. Juli 2014 mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Leipzig gesamtstrafenfähig und nicht in eine im hiesigen Verfahren zu bildende Gesamtstrafe einzubeziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369, 370; vom 18. Dezember 2013 – 4 StR 356/13, NStZ-RR 2014, 74; vom 3. Juni 2014 – 4 StR 150/14). In diesem Fall dürften die beiden neu zu bildenden Gesamtstrafen wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO allerdings nur so hoch bemessen werden, dass sie zusammen die Summe der bisherigen ersten Gesamtfreiheitsstrafe und der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 3. Mai 2013 nicht übersteigen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2013 – 4 StR 356/13 mwN).
14
Die Aufhebung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe erfasst nicht die (auch) insoweit angeordnete Kompensation der bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135, 137 f.).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 186/16
vom
18. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:181016B3STR186.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 18. Oktober 2016 gemäß § 206a Abs. 1, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 11. Januar 2016 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe verurteilt worden sind; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) der Tenor des vorbezeichneten Urteils, soweit es den Angeklagten M. S. betrifft, im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte aa) wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 72 Fällen, davon in 36 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in weiteren 36 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern unter Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Trier vom 19. Juli 2011 - 8053 Js 17350/10 - 34 Ds - und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Trier vom 22. September 2010 - 8053 Js 17350/10 - 34 Ds - und des Amtsgerichts St. Wendel vom 11. März 2011 - 11 Ds 66 Js 2261/10 (455/10) - zu einer Gesamtfrei- heitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt ist, und bb) wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 105 Fällen, davon in 54 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in weiteren 51 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, sowie wegen sexueller Nötigung in drei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt ist;
c) das vorbezeichnete Urteil, soweit es die Angeklagte Ma. S. betrifft, aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte der unterlassenen Hilfeleistung in drei Fällen schuldig ist; bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Der Angeklagte M. S. hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. S. wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 180 Fällen, davon in 93 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern und in weiteren 87 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, sowie wegen sexueller Nötigung in drei Fällen unter "Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Trier vom 19. Juli 2011 - 8053 Js 17350/10.34 Ds -, dessen Gesamtfreiheitsstrafe aufgelöst wird und in Wegfall kommt", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte Ma. S. hat es wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in drei Fällen und wegen unterlassener Hilfeleistung in drei weiteren Fällen auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten erkannt. Dagegen wenden sich die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts sowie auf Verfahrensbeanstandungen gestützten Revisionen der Beschwerdeführer. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe jeweils wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern verurteilt hat, fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung einer Anklageerhebung und demzufolge auch an der eines Eröffnungsbeschlusses, so dass das Verfahren gemäß § 354 Abs. 1, § 206a Abs. 1 StPO einzustellen ist.
3
a) Mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage war dem Angeklagten M. S. , soweit hier von Bedeutung, zur Last gelegt worden, in der Zeit von September 2009 bis zum 20. Oktober 2011 wöchentlich bei mindestens zwei Gelegenheiten mit der Nebenklägerin sexuelle Kontakte initiiert zu haben, die grundsätzlich gleichförmig verlaufen seien: Er habe zunächst unter der Kleidung des Kindes an den Brüsten und im Schambereich manipuliert, es dann ganz oder teilweise ausgezogen und an ihm ungeschützten Vaginal- und Oralverkehr praktiziert, wobei er beim Oralverkehr den Kopf des Mädchens jeweils fest an seinen Intimbereich gedrückt habe; damit habe er sich in 218 Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vergewaltigung schuldig gemacht. Der Angeklagten Ma. S. war vorgeworfen worden, in mindestens der Hälfte der Fälle "räumlich und zeitlich anwesend" gewesen zu sein und die Handlungen des Angeklagten wahrgenommen zu haben; gleichwohl habe sie als Mutter des Kindes jedes Mal nicht eingegriffen und dadurch die jeweiligen Tatbestandsverwirklichungen durch den Angeklagten M. S. gefördert und ermöglicht.
4
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es im Zeitraum vom 17. Januar 2010 bis zum 20. Oktober 2011 zu 177 Taten der in der Anklage beschriebenen Art, wobei die Strafkammer angenommen hat, dass nur bei wöchentlich einer Gelegenheit der Angeklagte den Oral- oder Vaginalverkehr mit der Nebenklägerin vornahm und sie bei einer zweiten Gelegenheit nur an der Brust und im Schambereich berührte und sich von ihr manuell befriedigen ließ oder dies vor ihr selbst tat. In den Fällen des Oralverkehrs habe er keine Gewalt angewandt. Betreffend die Angeklagte Ma. S. hat das Landgericht festgestellt, dass sie jedenfalls bei drei Gelegenheiten hinzukam, wenn der Angeklagte M. S. an der Nebenklägerin sexuelle Handlungen vornahm, und das Zimmer wieder verließ, ohne die Taten zu unterbinden oder der Nebenklägerin anderweitig zu Hilfe zu kommen.
5
Darüber hinaus hat das Landgericht zu den Fällen 178-180 der Urteilsgründe Folgendes festgestellt: An zwei nicht genau feststellbaren Tagen in der Zeit zwischen Fastnacht und dem 20. Oktober 2011 kam es dazu, dass die beiden Angeklagten die Nebenklägerin gemeinsam sexuell missbrauchten. Die Initiative dazu ging von dem Angeklagten M. S. aus, die Angeklagte Ma. S. beteiligte sich ihm zuliebe. In beiden Fällen begaben sich die Angeklagten gemeinsam mit der Nebenklägerin ins Elternschlafzimmer, entkleideten jedenfalls deren Oberkörper und die Angeklagte Ma. S. streichelte sie an der Brust und am gesamten Oberkörper. Der Angeklagte M. S. schaute zunächst nur zu, streichelte die Nebenklägerin dann aber auch selbst an der Brust und an der Scheide (Fälle 178-179 der Urteilsgründe). Bei einer weiteren Gelegenheit begaben sich die Angeklagten aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses gemeinsam mit der Nebenklägerin ins Schlafzimmer und entkleideten sie vollständig. Auf Aufforderung des Angeklagten M. S. führte die Angeklagte Ma. S. einen Dildo in die Vagina der Nebenklägerin ein; der Angeklagte M. S. beobachtete dies zunächst und begann später - sexuell erregt - die Nebenklägerin an Brust und im Schambereich zu streicheln (Fall 180 der Urteilsgründe).
6
Eine Nachtragsanklage, die diese Begehungsweisen zum Gegenstand hatte, ist nicht erhoben worden.
7
c) Die auf diese Feststellungen gestützte Verurteilung der Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in drei Fällen hat keinen Bestand; das Verfahren ist insoweit einzustellen. Das von der Strafkammer festgestellte Geschehen weicht so deutlich von den in der Anklageschrift geschilderten geschichtlichen Vorgängen ab, dass es sich nicht mehr als eine von der Anklage bezeichnete Tat im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO darstellt. Hierzu gilt:
8
Gegenstand der Urteilsfindung ist nur die in der Anklage bezeichnete Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO. Allerdings hat das Gericht die angeklagte Tat im verfahrensrechtlichen Sinne erschöpfend abzuurteilen; zur Tat in diesem Sinne gehört das gesamte Verhalten der Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Lebensauffassung einen einheitlichen Vorgang darstellt. In diesem Rahmen muss das Tatgericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat erstrecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2014 - 4 StR 153/14, juris Rn. 5; Beschlüsse vom 27. November 2011 - 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169; vom 10. November 2008 - 3 StR 433/08, NStZ-RR 2009, 146, 147). Diese Umgestaltung der Strafklage darf aber nicht dazu führen, dass die Identität der von der Anklage umfassten Tat nicht mehr gewahrt ist, weil das ihr zugrunde liegende Geschehen durch ein anderes ersetzt wird (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 375/08, juris Rn. 8).
9
So verhält es sich indes hier: In den Fällen 178-180 der Urteilsgründe weichen die Feststellungen der Strafkammer hinsichtlich der Modalitäten der Tatbegehung so erheblich vom Anklagevorwurf ab, dass mit ihnen andere als die angeklagten Taten beschrieben sind. Nach dem dargelegten, der Anklageerhebung zugrunde liegenden Ermittlungsergebnis war die Nebenklägerin über Jahre hinweg Opfer einer Vielzahl von gleichartigen sexuellen Übergriffen des Angeklagten M. S. , die hinsichtlich der jeweiligen Tatzeit nicht näher bestimmt werden konnten. Hinsichtlich der Tatorte nannte die Anklageschrift jeweils drei Zimmer in den beiden von den Angeklagten und der Nebenklägerin bewohnten Wohnungen, ohne die einzelnen Taten bestimmten Räumen zuordnen zu können. Lediglich die Art und Weise der Tatverwirklichung war - wenn auch in allen 218 Fällen gleichartig - konkret beschrieben. Der gegen die Angeklagte Ma. S. erhobene Vorwurf knüpfte an diese Tatschilderung an, indem die Anklageschrift ihr zur Last legte, jeweils nicht eingegriffen zu haben, um die Taten zu verhindern.
10
Diese Fassung des Anklagesatzes begegnet zwar entgegen der Auffassung der Angeklagten Ma. S. keinen durchgreifenden Bedenken, denn bei einer Vielzahl sexueller Übergriffe gegenüber Kindern, die - wie hier - erst nach Jahren angezeigt werden, ist eine Individualisierung nach Tatzeit und exaktem Geschehensablauf nicht durchgehend möglich. Dies steht einer Anklageerhebung gleichwohl nicht entgegen; die Anklageschrift erfüllt in diesen Fällen ihre Umgrenzungsfunktion, wenn sie den Verfahrensgegenstand durch den zeitlichen Rahmen der Tathandlungen, die Nennung der Höchstzahl der innerhalb dieses Rahmens begangenen Taten, das Tatopfer und die wesentlichen Grundzüge des jeweiligen Tatgeschehens bezeichnet (vgl. BGH, Urteile vom 11. Januar 1994- 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 46 f.; vom 29. Juli 1998 - 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 154 f.; vom 22. Oktober 2013 - 5 StR 297/13, NStZ 2014, 49 mwN). Ist in diesen Fällen im Wesentlichen die Art und Weise der Tatbegehung konkret geschildert, kommt dieser Beschreibung indes maßgebliche Bedeutung für die Individualisierung der zum Gegenstand der Anklage und später des Eröffnungsbeschlusses gemachten Taten zu (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2011 - 3 StR 255/11, NStZ 2012, 168, 169). Weichen die in der Hauptverhandlung festgestellten Verhaltensweisen davon in wesentlichen Punkten ab, handelt es sich bei diesen nicht mehr um von der Anklage umfasste Vorwürfe.
11
Vorliegend zeichneten sich die Anklagevorwürfe dadurch aus, dass allein der Angeklagte M. S. die Nebenklägerin sexuell missbraucht und die Angeklagte Ma. S. dies teilweise bemerkt und nichts dagegen unternommen habe. Davon weicht die in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe festgestellte gemeinsame Vorgehensweise - noch dazu im Fall 180 unter Verwendung eines in der Anklageschrift nicht erwähnten Dildos - so erheblich ab, dass sich diese Übergriffe auf die Nebenklägerin als andere prozessuale Taten darstellen , die das Landgericht nicht ohne die - hier fehlende - Erhebung einer Nachtragsanklage zum Gegenstand einer Verurteilung machen konnte.
12
2. Die Verfahrensrügen der Angeklagten bleiben - soweit es auf sie nach der teilweisen Einstellung des Verfahrens noch ankommt - aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
13
3. Die auf die erhobene Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keine Rechtsfehler zu Ungunsten der Angeklagten ergeben. Mit Blick auf die vorgenommene Teileinstellung des Verfahrens gilt Folgendes:
14
a) Der dadurch bedingte Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe lässt den Strafausspruch gegen den Angeklagten M. S. im Übrigen unberührt. Die erste verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wird davon ohnehin nicht betroffen, weil diese ohne Einbeziehung dieser Einzelstrafen gebildet worden ist. Angesichts der nach der Teileinstellung verbleibenden Einzelstrafen von 51 mal zwei Jahren und 54 mal drei Jahren und neun Monaten schließt der Senat aber auch aus, dass das Landgericht ohne die drei weggefallenen Strafen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als fünf Jahre erkannt hätte; dies gilt auch eingedenk des Umstands , dass die Einsatzstrafe von vier Jahren und zwei Monaten im Fall 180 der Urteilsgründe verhängt worden ist.
15
Allerdings war der Tenor des Urteils entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts so neu zu fassen, dass sich schon aus ihm und nicht erst aus den Gründen ergibt, wegen welcher Taten der Angeklagte zu welcher Gesamtstrafe verurteilt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2015 - 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305).
16
b) Bei der Angeklagten Ma. S. bedingt der Wegfall der in den Fällen 178-180 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen von zweimal zwei Jahren und zwei Monaten und einmal zwei Jahren und neun Monaten mit Blick auf die verbleibenden Einzelstrafen von dreimal sechs Monaten hingegen den Wegfall der Gesamtfreiheitsstrafe; diese muss neu zugemessen werden. Die dazu getroffenen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler jedoch nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (s. § 353 Abs. 2 StPO).
Becker Gericke Tiemann Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 433/08
vom
10. November 2008
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. November
2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 206 a Abs. 1 StPO

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 14. Mai 2008 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 4. der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
b) das vorbezeichnete Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in drei Fällen schuldig ist, bb) im Gesamtstrafenausspruch und zur Adhäsionsentscheidung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels sowie die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie im Adhäsionsverfahren zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Nebenklägerin verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Einstellung des Verfahrens sowie zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und der Adhäsionsentscheidung; im Übrigen bleibt es ohne Erfolg.
2
1. Für die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 4. der Urteilsgründe fehlt es an einer Verfahrensvoraussetzung; die geahndete Tat wird von der erhobenen Anklage nicht erfasst. Mit der - unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen - Anklageschrift vom 11. Januar 2008 war dem Angeklagten zur Last gelegt worden, im Zeitraum von Januar 2005 bis August 2006 zu nicht näher bestimmbaren Tatzeitpunkten die Nebenklägerin in drei Fällen aufgefordert zu haben, sich im Schlafzimmer auf das Bett zu legen, wo er ihr Hose und Unterhose ausgezogen, sie an ihrer Scheide gestreichelt und gerieben habe; die Nebenklägerin habe auf seine Veranlassung zunächst an seinem Penis gerieben und er sich alsdann mit der anderen Hand vor ihren Augen selbst befriedigt habe. In einem dieser drei Fälle habe sie auch seinen Penis in den Mund genommen. In einem weiteren Fall habe er sich zu ihr in das Kinderzimmer begeben , sie aufgeweckt und mit der Hand an ihrer Scheide gerieben.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts kam es zu zwei der angeklagten Übergriffe im Schlafzimmer sowie zu der Tat im Kinderzimmer. Darüber hinaus hat es im Fall II. 4. der Urteilsgründe festgestellt, der Angeklagte sei bei einer anderen, zeitlich nicht näher bestimmbaren Gelegenheit in der Zeit von August 2005 bis August 2006 mit der Nebenklägerin allein im Bad gewesen und habe ihr die Haare gemacht. Dabei habe er mit einer Hand an ihre nackte Scheide gefasst und daran gerieben.
4
Das letztgenannte, von der Nebenklägerin - wie die Urteilsgründe mitteilen - erstmals in der Hauptverhandlung berichtete Geschehen weicht angesichts der Besonderheiten des der Anklageerhebung zugrunde liegenden Ermittlungsergebnisses so deutlich von den in der Anklageschrift geschilderten geschichtlichen Vorgängen ab, dass es sich nicht mehr als eine von der Anklage bezeichnete Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO darstellt. Zwar muss das Gericht seine Untersuchung auch auf Teile der Tat erstrecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden; dabei muss aber stets die Identität der Tat gewahrt bleiben (BGH NStZ-RR 1996, 203). Dies ist hier nicht der Fall.
5
Die auf den Angaben der lernbehinderten, in zeitlicher Hinsicht nicht orientierten Nebenklägerin beruhenden Anklagevorwürfe konnten im Ermittlungsverfahren nur in Bezug auf den Tatort und die Tathandlungen konkretisiert werden , nicht aber in Bezug auf eine Tatzeit oder -häufigkeit. Diese Schwierigkeiten hatten die Staatsanwaltschaft veranlasst, hinsichtlich etwaiger weiterer Taten das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 StPO vorläufig einzustellen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei dem von der Strafkammer festgestellten Übergriff des Angeklagten an einem anderen Tatort, mit anderen Tatmodalitäten und weiteren, in der Anklage nicht geschilderten Begleitumständen um ein anderes als das angeklagte Geschehen, so dass keine Tatidentität mehr vorliegt. Eine Nachtragsanklage ist nicht erhoben worden; der von der Kammer am letzten Tag der Hauptverhandlung erteilte Hinweis war nicht ausreichend (vgl. Engelhardt in KK 6. Aufl. § 266 Rdn. 2).
6
Gemäß § 354 Abs. 1, § 206 a Abs. 1 StPO ist das Verfahren demgemäß in dem genannten Fall einzustellen; dies führt wegen des Wegfalls der insoweit verhängten Einzelstrafe zur Aufhebung der Gesamtstrafe und - weil sich die Strafkammer für die Zuerkennung des Schmerzensgeldes auf vier Fälle des sexuellen Missbrauchs gestützt hat - zur Aufhebung der Adhäsionsentscheidung.
7
2. Im verbleibenden Umfang der Verurteilung hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
8
3. Der neue Tatrichter wird bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass das Urteil die Anklage nicht erschöpft, weil über den dritten angeklagten Fall des sexuellen Missbrauchs im Schlafzimmer eine Entscheidung nicht ergangen ist. Dies ist nachzuholen (vgl. BGH NJW 1993, 3338, 3339).
Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, ist Strafklageverbrauch nicht eingetreten (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 48).
Becker Miebach Sost-Scheible
Hubert Schäfer

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 456/15
vom
21. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:210416U1STR456.15.0
2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, Dr. Bär,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich,
Rechtsanwältin als Verteidigerin,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
des Landgerichts Heilbronn vom 27. April 2015 im Strafausspruch mit den dazu gehörenden Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in zwei Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Urkundenfälschung, schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf eines weiteren Betrugs freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte war faktischer Inhaber der gemeinsam mit seiner Ehefrau als formeller Inhaberin betriebenen Einzelfirma O. -C. D. -Druckmaschinen (im Folgenden: Firma O. ). Während die Firma zunächst noch Gewinne erzielte, mangelte es ihr ab dem Jahr 2009 trotz des in diesem Jahr noch erzielten Gewinns bereits an Liquidität. Diese versuchte sich der Angeklagte ab diesem Zeitpunkt vor allem dadurch zu verschaffen, dass er Verträge im sog. Sale-and-Lease-back-Verfahren mit Leasingfirmen abschloss.
4
a) So wurde am 9. Dezember 2009 mit der Firma U. GmbH (Fall 1) ein Leasingvertrag über insgesamt fünf Drucker (ein AGFA- und vier Jetrix-Drucker) im Finanzierungsvolumen von 567.927,50 Euro geschlossen. Die Firma U. finanzierte die Anschaffungskosten der betreffenden Drucker, die dafür zur Sicherheit übereignet und der Firma des Angeklagten gegen eine über einen Zeitraum von 48 Monaten zu zahlende monatliche Leasingrate von 13.163,42 Euro zur Nutzung überlassen werden sollten. Tatsächlich erhielt die U. jedoch nach Auffassung des Landgerichts kein Eigentum an den Druckern und damit keine Sicherheit für den Fall der Verwertung. Hinsichtlich des AGFA-Druckers hatte der Angeklagte eine ihm vorliegende frühere Rechnung des Verkäufers gefälscht und als Originalrechnung zum Beweis für den Erwerb vorgelegt, ohne dass ein tatsächlicher Erwerb eines solchen Gerätes erfolgte. Auch hinsichtlich der vier Jetrix-Drucker legte der Angeklagte als Nachweis für die Anschaffung Rechnungen vor, die mit PhantasieSeriennummern versehen waren, so dass diese Drucker nicht bestimmten Ge- räten im Betrieb des Angeklagten zugeordnet werden konnten. Entsprechend den vorgelegten Belegen zahlte die U. am 21. Januar 2010 den vollen Finanzierungsbetrag an die Firma des Angeklagten in dem Vertrauen aus, die Leasingraten zu erhalten und die übereigneten Gegenstände später im Fall eines notleidenden Vertrages als Sicherheit verwerten zu können. Der Angeklagte rechnete oder nahm im Zeitpunkt des Vertragsschlusses billigend in Kauf, dass sich die wirtschaftliche Lage der Firma so verschlechtern würde, dass ein Verwertungsfall eintreten, ein Zugriff auf die Geräte aber nicht erfolgen könnte. In der Folgezeit entrichtete der Angeklagte ab Februar 2010 bis November 2011 die monatlichen Leasingraten in Höhe von 13.163,42 Euro, so dass von den vereinbarten 48 Leasingraten noch 278.138,40 Euro zur Zahlung offen waren. Im Zeitpunkt der Insolvenz der Firma bzw. Kündigung des Leasingvertrages im März 2012 hatten die fünf Drucker einen geschätzten Zeitwert von 125.000 Euro.
5
b) Am 29. Oktober 2010 kam es zu einem entsprechenden Finanzierungs - und Leasingvertrag mit der Firma W. (Fall 2) über einen Drucker mit Anschaffungskosten in Höhe von 95.806,90 Euro. Auch hier wurde über die Verschaffung einer Sicherheit getäuscht, denn die Firma des Angeklagten war nicht in der Lage, dem Leasinggeber Eigentum an dem Drucker zu verschaffen, da dieser – wie dem Angeklagten bekannt – bereits am 24. August 2010 weiterverkauft und ausgeliefert worden war. Der Angeklagte rechnete damit, dass sich die wirtschaftliche Lage der Firma spürbar verschlechtern würde und ein Verwertungsfall eintreten könnte. Er nahm damit billigend in Kauf, dass hier kein Zugriff auf den Drucker als Sicherheit möglich war. Dies umso mehr, als die Firma des Angeklagten bereits im Juni 2010 ein Darlehen über 300.000 Euro von einem Dritten zur Aufrechterhaltung der Liquidität benötigt hatte. Nach Auszahlung der Finanzierungssumme am 3. November 2010 erfolgten auch hier von Januar bis Dezember 2012 Zahlungen der 64 vereinbarten Leasingra- ten von monatlich 1.451,60 Euro, so dass noch ein Restbetrag von 78.387,70 Euro offen war. Der Zeitwert des Druckers betrug im März 2012 bei Insolvenzeröffnung bzw. Kündigung des Leasingvertrages geschätzt 40.000 Euro.
6
c) Das Landgericht hat beide Taten als vollendeten Betrug gewertet, im Fall 1 zusätzlich in Tateinheit mit Urkundenfälschung. Bei der Ermittlung des Schadensumfangs hat das Landgericht darauf abgestellt, dass den Leasingfirmen zwar ein Zugriff auf die Geräte nicht möglich war, es hat aber einen betrugsrelevanten Vermögensschaden nur in Höhe des jeweiligen Zeitwerts der Drucker im Zeitpunkt der Kündigung der Verträge bzw. der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Firma des Angeklagten im März 2012 in Höhe von 125.000 Euro im Fall 1 und in Höhe von 40.000 Euro im Fall2 angenommen. Das Landgericht ist in beiden Fällen im Hinblick auf die Schadensbestimmung davon ausgegangen, dass der Anspruch der Leasinggeber auf Zahlung der Leasingraten durch den Angeklagten im Zeitpunkt der Auszahlung der Finanzierungsbeträge noch voll werthaltig war (UA S. 28 und 30).
7
2. Daneben lag dem Angeklagten im Fall 3 zur Last, den Zeugen A. betrügerisch dadurch geschädigt zu haben, dass er ihn am 29. November 2011 zur Bezahlung des Kaufpreises für zwei Druckmaschinen in Höhe von 147.920 Euro gegen sofortige Weiterleitung des Erlöses aus dem Weiterverkauf dieser vorfinanzierten Summe veranlasste, obwohl er wusste, dass die direkte Überweisung etwa erhaltener Zahlungen aus dem Weiterverkauf durch die Zahlungsunfähigkeit der Firma O. extrem gefährdet war, da jederzeit mit Kontenpfändungen gerechnet werden musste.
8
Insoweit hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen, da es schon nicht feststellen konnte, dass der Angeklagte über die finanzielle Lage der Firma O. und mögliche Kontopfändungen getäuscht habe. Da die Auszahlung des Betrages nicht an die Firma, sondern direkt an den Lieferanten erfolgte, um eine Arretierung der zur Verfügung gestellten Gelder zu verhindern, und der Angeklagte auch wenige Tage vor Vertragsschluss einen weiteren Finanzierungsbedarf gegenüber dem Zeugen geltend machte, mussten sich weitere Kontopfändungen geradezu aufdrängen. Im Übrigen hat es das Landgericht auch als nicht ausreichend belegt angesehen, dass der Angeklagte nicht zahlungswillig gewesen sei.

II.

9
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in Bezug auf den Strafausspruch Erfolg, da das Landgericht den Schadensumfang beim Betrug rechtsfehlerhaft bestimmt hat. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
10
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist in Bezug auf die Verurteilung (Fall 1 und 2) wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
11
a) Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Revisionsbegründungsschrift keine ausdrückliche Beschränkung ihres Rechtsmittels erklärt und auch keinen entsprechenden Revisionsantrag gestellt. Da damit der Umfang der Revisionsanfechtung unklar bleibt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285 mwN). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist hier allein der Strafausspruch angefochten. Die Staatsanwaltschaft macht im Rahmen der Begründung ausschließlich geltend, dass der relevante Schaden durch das Landgericht rechtsfehlerhaft bestimmt wurde und auch die Erwägungen zur Strafzumessung in sich nicht schlüssig und daher aufzuheben sind.
12
b) Diese Beschränkung des Rechtsmittels ist in Bezug auf die Verurteilung des Angeklagten auch wirksam, da die rechtsfehlerfrei getroffenen Schuldfeststellungen des Landgerichts im Fall 1 und 2 eine eigenständige Überprüfung des Strafausspruchs ermöglichen.
13
Vorliegend hat die Minderung des strafrechtlich geschützten Vermögens der Geschädigten, die mit der Leistungserbringung durch Auszahlung der jeweiligen Finanzierungssummen an den Angeklagten verbunden war, in der gedachten Vermögensbilanz jedenfalls zu keinen betrugsstrafrechtlich relevanten wertäquivalenten Vermögenszuwächsen in gleicher Höhe geführt, so dass angesichts der obigen Feststellungen des Landgerichts auszuschließen ist, dass den Gläubigern im vorliegenden Fall überhaupt kein Schaden entstanden sein könnte. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass das Landgericht (UA S. 28 und 30) im Rahmen der Beweiswürdigung den Anspruch auf Zahlung der Leasingraten noch als voll werthaltig beurteilt hat. Diese Erwägung steht indes in Widerspruch zu weiteren Feststellungen. So mangelte es der Firma O. bereits ab dem Jahr 2009 an Liquidität (UA S. 9) und die Firma O. benötigte im Juni 2010 ein Darlehen von 300.000 Euro, um auf Grund der weiterhin angespannten Marktlage zu verhindern, dass ein Verwertungsfall eintritt (UA S. 16). Damit hing es letztlich allein vom Zufall ab, ob die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen noch erfüllt werden konnten oder nicht. Dies trägt den Schuldspruch wegen Betrugs in den Fällen 1 und 2.
14
2. Der Strafausspruch gegen den Angeklagten begegnet aber durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht den Schuldumfang der Betrugstaten nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat. Dieser Fehler kann sich sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten auswirken (§ 301 StPO).

15
a) Maßgeblich für die Berechnung des Vermögensschadens ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199). Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung ; st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2016 – 1 StR 435/15; vom 8. Oktober 2014 – 1 StR 359/13 Rn. 31, BGHSt 60, 1 und vom 27. Juni 2012 – 2StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77; Beschlüsse vom 16. Juni 2014 – 4 StR 21/14 Rn. 24, NStZ 2014, 3170; vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, wistra 2014, 270; vom 29. Januar 2013 – 2StR 422/12, NStZ 2013, 711; vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 113 f. und vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201, jeweils mwN). Welche Vermögenspositionen im Einzelnen in die Gesamtsaldierung einzustellen sind, bestimmt sich letztlich danach, auf welches unmittelbar vermögensmindernde Verhalten des im Irrtum befindlichen Täuschungsopfers (Vermögensverfügung) abgestellt wird. Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang (BGH, Beschluss vom 23. Februar 1982 – 5 StR 685/81, BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2006 – 1 StR 379/05, BGHSt 51, 10, 17 Rn. 23). Wurde der Getäuschte – wie hier – zum Abschluss eines Darlehens- und Leasingvertrages verleitet, sind bei der für die Schadensbestimmung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Vertragspartner und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen (Eingehungsschaden).
16
b) Soweit das Landgericht bei der Bestimmung des Schadensumfangs hier allein auf den hypothetischen Zeitwert der Druckmaschinen im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bzw. Kündigung des Leasingvertrages abstellt, erweist sich dies als rechtsfehlerhaft.
17
aa) Entsprechend den dargestellten Grundsätzen hätte vom Landgericht im Zeitpunkt der Auszahlung der jeweiligen Finanzierungssummen (Vermögensverfügung ) durch die Kredit- und Leasinggeber im Januar und im November 2010 beurteilt werden müssen, in welchem Umfang die vom Angeklagten zu erbringenden Gegenleistungen als werthaltig anzusehen waren. Nach dem vom Landgericht festgestellten Vertragsinhalt ergab sich für die Firma des Angeklagten in doppelter Hinsicht eine vertragliche Verpflichtung, nämlich zur Sicherungsübereignung der gekauften Drucker sowie zur Zahlung der vereinbarten Leasingraten von 48 bzw. 64 Monaten während der vereinbarten Nutzungsdauer der Geräte.
18
bb) Auf der einen Seite wären damit zur Schadensbestimmung sowohl die Werthaltigkeit als auch das Ausfallrisiko in Bezug auf die vom Angeklagten zu leistenden vertraglich vereinbarten Leasingraten zu den jeweiligen Zeitpunkten der Hingabe des Finanzierungsbetrages im Januar bzw. November 2010 zu ermitteln gewesen.
19
Insoweit gelten die zu betrügerischen Kreditgeschäften entwickelten Grundsätze, wonach der Schaden sich anhand des bilanziellen Wertberichtigungsbedarfs bestimmt (BGH, Beschluss vom 13. April 2012 – 5 StR 442/11, NJW 2012, 2370; vgl. dazu auch Raum in Wabnitz/Janovsky, 4. Aufl., Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, S. 282). Auf der anderen Seite hätte bei der Bestimmung des Vermögensschadens in die fiktive Vermögensbilanz einbezogen werden müssen, dass die entsprechend den Darlehensverträgen zur Sicherheit zu übereignenden Gegenstände tatsächlich nicht oder nicht mehr vorhanden waren bzw. wegen fehlender Individualisierung nicht dem Sicherungszweck entsprechend für eine spätere Verwertbarkeit zur Verfügung standen. Diesen Aspekt des Ausfalls der Sicherheiten, der insbesondere im Hinblick auf den dann noch vorhandenen Restwert nach Ablauf der Leasingzeit Bedeutung erlangt hätte, hat das Landgericht in der fiktiven Vermögensbilanz zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung völlig unberücksichtigt gelassen.
20
cc) Daneben ist die Beweiswürdigung in Bezug auf die sachenrechtlichen Verhältnisse bzgl. der vier Jetrix-Drucker auch lückenhaft. So stellt das Landgericht (UA S. 13) einerseits fest, dass der Leasinggeber kein Eigentum an den erworbenen Gegenständen und damit keinerlei Sicherheit für den Fall der Verwertung erhalten hat. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird aber andererseits ausgeführt, dass vom Angeklagten tatsächlich entsprechende Drucker erwor- ben wurden, so dass „jedenfalls nicht ausgeschlossen (ist), dass die Firma O. tatsächlich vier Jetrix-Drucker … käuflich erworben haben kann“ (UA S. 26). Damit bleibt unklar, ob es trotz der tatsächlich nicht der Nomenklatur des Herstellers in den vorgelegten Rechnungen angegebenen Seriennummern dieser Drucker nicht doch zu einer zivilrechtlich wirksamen Sicherungsübereignung dieser Geräte gekommen ist, was insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Drucker bei der Übergabe konkretisiert waren.
21
3. Im Übrigen ist die Revision der Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Freispruch des Angeklagten im Fall 3 unbegründet. Die Beweiswürdigung des Landgerichts (§ 261 StPO) hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.

22
a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es – wie hier – Zweifel an seiner Täterschaft oder am Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines strafbaren Verhaltens nicht zu überwinden vermag, ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtwürdigung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen. Denn einzelne Belastungsindizien, die für sich genommen zum Beweis der Täterschaft nicht ausreichen, können doch in ihrer Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung des Tatgerichts begründen. Deshalb bedarf es einer Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt zudem, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind und dabei nicht beachtet wurde, dass eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewissheit nicht erforderlich ist, vielmehr ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretischen Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zulässt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 3. Juni 2015 – 5 StR 55/15, NStZ-RR 2015, 255; vom 17. Juli 2014 – 4 StR 129/14; vom 27. April 2010 – 1 StR 454/09, NStZ 2011, 108, 109; vom 1. Februar 2011 – 1 StR 408/10 Rn. 15, NStZ-RR 2011, 184; vom 7. Juni 2011 – 5 StR 26/11 Rn. 9; vom 7. November 2012 – 5 StR 322/12 Rn. 10 und vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12 Rn. 28 [insoweit in BGHSt 58, 72 nicht abgedruckt]).
23
b) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts im Fall 3 nicht rechtsfehlerhaft. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Landgericht die erforderliche Gesamtwürdigung der be- und entlastenden Umstände vorgenommen und sich mit den erhobenen Beweisergebnissen auseinandergesetzt. Die Schlussfolgerungen und Wertungen des Landgerichts lassen insoweit keine Rechtsfehler erkennen und halten sich im Rahmen des tatgerichtlichen Beurteilungsspielraums. Vor dem Hintergrund, dass der Geschädigte von der äußerst schwierigen finanziellen Lage der Firma sowie von drohenden Kontenpfändungen wusste und der Angeklagte in einer E-Mail wenige Tage vor Vertragsschluss auf Grund weiterer Schulden (auch gegenüber dem Finanzamt) einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf gegenüber dem Geschädigten geltend gemacht hatte, ist die Wertung des Landgerichts, dass bereits eine Täuschungshandlung seitens des Angeklagten gegenüber dem Geschädigten nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, nicht zu beanstanden. Schon deshalb ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht eine Täuschung durch den Angeklagten in Bezug auf die Lage der Firma und vor diesem Hintergrund möglicher Kontopfändungen nicht festzustellen vermochte.

III.

24
Das Urteil ist somit auf die Revision der Staatsanwaltschaft in Bezug auf den Strafausspruch mit den dazu gehörenden Feststellungen aufzuheben; im Umfang der Aufhebung ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Raum Graf Cirener Radtke Bär

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 2 7 9 / 1 5
vom
23. Juli 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juli 2015 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 20. Februar 2015 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Zu der vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift beantragten Einstellung der Urkundenfälschungen nach § 154 Abs. 2 StPO sieht der Senat keinen Anlass. Der Angeklagte hat die zum Zweck der Hinterziehung von Umsatzsteuer hergestellten unechten Urkunden (Scheinrechnungen) auch schon durch die mittelbare Übergabe an seinen Steuerberater zwecks Erstellung der Jahresumsatzsteuererklärungen 2005 bis 2007 (UA S. 3 f.) zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 1994 – 5 StR 272/94, wistra 1994, 268). Der Angeklagte wollte die Scheinrechnungen nicht nur gegebenenfalls bei Nachprüfungen durch das Finanzamt vorlegen, sondern sie in jedem Fall auch gegenüber seinem gutgläubigen Buchhalter für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen und gegenüber seinem Steuerberater für die Erstellung der Jahresumsatzsteuererklärungen verwenden (UA S. 3 f.; S. 27 f.). Die Jahre später erfolgte gemeinsame Vorlage der für die Jahre 2005 bis 2007 hergestellten Scheinrechnungen anlässlich der Steuerprüfung verbindet die bereits vollendeten Urkundenstraftaten nicht nachträglich zu einer Tat im Rechtssinne.
Trotz des Antrags des Generalbundesanwalts, einzelne Tatvorwürfe nach § 154 Abs. 2 StPO einzustellen und den Schuldspruch entsprechend anzupassen , war der Senat nicht gehindert, nach § 349 Abs. 2 StPO zu entscheiden, denn die Revision des Angeklagten hat auch nach Auffassung des Generalbundesanwalts im Ergebnis keinen Erfolg (vgl. Senat, Beschluss vom 17. April 2012 – 1 StR 92/12).
Raum Graf Jäger Cirener Mosbacher

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) § 267 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Bleibt der Einziehungsbeteiligte in der Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht aus, kann ohne ihn verhandelt werden; § 235 ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt, wenn sich der Einziehungsbeteiligte aus der Hauptverhandlung entfernt oder bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung ausbleibt.

(2) Auf Beweisanträge des Einziehungsbeteiligten zur Frage der Schuld des Angeklagten ist § 244 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 bis 6 nicht anzuwenden.

(3) Ordnet das Gericht die Einziehung eines Gegenstandes nach § 74b Absatz 1 des Strafgesetzbuches an, ohne dass eine Entschädigung nach § 74b Absatz 2 des Strafgesetzbuches zu gewähren ist, spricht es zugleich aus, dass dem Einziehungsbeteiligten eine Entschädigung nicht zusteht. Dies gilt nicht, wenn das Gericht eine Entschädigung des Einziehungsbeteiligten nach § 74b Absatz 3 Satz 2 des Strafgesetzbuches für geboten hält; in diesem Fall entscheidet es zugleich über die Höhe der Entschädigung. Das Gericht weist den Einziehungsbeteiligten zuvor auf die Möglichkeit einer solchen Entscheidung hin und gibt ihm Gelegenheit, sich zu äußern.

(4) War der Einziehungsbeteiligte bei der Verkündung des Urteils nicht zugegen und auch nicht vertreten, so beginnt die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels mit der Zustellung der Urteilsformel an ihn. Bei der Zustellung des Urteils kann das Gericht anordnen, dass Teile des Urteils, welche die Einziehung nicht betreffen, ausgeschieden werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 243/15
vom
31. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:310316B2STR243.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 31. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision der Angeklagten H. -H. gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 18. Februar 2015 wird verworfen. 2. Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. 3. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das vor genannte Urteil im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Einziehung, insoweit mit den zugehörigen Feststellungen, aufgehoben. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Frei- heitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, die Angeklagte H. - H. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Außerdem hat es die Einziehung eines in der Urteilsformel näher bezeichneten Grundstücks des Angeklagten M. angeordnet.

I.


2
Die Revision der Angeklagten H. -H. wird als unbegründet verworfen, weil die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben hat.

II.


3
Die Revision des Angeklagten M. , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
4
1. Die nicht ausgeführte Rüge der Verletzung formellen Rechts ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
5
2. Die Nachprüfung des Urteils zum Schuldspruch hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen begegnet die Anordnung über die Einziehung des Grundstücks durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken. Dies führt auch zur Aufhebung des Strafausspruchs.
6
a) Nach den Feststellungen entschloss sich der Angeklagte M. , eine Vielzahl von Cannabispflanzen in einer Indoorplantage zur Gewinnung von Marihuana anzubauen, um dieses anschließend gewinnbringend zu veräußern. Zum Zweck der Installation der Plantage erwarb der Angeklagte im April 2012 das später vom Landgericht eingezogene Gewerbegrundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 67.000 Euro, den er aus ihm zuvor von der Mitangeklagten H. -H. zur Verfügung gestellten Mitteln beglich.
7
Das erworbene Grundstück war von einer Mauer umfriedet, mit einer Halle, bestehend aus einem Haupt- und Nebenraum, bebaut und besaß einen Innenhof. Der Angeklagte nahm in der Folge eine Vielzahl von Umbauarbeiten auf dem Grundstück vor, unter anderem mauerte er die Garageneinfahrt zum Haupteingang zu, legte Belichtungs-, Wärme-, Bewässerungs- und Lüftungsvorrichtungen an. Außerdem manipulierte er den Stromzähler und brachte Kameras an der Halle und der Mauer des Grundstücks sowie eine Alarmanlage an.
8
Nach Abschluss der Umbauarbeiten begann der Angeklagte Ende 2012 mit der Aufzucht von Cannabispflanzen in der auf dem Grundstück befindlichen Halle. Im Zeitraum zwischen Ende des Jahres 2012 und März 2014 blieben einige Aufzuchtzyklen zunächst erfolglos. Ab Mitte März 2014 zog der Angeklagte in dem fensterlosen Hauptraum der Halle Cannabispflanzen in Töpfen auf und begann wenige Tage vor dem 18. Mai 2014 mit der Ernte. Die Plantage mit 403 Cannabispflanzen wurde im Zuge von Durchsuchungsmaßnahmen im Mai 2014 aufgefunden. Die Pflanzen hatten ein Gesamtgewicht von 15,475 kg und einen Wirkstoffgehalt von mindestens 11,5 % mit einem THC-Anteil von insgesamt 1,779 kg.
9
b) Die Anordnung über die Einziehung des Grundstücks hat keinen Bestand.
10
aa) Ein Grundstück ist als Tatmittel oder Tatwerkzeug im Sinne von § 74 Abs. 1 Var. 2 StGB grundsätzlich ein geeigneter Einziehungsgegenstand. Gegenstände , die zur Begehung der Tat oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (instrumenta sceleris), können eingezogen werden. Die Einziehung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Die Urteilsgründe müssen deshalb nicht nur erkennen lassen, von welchem Einziehungszweck der Tatrichter ausgegangen ist (strafähnliche Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, Sicherungseinziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB oder unter Umständen auch von beiden); ihnen muss auch zu entnehmen sein, dass sich das Tatgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ausübung des Ermessens gegeben waren (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 4 StR 375/11; BGH, Beschluss vom 4. Januar 1994 – 4 StR 718/93, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1). Eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und ist damit Teil der Strafzumessung. Die Urteilsgründe müssen deshalb darlegen, dass das Gericht den Strafcharakter der Einziehung erkannt hat und ob die Einziehung nach den gesamten Umständen als Ergänzung der Hauptstrafe zur Sühne des Unrechtsgehalts unter angemessener Berücksichtigung der übrigen Strafzwecke erforderlich ist (vgl. BGHSt 10, 337, 338; NJW 1983, 2710; vgl. auch Fischer, StGB, 63. Aufl., § 74b, Rn. 2 mwN).
11
Das Tatgericht hat nach § 74b Abs. 1 StGB weiter zu prüfen, ob eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 (und § 74a) StGB zur Bedeutung der Tat und zum Vorwurf, der den Täter, Teilnehmer oder Dritteigentümer trifft, außer Verhältnis steht. Die Urteilsgründe müssen jedenfalls bei Einziehungsobjekten von einigem Belang, darunter fällt auch ein Grundstück von nicht unerheblichem Wert, erkennen lassen, dass die Abwägung stattgefunden hat (BGH, Beschluss vom 4. November 2014 – 4 StR 294/15). Dabei sind insbesondere die wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen der Einziehung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1993 – 1 StR 585/93, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafzumessung 1), der Wert und ggf. der Umstand teilweiser Vermietung des Grundstücks, sowie Dauer und Umfang der illegalen Nutzung der Immobilie zu berücksichtigen (vgl. Volkmer in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 60, 78a mwN). In den Fällen der Sicherungseinziehung gilt § 74b Abs. 1 StGB zwar nicht ausdrücklich , doch ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch hier zu beachten (vgl. Fischer, StGB, aaO, § 74b Rn. 3).
12
Auch wenn die Einziehung nicht unverhältnismäßig im Sinne des § 74b Abs. 1 StGB ist, wird nach § 74b Abs. 2 StGB eine weniger einschneidende Maßnahme angeordnet, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat die Vorschrift zwingenden Charakter; ein Ermessen ist dem Tatrichter, der sich in den Urteilsgründen damit auseinander setzen muss, ob mildere Maßnahmen zur Zweckerreichung in Betracht kommen, nicht eröffnet (Senat, Beschluss vom 28. November 2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 71; BGH, Beschluss vom 28. August 2012 – 4 StR 278/12, StraFo 2012, 509).
13
bb) Die knappen Ausführungen der Strafkammer genügen diesen Anforderungen nicht.
14
Die Urteilsgründe lassen zwar erkennen, dass das Landgericht sich bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen; ihnen lässt sich auch entnehmen , dass es die Einziehung im Sinne von § 74b Abs. 2 Nr. 1 StGB als nicht außer Verhältnis stehend zu dem Unrechtsgehalt der Tat und dem den Angeklagten treffenden Schuldvorwurf angesehen hat. Schließlich hat es auch festgestellt, dass weniger einschneidende Maßnahmen mit Blick auf den Zweck der Einziehung nicht ersichtlich gewesen seien (§ 74b Abs. 2 StGB). Dies allein versetzt aber das Revisionsgericht nicht in die Lage zu prüfen, ob die Einziehungsanordnung den gesetzlichen Vorgaben entspricht.
15
Es lässt sich den Urteilsgründen schon nicht eindeutig entnehmen, von welchem Zweck der Einziehung die Strafkammer überhaupt ausgegangen ist. Einerseits stützt sich das Landgericht bei seiner Einziehung auf § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, andererseits bezeichnet es die Maßnahme als „Sicherungseinzie- hung“, wasauf eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB schließen lässt, und behandelt sie in diesem Zusammenhang – insoweit widersprüchlich – als Frage der Strafzumessung. Fehlt es damit schon an einer hinreichend klaren Einordnung der Maßnahme, lässt sich für das Revisionsgericht nicht nachvollziehen , ob das Landgericht eine dem jeweiligen Zweck der Einziehung entsprechende Prüfung der Verhältnismäßigkeit nach § 74b Abs. 1 StGB bzw. § 74b Abs. 2 StGB vorgenommen hat. Dies kann regelmäßig auch nicht dahinstehen, weil die Reichweite der vorzunehmenden Prüfung je nach dem Zweck der Einziehung unterschiedlich sein kann (vgl. zu § 74b Abs. 2 StGB BGH, Beschluss vom 26. April 1983 – 1 StR 28/83, NJW 1983, 2710).
16
Selbst wenn man davon ausginge, dass die Strafkammer von einer strafähnlichen Einziehung ausgegangen wäre, erweisen sich die Ausführungen der Strafkammer als nicht hinreichend. So berücksichtigt das Landgericht im Rahmen seiner Prüfung nach § 74b Abs. 1 StGB nicht, dass der Grundstückserwerb des Angeklagten auf einem (ungesicherten) Darlehen der Mitangeklagten beruht und eine Einziehung des Grundstücks die Vermögensverhältnisse des ohnehin verschuldeten Angeklagten weiter verschlechtern. Diesen Umstand , der ggf. auch zu einem Ausfall der Rückzahlungsforderung führen kann, durfte das Landgericht bei seiner Entscheidung, ob die (strafähnliche) Einziehung zum Ausgleich des Unrechtsgehalts neben der Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung der übrigen Strafzwecke erforderlich war, nicht außer Betracht lassen.
17
Im Rahmen der Prüfung des § 74b Abs. 2 StGB hat die Strafkammer in ihren knappen, lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholenden Ausführungen nicht erkennbar erwogen, ob tatsächlich weniger einschneidende Erwägungen in Betracht zu ziehen sind. Hier wären mit Blick auf den erheblichen Wert des Grundstücks und die Vermögensverhältnisse des Angeklagten zumindest – und zwar insbesondere, wenn das Landgericht von einer Sicherungseinziehung ausgegangen (vgl. Senat, Beschluss vom 28. November 2008 – 2 StR 501/08, BGHSt 53, 69, 71; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2014 – 4 StR 128/14), aber auch dann, wenn für das Landgericht der Strafzweck der Einziehung maßgeblich gewesen wäre (vgl. Volkmer in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 33 Rn. 78a; Krug in FD-StrafR 2012, 335699) – der Vorbehalt der Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Grundstücks, verbunden mit Anweisungen, am Grundstück die zum Zwecke der Errichtung einer Marihuanaplantage angebrachten Gegenstände zu beseitigen und/oder das Grundstück unverzüglich zu veräußern (§ 74b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 2, 3 StGB), zu erörtern gewesen. Dass das Landgericht diese naheliegende Möglichkeit gesehen und erwogen hat, ergeben die Urteilsgründe hingegen nicht.
18
cc) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Entscheidung über die Einziehung des Grundstücks auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht, und hebt sie deshalb zusammen mit den zugehörigen Feststellungen auf. Dies gibt dem Tatrichter Gelegenheit, nach entsprechender Bestimmung des mit einer möglichen Einziehung verfolgten Zwecks ohne Bindung an bestehende Feststellungen die erforderlichen Prüfungen nach § 74b Abs. 1 und 2 StGB vorzunehmen.
19
c) Die Aufhebung der Einziehungsentscheidung zieht den Wegfall des Strafausspruchs nach sich. Der Senat kann letztlich nicht ausschließen, dass der neue Tatrichter den finanziellen Verlust durch eine mögliche Einziehung des Grundstücks nach der neu vorzunehmenden Prüfung höher einschätzen könnte , als der vorangegangene Tatrichter und deshalb mit Blick auf eine mögliche strafähnliche Einziehung dessen an sich nicht schuldunangemessene Freiheitsstrafe reduzieren möchte. Der Aufhebung von Feststellungen zum Strafausspruch bedarf es insoweit aber nicht.
Krehl Eschelbach Ott
Zeng Bartel

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.