Bundesgerichtshof Urteil, 20. Nov. 2014 - 4 StR 153/14

bei uns veröffentlicht am20.11.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 153/14
vom
20. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. November
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt aus Waldshut-Tiengen
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 28. November 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 1. wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert , dass der Angeklagte des sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Es hat bestimmt, dass von der Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung fünf Monate als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten mit näheren Ausführungen zum materiellen Recht. Das Rechtsmittel führt zur Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte im Fall II. 1. wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt worden ist und zu einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
1. Hinsichtlich der unter II. 1. der Urteilsgründe abgeurteilten Straftat fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung der Anklageerhebung. Mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 17. November 2010 wurde dem Angeklagten vorgeworfen, in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. April 2010 seine am 15. Januar 2003 geborene Stieftochter H. in der Familienwohnung mindestens einmal pro Monat, insgesamt also mindestens zehn Mal, über der Kleidung am Geschlechtsteil angefasst zu haben (Ziffern 2 bis 11 der Anklage).
3
Gegenstand der Verurteilung durch das Landgericht ist eine diesem Tatbild entsprechende Tat im Mai oder Juni 2010. Das Landgericht hat in der Hauptverhandlung „9 der 10 FälleZiffern 2 bis 11 der Anklage gemäß § 154 StPO eingestellt" und den rechtlichen Hinweis erteilt, „dassbei einer Tat der Anklagepunkte 2 bis 11 eine Tatzeit im Mai 2010 in Betracht kommt“.
4
a) Der abgeurteilte Fall des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil der Nebenklägerin war von der zugelassenen Anklage nicht umfasst.
5
Gemäß § 264 Abs. 1 StPO ist Gegenstand der Urteilsfindung die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Gegenstand der zugelassenen Anklage sind u.a. zehn Taten in der oben näher beschriebenen Ausführung in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 30. April 2010. Auf diese Taten erstreckte sich die Kognitionspflicht des Gerichts. Die abgeurteilte Straftat betrifft einen anderen Zeitraum. Zwar braucht eine Veränderung oder Erweiterung des Tatzeitraums die Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat nicht aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 – 3 StR 457/93, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 8), wenn die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalen individualisiert und dadurch weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen gekennzeichnet ist (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2013 – 2 StR 311/13 Rn. 4; Urteil vom 17. August 2000 – 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 133; Beschluss vom 13. März 1996 – 3 StR 43/96, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 19). Bei gleichartigen, nicht durch andere individuelle Tatmerkmale als die Tatzeit unterscheidbaren Serientaten heben dagegen Veränderungen und Erweiterungen des Tatzeitraumes die Identität zwischen angeklagten und abgeurteilten Taten auf.
6
So verhält es sich im abgeurteilten Fall II. 1. der Urteilsgründe. Die angeklagten Taten sind durch eine jeweils gleichförmige Tatausführung an einem jeweils identischen Tatort gekennzeichnet und nicht auf andere Weise unabhängig von der Tatzeit nach individuellen Merkmalen unverwechselbar charakterisiert. Insofern kommt dem in der Anklageschrift genannten Tatzeitraum eine wesentliche, die Kognitionspflicht des Gerichts im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO bestimmende und vor allem begrenzende Funktion zu.
7
b) Da eine Nachtragsanklage nicht erhoben ist, muss das Verfahren im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen des von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernisses fehlender Anklage eingestellt werden. Die Einstellung des Verfahrens bedingt eine entsprechende Änderung des Schuldspruchs.
8
2. Die Verurteilung wegen tateinheitlicher fahrlässiger Körperverletzung im Fall II. 3. der Urteilsgründe ist zu Recht erfolgt. Eine Verfahrensrüge ist nicht erhoben. Jedenfalls ist die fahrlässige Körperverletzung zum Nachteil von G. wieder in das Verfahren einbezogen worden, wie sich aus dem Vermerk des Vorsitzenden vom 27. Mai 2014 ergibt.
9
3. Hinsichtlich einer fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil von H. ist das Landgericht entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts seiner Kognitionspflicht nachgekommen. Es hat ausdrücklich festgestellt , dass der Angeklagte bei H. keine Verletzungen verursacht hat (UA 9).

II.


10
1. Eine etwa erhobene Aufklärungsrüge entspricht nicht den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO:
11
Nach Ansicht des Revisionsführers hätte „dringender Anlass“ bestanden, durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen, inwieweit der Angeklagte für die vorgeworfenen Taten strafrechtlich verantwortlich im Sinne der §§ 20 und 21 StGB sei. Das Gericht habe die evidenten Persönlichkeitsdefizite des Angeklagten nicht zum Anlass genommen, genauer zu hinterfragen, inwieweit er noch in der Lage gewesen sei, das Unrecht seines Handelns zu verstehen und dagegen anzusteuern.
12
Selbst wenn dem das zu erwartende Beweisergebnis einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit noch entnommen werden kann (vgl. Sander/ Cirener, NStZ-RR 2008, 4 f.; Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 51 jeweils mwN), ist dieses jedenfalls nicht bestimmt behauptet (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2003 – 4 StR 264/02, NStZ 2004, 112).
13
2. Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler aufgezeigt.
14
Das Landgericht hat eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit mit tragfähigen Erwägungen zum Ausmaß der alkoholischen Beeinflussung bei den Taten verneint. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt musste es nicht erörtern, weil aufgrund der Feststellungen zur Persönlichkeit des Angeklagten sicher ausgeschlossen werden kann, dass beim Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs besteht (vgl. hierzu BVerfG, StV 1994, 594).
15
Die Beanstandungen, mit denen sich die Revision gegen die Strafzumessung wendet, sind offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Revisionsrechtlich unbedenklich ist auch, dass das Landgericht dem Angeklagten die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung versagt hat. Die gemäß § 56 Abs. 1 StGB getroffene negative Prognoseentscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung stand. Dass es hierbei den Zeitablauf seit den Taten aus dem Blick verloren haben könnte, ist angesichts der ausdrücklichen Berücksichtigung dieses Umstands bei der Strafzumessung und der Erörterung der Alkoholtherapie im Jahre 2011 bei der Prognoseentscheidung auszuschließen.

III.


16
Die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt trotz Einstellung des Tatvorwurfs zu II. 1. der Urteilsgründe bestehen. Angesichts der Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie der verbleibenden Einzelstrafen kann der Senat ausschließen , dass der Tatrichter ohne die wegen der Verfahrenseinstellung im Fall II. 1. der Urteilsgründe entfallende Einzelstrafe von zehn Monaten eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
17
Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig , den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

4
a) Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die 23 abgeurteilten Fälle des sexuellen Missbrauchs zum Nachteil des Nebenklägers S. waren von der zugelassenen Anklage nicht umfasst. Gemäß § 264 Abs. 1 StPO ist Gegenstand der Urteilsfindung "die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt." Gegenstand der zugelassenen Anklage sind u.a. 192 Taten in der oben (Ziffer 1.) näher beschriebenen Ausführung in der Zeit vom 5. Dezember 1995 bis zum 4. Dezember 1999. Auf diese Taten erstreckte sich die Kognitionspflicht des Gerichts. Die abgeurteilten Straftaten betreffen mit dem 3. November 1998 bis zum 4. Dezember 2000 einen – zumindest teilweise (dazu anschließend b) – anderen Zeitraum. Zwar braucht eine Veränderung oder Erweiterung des Tatzeitraums die Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat nicht aufzuheben (vgl. BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 8), wenn die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalen individualisiert und dadurch weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen gekennzeichnet ist (vgl. BGHSt 46, 130; BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 – 5 StR 55/02; BGHR StPO, § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 19). Bei gleichartigen, nicht durch andere individuelle Tatmerkmale als die Tatzeit unterscheidbaren Serientaten heben dagegen Veränderungen und Erweiterungen des Tatzeitraumes die Identität zwischen angeklagten und abgeurteilten Taten auf.

(1) Die Anklageschrift hat den Angeschuldigten, die Tat, die ihm zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die anzuwendenden Strafvorschriften zu bezeichnen (Anklagesatz). In ihr sind ferner die Beweismittel, das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll, und der Verteidiger anzugeben. Bei der Benennung von Zeugen ist nicht deren vollständige Anschrift, sondern nur deren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. In den Fällen des § 68 Absatz 1 Satz 3, Absatz 2 Satz 1 genügt die Angabe des Namens des Zeugen. Wird ein Zeuge benannt, dessen Identität ganz oder teilweise nicht offenbart werden soll, so ist dies anzugeben; für die Geheimhaltung des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Zeugen gilt dies entsprechend.

(2) In der Anklageschrift wird auch das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen dargestellt. Davon kann abgesehen werden, wenn Anklage beim Strafrichter erhoben wird.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 264/02
vom
16. Januar 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Januar
2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Dr. Kuckein,
Richterin am Bundesgerichtshof
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
in Untervollmacht für Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 8. Februar 2002 im Maß- regelausspruch aufgehoben. Der Ausspruch entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung eines Personenkraftwagens und eines Handys nebst Ladegerät sowie den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 95.000 Euro angeordnet ; ferner hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und angeordnet, daß die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf eines Jahres keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat hinsichtlich der Maßregelanordnung Erfolg; im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
1. Soweit sich die Revisionsangriffe gegen den Schuldspruch richten, haben sie aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Prüfung stand; insbesondere hat - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - die von der Revision im Hinblick auf die Nichtanwendung des § 31 BtMG erhobene Verfahrensrüge keinen Erfolg, da sie nicht ordnungsgemäß erhoben und deshalb unzulässig ist (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Der Beschwerdeführer macht insoweit geltend, die Strafkammer habe ihre Aufklärungspflicht dadurch verletzt, daß sie unterlassen habe aufzuklären, "ob" die Benennung eines Abnehmers, eines Lieferanten und eines Tatbeteiligten durch den Angeklagten wesentlich dazu beigetragen habe, die Tat über seine eigene Tatbeteiligung aufzuklären. Er ist der Ansicht, das Landgericht wäre durch weitere Ermittlungen - und zwar die Vernehmung bzw. erneute Vernehmung namentlich genannter Ermittlungsbeamter sowie des als Abnehmer bezeichneten H. und die Beiziehung der Ermittlungsakten gegen diesen - "möglicherweise" zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Tataufdeckung im Sinne des § 31 Nr. 1 BtMG erfolgt sei.
Dieses Vorbringen genügt den Anforderungen an eine zulässige Verfahrensrüge nicht, weil es an einer bestimmten Behauptung fehlt (vgl. BGHR StPO
§ 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 1 und 4; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 244 Rdn. 81). Eine Aufklärungsrüge, die ein günstiges Ergebnis nur für "möglich" erachtet, ist unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1998 - 4 StR 393/97 m.w.N.).
Entgegen dem Vorbringen des Verteidigers in der Revisionshauptverhandlung handelt es sich bei den Formulierungen "ob" und "möglicherweise" auch nicht nur um eine "aus Gründen der Höflichkeit" gewählte mißverständliche Wortwahl. Vielmehr hat der Beschwerdeführer weder den Ermittlungsstand in bezug auf den vom Angeklagten benannten Rauschmittelkurier G. und auf seinen angeblichen Abnehmer H. zum Zeitpunkt der Aussagen des Angeklagten im Ermittlungsverfahren mitgeteilt, noch hat er dargelegt, inwiefern durch seine Angaben ein zusätzlicher Aufklärungserfolg eingetreten sein soll, der das Landgericht dazu hätte drängen müssen, diesen durch die Verlesung von Urkunden oder die Vernehmung von Ermittlungsbeamten in die Hauptverhandlung einzuführen. Hinzu kommt, daß mehrere der in der Aufklärungsrüge benannten Vernehmungsbeamten - ohne daß dies im Revisionsvorbringen differenziert dargelegt wird - in der Hauptverhandlung vernommen worden sind, so daß die Rüge insoweit unzulässig auf die Nichtausschöpfung von Beweismitteln gerichtet ist.
3. Die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis hat dagegen keinen Bestand. Das Landgericht hat die Annahme, der Angeklagte sei zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, allein damit begründet, daß er seine Fahrerlaubnis "zur Durchführung der Einfuhrfahrt aus den N. ... verwendet hat" [Fall II 5 der Urteilsgründe]. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte die von ihm in A. erworbenen Betäubungs-
mittel (etwa 18,57 kg Haschisch und ein Kilogramm Kokain) durch den inzwischen verstorbenen G. in dessen Personenkraftwagen nach Deutschland transportieren lassen, wobei er mit seinem eigenen Kraftfahrzeug vorausfuhr, den Umfang der Zollkontrolle auskundschaftete und G. telefonisch davon unterrichtete.
Bei Delikten, die nicht zu den im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB genannten Regelbeispielen gehören, bedarf es zur Prüfung, ob der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet im Sinne des § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB ist, einer von den Umständen des Einzelfalls abhängenden Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit, soweit sie in der Tat zum Ausdruck gekommen ist (vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 6 und 7; BGH, Beschluß vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02 m.w.N.). Eine solche Gesamtwürdigung läßt das angefochtene Urteil vermissen.
Bei dem hier festgestellten Sachverhalt schließt der Senat aus, daß sich aufgrund neuer Hauptverhandlung noch Umstände ergeben können, die eine Ungeeignetheitsprognose im Sinne des § 69 StGB rechtfertigen und deshalb den Maßregelausspruch tragen könnten. Deshalb hebt der Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Maßregelanordnung auf.
4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision, die sich ersichtlich in erster Linie gegen den Schuldspruch und die Höhe der Strafe richtet, gibt keinen Anlaß , den Angeklagten auch nur teilweise von den Kosten seines Rechtsmittels freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tepperwien Maatz Kuckein

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.