Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Aug. 2017 - 1 StR 573/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:100817B1STR573.16.0
bei uns veröffentlicht am10.08.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 573/16
vom
10. August 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1.: Betruges u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Betrug
hier: Revisionen der Angeklagten R. und M.
ECLI:DE:BGH:2017:100817B1STR573.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 10. August 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten R. wird das Urteil des Landgerichts Stade vom 4. Mai 2016 aufgehoben,
a) mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte R. und der Mitangeklagte G. wegen Betruges in zwei Fällen verurteilt worden sind;
b) soweit der Angeklagte R. wegen der Taten zu II. 5. b., d. und f. der Urteilsgründe wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist;
c) im den Angeklagten R. betreffenden Gesamtstrafausspruch. 2. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das oben genannte Urteil – soweit es ihn betrifft – mit denFeststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten R. wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Betruges in zwei Fällen, wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, wegen beharrlicher Zuwiderhandlung gegen eine Gewerbeuntersagung in zwei Fällen und wegen vorsätzlich falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den Angeklagten M. hat es wegen Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 50 € verurteilt. Den nicht revidierenden Mitangeklagten G. hat es wegen Betruges in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten R. und M. mit ihren auf die Verletzung sachlichen Rechts und Verfahrensrügen gestützten Revisionen, die in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg haben. Die Aufhebung war auf die hier allein wegen der Betrugstaten erfolgten Verurteilung des Mitangeklagten G. zu erstrecken. Die weitergehende Revision des Angeklagten R. war zu verwerfen.

I.

Die Revision des Angeklagten R.
3
1. Die vom Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung des § 229 StPO erweist sich aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführten Gründen als unbegründet.
4
2. Die Sachrüge ist jedoch teilweise begründet.
5
a) Der Schuldspruch wegen Betruges in zwei Fällen hält der sachlichrechtlichen Überprüfung nicht stand.
6
aa) Nach den Feststellungen des Landgerichts stellte der Angeklagte R. im Januar 2011 gemeinsam mit dem nicht revidierenden Mitangeklagten G. über den als Kreditvermittler tätigen Angeklagten M. einen Kreditantrag bei der H. Sparkasse. Hierzu legten sie gefälschte Ausweispapiere und Gehaltsbescheinigungen für eine erfundene Person namens S. vor, die sie als Kreditnehmer ausgaben. Der Kreditantrag war darauf gestützt, dass der Kreditnehmer plane, ein Doppelhaus auf einem noch zu kaufenden Grundstück zu errichten. Während der Angeklagte M. spätestens Ende Februar 2011 billigend in Kauf nahm, dass die Gehaltsnachweise gefälscht waren, vertraute das Kreditinstitut auf die Angaben zum Kreditnehmer und dessen Bonität. Im darauf folgenden März und April kam es deswegen zum Abschluss von vier Darlehensverträgen über insgesamt 310.000 €. Im April erwarb „der nicht existente S. “ das Grundstück. Er hatte schon zuvor mit der von dem Angeklagten R. geführten Grundstücksverwaltungsgesellschaft W. b.R. einen Bauvertrag geschlossen, der vorsah, dass das Doppelhaus gegen eine Pauschalvergütung von 274.000 € errichtet werden sollte. Im Mai 2011 ließ sich das Kreditinstitut eine Buchgrundschuld in Höhe von 310.000 € an dem Baugrundstück eintragen. Zwischen Juni 2011 und März 2012 wurden in mehreren Tranchen insgesamt 277.536 € von der Darlehenssumme auf Notaranderkonten ausgezahlt. Von dort veranlasste der Angeklagte R. die Weiterleitung der Gelder auf von ihm kontrollierte Konten. Einen Teil des Geldes leitete er an den nicht revidierenden Mitangeklagten G. weiter, auch dem Angeklagten M. zahlte er eine Summe als Provision aus. Auf das Geld hatten es die Angeklagten abgesehen. Die Darlehen wurden nur in Höhe von 3.139,94 € getilgt, weswegen die Verträ- ge von der H. Sparkasse gekündigt wurden. Das Doppelhaus war zu diesem Zeitpunkt zwar errichtet, befand sich aber noch in einem Rohbauzustand.
7
Im September 2012 stellten die Angeklagten R. und G. über den Angeklagten M. als Vermittler erneut einen Kreditantrag bei der H. Sparkasse. Auch diesem Antrag lag zugrunde, dass auf einem Grundstück ein Doppelhaus errichtet werden sollte. Als Kreditnehmer trat der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche gesondert Verfolgte Wo. auf, der vom Angeklagten R. mit einer Legende als gutverdienender zukünftiger Bauherr versehen worden war. Wo. legte zu der Legende passende gefälschte Gehaltsbescheinigungen vor, aber auch den von ihm geschlossenen Kaufvertrag über das Grundstück und einen Bauvertrag mit der Grundstücksverwaltungsgesellschaft W. b.R., wonach diese das Haus für eine Vergütung in Höhe von 318.000 € errichten sollte. Das Kreditinstitut vertraute auf die Bonität des Kreditnehmers und schloss mit ihm im September 2012 zwei Darlehensverträge über zusammen 284.000 € ab. Nach der Eintra- gung einer Buchgrundschuld über 334.000 € im November 2012 wurden im Folgemonat 198.000 € von der Darlehenssumme ausgezahlt. Nachdem keine Tilgung erfolgte, kündigte das Kreditinstitut im Februar 2013 das Darlehen. Das besicherte Grundstück war zu diesem Zeitpunkt nur mit einem Fundament versehen.
8
In beiden Fällen konnte durch die Zwangsversteigerung der Grundstücke durch die H. Sparkasse nur ein deutlich unter der ausgezahlten Darlehenssumme liegender Erlös erzielt werden. In der Differenz zwischen ausgezahltem Darlehen und Erlös zuzüglich im ersten Fall geleisteter Tilgungen liegt nach der Wertung des Landgerichts der Vermögensschaden.
9
bb) Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt : "Die Urteilsfeststellungen bieten keine ausreichende Grundlage für die Wertung des Landgerichts, der H. Sparkasse sei in den Fällen II. 1. und 2. ein Vermögensschaden entstanden. Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwertes seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; st. Rspr. vgl. nur Senat, Urteil vom 2. Februar 2016 – 1 StR 437/15, NStZ 2016, 286 – 288 m.w.N.). Maßgeblich ist der Zeit- punkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswertes unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639). Ob und in welchem Umfang die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gege- bene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach insoweit kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und – ohne dass der Schuldner dies vereiteln könnte – mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (vgl. Senat, aaO; BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 – 3 StR 420/08, NStZ 2009, 150). Ein Minderwert des Rückzahlungsanspruchs, etwa infolge einer Täuschung über die Bonität, kann mithin durch den Wert hinreichend werthaltiger und liquider Sicherheiten kompensiert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 – 2 StR 422/13, wistra 2013, 268 m.w.N.). Diesen Maßstäben wird das landgerichtliche Urteil nicht in vollem Umfang gerecht, wenn es zur Bezifferung der Schäden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB auf den Vermögensverlust abstellt, der dem geschädigten Finanzinstitut durch die Auszahlung der Immobilienkredite (im Fall 1: 277.536 EUR und im Fall 2: 198.000 EUR) abzüglich des erzielten Versteigerungserlöses und der geleisteten Tilgungen entstanden ist, und den es im Fall II. 1. mit 131.396,06 EUR (…) und im Fall II. 2. mit 121.000,00 EUR (…) beziffert hat. Die Strafkammer hätte vielmehr den Wert der Rückzahlungsansprüche unter Berücksichtigung der Werthaltigkeit der als Sicherheit bestellten Grundschulden (…) zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung ermitteln müssen. Nur soweit jeweils ein täuschungsbedingter Minderwert des gesicherten Darlehensrückzahlungsanspruchs vorliegt, ist die Annahme eines Schadens – ohne dass es auf den tatsächlichen Verlauf des Darlehensverhältnisses (noch) ankommt – gerechtfertigt.
Nach den Urteilsfeststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die für die H. Sparkasse in den Fällen I. und II. im Grundbuch eingetrage- nen Grundschulden (…) voll werthaltig waren und der Bank dadurch kein Vermögensschaden entstanden ist. Gegen das Vorliegen eines Vermögensschadens spricht insbesondere im Fall II. 1. der Umstand, dass der Verkehrswert des Objekts im Rah- men der Versteigerung auf 250.000,00 EUR festgesetzt wurde (…). Dass die Zwangsversteigerung letztendlich als Erlös nur 143.000,00 EUR erbrachte (…), belegt nicht, dass der Rückzahlungsanspruch der H. Sparkasse gegen den Kreditnehmer nicht werthaltig war. Auch ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte hinsichtlich der Vermögensschäden aufgrund nicht ausreichender Sicherheiten überhaupt Tatvorsatz (§ 16 StGB) hatte. Denn die Verkehrswerte der Grundstücke wurden erst ein (…) oder zwei (…) Jahre nach Eintra- gung der Grundschulden und im Rahmen der Zwangsversteigerung festgesetzt. Das Landgericht verhält sich nicht dazu, ob der Angeklagte nicht davon ausgegangen ist, dass die H. Sparkasse durch die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden ausreichend abgesichert war. Wegen der Lückenhaftigkeit der Feststellung kann deshalb der Schuldspruch wegen Betrugs in zwei Fällen zum Nachteil der H. Sparkasse keinen Bestand haben, so dass es auf die insoweit erhobenen Verfahrensrügen (…) nicht mehr ankommt. Um dem neuen Tatgericht neue, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, sind die Urteilsfeststellungen zu den Tatkomplexen II. 1. und 2. insgesamt aufzuheben."
10
cc) Dem schließt sich der Senat an. Danach kommt es auf die beiden Verfahrensrügen, die nur die Verurteilung wegen Betruges betreffen, nicht mehr an. Da der aufgezeigte sachlich-rechtliche Mangel im Hinblick auf das Vorliegen eines Vermögensschadens auch den Mitangeklagten G. betrifft , war die Aufhebung – entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – gemäß § 357 StPO auf dessen Verurteilung zu erstrecken. Damit konnte aber auch dessen tateinheitliche Verurteilung wegen Urkundenfälschung keinen Bestand haben.
11
b) Der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen, davon zwei Fälle im Versuch, hat hinsichtlich der den Veranlagungszeitraum 2012 betreffenden Verurteilungen wegen der drei Taten der Hinterziehung von Einkommen -, Gewerbe- und Umsatzsteuer keinen Bestand. Auf die vom Generalbundesanwalt beantragte Schuldspruchberichtigung, dass vier der sechs Fälle nur versucht waren, wovon das Landgericht in den Gründen auch ausgegangen ist, kam es danach nicht mehr an.
12
aa) Nach den Feststellungen war der Angeklagte R. Geschäftsführer der Firma Grundstücksverwaltungsgesellschaft W. b.R., die u.a. Bauleistungen erbrachte und in den Jahren 2011 und 2012 steuerbare Umsätze in Höhe von 205.130,92 € (2011) bzw. 342.234,79 € (2012) erzielte. Der Gewinn der Gesellschaft betrug 61.539 € in 2011 und 102.670,20 € in 2012. Unter Ab- zug von geschätzten Pauschbeträgen ergab sich sodann ein zu versteuerndes Einkommen des Angeklagten in Höhe von 60.000 € in 2011 und 101.000 € in 2012. Der Angeklagte gab aber jeweils keine Einkommensteuer-, Gewerbeoder Umsatzsteuererklärung ab. Vor Abschluss der jeweiligen Veranlagungsarbeiten für die Einkommen- und Gewerbesteuer wurde dem Angeklagten am 24. Oktober 2013 die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens betreffend diese Steuerarten und Veranlagungszeiträume bekannt gegeben. Bereits am 11. Juni 2012 war gegen ihn das „Privatinsolvenzverfahren“ eröffnet worden.
13
Die Strafkammer hat ihrer Würdigung zugrunde gelegt, dass der Angeklagte mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar nicht mehr selber Einkommen - und Gewerbesteuererklärungen hätte abgeben können. Er sei aber verpflichtet gewesen, den Insolvenzverwalter bei der Abgabe zu unterstützen. Gegen diese Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht habe er verstoßen, weswegen die Steuererklärungen unterblieben seien. Das sei ihm zuzurechnen.
14
bb) Die Ansicht des Landgerichts, der Verstoß gegen eine insolvenzrechtlich begründete Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht – der im Übrigen beweiswürdigend durch nichts belegt ist – erfülle ohne weiteres den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, geht fehl. Tatbestandsmäßig ist nur pflichtwidriges Unterlassen gegenüber den Finanzbehörden. Nach ständiger Rechtsprechung kann Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, Rn. 52, 64, BGHSt 58, 218, 227, 231 mwN) und nicht derjenige, der nur „bewirkt, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden“ (BGH aaO).
15
Eine eigene Erklärungspflicht gegenüber dem Finanzamt nimmt das Landgericht für den Angeklagten nicht an. Dafür, dass der Insolvenzverwalter oder sonst ein nach § 34 Abs. 3 AO Erklärungspflichtiger pflichtwidrig die Abgabe der Steuererklärungen unterlassen hat, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Auf die Frage, ob dem Angeklagten eine fremde Pflichtverletzung zuzurechnen wäre , kommt es danach nicht mehr an.
16
(1) Der rechtsfehlerhafte Ansatz wirkt sich aber für die den Veranlagungszeitraum 2011 betreffenden ausgeurteilten Steuerhinterziehungen nicht aus. Zur Abgabe der jeweiligen Steuererklärungen war der Angeklagte bis zum 31. Mai 2012 und mithin bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst verpflichtet.
17
Da er trotz steuerbarer Umsätze keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgab , ließ er die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis. Mit Ablauf dieser Frist wurde die Umsatzsteuer verkürzt, weil die Umsatzsteuerjahreserklärung als Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, § 168 Satz 1 AO. Mit dem Verstreichenlassen dieses Fälligkeitszeitpunktes ist die Umsatzsteuerhinterziehung vollendet und zugleich beendet (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2016 – 1 StR 389/16, NStZ-RR 2017, 82 mwN).
18
Für die Einkommen- und Gewerbesteuer war der Angeklagte ebenfalls noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst zur Abgabe der Erklärungen verpflichtet. Mit dem Verstreichenlassen der Erklärungsfrist am 31. Mai 2012 ist er in das Stadium des Versuchs der Einkommen- bzw. Gewerbesteuerhinterziehung eingetreten. Der vom Landgericht angenommene Übergang der Erklärungspflicht auf den Insolvenzverwalter ist nach den Feststellungen erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 11. Juni 2012 und mithin vor Vollendung der Taten (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 2002 – 5 StR 540/01 Rn. 11, NStZ 2002, 437) eingetreten. Das Landgericht hat insoweit auch nur wegen Versuchs verurteilt. Rechtlich zutreffend ist es davon ausgegangen, dass vor dem Abschluss der Veranlagungsarbeiten am 1. November 2013 und mithin ebenfalls noch vor Vollendung der Taten, die strafbewehrten Erklärungspflichten durch die Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens suspendiert worden sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. April 2001 – 5 StR 587/00, Rn. 28, BGHSt 47, 8, 13 f. und vom 23. Januar 2002 – 5 StR 540/01, Rn. 9 ff., NStZ 2002, 437).
19
(2) Für den Veranlagungszeitraum 2012 wirkt sich der Rechtsfehler aber aus. Denn es gilt Folgendes:
20
Die Erklärungsfristen liefen erst mit Ablauf des 31. Mai 2013 und somit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab. Zwar bleibt offen, ob es sich bei dem eröffneten Insolvenzverfahren um ein Regelinsolvenzverfahren handelte , worauf die Erwähnung des Insolvenzverwalters und § 80 Abs. 1 InsO hindeutet. Dann hätte der Insolvenzverwalter die steuerlichen Pflichten des handlungsunfähigen Schuldners zu erfüllen (vgl. BFH, Urteil vom 6. November 2012 – VIIR 72/11, BFHE 239, 15; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 13. Aufl., § 34 Rn. 22; Bundesministerium der Finanzen, Amtliches AO-Handbuch, 2017, AEAO zu § 251 Nr. 4.2; vgl. auch BFH, Urteil vom 23. August 1994 – VII R 143/92, BFHE 175, 309, BStBl II, 1995, 194 zum Konkursverwalter). Die Bezeichnung als "Privatinsolvenzverfahren" und die offen zu Tage getretenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung weisen allerdings eher auf das Verbraucherinsolvenzverfahren nach §§ 304 ff. InsO hin. In diesem vereinfachten Insolvenzverfahren kam dem gemäß § 313 Abs. 1 aF InsO mit Eröffnung des Verfahrens zu bestellenden Treuhänder jedoch eine dem Insolvenzverwalter entsprechende Stellung zu (Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 243. Lieferung, § 34 AO Rn. 80a; Ott/Vuia in MünchKomm InsO, 3. Aufl., § 313 Rn. 9) und er hatte die steuerlichen Pflichten des handlungsunfähigen Schuldners zu übernehmen (FG Düsseldorf , Urteil vom 28. August 2014 – 8 K 3677/13 E, ZInsO 2015, 323; Boeker in Hübschmann/ Hepp/Spitaler aaO; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 13. Aufl., § 34 Rn. 22; Bundesministerium der Finanzen, Amtliches AO-Handbuch, 2014, AEAO zu § 251 Nr. 12.3 i.V.m. Nr. 4.2, vgl. ebenso in der früheren Fassung des AEAO).
21
Die Erklärungspflichten oblagen damit zum Abgabezeitpunkt nicht mehr dem im Rechtssinne handlungsunfähigen Angeklagten R. als Schuldner , sondern – abhängig von der Art des Insolvenzverfahrens – entweder dem Insolvenzverwalter oder dem Treuhänder als Vermögensverwalter nach § 34 Abs. 3 AO. Das gilt auch für Steuerabschnitte, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen (BFH, Beschluss vom 19. November 2007 – VII B 104/07, BFH/NV 2008, 334; Urteil vom 23. August 1994 – VII R 143/92, BFHE 175, 309, BStBl II, 1995, 194).
22
Ob den Angeklagten R. selbst bis zur Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens eine Erklärungspflicht getroffen hat, kann nach den Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Danach bleibt offen, ob das Insolvenzverfahren abgeschlossen bzw. bereits in das Restschuldbefreiungsverfahren übergegangen ist. Für dieses Verfahren nimmt der Treuhänder nicht die Stellung eines Vermögensverwalters nach § 34 Abs. 3 AO ein (Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 243. Lieferung, § 34 AO, Rn. 80a; Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 13. Aufl., § 34 Rn. 22; vgl. auch Bundesministerium der Finanzen aaO).
23
Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs wegen der den Veranlagungszeitraum 2012 betreffenden Steuerhinterziehungstaten. Davon wird auch die Verurteilung wegen unterlassener Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung erfasst, denn nach den Feststellungen ist nicht auszuschließen, dass die Umsatzsteuerschuld für die vom Angeklagten statuarisch und faktisch beherrschte Grundstücksverwaltungsgesellschaft W. b.R. auch den Wirkungen des Insolvenzverfahrens unterlag.

II.

Revision des Angeklagten M.
24
Wie vom Generalbundesanwalt beantragt, bleibt die Rüge der Verletzung des § 229 StPO zwar ohne Erfolg, jedoch führt die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils.
25
Das Vorliegen eines Vermögensschadens für beide Fälle ist aus den oben dargelegten Gründen nicht belegt, so dass es jeweils schon am Erfordernis eines Betruges als Haupttat fehlt. Weiterhin hat der Generalbundesanwalt Folgendes ausgeführt: "Auch ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte überhaupt vorsätzlich gehandelt hat. Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe (§ 27 StGB) setzt auf subjektiver Seite einen doppelten Gehilfenvorsatz voraus. Dieser muss die Unterstützungshandlung umfassen und sich auf die Vollendung einer vorsätzlich begangenen Haupttat richten, wobei es genügt, dass der Gehilfe erkennt und billigend in Kauf nimmt, dass sein Beitrag sich als unterstützender Bestandteil in einer Straftat manifestieren wird (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2016 – 4 StR 379/15 m.w.N.). Hier ist weder festgestellt noch belegt, dass der Angeklagte wusste oder für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass die gewährten Sicherheiten nicht werthaltig waren."
26
Dem schließt sich der Senat an. Er hebt die Feststellungen insoweit insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht neue widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen. RiBGH Bellay ist aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit an einer Unterschriftsleistung gehindert. Graf Jäger Graf Cirener Hohoff

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2018 - 2 StR 291/18

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 437/15
vom
2. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:020216U1STR437.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 19. Januar 2016, in der Sitzung am 2. Februar 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 19. Januar 2016 –, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung vom 2. Februar 2016 – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 19. Januar 2016 – als Verteidiger,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. April 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Tatkomplex III der Urteilsgründe wegen Betruges zum Nachteil der S. -B. verurteilt worden ist und
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in sieben Fällen und wegen falscher Versicherung an Eides Statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt; als Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer hat es davon vier Monate für vollstreckt erklärt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts ge- stützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
a) Tatkomplex I der Urteilsgründe („ F. “)
4
Im Juni 2007 bezog der Angeklagte mit seiner Familie eine vom Zeugen L. vermietete Penthousewohnung in der H. straße in Fü. . Obwohl er bereits zuvor die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, kaufte er bei der Firma F. GmbH in He. aufgrund von vier im Juni und Juli 2007 unter Eigentumsvorbehalt geschlossenen Kaufverträgen diverse Möbelstücke für insgesamt 85.000 Euro. Gegenüber den für die F. GmbH tätigen Verkäufern trat der Angeklagte dabei aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses zur Täuschung über seine Zahlungswilligkeit als solventer Kunde auf. Er äußerte dabei, sich die Möbel leisten zu können und hierzu auch nicht auf eine Finanzierung angewiesen zu sein.
5
Der Angeklagte hatte von Beginn an die Absicht, möglichst keine oder nur geringe Anzahlungen zu leisten und sich die bestellten Möbel liefern zu lassen , ohne diese zu bezahlen. Außer einer Anzahlung für die bestellte Küche von 10.000 Euro erbrachte er weder die vereinbarten Anzahlungen noch sonstige Zahlungen.
6
Die Mitarbeiter der F. GmbH schlossen die Kaufverträge im Vertrauen auf die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Angeklagten.
Bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände hätten sie die Verträge nicht geschlossen und die Möbel nicht liefern lassen.
7
Aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen konnte die F. GmbH im Februar 2011 einen Betrag von 24.500 Euro beitreiben; die schließlich im Jahr 2014 zurückerlangten, erheblich abgenutzten Möbel waren für sie nahezu wertlos.
8
b) Tatkomplex II der Urteilsgründe („Eidesstattliche Versicherung“)
9
Am 27. November 2007 gab der Angeklagte vor einem Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts Schwabach erneut eine eidesstattliche Versicherung ab. Trotz entsprechender Hinweise in dem Formular über die für die Vermögensauskunft abzugebenden Erklärungen gab der Angeklagte der Wahrheit zuwider an, keinerlei Forderungen aus Kaufverträgen zu haben und keine auf Abzahlung gekauften und noch nicht gelieferten Gegenstände „zu besitzen“. Er wusste dabei, dass er für die von der F. GmbH unter Eigentumsvorbehalt gekauften Möbel eine Anzahlung von 10.000 Euro geleistet hatte und zudem für weitere neun Kaufverträge mit der Firma Ne. bereits 28.000 Euro angezahlt hatte.
10
c) Tatkomplex III der Urteilsgründe („H. straße / S. -B. “)
11
aa) Im Juli oder August 2008 entschlossen sich der Angeklagte und seine Mutter P. , das gesamte mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Anwesen „H. straße “ in Fü. von dem Eigentümer L. zu erwerben. In dem Haus befanden sich außer der von dem Angeklagten bewohnten Penthousewohnung noch weitere sechs Luxuswohnungen, die an andere Personen vermietet waren. Dem Angeklagten und seiner Mutter war dabei bekannt, dass sie aufgrund ihrer finanziellen Situation zu einer Bezahlung oder Finanzierung des Kaufpreises nicht in der Lage waren.
12
Um den Veräußerer gleichwohl von der Zahlungsfähigkeit seiner Mutter zu überzeugen, legte ihm der Angeklagte ein „Gesamtengagement“ der R. bank Ro. eG vom 28. Dezember 2008 vor, welches ihr ein Gesamtvermögen von mehr als 2,1 Mio. Euro bescheinigte. Wie der Angeklag- te wusste, handelte es sich bei der Vermögensaufstellung um eine „Totalfälschung“. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Angaben schloss L. mit P. am 6. Februar 2009 einen notariellen Kaufver- trag über das Anwesen „H. straße “ für einen Kaufpreis von 1,7 Mio. Euro (der später auf 1,4 Mio. Euro verringert wurde). In dem Vertrag war als Vorleistung des Veräußerers vereinbart, dass die Besitzübergabe für das gesamte Anwesen unabhängig von der Kaufpreiszahlung rückwirkend zum 1. Januar 2009 erfolgt und P. bereits zu diesem Zeitpunkt in die Mietverhältnisse für die Wohnungen des Anwesens eintritt. Ein am 22. Juli 2009 von einem Sachverständigen erstelltes Verkehrswertgutachten ermittelte für das Anwesen „H. straße “ zum 6. Februar2009 einen Verkehrswert von lediglich 772.000 Euro.
13
Nachdem es entgegen einer entsprechenden Vereinbarung mit Ausnahme einer Finanzierungssumme von 800.000 Euro aus einem nachfolgend näher dargestellten Darlehen der S. -B. zu keinen Zahlungen auf die Kaufpreisforderung kam, erklärte der Verkäufer L. am 10. August 2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte er den Kaufvertrag nicht geschlossen und den Besitz an dem Grundstück nicht übergeben.
14
Der Angeklagte stellte nach Abschluss des Kaufvertrages vom 6. Februar 2009 umgehend die Mietzahlungen für die von ihm und seiner Ehefrau angemietete Penthousewohnung ein und wohnte von März 2009 bis Juni 2013 dort mietfrei. Hierdurch ersparte er sich Mietkosten in Höhe von mindestens 112.600 Euro. Die restlichen Mietparteien leisteten ihre Mietzahlungen für die Monate März bis Dezember 2009 über insgesamt 46.000 Euro an P. . Die unentgeltliche Besitzerlangung an dem Anwesen verbunden mit der Vereinnahmung der Mieten der übrigen Mieter und der Einsparung der eigenen Miete war von vornherein Zweck des Vorgehens des Angeklagten und seiner Mutter. Nach Auffassung des Landgerichts ist dem Eigentümer L. durch das geschilderte Verhalten ein Vermögensschaden in Höhe der entgangenen Mieteinnahmen von mindestens 158.600 Euro entstanden.
15
bb) Für die Finanzierung des Objekts begab sich der Angeklagte bereits Anfang November 2008 zur S. -B. und beantragte in Vertretung seiner Mutter ein Darlehen. Zur Vortäuschung ihrer Bonität legte er ein ausgefülltes Formular der Finanzvermittlung „C. “ vor, ausweislich des- sen sie als Steuerberaterin tätig war und über erhebliche Bank- und Sparguthaben sowie Wertpapiere und Immobilienvermögen verfügte. Zur Untermauerung der darin enthaltenen unzutreffenden Angaben legte er wieder das bereits genannte „Gesamtengagement“ sowie diverse weitere Unterlagen vor, die P. beträchtliche Einkünfte und Vermögenswerte bescheinigten. Bei sämtlichen in Kopie übergebenen Unterlagen handelte es sich, wie der An- geklagte wusste, um „Totalfälschungen“. Tatsächlich war seine Mutter nicht Steuerberaterin und besaß auch kein nennenswertes Vermögen.
16
Zweck dieses Vorgehens war, die zuständigen Sachbearbeiter der S. -B. über die tatsächlichen Einkommensverhältnisse und die Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit von P. zu täuschen und auf diese Weise einen Kredit zu erhalten. Sie trat nach außen als Darlehensnehmerin auf, weil der Angeklagte aufgrund der von ihm in den Jahren 2006 und 2007 abgegebenen eidesstattlichen Versicherungen kein Darlehen erhalten hätte.
17
Im Vertrauen auf ihre Kreditwürdigkeit gewährte die S. -B. P. am 12. März 2009 einen Kredit über 800.000 Euro und zahlte ihr diesen Betrag durch Verrechnung mit einem Konto des L. als Anzahlung auf die erste Kaufpreisrate aus. Als Sicherheit für die S. - B. wurde für das Grundstück in der „H. straße “ eineGrundschuld in Höhe von 800.000 Euro vereinbart und im Grundbuch eingetragen. Wie der Angeklagte wusste, erfolgte die Eintragung der Grundschuld lediglich an zweiter Rangstelle, weil an erster Rangstelle bereits eine Grundschuld über 1,5 Mio. DM (ca. 767.000 Euro) eingetragen war. Zu deren zunächst beabsichtigter Löschung kam es – wie der Angeklagte billigend in Kauf nahm – in der Folge nicht, weil der Restkaufpreis von P. nie erbracht und der Kaufvertrag schließlich rückabgewickelt wurde. Auf die Darlehenssumme leisteten weder der Angeklagte noch P. Zahlungen.
18
Bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände hätte die S. -B. das Darlehen nicht gewährt. Nach Auffassung des Landgerichts entstand ihr hierdurch ein Schaden von zumindest 795.000 Euro.
19
cc) Ab Januar 2010 gelang es dem Eigentümer L. im Wege der Zwangsvollstreckung, die Zahlung der Mieten der sechs übrigen Wohnungen des Anwesens „H. straße “ an sich zu erreichen. Demgegenüber gelang es ihm erst im Juli 2013, den Besitz über die von dem Angeklagten ohne Zahlung von Miete genutzte Penthousewohnung wieder zu erlangen. Zudem kam es zwischen L. und der S. -B. zu einer Vereinbarung, wonach dieser die erhaltenen 800.000 Euro an die S. -B. zurückzahlte, damit die zweitrangige Grundschuld gelöscht werden und aus ihr nicht mehr in das Grundstück vollstreckt werden konnte. Die Löschung erfolgte am 5. August 2011.
20
d) Tatkomplex IV der Urteilsgründe („La. “)
21
Im Juli 2011 entschloss sich der Angeklagte, das durch die Maklerfirma La. e.K. inserierte und im Eigentum des Ehepaars G. stehende Villengrundstück „Sp. straße “ in Fü. zuerwerben. Er forderte deshalb von dem Maklerbüro ein Exposé des Villengrundstücks an. In diesem war das Grundstück mit einer Größe von 2.000 qm bei einem Quadratmeterpreis von 400 Euro angegeben. Zudem enthielt das Exposé den Hinweis, dass das Objekt hierdurch als erstmals nachgewiesen gilt und bei Abschluss eines notariellen Kaufvertrags 3,57 % des Kaufpreises als Maklerprovision anfallen.
22
Obwohl der Angeklagte auch in diesem Fall nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügte, nahm er unter Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit die Maklerleistungen des Maklerbüros in Anspruch und schloss dann aufgrund dessen Vermittlungstätigkeit am 5. August 2011 einen notariellen Kaufvertrag über das Grundstück zu einem Kaufpreis von 800.000 Euro. In dem Kaufvertrag erklärten die Vertragsparteien übereinstimmend, dass der Vertrag durch die Vermittlung der Firma La. zustande gekommen und der Käufer verpflichtet sei, an den Vermittler eine Vermittlungsprovision von 3,57 % des Kaufpreises zu zahlen, welche mit Abschluss des Vertrages entstanden und acht Tage nach Vertragsschluss fällig sei. Mangels entsprechender Zahlung wurde der Vertrag später rückabgewickelt. Trotz der erbrachten Maklertätigkeiten bezahlte der Angeklagte die vereinbarte Maklergebühr in Höhe von 28.560 Euro nicht.
23
2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten im Tatkomplex I der Urteilsgründe als vier tatmehrheitliche Fälle des (Eingehungs-)Betruges (§ 263 StGB) angesehen, im Tatkomplex II der Urteilsgründe als falsche Versicherung an Eides Statt (§ 156 StGB) und in den Tatkomplexen III und IV der Urteilsgründe jeweils als Betrug (§ 263 StGB), im Tatkomplex III der Urteilsgründe in Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) mit P. begangen.

II.

24
Das Urteil hat keinen Bestand, soweit der Angeklagte wegen Betruges zum Nachteil der S. -B. verurteilt worden ist; dies zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Im Übrigen hat die Revision des Angeklagten keinen Erfolg. Sie zeigt keinen Verfahrensfehler auf; auch hat die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge keinen weitergehenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
25
1. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 257c StPO dringt nicht durch.
26
a) Die Revision beanstandet, das Landgericht habe die Verurteilung unter Verstoß gegen § 257c StPO auf ein nach einer Verständigung im Sinne dieser Vorschrift abgegebenes Geständnis des Angeklagten gestützt. Das Geständnis sei unverwertbar, weil es nach einer unvollständig protokollierten Absprache erfolgt sei. Darin sei ein im Hinblick auf eine Vorverurteilung zu gewährender Härteausgleich nicht enthalten, der im Rahmen des Verständigungsgesprächs in die Erörterungen einbezogen worden sei. Der Umstand, dass die Absprache nach einer qualifizierten Belehrung gemäß § 257c Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 StPO, das Geständnis sei nicht verwertbar, „noviert“ und zutreffend pro- tokolliert worden sei, ändere daran nichts. Denn der Angeklagte habe sein Geständnis anschließend nicht wiederholt.
27
b) Die Verfahrensrüge ist jedenfalls unbegründet, weil ein Verstoß gegen § 257c Abs. 4 oder Abs. 5 StPO nicht gegeben ist. Denn das Landgericht hat sich nicht von der Verständigung gelöst.
28
c) Die Revision hat klargestellt, dass sich die Angriffsrichtung dieser Rüge weder auf eine Verletzung der Mitteilungspflicht aus § 243 Abs. 4 StPO noch auf eine fehlerhafte Protokollierung erstreckt.
29
2. Die Verurteilung des Angeklagten im Tatkomplex III der Urteilsgründe wegen Betruges zum Nachteil der S. -B. hat keinen Bestand. Zwar werden die Urteilsfeststellungen von der rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung getragen. Die Feststellungen des Landgerichts sind jedoch lückenhaft; ihnen ist nicht zu entnehmen, ob der S. -B. ein Vermögensschaden entstanden ist und ob gegebenenfalls der Angeklagte insoweit mit Vorsatz gehandelt hat.
30
a) Allerdings tragen die Feststellungen des Landgerichts die Wertung, in der Gewährung des Darlehens liege eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung zum Nachteil der Bank.
31
Nach diesen Feststellungen veranlasste der Angeklagte den Bankangestellten M. durch Täuschung über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmerin P. unter Vorlage gefälschter Unterlagen zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung in Form einer Darlehensgewährung in Höhe von 800.000 Euro seitens der S. -B. .
32
b) Die Urteilsfeststellungen bieten jedoch keine ausreichende Grundlage für die Wertung des Landgerichts, der S. -B. sei hierdurch ein Vermögensschaden entstanden.
33
aa) Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung; st. Rspr.; siehe BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 – 1 StR 359/13, Rn. 31, BGHSt 60, 1 ff.; BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2014 – 4 StR 21/14 Rn. 24; vom 19. Februar 2014 – 5 StR 510/13, NStZ 2014, 318, 319; vom 29. Januar 2013 – 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711; vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 75, BGHSt 57, 95, 113 und vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201, jeweils mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung , also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGH, Beschluss vom 14. April 2011 – 2 StR 616/10, NStZ 2011, 638, 639). Ob die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 – 2 StR 422/12, NStZ 2013, 711 mwN; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 263 StGB Rn. 235 f.; Raum in Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 4. Aufl., Kapitel 4 Rn. 87).
34
Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und – ohne dass der Schuldner dies vereiteln kann – mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2008 – 3 StR 420/08, NStZ 2009, 150). Ein Minderwert des Rückzahlungsanspruchs, etwa infolge einer Täuschung über die Bonität , kann mithin durch den Wert hinreichend werthaltiger und liquider Sicherheiten kompensiert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 – 2 StR 422/12, wistra 2013, 268 mwN).
35
bb) Nach den Urteilsfeststellungen ist es nicht ausgeschlossen, dass die für die S. -B. im Grundbuch eingetragene Grundschuld voll werthaltig war und der Bank daher kein Vermögensschaden entstanden ist.
36
Das Landgericht geht davon aus, dass der Rückzahlungsanspruch der S. -B. gegen P. mangels Zahlungsfähigkeit nicht werthaltig gewesen sei. Auch die im Kaufvertrag vereinbarte und an zwei- ter Rangstelle eingetragene Grundschuld sei nicht geeignet gewesen, „die konkrete Vermögensgefährdung auszuräumen“, da diese Absicherung keinen aus- reichenden Wert aufgewiesen und das Ausfallrisiko nicht vollständig abgedeckt habe. Die Grundschuld sei nämlich wegen vorrangig eingetragener Rechte, welche dem festgestellten Wert des Grundstücks von 772.000 Euro – unter Annahme einer vollständigen Realisierung dieses Werts im Falle der Zwangsversteigerung – bis auf 5.000 Euro entsprochen hätten, im Ergebnis wertlos (UA S. 28 f.).
37
Die Urteilsfeststellungen enthalten nur den Hinweis darauf, dass an erster Rangstelle eine Grundschuld über 1,5 Mio. DM (767.000 Euro) eingetragen war. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese Grundschuld zur Absicherung welcher Forderungen (noch) valutiert war, bleibt jedoch offen. Der Senat kann anhand der Urteilsgründe nicht prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Rückzahlungsforderung der S. -B. durch die an zweiter Rangstelle zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld gesichert und damit werthaltig war. Auch der festgestellte Umstand, dass der Eigentümer L. die erhaltenen 800.000 Euro an die S. -B. zurückzahlte, damit aus der an zweiter Rangstelle eingetragenen Grundschuld nicht mehr vollstreckt werden kann (UA S. 20), schafft keine hinreichende Klarheit.
38
cc) Wegen der Lückenhaftigkeit der Feststellungen kann bereits der Schuldspruch keinen Bestand haben. Zwar übersteigt der Darlehensbetrag von 800.000 Euro den vom Landgericht – gestützt auf ein Verkehrswertgutachten – ermittelten Wert des Grundstücks von 772.000 Euro (UA S. 17, 28), so dass jedenfalls ein nicht durch die Grundschuld abgesicherter Restbetrag von 28.000 Euro verbliebe. Den Urteilsgründen ist jedoch nicht zu entnehmen, ob der Angeklagte hinsichtlich des Vermögensschadens aufgrund nicht ausreichender Sicherheiten überhaupt Tatvorsatz hatte (§ 16 StGB). Denn das Sachverständigengutachten zum Verkehrswert des Grundstücks wurde erst am 22. Juli 2009 erstellt. Das Landgericht verhält sich nicht dazu, ob der Angeklagte den am 6. Februar 2009 in den notariellen Kaufvertrag aufgenommenen Preis von 1,7 Mio. Euro (der am 23. Februar 2009 auf 1,4 Mio. Euro vermindert wurde) als dem Wert des Grundstücks entsprechend angesehen hat oder ob er lediglich – ohne die Absicht der Bezahlung – deshalb einen hohen Kaufpreis vorgeschlagen oder akzeptiert hat, um die von ihm angestrebte Besitzübergabe an dem Mehrfamilienhaus zu erreichen. Bei einem Verkehrswert von 1,7 Mio. Euro wäre die Darlehenssumme auch im Falle der Valutierung der an erster Rangstelle eingetragenen Grundschuld noch durch die für die S. -B. eingetragene Grundschuld abgesichert gewesen.
39
dd) Der Senat hebt die Urteilsfeststellungen zu diesem Tatvorwurf insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht neue, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
40
3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen sachlichrechtlichen Mangel zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
41
a) Die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen des Landgerichts, die sich auch auf das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten stützen, tragen hinsichtlich aller weiteren dem Angeklagten zur Last liegenden Tatvorwürfe den Schuldspruch. Insbesondere hält auch die Verurteilung wegen Betruges in den verbleibenden sechs Fällen rechtlicher Nachprüfung stand.
42
aa) Die Verurteilung des Angeklagten im Tatkomplex I der Urteilsgründe wegen Betruges in vier Fällen zum Nachteil der F. GmbH wird von den Feststellungen getragen.
43
(1) Entgegen der Auffassung der Revision belegen die Feststellungen des Landgerichts bei allen Taten zum Nachteil der F. GmbH eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung der getäuschten Mitarbeiter des Möbelhauses.
44
Nach den Urteilsfeststellungen täuschte der Angeklagte bei jedem der vier Kaufverträge gegenüber den für die F. GmbH tätigen Mitarbeitern , dem Zeugen Bi. und einem für Küchenmöbel zuständigen weiteren Berater , seine Zahlungsbereitschaft vor, indem er als solventer Kunde auftrat und einen zahlungswilligen Eindruck erweckte (UA S. 10, 11). Gegenüber dem Zeugen Bi. äußerte er dabei jeweils, „sich die Möbel in finanzieller Hinsicht leisten zu können und hierzu auch nicht auf eine Finanzierung angewiesen zu sein“ (UA S. 10). Tatsächlich hatte der Angeklagte aber von Beginn an die Ab- sicht, sich die bestellten Möbel allenfalls gegen eine geringe Anzahlung liefern zu lassen, sie aber im Übrigen nicht zu bezahlen (UA S. 12). Die Mitarbeiter der F. GmbH irrten sich über die fehlende Zahlungswilligkeit des Angeklagten und schlossen die Kaufverträge mit dem Angeklagten allein im Vertrau- en darauf, „einen zahlungskräftigen und zahlungswilligen Kunden vor sich zu haben“ (UA S. 12). Der F. GmbH ist auch ein irrtumsbedingter Vermögensschaden entstanden, weil ihre über die Zahlungswilligkeit getäuschten Mitarbeiter bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände die Verträge nicht geschlossen und die bestellten Waren auch nicht hätten ausliefern lassen (UA S. 12).
45
Die Urteilsfeststellungen hierzu sind entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb lückenhaft, weil das Landgericht den Namen des beim Abschluss des Kaufvertrages über die Kücheneinrichtung für die F. GmbH tätigen Mitarbeiters nicht festgestellt hat. Da der Betrugstatbestand des § 263 Abs. 1 StGB voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, muss der Tatrichter zwar mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, Rn. 19 mwN). Es bedarf dabei aber nicht stets der namentlichen Benennung oder gar Vernehmung der getäuschten Person. Vielmehr entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das Gericht auch lediglich aus Indizien auf einen Irrtum schließen kann (BGH aaO Rn. 22 mwN). So verhält es sich auch hier. Das Landgericht durfte aus der Schilderung des Zeugen Bi. über das Auftreten des Angeklagten und die weiteren Umstände bei Vertragsschluss (UA S. 23) nicht nur auf eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung dieses Zeugen schließen, sondern auch auf eine solche des für die Küchenmöbel zuständigen Mitarbeiters, an den der Ange- klagte durch den Zeugen Bi. persönlich unter Hinweis auf zwei bereits zuvor abgeschlossene Verträge „übergeben“ wurde (UA S. 11). Verfahrensrügen im Hinblick auf das Vorstellungsbild der getäuschten Mitarbeiter der F. GmbH wurden nicht erhoben.
46
(2) Die Urteilsfeststellungen belegen insoweit jeweils auch einen kausalen Vermögensschaden bei der F. GmbH. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise führten die für diese Gesellschaft vorgenommenen Vermögensverfügungen unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts des Vermögens der GmbH (Prinzip der Gesamtsaldierung , s.o.). Es stand jeweils bereits bei Abschluss der Kaufverträge fest, dass der F. GmbH wegen der fehlenden Zahlungsbereitschaft des Angeklagten mit dem Anspruch auf Bezahlung kein wirtschaftlich gleichwertiges Äquivalent für die durch die Vermögensverfügungen herbeigeführte Vermögensminderung zuwächst (vgl. dazu Fischer, StGB, 63. Aufl., § 263 Rn. 176 mwN; vgl. auch Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht , § 263 StGB Rn. 224).
47
(3) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht die vier Erwerbsgeschäfte rechtsfehlerfrei als tatmehrheitlich (§ 53 StGB) begangene Betrugstaten gemäß § 263 StGB gewertet. Denn nach den auch insoweit ohne Rechtsfehler getroffenen Urteilsfeststellungen schloss der Angeklagte alle vier Verträge aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses (UA S. 11).
48
bb) Der Schuldspruch im Tatkomplex III der Urteilsgründe wegen Betru- ges bei Verkauf des Grundstücks „H. straße “ zum Nachteil des Veräu- ßerers L. wird ebenfalls von den Feststellungen des Landgerichts getragen.
49
Durch Vorlage gefälschter Unterlagen über die Vermögensverhältnisse seiner als Erwerberin auftretenden Mutter P. veranlasste der Angeklagte den Eigentümer L. mit Abschluss eines notariellen Kaufvertrags, der mit dem sofortigen Besitzübergang des Grundstücks verbunden war, zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung. L. ist hierdurch auch ein Vermögensschaden entstanden, weil er sofort den Besitz aufgab, im Hinblick auf die fehlende Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Angeklagten und seiner Mutter mit dem Rückzahlungsanspruch hierfür aber nur einen minderwertigen Gegenwert erlangte.
50
cc) Schließlich hält auch der Schuldspruch im Tatkomplex IV der Urteilsgründe wegen Betruges zum Nachteil der Maklerfirma La. e.K. rechtlicher Nachprüfung stand.
51
(1) Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte die Maklerfirma unter Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zu einer Vermittlungstätigkeit, die letztlich zu einem Kaufvertrag über das Villengrundstück „Sp. straße “ in Fü. führte. Hierin lag eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung der Maklerfirma (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1982 – 1 StR 662/82, BGHSt 31, 178). Denn der Vermittlungsauftrag erfolgte unter zumindest konkludenter Bezugnahme auf den im von dem Angeklagten bei der Maklerfirma angeforderten Exposé enthaltenen Hinweis auf die anfallende Maklerprovision in Höhe von 3,57 % des notariellen Kaufpreises.
52
(2) Der Maklerfirma ist hierdurch auch ein Vermögensschaden entstanden. Zwar fallen Anwartschaften nur dann unter den Schutz des § 263 StGB, wenn sie sich rechtlich zu einem Anwartschaftsrecht oder Rechtsanspruch verdichtet haben. Dies ist indes bei der Vermittlungstätigkeit eines Maklers der Fall, auch wenn nach § 652 BGB der Vergütungsanspruch erst mit Abschluss des Vertrages über das vermittelte Objekt entsteht (vgl. BGH aaO, BGHSt 31, 178; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1975 – IV ZR 73/74, WM 1976, 503; Dannecker in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 263 StGB, Rn. 361; Sprau in Palandt, BGB, 76. Aufl. 2016, § 652 Rn. 54). Bereits vom Abschluss des Maklervertrages an besteht für den Makler eine rechtlich geschützte Anwartschaft auf den Vergütungsanspruch, den er sodann durch die von ihm ausgeübte Tätigkeit verdient, wenngleich er ihn erst endgültig mit dem Eintritt des Erfolges, nämlich dem Abschluss des Vertrages über das vermittelte oder nachgewiesene Objekt, erwirbt (BGH, Urteil vom 3. März 1965 – VIII ZR 266/63, NJW 1965, 964).
53
Im Hinblick auf die vom Angeklagten lediglich vorgespiegelte Zahlungswilligkeit blieb der Wert des deswegen minderwertigen Vergütungsanspruchs der Maklerfirma hinter dem Wert der Vermittlungsleistung zurück.
54
Entgegen der Auffassung der Revision lässt ein späterer Rücktritt vom Vertrag die Provisionspflicht unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – III ZR 104/08, NJW 2009, 2810, Rn. 8). Eine Ausnahme besteht lediglich für den hier nicht vorliegenden Fall eines im Hauptvertrag vereinbarten zeitlich befristeten und an keine Voraussetzungen gebundenen Rücktrittsrechts (BGH aaO NJW 2009, 2810).
55
b) Die getroffenen Feststellungen tragen in den nicht von der Aufhebung erfassten Fällen auch die jeweiligen Strafaussprüche.
56
aa) Im Tatkomplex I der Urteilsgründe hat das Landgericht die Höhe der eingetretenen Vermögensschäden anhand des jeweils vereinbarten aber durch den Angeklagten nicht erfüllten Kaufpreisanspruchs der F. GmbH bestimmt. Dieses Vorgehen zur Feststellung des Vermögensschadens ist rechtsfehlerfrei.
57
War – wie hier – die verfügende Person zunächst durch Täuschung zu dem Abschluss eines Vertrages verleitet worden und erbringt diese später die versprochene Leistung, so bemisst sich die Höhe des Vermögensschadens nach deren vollem wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2014 – 1 StR 359/13 Rn. 31 mwN, BGHSt 60, 1). Den Wert der jeweils erbrachten Leistung in Form der Überlassung des Besitzes an den bestellten Möbelstücken konnte das Landgericht rechtsfehlerfrei unter Zugrundelegung des jeweils vereinbarten Kaufpreises bestimmen. Aus der nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmenden Schadensbestimmung folgt, den Wert der erbrachten Leistung und – soweit erbracht – den der Gegenleistung nach ihrem Verkehrs- bzw. Marktwert zu bestimmen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, 115; BGH, Urteile vom 8. Oktober 2014 – 1 StR 359/13 Rn. 33 mwN, BGHSt 60, 1 und vom 19. November 2015 – 4 StR 115/15 Rn. 30 mwN).
58
Welche Umstände der Tatrichter der Bestimmung des Markt- bzw. Verkehrswerts zugrunde zu legen hat, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. dazu auch BGH, Urteile vom 20. März 2013 – 5 StR 344/12, BGHSt 58, 205 und vom 8. Oktober 2014 – 1 StR 359/13 Rn. 31, BGHSt 60, 1 sowie Beschlüsse vom 19. August 2015 – 1 StR 334/15 und vom 2. September 2015 – 5 StR 186/15, NStZ-RR 2015, 374 Rn. 7 mwN). Schon wegen der Vielfalt der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse lässt sich dies nicht für sämtliche denkbaren Konstellationen eines betrugsrelevanten Vermögensschadens einheitlich festlegen. Angesichts der Notwendigkeit, den objektiven Wert eines Vermögensbestandteils zu bewerten, einerseits und der Vielfalt möglicher Lebenssachverhalte andererseits hat der Senat bereits entschieden, dass in Konstellationen der Festlegung des Werts einer Leistung, bei denen lediglich ein einziger Nachfrager auf dem relevanten Markt vorhanden ist, sich dann nach dem von den Vertragsparteien vereinbarten Preis unter Berücksichtigung der für die Parteien des fraglichen Geschäfts maßgeblichen preisbildenden Faktoren bestimmt (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2010 – 1 StR 245/09, NStZ 2010, 700). Maßgeblich ist allerdings stets, dass der Tatrichter bei den im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO) berücksichtigungsfähigen und berücksichtigten Umständen der Wertbestimmung der gebotenen vorrangig wirtschaftlichen Betrachtung hinreichend Rechnung trägt. Ausgehend von diesen Maßstäben ist es jedenfalls dann, wenn vergleichbare Produkte von einer größeren Zahl von Marktteilnehmern angeboten werden, rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht einen unter diesen Bedingungen – regelmäßig ohne Preisverhandlungen auf der Basis der Preisliste des Anbieters – zustande gekommenen Kaufpreis als dem Marktwert entsprechend ansieht.
59
So verhält es sich auch hier. Bei der F. GmbH handelt es sich um eine mit Konkurrenzunternehmen im Wettbewerb stehende Gesellschaft. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kaufpreise der vom Angeklagten dort erworbenen neuen Möbelstücke nicht unter Marktbedingungen entstanden sein könnten.
60
bb) Im Tatkomplex III der Urteilsgründe betreffend die Veräußerung des Anwesens „H. straße “ hat das Landgericht den dem Zeugen L. entstandenen Vermögensschaden ebenfalls ohne Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten bestimmt.
61
Die Höhe des Vermögensschadens war durch Vergleich des Werts der Vermögensverfügung des Getäuschten mit dem Wert des hierfür erlangten Zahlungsanspruchs zu vergleichen (Prinzip der Gesamtsaldierung, s.o.). Täu- schungsbedingte Vermögensverfügung war hier die Übertragung des Besitzes am gesamten Anwesen bei Vertragsschluss, verbunden mit der Befugnis der Vereinnahmung anfallender Mieten. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Wert der Vermögensverfügung mindestens den dem Veräußerer aufgrund der Besitzübertragung entgangenen Mieten entsprach. Das Landgericht durfte dabei die Konditionen der Mietverträge aus den im Anwesen „H. straße “ zu diesem Zeitpunkt bestehenden Mietverhält- nissen zugrunde legen, weil die Rechte und Pflichten aus diesen Mietverhältnissen durch die Veräußerung der Mietsache nicht aufgehoben wurden (vgl. § 566 Abs. 1 BGB).
62
cc) Entgegen der Auffassung der Revision begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht im Tatkomplex IV der Urteilsgrün- de den Vermögensschaden der Maklerfirma „La. “ anhand der vereinbarten Höhe der Maklercourtage von 3,57 % des Kaufpreises bestimmt hat. Bei diesem Prozentsatz handelt es sich um eine marktübliche Vergütung. Der Vergütungsanspruch ist nach § 652 Abs. 1 BGB allein erfolgsbedingt. Die Maklertätigkeit wird entgolten, wenn die nachgewiesene oder vermittelte Möglichkeit eines Vertragsabschlusses tatsächlich genutzt wird; auf Art und Umfang der vom Makler hierfür entfalteten Handlungen kommt es nicht an (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 1982 – 1 StR 662/82, BGHSt 31, 178 und vom 3. März 1965 – VIII ZR 266/63, NJW 1965, 964). Sie sind daher auch nicht Maßstab für die Höhe der Vergütung. Anknüpfungspunkt sind allein die Konditionen des aufgrund der Vermittlungstätigkeit des Maklers zustande gekommenen Vertrages.
63
dd) Auch im Übrigen enthalten die Aussprüche über die Einzelstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten. Die Annahme gewerbsmä- ßigen Handelns im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB wird von den Feststellungen des Landgerichts getragen.
64
4. Die Aufhebung der Einsatzstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Die übrigen Einzelstrafen werden hiervon ebenso wenig berührt wie der Ausspruch über die Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09; BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 24. November 2015 – 1 StR 366/15 mwN). Raum Graf Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 616/10
vom
14. April 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHR: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Zur Schadensfeststellung bei betrügerischer Kapitalerhöhung.
BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 StR 616/10 - LG Köln
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. April 2011 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 9. Juni 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 78 rechtlich zusammenfallenden Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelte der Angeklagte Ende der 1990er Jahre die Idee, durch den "Verkauf von Aktien" Geld für einen von ihm geplanten Windkraftpark zu gewinnen. Zu diesem Zweck erwarb er im Jahre 2001 die nicht börsennotierte, vermögenslose L. AG als Alleinak- tionär und wurde deren alleiniger Vorstand. Den Aufsichtsrat der L. AG berief er ab und ersetzte ihn durch ihm nahe stehende Personen. Auf Anraten eines Rechtsanwalts verschaffte sich der auf dem Gebiet des Aktiengeschäfts völlig unerfahrene Angeklagte in der Folgezeit Geld von Anlegern, indem er mehrfach das Grundkapital der L. AG gegen Bareinlage im Wege der Ausgabe von Vorzugsaktien, teils auch Inhaberaktien, erhöhte bzw. zu erhöhen vorgab.
3
Die Aktien ließ er in der Zeit vom 28. Januar 2002 bis 3. Januar 2005 zu jeweils unterschiedlichen Preisen durch Telefonverkäufer an Privatanleger vertreiben. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Zeichnung von Aktien durch 17 Anleger, denen in 78 Fällen Aktien veräußert wurden. Hierbei vereinnahmte die L. AG 8,258 Mio. €. Während des Tatzeitraums und danach entnahm der Angeklagte in seiner Funktion als Vorstand der L. AGhiervon 7,74 Mio. €. Damit finanzierte er seinen eigenen Lebensunterhalt als Ausgleich für seine Vorstandstätigkeit und zahlte an die Telefonverkäufer Provisionen in Höhe von 12 % der jeweiligen Anlagesumme. Die meisten Anleger erhielten vor allem zu Beginn Dividendenzahlungen in zwei- bis fünfstelliger Höhe.
4
b) Den Kapitalerhöhungen lagen nur am Anfang entsprechende Beschlüsse der Hauptversammlung zugrunde (Kapitalerhöhungsbeschlüsse vom 7. November 2001, 8. März 2002 und 22. November 2002). Für zwei weitere Kapitalerhöhungen in den Jahren 2003 und 2004 fehlten die notwendigen Kapitalerhöhungsbeschlüsse. Lediglich die Durchführung der ersten Kapitalerhöhung vom 7. November 2001 wurde am 24. September 2002 mit einem Betrag von 1,547 Mio. € in das Handelsregister eingetragen. Die handelsrechtliche Eintragung weiterer Kapitalerhöhungen unterblieb, da - was hierfür erforderlich gewesen wäre - die an die L. AG geleisteten Einlagezahlungen der Anleger dem Handelsregister aufgrund der Entnahmen des Angeklagten nicht nachgewiesen werden konnten.
5
c) Der Angeklagte ließ in seiner Funktion als Vorstand einen umfangreichen Emissionsprospekt anfertigen, in dem er nicht nur die L. AG als junges, im Aufbau befindliches Immobilienunternehmen darstellte, sondern auch auf die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals hinwies. Mit dem Emissionsprospekt bzw. einem entsprechenden Kurzexposé warb der Angeklagte über die Telefonverkäufer für den Kauf von Vorzugsaktien der L. AG, deren Börsengang er für die Jahre 2004/05 in Aussicht stellte. Den Emissionsprospekt passte der Angeklagte bei den jeweiligen Kapitalerhöhungen inhaltlich an.
6
Ein operatives Geschäft entfaltete der Angeklagte zunächst nicht. Aufgrund gegen ihn gerichteter polizeilicher Ermittlungen im Mai 2002 erkannte er jedoch die Notwendigkeit, gewisse Bemühungen hinsichtlich des prospektierten Börsengangs und des Immobilienerwerbs gegenüber den Anlegern darstellen zu können. Pläne des Angeklagten, den "Börsenmantel" der K. AG, die nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren von allen Verbindlichkeiten bereinigt war, zu übernehmen, scheiterten. Ende Dezember 2002 kam es zum einzigen Immobilienerwerb der L. AG im Tatzeitraum, als diese 90 % der Anteile der Fa. A. T. GmbH, die Eigentümerin dreier M. -Hotels war, übernahm. Den ratenweise zu zahlenden Kaufpreis von 3,1 Mio. € erbrachte die L. AG nur unvollständig, so dass die C. R. E. AG (ehemals K. AG) im Oktober 2004 die von der L. AG gehaltenen Anteile an der A. T. GmbH erwarb.
7
d) Nach Ablauf der Eintragungsfrist für die zweite Kapitalerhöhung vom 8. März 2002 war die L. AG am 31. März 2003 außerstande, den erforderlichen Bareinlagebetrag nachzuweisen. Infolge dessen entfiel die Wirkung der Zeichnungserklärungen der Anleger, denen deshalb Rückzahlungsansprüche gegen die L. AG in Höhe der von ihnen geleisteten Zahlungen zustanden.
Hierdurch wurde die L. AG zahlungsunfähig. Um eine Insolvenz der Gesellschaft zu verhindern, ließ der Angeklagte gleichwohl den Vertrieb von Vorzugsaktien fortsetzen. In den Zeichnungsscheinen der Anleger ließ er mit fiktiven Daten zwei weitere Kapitalerhöhungsbeschlüsse ausweisen, die tatsächlich nie gefasst worden waren.
8
e) In der Folge unterbreitete die Mehrheitseignerin der C. R. E. AG der L. AG ein bedingtes Übernahmeangebot, das letztlich nicht zustande kam. Gleichwohl ließ der Angeklagte weiterhin Anleger mit einer unmittelbar bevorstehenden Übernahme durch die C. R. E. AG werben. Erst am 3. Januar 2005 stellte er schließlich den telefonischen Aktienverkauf ein.
9
f) Am 2. Juni 2005 kam es zu einer Informationsveranstaltung, bei der den Anlegern ein Tausch von L. -Aktien in Aktien einer Tochtergesellschaft der C. R. E. AG in Aussicht gestellt wurde. Tatsächlich wurde ihnen Mitte des Jahres 2006 gegen Rückgabe von L. -Vorzugsaktien im Verhältnis 3:2 Vorzugsaktien der amerikanischen Gesellschaft D.S. I. (DSI) angeboten. Im Gegenzug sollten mit der Übertragung der Aktien sämtliche Ansprüche gegen die L. AG abgegolten sein. Nähere Feststellungen zum wirtschaftlichen Hintergrund dieses Tauschangebots hat das Landgericht nicht getroffen. Nahezu alle Anleger, die sich verpflichten mussten, die Aktien der DSI mindestens 12 Monate zu halten, nahmen das Angebot an. Zum Übertragungszeitpunkt betrug der Kurswert der DSI-Aktie 8,50 €, nach Ablauf der Haltefrist 2,50 €. Zwei Anleger erhielten im Vergleichsweg einen erheblichen Anteil der geleisteten Anlagesummen zurück.
10
2. Das Landgericht hat - ohne dies näher zu erläutern - Betrug in 78 rechtlich zusammentreffenden Fällen angenommen. Hierbei hat es dem Ange- klagten die von den Telefonverkäufern vorgenommenen Täuschungshandlungen mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) zugerechnet. Hinsichtlich des Vermögensschadens hat das Landgericht - auch ohne weitere Darlegung - zu Beginn des Tatzeitraums einen nicht näher bezifferten Vermögensgefährdungsschaden , nach dem Scheitern des Ankaufs der A. T. -Anteile und Einzahlungen der Anleger auf tatsächlich nicht gefasste Kapitalerhöhungsbeschlüsse einen tatsächlichen Vermögensschaden angenommen.

II.

11
Die Verurteilung wegen Betrugs hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es fehlt an der hinreichenden Feststellung eines Vermögensschadens.
12
1. a) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, BGHSt 53, 199, 201 mwN). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und nach der Verfügung (BGHSt 30, 388 f.; BGH wistra 1993, 265; wistra 1995, 222; NStZ 1999, 353, 354; BGHSt 53, 199, 201). Bei der - hier vorliegenden - Konstellation eines Betruges durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen (Eingehungsschaden). Zu vergleichen sind die wirtschaftlichen Werte der beiderseitigen Vertragspflichten (BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 10). Ein Schaden liegt demnach vor, wenn die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten (BGHSt 30, 388, 390). Zu be- rücksichtigen ist beim Eingehen von Risikogeschäften dabei auch eine täuschungs - und irrtumsbedingte Verlustgefahr, die über die vertraglich zugrunde gelegte hinausgeht. Ein darin liegender Minderwert des im Synallagma Erlangten ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bewerten (vgl. BGHSt 53, 198, 202 f.; zur Frage der Entbehrlichkeit des Begriffs des Gefährdungsschadens vgl. Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 157 f.). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss des 2. Senats - 2 BvR 2559/08, NJW 2010, 3209, 3220) ist dieser Minderwert konkret festzustellen und ggf. unter Beauftragung eines Sachverständigen zur wirtschaftlichen Schadensfeststellung zu beziffern. Sofern genaue Feststellungen zur Einschätzung dieses Risikos nicht möglich sind, sind Mindestfeststellungen zu treffen , um den dadurch bedingten Minderwert und den insofern eingetretenen wirtschaftlichen Schaden unter Beachtung des Zweifelsatzes zu schätzen. Dieser zunächst durch die rein rechnerische Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Werte der gegenseitigen vertraglichen Ansprüche bestimmte Schaden materialisiert sich mit der Erbringung der versprochenen Leistung des Tatopfers (Erfüllungsschaden) und bemisst sich nach deren vollen wirtschaftlichen Wert, wenn die Gegenleistung völlig ausbleibt bzw. nach der Differenz zwischen dem wirtschaftlichen Wert der Leistung und demjenigen der Gegenleistung, soweit eine solche vom Täter erbracht wird (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10).
13
b) Gemessen daran ist nach den landgerichtlichen Feststellungen ein Vermögensschaden für Zeichnungen bis März 2003 (anders ab April 2003; s. unten II.1.d) nicht hinreichend nachgewiesen. Für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe bei Abschluss der Zeichnungsverträge ein Schaden eingetreten ist, ist der Wert der erworbenen Vorzugsaktien der L. AG - zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt - maßgebend und dem jeweils zu zahlenden Kaufpreis gegenüberzustellen. Entsprach der Aktienwert dem Gegenwert des Kaufprei- ses, liegt kein Schaden vor. Ob und ggf. in welcher Höhe die gezeichneten Aktien zum Zeitpunkt der jeweiligen Zeichnung tatsächlich einen wirtschaftlichen Wert hatten, lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Der Senat vermag daher nicht festzustellen, ob das Landgericht zutreffend von einem Schaden ausgegangen ist.
14
Ein Schaden in Höhe der jeweiligen Anlagesumme - wovon das Landgericht trotz Annahme eines Vermögensgefährdungsschadens offenbar ausgeht - besteht nur dann, wenn die Aktie zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt wertlos war. Zu Beginn des Tatzeitraums (Januar 2002) könnte dies der Fall gewesen sein, da die L. AG zunächst kein operatives Geschäft betrieb und die Dividendenzahlungen in erster Linie als Anreiz für den Erwerb weiterer Aktienpakete dienten. Ob zu dieser Zeit unter Berücksichtigung der Angaben im Emissionsprospekt ein Ertragswert des Unternehmens und damit eine sich daraus ergebende Werthaltigkeit der Aktie festgestellt werden kann, erscheint deshalb zweifelhaft. Soweit aufgrund der dauernden Einzahlung von Anlagegeldern, die dem Handelsregister bei der Eintragung auch noch in Höhe von 1,547 Mio. € im Jahr 2002 nachgewiesen werden konnten, Barvermögen der Gesellschaft vorhanden war, könnte dies freilich gegen die vollständige Wertlosigkeit der gezeichneten Aktien sprechen. Zu bedenken ist allerdings auch, dass die durch Täuschung veranlasste Zeichnung von Aktien zur Anfangszeit mit den Fällen sog. Schneeball-Systeme vergleichbar sein könnte, bei denen Neu-Anlagen zumindest auch verwendet werden, um früheren Anlegern angebliche Gewinne oder Zinsen auszuzahlen. Hier nimmt die Rechtsprechung ohne weitere Differenzierung auch für die Erstanleger einen Schaden in Höhe des gesamten eingezahlten Kapitals an, da ihre Chance sich allein auf die Begehung weiterer Straftaten stütze und ihre Gewinnerwartung daher von vornherein wertlos sei (vgl. BGHSt 53, 199, 204 f.; kritisch hierzu Fischer StGB 58. Aufl. § 263 Rn. 130).
15
Der Senat braucht dies hier nicht zu entscheiden. Denn jedenfalls ab Mai 2002 ist die Annahme einer vollständigen Wertlosigkeit der Anlage zumindest zweifelhaft. Zu diesem Zeitpunkt begann die L. AG - orientiert an den Planvorgaben des Emissionsprospekts - mit der Aufnahme eines Geschäftsbetriebs , in dessen Folge es im Dezember 2002 zum Erwerb der Anteile an der A. T. GmbH kam. Daneben zahlte die L. AG im August 2002 125.000 € an Do. I. , im September 2002 1,3 Mio. € an F. C. zum Zwecke der (letztlich allerdings gescheiterten) Übernahme des "Börsenmantels" der K. AG und erwarb im November 2002 Aktien der K. AG im Wert von 185.000 €. Hinzu kommt, dass die L. AG für die (vorübergehende ) Übernahme der A. T. -Anteile jedenfalls größere Teile des ratenweise zu zahlenden Kaufpreises aufgebracht hat. Schließlich weisen die spätere Veräußerung der A. T. -GmbH-Anteile und die wirtschaftlich nicht näher nachzuvollziehende Übernahme von werthaltigen DSI-Aktien mit dem darauf erfolgten Tausch von L. -Vorzugsaktien in DSI-Aktien darauf hin, dass die L. AG offenbar nicht ohne Wert war. Dies legt - auch wenn es sich dabei um nach der Zeichnung der Aktien liegende Umstände handelt - nahe, dass jedenfalls ein vollständiger Wertverlust der L. -Aktie ab Mai 2002 nicht gegeben war.
16
Das Landgericht hätte daher den Wert der Aktie (als Anteil an einem zu bestimmenden Unternehmenswert) zum jeweiligen Zeichnungszeitpunkt ermitteln müssen, um unter Gegenüberstellung zu den jeweiligen Erwerbspreisen die erforderliche Saldierung vornehmen und die Schadenshöhe in jedem Einzelfall konkret beziffern zu können. Es hätte dabei auch das - täuschungs- und irrtumsbedingt überhöhte - Risiko des Aktienerwerbs und den dadurch verursachten Minderwert bewertend berücksichtigen müssen. Die Bewertung von Unternehmen bzw. Aktien erfordert zwar komplexe wirtschaftliche Analysen (vgl. hierzu etwa Großfeld Recht der Unternehmensbewertung 6. Aufl.
Rn. 202 ff.; Peemöller Praxishandbuch der Unternehmensbewertung 3. Aufl. Rn. 201 ff.), insbesondere dann, wenn das Unternehmen - wie vorliegend der Fall - nicht börsennotiert ist und es sich um ein junges Unternehmen handelt (hierzu näher Peemöller aaO Rn. 601 ff.). Dies beruht insbesondere darauf, dass der Ertragswert eines Unternehmens auch in die Zukunft reichende Entwicklungen , unter Berücksichtigung von Prospektangaben, erfasst (vgl. näher Großfeld aaO Rn. 982 ff.). Die Einschätzung von Risiken bei der Bewertung im Wirtschaftsleben ist jedoch kaufmännischer Alltag (vgl. im Zusammenhang mit der Bewertung von Forderungen BVerfG NJW 2010, 3209, 3219 f.; zu Anlagen auch BGHSt 53, 199, 203, jeweils mit weiteren Nachweisen). Das Landgericht hätte sich deshalb sachverständiger Hilfe bedienen können, um unter Beachtung der gängigen betriebswirtschaftlichen Bewertungskriterien den Aktienwert in jedem der Einzelfälle feststellen zu können.
17
c) Die Feststellungen tragen für die Zeit bis März 2003 auch hinsichtlich der Zahlung der Anlagegelder nicht die Annahme eines Vermögensschadens. Zwar ist es ab der 2. Kapitalerhöhung vom 8. März 2002, für die die Eintragungsfrist am 31. März 2003 ablief, nicht mehr zu einer Eintragung in das Handelsregister gekommen, so dass die Anleger keine Aktien erwarben. Erfolgt die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht bis zum Ende der Eintragungsfrist, entfällt entsprechend § 158 Abs. 2 BGB die Wirkung der Zeichnung (BGH NJW 1999, 1252, 1253; Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 14; Peifer in MüKo AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 25) mit der Folge, dass die Anleger keine Aktionärstellung erlangen und bereits gezahlte Anlagegelder zurückzugewähren sind. Hätte der Angeklagte bereits bei der jeweiligen Zeichnung der Aktien durch die Anleger die Vorstellung gehabt, dass es mangels fehlenden Nachweises gegenüber dem Registergericht nicht zur Eintragung in das Handelsregister kommen könnte, wäre mit der täuschungsbedingten Zahlung der Anlagegelder angesichts eines in Kauf genommenen Entfallens der Gegenleis- tung ein Schaden anzunehmen. Dahingehende Feststellungen lassen sich dem Urteil des Landgerichts jedoch nicht entnehmen.
18
d) Dagegen dürfte die Annahme eines Schadens für die ab April 2003 gezeichneten Anlagen, bei denen der Angeklagte Kapitalerhöhungen vortäuschte , denen kein entsprechender Beschluss der Hauptversammlung zugrunde lag, im Ergebnis nicht zu beanstanden sein. Es kann dahinstehen, ob die Zeichnungserklärungen der Anleger und die Annahme durch die L. AG vor diesem Hintergrund überhaupt zu wirksamen wechselseitigen Verpflichtungen geführt haben (vgl. hierzu Hüffer AktG 9. Aufl. § 185 Rn. 27; Lutter in Kölner Kommentar AktG 2. Aufl. § 185 Rn. 36; Peifer in MüKo AktG 3. Aufl. § 185 Rn. 62), die im Rahmen der Schadensfeststellung zu saldieren wären. Da der Angeklagte in den Zeichnungsscheinen fiktive Kapitalerhöhungsbeschlüsse angegeben hat und damit erkennbar von Anfang an nicht die Absicht hatte, wirksame Kapitalerhöhungen durchzuführen, ist den Anlegern spätestens mit Erbringung der Zahlungen in dieser Höhe ein endgültiger Schaden entstanden. Sie hatten keine Aussicht, Aktionär zu werden, so dass ein Schaden in Höhe der jeweiligen Zeichnungssumme vorlag. Der den Anlegern zustehende Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Einlagen stellt insoweit keine unmittelbare Schadenskompensation, sondern lediglich einen möglichen Schadensausgleich dar, der die Annahme eines Schadens unberührt lässt.
19
Aufgrund der landgerichtlichen Annahme tateinheitlicher Verknüpfung sämtlicher Betrugstaten unterliegt das Urteil jedoch insgesamt der Aufhebung.
20
2. Der Senat weist darauf hin, dass die Verurteilung wegen einer Tat in 78 tateinheitlich zusammen treffenden Betrugsfällen rechtlichen Bedenken begegnet. Das Landgericht hat übersehen, dass für jeden Beteiligten von Straftaten selbständig zu ermitteln ist, ob Handlungseinheit oder -mehrheit gegeben ist. Maßgeblich ist dabei der Umfang seines Tatbeitrages oder seiner Tatbeiträge. Erfüllt ein Mittäter hinsichtlich aller oder einzelner Taten einer Deliktsserie sämtliche Tatbestandsmerkmale in eigener Person oder leistet er für alle oder einige Einzeltaten zumindest einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag , so sind ihm diese Taten - soweit nicht natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Allein die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftsunternehmen ist nicht geeignet, die Einzeldelikte der Tatserie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen (vgl. BGH NStZ 2010, 103). Erbringt der Täter dagegen im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeldelikte seiner Mittäter gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm diese gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die übrigen Beteiligten die einzelnen Delikte gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Bedeutung (st. Rspr., vgl. BGHSt 49, 177, 182 ff.).
21
Gemessen daran belegen die Feststellungen jedenfalls keine 78 Straftaten des Betrugs. Der Angeklagte hat nicht mit jeder einzelnen Anlagevermittlung durch die Telefonverkäufer, von der er im Zweifel keine Kenntnis hatte, eine selbständige Tat begangen, sondern mit jedem neuen Entschluss zur täuschenden Werbung von Anlegern, die er durch sein Verhalten gegenüber den Telefonverkäufern initiierte. Nach den bisherigen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte jedenfalls mit jeder neuen Kapitalerhöhung, womöglich aber auch mit weiteren von ihm veranlassten, auf Irreführung ausgelegten Werbungsmaßnahmen, auch äußerlich einen neuen Entschluss fasste, durch Täuschungen mittels des - den einzelnen Kapitalerhöhungen jeweils angepassten - Emissionsprospekts Anleger neu zu werben. Die aufgrund der einzelnen Täuschungsentschlüsse durch die Vermittlung der Telefonverkäufer zustande gekommenen Anlagegeschäfte werden dabei zu einer Tat verbunden. Für eine Verknüpfung dieser selbständigen Taten zu lediglich einer einzigen Tat, etwa im Sinne eines "uneigentlichen Organisationsdelikts", ist kein Raum. Es handelt sich hinsichtlich des als Mittäter agierenden Angeklagten nicht um bloße Handlungen "zur Errichtung, zur Aufrechterhaltung und zum Ablauf eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebes", sondern um solche, die über die Einschaltung von Telefonverkäufern unmittelbar auf den betrügerischen Vertrieb von Aktien gerichtet waren.
22
3. Der neue Tatrichter wird bei der Bemessung der Strafe die erfolgten Schadenskompensationen genauer als bisher erfolgt zu berücksichtigen haben. Neben den gezahlten Dividenden fällt insbesondere der Umstand ins Gewicht, dass die Anleger für ihre L. -Aktien im Tausch Aktien der DSI erhalten haben, deren Wert jedenfalls zum Zeitpunkt des Tauschs (8,50 €/Aktie) im Verhältnis 3:2 regelmäßig über den Anlagebeträgen der Geschädigten lag.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 420/08
vom
21. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 21. Oktober
2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 6. Mai 2008 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges unter Einbeziehung von anderweitig verhängten Strafen zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und ausgesprochen, dass hiervon drei Monate wegen überlanger Verfahrensdauer als verbüßt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht.
3
Der Strafausspruch kann hingegen nicht bestehen bleiben. Der vom Landgericht angenommene und seiner Strafzumessung zugrunde gelegte besonders schwere Fall des Betruges in der Alternative des Herbeiführens eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes (§ 263 Abs. 3 Nr. 2 1. Alt. StGB) wird durch die Urteilsfeststellungen nicht hinreichend belegt.
4
1. Danach gewährte die geschädigte Bank dem Angeklagten einen Kredit in Höhe von 1,7 Millionen € zur Finanzierung des Kaufpreises für eine Immobilie , die - nach einem von der Bank in Auftrag gegebenen Gutachten abzüglich der Kosten für notwendige Sanierungen - einen Wert von lediglich 1,682 Millionen € hatte. Um diesen Kredit zu erlangen, hatte der - erst wenige Wochen zuvor aus der Untersuchungshaft in einer anderen Betrugssache entlassene - Angeklagte der Bank unter anderem durch die Vorlage gefälschter Unterlagen über seine Einkommens- und Vermögenslage sowie durch eine inhaltlich falsche Selbstauskunft vorgespiegelt, dass er zur Bedienung des Kredits in der Lage sei. Im Vertrauen auf die wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten zahlte die Bank im Dezember 2003 das Darlehen aus. Zur Sicherung ihrer Ansprüche wurde der Kreditgeberin eine Grundschuld über 1,7 Millionen € bestellt. Nachdem der Bank später die wahren finanziellen Verhältnisse des Angeklagten - kein festes Einkommen und Verbindlichkeiten von mehr als drei Millionen € - bekannt geworden waren, kündigte sie den Kredit und veräußerte die Immobilie im August 2005 freihändig zum Preis von 1,3 Millionen €. Infolgedessen verblieb bei der Darlehensgeberin letztlich ein Schaden von 520.000 € inklusive der aufgelaufenen Zinsen. Diesen Betrag hat das Landgericht als Be- trugsschaden zugrunde gelegt. Der Angeklagte habe diese Schädigung der Bank zumindest billigend in Kauf genommen.
5
2. Die Feststellungen zur Höhe des Vermögensschadens halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
a) Vermögensschaden im Sinne von § 263 StGB ist ein negativer Saldo zwischen dem Wert des Vermögens vor und nach der irrtumsbedingten Vermögensverfügung des Getäuschten (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 263 Rdn. 70 m. w. N.). An einem Schaden fehlt es, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und - ohne dass dies der Schuldner vereiteln kann - mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (vgl. Fischer aaO § 263 Rdn. 102 m. w. N.). Danach entfiel ein Vermögensschaden im Sinne des Betrugstatbestandes , soweit die als Sicherheit eingeräumte Buchgrundschuld werthaltig war (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 54). Somit lag - gemessen am damaligen, auch dem Angeklagten bekannten Wert der Immobilie - nach den getroffenen Feststellungen eine Deckungslücke in Höhe von (lediglich) 18.000 € vor. In dieser Höhe wurde die Bank in ihrem Vermögen geschädigt.
7
Darauf, dass der Gläubigerin aus dem Kreditgeschäft mit dem Angeklagten letztlich ein Vermögensverlust von 520.000 € entstanden ist, kommt es hingegen insoweit nicht an; denn hinsichtlich der Werthaltigkeit der Sicherheit ist auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung abzustellen (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 331). Der darüber hinaus gehende Schaden der Bank kam allenfalls als verschuldete Tatauswirkung (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 241, 242).
8
b) Danach ist das Herbeiführen eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes durch den Angeklagten bereits objektiv nicht belegt (vgl. BGHSt 48, 360). Die Urteilsgründe tragen auch die Annahme des Landgerichts nicht, der Angeklagte habe die Schädigung der Gläubigerin in Höhe von 520.000 € billi- gend in Kauf genommen. Offen bleibt insofern, weshalb der Angeklagte zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung im Dezember 2003 den Eintritt eines Schadens diesen Umfangs für möglich hielt. Der Umstand, dass der rund ein Jahr und acht Monate später vorgenommene freihändige Verkauf der Immobilie einen etwa 400.000 € unter der früheren Bewertung liegenden Erlös erbrachte, ließ einen Schluss auf den Schädigungsvorsatz des Angeklagten zur Zeit der Auszahlung des Darlehens jedenfalls nicht zu.
9
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Zugrundelegung des rechtlich zutreffenden Schadensumfanges eine niedrigere Einzelstrafe und eine mildere Gesamtstrafe zugemessen hätte. Dies hat die Aufhebung des Strafausspruches zur Folge. Becker Miebach Pfister Hubert Schäfer

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

52
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375 ff.; BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 3 StR 317/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Eingangsabgaben 1; BGH, Beschluss vom 20. November 1990 - 3 StR 259/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter 2; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 58; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rn. 161 ff.).

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 389/16
vom
8. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2016:081216B1STR389.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 8. Dezember 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 14. April 2016 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Im Hinblick auf eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von sechs Jahren vier Monaten und zwei Wochen hat es angeordnet, dass von der Freiheitsstrafe sechs Monate als vollstreckt gelten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Verfolgungsverjährung ist für die verfahrensgegenständliche Tat der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 18 Abs. 3 UStG) nicht eingetreten.
3
Die zunächst fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) wurde durch die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens am 27. Januar 2004 gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB wirksam unterbrochen. Sie verlängerte sich vor ihrem Ablauf mit dem Inkrafttreten des § 376 Abs. 1 AO am 25. Dezember 2008 auf zehn Jahre (Art. 97 § 23 EGAO), weil die Tat die Voraussetzungen des Regelbeispiels eines besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO erfüllte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. März 2013 – 1 StR 73/13, BGHR AO § 376 Abs. 1 Verjährungsfrist 1 und vom 13. Juni 2013 – 1 StR 226/13, wistra 2013, 471). Durch die Erhebung der Anklage am 27. Juni 2012 wurde die zehnjährige Verjährungsfrist nochmals unterbrochen (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StGB).
4
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch und hinsichtlich der Kompensation für die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
5
3. Demgegenüber hat der Strafausspruch keinen Bestand (§ 349 Abs. 4 StPO).
6
a) Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht strafschärfend herangezogen, dass der Angeklagte „bei Tatbeendigung am 31.12.2003 bereits mehrfach vorbestraft“ gewesen sei. Es hat hierbei ausdrücklich zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt, dass ihn auch eine Verurteilung durch das Amtsgericht Ebersberg vom 5. Juni 2003 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung (UA S. 5) nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten habe (UA S. 19). Die verfahrensgegenständliche Tat der Hinterziehung von Umsatzsteuer für das Jahr 2002 durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 18 Abs. 3 UStG) war jedoch bereits mit Ablauf des 31. Mai 2003 beendet. Sie stellt daher bezogen auf die erst danach ergangene Verurteilung durch das Amtsgericht Ebersberg keinen Bewährungsbruch dar. Dies ergibt sich aus folgendem:
7
aa) Der Angeklagte, der ein Einzelunternehmen für Reinigungsservice betrieb, war gemäß § 18 Abs. 3 UStG verpflichtet, für das Jahr 2002 eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben. In diese hatte er neben der Umsatzsteuer auf getätigte Umsätze auch die Umsatzsteuer aufzunehmen, die sich aus von ihm unter gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellten Scheinrechnungen ergab (§ 14 Abs. 3 UStG aF).
8
bb) Die gesetzliche Abgabefrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung endete gemäß § 149 Abs. 2 AO aF am 31. Mai 2003. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hatte sich diese Frist für den Angeklagten nicht „aufgrund seiner steuerlichen Vertretung“ (UA S. 6) gemäß § 109 Abs. 1 AO bis zum 31. Dezember 2003 verlängert.
9
Allerdings hätte sich das Fristende für die Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 2002 aufgrund Nr. 2 Abschnitt II Abs. 1 der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2. Januar 2003 (BStBl. I 2003, 67) gemäß § 109 AO auf den 30. September 2003 verschoben, wenn der Angeklagte einen Vertreter der steuerberatenden Berufe mit der Erstellung der Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2002 beauftragt hätte. Denn diese Regelung enthält eine allgemeine Fristverlängerung für den Fall, dass („sofern“) die Steuererklärung durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe i.S.v. §§ 3 und 4 Nr. 3 und 8 StBerG angefertigt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2013 – 1 StR 6/13, BGHR AO § 109 Abs. 1 Fristverlängerung 1 mwN; BFH, Beschluss vom 19. August 2010 – VIII B 58/10, BFH/NV 2010, 2232; Ur- teil vom 28. Juni 2000 – X R 24/95, BFHE 192, 32; Rätke in Klein, AO, 13. Aufl., § 109 Rn. 5 und § 149 Rn. 14; Jäger in Klein aaO § 370 Rn. 72b).
10
Die Voraussetzungen der Fristverlängerung lagen bei dem Angeklagten im Hinblick auf die Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2002 indes nicht vor. Für die allgemeine Verlängerung der Abgabefrist für Steuererklärungen aufgrund der genannten Erlasse der obersten Finanzbe- hörden der Länder genügte es nicht, dass der Angeklagte „in den Vorjahren steuerlich beraten war“ (UA S. 17). Vielmehr wäre erforderlich gewesen, dass ein Vertreter der steuerberatenden Berufe mit der Anfertigung gerade dieser Steuererklärung beauftragt war. Nach den Feststellungen des Landgerichts war dies aber nicht der Fall.
11
cc) Da der Angeklagte bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist am 31. Mai 2003 (§ 149 Abs. 2 AO aF) für das Jahr 2002 keine Umsatzsteuerjahreserklärung einreichte, ließ er im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis. Mit Ablauf dieser Frist wurde zugleich die Umsatzsteuer verkürzt, weil die Umsatzsteuerjahreserklärung als Steueranmeldung (§ 18 Abs. 3 UStG i.V.m. § 150 Abs. 1 Satz 3 AO) einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO). Damit war die vom Angeklagten verwirklichte Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) mit Verstreichenlassen des Fälligkeitszeitpunkts am 31. Mai 2003 vollendet und zugleich auch beendet (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 31. Mai 2011 – 1 StR 189/11, wistra 2011, 346 sowie Jäger in Klein, AO, 13. Aufl., § 370 Rn. 105 und 202).
12
b) Der Strafausspruch beruht auf dem Wertungsfehler des Landgerichts, das Urteil des Amtsgerichts Ebersberg vom 5. Juni 2003 als Vorverurteilung anzusehen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht für die verfahrensgegenständliche Tat eine niedrigere Strafe als eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt hätte, wenn es bezogen auf das Urteil des Amtsgerichts Ebersberg nicht von einem Bewährungsbruch ausgegangen wäre.
13
4. Die Urteilsfeststellungen sind von dem Wertungsfehler bei der Strafzumessung nicht betroffen und haben daher Bestand. Das neue Tatgericht kann weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
14
5. Die Aufhebung des Urteils durch das Revisionsgericht im Strafausspruch lässt die angeordnete Kompensation für die eingetretene rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung – auch wenn diese angesichts eines Zeitablaufs von mehr als zwölf Jahren zwischen der Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und dem Beginn der Hauptverhandlung eher gering ausgefallen ist – unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; Beschlüsse vom 16. März 2016 – 1 StR 402/15, wistra 2016, 357 und vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115). Etwaige weitere Verzögerungen wird das neue Tatgericht gegebenenfalls ergänzend zu berücksichtigen haben.
Graf Jäger Cirener
Mosbacher Fischer
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe von Einkommenund
Gewerbesteuererklärungen für einen bestimmten
Veranlagungszeitraum wird suspendiert, wenn dem
Steuerpflichtigen für diesen Zeitraum die Einleitung
eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wird (im
Anschluß an BGHSt 47, 8).
BGH, Beschluß vom 23. Januar 2002 - 5 StR 540/01
LG Paderborn
-

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 23. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2002

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 20. August 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung hinsichtlich der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer 1997 (Fälle 4 und 5 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist und
b) im Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen.
1. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung in vier Fällen – unter Einbeziehung rechtskräftiger Einzelstrafen – zu einer Gesamtfreiheits- strafe von drei Jahren und einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg ; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts gab der Angeklagte, der als selbständiger Gewerbetreibender auf sogenannten “Kaffeefahrten” Haushaltsgegenstände vertrieb, für die Veranlagungszeiträume von 1997 bis 1999 weder Umsatz-, noch Gewerbe- oder Einkommensteuererklärungen ab. Dadurch kam es zu einer Steuerverkürzung in Höhe von insgesamt 284.000 DM. Hinsichtlich der Gewerbesteuer für die Jahre 1998 und 1999 sowie bezüglich der Einkommensteuer für die Jahre 1998 und 1999 hat das Landgericht nur einen Versuch der Steuerhinterziehung angenommen, weil die Veranlagungsarbeiten im Bezirk Paderborn noch nicht im wesentlichen abgeschlossen waren, bevor dem Angeklagten hinsichtlich dieser Steuern die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wurde.

II.


Das landgerichtliche Urteil hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten jeweils wegen vollendeter Steuerhinterziehung bezüglich der Einkommen- und der Gewerbesteuer für den Veranlagungszeitraum 1997 verurteilt hat, reichen die hierzu getroffenen Feststellungen nicht aus.

a) Das Landgericht teilt in den Urteilsgründen mit, daß dem Angeklagten durch die Vollziehung eines Durchsuchungsbeschlusses die Einlei-
tung eines Steuerstrafverfahrens wegen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung seit dem 23. Juni 1998 bekannt war. Es verhält sich jedoch nicht dazu, auf welchen Tatzeitraum sich die Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens bezog. Dies ist jedoch für die strafrechtliche Bewertung von Belang.
aa) Mit der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 397 AO treten zugunsten des beschuldigten Steuerpflichtigen die Wirkungen der in der Abgabenordnung normierten Schutzvorschriften gemäû §§ 393, 397 Abs. 3 AO ein. Andererseits verliert der Steuerpflichtige mit der Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige. Maûgeblich ist deshalb, welche Tatvorwürfe zu welchem Zeitpunkt dem Beschuldigten nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 397 Abs. 3 AO bekanntgegeben worden sind. In der Übergabe einer Durchsuchungsanordnung kann ± wie das Landgericht zutreffend angenommen hat ± die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu sehen sein (BGH wistra 2000, 219, 225). Die Wirkungen der Bekanntgabe der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erstrekken sich dann auf diejenigen Tatvorwürfe, die in der Durchsuchungsanordnung genannt sind. Damit ist entscheidend, auf welche Steuerart und auf welchen Tatzeitraum sich die angeordnete Durchsuchung bezogen hat (vgl. BGH aaO).
bb) Die Urteilsgründe enthalten weder Feststellungen, welche konkreten Tatvorwürfe die Durchsuchung betraf, noch auf welche Weise der Angeklagte hiervon Kenntnis erlangte. Dies hätte jedoch der Erörterung bedurft. Hätte die Durchsuchung den Vorwurf der Hinterziehung der Einkommen - und Gewerbesteuer für den Veranlagungszeitraum 1997 erfaût, läge nur ein fehlgeschlagener Versuch der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO vor. Eine Vollendung dieser Taten könnte dann je-
doch nicht mehr eintreten. Mit der Einleitung des Steuerstrafverfahrens wäre nämlich die strafbewehrte Pflicht entfallen, die Einkommen- beziehungsweise Gewerbesteuererklärung noch abzugeben.
(1) Wie der Senat in seinem Beschluû vom 26. April 2001 (BGHSt 47, 8, 12 ff.) ausgeführt hat, wird die Erklärungspflicht jedenfalls dann nach § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO suspendiert, wenn hinsichtlich des Veranlagungszeitraums , für den die Erklärung abzugeben ist, bereits ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wurde. Der genannten Entscheidung vom 26. April 2001 lag der Sachverhalt zugrunde, daû der Steuerpflichtige bereits jeweils unrichtige monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte. Vor Ablauf der Frist zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung war gegenüber dem Steuerpflichtigen, der dann auch keine Umsatzsteuerjahreserklärung mehr abgegeben hatte, die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens hinsichtlich der unrichtigen Voranmeldungen bekanntgegeben worden. Der beschuldigte Steuerpflichtige befand sich in der Zwangslage, entweder mit der Abgabe einer wahrheitsgemäûen Jahreserklärung selbst seine unrichtigen Voranmeldungen aufdecken zu müssen oder den steuerlichen Schaden zu perpetuieren. Der Bundesgerichtshof hat für diesen eng umgrenzten Ausnahmefall gemäû § 393 Abs. 1 AO die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung während der Dauer des Steuerstrafverfahrens als suspendiert angesehen, um dem Beschuldigten den Konflikt zu ersparen, sich im Falle wahrheitsgemäûer Angaben selbst belasten zu müssen.
(2) Die Strafbewehrung einer Nichtabgabe von Steuererklärungen zu suspendieren, rechtfertigt sich in diesen Fällen aus dem Zwangsmittelverbot (nemo tenetur se ipsum accusare). Ein vergleichbares Spannungsverhältnis besteht aber auch dann, wenn der Steuerpflichtige nicht innerhalb der Erklärungsfrist (§ 149 Abs. 2 AO) eine Einkommensteuerklärung abgegeben hat und er damit in das Stadium des Versuchs der Einkommensteuerhinterzie-
hung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) eingetreten ist. Mit der ihm gegenüber mitgeteilten Einleitung des Ermittlungsverfahrens entfällt für ihn die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts nach § 24 StGB, weil es regelmäûig an der Freiwilligkeit fehlen wird. Da die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens vorher bekanntgegeben worden ist, führt eine Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO nicht zur Straffreiheit (zur Anwendbarkeit des § 371 AO auf den Versuch vgl. Kohlmann Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 371 Rdn. 31 f.). Für den Steuerpflichtigen bleibt dann nur die Wahl entweder durch Abgabe einer Steuererklärung praktisch den Hinterziehungsumfang selbst aufzudecken oder durch die fortdauernde Unterlassung der Abgabe einer Steuererklärung den rechtswidrigen Zustand weiter zu perpetuieren. Zwänge man den Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Steuererklärung, müûte er alle steuerlich relevanten Tatsachen vortragen (§ 90 Abs. 1 AO), aus denen sich der von ihm beabsichtigte Hinterziehungsumfang errechnen lieûe. Eine derartige Pflicht zur Selbstbelastung will das Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 AO dem Steuerpflichtigen seinem Grundgedanken nach gerade ersparen. Dies kann wirksam nur dadurch erfolgen, daû die Strafbewehrung der Erklärungspflicht für ein bestimmtes Veranlagungsjahr so lange suspendiert wird, wie für dieses Veranlagungsjahr ein Strafverfahren anhängig ist.
(3) Wenn für frühere Veranlagungszeiträume ein Steuerstrafverfahren eingeleitet sein sollte, läût dies die Erklärungspflicht allerdings unberührt. Auch soweit sich ± wie hier vorliegend bei der völligen Verschleierung der Einkünfte ± das steuerliche Fehlverhalten hinsichtlich der einzelnen Veranlagungszeiträume praktisch gleicht, gilt nichts anderes. Das Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 AO erlaubt nicht die Begehung neuen Unrechts. Dies bedeutet, daû der Steuerpflichtige die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens für die Vorjahre nicht zum Anlaû nehmen darf, für einen späteren Veranlagungszeitraum keine oder gar unrichtige Angaben zu machen (BGHSt 47, 8, 15). Die ordnungsgemäûe Erfüllung der steuerlichen Erklä-
rungspflicht mag dabei mittelbar Auswirkungen auf das Steuerstrafverfahren haben, weil die Aufdeckung bislang verheimlichter Einkunftsquellen zu Ermittlungen der Finanzbehörden auch im Hinblick auf die Vorjahre Anlaû geben könnte. Selbst wenn die Gefahr zu entsprechenden Rückschlüssen auf die Vorjahre bestehen sollte, könnte dies nicht ein neuerliches Fehlverhalten im Hinblick auf zukünftige Veranlagungszeiträume rechtfertigen (BGH, Beschl. vom 10. Januar 2002 ± 5 StR 452/01, zur Veröffentlichung vorgesehen

).


b) Mithin hätte es der Feststellung bedurft, auf welche Veranlagungszeiträume sich der Durchsuchungsbeschluû des Amtsgerichts Bielefeld bezog. Sollte dieser frühere Tatzeiträume oder andere Steuerarten betroffen haben, hätte das Landgericht für die Einkommen- und Gewerbesteuer 1997 ermitteln müssen, wann jeweils die Veranlagungsarbeiten im wesentlichen abgeschlossen waren. Dieser Zeitpunkt ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Vollendung maûgebend (BGH wistra 1999, 385; zuletzt BGH, Beschl. vom 7. November 2001 ± 5 StR 395/01, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ± vgl. hierzu Jäger PStR 2002, 1 ff.). Für die Tatvollendung bei der Hinterziehung der Gewerbesteuer ist dabei auf den Zeitpunkt abzustellen, bis zu dem die Arbeiten hinsichtlich der Festsetzung der Gewerbesteuer (§ 16 GewStG) durch die zuständige Gemeinde im wesentlichen abgeschlossen sind (vgl. BGH NJW 1991, 1315). Nur soweit nicht vor jenen ± konkret festzustellenden ± Zeitpunkten dem Angeklagten die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens für diesen Veranlagungszeitraum bekanntgegeben wurde, kann eine Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung erfolgen.

c) Dieser Mangel, der zur Aufhebung des Schuldspruchs nötigt, zieht auch die Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren nach sich. Die übrigen Einzelstrafen können bestehenbleiben, weil auszuschlieûen ist, daû sie von dem Recht sfehler beeinfluût sind.

2. Die gesondert verhängte weitere Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten kann gleichfalls keinen Bestand haben.

a) Das Landgericht hat allerdings zutreffend eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe gebildet, weil das Berufungsurteil des Landgerichts Paderborn vom 17. Mai 2000 insoweit Zäsurwirkung entfaltet hat. Der spätere Gesamtstrafenbeschluû gemäû § 460 StPO des Amtsgerichts Niebüll vom 3. Mai 2001 muûte demgegenüber auûer Betracht bleiben, weil Entscheidungen nach § 460 StPO keine neuen tatrichterlichen Feststellungen ermöglichen (Fischer in KK 4. Aufl. § 460 Rdn. 3; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 55 Rdn. 6; jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
Eine Einbeziehung auch der Versuchstaten (Fälle 6 bis 9) war nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht möglich, weil diese nicht vor Erlaû dieses Berufungsurteils des Landgerichts Paderborn begangen wurden. Maûgeblich ist hierfür, daû die jeweils einzubeziehenden Taten beendet waren (BGH NJW 1997, 750, 751; wistra 1996, 144, 145). Die hier relevanten Taten der Steuerhinterziehung (Einkommensteuer 1998, 1999 und Gewerbesteuer 1998, 1999) befanden sich noch im Versuchsstadium, weil die Veranlagungsarbeiten für diese Besteuerungszeiträume noch nicht abgeschlossen waren. Der Versuch der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO, der durch Unterlassen begangen wird, beginnt mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Erklärung spätestens zu erfolgen hat. Soweit es ± wie hier ± nicht vorher zu einer Vollendung der Taten kommt, endet die Strafbarkeit wegen Unterlassens erst dann, wenn der rechtswidrige Zustand wieder aufgehoben wird. Insoweit gelten die Grundsätze, die für die Beendigung bei Dauerdelikten entwickelt worden sind (vgl. hierzu Rissing-van Saan aaO § 55 Rdn. 9). Bei den hier vorliegenden Taten endete der rechtswidrige Zustand erst mit der Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, weil ab diesem Zeitpunkt gemäû § 393 Abs. 1 AO die Strafbewehrung der Abgabe ei-
ner Steuererklärung suspendiert war (vgl. auch BGH wistra 1992, 23 zu § 266a StGB).

b) Die Gesamtfreiheitsstrafe ist aber nicht rechtsfehlerfrei gebildet worden. Das Landgericht geht von einer unzutreffenden Einsatzstrafe im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB aus. Die hier zugrundezulegende höchste Strafe, die für die Fälle 6 bis 9 verhängt wurde, beträgt vier Monate und nicht ± wie das Landgericht irrtümlich angenommen hat ± sechs Monate. Soweit das Landgericht auf S. 17 der Urteilsgründe auch ± im Widerspruch zu den zutreffenden Ausführungen auf S. 15 der Urteilsgründe ± Fall 5 bei der konkreten Bestimmung dieser zweiten Gesamtstrafe einbezogen hat, beruht dies gleichfalls auf einem Versehen. Da diese Fehler sich auf die Festsetzung der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt haben können, muû auch die zweite Gesamtstrafe neu gebildet werden.

c) Der Senat weist dabei darauf hin, daû in diese zweite Gesamtstrafe die Fälle 4 und 5 dann einzubeziehen sind, wenn sich aus den noch vorzunehmenden (oben dargelegten) Ermittlungen ergeben sollte, daû die jeweilige Vollendung der Taten oder die Beendigung ihres Versuchs zeitlich später als das Berufungsurteil des Landgerichts Paderborn vom 17. Mai 2000 lagen.
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Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Die mangelhafte Dokumentation von Zahlungen kann nur dann eine im
Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung begründen
, wenn im Einzelfall mit einer doppelten Inanspruchnahme zu rechnen
und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung
der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
2. Ist wegen der Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen ein
Strafverfahren anhängig, entfällt während der Dauer des Strafverfahrens
die Strafbarkeit hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung.
BGH, Beschl. v. 26. April 2001 - 5 StR 587/00
LG Bochum -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 26. April 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2001

beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten L wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 20. Juni 2000 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben, soweit dieser Angeklagte wegen Steuerhinterziehung im Hinblick auf die Umsatzsteuerjahreserklärung 1997 v erurteilt wurde. Insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen; dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.
II. Auf die Revisionen der Angeklagten L , Dr. M und B wird das vorgenannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO – auch soweit es sich auf den Mitangeklagten S bezieht – mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten wegen Untreue bzw. wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt wurden,
b) soweit der Angeklagte Dr. M wegen Betruges verurteilt wurde, hinsichtlich des Strafausspruches,
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
IV. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten L wegen Beihilfe zur Untreue in 195 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Den Angeklagten Dr. M hat es wegen Untreue in 93 Fällen, Steuerhinterziehung in drei Fällen und wegen Betruges schuldig gesprochen und gegen ihn eine – zur Bewährung ausgesetzte – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sowie eine Gesamtgeldstrafe von 220 Tagessätzen verhängt. Den Angeklagten B hat das Landgericht wegen Untreue in 20 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten belegt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten jeweils im vollen Umfang Revision eingelegt. Ihre Rechtsmittel haben in dem sich aus dem Beschlußtenor ergebenden Umfang Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Teilaufhebung des Urteils ist auf den nicht revidierenden Mitangeklagten S z u erstrecken, der wegen Untreue in 82 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer – zur Bewährung ausgesetzten – Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte L , der ein Umzugsunternehmen betrieb, mit Tochtergesellschaften der Firma K Rahmenverträge abgeschlossen. Im Hinblick auf den dort von ihm ausgehandelten niedrigen Preis rechnete der Angeklagte L über einen erheblichen Zeitraum jeweils (meistens zwei) Träger zusätzlich ab, ohne daß diese auch eingesetzt worden wären. Die Mitangeklagten Dr. M , S
und B , sämtlich Beschäftigte des K -Konzerns, zeichneten die vom Angeklagten L gefertigten Rechnungen in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit als sachlich richtig ab, woraufhin die überhöhten Beträge an den Angeklagten L ausbezahlt wurden. Den Mitangeklagten B und S zahlte der Angeklagte pro Umzugswagen einen Betrag von 100,00 DM. Als der Angeklagte Dr. M s ich bereits im Vorruhestand befand, reaktivierte ihn die Firmenleitung wieder. Um den ungeschmälerten Erhalt seiner sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche nicht zu gefährden, wurden die geleisteten Arbeitsstunden im Einverständnis mit einem Vorstandsmitglied, dem Zeugen Br , über den Angeklagten L abgerechnet. Auch insoweit hat dieser überhöhte Rechnungen gestellt und den Mehrbetrag an den Angeklagten Dr. M weitergeleitet.
Das Landgericht hat die jeweils bestätigte Falschabrechnung als Untreue der Angeklagten Dr. M , S und B s owie als Beihilfe zur Untreue durch den Angeklagten L gewertet. Den Angeklagten Dr. M hat es wegen des Verheimlichens seiner Einkünfte aus der Tätigkeit gegenüber der Arbeitsverwaltung zudem wegen Betruges verurteilt.
Die Angeklagten Dr. M , S und B haben in ihren jeweiligen Einkommensteuererklärungen die von L erhaltenen Geldbeträge nicht angegeben, weshalb eine zu niedrige Steuer festgesetzt wurde. Der Angeklagte L hat in erheblichem Umfang Umsätze nicht verbucht und die Erlöse hieraus in Einkommensteuererklärungen, Gewerbesteuererklärungen sowie in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen auch gegenüber den Finanzbehörden verheimlicht. Für das Jahr 1997 hat er keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgegeben. Insgesamt hinterzog er Einkommensteuer in Höhe von über 1.000.000,00 DM, Gewerbesteuer in Höhe von 490.000,00 DM und für die Jahre 1992 bis 1996 Umsatzsteuer in Höhe von 550.000,00 DM sowie allein für 1997 Umsatzsteuer in Höhe von 540.000,00 DM.

II.


Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils aufgrund der Sachrüge zu einer Teilaufhebung des Schuldspruchs.
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilungen wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue durch die Falschabrechnung weiterer Träger nicht. Nach den Urteilsgründen geht das Landgericht von einem abschließenden Charakter der schriftlichen Rahmenvereinbarung aus, ohne allerdings näher auszuführen, wann und von wem diese Rahmenverträge jeweils auf Seiten der K -Unternehmungen unterzeichnet wurden. Auf der Grundlage der Einlassung des Angeklagten L unterstellt das Landgericht aber zu seinen Gunsten, daß diese Abrechnungspraxis von “verantwortlichen” Mitarbeitern in der Einkaufsabteilung stillschweigend geduldet worden sei. Eine solche Einwilligung habe jedoch keine rechtliche Relevanz erlangt, weil die hierfür zuständigen Mitarbeiter im Einkauf vom Vorstand angewiesen worden seien, keine Preiserhöhungen zuzugestehen. Damit hat das Landgericht die maßgeblichen Vertragsgrundlagen nicht ausreichend aufgeklärt.

a) Das Landgericht läßt bereits offen, ob die “verantwortlichen” Mitarbeiter der Einkaufsabteilung zu einem Vertragsschluß mit dem Angeklagten L bevollmächtigt waren. Läge eine entsprechende Vertretungsmacht vor, könnte in der späteren stillschweigenden Duldung der Abrechnungspraxis, von der das Landgericht ausgeht, eine konkludente Nachtragsvereinbarung gesehen werden, die den ursprünglichen Rahmenvertrag ergänzt und teilweise auch abbedungen hat.
aa) Ob die Begleichung der – gemessen an der Rahmenvereinbarung überhöhten – Rechnungen als Einverständnis in eine konkludente Vertragsänderung angesehen werden durfte, ist nach §§ 133, 157 BGB zu be-
urteilen. Danach ist maßgeblich, inwieweit der Angeklagte L das Verhalten derjenigen Personen, die zum Abschluß einer Vereinbarung befugt sind, als eine entsprechende Willenserklärung ansehen durfte (vgl. BGHZ 109, 171, 177; 91, 324, 328 ff.). Dies wird insbesondere anhand der beiderseitigen Interessenlage und des Verhaltens der Betreffenden im einzelnen zu bestimmen sein.
Für die Frage, in welchem Umfange die Einkaufsabteilung von den einzelnen Geschäftsvorfällen Kenntnis erlangt hat, kann die Feststellung des Landgerichts Bedeutung gewinnen, daß dort die Beschaffungsaufträge im Einzelfall erst ausgelöst wurden, nachdem die Arbeiten bereits durchgeführt waren und die Rechnung vorlag. Gerade diese Vertragspraxis konnte dem Angeklagten L den Eindruck vermitteln, daß diese Form der Gesamtabrechnung insgesamt von einem zum Vertragsschluß Bevollmächtigten aus der Einkaufsabteilung gebilligt werde. Der Annahme einer Ä nderungsvereinbarung würde es im übrigen nicht entgegenstehen, wenn die Vertreter der K -Firmen kein entsprechendes Erklärungsbewußtsein gehabt haben sollten (BGHZ aaO). Insoweit reicht aus, daß sie jedenfalls den ihrem Handeln beizumessenden Erklärungswert hätten erkennen können. Die konkludente Abänderung kann im übrigen auch einen schriftlich abgefaßten Vertrag betreffen, selbst soweit dieser eine Schriftformklausel dergestalt enthalten sollte, zukünftige Ä nderungen oder Ergänzungen nur schriftlich abzufassen (BGHZ 71, 162, 164; 66, 378, 381).
bb) Zwar mag den Schmiergeldzahlungen des Angeklagten L an die Mitangeklagten B und S eine gegen eine konkludente Übereinkunft sprechende indizielle Wirkung entnommen werden können. Dennoch läßt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landgerichts eine Abänderungsvereinbarung nicht ausschließen. Einmal lagen die Preise des Angeklagten L , die längere Zeit im wesentlichen unverändert blieben, erheblich unter Marktniveau, was auch im Zuge der Fusion
K /H deutlich wurde. Bei einem in diesem Zusammenhang vorgenommenen Preisvergleich haben Mitarbeiter von K /H erhebliche Differenzen zu den Preisen von Vertragspartnern der Firma H festgestellt , was schließlich auch zu beträchtlichen Erhöhungen der Vergütungen zugunsten des Angeklagten L führte. Zudem erbrachte der Angeklagte
L
mit seiner Firma noch weitere Arbeiten, nämlich in der Art eines Hausmeisters auch Reparatur-, Wartungs- und Aufbereitungsarbeiten, für die in den Rahmenverträgen keine Vergütung vorgesehen war und die der Angeklagte L auch nicht abrechnete. Nach § 612 Abs. 1, § 632 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung hierfür jedoch stillschweigend als vereinbart, weil bei einem Gewerbebetrieb die unentgeltliche Übernahme solcher Arbeiten nicht zu erwarten und nach § 612 Abs. 2, § 632 Abs. 2 BGB in Ermangelung einer konkreten Vergütung jeweils der marktübliche Preis geschuldet war. Diese Umstände könnten einen Anhalt bilden, daß tatsächlich im Wege einer konkludenten Übereinkunft jeweils zusätzlich zwei Träger abgerechnet werden sollten, zumal auch die Höhe des hierdurch erreichten faktischen Mehrerlöses durchschnittlich jeweils etwa 20 Prozent betrug, mithin also auch die Lücke zu einer marktgerechten Vergütung im wesentlichen geschlossen wäre. Schließlich endete auch die Abrechnung von zwei zusätzlichen Trägern zu dem Zeitpunkt, zu dem die deutlich höheren Vergütungsregelungen zugunsten des Angeklagten L in Zusammenhang mit der Fusion K /H in Kraft traten.

b) Ebenso begegnet die Annahme des Landgerichts erheblichen Bedenken , daß für eine Erhöhung der Vergütung des Angeklagten L aufgrund einer Weisung des Vorstands kein Spielraum bestanden habe.
aa) Bezüglich des Inhalts der Weisung beschränken sich die Urteilsgründe auf die Feststellung, daß “der Vorstand angewiesen habe, möglichst Nullrunden zu fahren, also die Preise nicht zu erhöhen oder aber möglichst niedrig zu halten”. Abgesehen davon, daß diese Weisung weder nach ihrer
Urheberschaft (einzelnes Vorstandsmitglied oder Gesamtvorstand, vom Konzern oder von Tochtergesellschaft) noch datumsmäßig näher konkretisiert wird, läßt sich aus dem mitgeteilten Inhalt auch nicht ohne weiteres eine derartige Beschränkung der Vertretungsmacht der eigentlich zuständigen Einkaufsabteilung entnehmen. Die Auslegung des sachlichen Umfangs einer Vollmacht ist aber anhand der §§ 133, 157 BGB vorzunehmen (BGH NJW 1991, 3141). Schon aus dem Wortlaut der Anweisung kann – wie sich aus der Einschränkung “möglichst” ergibt – kein absolutes Verbot hergeleitet werden. Ein solches wäre im übrigen auch völlig unpraktikabel, weil eine derart starre Regelung in einem größeren Konzern angesichts der raschen wirtschaftlichen Veränderungen und der zwangsläufigen Preisschwankungen gar nicht durchzuhalten wäre. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dagegen , der Anweisung des Vorstands diesen Erklärungswert beizumessen. Angesichts des Wortlauts und der Interessenlage könnte das Schreiben des Vorstands nicht als inhaltliche Beschränkung der Bevollmächtigung der zuständigen Mitarbeiter der Einkaufsabteilung angesehen werden.
bb) Zwar kann trotz Bestehens einer Vollmacht ein Vertragsschluß unwirksam sein, wenn der Vertragschließende gegen im Innenverhältnis bestehende Weisungen verstößt und der Vertragspartner den Mißbrauch der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte (vgl. BGHZ 113, 315, 320). Das Landgericht hat jedoch nicht ausreichend dargetan, ob überhaupt eine bindende Weisung vorlag. Der allgemein gehaltenen Vorgabe des Vorstands kann nämlich durchaus nur der Charakter eines Appells dergestalt beizumessen sein, nach Möglichkeit Preiserhöhungen mit Lieferanten zu vermeiden und solchen nur in unumgänglichen Fällen zuzustimmen. Ein solches Verständnis der Weisung des Vorstands wäre im übrigen auch naheliegend , weil eine allzu pauschale Einengung der nachgeordneten Einkaufsabteilung letztlich unpraktikabel und kontraproduktiv wäre. Selbst soweit der Vorstand das Eingehen von entsprechenden Verbindlichkeiten mit internen Berichtspflichten verbunden und der Angeklagte L dies gewußt
haben sollte, belegt dies nicht ohne weiteres die Kenntnis vom Mißbrauch einer Vollmacht, wenn sich die – im Nachgang konkludent ausgehandelten – Preise im Rahmen des Marktüblichen halten. Hierbei kann dann weiterhin der Gesichtspunkt Gewicht erlangen, daß Nebenleistungen im Zusammenhang mit Umzügen wie auch einzelne gesondert in Auftrag gegebene Hausmeisterarbeiten auf diese Weise abgegolten werden sollten. Insoweit standen nämlich den zuviel abgerechneten Trägern die nicht abgerechneten sonstigen Arbeiten entgegen, für deren Erbringung der Angeklagte L einen Vergütungsanspruch hatte. Insoweit hätte die Vergütung für zwei zusätzliche Träger auch als Pauschalierung für die vom Angeklagten L z u erbringenden Nebenleistungen verstanden werden können.

c) Da die Vertragsgrundlagen durch das Landgericht nicht rechtlich bedenkenfrei geklärt sind, läßt sich auch nicht feststellen, ob und gegebenenfalls inwieweit ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB zu Lasten der K -Firmen eingetreten ist. Der Nachteil würde sich nämlich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich abgerechneten und dem vertraglich vereinbarten Preis ergeben. Dies setzt voraus, daß der – gegebenenfalls unter Bedacht auf den Zweifelssatz zu ermittelnde – Vertragspreis für den jeweiligen Zeitraum bestimmt und den tatsächlich abgerechneten Preisen gegenübergestellt wird.

d) Die Schuldsprüche wegen Untreue können auch nicht in den Fällen aufrechterhalten bleiben, in denen der Angeklagte L an die Mitangeklagten S und B Schmiergelder gezahlt hat. Die Zahlung von Schmiergeldern an Mitarbeiter des Vertragspartners begründet nur dann eine Untreue im Sinne des § 266 StGB, wenn sich feststellen läßt, daß jedenfalls diese Geldbeträge über den Preis auf den Vertragspartner umgelegt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2001 – 5 StR 454/00 –). Ob dies angenommen werden kann, hängt wiederum von dem noch zu klärenden Zustandekommen einer konkludenten Ä nderungsvereinbarung ab. Läge näm-
lich eine solche vor, dann hätte der Angeklagte L die Mitangeklagten B und S aus der ihm insoweit insgesamt zustehenden Vergütung bezahlt, weshalb ein Vermögensnachteil der K -Firmen ausscheidet.
Für die Vertragsgestaltung waren die Mitangeklagten S und B , die nach der innerbetrieblichen Aufgabenverteilung mit Organisations - und Umzugsfragen befaßt waren, auch nicht zuständig. Zahlungen an sie können deshalb auch nicht ohne weiteres die zu vereinbarenden Vergütungen beeinflußt haben. Insoweit sind die Zahlungen – wovon auch das Landgericht auszugehen scheint – zumindest auch erfolgt, um überhaupt Aufträge von den K -Firmen zu erlangen und diese zeitlich möglichst wirtschaftlich für die Firma des Angeklagten L zu staffeln.
2. Das landgerichtliche Urteil war weiterhin auch insoweit aufzuheben, als es die Angeklagten L und Dr. M wegen Untreue im Zusammenhang mit der Vergütung für die Tätigkeit des bereits im Vorruhestand befindlichen Angeklagten Dr. M verurteilt hat. Das Landgericht hat dabei den der jeweiligen K -Firma entstandenen Nachteil darin gesehen, daß deren Vermögen durch diese Abrechnungspraxis gefährdet worden sei. Obwohl der Angeklagte Dr. M über seine geleisteten Arbeiten dem Vorstand Br monatliche Aufstellungen vorgelegt habe, hätten durch diese unkontrollierbare Art der Abrechnung nämlich die K -Firmen die Erfüllung der Ansprüche der Angeklagten L und Dr. M nicht nachweisen können. Dies begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht allerdings nicht schon in dem Zahlungsabfluß bei den K -Firmen einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB gesehen. Der Angeklagte Dr. M konnte nämlich – ungeachtet seines Vorruhestandes – aus seinem Arbeitsverhältnis die ausgehandelte Vergütung beanspruchen. Zwar unterfiel seine Tätigkeit wegen der
Verletzung seiner sozialversicherungsrechtlichen Mitteilungspficht nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I dem Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 6. Februar 1995 (BGBl. I S. 165). Dies führte jedoch nicht zu einem Wegfall seines Vergütungsanspruchs. Anders als bei sonstigen Verstößen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SchwarzarbG, die grundsätzlich die Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses nach § 134 BGB zur Folge haben (BGHZ 111, 308), wird bei einem Verstoß gegen sozialversicherungsrechtliche Mitteilungspflichten nicht die Arbeitsleistung an sich mißbilligt, sondern lediglich die Nichterfüllung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten hieraus. Bei derartigen Verstößen gegen sozialversicherungsrechtliche Normen soll lediglich deren Erfüllung sichergestellt , nicht aber die Unwirksamkeit des gesamten Rechtsverhältnisses herbeigeführt werden (Kania in Personalbuch 2000 7. Aufl. “Schwarzarbeit” Rdn. 3; Buchner in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Band 1– Individualarbeitsrecht I 1992 § 37 Rdn. 64 ff.), zumal der Wegfall des Lohnanspruches die Sozialkassen gerade nicht entlasten würde.
Mit der Abrechnung über den Angeklagten L ist hinsichtlich des Gehaltsanspruches, der dem Angeklagten Dr. M aus seiner Tätigkeit für die K -Firmen zustand, Erfüllung gemäß § 362 BGB eingetreten. Der Zahlung seitens der K -Firma an den Angeklagten L s tand somit eine gleichwertige Gegenleistung gegenüber, weil damit deren Verbindlichkeit gegenüber dem Angeklagten Dr. M erloschen ist. Welche Beweissituation im Hinblick auf eine gerichtliche Durchsetzung der Lohnforderung des Angeklagten Dr. M gegeben ist, ist unerheblich, wenn die Forderung tatsächlich existiert (BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Nachteil 46).

b) Ein Nachteil könnte sich für die K -Firmen deshalb allenfalls daraus ergeben, daß sie ein zweites Mal auf die Begleichung der Forderungen in Anspruch genommen werden könnten. Da sie für die Erfüllung beweisbelastet sind, könnten die K -Firmen bei einer ungerechtfertigten
zweiten Geltendmachung dieser Ansprüche in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt gewesen sein. Dieses beweismäßige Defizit besteht letztlich in einer unzureichenden buchhalterischen Erfassung des Zahlungsflusses durch die K -Firmen. Eine falsche Buchführung begründet aber nicht schon als solche einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB (BGHSt 20, 304; BGH StV 1996, 431). In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in den Fällen unordentlicher Buchführung vielmehr nur einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB angenommen, soweit die Durchsetzung berechtigter Ansprüche erheblich erschwert, wenn nicht verhindert worden ist (BGH aaO; vgl. weiter BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Nachteil 12). Dieser Ansatz der Rechtsprechung, der in der Literatur weitgehend auf Zustimmung gestoßen ist (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 146; Lenckner/Perron in Schönke /Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 45 jeweils mit umfänglichen Nachweisen ), muß sinngemäß auch für die umgekehrte Sachverhaltskonstellation gelten. Erleichtert eine fehlerhafte Buchführung die Geltendmachung ungerechtfertigter Ansprüche Dritter, begründet dies ebenfalls nicht per se eine schadensgleiche Vermögensgefährdung, die einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB darstellt. Auch hier liegt eine im Sinne des Untreuetatbestandes relevante Vermögensgefährdung nur dann vor, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls mit einer ungerechtfertigten Doppelinanspruchnahme zu rechnen und aufgrund der unzureichenden Buchhaltung eine wesentliche Erschwerung der Rechtsverteidigung zu besorgen ist.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach den Feststellungen des Landgerichts fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß überhaupt ein solches Vorgehen seitens der Angeklagten L und Dr. M in Aussicht genommen oder gar angedroht war. Vielmehr hätten beide Angeklagte im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung damit rechnen müssen, daß das gesamte – letztlich zum Nachteil der Sozialverwaltung entwickelte – Abrechnungssystem ruchbar geworden wäre. Auf der Grundlage der den Angeklagten ihrerseits zur Verfügung stehenden Be-
weismittel wäre auch eine entsprechende Geltendmachung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen. Der Angeklagte Dr. M , der im Vorruhestand auf Stundenbasis tätig wurde, hätte kaum überhaupt einen Anspruch, schon gar nicht in diesem Umfang, nachweisen können. Im Hinblick auf den Angeklagten L bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Doppelinanspruchnahme.

c) Allein der Gesichtspunkt, daß ein Abrechnungssystem gewählt wurde, das – was die Festlegung der geleisteten Stunden wie auch die Auszahlung der hierfür entstandenen Vergütung angeht – risikobehaftet war, rechtfertigt nicht die Annahme eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB. Genau diese Form der Entlohnung war nämlich zwischen dem Angeklagten Dr. M und dem Vorstandsmitglied Br v ereinbart. Die hierdurch für den Angeklagten Dr. M geschaffene Möglichkeit, dieses System zu mißbrauchen, reicht für eine Strafbarkeit nach § 266 StGB nicht aus. Daß er es tatsächlich zu seinem Vorteil und zum Nachteil der K -Firmen ausgenutzt hat, hat das Landgericht nicht festgestellt.

d) Insoweit konnte der Senat die Angeklagten L und Dr. M allerdings nicht schon aus Rechtsgründen nach § 354 Abs. 1 StPO freisprechen. Den jeweiligen Einzelabrechnungen, die das Landgericht als selbständige Untreuehandlungen ausgeurteilt hat, läßt sich nämlich nicht entnehmen , ob die Erhöhung der Transportvergütung allein der absprachegemäßen Finanzierung der Tätigkeit des Angeklagten Dr. M gedient hat. Soweit darüber hinausgehende Falschabrechnungen des Angeklagten L erfolgt sind, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Angeklagte Dr. M dies auch erkannt hat.
3. Die Verurteilung des Angeklagten L wegen Steuerhinterziehung durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 kann aus
Rechtsgründen keinen Bestand haben; insoweit war der Angeklagte freizusprechen.

a) Der Angeklagte L hatte im Jahr 1997 von Januar bis Oktober jeweils inhaltlich unrichtige monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben , insoweit ist er vom Landgericht auch verurteilt worden. Bereits mit seiner Verhaftung im Dezember 1997 wurde ihm eröffnet, daß ein Steuerstrafverfahren gegen ihn am 9. Dezember 1997 eingeleitet worden war. Die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen des Jahres 1997 waren sodann Gegenstand des Haftbefehles vom 5. März 1998, wobei dieser zusätzlich noch die Umsatzsteuervoranmeldung für November 1997 umfaßte. Angesichts dieser Situation war der Angeklagte L – unter dem steuerstrafrechtlichen Aspekt – nicht mehr verpflichtet, eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 abzugeben.
b) Einer Verurteilung steht hier das in § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO normierte Zwangsmittelverbot (“nemo tenetur se ipsum accusare”) entgegen (vgl. BGH wistra 1993, 66, 68). Danach sind im Besteuerungsverfahren Zwangsmittel im Sinne des § 328 AO gegen den Steuerpflichtigen unzulässig , wenn er dadurch gezwungen würde, sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten, insbesondere wenn insoweit bereits ein Strafverfahren eingeleitet worden ist.
aa) Allerdings kennt die Rechtsordnung kein ausnahmsloses Gebot, daß niemand zu Auskünften gezwungen werden darf, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbaren muß (BVerfGE 56, 37, 42). Ausnahmen können insbesondere dann gegeben sein, wenn – außerhalb eines Strafverfahrens – das Interesse eines gesetzlich Auskunftspflichtigen mit dem berechtigten Informationsbedürfnis anderer, z. B. von Behörden, kollidiert (vgl. BVerfGE aaO S. 45). Die gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und die Steuergerechtigkeit sind ebenso Abwägungskriterien wie die Notwendigkeit eines gesicherten Steueraufkommens für den
Staat, damit er seinen vielfältigen Aufgaben gerecht werden kann. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, daß die Steuerpflichtigen zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet sind ohne Rücksicht darauf, ob hierdurch Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufgedeckt werden (BVerfG – Kammer – wistra 1988, 302).
bb) Bei divergierenden verfahrensrechtlichen Grundsätzen ist indes auch im Besteuerungsverfahren auf die strafprozessualen Rechte der Betroffenen Bedacht zu nehmen. Andernfalls wäre das berechtigte Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren tangiert. Im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens soll daher dem Betroffenen erspart bleiben, mit Zwangsmitteln zur Abgabe von Erklärungen im Besteuerungsverfahren gezwungen zu werden, mit denen er von ihm begangene Steuerstraftaten offenbaren müßte. Dem wird von Gesetzes wegen durch § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO Rechnung getragen. Auf eine solche Offenbarung früherer eigener Steuerstraftaten liefe es aber hinaus, wenn der Betroffene durch die gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO strafbewehrte Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung gezwungen wäre, mit der er – bei wahrheitsgemäßer Darstellung – vorangegangene Hinterziehungen aufdecken müßte.
cc) In der nach § 18 Abs. 3 UStG abzugebenden Umsatzsteuerjahreserklärung hat der Unternehmer die zu entrichtenden Steuern bzw. den Überschuß selbst zu berechnen. Seine Erklärungspflicht erstreckt sich dabei auf dieselbe Steuerart hinsichtlich eines Gesamtzeitraums, für den er nach § 18 Abs. 1 und 2 UStG bereits Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben hatte. Bei der Pflicht zur Abgabe einer Jahreserklärung handelt es sich um eine gegenüber der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen eigenständige Erklärungspflicht , deren Nichterfüllung einen selbständigen Unrechtsgehalt besitzt (vgl. BGHR AO § 370 Abs. 1 – Konkurrenzen 13). Da die von beiden Erklärungspflichten umfaßten Zeiträume bei gleicher Steuerart teilidentisch sind und dasselbe Steueraufkommen betreffen, gerät der Steuerpflichtige,
der keine oder unrichtige bzw. unvollständige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hat, hinsichtlich der Jahreserklärung in eine unauflösbare Konfliktlage , wenn ihm im Hinblick auf die Umsatzsteuervoranmeldungen die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben worden ist. In einem solchen Fall kann der Steuerpflichtige nämlich nicht mehr – wie ansonsten möglich (vgl. BGHR AO § 371 Abs. 1 – Unvollständigkeit 2) – durch die Abgabe einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung Straffreiheit für die bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldungen begangenen Steuerhinterziehungen erlangen (vgl. § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO). Er kann im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung entweder durch eine Korrektur mit den richtigen Umsätzen sich selbst belasten oder den Steuerschaden durch die Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung vertiefen. Diese Konfliktlage will § 393 Abs. 1 AO vermeiden. Dies kann im Falle der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens im Hinblick auf Umsatzsteuervoranmeldungen nur bedeuten, daß die Strafbewehrung der Verletzung der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bis zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO) jedenfalls solange suspendiert ist, wie das Steuerstrafverfahren andauert (vgl. auch Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 5. Aufl. § 393 Rdn. 36 ff.; Meyer DStR 2001, 461, 465) und soweit sich die Erklärungszeiträume der Steuererklärungen decken.
dd) Dem steht Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht entgegen, wonach eine Einschränkung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen oder der Feststellungslast nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 1 AO auf eine mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbare Privilegierung des in ein Strafverfahren verwickelten Steuerpflichtigen hinausliefe und deshalb nicht in Betracht komme (BFH/NV 1997, 641; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches FG, EFG 2001, 252; FG Düsseldorf, 12. Mai 1999 – 9 V 2019/99 –; FG München EFG 1996, 570). Der Senat kann offen lassen, ob dem in dieser Allgemeinheit zu folgen ist.
Eine Abweichung liegt jedenfalls nicht vor. Zu differenzieren ist nämlich in zweifacher Hinsicht:
(1) Das Zwangsmittelverbot beeinflußt nicht die bloße Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen und die sich daran anschließenden steuerrechtlichen Folgerungen (z. B. Schätzung im Besteuerungsverfahren nach § 162 AO). Es berührt lediglich die strafrechtliche Sanktionierung dieser Pflicht (vgl. BGH wistra 1999, 385 f.). Da die Androhung von Kriminalstrafe im übrigen häufig in ihren Auswirkungen die in § 393 Abs. 1 Satz 2 AO in Verbindung mit § 328 AO bezeichneten Zwangsmittel übertreffen wird, fordert eine an dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung orientierte Auslegung, den Steuerpflichtigen auch im Falle einer notwendigen Selbstbelastung von einer strafbewehrten Pflicht zur Selbstbezichtigung freizustellen (vgl. HansOLG wistra 1996, 239). Insoweit konkretisiert die Regelung des § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO für das Steuerstrafverfahren nur den allgemeinen Grundsatz , daß eine unzumutbare Handlung nicht erzwungen werden darf, weil die Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens bei jedem Unterlassungsdelikt vorliegen muß (Stree in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. Vorbem. §§ 13 ff. Rdn. 155 f.; vgl. auch BGH NStZ 1984, 164).
(2) Zum anderen findet das Zwangsmittelverbot dort seine Grenze, wo es nicht mehr um ein bereits begangenes steuerliches Fehlverhalten des Betroffenen geht, hinsichtlich dessen ein Steuerstrafverfahren bereits eingeleitet ist. Selbst wenn die Abgabe der Steuererklärungen für nachfolgende Besteuerungszeiträume mittelbare Auswirkungen auf das laufende Steuerstrafverfahren haben sollte, könnte das nicht ihre Unterlassung rechtfertigen, weil andernfalls neues Unrecht geschaffen würde, zu dem das Recht auf Selbstschutz nicht berechtigt (vgl. BGHSt 3, 18, 19; BGH wistra 1993, 66, 68), und gleichzeitig ein Verstoß gegen den steuerlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ermöglicht würde. Diese Einschränkung greift jedoch für das Verhältnis von Umsatzsteuervoranmeldungen zur Umsatzsteuerjahreserklä-
rung wegen der Gleichheit der betroffenen Steuerart und der Teilidentität des von der jeweiligen Erklärungspflicht erfaßten Steueranmeldungszeitraums sowie des betroffenen Steueraufkommens nicht ein. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob steuerliche Erklärungspflichten, die lediglich mittelbar zu einer Selbstbelastung des Steuerpflichtigen in einem Steuerstrafverfahren führen, ein strafrechtliches Verwertungsverbot auslösen können, wie es etwa das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 56, 37, 41 ff.) im Fall von Angaben des Gemeinschuldners im Konkursverfahren ausgesprochen hat (vgl. Rüping/Kopp NStZ 1997, 530, 533 f.).

III.


Das landgerichtliche Urteil war weiterhin bezüglich des Angeklagten Dr. M im Ausspruch über die Einzelstrafe hinsichtlich der Verurteilung wegen Betruges aufzuheben. Der Angeklagte Dr. M hat sich des Betruges in der Begehungsform des Unterlassens schuldig gemacht, weil er – entgegen seiner in § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I normierten Offenbarungspflicht – gegenüber den Sozialbehörden den empfangenen Arbeitslohn verschwiegen hat. Hinsichtlich der Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen eröffnet § 13 Abs. 2 StGB eine Milderungsmöglichkeit nach § 49 Abs. 1 StGB. Die Prüfung, ob eine solche Strafrahmenverschiebung vorzunehmen ist (vgl. BGHR StGB § 13 Abs. 2 – Strafrahmenverschiebung 1, 2), hat das Landgericht verabsäumt.
Soweit der Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils bestätigt wird, können die verhängten Einzelstrafen im übrigen aufrechterhalten bleiben. Der Senat kann ausschließen, daß diese Strafen von den Rechtsfehlern beeinflußt worden sind, die zu einer Teilaufhebung des Urteils geführt haben.

IV.


Die Aufhebung im Schuldspruch wegen Untreue war gemäß § 357 StPO auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten S z u erstrekken , weil der sachlich-rechtliche Mangel in gleicher Weise auch ihn betrifft.
Anhaltspunkte, die eine andere rechtliche Beurteilung ihm gegenüber rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Nichtrevident ist zur Anwendung des § 357 StPO angehört worden und hat ihr nicht widersprochen.
Harms Häger Basdorf Raum Brause
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe von Einkommenund
Gewerbesteuererklärungen für einen bestimmten
Veranlagungszeitraum wird suspendiert, wenn dem
Steuerpflichtigen für diesen Zeitraum die Einleitung
eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wird (im
Anschluß an BGHSt 47, 8).
BGH, Beschluß vom 23. Januar 2002 - 5 StR 540/01
LG Paderborn
-

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 23. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2002

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 20. August 2001 gemäß § 349 Abs. 4 StPO jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Steuerhinterziehung hinsichtlich der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer 1997 (Fälle 4 und 5 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist und
b) im Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen.
1. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung in vier Fällen – unter Einbeziehung rechtskräftiger Einzelstrafen – zu einer Gesamtfreiheits- strafe von drei Jahren und einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg ; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts gab der Angeklagte, der als selbständiger Gewerbetreibender auf sogenannten “Kaffeefahrten” Haushaltsgegenstände vertrieb, für die Veranlagungszeiträume von 1997 bis 1999 weder Umsatz-, noch Gewerbe- oder Einkommensteuererklärungen ab. Dadurch kam es zu einer Steuerverkürzung in Höhe von insgesamt 284.000 DM. Hinsichtlich der Gewerbesteuer für die Jahre 1998 und 1999 sowie bezüglich der Einkommensteuer für die Jahre 1998 und 1999 hat das Landgericht nur einen Versuch der Steuerhinterziehung angenommen, weil die Veranlagungsarbeiten im Bezirk Paderborn noch nicht im wesentlichen abgeschlossen waren, bevor dem Angeklagten hinsichtlich dieser Steuern die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben wurde.

II.


Das landgerichtliche Urteil hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten jeweils wegen vollendeter Steuerhinterziehung bezüglich der Einkommen- und der Gewerbesteuer für den Veranlagungszeitraum 1997 verurteilt hat, reichen die hierzu getroffenen Feststellungen nicht aus.

a) Das Landgericht teilt in den Urteilsgründen mit, daß dem Angeklagten durch die Vollziehung eines Durchsuchungsbeschlusses die Einlei-
tung eines Steuerstrafverfahrens wegen Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerhinterziehung seit dem 23. Juni 1998 bekannt war. Es verhält sich jedoch nicht dazu, auf welchen Tatzeitraum sich die Bekanntgabe der Einleitung des Steuerstrafverfahrens bezog. Dies ist jedoch für die strafrechtliche Bewertung von Belang.
aa) Mit der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 397 AO treten zugunsten des beschuldigten Steuerpflichtigen die Wirkungen der in der Abgabenordnung normierten Schutzvorschriften gemäû §§ 393, 397 Abs. 3 AO ein. Andererseits verliert der Steuerpflichtige mit der Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige. Maûgeblich ist deshalb, welche Tatvorwürfe zu welchem Zeitpunkt dem Beschuldigten nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 397 Abs. 3 AO bekanntgegeben worden sind. In der Übergabe einer Durchsuchungsanordnung kann ± wie das Landgericht zutreffend angenommen hat ± die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu sehen sein (BGH wistra 2000, 219, 225). Die Wirkungen der Bekanntgabe der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erstrekken sich dann auf diejenigen Tatvorwürfe, die in der Durchsuchungsanordnung genannt sind. Damit ist entscheidend, auf welche Steuerart und auf welchen Tatzeitraum sich die angeordnete Durchsuchung bezogen hat (vgl. BGH aaO).
bb) Die Urteilsgründe enthalten weder Feststellungen, welche konkreten Tatvorwürfe die Durchsuchung betraf, noch auf welche Weise der Angeklagte hiervon Kenntnis erlangte. Dies hätte jedoch der Erörterung bedurft. Hätte die Durchsuchung den Vorwurf der Hinterziehung der Einkommen - und Gewerbesteuer für den Veranlagungszeitraum 1997 erfaût, läge nur ein fehlgeschlagener Versuch der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO vor. Eine Vollendung dieser Taten könnte dann je-
doch nicht mehr eintreten. Mit der Einleitung des Steuerstrafverfahrens wäre nämlich die strafbewehrte Pflicht entfallen, die Einkommen- beziehungsweise Gewerbesteuererklärung noch abzugeben.
(1) Wie der Senat in seinem Beschluû vom 26. April 2001 (BGHSt 47, 8, 12 ff.) ausgeführt hat, wird die Erklärungspflicht jedenfalls dann nach § 393 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AO suspendiert, wenn hinsichtlich des Veranlagungszeitraums , für den die Erklärung abzugeben ist, bereits ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wurde. Der genannten Entscheidung vom 26. April 2001 lag der Sachverhalt zugrunde, daû der Steuerpflichtige bereits jeweils unrichtige monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hatte. Vor Ablauf der Frist zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung war gegenüber dem Steuerpflichtigen, der dann auch keine Umsatzsteuerjahreserklärung mehr abgegeben hatte, die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens hinsichtlich der unrichtigen Voranmeldungen bekanntgegeben worden. Der beschuldigte Steuerpflichtige befand sich in der Zwangslage, entweder mit der Abgabe einer wahrheitsgemäûen Jahreserklärung selbst seine unrichtigen Voranmeldungen aufdecken zu müssen oder den steuerlichen Schaden zu perpetuieren. Der Bundesgerichtshof hat für diesen eng umgrenzten Ausnahmefall gemäû § 393 Abs. 1 AO die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung während der Dauer des Steuerstrafverfahrens als suspendiert angesehen, um dem Beschuldigten den Konflikt zu ersparen, sich im Falle wahrheitsgemäûer Angaben selbst belasten zu müssen.
(2) Die Strafbewehrung einer Nichtabgabe von Steuererklärungen zu suspendieren, rechtfertigt sich in diesen Fällen aus dem Zwangsmittelverbot (nemo tenetur se ipsum accusare). Ein vergleichbares Spannungsverhältnis besteht aber auch dann, wenn der Steuerpflichtige nicht innerhalb der Erklärungsfrist (§ 149 Abs. 2 AO) eine Einkommensteuerklärung abgegeben hat und er damit in das Stadium des Versuchs der Einkommensteuerhinterzie-
hung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) eingetreten ist. Mit der ihm gegenüber mitgeteilten Einleitung des Ermittlungsverfahrens entfällt für ihn die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts nach § 24 StGB, weil es regelmäûig an der Freiwilligkeit fehlen wird. Da die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens vorher bekanntgegeben worden ist, führt eine Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b AO nicht zur Straffreiheit (zur Anwendbarkeit des § 371 AO auf den Versuch vgl. Kohlmann Steuerstrafrecht 7. Aufl. § 371 Rdn. 31 f.). Für den Steuerpflichtigen bleibt dann nur die Wahl entweder durch Abgabe einer Steuererklärung praktisch den Hinterziehungsumfang selbst aufzudecken oder durch die fortdauernde Unterlassung der Abgabe einer Steuererklärung den rechtswidrigen Zustand weiter zu perpetuieren. Zwänge man den Steuerpflichtigen zur Abgabe einer Steuererklärung, müûte er alle steuerlich relevanten Tatsachen vortragen (§ 90 Abs. 1 AO), aus denen sich der von ihm beabsichtigte Hinterziehungsumfang errechnen lieûe. Eine derartige Pflicht zur Selbstbelastung will das Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 AO dem Steuerpflichtigen seinem Grundgedanken nach gerade ersparen. Dies kann wirksam nur dadurch erfolgen, daû die Strafbewehrung der Erklärungspflicht für ein bestimmtes Veranlagungsjahr so lange suspendiert wird, wie für dieses Veranlagungsjahr ein Strafverfahren anhängig ist.
(3) Wenn für frühere Veranlagungszeiträume ein Steuerstrafverfahren eingeleitet sein sollte, läût dies die Erklärungspflicht allerdings unberührt. Auch soweit sich ± wie hier vorliegend bei der völligen Verschleierung der Einkünfte ± das steuerliche Fehlverhalten hinsichtlich der einzelnen Veranlagungszeiträume praktisch gleicht, gilt nichts anderes. Das Zwangsmittelverbot des § 393 Abs. 1 AO erlaubt nicht die Begehung neuen Unrechts. Dies bedeutet, daû der Steuerpflichtige die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens für die Vorjahre nicht zum Anlaû nehmen darf, für einen späteren Veranlagungszeitraum keine oder gar unrichtige Angaben zu machen (BGHSt 47, 8, 15). Die ordnungsgemäûe Erfüllung der steuerlichen Erklä-
rungspflicht mag dabei mittelbar Auswirkungen auf das Steuerstrafverfahren haben, weil die Aufdeckung bislang verheimlichter Einkunftsquellen zu Ermittlungen der Finanzbehörden auch im Hinblick auf die Vorjahre Anlaû geben könnte. Selbst wenn die Gefahr zu entsprechenden Rückschlüssen auf die Vorjahre bestehen sollte, könnte dies nicht ein neuerliches Fehlverhalten im Hinblick auf zukünftige Veranlagungszeiträume rechtfertigen (BGH, Beschl. vom 10. Januar 2002 ± 5 StR 452/01, zur Veröffentlichung vorgesehen

).


b) Mithin hätte es der Feststellung bedurft, auf welche Veranlagungszeiträume sich der Durchsuchungsbeschluû des Amtsgerichts Bielefeld bezog. Sollte dieser frühere Tatzeiträume oder andere Steuerarten betroffen haben, hätte das Landgericht für die Einkommen- und Gewerbesteuer 1997 ermitteln müssen, wann jeweils die Veranlagungsarbeiten im wesentlichen abgeschlossen waren. Dieser Zeitpunkt ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Vollendung maûgebend (BGH wistra 1999, 385; zuletzt BGH, Beschl. vom 7. November 2001 ± 5 StR 395/01, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ± vgl. hierzu Jäger PStR 2002, 1 ff.). Für die Tatvollendung bei der Hinterziehung der Gewerbesteuer ist dabei auf den Zeitpunkt abzustellen, bis zu dem die Arbeiten hinsichtlich der Festsetzung der Gewerbesteuer (§ 16 GewStG) durch die zuständige Gemeinde im wesentlichen abgeschlossen sind (vgl. BGH NJW 1991, 1315). Nur soweit nicht vor jenen ± konkret festzustellenden ± Zeitpunkten dem Angeklagten die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens für diesen Veranlagungszeitraum bekanntgegeben wurde, kann eine Verurteilung wegen vollendeter Steuerhinterziehung erfolgen.

c) Dieser Mangel, der zur Aufhebung des Schuldspruchs nötigt, zieht auch die Aufhebung der hierfür verhängten Einzelstrafen und der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren nach sich. Die übrigen Einzelstrafen können bestehenbleiben, weil auszuschlieûen ist, daû sie von dem Recht sfehler beeinfluût sind.

2. Die gesondert verhängte weitere Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten kann gleichfalls keinen Bestand haben.

a) Das Landgericht hat allerdings zutreffend eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe gebildet, weil das Berufungsurteil des Landgerichts Paderborn vom 17. Mai 2000 insoweit Zäsurwirkung entfaltet hat. Der spätere Gesamtstrafenbeschluû gemäû § 460 StPO des Amtsgerichts Niebüll vom 3. Mai 2001 muûte demgegenüber auûer Betracht bleiben, weil Entscheidungen nach § 460 StPO keine neuen tatrichterlichen Feststellungen ermöglichen (Fischer in KK 4. Aufl. § 460 Rdn. 3; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 55 Rdn. 6; jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
Eine Einbeziehung auch der Versuchstaten (Fälle 6 bis 9) war nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht möglich, weil diese nicht vor Erlaû dieses Berufungsurteils des Landgerichts Paderborn begangen wurden. Maûgeblich ist hierfür, daû die jeweils einzubeziehenden Taten beendet waren (BGH NJW 1997, 750, 751; wistra 1996, 144, 145). Die hier relevanten Taten der Steuerhinterziehung (Einkommensteuer 1998, 1999 und Gewerbesteuer 1998, 1999) befanden sich noch im Versuchsstadium, weil die Veranlagungsarbeiten für diese Besteuerungszeiträume noch nicht abgeschlossen waren. Der Versuch der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO, der durch Unterlassen begangen wird, beginnt mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Erklärung spätestens zu erfolgen hat. Soweit es ± wie hier ± nicht vorher zu einer Vollendung der Taten kommt, endet die Strafbarkeit wegen Unterlassens erst dann, wenn der rechtswidrige Zustand wieder aufgehoben wird. Insoweit gelten die Grundsätze, die für die Beendigung bei Dauerdelikten entwickelt worden sind (vgl. hierzu Rissing-van Saan aaO § 55 Rdn. 9). Bei den hier vorliegenden Taten endete der rechtswidrige Zustand erst mit der Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, weil ab diesem Zeitpunkt gemäû § 393 Abs. 1 AO die Strafbewehrung der Abgabe ei-
ner Steuererklärung suspendiert war (vgl. auch BGH wistra 1992, 23 zu § 266a StGB).

b) Die Gesamtfreiheitsstrafe ist aber nicht rechtsfehlerfrei gebildet worden. Das Landgericht geht von einer unzutreffenden Einsatzstrafe im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB aus. Die hier zugrundezulegende höchste Strafe, die für die Fälle 6 bis 9 verhängt wurde, beträgt vier Monate und nicht ± wie das Landgericht irrtümlich angenommen hat ± sechs Monate. Soweit das Landgericht auf S. 17 der Urteilsgründe auch ± im Widerspruch zu den zutreffenden Ausführungen auf S. 15 der Urteilsgründe ± Fall 5 bei der konkreten Bestimmung dieser zweiten Gesamtstrafe einbezogen hat, beruht dies gleichfalls auf einem Versehen. Da diese Fehler sich auf die Festsetzung der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe ausgewirkt haben können, muû auch die zweite Gesamtstrafe neu gebildet werden.

c) Der Senat weist dabei darauf hin, daû in diese zweite Gesamtstrafe die Fälle 4 und 5 dann einzubeziehen sind, wenn sich aus den noch vorzunehmenden (oben dargelegten) Ermittlungen ergeben sollte, daû die jeweilige Vollendung der Taten oder die Beendigung ihres Versuchs zeitlich später als das Berufungsurteil des Landgerichts Paderborn vom 17. Mai 2000 lagen.
Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.

(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.


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(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden.

(2) Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.

(3) Hat eine Hauptverhandlung bereits an mindestens zehn Tagen stattgefunden, so ist der Lauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen gehemmt, solange

1.
ein Angeklagter oder eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen Krankheit oder
2.
eine zur Urteilsfindung berufene Person wegen gesetzlichen Mutterschutzes oder der Inanspruchnahme von Elternzeit
nicht zu der Hauptverhandlung erscheinen kann, längstens jedoch für zwei Monate. Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluß fest.

(4) Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens am Tage nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. Ist der Tag nach Ablauf der Frist ein Sonntag, ein allgemeiner Feiertag oder ein Sonnabend, so kann die Hauptverhandlung am nächsten Werktag fortgesetzt werden.

(5) Ist dem Gericht wegen einer vorübergehenden technischen Störung die Fortsetzung der Hauptverhandlung am Tag nach Ablauf der in den vorstehenden Absätzen bezeichneten Frist oder im Fall des Absatzes 4 Satz 2 am nächsten Werktag unmöglich, ist es abweichend von Absatz 4 Satz 1 zulässig, die Hauptverhandlung unverzüglich nach der Beseitigung der technischen Störung, spätestens aber innerhalb von zehn Tagen nach Fristablauf fortzusetzen. Das Vorliegen einer technischen Störung im Sinne des Satzes 1 stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 379/15
vom
3. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:030216B4STR379.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Februar 2016 einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 16. März 2015, soweit es ihn betrifft, dahin geändert, dass der Angeklagte als Gesamtschuldner mit den Angeklagten C. und Do. verurteilt ist, an den Adhäsionskläger A. W. 549.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2013 zu zahlen. 2. Von einer Entscheidung über den weiter gehenden Adhäsionsantrag gegen den Angeklagten D. wird abgesehen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten D. wird verworfen. 4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten sowie die dadurch entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Adhäsionsklägers zu tragen, soweit der Anspruch zuerkannt worden ist. Soweit von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen worden ist, werden die entstandenen gerichtlichen Auslagen der Staatskasse auferlegt; die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur räuberischen Erpressung, wegen Beihilfe zur Erpressung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, und wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge und eine Verfahrensrüge gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel ist nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zum Adhäsionsausspruch erfolgreich. Im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Nach den Feststellungen unter II. 4. und 5. des angefochtenen Urteils setzte der Angeklagte gemeinsam mit den Mitangeklagten C. und Do. an seinem PC Schreiben von zwei Rechtsanwälten auf, um den Adhäsionskläger zur Zahlung eines Schweigegeldes zu bewegen. Um den Druck auf den Adhäsionskläger zu erhöhen, entwickelte er unter der Mitwirkung und Aufsicht von C. und Do. ein Dokument, das einem Urteil des Landgerichts K. stark ähnelte. Nach Vorlage der vermeintlichen Rechtsanwaltsschreiben und von Auszügen des gefälschten Urteils zahlte der Nebenkläger 350.000 € an Do. . Der Angeklagte erhielt hiervon absprachegemäß einige hundert Euro (Fall II. 4.). Da der Adhäsionskläger die geforderte Summe in kürzester Zeit aufgebracht hatte, setzten ihn C. und Do. weiter unter Druck. Der Adhäsionskläger zahlte ihnen daraufhin weitere 620.000 € gegen Aushändigung der gefälschten Urteilsauszüge und Rechtsanwaltsschreiben, die anschließend verbrannt wurden (Fall II. 5.).
4
2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten in diesen Fällen als eine Beihilfe zur Erpressung in Tateinheit mit Urkundenfälschung gewertet. Soweit diese Verurteilung auch eine Beihilfehandlung des Angeklagten zu der Erpressung im Fall II. 5. erfasst, hält dies der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil das Urteil keine Feststellungen zum Gehilfenvorsatz des Angeklagten D. in Bezug auf die erneute Erpressung des Adhäsionsklägers mit Hilfe derselben gefälschten Unterlagen enthält. Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe (§ 27 StGB) setzt auf subjektiver Seite einen doppelten Gehilfenvorsatz voraus. Dieser muss die Unterstützungshandlung umfassen und sich auf die Vollendung einer vorsätzlich begangenen Haupttat richten, wobei es genügt, dass der Gehilfe erkennt und billigend in Kauf nimmt, dass sein Beitrag sich als unterstützender Bestandteil in einer Straftat manifestieren wird (BGH, Urteil vom 18. April 1996 – 1 StR 14/96, BGHSt 42, 135, 137 f.; BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 3 StR 167/14, wistra 2015, 148, 150 jeweils mwN). Hier ist weder festgestellt noch belegt, dass der Angeklagte wusste oder für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass C. und Do. die von ihm gefertigten Unterlagen zu einer weiteren Erpressung nutzen würden.
5
Der Schuldspruch des Urteils ist von dem Rechtsfehler nicht berührt. Aber auch der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Das Landgericht hat die Strafe dem § 267 Abs. 3 Satz 1 StGB entnommen, weil ein Vermögensverlust großen Ausmaßes verursacht worden ist. Bei der konkreten Strafzumessung hat es lediglich berücksichtigt, dass der Vermögensschaden weit über der Summe von 50.000 € liegt, die in der Regel als Untergrenze des Vermögensschadens großen Ausmaßes betrachtet wird. Dies trifft auch auf den dem Angeklagten D. im Fall II. 4. zuzurechnenden Vermögensschaden von 350.000 € zu.
6
3. Im Rahmen der Adhäsionsentscheidung durfte dem Angeklagten D. die Zahlung der weiteren 620.000 € aufgrund der bisherigen Feststellungen zu seiner Tatbeteiligung im Fall II. 5. allerdings nicht zur Last gelegt werden. Eine Aufhebung und Zurückverweisung zur Feststellung des subjektiven Tatbestandes der Beihilfe zur Erpressung im Fall II. 5. der Urteilsgründe allein zur Bestimmung des Umfangs des Adhäsionsanspruchs kommt nicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2010 – 4 StR 295/10, NStZ-RR 2011, 52; vom 8. November 2005 – 4 StR 321/05, BGHR StPO § 403 Anspruch 8 mwN; vom 28. November 2002 – 5 StR 381/02, wistra 2003, 113). Der Senat hat den Adhäsionsausspruch entsprechend berichtigt.
7
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 472a Abs. 1 und Abs. 2 StPO.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender