Bundesfinanzhof Urteil, 28. Okt. 2015 - X R 47/13

published on 28/10/2015 00:00
Bundesfinanzhof Urteil, 28. Okt. 2015 - X R 47/13
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Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 10. Oktober 2013  2 K 4112/12 E aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte in den Streitjahren 2007 bis 2009 gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Apotheke. Die Umsätze wurden im Wesentlichen in Form von Bargeschäften getätigt. Der Kläger ist nach §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuches buchführungspflichtig. Er verwendet in seiner Apotheke als sog. Vorsystem das EDV-System "A" der Firma X, ein speziell für Apotheken entwickeltes Warenwirtschaftssystem mit integrierter Kassenfunktion. Die Buchführung wird mittels eines DATEV-Programms durch den Steuerberater erstellt.

2

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) führte für die Streitjahre eine Außenprüfung durch. Zusammen mit der Prüfungsanordnung wies der Prüfer darauf hin, er beabsichtige von dem nach § 147 Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bestehenden Recht des Zugriffs auf Daten, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems (Warenwirtschafts- und Kassensystem) erstellt worden seien, Gebrauch zu machen und bat um Angaben zum EDV-System sowie um Zurverfügungstellung der entsprechenden Daten auf einem Datenträger. Dem kam der Kläger durch Vorlage einer CD-ROM nach, die jedoch keine Daten der PC-Kasse enthielt.

3

Im Verlauf der Prüfung forderte der Prüfer mehrfach die Datei BP_Kassenumsatz.csv aus dem vom Kläger eingesetzten EDV-System "A" an, die Informationen aller Barverkäufe im Detail enthält (Kassenauftragszeile). Der Kläger verweigerte die Vorlage dieser Datei und übergab stattdessen einen Datenträger mit den saldierten Tagesabschluss-Werten (CD "[Name des Klägers] Z-Bons 2007-2009"). Gegen die Datenanforderung legte er Einspruch ein, den das FA nach Abschluss der Außenprüfung mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig verwarf.

4

Der Prüfer war der Ansicht, weil der Kläger alle Warenbewegungen und Erlöse über das PC-Kassensystem erfasse, gehörten die Vorgangsdaten der einzeln aufgezeichneten Geschäftsvorfälle zu den Grundaufzeichnungen, da sich nur mit diesen das Zustandekommen der gebuchten Erlöse überprüfen lasse. Der Kläger sei der Vorlageaufforderung nicht nachgekommen, sodass die erklärten Erlöse nicht geprüft werden könnten. Aufgrund dieses elementaren Mangels habe die Buchführung die Vermutung für die sachliche Richtigkeit i.S. des § 158 AO verloren, weswegen eine Hinzuschätzung von 3 % der Barumsätze vorzunehmen sei. Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erließ u.a. entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009.

5

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 91 veröffentlichte Urteil, der Kläger sei als Einzelhändler von der Verpflichtung zur Einzelaufzeichnung befreit. Soweit der Kläger freiwillig oder aus berufsrechtlichen Gründen weitergehende Aufzeichnungen gefertigt habe, sei er nicht zu deren Herausgabe verpflichtet gewesen, so dass die Voraussetzungen gemäß § 162 Abs. 2 AO nicht erfüllt seien und dem FA daher keine Schätzungsbefugnis zugestanden habe. Insbesondere sei das FA nicht befugt gewesen, allein aufgrund der Weigerung des Klägers, die angeforderte Datei BP_Kassenumsatz.csv herauszugeben, pauschale Zuschätzungen vorzunehmen.

6

Die Revision des FA führte zu dem veröffentlichten Zwischenurteil gemäß § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vom 16. Dezember 2014 X R 47/13 (BFH/NV 2015, 793), in dem der erkennende Senat feststellte, es habe eine Verpflichtung des Klägers bestanden, dem FA einen Datenträger mit der aus dem PC-Kassensystem "A" der Firma X generierten Datei BP_Kassenumsatz.csv vorzulegen. Durch das Zwischenurteil sollte den Beteiligten --wie in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 ausdrücklich erläutert-- Gelegenheit gegeben werden, auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats zu einer Einigung zu kommen. Der Antrag des Klägers vom 24. April 2015, erneut einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, wurde durch Beschluss vom 6. Mai 2015 zwar mit dem Hinweis abgelehnt, der Senat werde --sollte eine Einigung bis zum Jahresende 2015 nicht erreicht werden können-- das Verfahren fortsetzen und ein Endurteil fällen. Nachdem das FA aber mit Schriftsatz vom 10. August 2015 vorgetragen hat, aus seiner Sicht erscheine eine --vom angerufenen Senat angeregte-- Einigung als aussichtslos, und der Kläger dieser Einschätzung nicht widersprochen hat, wird das Verfahren bereits jetzt fortgesetzt.

7

Das FA vertritt weiterhin die Auffassung, seine Schätzung sei rechtmäßig und könne den Änderungsbescheiden zugrunde gelegt werden.

8

Es beantragt,
das angefochtene FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an einen anderen Senat des FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Das FA habe unter den Umständen des Streitfalls nicht einfach schätzen dürfen. Bevor nicht die streitige Frage des Datenzugriffsrechts geklärt gewesen sei, hätte das FA in der Weigerung, die angeforderte Datei herauszugeben, kein zu sanktionierendes Verhalten sehen dürfen.

11

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und unterstützt das Vorbringen des FA.

Entscheidungsgründe

12

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

13

1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Kläger sei als Einzelhändler von der Verpflichtung befreit gewesen, die jeweiligen "Verkäufe über die Ladentheke" einzeln aufzuzeichnen, so dass die Voraussetzungen gemäß § 162 Abs. 2 AO nicht erfüllt gewesen seien und dem FA keine Schätzungsbefugnis zugestanden habe.

14

Durch das Zwischenurteil vom 16. Dezember 2014 hat der erkennende Senat indes bindend entschieden, der Kläger sei verpflichtet gewesen, dem FA einen Datenträger mit der aus dem PC-Kassensystem "A" der Firma X generierten Datei BP_Kassenumsatz.csv vorzulegen. Da die Anforderung der Kasseneinzeldaten durch das FA infolgedessen rechtmäßig war und der Kläger ihr nicht nachgekommen ist, war das FA dem Grunde nach zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 2 AO befugt.

15

2. Der erkennende Senat vermag nicht der Auffassung des FG zu folgen, es widerspreche dem Zweck des § 162 Abs. 2 AO, eine darin genannte Pflichtverletzung anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige seine Herausgabepflicht bestreite, dies umfänglich begründe und die Vorlage der angeforderten Datei mit der Maßgabe anbiete, dass eine Pflicht zuvor gerichtlich festgestellt werde. Ebenso schließt sich der Senat nicht der finanzgerichtlichen Auffassung an, der Streit um vorgreifliche Rechtsfragen, deren isolierte Justiziabilität der Bundesfinanzhof (BFH) kurz zuvor in einem im Bundessteuerblatt veröffentlichten Urteil bestätigt habe, stelle keine mit der Zuschätzung zu belegende Verletzung von Pflichten i.S. von § 162 Abs. 2 AO dar.

16

Zwar wäre es wünschenswert gewesen, wenn die vorgreifliche und strittige Frage, ob und inwieweit eine Vorlagepflicht besteht, gerichtlich geklärt worden wäre, bevor das FA Schätzungsbescheide erlässt. Der Umstand, dass dies nicht geschehen ist, führt indes nicht dazu, dass die objektiv gegebene Verletzung der Herausgabepflicht entfällt. Diese berechtigt auch dann zur Schätzung, wenn die Existenz der Herausgabepflicht streitig war, der Steuerpflichtige hierüber --ggf. auch schuldlos-- irrte und die Frage erst nach Erlass der Schätzungsbescheide höchstrichterlich geklärt wurde.

17

Gründet die Schätzungsbefugnis darauf, dass der Steuerpflichtige Unterlagen nicht vorlegen kann (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO), so ist es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unerheblich, warum er sie nicht vorlegen kann, namentlich, ob ihn hieran ein Verschulden trifft (vgl. BFH-Entscheidungen vom 28. Juni 1972 I R 182/69, BFHE 106, 427, BStBl II 1972, 819, unter 1.b; vom 9. März 1994 VIII S 9/93, BFH/NV 1995, 28, unter II.3.b ff.; vom 19. Juli 2010 X S 10/10 (PKH), BFH/NV 2010, 2017, sowie vom 26. Oktober 2011 X B 44/11, BFH/NV 2012, 168, unter II.1.b). Gründet die Schätzungsbefugnis darauf, dass der Steuerpflichtige Unterlagen nicht vorlegen will, so kann nichts anderes gelten, sodass in diesem Fall § 162 Abs. 2 AO entsprechend anzuwenden ist (so auch BFH-Beschluss vom 18. November 2009 VIII B 16/08, BFH/NV 2010, 389, unter II.1.; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 162 AO Rz 37; Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 162 Rz 61; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 162 Rz 63).

18

3. Das FG hat --nach seiner Überzeugung zu Recht, da es bereits den Grund für eine Schätzung verneint hat-- keine Feststellungen zur Schätzung der Höhe nach getroffen, so dass die Sache zurückzuverweisen ist.

19

a) Ist ein Steuerpflichtiger seinen Verpflichtungen gemäß § 162 Abs. 2 AO nicht nachgekommen und sind deshalb die Besteuerungsgrundlagen von der Finanzbehörde geschätzt worden, ist das FG gehalten, von seiner eigenen Schätzungsbefugnis nach § 96 Abs. 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 AO Gebrauch zu machen (siehe BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 I R 102/98, BFH/NV 1999, 1492, unter II.). Das FG kann seine Verpflichtung zur eigenen Schätzung zwar auch dadurch erfüllen, dass es die Schätzung der Finanzbehörde prüft und als eigene übernimmt und sich dann darauf beschränkt, substantiierten Einwendungen gegen die Schätzung des FA nachzugehen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 12. Oktober 2005 VIII B 241/04, BFH/NV 2006, 326, und vom 6. Juni 2012 I R 99/10, BFHE 237, 335, BStBl II 2013, 196, unter 5.). Es ist aber nicht an die vom FA gewählte Schätzungsmethode gebunden, weil es nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 AO eine eigene, selbständige Schätzungsbefugnis besitzt.

20

b) Im Streitfall kann den Urteilsgründen keine finanzgerichtliche Schätzung entnommen werden. Das FG spricht sich zwar gegen die vom FA vorgenommene umsatzbezogene pauschale Zuschätzung aus; in diesen Äußerungen liegt jedoch keine --konkludente-- eigene Schätzung. Das FG weist nämlich in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass die Befugnis zur Zuschätzung im Streitfall mit der umstrittenen Rechtsfrage zur Herausgabepflicht "steht und fällt". Da jedoch das FG bereits diese Verpflichtung als nicht gegeben ansieht, ist in seinem Urteil auch keine eigene Schätzung --und sei es auch nur hilfsweise-- zu erkennen.

21

Die ihm obliegende Schätzung hat das FG daher nachzuholen.

22

4. Der Senat sieht keinen sachlichen Grund, die Streitsache --wie vom FA beantragt-- an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen.

23

Gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung kann der BFH die Rechtssache durch besondere Anordnung an einen anderen Senat des FG zurückverweisen (z.B. BFH-Urteil vom 10. November 1993 I R 68/93, BFH/NV 1994, 798, unter II.2., m.w.N.). Da die Zurückverweisung an einen anderen Senat das Recht des Betroffenen auf seinen gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) berührt, setzt sie besondere sachliche Gründe voraus, um eine willkürfreie Ermessensausübung zu gewährleisten. So kommt sie in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit des FG-Senats bestehen, der das aufgehobene Urteil gesprochen hat (BFH-Urteil vom 25. November 2009 I R 18/08, BFH/NV 2010, 941, unter II.6.b). Von einer Zurückverweisung an einen anderen Senat ist insbesondere dann Gebrauch zu machen, wenn das Revisionsgericht aufgrund der besonderen Umstände befürchten muss, dass es dem Vordergericht schwerfallen wird, sich die rechtliche Beurteilung, die zur Aufhebung des tatrichterlichen Urteils führte, voll zu eigen zu machen (BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 798, unter II.2.).

24

Derartige Zweifel bzw. Umstände sind im Streitfall nicht erkennbar. Da sich die Frage einer Zurückverweisung nur bei rechtsfehlerhafter Vorentscheidung stellt, kann die Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG nicht mit der Unrichtigkeit des Urteils ("greifbare Rechtswidrigkeiten") begründet werden (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 941, unter II.6.b, m.w.N.). Auch die vom FA angeführte Urteilspassage reicht nicht aus, um auf eine unsachliche, unfaire oder voreingenommene Einstellung des FG dem FA gegenüber schließen zu können.

25

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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(1) Die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

(2) Absatz 1 gilt nicht,

1.
soweit nach den Umständen des Einzelfalls Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden oder
2.
soweit die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstellen des § 41 Absatz 1 Satz 7 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 4 Absatz 2a der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung, des § 146a oder des § 147b in Verbindung mit der jeweiligen Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Ist bei einer Leistungsklage oder einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt ein Anspruch nach Grund und Betrag strittig, so kann das Gericht durch Zwischenurteil über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist und nicht der Kläger oder der Beklagte widerspricht.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.