Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Nov. 2011 - IV B 30/10

bei uns veröffentlicht am23.11.2011

Tatbestand

1

I. Das der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) vorangegangene Klageverfahren war im Jahre 2007 beim 4. Senat des Finanzgerichts (FG) unter dem Az. 4 K 59/07 (4) anhängig. Im März 2008 beschloss das Präsidium des FG, die Entscheidungszuständigkeit für das Klageverfahren der Klägerin sowie vier weitere Verfahren auf den 1. Senat des FG zu übertragen. Durch sein im Jahre 2010 ergangenes Urteil wies dieser die Klage ab.

2

Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision rügt die Klägerin u.a. das Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der 1. Senat des FG habe zu Unrecht über die Klage entschieden; er sei nicht zuständig gewesen.

Entscheidungsgründe

3

II. Die Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO).

4

1. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen vor. Das Urteil der Vorinstanz beruht --wie die Klägerin zutreffend geltend macht-- auf einem wesentlichen Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 1 FGO, weil das FG bei seiner Entscheidung nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Ein solcher Verfahrensmangel ist u.a. gegeben, wenn durch eine die Besetzung des erkennenden Gerichts betreffende Maßnahme zugleich Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verletzt, d.h. der gesetzliche Richter entzogen ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. November 1995 VIII R 3-5/95, BFH/NV 1996, 481, unter II.1., m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.

5

a) "Erkennendes Gericht" i.S. des § 119 Nr. 1 FGO ist das Gericht in der Besetzung bei der abschließenden Entscheidung. Maßgebend für die Ordnungsmäßigkeit der Besetzung des Spruchkörpers ist der für diesen Zeitpunkt geltende Geschäftsverteilungsplan des Gerichts; er regelt konstitutiv auch die Zuständigkeit des Spruchkörpers für bereits anhängige Sachen (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 481; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 14. November 1995 VIII R 84/93, VIII R 1/94, BFH/NV 1996, 416; vom 11. Juli 2006 IX B 179/05, BFH/NV 2006, 1873). Denn der Geschäftsverteilungsplan einschließlich etwaiger Änderungen wirkt nur für die Dauer eines Geschäftsjahres (Jährlichkeitsprinzip) und tritt an dessen Ende ohne weiteres Zutun außer Kraft (z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 30. Oktober 1984  9 C 67/82, Deutsches Verwaltungsblatt --DVBl-- 1985, 574, m.w.N.).

6

b) § 21e Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes verbietet es nicht, durch den jährlichen Geschäftsverteilungsplan bereits anhängige Sachen einem anderen Spruchkörper zuzuweisen als dem, bei dem sie im Zeitpunkt ihres Einganges anhängig geworden sind (z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 481; BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1873; BVerwG-Urteil vom 18. Oktober 1990  3 C 19/88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 1370). Hierbei ist jedoch --wie bei der Verteilung der Geschäfte allgemein-- das Abstraktionsprinzip (s. dazu z.B. BVerwG-Urteil in NJW 1991, 1370; BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1873) zu beachten. Der jeweilige Geschäftsverteilungsplan muss die Aufgaben nach allgemeinen, abstrakten und objektiven Merkmalen (d.h. nicht speziell, sondern generell) verteilen. Dies schließt zwar nicht aus, bereits anhängige, neu zu verteilende Sachen --soweit notwendig-- in gewissem Umfang zu konkretisieren. Keinesfalls dürfen aber einzelne ausgesuchte Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen werden (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1996, 416, und in BFH/NV 2006, 1873; BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 481; auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 16. Februar 2005  2 BvR 581/03, BFH/NV 2005, Beilage 4, 367; BVerwG-Urteile vom 29. Juni 1984  6 C 35/83, DVBl 1985, 165, und in NJW 1991, 1370). Geschieht dies dennoch --wenn auch wie im Streitfall in dem anerkennenswerten Bemühen, bestimmte Verfahren zu beschleunigen, deren Bearbeitung sich wegen Erkrankungen von Richtern verzögert hat--, wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt (BVerfG-Beschluss in BFH/NV 2005, Beilage 4, 367).

7

c) Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) irrt, wenn er meint, im Streitfall liege schon deshalb kein Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 und § 119 Nr. 1 FGO vor, weil der 1. Senat des FG seine Zuständigkeit nicht aufgrund schlechthin unvertretbarer, sachfremder und damit willkürlicher Erwägungen angenommen habe. Der BFH hat nämlich wiederholt entschieden, dass ein Verstoß gegen den gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan dann zu einem Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 und § 119 Nr. 1 FGO führt, wenn er sich --wie im Streitfall-- zugleich als Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) darstellt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. September 2005 VII B 1/05, BFH/NV 2006, 146; vom 19. Juli 2010 X B 21/10, BFH/NV 2010, 2093).

8

d) Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob der Präsidiumsbeschluss vom 3. März 2008 insgesamt unwirksam sein könnte, weil er sowohl von einem abgeordneten Richter als auch von einem Richter kraft Auftrags unterzeichnet ist, kommt es danach ebenso wenig an wie auf die Frage, ob durch diesen Beschluss eine unmittelbare Zuweisung von Streitsachen in das Dezernat eines einzelnen Mitglieds des 1. Senats des FG in zulässiger Weise vorgenommen werden konnte.

9

2. Aus der am 9. März 2009 beschlossenen Änderung des Geschäftsverteilungsplans des FG für das Jahr 2009 lässt sich für das vorliegende Verfahren die Zuständigkeit des 1. Senats des FG ebenfalls nicht begründen. Denn die Regelung, wonach dem 1. Senat "alle bis zum 31. Dezember 2007 anhängig gewordenen Streitsachen aus dem Zuständigkeitsbereich des Finanzamts X" betreffend einzelne Steuerarten zugewiesen wurden, die "bis zum 9. März 2009 in den Dezernaten 3 des 3. und 4. Senats waren", sollte ersichtlich bereits umverteilte Verfahren nicht betreffen und kann ohnehin den in der ursprünglichen Zuweisung einzelner ausgewählter Verfahren liegenden Verstoß gegen das Abstraktionsprinzip nicht heilen (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1873). Ob --wie die Klägerin meint-- der Änderungsbeschluss vom 9. März 2009 später durch weiteren Präsidiumsbeschluss vom 20. Juli 2009 gegenstandslos geworden ist, ist danach unerheblich.

10

3. Der Verfahrensfehler hat zur Folge, dass die Vorentscheidung ohne sachliche Nachprüfung aufzuheben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 116 Abs. 6 FGO). Die im Ermessen des BFH stehende Zurückverweisung ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Vorinstanz unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts entschieden hat (z.B. BFH-Beschlüsse vom 24. Februar 2005 VIII B 216/03, BFH/NV 2005, 1328, und in BFH/NV 2006, 1873).

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 116


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 101


(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 119


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn 1. das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2. bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 21e


(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, wel

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Gründe

1

Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg.

2

1. Mit ihrem Vortrag, der Tenor des Urteils des Finanzgerichts (FG) sei unrichtig, weil die Klägerin verurteilt worden sei, obwohl sie keine Klage gegen die Umsatz- und Gewerbesteuerbescheide 1994 bis 1996 erhoben habe, tragen die Kläger keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor. Im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils (vgl. Abs. 1 Satz 2) führt das FG eindeutig aus, dass sich nur der Kläger, nicht aber die Klägerin gegen die geänderten Umsatz- und Gewerbesteuerbescheide wendet. Deshalb ist der Tenor der angefochtenen Entscheidung nach § 107 FGO wegen offenbarer Unrichtigkeit zu berichtigen. Die nach § 107 FGO zu berichtigende Unrichtigkeit kann alle Bestandteile des Urteils betreffen, also auch den Tenor (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 107 Rz 4), und die Möglichkeit einer sachlichen Änderung des Urteils ist im Streitfall ebenso ausgeschlossen wie Fehler oder Unrichtigkeiten des Gerichts bei der Sachverhaltsermittlung, Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung (Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 107 Rz 2).

3

Der beschließende Senat kann den unrichtigen Tenor des FG-Urteils berichtigen. Er ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens über die Nichtzulassung der Revision für die Berichtigung zuständig (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114).

4

2. Die Kläger haben eine fehlerhafte Besetzung des erkennenden Senats des FG nicht schlüssig dargelegt.

5

a) Ein Verstoß gegen den gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan führt nur dann zu einem Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 und § 119 Nr. 1 FGO, wenn er sich zugleich als Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) darstellt. Dies ist nur bei willkürlichen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften der Fall. Eine Besetzungsrüge hat deshalb nur dann Erfolg, wenn das erkennende Gericht seine Zuständigkeit aufgrund schlechthin unvertretbarer, mithin sachfremder und damit willkürlicher Erwägungen angenommen hat. Von Willkür kann nur dann die Rede sein, wenn die Entscheidung sich so weit von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (BFH-Beschluss vom 12. September 2005 VII B 1/05, BFH/NV 2006, 146, m.w.N.).

6

b) Dass diese Voraussetzungen eines Verfassungsverstoßes im Streitfall erfüllt seien, haben die Kläger nicht schlüssig vorgetragen. Sie haben nicht anhand des Geschäftsverteilungsplans bzw. der internen Senatsgeschäftsverteilung des erkennenden Senats des FG belegt, dass dem Gericht wegen der Mitwirkung des Richters am Verwaltungsgericht D. ein Verstoß gegen die geltende Geschäftsverteilung unterlaufen wäre. Allein der Umstand, dass ein nach der Geschäftsverteilung des FG zur Entscheidung berufener Richter den Titel "Richter am Verwaltungsgericht" führt, begründet keinen Besetzungsmangel.

7

3. Die Rüge der Kläger, das FG habe verfahrensfehlerhaft die beantragte Beteiligtenvernehmung unterlassen, ist unbegründet. Das FG musste den Kläger nicht als Beteiligten vernehmen. Die Beteiligtenvernehmung (§§ 81 Abs. 1, 82 FGO, §§ 450 ff. der Zivilprozessordnung) ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur ein letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts. Sie dient nicht dazu, dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, seine eigenen Behauptungen zu bestätigen und ggf. zu beeiden. Sie kann unterbleiben, wenn sich das Gericht mit Hilfe anderer Beweismittel eine Überzeugung bilden kann oder wenn keine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens spricht (BFH-Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl II 1999, 28, unter 5.b der Gründe, m.w.N.). Auf die Beteiligtenvernehmung kann das Gericht zudem verzichten, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann.

8

Danach konnte das FG von der beantragten Beteiligtenvernehmung absehen. Nach den Gründen des angefochtenen Urteils hat das Gericht den Beweisantrag der Kläger auf die Frage bezogen, ob Bareinlagen auf Steuerrückerstattungen zurückzuführen sind. Dies hat es als wahr unterstellt und ausgeführt, auch unter Berücksichtigung der Erstattung seien noch umfangreiche Bareinlagen ungeklärt. Der Formulierung im Beweisantrag, dass "Frau Steuerprüferin F kurz vor der Schlussbesprechung erklärt hat", hat das FG offensichtlich nicht die von den Klägern in der Beschwerdebegründung dargelegte Bedeutung beigemessen. Da die Kläger ihren Beweisantrag ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 1. Dezember 2009 nicht näher erläutert haben, liegt hierin kein Verfahrensfehler. Im Übrigen wurde das Recht des Klägers auf Gehör schon deshalb nicht verletzt, weil er als Beteiligter in der mündlichen Verhandlung jederzeit hätte vortragen und seine Sicht des Zustandekommens der tatsächlichen Verständigung hätte schildern können. Versagt wurde ihm allenfalls eine prozessuale Verstärkung seines Vortrags mit Hilfe einer förmlichen Beteiligtenvernehmung.

9

Schließlich ist im Streitfall von einem Rügeverzicht auszugehen, weil der Kläger die unterlassene Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung war er fachkundig von dem ihn auch im Beschwerdeverfahren vertretenden Rechtsanwalt beraten und konnte erkennen, dass das FG von der Möglichkeit der Parteivernehmung keinen Gebrauch machen wollte. Da § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung der Prozessbeteiligte verzichten kann, hätte er deshalb vortragen müssen, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt worden oder weshalb die Rüge nicht möglich gewesen sei.

10

4. Auch die Rüge der Kläger, das FG habe ihren Antrag, den Zeugen S zu hören, vollständig ignoriert, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Sie haben nicht vorgetragen, dass sie die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt haben oder weshalb die Rüge nicht möglich war.

11

5. Dem weiteren Vortrag der Kläger, das FG habe es ihnen nicht ermöglicht, die Klageanträge in der mündlichen Verhandlung zu begründen, ist entgegenzuhalten, dass sie ausweislich der Niederschrift nach dem Sachvortrag des Berichterstatters das Wort erhalten haben.

12

6. Im Kern erschöpfen sich die Ausführungen der Kläger in kritischen Äußerungen darüber, dass und warum das FG die tatsächliche Verständigung seiner Entscheidung nicht hätte zugrunde legen dürfen. Die Rüge solcher Fehler rechtfertigt indessen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55, m.w.N.).

13

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Beschwerdeführer schlüssig und substantiiert darlegt, dass die Vorentscheidung an einem besonders schwerwiegenden materiell-rechtlichen Fehler leide, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. Begründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BTDrucks 14/4061, S. 9) und nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Beschluss vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25, m.w.N.) zur Zulassung der Revision führen könnte. Letzteres trifft im Streitfall offensichtlich nicht zu.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.