Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Tatbestand:

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Er ist anerkannter irakischer Flüchtling.

Der Kläger reiste im Jahr 1997 in das Bundesgebiet ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Verwaltungsgericht Bayreuth verpflichtete das damalige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Urteil vom 26. Februar 1998 zur Feststellung, dass im Fall des Klägers die Voraussetzungen der § 51 Abs. 1, § 53 AuslG hinsichtlich des Irak vorlagen. Der Kläger hatte im Asylverfahren folgende Angaben gemacht: A. M., geboren am ... 1970 in Bagdad, verheiratet, kurdischer Volkszugehöriger. Das Verwaltungsgericht ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass der Kläger zwar Kurde sei, aber nicht aus dem Nord-, sondern aus dem Zentralirak stamme. Er könne nicht auf den Nordirak als inländische Fluchtalternative verwiesen werden, weil er dorthin keine Beziehungen habe und dort seinen Lebensunterhalt nicht sichern könne.

In der Folge erhielt der Kläger Aufenthaltstitel und am 6. März 2008 eine Niederlassungserlaubnis. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 31. Mai 2010, bei der Beklagten wohl am 10. Juni 2010 eingegangen, legte der Kläger eine irakische Staatsangehörigkeitsurkunde im Original vor und bat um Datenberichtigung dahingehend, dass seine Personalien wie folgt lauteten: O. F. S., geboren am ... 1968 in S. (Nordirak). Nach Prüfung der Urkunde durch das Bayerische Landeskriminalamt informierte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 31. August 2010 darüber, dass er nun ausländerrechtlich unter den von ihm mitgeteilten Daten geführt werde, und erteilte einen Reiseausweis für Flüchtlinge mit den geänderten Angaben.

Am 15. Oktober 2012 beantragten der Kläger und seine Ehefrau ihre jeweilige Einbürgerung sowie die Einbürgerung ihrer 2003 und 2007 im Bundesgebiet geborenen Kinder. Dabei gab der Kläger an, von seiner Geburt bis 1997 in S. (Nordirak) gelebt und dort am 10. Juni 2000 geheiratet zu haben. Er legte unter anderem einen Heiratsvertrag vor, der von der Regierung von Kurdistan, Justizministerium, Personenstandsgericht in S. am 10. Juni 2000 registriert wurde und wonach sowohl der Kläger als auch seine Ehefrau vor diesem Gericht erschienen seien. Die Bereitschaft, seine bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben und sich zur Durchführung der erforderlichen Schritte nach schriftlicher Zusicherung der Einbürgerung zu verpflichten, verneinte der Kläger mit dem Hinweis auf seine Asylanerkennung. Er legte des Weiteren einen am 23. Mai 2011 ausgestellten Personalausweis der Republik Irak mit einer auf den 7. Juni 2010 datierten beglaubigten Übersetzung vor.

Auf die Anfrage der Beklagten im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) teilte dieses mit Schreiben vom 20. Juni 2013 mit, die Überprüfung der asylrechtlichen Begünstigung des Klägers habe ergeben, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der Begünstigung nach § 73 Abs. 1, Abs. 2 AsylVfG nicht vorlägen. Nach dem vom Klägerbevollmächtigten ausgesprochenen Verzicht auf die Anhörung lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag mit Bescheid vom 20. November 2013 ab. Der Kläger habe wegen seiner Identitätstäuschung nicht seit acht Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Das Einbürgerungsverfahren der Ehefrau und der Kinder des Klägers wurde zum Ruhen gebracht. Im Rahmen des gegen den Ablehnungsbescheid angestrengten Klageverfahrens ließ der Kläger vortragen, er sei zwar kurdischer Volkszugehöriger und auch im Nordirak geboren, allerdings hätten er und seine Familie vor der Einreise nach Deutschland im Zentralirak gelebt.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. Januar 2015 ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Gericht aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der erforderliche „gewöhnliche Aufenthalt im Inland seit acht Jahren“ nicht gegeben sei. Der Kläger habe einen gewöhnlichen Aufenthalt keinesfalls vor dem 10. Juni 2010 begründet. Die bloße Anwesenheit im Bundesgebiet seit 1997 genüge hierfür nicht. Der Kläger dürfte wohl einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet haben, weil die früheren, von der Beklagten nicht aufgehobenen Titel weiterhin ihre Tatbestandswirkung entfalteten. Der Einbürgerung stehe jedoch entgegen, dass der Kläger wegen der Täuschung über seine Identität keinen gewöhnlichen Aufenthalt seit acht Jahren habe begründen können. Der in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I legaldefinierte Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts sei in erster Linie örtlich-räumlich bezogen, werde aber von der höchstrichterlichen Rechtsprechung inhaltlich darüber hinausgehend umschrieben. Für die erforderliche Prognose komme es darauf an, ob der Ausländer unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse überhaupt die Möglichkeit eines unabsehbaren Aufenthalts in Deutschland habe. Hier habe der Kläger, zumindest solange er seine wahre Identität nicht offen gelegt habe, keine Möglichkeit, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn von § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG zu begründen. Wer zur Erlangung eines Aufenthaltstitels gegenüber deutschen Behörden und Gerichten falsche Angaben hinsichtlich seiner Identität mache, verwirkliche den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1a AufenthG und erfülle den Tatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung nach § 271 StGB. Der Umstand, dass sowohl die Beklagte als Ausländerbehörde als auch das Bundesamt bislang davon abgesehen hätten, die Identitätstäuschung zum Anlass für eine Rücknahme ihrer Entscheidungen zu nehmen und das Verhalten einer strafrechtlichen Überprüfung zuzuführen, spiele für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts keine Rolle.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 14. Januar 2015 und unter Aufhebung des Bescheids vom 20. November 2013 die Beklagte zu verpflichten, den Kläger unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit in den deutschen Staatsverband einzubürgern.

Zur Begründung wurde vorgetragen, das Verwaltungsgericht vermische die Begriffe der Rechtmäßigkeit und der Gewöhnlichkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts würden nicht einmal Duldungen, die kein Recht zum Aufenthalt verliehen, die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet hindern. Ausschlaggebend seien nicht die Möglichkeit der Aufhebung eines rechtswidrigen Aufenthalts bzw. die Erfüllung eines Ausweisungstatbestands, sondern vielmehr, dass seit Offenlegung der Identität ausländerrechtlich keine Maßnahmen vollzogen worden seien. Die Sanktionierung der Täuschung im einbürgerungsrechtlichen Verfahren sei systemfehlerhaft.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, vor der Bekanntgabe der richtigen Personalien könne nicht von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG ausgegangen werden. Dass ein Widerruf des Asylstatus und eine Rücknahme des Aufenthaltstitels im Wege der Ermessensausübung nicht erfolgt seien, ändere nichts an der bis zur Bekanntgabe der richtigen Personalien bestehenden Unsicherheit über den weiteren Aufenthalt. Würde man die durch strafbares Handeln mit falschen Personalien verbrachten Aufenthaltszeiten für die Einbürgerung anrechnen, würde gleichsam eine Prämie auf die Missachtung der Rechtsordnung gesetzt.

Die als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligte Landesanwaltschaft Bayern nimmt - ohne eigene Antragstellung - wie folgt Stellung: Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts setze eine in die Zukunft gerichtete Prognose voraus, bei der nicht nur die tatsächlichen Verhältnisse, sondern auch die rechtlichen Möglichkeiten für einen dauernden Aufenthalt einzubeziehen seien. Hiernach sei der gewöhnliche Aufenthalt zu verneinen, weil der Kläger angesichts seiner Identitätstäuschung von dem dauerhaft präsenten Ausweisungsgrund gewusst habe. Der Einwand, die Ausländerbehörde habe von aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen keinen Gebrauch gemacht, greife für die Zeit bis zur Offenlegung der wahren Identität des Klägers im Juni 2010 nicht durch. Wären die unter Identitätstäuschung zurückgelegten Aufenthaltszeiten für die Beurteilung der Gewöhnlichkeit des Aufenthalts bedeutungslos, würden rechtstreue Ausländer benachteiligt. Hinderten diese Aufenthaltszeiten hingegen den gewöhnlichen Aufenthalt, könnten aufwändige ausländerrechtliche Verfahren zur Rücknahme von Aufenthaltstiteln vermieden werden.

Mit Schreiben vom 6. April 2016 übersandte der Klägerbevollmächtigte Unterlagen zur Einkommens- und Wohnsituation des Klägers. Auf Anfrage des Gerichts teilte die Beklagte mit Schreiben vom 11. April 2016 mit, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers sei nach ihrer Einschätzung gegeben. Mit Ausnahme des streitgegenständlichen Aufenthaltserfordernisses seien auch alle übrigen Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. April 2016 verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage auf Einbürgerung zu Recht abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 20. November 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch darauf, dass ihn die Beklagte unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit in den deutschen Staatsverband einbürgert (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einbürgerung aus § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG, weil er im maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht alle Voraussetzungen für die - hier allein streitgegenständliche - Anspruchseinbürgerung erfüllt. Zwar sind die Einbürgerungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 StAG nach Aktenlage sowie nach dem schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten vom 11. April 2016, den sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfüllt. Insbesondere ist nach den vorgelegten Unterlagen sowie nach der Einschätzung der Beklagten von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Klägers gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG auszugehen. Der dem Kläger ausgestellte Reiseausweis für Flüchtlinge wurde von der Ausländerbehörde kürzlich bis zum Juli 2018 verlängert, so dass angesichts seines Flüchtlingsstatus gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG vom Erfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG (Aufgabe oder Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit) abgesehen wird. Es fehlt jedoch an der in § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG zuvörderst normierten Voraussetzung, wonach der Einbürgerungsbewerber seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben muss.

a) Beim gewöhnlichen Aufenthalt und der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts handelt es sich um zwei gesonderte Tatbestandsmerkmale, die systematisch voneinander zu unterscheiden sind (vgl. Berlit in GK StAR, § 10 Rn. 88 m. w. N.). Der Aufenthalt eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland ist rechtmäßig, wenn er von der zuständigen Ausländerbehörde erlaubt worden ist (BVerwG, U. v. 16.10.1990 - 1 C 15.88 - BVerwGE 87, 11/17 f.; U. v. 23.2.1993 - 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116/126 f.). Hiernach ist von der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet auszugehen, weil ihm seit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Jahr 1998 kontinuierlich Aufenthaltstitel bzw. im Jahr 2008 eine Niederlassungserlaubnis erteilt wurden. Diesen Titeln kommt Tatbestandswirkung zu, weil sie von der Beklagten trotz ihrer Rechtswidrigkeit nicht zurückgenommen wurden (dazu aa) und nicht nichtig sind (dazu bb).

aa) Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Klägers im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG scheitert nicht daran, dass die Aufenthaltstitel nicht unter den von ihm im Jahr 2010 angegebenen neuen Personalien erteilt worden sind (vgl. OVG SH, U. v. 5.2.2015 - 4 LB 15/13 - Asylmagazin 2016, 53). Zwar hat der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen die Beklagte über seine Identität, insbesondere den Namen, das Geburtsdatum und den Geburtsort getäuscht, so dass die erteilten Aufenthaltstitel wegen eines wesentlichen entscheidungserheblichen Mangels rechtswidrig waren. Die Ausländerbehörde der Beklagten hat die Bescheide nach Offenlegung der Identitätstäuschung jedoch nicht gemäß Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen, sondern den Kläger mit Schreiben vom 31. August 2010 informiert, dass er ausländerrechtlich nunmehr unter den neuen Daten geführt werde. Das Bundesamt hat auf Anfrage der Beklagten im Einbürgerungsverfahren am 20. Juni 2013 mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf bzw. eine Rücknahme nach (dem jetzigen) § 73 AsylG hinsichtlich der den aufenthaltsrechtlichen Titeln vorgelagerten bzw. ihnen zugrundeliegenden Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt seien. Die dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel entfalten daher Tatbestandswirkung.

bb) Trotz der Identitätstäuschung erweisen sich die Aufenthaltstitel auch nicht infolge Nichtigkeit als unwirksam (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG). Nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Obwohl die Aufenthaltstitel unter den vom Kläger ursprünglich angegebenen, erst später korrigierten Daten erteilt wurden, sind sie nicht mangels existierenden Bezugsobjekts nichtig (vgl. OVG SH, U. v. 5.2.2015 - 4 LB 15/13 - Asylmagazin 2016, 53). Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bezog sich nicht auf eine nicht vorhandene oder andere Person, sondern auf die Person des Klägers unter - aus heutiger Sicht bzw. nach nunmehrigen Angaben - falschem Namen aufgrund falscher Angaben (vgl. BVerwG, U. v. 9.9.2014 - 1 C 10.14 - NVwZ 2014, 1679 zur Einbürgerung). Der Gesetzgeber selbst sieht durch arglistige Täuschung erwirkte Verwaltungsakte nicht als nichtig, sondern (nur) als rücknehmbar an (vgl. Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BayVwVfG, § 35 Abs. 1 StAG). Es verbleibt daher bei der Bestandskraft der dem Kläger erteilten - auf die falsche Identität bezogenen - Aufenthaltstitel, die unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts Bindungswirkung für das Einbürgerungsverfahren entfalten (vgl. auch BayVGH, U. v. 30.1.2013 - 5 BV 12.2314 - juris Rn. 23; bestätigt durch BVerwG, B. v. 16.1.2014 - 10 B 1.14 - juris).

b) Der Kläger verfügte im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht seit mindestens acht Jahren über einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Er konnte einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik frühestens seit Offenlegung der Identitätstäuschung gegenüber der Beklagten am 10. Juni 2010 begründen. Dies ergibt sich aus der Wortlautauslegung des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“, die im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundessozialgerichts anhand eines zukunftsgerichteten Prognosemaßstabs vorzunehmen ist (aa). Die hiernach gefundene Auslegung wird durch systematische (bb) und teleologische (cc) Erwägungen bestätigt.

aa) Aus der Wortlautauslegung des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“ ergibt sich, dass der Kläger einen solchen nicht vor Juni 2010 im Bundesgebiet innehatte.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. U. v. 23.2.1993 - 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116/123 ff.; U. v. 18.11.2004 - 1 C 31.03 - BVerwGE 122, 199/202 f.; U. v. 26.2.2009 - 10 C 50.07 - BVerwGE 133, 203/215; U. v. 19.10.2011 - 5 C 28.10 - BVerwGE 141, 94/96; jeweils m. w. N.) hat ein Ausländer seinen gewöhnlichen bzw. dauernden Aufenthalt im Inland, wenn er sich hier unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend verweilt, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebt, so dass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss ist. Die Feststellung des dauernden Aufenthalts setzt eine in die Zukunft gerichtete Prognose unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse voraus. Hierbei sind vor allem die Vorstellungen und Möglichkeiten des Betroffenen von Bedeutung. Die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erfordert keine förmliche Zustimmung der Ausländerbehörde. Für den gewöhnlichen Aufenthalt ist es ausreichend, dass die Ausländerbehörde unbeschadet ihrer rechtlichen Möglichkeiten über längere Zeit davon Abstand nimmt, den Aufenthalt des Betroffenen im Bundesgebiet zwangsweise zu beenden.

Bei der vorgenannten Begriffsbestimmung orientiert sich das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich (vgl. nur BVerwG, U. v. 23.2.1993 - 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116/123) an der Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dieses hat in den letzten Jahren den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts weiter konkretisiert und insbesondere Charakter und Inhalt der zu treffenden Prognoseentscheidung näher beleuchtet (s. BSG, U. v. 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264; U. v. 16.6.2015 - B 13 R 36/13 R - juris). Danach ist das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthalts anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären, die den „Aufenthalt“, die mit dem Aufenthalt verbundenen „Umstände“ sowie das „nicht nur vorübergehende Verweilen“ feststellt. Bei der hierfür maßgeblichen vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) sind alle für die Beurteilung der künftigen Entwicklung erkennbaren Umstände zu berücksichtigen. Die wesensgemäß aus einer ex ante-Perspektive zu treffende Prognose bleibt auch dann maßgebend, wenn der „gewöhnliche Aufenthalt“ rückblickend, z. B. zu einem bestimmten Stichtag, zu ermitteln ist. Bei den zu berücksichtigenden Gesamtumständen des Aufenthalts kann es sich um subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche Gesichtspunkte handeln. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Domizilwille nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt. Vielmehr sind im Rahmen der Gesamtwürdigung der Umstände auch die Aufenthaltsposition des Ausländers sowie weitere rechtliche Gesichtspunkte heranzuziehen.

(2) Hieran gemessen konnte der Kläger jedenfalls vor Offenlegung seiner wahren Identität im Juni 2010 keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründen, weil zuvor nicht die zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Anknüpfungspunkte für die Prognoseentscheidung bekannt waren. Auch wenn der Kläger nach seinen subjektiven Vorstellungen den Wunsch gehegt haben mag, auf Dauer in der Bundesrepublik zu bleiben, konnte er hiervon schon deswegen nicht ausgehen, weil er infolge der Täuschung im Rechtsverkehr mit seiner Ausweisung rechnen musste (vgl. jetzt § 54 Abs. 2 Nr. 9, § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Die Ausländerbehörde konnte ihrerseits vor der Offenlegung der Identitätstäuschung mangels entsprechender Tatsachengrundlage keine Entscheidung darüber treffen, ob sie ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung des Klägers im Bundesgebiet einleiten oder davon Abstand nehmen wollte. Ab welchem Zeitpunkt eine negative behördliche Entscheidung bewusst unterbleiben konnte, die den Lauf der 8-Jahres-Frist in Gang setzt, bedarf mangels Entscheidungserheblichkeit keiner abschließenden Festlegung. Schon aus Praktikabilitätserwägungen dürfte allerdings viel dafür sprechen, diesen Zeitpunkt auf die Offenlegung der Identitätstäuschung gegenüber der Behörde am 10. Juni 2010 zu fixieren. Ab diesem Moment war die Behörde zur Prüfung aufenthaltsbeendigender Maßnahmen und zur Stellung einer neuen, auf zutreffender Tatsachengrundlage basierenden Prognose in der Lage. Der Umstand, dass die Beklagte letztlich - sei es wegen einer angenommenen Bindungswirkung der asylrechtlichen Entscheidung nach § 6 AsylG oder aufgrund anderer Erwägungen - von einer Rücknahme der aufenthaltsrechtlichen Titel bzw. der zwangsweisen Beendigung des Aufenthalts des Klägers abgesehen hat, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Die Prognose des nicht nur vorübergehenden Verweilens ist gerade anhand des früheren Blicks in die Zukunft und nicht retrospektiv zu treffen.

bb) Systematische Erwägungen stehen dieser Auslegung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts nicht entgegen. Die Tatbestandsmerkmale des gewöhnlichen und des rechtmäßigen Aufenthalts müssen kumulativ erfüllt sein, wobei die Rechtmäßigkeit den gewöhnlichen Aufenthalt „abdecken“ muss (BVerwG, U. v. 23.2.1993 - 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116/127). Das Tatbestandsmerkmal der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts behält auch bei der hier vorgenommenen Auslegung des gewöhnlichen Aufenthalts seine eigenständige Bedeutung und wird nicht etwa funktionslos. Dies zeigt etwa der vom Klägerbevollmächtigten gebildete Parallelfall, dass sich ein Ausländer ohne Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Bundesgebiet aufhält, dessen Abschiebung durch erteilte Duldungen zeitweise bzw. vorübergehend ausgesetzt ist. In diesem Fall würde es zwar nicht an der Gewöhnlichkeit des Aufenthalts fehlen (vgl. BVerwG, U. v. 19.10.2011 - 5 C 28.10 - BVerwGE 141, 94/96 m. w. N.; BayVGH, U. v. 11.2.2015 - 5 B 14.2090 - DVBl 2015, 857; SächsOVG, U. v. 5.9.2013 - 3 A 793/12 - InfAuslR 2014, 8), wohl aber an seiner Rechtmäßigkeit.

Soweit der Klägerbevollmächtigte rügt, die Beklagte sanktioniere einbürgerungsrechtlich ein Verhalten, das sie ausländerrechtlich nicht beanstande, greift dieses Vorbringen ebenfalls nicht durch. Die drei Regelungskomplexe des Asyl-, Aufenthalts- und Einbürgerungsrechts, für die teils unterschiedliche Zuständigkeiten bestehen, sind in verschiedener Hinsicht miteinander verzahnt. Das Aufenthaltsrecht ist vorgreiflich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts und entfaltet zusätzlich bei der Tatbestandsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG Bedeutung. Wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, ist für die Beklagte der Weg über eine Rücknahme der rechtswidrigen Aufenthaltstitel (inzwischen) die Methode der ersten Wahl zur Herbeiführung einer Aufenthaltsbeendigung und mittelbar zur Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs. Eine Sanktion der Identitätstäuschung erfolgt nach (nunmehriger) Verwaltungspraxis durch eine Anzeige wegen mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 StGB, die im Fall einer Verurteilung auch einbürgerungsrechtlich relevant ist (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG). Demgegenüber führt die Auslegung, wonach die unter Identitätstäuschung zurückgelegten Zeiten im Rahmen des gewöhnlichen Aufenthalts außer Betracht bleiben, nicht zu einer Sanktionierung der Täuschungshandlung etwa im Sinn eines dauerhaften Fernhaltens von der Einbürgerung. Es kommt lediglich zu einer zeitlichen Verlagerung des Beginns des Laufs der 8-Jahres-Frist und verhindert so eine Besserstellung des Klägers gegenüber rechtstreuen Ausländern, die sich von Anfang an unter ihrer wahren Identität im Bundesgebiet aufgehalten haben.

cc) Hieran anknüpfend bestätigen auch teleologische Erwägungen das gefundene Auslegungsergebnis. Die Einbürgerung der langjährig in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Personen ist als Abschluss eines hinreichenden Integrationsprozesses und als Grundlage weiterer Integration gedacht (Berlit in GK StAR, § 10 Rn. 33). Insofern bringt die vom Gesetz vorgesehene Dauer des rechtmäßigen Inlandsaufenthalts eine Integrationserwartung zum Ausdruck, die während der unter falscher Identität zurückgelegten Aufenthaltszeiten nicht erfüllt wird. Die mit der Achtjahresfrist verbundene Vermutung einer hinreichenden sozialen und kulturellen Integration wird durch die Täuschung der Behörden und des sonstigen Rechtsverkehrs erschüttert. Die unter Identitätstäuschung verbrachten Zeiten können daher nicht auf die Achtjahresfrist angerechnet werden. Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen der vom Bundesverwaltungsgericht betonten zentralen Bedeutung der Identität im Einbürgerungsverfahren (grundlegend BVerwG, U. v. 1.9.2011 - 5 C 27.10 - BVerwGE 140, 311/313). Auch wenn im Einbürgerungsverfahren selbst keine Zweifel mehr an den Personendaten des Klägers geäußert wurden, heißt dies nicht, dass frühere Identitätstäuschungen von vornherein bedeutungslos bleiben. Die Identitätsfeststellung ist ein vom Gesetz unausgesprochen vorausgesetzter, unverzichtbarer Bestandteil der Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe. Insofern müssen sich rechtswidrige und strafbare Identitätstäuschungen auch bei der Beurteilung des Erfordernisses der Aufenthaltsdauer niederschlagen. Schließlich darf eine Rechtsordnung, die sich ernst nimmt, nicht Prämien auf die Missachtung ihrer selbst setzen (BVerfG, U. v. 24.5.2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24/49).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

3. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Auslegung des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“ nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG bei Identitätstäuschungen ist höchstrichterlich noch nicht geklärt und wird nach den Angaben der Beklagtenseite auch in der Verwaltungspraxis der Einbürgerungsbehörden als klärungsbedürftig erachtet.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,2. ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet a

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 30 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. (2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt. (3) Einen Wohnsitz hat jem

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 139


(1) Die Revision ist bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 schriftlich einzulegen. Die Revisions

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 12


(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn 1. das Recht des ausländische

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 73 Widerrufs- und Rücknahmegründe


(1) Die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer1.sich freiwillig erneut dem Schutz d

Strafgesetzbuch - StGB | § 271 Mittelbare Falschbeurkundung


(1) Wer bewirkt, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werde

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 35


(1) Eine rechtswidrige Einbürgerung oder eine rechtswidrige Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit kann nur zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzl

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 6 Verbindlichkeit asylrechtlicher Entscheidungen


Die Entscheidung über den Asylantrag ist in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung des internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 rechtserheblich ist. Dies gilt nicht für

Referenzen - Urteile

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2016 - 5 B 15.2106 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2016 - 5 B 15.2106 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 11. Feb. 2015 - 5 B 14.2090

bei uns veröffentlicht am 11.02.2015

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte darf die Vollst

Bundessozialgericht Urteil, 16. Juni 2015 - B 13 R 36/13 R

bei uns veröffentlicht am 16.06.2015

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Mai 2013 aufgehoben.

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 05. Feb. 2015 - 4 LB 15/13

bei uns veröffentlicht am 05.02.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 8. Kammer - vom 21. Januar 2013 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Da

Bundessozialgericht Urteil, 10. Dez. 2013 - B 13 R 9/13 R

bei uns veröffentlicht am 10.12.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2013 wird zurückgewiesen.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2016 - 5 B 15.2106.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 05. Juli 2016 - M 25 S 16.31457

bei uns veröffentlicht am 05.07.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Der Antragsteller begehrt im Eilverfahren, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen di

Referenzen

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Wer bewirkt, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine falsche Beurkundung oder Datenspeicherung der in Absatz 1 bezeichneten Art zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern oder eine andere Person zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird abgesehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Das ist anzunehmen, wenn

1.
das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht,
2.
der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert,
3.
der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat,
4.
der Einbürgerung älterer Personen ausschließlich das Hindernis eintretender Mehrstaatigkeit entgegensteht, die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde,
5.
dem Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit erhebliche Nachteile insbesondere wirtschaftlicher oder vermögensrechtlicher Art entstehen würden, die über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, oder
6.
der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt.

(2) Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder der Schweiz besitzt.

(3) Weitere Ausnahmen von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 können nach Maßgabe völkerrechtlicher Verträge vorgesehen werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichter der 8. Kammer - vom 21. Januar 2013 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt seine Einbürgerung.

2

Er ist irakischer Staatsangehöriger. Im Juli 1996 reiste er nach Deutschland ein und stellte einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter. Er gab an, er sei am ...1979 in K. geboren und heiße A.N.. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erkannte ihn unter diesem Namen mit Bescheid vom 20. August 1996 als Asylberechtigten an.

3

Am 11. April 1997 verließ der Kläger Deutschland und hielt sich in der Folgezeit in Griechenland auf, wo er am 8. November 1999 in Athen die griechische Staatsangehörige M.Z. heiratete. In der Heiratsurkunde werden die Personen des Klägers mit A.M.N., der Ehename mit Z. angegeben.

4

Der Kläger bemühte sich seit Anfang 1998 um eine Rückkehr nach Deutschland und stellte einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. In der Folgezeit kehrte er nach Deutschland zurück.

5

Den bereits am 30. September 1996 ausgestellten Reiseausweis für Flüchtlinge auf den Namen A.N. verlängerte die Beklagte am 2. Oktober 1998. Zuvor war ihm am 30. September 1998 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.

6

Am 28. August 2001 beantragte er beim Standesamt der Landeshauptstadt Kiel die Anlegung eines Familienbuches und legte hierzu u.a. die Heiratsurkunde aus Athen vom 8. November 1999 nebst Apostille sowie den Personalausweis Nr. ... der Republik Irak sowie eine eidesstattliche Versicherung zur Person vor. Daraufhin wurde das Familienbuch antragsgemäß ausgestellt. Der Name des Klägers lautet demnach A.M.N., geboren am ...1979 in K., Irak, als Ehename wird der Name Z. aufgeführt.

7

Am 9. März 2006 stellte der Kläger als A.M.Z., geb. N., geboren am ...1979 in K./Irak einen Antrag auf Einbürgerung und gab eine Loytätserklärung ab. Mit Schreiben vom 25. April 2007 teilte das Innenministerium der Beklagten unter Berufung auf ein Behördengutachten des Bundesnachrichtendienstes mit, dass Bedenken gegen eine Einbürgerung bestünden.

8

Am 9. Oktober 2009 legte der Kläger eine Kopie des irakischen Personalausweises Nr. … vom 20. Juni 1988 sowie eine Kopie der Urkunde für die irakische Staatsangehörigkeit vom 8. Mai 1988 vor, wonach es sich bei ihm in Wirklichkeit um den am ...1973 in A. geborenen irakischen Staatsangehörigen D.S.R. handele. Die Ausländerbehörde bat das Landeskriminalamt Kiel um die Erstellung eines Schnellgutachtens. Dieses ergab keine Fälschungsmerkmale, wies jedoch darauf hin, dass die Befunderhebung nicht die Problematik einer widerrechtlichen Ausstellung im Herkunftsland beinhalte und kein kriminaltechnisches Behördengutachten ersetze.

9

Der Kläger machte im Einbürgerungsverfahren geltend, er sei zwar Mitglied im ...verein in Kiel, sei aber in keiner Hinsicht politisch tätig und sympathisiere auch nicht mit irgendwelchen Gruppierungen. Im Irak habe er die Namen D.S.R. getragen. Diese Namen habe er im Zusammenhang mit seiner Flucht abgelegt und in Deutschland den Namen A.M.N. und nach seiner Eheschließung den Namen Z. angenommen. Er habe Angst vor einer Ausweisung bzw. Abschiebung in den Irak gehabt. Eine Verschleierung seiner Identität zum Zweck der Täuschung deutscher Behörden sei nicht beabsichtigt gewesen.

10

Mit Bescheid vom 21. Juli 2009 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2010 zurück. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG vorliege. Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes des Landes Schleswig-Holstein lägen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen des Klägers vor. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass er über den ....verein Kontakte zur Gruppierung Ansar al-Islam und zum IMK habe. Auch sei nach dem vorliegenden Unterlagen nicht gesichert, dass der Kläger den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten könne (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG).

11

Am 2. März 2010 hat der Kläger Klage erhoben. In Vertiefung und Ergänzung seines bisherigen Vorbringens hat er weiterhin geltend gemacht, die angeblichen Erkenntnisse des Verfassungsschutzes seien falsch. Er habe zu den angegebenen Gruppierungen nie Kontakt gehabt und interessiere sich für deren Aktivitäten auch nicht. Seit dem 1. Dezember 2011 beziehe er weder für sich noch für seine Familie Sozialleistungen. Nach zwischenzeitlicher gesundheitlicher Beeinträchtigung sei er wieder voll erwerbstätig.

12

Das Verwaltungsgericht erhob Beweis zur Frage der Identität des Klägers und bat die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bagdad um Überprüfung des vom Kläger (betreffend D.S.R.) eingereichten Registerauszuges. Daraufhin teilte die Botschaft mit, der übersandte Registerauszug stimme im Wesentlichen mit vorliegenden Mustervorlagen überein. Die Echtheit der Urkunde könne allerdings nicht abschließend bewertet werden, weil die Unterschrift des zweiten Urkundsbeamten fehle. Daraufhin überreichte der Kläger im Original die um eine zweite Unterschrift ergänzte Geburtsurkunde einschließlich deren deutschen Übersetzung und erläuterte, er habe die Echtheit der Geburtsurkunde im Irak und auch in Berlin beim Irakischen Außenministerium bestätigen lassen. Die Konsularabteilung des (irakischen) Außenministeriums in Berlin habe die Urkunde am 5. August 2012 beglaubigt. Seine Identität sei daher geklärt.

13

Der Kläger hat beantragt,

14

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2010 zu verpflichten, ihn einzubürgern.

15

Die Beklage hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie hat unter Bezugnahme auf die Begründung ihrer Bescheide weiterhin geltend gemacht, die Identität des Klägers sei nicht gesichert. Das standesamtliche Verfahren zur Änderung des Familienbuches sei nicht abgeschlossen. Es stehe nicht fest, dass der Lebensunterhalt nachhaltig gesichert sei. Schließlich lägen auch Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor.

18

Auf weitere Beweiserhebung des Verwaltungsgerichts hin zur Behauptung der Beklagten zu Kontakten des Klägers zur Kieler Gruppierung der Ansar al-Islam bzw. des Vorliegens verfassungsfeindlicher Bestrebungen hat das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein mit Schreiben vom 21. März 2012 Unterlagen vorgelegt, wegen deren Inhalts auf Bl. 146 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen wird.

19

Mit Urteil vom 21. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 21. Juli 2009 und 9. Februar 2010 verpflichtet, den Kläger einzubürgern.

20

Die für die Einbürgerung erforderliche Identität sei geklärt. Zwar sei das standesamtliche Verfahren des Klägers zur Änderung des Familienbuches erfolglos geblieben. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, den Nachweis der Identität auf andere Weise zu führen. Im Einbürgerungsverfahren reiche aus, wenn die geltend gemachte Identität überzeugend nachgewiesen sei. Dies sei dem Kläger durch Vorlage einer Geburtsurkunde gelungen, für die das Landeskriminalamt Fälschungsmerkmale nicht festgestellt habe. Auch nach den Erkenntnissen des BND sei der Kläger im Irak mit dem Namen aufgetreten, den er jetzt als eigenen Namen geltend gemacht und der sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde ergeben habe. Das ursprünglich von der Botschaft Bagdad als Defizit gerügte Fehlen der Unterschrift eines 2. Urkundsbeamten sei zwischenzeitlich behoben. Der Kläger habe im Einzelnen auch die Ergänzung beschrieben und dargelegt, dass die Richtigkeit der Ausstellung des Dokuments durch den Gouverneur und Justizgeneraldirektor bestätigt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine echte Urkunde handele, die nach den Erkenntnissen des BND inhaltlich richtig sei.

21

Auch die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 StAG sei erfüllt. Seit Dezember 2011 nehme der Kläger keine Sozialleistungen mehr für sich und seine Familie in Anspruch. Aus den vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen des Steuerberaters ergebe sich eine Geschäftsentwicklung, die eine hinreichende Basis für die Prognose darstelle, der Kläger werde auch in Zukunft den Unterhalt für sich und seine Familienangehörigen (Ehefrau und 3 Kinder) ohne die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten können.

22

Auch liege der Ausschlusstatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StAG nicht vor. Es seien keine Anknüpfungstatsachen festgestellt worden, aus denen sich der berechtigte Verdacht ergebe, dass der Kläger verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt oder unterstützt habe oder gegenwärtig noch verfolge oder unterstütze. Die im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 25. April 2007 und 21. März 2012 seien keine hinreichend tragfähige Grundlage für die Annahme, der Kläger habe verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt.

23

Wie die Kulturvereine anderer in Deutschland lebender Volksgruppen biete auch der ...verein ein „inhomogenes Spektrum von Aktivitäten“, nämlich Sprachkurse, Religionsunterricht, Diskussionsforen, Musik, Gelegenheit, Familienfeiern zu veranstalten sowie die Möglichkeit zu geselligem Beisammensein. Selbst wenn sich dort Vertreter radikaler politischer Richtungen treffen sollten, könne nicht jedem Besucher einer solchen Einrichtung unterstellt werden, er sympathisiere damit oder unterstütze solche Richtungen. Maßgeblich sei insofern im Einzelfall, dass die Feststellung möglich sei, der Ausländer sei einer solchen radikalen Richtung zuzurechnen. Hierfür fehlten im vorliegenden Falle jedoch hinreichend belastbare Anhaltspunkte. Die Ausführungen in den Schreiben des Innenministeriums seien zu vage, um darauf die Feststellung zu stützen, es lägen hinreichend sichere Erkenntnisse für verfassungsfeindliche Betätigungen des Klägers vor und auch zu ungenau, um darauf weitere Ermittlungen zu stützen.

24

Der Senat hat die Berufung der Beklagten mit Beschluss vom 20. Juni 2013 zugelassen. Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung wie folgt vor:

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Identität des Klägers nicht geklärt. Das Verwaltungsgericht habe die Identitätsproblematik des Klägers und seiner Familie in personenstandsrechtlicher Hinsicht nach deutschem und EU-Recht ausgeblendet. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht angenommen, der irakische Registerauszug des Jahres 1957 sei nach den Erkenntnissen des BND inhaltlich richtig. Der BND habe lediglich mitgeteilt, dass der Kläger unter dem Namen R. im Irak auftreten würde. Die Übernahme der dem BND bekanntgewordenen Alias-Identität könnte durchaus - unterstützt durch Behörden Kurdistans - Teil eines operativen Geschäfts sein. Bei einer Einbürgerung des Klägers als R. aufgrund der irakischen Dokumente würde ein neues deutsches und damit EU-staatliches Dokument mit einer Alias-Identität geschaffen werden. Dies stünde neben den in der Bundesrepublik Deutschland (Familienbuch) und in Griechenland (Heiratsurkunde) existierenden standesamtlichen Eintragungen für den Kläger. Dies könne zu komplizierten internationalen Rechtsproblemen zum Nachteil der Kinder und der Ehefrau führen.

26

Der Bezug der vorgelegten irakischen Dokumente zur Person des Klägers sei nicht hinreichend geklärt. Es falle auf, dass sich in den Verwaltungsvorgängen verschiedene Unterschriften für den Kläger feststellen ließen. Es erhebe sich die Frage, ob die unterschriftsleistenden Personen überhaupt identisch seien.

27

Die Verwandtschaft zu seinem angeblichen Bruder A1 N. sei ungeklärt. Der Kläger selbst habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht seine Brüder als A2 (geboren 1962), A3 (geboren 1972) und A4 (geboren 1975) benannt.

28

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger 1999 aufgrund seines unter der Identität A.N. angegebenen Geburtsdatums nach Jugendstrafrecht wegen Sozialhilfebetruges lediglich zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei. Hätte das Gericht die nunmehr behauptete Identität und das dort zugeordnete Geburtsdatum zugrundegelegt, so wäre der Kläger nach Erwachsenenstrafrecht und zu einem mutmaßlich höheren Strafmaß verurteilt worden, was heute noch einbürgerungsschädlich sein könnte.

29

Es müsse die Namensführung nach demjenigen Sachrecht Vorrang genießen, das zeitlich früher zu einer Eintragung in das Personenstandsregister eines von mehreren EU-Mitgliedstaaten geführt habe. Auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht habe in seinem Beschluss vom 9. Februar 2011 in der Sache des Klägers (Az. 2 W 232/10 (28 III 1/10 AG Kiel) ausgeführt, vor einer Berichtigung des Familienbuches müsse eine Berichtigungsurkunde des Standesamtes Athen bzw. eine Entscheidung des zuständigen Gerichts vorgelegt werden, wonach die Ehe in Griechenland in Wirklichkeit zwischen D.Z.R. und M.Z. geschlossen worden sei. Würde man im Deutschen Staatsangehörigkeitsrecht ohne abgeschlossene Klärung in Kauf nehmen, dass eine Person zugleich mehrere Alias-Identitäten nutzt, könnte es geschehen, dass verschiedene Identitäten und Namen auf eine Person hin zusammengeführt würden, obwohl nicht geklärt sei, ob sich hinter den benutzten as-Identitäten mehrere verschiedene Personen verbergen. Das Einbürgerungsrecht könnte gleichsam als „Identitätswaschanlage“ benutzt werden.

30

Die Lebensunterhaltssicherung (§10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG) sei nicht gewährleistet. Die bisher vorliegenden Unterlagen reichten für eine positive Prognose nicht aus, auch wenn seit Dezember 2011 keine Sozialleistungen mehr in Anspruch genommen wurden. Entscheidend sei, ob der Kläger den hypothetischen Gesamtbedarf (einschließlich von Kosten der Krankenversicherung) aus seinen Einnahmen decken könne. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Gewinnerzielung sei auch zu berücksichtigen, dass die Bedarfsgemeinschaft seit Ende 2005 wiederholt und über längere Zeit SGB II-Leistungen und in den Zeiträumen davor Sozialhilfe bezogen habe. Bereits eine überschlagsmäßige Auswertung der vom Kläger eingereichten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 belege die fehlende Nachhaltigkeit der Erzielung eines ausreichenden Einkommens. Im Übrigen hätte der Kläger auch im Hinblick auf die Alterssicherung eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufnehmen müssen. Die Nähstube könne als Nebenerwerbsbetrieb nur ein Zusatzeinkommen bedeuten.

31

Der Kläger beantragt,

32

die Berufung zurückzuweisen.

33

Die Beklage beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers macht geltend, alle Einbürgerungsvoraussetzungen lägen vor. Die Identität des Klägers habe dieser, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt habe, durch Urkunden nachgewiesen. Der Wechsel der Identität sei fluchtbedingt gewesen und deshalb nachvollziehbar. Seit Dezember 2011 nehme der Kläger keine Sozialhilfeleistungen mehr in Anspruch. Durch Vorlage der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 sowie einer Verdienstbescheinigung ab Mai 2013 für seine Ehefrau und der - in der mündlichen Verhandlung überreichten - Einnahme/Überschussrechnung für 2014 sei ein ausreichendes Einkommen belegt, welches eine positive Prognose für die Zukunft rechtfertige. Der Kläger betreibe weiterhin ein selbstständiges Schneidergewerbe. Ob der Antragsteller jemals im Alter Grundsicherungsleistungen in Anspruch nehmen müsse, sei nicht absehbar. Das Einkommen sei zwar derzeit niedrig, könne sich aber noch steigern. Der Kläger habe noch 31 Jahre vor sich, bevor er Altersrente beziehen könne. Gerade bei selbstständiger Tätigkeit sei das Einkommen sehr schwankend. Wenn der Kläger hingegen gesundheitsbedingt in Zukunft nicht arbeiten könne und deshalb auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sein sollte, wäre die Inanspruchnahme nicht zu vertreten und deshalb gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG einbürgerungsrechtlich unschädlich.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsvorgänge (Beiakte „A“ - „G“), welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

38

Das Verwaltungsgericht hätte die Beklagte nicht unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 21. Juli 2009 und 9. Februar 2010 verpflichten dürfen, den Kläger einzubürgern.

39

Zwar hat der Kläger seit 8 Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so dass die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 1.HS StAG erfüllt ist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass ihm - unstreitig - seit jedenfalls mehr als 8 Jahren kontinuierlich Aufenthaltserlaubnisse bzw. eine Niederlassungserlaubnis erteilt wurden. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts scheitert nicht daran, dass die erteilten Aufenthaltstitel nicht unter dem nunmehr vom Kläger im Einbürgerungsverfahren angegebenen Namen, Geburtstag und Geburtsort erteilt wurde. Eine Rücknahme der entsprechenden Bescheide liegt nicht vor. Bei dieser Sachlage könnte die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nur verneint werden, wenn die dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel infolge der Identitätstäuschung nichtig wären. Zunächst ist festzustellen, dass die dem Kläger jeweils erteilten Aufenthaltstitel wirksam bekanntgegeben wurden. Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für die oder den er seinem Inhalt nach bestimmt ist oder die oder der von ihm betroffen ist (§ 110 Abs. 1 Satz 1 LVwG). Die jeweils erteilten Aufenthaltstitel waren für die Person des Klägers bestimmt. Seinerzeit wollten die Amtsträger der Beklagten diesen mit einem Aufenthaltstitel versehen, da er trotz der nach eigener Angabe erfolgten Identitätstäuschung jedenfalls Antragsteller und somit Beteiligter des Verwaltungsverfahrens geworden ist (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 LVwG). Für die verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung ist auf die Person abzustellen, die der Behörde gegenübertritt und im eigenen Namen für sich (eine Entscheidung über) die beantragte Maßnahme begehrt. Durch die jeweilige Beantragung der Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels ist zwischen dem Kläger und der Beklagten jeweils ein Verfahrensrechtsverhältnis begründet worden; die seinerzeitigen Amtswalter hatten jeweils die Absicht, gegenüber dieser Person eine Regelung zu treffen.

40

Hiervon zu trennen ist die materielle Erteilungsvoraussetzung der geklärten und feststehenden Identität des Antragstellers (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG). Aus diesem Grunde ist der jeweils erteilte Aufenthaltstitel auch dann dem Kläger gegenüber wirksam geworden, falls er auf einem Identitätsirrtum beruhte und infolgedessen zu einer fehlerhaften Personenbezeichnung in der Aufenthaltserlaubnis (Niederlassungserlaubnis) geführt hat.

41

Die dem Kläger erteilten Aufenthaltstitel sind auch nicht gemäß § 113 Abs. 1 LVwG nichtig, weil sie an einem besonders schwerwiegenden Fehler leiden und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Besonders schwerwiegend ist ein Mangel, der den Verwaltungsakt als schlechterdings unerträglich, das heißt mit tragenden Verfassungsprinzipien und der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lässt. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in einem so erheblichen Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. Für die Beurteilung ist dabei auf den Erlasszeitpunkt abzustellen (BVerwG, Beschl. v. 05.04.2011 - BVerwGE 6 B 41.10 - Buchholz 316 §44 VwVfG Nr. 102). Zwar hat der Kläger die Beklagte nach eigenem Vorbringen über seine Identität, insbesondere den Namen, den Geburtsort und das Geburtsdatum getäuscht, sodass hiernach die erteilten Aufenthaltstitel wegen eines wesentlichen entscheidungserheblichen Mangels rechtswidrig waren. Sie sind deswegen aber nicht mangels existierenden Bezugsobjekts nichtig. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bezog sich nicht auf eine nicht vorhandene oder andere Person, sondern auf die Person des Klägers unter (nach nunmehrigen Angaben) falschem Namen aufgrund falscher Angaben (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.09.2014 - 1 C 10.14 - NVwZ 2014, 1679, zur Einbürgerung). Der Gesetzgeber selbst sieht durch arglistige Täuschung erwirkte Verwaltungsakte nicht als nichtig, sondern (nur) als rücknehmbar an (vgl. § 116 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 LVwG). Die Erteilung von Aufenthaltstiteln - wenn auch unter falschem Namen - kann deshalb nicht als schlechterdings unerträglich, das heißt mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar angesehen werden, zumal im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung der jeweiligen Aufenthaltstitel vorlagen.

42

Auch die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG steht der Einbürgerung nicht entgegen. Hiernach ist Voraussetzung, dass der einzubürgernde Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert.

43

Von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird jedoch gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 6 StAG abgesehen, wenn der Ausländer einen Reiseausweis nach Art. 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II 559) besitzt. Das ist hier unstreitig der Fall.

44

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner angenommen, dass eine Einbürgerung des Klägers, der - unstreitig - die erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse hat und die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG vorgesehene Loyalitätserklärung abgegeben hat, nicht infolge des Ausschlusstatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG ausgeschlossen ist. Gemäß § 40 c StAG sind auf Einbürgerungsanträge, die - wie hier - bis zum 30. März 2007 gestellt worden sind, die §§ 8 - 14 und 40 c weiter in ihrer vor dem 28. August 2007 geltenden Fassung anzuwenden, soweit sie günstigere Bestimmungen enthalten. Das ist hinsichtlich des Ausschlusstatbestands in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht der Fall. Dieser entspricht der vorherigen Regelung in § 11 Satz 1 Nr. 2 in der bis zum 27. August 2007 geltenden Fassung des StAG. Danach ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen ausgeführt, dass der Kläger den Ausschlusstatbestand nicht erfüllt. Unter Zitierung der maßgeblichen Rechtsgrundsätze des Bundesverwaltungsgerichts, die vom Senat geteilt werden, hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt, eine Einbürgerung sei zwar schon ausgeschlossen, wenn konkrete Tatsachen den Verdacht einer Unterstützung rechtfertigten. Es müssten jedoch entsprechende Anknüpfungstatsachen für einen solchen Verdacht festgestellt werden. Allgemeine Verdachtsmomente, die nicht durch benennbar konkrete Tatsachen gestützt seien, reichten nicht aus. Die Vorlage „schlichter“ Behördenzeugnisse, die sich in pauschalen Behauptungen erschöpften und nicht durch Angabe konkreter, eine Einschätzung der Verlässlichkeit ermöglichender Tatsachen untermauert würden, seien nicht geeignet, die erforderliche volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit substantiiert bestrittener Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Die im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 25. April 2007 und 21. März 2012 seien insoweit keine hinreichend tragfähige Grundlage für die Annahme, der Kläger habe verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützt. Der Kläger selbst habe angegeben, er sei Mitglied im ...verein, jedoch nie Mitglied oder Sympathisant der AAI oder der IMK gewesen. Es seien keine durchgreifenden Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Klägers erkennbar. Wie die Kulturvereine anderer in Deutschland lebender Volksgruppen biete auch der ...verein ein „inhomogenes Spektrum von Aktivitäten“, nämlich Sprachkurse, Religionsunterricht, Diskussionsforen, Musik, Gelegenheit, Familienfeiern zu veranstalten sowie die Möglichkeiten zu geselligem Beisammensein. Selbst wenn sich dort Vertreter radikaler politischer Richtungen treffen sollten, könne nicht jedem Besucher einer solchen Einrichtung unterstellt werden, er sympathisiere damit oder unterstütze solche Richtungen. Maßgeblich sei insofern im Einzelfall, dass die Feststellung möglich sei, der Ausländer sei einer solchen radikalen Richtung zuzurechnen. Hierfür fehlten hinreichend belastbare Anhaltspunkte. Die Ausführungen in den Schreiben des Innenministeriums seien zu vage, um darauf die Feststellungen zu stützen, es lägen hinreichend sichere Erkenntnisse für verfassungsfeindliche Betätigungen des Klägers vor. Dieser Begründung folgt der Senat und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Die Berufung hat sich mit dieser Argumentation des Verwaltungsgerichts auch nicht weiter auseinandergesetzt und ihre Berufung auch nicht darauf gestützt, dass der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG gegeben sei. Der Senat hält deshalb weitere Ausführungen hierzu nicht für erforderlich.

45

Schließlich steht einer Einbürgerung auch nicht die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StAG entgegen. Der Kläger ist als A. N. durch das Amtsgericht Kiel mit Urteil vom 13. August 1999 nach Jugendstrafrecht zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden ist. Nach der Unbeachtlichkeitsregelung des § 12 a Abs. 1 Nr. 2 StAG bleiben bei der Einbürgerung Verurteilungen zu Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen außer Betracht. Die Erwägung der Beklagten, dass der Kläger aufgrund des nunmehr von ihm als wahr behaupteten Geburtsdatums (Identität R.) seinerzeit nach Erwachsenenstrafrecht hätte verurteilt werden müssen und die dann erkannte Strafe (möglicherweise) oberhalb der Unbeachtlichkeitsgrenze des § 12 a StAG gelegen hätte, ändert hieran nichts. Das Gesetz stellt in seinem Wortlaut auf die tatsächlich erfolgte Verurteilung ab. Verurteilt worden ist der Kläger zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, welche folglich außer Betracht bleibt. Im Übrigen unterliegt die Verurteilung auch nach § 51 Abs. 1 BZRG einem Verwertungsverbot. Danach dürfen in Fällen, in denen die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt ist - dies ist hier der Fall - oder sie zu tilgen ist, die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht mehr zu seinem Nachteil verwertet werden. Hierbei handelt es sich um ein umfassendes Verbot, das von allen staatlichen Stellen ab Tilgung bzw. Tilgungsreife Beachtung verlangt und unabhängig davon, auf welche Weise sie die entsprechenden Informationen erhalten haben (BVerwG, Urt. v. 05.06.2014 - 10 C 4.14 - InfAuslR 2014, 389).

46

Der Senat kann offenlassen, ob dem Einbürgerungsanspruch des Klägers entgegensteht, dass seine Identität nicht geklärt ist.

47

Dieses Erfordernis wird in § 10 und 11 StAG nicht ausdrücklich genannt. Die Identitätsprüfung wird jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der zu folgen ist, im Gesetz unausgesprochen vorausgesetzt. Die Klärung offener Identitätsfragen ist notwendige Voraussetzung und unverzichtbarer Bestandteil der Prüfung der in den §§ 10 und 11 StAG genannten Einbürgerungsvoraussetzungen und Ausschlussgründe. Die Angaben zur Person bilden gleichsam die Basis für alle weiteren Ermittlungen. Auf der Grundlage der angegebenen Personalien (wie Titel, Vorname, Nachname, Geburtsname, Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand) werden alle weiteren Anfragen bei in- und ausländischen Behörden durchgeführt. Nur wenn Gewissheit besteht, dass ein Einbürgerungsbewerber die Person ist, für die er sich ausgibt, kann nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden, ob und welche ausländische Staatsangehörigkeit der Einbürgerungsbewerber besitzt, ob er im In- oder Ausland wegen einer Straftat verurteilt worden ist, ob tatsächliche Anhaltspunkte für eine Verfolgung oder Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen bestehen oder ob ein Ausweisungsgrund vorliegt (BVerwG, Urt. v. 01.09.2011 -5C27.10- DVBl. 2012, 104).

48

Ob der Kläger mit den nunmehr im Einbürgerungsverfahren bekanntgegebenen Personendaten seine wahre Identität offengelegt hat, ist bisher nicht geklärt.

49

Der Kläger tritt mit zwei unterschiedlichen Identitäten im Rechtsverkehr auf. Unter dem Namen A. N. (bzw. A.M.N.), geboren ...1979 in K., hat er u.a. sein Asylverfahren betrieben, ist als Asylberechtigter anerkannt worden, hat auf diese Identität lautende Aufenthaltserlaubnisse bekommen, Sozialhilfe bezogen und ihm ist unter diesen Daten und Geburtsdatum ein Reiseausweis für Flüchtlinge ausgestellt worden, der mehrfach verlängert wurde. Unter dieser Identität hat er am 22. Mai 1998 in Griechenland geheiratet, wobei ausweislich der griechischen Heiratskurkunde der Familienname mit Z. (Nachname der Ehefrau) gewählt wurde. Unter Vorlage der Heiratsurkunde aus Athen vom 8. November 1999 nebst Apostille sowie eines Personalausweises Nr. … der Republik Irak sowie Abgabe einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung zur Person hat der Kläger beim Standesamt der Landeshauptstadt Kiel am 28. August 2001 die Anlegung eines Familienbuches beantragt, was antragsgemäß erfolgte.

50

Demgegenüber gab der Kläger erstmals im Einbürgerungsverfahren im Oktober 2009 an, er heiße D.S.R., geboren ...1973 in A.. Auch wenn die Urkunde für die irakische Staatsangehörigkeit sowie der in Kopie überreichte Personalausweis Nr. ... der Republik Irak nach einem vorläufigen Behördengutachten des Landeskriminalamtes keine Fälschungsmerkmale aufweist und der Kläger bezüglich des eingereichten Auszuges aus dem Generalregister des Jahres 1957 die ursprünglich von der Deutschen Botschaft in Bagdad als fehlend beanstandete zweite Unterschrift beigebracht hat sowie weiter des Umstandes, dass das Passfoto des Klägers auf dem Auszug aus dem Generalregister nicht - wie dies die Kopie für die Beklagte nahelegen mochte - über den Stempler geheftet ist, die Außenlinie des Dreiecksstempels wohl vielmehr auf dem Passfoto weiterverläuft, so verbleiben gleichwohl Restzweifel an seiner wahren Identität, die - im Falle der Entscheidungserheblichkeit - Anlass zu weiterer Beweiserhebung durch den Senat geben würden. Das wäre allerdings von vornherein dann nicht der Fall, wenn - wie dies die Beklagte vertritt - eine Identitätsklärung im Einbürgerungsverfahren zwingend eine vorherige Berichtigung der griechischen Heiratsurkunde und des auf dieser Grundlage angelegten Familienbuches voraussetzte. Diese Frage ist nicht ohne weiteres zu bejahen, auch wenn ein erhebliches staatliches Interesse daran besteht, zu verhindern, dass ein und dieselbe Person im Rechtsverkehr mit mehreren unterschiedlichen Identitäten und amtlichen Ausweispapieren auftreten kann (BVerwG, Urt. v. 01.09.2011 a.a.O.). Das Erfordernis einer vorherigen erfolgreichen Änderung früherer Personenstanddokumente müsste als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in das Gesetz hineingelesen werden. Die Klärung der Identität als solches könnte jedenfalls durch entsprechende Beweiserhebung erfolgen.

51

Der Senat kann diese Frage letztlich offen lassen, da eine Einbürgerung jedenfalls an der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG scheitert. Der Einbürgerungsanspruch setzt voraus, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG). Insoweit enthielt § 10 StAG a.F. keine für den Kläger günstigere Bestimmung. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG a.F. war Einbürgerungsvoraussetzung, dass der Ausländer den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann. Von dieser Voraussetzung wurde nach § 10 Abs. 1 Satz 3 StAG a.F. abgesehen, wenn der Ausländer das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte oder aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grunde den Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten konnte. Die Privilegierung für junge Ausländer findet auf den Kläger (egal welches der von ihm angegebenen Geburtsdaten man zugrundelegt) keine Anwendung. Im Übrigen ist die Einbürgerungsvoraussetzung der eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts sachlich unverändert geblieben, die Gesetzesänderungen ab dem 28. August 2007 sind lediglich redaktionell (vgl. Berlit, in: GK- StAR, § 10 Rn. 218).

52

Der Umstand, dass der Kläger und seine Familienangehörigen seit dem 1. Dezember 2011 nicht mehr im Leistungsbezug gestanden haben, reicht für die Bejahung der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG nicht aus. Vielmehr erfordert § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StAG eine Prognose künftiger Unterhaltsfähigkeit, welche nur dann gerechtfertigt ist, wenn der Eintritt einer nach den Vorschriften des SGB II und des SGB XII relevanten Hilfebedürftigkeit auch für einen überschaubaren Zeitraum in der Zukunft nicht zu erwarten ist (OVG NRW, Beschl. v. 20.11.2014 - 16 E 1155/14 -, Juris m.z.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 19.02.2009 - 5 C 22.08 - NVwZ 2009, 843). Hieran fehlt es vorliegend.

53

Aus den vom Kläger vorgelegten Einkommenssteuerbescheiden für die Jahre 2012 und 2013 ergibt sich, dass der Kläger im Jahr 2012 aus seiner Schneidertätigkeit als Selbstständiger 13.186,-- Euro Einkommen erzielt hat. Dies entspricht einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 1.098,-- Euro. Aus dem Einkommenssteuerbescheid für 2013 ergibt sich für den Kläger ein Einkommen von 7.537,-- Euro mithin ein monatliches Durchschnittseinkommen von 628,-- Euro. Dabei ist aber ab dem 1. Mai 2013 zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Klägers 400 Euro pro Monat dazuverdient.

54

Für das Jahr 2014 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung eine Einnahme/Überschussrechnung vorgelegt, der zufolge für dieses Jahr ein Gewinn in Höhe von 11.165,78 Euro erwirtschaftet wurde. Dies entspricht einem monatlichen Einkommen von rund 930,-- Euro.

55

Auch unter Hinzurechnung des Kindergeldes für die drei Töchter in Höhe von insgesamt monatlich 558,-- Euro ergibt sich, dass in allen drei Jahren weniger als 2000 Euro im Monatsdurchschnitt als Einkommen erzielt wurde. Dies unterschreitet den hypothetischen Leistungsbedarf erheblich, so dass aus diesem Grunde eine positive Prognose künftiger Unterhaltsfähigkeit nicht möglich ist.

56

Bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt des Senats sind zunächst die Regelsätze nach SGB II in den Blick zu nehmen: Danach wären für beide Ehepartner jeweils 360,-- Euro, für zwei Töchter 267,-- Euro und für das älter als 14 Jahre alte dritte Kind 302,-- Euro anzusetzen. Ab dem 16. Mai 2015 (Geburtstag der 13jährigen Tochter des Klägers) wäre auch für dieses Kind ein Regelsatz von 302,-- Euro (statt wie bisher 267,-- Euro) anzusetzen.

57

Es ergibt sich ein Bedarf von 1.591,-- Euro. Hinzu kommt der Wohnbedarf für eine fünfköpfige Familie zuzüglich Heizungskosten, welche die Beklagte - unwidersprochen - mit 564,30 Euro bzw. 70,-- Euro (Heizkosten) angibt. Hinzu käme noch ein Bedarf für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft gemäß § 28 Abs. 7 SGB II in Höhe von 10,-- Euro pro Kind, mithin in Höhe von 30,-- Euro. Dies summiert sich zu einem hypothetischen Leistungsbedarf in Höhe von 2.255,30 Euro. Es kommen noch die für die Krankenversicherung aufzuwendenden Beträge hinzu. Für den Kläger ist dabei - legt man die im Einkommenssteuerbescheid angegebenen beschränkt abziehbaren Sonderausgaben zugrunde - ein Betrag von 4.102,-- Euro im Jahr anzusetzen, was einer monatlichen Belastung von 341,81 Euro entspricht.

58

Insgesamt ergibt sich ein Leistungsbedarf in Höhe von rund 2600,-- Euro monatlich. Das erzielte Einkommen lag in den vergangenen drei Jahren deutlich darunter. Eine positive Prognoseentscheidung kann bei dieser Sachlage nicht erfolgen.

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

61

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


(1) Eine rechtswidrige Einbürgerung oder eine rechtswidrige Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit kann nur zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für seinen Erlass gewesen sind, erwirkt worden ist.

(2) Dieser Rücknahme steht in der Regel nicht entgegen, dass der Betroffene dadurch staatenlos wird.

(3) Die Rücknahme darf nur bis zum Ablauf von zehn Jahren nach der Bekanntgabe der Einbürgerung oder Beibehaltungsgenehmigung erfolgen.

(4) Die Rücknahme erfolgt mit Wirkung für die Vergangenheit.

(5) Hat die Rücknahme Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten nach diesem Gesetz gegenüber Dritten, so ist für jede betroffene Person eine selbständige Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei ist insbesondere eine Beteiligung des Dritten an der arglistigen Täuschung, Drohung oder Bestechung oder an den vorsätzlich unrichtigen oder unvollständigen Angaben gegen seine schutzwürdigen Belange, insbesondere auch unter Beachtung des Kindeswohls, abzuwägen.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Vormerkung in Polen zurückgelegter Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung.

2

Die 1955 in Polen geborene Klägerin reiste am 7.6.1990 mit ihrem 1979 geborenen Sohn - wie bereits ein halbes Jahr zuvor ihr Ehemann - in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Familie bewohnte fortan eine gemeinsame Wohnung in D./Nordrhein-Westfalen. Die Klägerin ist weder als Spätaussiedlerin noch als Vertriebene anerkannt.

3

Eine nach dem erfolglosen Vertriebenenverfahren von der Ausländerbehörde erlassene Ordnungsverfügung vom 28.7.1995 mit einer an die Klägerin gerichteten Aufforderung zur Ausreise wurde vom Verwaltungsgericht A. mit Beschluss vom 6.10.1995 (8 L 1241/95) bestätigt. Die hiergegen beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erhobene Beschwerde nahm die Klägerin wegen der ihr im April 1997 als "Härtefallentscheidung" nach dem Runderlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.6.1996 erteilten Aufenthaltsbefugnis zurück.

4

Zuvor hatte die Ausländerbehörde der Klägerin für den Zeitraum ab 12.6.1990 jeweils befristete Duldungen ausgestellt. Vom 4.4.1997 bis 15.4.2005 war sie im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis. Ab 4.4.2005 erhielt sie nach dem Beitritt Polens zur EU eine (unbefristete) Freizügigkeitsbescheinigung. Seit 30.4.2009 ist die Klägerin deutsche Staatsangehörige.

5

Auf ihren Antrag auf Klärung des Versicherungskontos vom 22.3.2010 stellte die Beklagte die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Jahre zurücklagen (Zeiten bis 31.12.2004) verbindlich fest, ohne (ua) die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten vom 4.10.1974 bis 28.2.1976, vom 10.4.1976 bis 27.11.1978 und vom 7.3.1979 bis 31.5.1990 als Beitrags- oder Beschäftigungszeit in der deutschen Rentenversicherung vorzumerken (Bescheid vom 28.3.2011, Widerspruchsbescheid vom 16.6.2011). Die Klägerin erfülle die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Buchst a FRG (Anerkennung als Vertriebene oder Spätaussiedlerin) nicht. Nichts anderes ergebe sich aus dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (Abk Polen RV/UV) vom 9.10.1975. Denn die Klägerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nicht vor dem 31.12.1990 begründet. Ihre in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten würden nach den Regelungen der EGV 883/2004 und EGV 987/2009 berücksichtigt.

6

Die hiergegen gerichtete Klage hat das SG mit Urteil vom 7.3.2012 abgewiesen, die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 22.3.2013). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch auf Vormerkung der in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung gemäß Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV iVm Art 2 Abs 1 des Zustimmungsgesetzes zu dem Abk Polen RV/UV vom 12.3.1976 bestehe nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 bis 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 8.12.1990 (Abk Polen SozSich) vorlägen. Nach Art 27 Abs 3 S 1 Abk Polen SozSich müsse die Klägerin hierfür ua spätestens vom 30.6.1991 an in Deutschland wohnen. Wohnort sei der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 30 Abs 3 S 2 SGB I), wobei es sich um einen unbefristeten rechtmäßigen Aufenthalt handeln müsse (Art 1 Nr 10 Abk Polen SozSich). Jemand habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Bei Ausländern müsse dazu die Aufenthaltsposition so offen sein, dass sie wie bei einem Inländer einen Aufenthalt auf unbestimmte Dauer ermögliche, statt auf Beendigung des Aufenthalts im Inland angelegt zu sein. Dabei komme es auf den Inhalt der von der Ausländerbehörde ausgestellten Bescheinigungen an, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstelle (Hinweis auf BSG vom 25.3.1998 - B 5 RJ 22/96 R - Juris RdNr 22). Bei der Klägerin sei der gewöhnliche Aufenthalt erst seit 4.4.1997 mit der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis gegeben. Zum 30.6.1991 habe sie sich erst ca ein Jahr in Deutschland aufgehalten. Eine verfestigte Rechtsposition bzw "Kettenduldungen" von mehreren Jahren hätten noch nicht vorgelegen. Eine besondere Praxis der Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen, Aufenthalte für Staatsangehörige aus den ehemaligen Ostblockstaaten auf unbestimmte Zeit zuzulassen, habe es nicht gegeben. Vielmehr sei die sogenannte "Ostblockregelung" bereits aufgehoben gewesen.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das LSG habe § 149 Abs 5 und §§ 54, 55 SGB VI iVm Art 2 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV vom 12.3.1976 in der Fassung des Gesetzes zu dem Abk Polen SozSich vom 18.6.1991 sowie Art 27 Abs 3 Abk Polen SozSich rechtsfehlerhaft ausgelegt und angewandt. Sie habe seit ihrer Einreise gemeinsam mit ihrem Ehemann und Kind eine Wohnung unter Umständen innegehabt, die darauf schließen ließen, dass sie die Wohnung beibehalten werde. Damit erfülle sie die Voraussetzungen des Art 27 Abs 3 Abk Polen SozSich. Auf einen bestimmten ausländerrechtlichen Titel komme es allein nicht an, sondern auch auf die sonstigen Umstände und die materielle Rechtslage. Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts stünden grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu erwarten seien. Zudem sei sie der Auffassung gewesen, die deutsche Volkszugehörigkeit werde ihren Aufenthalt auf Dauer sichern. Die unter Art 6 Abs 1 GG stehende Familienzusammenführung habe ihren aufenthaltsrechtlichen Status am Stichtag 30.6.1991 bereits so verfestigt, dass es der sogenannten "Ostblockregelung" nicht mehr bedurft habe, um ihren rechtlich erlaubten Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft zu begründen. Dies folge auch aus der ihr 1997 aufgrund der sogenannten "Härtefallregelung" erteilten Aufenthaltsbefugnis.

8

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. März 2013 und des Sozialgerichts Aachen vom 7. März 2012 aufzuheben und die Beklage unter Änderung des Bescheids vom 28. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Juni 2011 zu verurteilen, die von ihr in Polen zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 vorzumerken.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, ausländerrechtliche Duldungen beseitigten weder die Ausreisepflicht noch deren Vollziehbarkeit, weshalb ein rechtmäßiger Aufenthalt nicht erreicht werde. Wegen des nur vorübergehenden Stopps der Abschiebung und der zeitlichen Beschränkung bei vorübergehenden Abschiebungshindernissen lasse sich die Prognose eines Daueraufenthalts in Deutschland nicht treffen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Zu Recht haben die Vorinstanzen die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1, § 56 SGG) abgewiesen und entschieden, dass die Beklagte die von der Klägerin erstrebten rechtlichen Feststellungen nicht treffen muss. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vormerkung (§ 149 Abs 5 S 1 SGB VI) der von ihr Polen zurückgelegten Versicherungszeiten vom 4.10.1974 bis 28.2.1976, vom 10.4.1976 bis 27.11.1978 und vom 7.3.1979 bis 31.5.1990 in der deutschen Rentenversicherung nach Maßgabe des Abk Polen RV/UV vom 9.10.1975 (BGBl II 1976, 396).

13

1. Das noch vom Eingliederungs- bzw Integrationsprinzip (vgl hierzu BSG vom 25.3.1998 - B 5 RJ 22/96 R - Juris RdNr 18; BSG vom 29.9.1998 - B 4 RA 91/97 R - Juris RdNr 14) getragene Abk Polen RV/UV ist durch (Zustimmungs-)Gesetz vom 12.3.1976 (BGBl II 393) in das innerstaatliche Recht transformiert und am 1.5.1976 in Kraft getreten (BGBl II 463).

14

Nach Art 2 Abs 1 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, gemäß Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes "wohnt". Gemäß § 15 Abs 1 S 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich(vgl § 55 Abs 1 S 2 SGB VI).

15

a) Das Abk Polen RV/UV wurde durch das spätere Abk Polen SozSich vom 8.12.1990 (BGBl II 1991, 743), das durch das (Zustimmungs-)Gesetz vom 18.6.1991 (BGBl II 741, geändert durch Art 2 Nr 10 des Gesetzes zur Umsetzung von Abkommen über Soziale Sicherheit und zur Änderung verschiedener Zustimmungsgesetze vom 27.4.2002, BGBl I 1464) in innerstaatliches Recht transformiert worden und am 1.10.1991 in Kraft getreten ist (BGBl II 1072), nicht ausnahmslos verdrängt bzw ersetzt. Denn nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen des Abk Polen SozSich ist das Abk Polen RV/UV unter den Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 bis 4 Abk Polen SozSich weiterhin anwendbar.

16

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Wirkung vom 1.5.2010 in Kraft getretenen EGV 883/2004 vom 29.4.2004 (ABl Nr L 166 vom 30.4.2004, zuletzt geändert durch EUV 517/2013 vom 13.5.2013, ABl Nr L 158 vom 10.6.2013).

17

Nach Art 8 Abs 1 S 1 EGV 883/2004 ist diese Verordnung im Rahmen ihres Geltungsbereichs zwar an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über die soziale Sicherheit getreten. Dies betrifft auch die entsprechenden Vereinbarungen zwischen Deutschland und Polen - also auch das Abk Polen SozSich und das Abk Polen RV/UV. Einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit, die wie das Abk Polen RV/UV von den Mitgliedstaaten vor dem Beginn der Anwendung der EGV 883/2004 geschlossen wurden, gelten nach Art 8 Abs 1 S 2 EGV 883/2004 jedoch fort, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist. Um weiterhin Anwendung zu finden, müssen diese Bestimmungen ferner in Anhang II aufgeführt sein (Art 8 Abs 1 S 3 EGV 883/2004).

18

Die formelle Voraussetzung der Fortgeltung des Abk Polen RV/UV sind erfüllt. In Anhang II der EGV 883/2004 ist unter der Überschrift "Bestimmungen von Abkommen, die weiter in Kraft bleiben und gegebenenfalls auf die Personen beschränkt sind, für die diese Bestimmungen gelten (Artikel 8 Absatz 1)" im Abschnitt "Deutschland - Polen" unter Buchst a das "Abkommen vom 9. Oktober 1975 über Renten- und Unfallversicherung, unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen (Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des Abkommens von 1975 der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polens genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind)" aufgeführt.

19

Auch die materiellen Voraussetzungen für die Fortgeltung des Abk Polen RV/UV sind gegeben. Es sind lediglich "einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit" betroffen, auch wenn Anhang II die Fortgeltung des gesamten Abk Polen RV/UV anordnet. Denn dieses Vertragswerk stellt kein umfassendes Abkommen über soziale Sicherheit iS des Art 8 EGV 883/2004 dar, sondern beschränkt sich auf Regelungen zur RV und UV (Senatsurteil vom 10.7.2012 - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 34).

20

Ob die weitere Anwendung der Bestimmungen des Abk Polen RV/UV für den in Anhang II (Abschnitt Deutschland - Polen) der EGV 883/2004 benannten Personenkreis bzw für die Klägerin insgesamt günstiger wäre als der Bezug zeitanteiliger Leistungen aus der deutschen und polnischen RV nach den Regeln der Art 50 ff EGV 883/2004, hat das LSG zwar nicht festgestellt. Dies dürfte aber bei nach langjähriger Berufstätigkeit in Polen nach Deutschland übergesiedelten Personen regelmäßig der Fall sein. Weitere Sachaufklärung hierzu ist jedoch entbehrlich, da jedenfalls die zweite Alternative des Art 8 Abs 1 S 2 EGV 883/2004 erfüllt ist. Denn die Fortgeltung des Abk Polen RV/UV für diejenigen vor dem 1.1.1991 Eingereisten, die (spätestens) bis zum 30.6.1991 ihren "Wohnort" in Deutschland oder Polen hatten und auch weiterhin dort ansässig sind, beruht auf den besonderen historischen Umständen, die Deutschland und Polen veranlasst haben, zur Bewältigung der als Folge des Zweiten Weltkriegs entstandenen Lage im Jahr 1975 hinsichtlich der rentenrechtlichen Ansprüche der in Deutschland oder Polen lebenden Bürger das Eingliederungsprinzip zugrunde zu legen und auch nach den Umwälzungen im Jahr 1990 für die genannte Personengruppe beizubehalten (Senatsurteil vom 10.7.2012 - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 35).

21

Die Fortgeltung des Abk Polen RV/UV ist schließlich "zeitlich begrenzt", da dessen Bestimmungen an Stelle der europarechtlichen Koordinierungsregelungen nur so lange Anwendung finden, wie die davon betroffenen Personen ihren bisherigen Wohnort in Deutschland oder Polen beibehalten. Sobald diese von der Freizügigkeit Gebrauch machen und ihren Wohnort in ein anderes Land verlegen, werden die allgemeinen Regelungen des Leistungsexports auch für sie wirksam (Senatsurteil vom 10.7.2012 - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 36; Schuler, Anm zum Urteil des EuGH vom 18.12.2007 , ZESAR 2009, 40, 44).

22

Die im Sekundärrecht (Art 8 Abs 1 iVm Anhang II EGV 883/2004) für eine bestimmte Personengruppe verankerte Weitergeltung des Abk Polen RV/UV ist auch mit den im europäischen Vertragsrecht allen Unionsbürgern garantierten Grundfreiheiten (vgl Art 20 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV), insbesondere der Freizügigkeit (Art 20 Abs 2 S 2 Buchst a iVm Art 21 AEUV, s auch Art 45 iVm Art 52 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU ), vereinbar (hierzu ausführlich Senatsurteil vom 10.7.2012 - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 37 ff; zu diesem Prüfungsschritt im Allgemeinen EuGH vom 18.12.2007 - C 396/05 ua - - SozR 4-6035 Art 42 Nr 2, RdNr 74 ff; EuGH vom 16.5.2013 - C 589/10 - - ZESAR 2013, 456, 460 zu Art 45 AEUV).

23

2. Nach Art 27 Abs 2 S 1 Abk Polen SozSich werden die vor dem 1.1.1990 aufgrund des Abk Polen RV/UV von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche durch das Abk Polen SozSich nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats beibehalten. Gemäß Art 27 Abs 3 Abk Polen SozSich erwerben Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV auch Personen, die vor dem 1.1.1991 in den anderen Vertragsstaat eingereist sind, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnortes in den anderen Vertragsstaat beantragt haben und sich dort seitdem ununterbrochen aufhalten (in diesem Sinne ist auch der Klammerzusatz "Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des Abkommens von 1975 der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polens genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind" im Anhang II der EGV 883/2004, Abschnitt "Deutschland - Polen" unter Buchst a zu verstehen). Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalls, spätestens vom 30.6.1991 an, in diesem Vertragsstaat auch "wohnen" (zur Abgrenzung von Abs 2 und Abs 3 des Art 27 Abk Polen SozSich s Senatsurteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 31).

24

Damit kommt es für die weitere Anwendbarkeit des Abk Polen RV/UV entscheidend darauf an, ob die Klägerin spätestens seit 30.6.1991 ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland "wohnt". Dies ist nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 163 SGG) nicht der Fall.

25

a) Für die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" in Art 27 Abs 2 und 3 Abk Polen SozSich ist die Definition des Abk Polen RV/UV maßgeblich (BSG vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - Juris RdNr 13; Senatsurteile vom 9.8.1995 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 31 f und vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 32 f; stRspr). Nach Art 1 Nr 2 Spiegelstrich 1 Abk Polen RV/UV versteht man hierunter - für die Bundesrepublik Deutschland - "den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts oder sich gewöhnlich aufhalten". Art 1a des Zustimmungsgesetzes zu dem Abk Polen RV/UV vom 12.3.1976, der durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18.12.1989 (BGBl I 2261) zum 1.7.1990 eingefügt worden ist (Art 20 Nr 1, 85 Abs 6 RRG 1992), konkretisiert dies mit der Bestimmung, dass einen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Sinne nur hat, wer sich dort unbefristet rechtmäßig aufhält (vgl auch Art 1 Nr 10 Abk Polen SozSich).

26

Da das Abk Polen RV/UV selbst die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" - über die soeben beschriebenen allgemeinen Definitionen hinaus - nicht näher bestimmt, ist wegen des ausdrücklichen Bezugs auf die Bundesrepublik Deutschland davon auszugehen, dass auf den betreffenden innerstaatlichen (deutschen) Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts verwiesen werden sollte, wie er für die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des SGB in § 30 Abs 3 S 2 SGB I bestimmt ist(Senatsurteile vom 9.8.1995 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 26 und vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 35; stRspr). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

27

Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs 3 S 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt"; es sind dann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen; sie sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt" (vgl BSG vom 25.6.1987 - BSGE 62, 67, 68 f = SozR 7833 § 1 Nr 1 S 2; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 24).

28

Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (BSG vom 22.3.1988 - BSGE 63, 93, 97 = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 183; BSG vom 17.5.1989 - BSGE 65, 84, 86 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 17; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 25). Dabei sind alle bei Prognosestellung für die Beurteilung der künftigen Entwicklung erkennbaren Umstände zu berücksichtigen. Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist (vgl BVerwG vom 18.3.1999 - FEVS 49, 434, 436; BSG vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - Juris RdNr 17; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 30). Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne (vgl BSG vom 23.2.1988 - BSGE 63, 47, 49 = SozR 5870 § 1 Nr 14 S 32; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 30).

29

Die zu treffende Prognose bleibt auch dann maßgebend, wenn der "gewöhnliche Aufenthalt" rückblickend (zB - wie hier - zu einem bestimmten Stichtag) zu ermitteln ist. Spätere Entwicklungen, die bis zu dem Zeitpunkt nicht erkennbar waren, zu dem die Frage des Aufenthalts vorausschauend beurteilt werden musste, können eine Prognose weder bestimmen noch widerlegen. Denn es gehört zum Wesen der Prognose, dass aufgrund feststehender Tatsachen Schlussfolgerungen für eine künftige, ungewisse Entwicklung gezogen werden. Dem würde es widersprechen, wollte man bei der späteren Überprüfung der Prognoseentscheidung auch zwischenzeitlich bekannt gewordene Fakten zugrunde legen (BSG vom 17.5.1989 - BSGE 65, 84, 89 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 20; BSG vom 11.5.2000 - SozR 3-4100 § 36 Nr 5 S 14). Es ist daher nicht rechtserheblich, dass bei späterer rückschauender Betrachtung eine andere prognostische Beurteilung gerechtfertigt sein könnte. Wenn Änderungen eintreten, kann der gewöhnliche Aufenthalt an dem Ort oder in dem Gebiet nur vom Zeitpunkt der Änderung an begründet werden oder entfallen (vgl BSG vom 23.2.1988 - BSGE 63, 47, 49 = SozR 5870 § 1 Nr 14 S 33; BSG vom 22.3.1988 - BSGE 63, 93, 97 f = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 183 f; BSG vom 17.5.1989 - BSGE 65, 84, 86, 89 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 17, 20; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 26).

30

Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen (BSG vom 25.6.1987 - BSGE 62, 67, 69 = SozR 7833 § 1 Nr 1 S 2; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 32); dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog Domizilwille; BSG vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - Juris RdNr 17); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (vgl BSG vom 22.3.1988 - BSGE 63, 93, 97 = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 183).

31

Bei Ausländern ist im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen (exemplarisch Senatsurteil vom 9.8.1995 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 30; stRspr), ohne dass diese aber allein Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts sein kann (vgl BVerfG vom 6.7.2004 - BVerfGE 111, 176, 185; BVerfG vom 10.7.2012 - BVerfGE 132, 72, RdNr 28). Zu den Tatsachen, die bei der Prognose im Rahmen des § 30 Abs 3 S 2 SGB I zu berücksichtigen sind, gehören auch Rechtshindernisse, die einer Abschiebung eines Ausländers entgegenstehen(vgl BSG vom 17.5.1989 - BSGE 65, 84, 87 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 18).

32

Dabei wird die Aufenthaltsposition wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstellt (BSG vom 18.2.1998 - BSGE 82, 23, 26 = SozR 3-2600 § 56 Nr 11 S 52; Senatsurteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 39). Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers stehen grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten sind. Davon ist ua auszugehen, wenn der Betreffende aufgrund besonderer ausländer- bzw aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht (zB Asyl) nicht mit einer Abschiebung zu rechnen braucht (vgl BSG vom 23.2.1988 - BSGE 63, 47, 50 = SozR 5870 § 1 Nr 14 S 34; Senatsurteil vom 4.11.1998 aaO). Hierbei kann auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus eines Ehegatten, eine Rolle spielen (vgl BSG vom 17.5.1989 - BSGE 65, 84, 88 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 19).

33

Das Stellen einer Prognose ist die Feststellung einer hypothetischen Tatsache (BSG vom 7.4.1987 - SozR 4100 § 44 Nr 47 S 115; BSG vom 22.3.1988 - BSGE 63, 93, 98 = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 184; BSG vom 17.5.1989 - BSGE 65, 84, 86 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 18; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 27; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 9f). Es ist allein Aufgabe der Tatsachengerichte, die notwendigen Ermittlungen durchzuführen und daraus die Prognose abzuleiten. Wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung entscheidet das Gericht bei einer Prognose nach freier Überzeugung.

34

Die Prognose und die für ihre Feststellung notwendigen Tatsachen gehören nicht zur Rechtsanwendung; deshalb können sie vor dem Revisionsgericht nur mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl BSG vom 22.3.1988 - BSGE 63, 93, 98 = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 184; BSG vom 17.5.1989 - BSGE 65, 84, 86 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 18; BSG vom 27.7.2011 - SozR 4-2600 § 5 Nr 6 RdNr 23; Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 27). Verfahrensrügen, die die Feststellung der für die vorausschauende Betrachtung - nach damaligem Erkenntnisstand bis zu dem hier maßgeblichen Stichtag - erforderlichen Tatsachen, insbesondere der die Prognosegrundlage bildenden Tatsachen, betreffen, hat die Klägerin vorliegend jedoch nicht erhoben, sodass die Feststellungen des LSG insoweit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG).

35

Das Revisionsgericht hat jedoch auch ohne Verfahrensrüge zu prüfen, ob das LSG für seine Prognose sachgerechte Kriterien gewählt hat oder ob die Prognose auf rechtlich falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht (in diesem Sinne Senatsurteil vom 31.10.2012 - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 28 mwN).

36

b) Nach diesen Maßstäben ist die Sachentscheidung des LSG, dass die Klägerin bis zum hier maßgeblichen Stichtag 30.6.1991 keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründet hatte, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das LSG hat aus den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen rechtsfehlerfrei gefolgert, dass die Klägerin sich am 30.6.1991 noch nicht bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibens im Bundesgebiet aufgehalten hat. Unerheblich ist, dass das Berufungsgericht seine Erwägungen nicht ausdrücklich als Prognose bezeichnet, solange es - wie hier - in der Sache eine solche ohne Rechtsfehler trifft.

37

Nach den Feststellungen des LSG verfügte die Klägerin bis zum 30.6.1991 über keine Aufenthaltsgenehmigung - welcher Art auch immer - (vgl § 5 Ausländergesetz in der hier maßgeblichen Fassung des AuslG vom 9.7.1990, BGBl I 1354 ), sondern lediglich über eine befristete Duldung.

38

Die Duldung ist eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers (§ 55 Abs 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG). Sie beseitigt weder die Ausreisepflicht (§ 56 Abs 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 3 AufenthG) noch deren Vollziehbarkeit. Der Aufenthalt eines Ausländers wird mit der Duldung zwar nicht rechtmäßig, jedoch entfällt mit ihr eine Strafbarkeit wegen illegalen Aufenthalts (vgl § 92 Abs 1 Nr 1 AuslG 1990; seit 1.1.2005 vgl § 95 Abs 1 Nr 2 AufenthG). Mithin erschöpft sich die Duldung in dem zeitlich befristeten Verzicht der Behörde auf die an sich gebotene Durchsetzung der Ausreisepflicht mittels Abschiebung. Nach Ablauf der Duldung ist die unverzügliche Abschiebung daher zwingend vorgeschrieben (vgl § 56 Abs 6 AuslG 1990; seit 1.1.2005 § 60a Abs 5 AufenthG). Im Hinblick auf den Zweck der Duldung, einen nur vorübergehenden Abschiebungsstopp zu regeln, ist die Geltungsdauer der Duldung zeitlich zu beschränken (vgl § 56 Abs 2 AuslG 1990; vgl seit 1.1.2005 § 60a Abs 1 AufenthG). Der Sache nach kommt eine Duldung grundsätzlich nur als Reaktion auf das Auftreten vorübergehender (tatsächlicher oder rechtlicher) Abschiebungshindernisse in Betracht (vgl § 55 Abs 2 bis 4 AuslG; seit 1.1.2005 vgl § 60a Abs 1 und 2 AufenthG); sie wird gewährt, solange die Abschiebung unmöglich ist (vgl zum Ganzen: BSG vom 1.9.1999 - BSGE 84, 253, 256 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 4 zur Duldung nach § 55 AuslG 1990; BSG vom 3.12.2009 - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 46 bis 48; BSG vom 29.4.2010 - BSGE 106, 101 = SozR 4-3250 § 2 Nr 2, RdNr 39 zur Duldung nach § 60a AufenthG, jeweils mwN).

39

Ausgehend von dieser gesetzlichen Ausgestaltung der Duldung lässt sich für einen in Deutschland lediglich geduldeten Ausländer eine Prognose jedenfalls dahingehend, dass er sich voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhalten werde, nicht treffen. Der geduldete Ausländer befindet sich vielmehr in einer Situation, in welcher er nach Ablauf der Duldung jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss (BSG vom 3.12.2009 - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 49).

40

Die formale Art des Aufenthaltstitels allein reicht jedoch nicht als Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland aus (vgl BVerfG vom 6.7.2004 - BVerfGE 111, 176, 185; BVerfG vom 10.7.2012 - BVerfGE 132, 72, RdNr 28). Dies hat das LSG auch nicht verkannt. Es hat dementsprechend in seine Entscheidungsfindung auch - für die Klägerin jedoch ohne Vorteil - die bis zum hier relevanten Stichtag bestehende tatsächliche Praxis der Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen mit einbezogen (vgl BSG vom 18.2.1998 - BSGE 82, 23, 26 = SozR 3-2600 § 56 Nr 11 S 52; Senatsurteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 39).

41

Das Berufungsgericht hat berücksichtigt, dass die sogenannte "Ostblockregelung" im hier maßgeblichen Zeitraum bereits aufgehoben war. Mit der "Ostblockregelung" hatte die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (Innenministerkonferenz) mit Beschluss vom 26.8.1966 idF des Beschlusses vom 26.4.1985 (veröffentlicht ua im Ministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen 1985, 773 f) angeordnet, dass Staatsangehörige der Ostblockstaaten grundsätzlich nicht wegen illegaler Einreise, illegalen Aufenthalts oder Bezugs von Sozialhilfe auszuweisen und ggf abzuschieben waren. Diese Regelung hatten sie aber durch Beschluss vom 2./3.4.1987, bekanntgegeben (ua) durch Erlass des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20.9.1987 (Ministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen 1987, 1536 ff), aufgehoben. Danach galt die "Ostblockregelung" für polnische und ungarische Staatsangehörige nur noch bei einem Zuzug vor dem 1.5.1987 (vgl Vorbemerkung zu Abschnitt I und Abschnitt III Abs 2 und 6 des Erlasses des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20.9.1987 aaO). Hieraus hat das LSG geschlossen, dass jedenfalls zum 30.6.1991 keine besondere Praxis der Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen für (geduldete) Staatsangehörige aus den ehemaligen Ostblockstaaten mehr bestand, Aufenthalte auf unbestimmte Zeit zuzulassen.

42

Die aus diesen Gesamtumständen gezogene Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, dass die Aufenthaltsposition der Klägerin in Deutschland jedenfalls bis zum 30.6.1991 noch nicht so offen war, dass diese ihr wie einem Inländer einen Aufenthalt auf unbestimmte Dauer ermöglichte (vgl BSG vom 18.2.1998 - BSGE 82, 23, 25 f = SozR 3-2600 § 56 Nr 11 S 52; BSG vom 25.3.1998 - B 5 RJ 22/96 R - Juris RdNr 22), sondern vielmehr weiterhin auf Beendigung ihres Aufenthalts im Bundesgebiet angelegt war und sie damit noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt iS des § 30 Abs 3 S 2 SGB I in D. begründet hatte, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das LSG konnte mit Blick auf die befristete Duldung und die von ihm festgestellte ausländerbehördliche Praxis davon ausgehen, dass die Klägerin noch keine "verfestigte" Rechtsposition dahingehend innehatte, dass sie auf unbestimmte Zeit und nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet bleiben würde.

43

Ob sich an dieser Beurteilung etwas ändern könnte, wenn über mehrere Jahre hinweg die Duldung immer wieder verlängert worden ist, sich der Ausländer also faktisch seit Jahren in Deutschland aufgehalten hat und zum Stichtag eine positive Bleibeprognose dergestalt gestellt werden kann, dass der Ausländer zukunftsoffen "bis aus weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird (vgl BSG vom 23.2.1988 - BSGE 63, 47, 50 = SozR 5870 § 1 Nr 14 S 34 zu § 1 Abs 1 Nr 1 BKGG; BSG vom 1.9.1999 - BSGE 84, 253, 254 = SozR 3-3870 § 1 Nr 1 S 2 zu § 1 SchwbG; BSG vom 29.4.2010 - BSGE 106, 101 = SozR 4-3250 § 2 Nr 2, RdNr 36 ff zu § 2 Abs 2 SGB IX), kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Daher kann der Senat auch offenlassen, ob einer solchen Beurteilung der Begriffe "Wohnort" bzw "gewöhnlicher Aufenthalt" iS des Abk Polen RV/UV bzw Abk Polen SozSich bezogen auf einen lediglich "geduldeten" (sich aber dennoch rechtswidrig im Bundesgebiet aufhaltenden) Ausländer die Bestimmung in Art 1a des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV (vgl auch Art 1 Nr 10 Abk Polen SozSich) entgegenstehen könnte, wonach einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des Abk Polen RV/UV nur hat, "wer sich dort unbefristet rechtmäßig aufhält" (s hierzu im Einzelnen Senatsbeschluss vom 9.8.1995 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 31 ff). Denn sogenannte "Kettenduldungen" über einen Zeitraum von mehreren Jahren lagen jedenfalls bis zum 30.6.1991 bei der Klägerin nicht vor. Vielmehr hielt sich die am 7.6.1990 eingereiste Klägerin zum Stichtag "geduldet" erst ca ein Jahr in Deutschland auf. Ein Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG 1990 hat nach den vom LSG getroffenen Feststellungen nicht bestanden.

44

Weitere wesentliche Umstände, die das Berufungsgericht bei seiner Prognose, ob sich die Klägerin bereits gewöhnlich oder nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhielt, nicht beachtet hat, die aber bezogen auf den Stichtag zu berücksichtigen wären, sind nicht ersichtlich.

45

Dies gilt zunächst für den Hinweis der Klägerin auf eine Aufenthaltsbewilligung nach § 29 Abs 1 AuslG 1990. Danach kann dem Ehegatten eines Ausländers, der eine Aufenthaltsbewilligung besitzt, zum Zwecke des nach Art 6 GG gebotenen Schutzes von Ehe und Familie eine Aufenthaltsbewilligung für die Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Ausländer im Bundesgebiet erteilt werden, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers und des Ehegatten ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe gesichert ist und ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht. Ähnliche Vorschriften galten für die Aufenthaltserlaubnis (§ 17, § 18, § 23 AuslG 1990), die Aufenthaltsberechtigung (§ 27 Abs 4 AuslG 1990) und die Aufenthaltsbefugnis (§ 31 AuslG 1990). Hier übersieht die Klägerin jedoch bereits, dass ihr Ehemann, der ca sechs Monate vor ihr von Polen nach Deutschland eingereist war, zum hier maßgeblichen Zeitpunkt 30.6.1991 über keinen derartigen Aufenthaltstitel verfügte. Denn aus dem vom LSG ausdrücklich in Bezug genommenen Beschluss des Verwaltungsgerichts A. (8 L 1241/95) vom 6.10.1995 ergibt sich, dass weder sie noch ihr Ehemann im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung (gleich welcher Art, vgl § 5 AuslG 1990)waren (aaO, S 3).

46

Nicht anderes folgt schließlich aus der der Klägerin im April 1997 als "Härtefall" erteilten Aufenthaltsbefugnis. Diese hatte ihre Grundlage in dem Runderlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.6.1996 "Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nach den §§ 30 und 31 Abs. 1 AuslG - Anordnung nach § 32 AuslG - Härtefallentscheidungen (Altfälle)"(Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1996, 1411 f), der wiederum auf einen Beschluss der Innenministerkonferenz vom 29.3.1996 (veröffentlicht ua aaO, 1412 f) zurückgeht. Diese bundeseinheitliche Regelung stellte auf einen langjährigen Aufenthalt ab; im Beschlussjahr 1996 erfasste sie ua nur solche Familien von abgelehnten Vertriebenenbewerbern, die bereits vor dem 1.7.1990 eingereist waren (vgl III 1 des Beschlusses der Innenministerkonferenz vom 29.3.1996 aaO, 1412). Für die rechtliche Beurteilung eines gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin bis zum 30.6.1991 ist sie von vornherein unergiebig. Denn jedenfalls bis zu diesem, hier allein maßgeblichen Zeitpunkt lag bei ihr gerade noch kein "Altfall" im Sinne eines mehrjährigen Verweilens im Bundesgebiet vor. Nachträgliche Entwicklungen können eine zu einem bestimmten Stichtag getroffene Prognose, ob der Aufenthalt nur vorübergehend oder bereits gewöhnlich ist, nicht widerlegen.

47

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Mai 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die der Klägerin bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung noch gemäß dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9.10.1975 (Abk Polen RV/UV) nach dem sog "Eingliederungsprinzip" zu berechnen ist.

2

Die im Mai 1959 in Warschau geborene Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Sie war zunächst in Polen beschäftigt, ehe sie nach Berlin (West) übersiedelte. Dort war sie von Dezember 1988 bis Februar 1989 in Berlin-Neukölln polizeilich gemeldet, anschließend wieder in Polen und sodann ab dem 15.9.1990 in Berlin-Kreuzberg, wo sie bereits mit ihrem jetzigen Ehemann zusammenlebte. Nach Scheidung von ihrem ersten Ehemann in Polen am 29.5.1991 heiratete sie am 24.7.1992 ihren jetzigen Ehemann, einen in Berlin lebenden österreichischen Staatsangehörigen. Im April 1994 beantragte sie erstmalig eine Aufenthaltsgenehmigung, die ihr zunächst befristet und im Jahr 1999 unbefristet erteilt wurde. Zuvor war sie in Berlin ausländerrechtlich überhaupt nicht registriert, hatte mithin weder Asyl beantragt noch war ihr eine Duldung erteilt worden, sodass sie über keinerlei ausländerrechtlichen Status verfügte.

3

Der beklagte Rentenversicherungsträger bewilligte der Klägerin aufgrund eines im Mai 2007 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs zunächst befristet für den Zeitraum 1.6.2005 bis 31.1.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid vom 7.8.2007). Die Beklagte ermittelte die Rentenhöhe nach einer "zwischenstaatlichen Berechnung" gemäß den Regelungen der EWGV 1408/71. Dabei ergaben sich 4,5975 persönliche Entgeltpunkte (pEP) und 0,0188 pEP (Ost) sowie ein monatlicher Zahlbetrag von ca 120 Euro. Den Widerspruch der Klägerin, die sich auf fehlende polnische Zeiten berief, wies die Beklagte zurück, weil alle vom polnischen Versicherungsträger gemeldeten Zeiten berücksichtigt worden seien (Widerspruchsbescheid vom 18.3.2008).

4

Die Klägerin hat erstmals mit ihrer Klage ausdrücklich geltend gemacht, sie habe Anspruch auf Berechnung der Rente nach den Vorschriften des Abk Polen RV/UV. Nach einer von der Beklagten durchgeführten Probeberechnung würde sich auf dieser Grundlage ein monatlicher Rentenzahlbetrag von ca 500 Euro ergeben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte die Rente wegen Erwerbsminderung zunächst weiterhin bis Januar 2011 und sodann auf Dauer bewilligt (Bescheide vom 14.2.2008 und vom 13.1.2011).

5

Das SG hat die gegen die erste - befristete - Rentenbewilligung gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 18.5.2011). Die Klägerin habe sich zwar seit dem 15.9.1990 in Deutschland aufgehalten, hier aber noch nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Zu den dafür maßgeblichen tatsächlichen Umständen könne bei Ausländern auch deren ausländerrechtlicher Status gehören. Entscheidend sei aber nicht der formale ausländerrechtliche Titel, sondern wie sich die Aufenthaltslage nach den erteilten Bescheinigungen der Ausländerbehörde, deren Praxis und der gegebenen Rechtslage darstelle. Ein gewöhnlicher Aufenthalt sei anzunehmen, wenn der Ausländer die Gewissheit habe, im Inland bleiben zu dürfen und nicht abgeschoben zu werden (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris). Eine solche Gewissheit habe die Klägerin weder bis zum 31.12.1990 noch bis zum 30.6.1991 haben können, weil sie über keinerlei aufenthaltsrechtlichen Status verfügt habe. Zwar seien nach einer Weisung des Berliner Senators für Inneres vom 12.6.1987 polnische Staatsangehörige selbst nach negativem Abschluss eines Asylverfahrens unbegrenzt in Berlin geduldet oder es sei ihnen auch ohne Asylverfahren eine auf ein Jahr begrenzte Duldung erteilt worden, sofern sie ihren Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe sichern konnten. Dies komme der Klägerin aber nicht zugute, weil ihr Aufenthaltsstatus durch keinerlei Entscheidung der Ausländerbehörde legalisiert und damit von vornherein unsicher gewesen sei.

6

Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 28.2.2013). Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Anwendung der Regelungen des Abk Polen RV/UV, denn sie habe ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht bis zum 31.12.1990 bzw bis zum 30.6.1991 in die Bundesrepublik Deutschland verlegt und seitdem ununterbrochen beibehalten. Auch wenn sie sich seit dem 15.9.1990 tatsächlich in Berlin aufgehalten und mit ihrem jetzigen Ehemann zusammengelebt habe, fehle es doch, wie das SG zutreffend dargestellt habe, an der erforderlichen rechtlichen Komponente zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts. Dass die Klägerin keinen gesicherten und zukunftsoffenen Aufenthalt in Berlin gehabt habe, zeige sich insbesondere auch darin, dass sie und ihr späterer Ehemann Anfang 1991 einen Rechtsanwalt mit der Prüfung der Möglichkeiten für eine Legalisierung ihres Aufenthalts beauftragt hätten, sie sich mithin der Illegalität des Aufenthalts bewusst gewesen seien.

7

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 63 ff SGB VI iVm Art 27 Abs 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 8.12.1990 (Abk Polen SozSich) und Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV. Die Ansicht der Vorinstanzen, sie habe wegen eines fehlenden Aufenthaltstitels oder einer vergleichbaren ausländerrechtlichen Absicherung keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin begründen können, stehe im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urteile vom 16.12.1987 - 11a REg 3/87 - SozR 7833 § 1 Nr 4; vom 30.9.1993 - 4 RA 49/92 - SozR 3-6710 Art 1 Nr 1; vom 9.8.1995 - 13 RJ 59/93 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15; vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris). Der Begründung eines gewöhnlichen, rechtmäßig unbefristeten Aufenthalts stünden keine Hindernisse entgegen, wenn keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen würden oder zu erwarten seien. Auf Grundlage der Weisungen des Berliner Innensenators vom 12.6.1987 habe sie darauf vertrauen können, dass sie in Berlin dauerhaft geduldet und nicht nach Polen abgeschoben werde. Da aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht zu erwarten gewesen seien, sei von einem zukunftsoffenen gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen. Abweichend hiervon hätten SG und LSG zu Unrecht ausschließlich auf die rechtliche Komponente des ausländerrechtlichen Status bzw auf eine formale Entscheidung der Ausländerbehörde abgestellt.

8

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Februar 2013 sowie des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 7. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2008 zu verurteilen, der Klägerin im Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis zum 31. Januar 2008 höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Anwendung der Regelungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angegriffene Urteil des LSG für zutreffend. Die von der Klägerin herangezogene Rechtsprechung sei auf ihren Fall nicht anwendbar, weil sie überhaupt keinen Aufenthaltstitel aufzuweisen gehabt und einen solchen nicht einmal beantragt habe. Das BSG habe im Urteil vom 9.8.1995 (13 RJ 59/93 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 - Juris RdNr 31 f) offengelassen, ob die zum 1.7.1990 in Kraft getretene Ergänzung von Art 1a des Gesetzes zum Abk Polen RV/UV um das ausdrückliche Erfordernis eines unbefristet rechtmäßigen Aufenthalts lediglich eine Klarstellung oder eine gegenüber § 30 SGB I spezialgesetzliche Sonderregelung enthalte. Im Fall der Klägerin sei nunmehr über einen Sachverhalt nach Inkrafttreten dieser Regelung zu befinden. Die Weisung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres vom 12.6.1987 sei mit Schreiben vom 18.2.1990 für nach dem 1.12.1989 eingereiste Ausländer aus Polen aufgehoben worden. Für Personen wie die Klägerin hätten dann nur noch die allgemeinen ausländer- und asylrechtlichen Bestimmungen gegolten, sodass diese aufgrund ihrer Einreise im September 1990 grundsätzlich zur Ausreise verpflichtet gewesen sei und das Abk Polen RV/UV auf sie keine Anwendung finde.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne einer Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die bislang vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung des Senats, ob der Klägerin höhere Rente wegen Erwerbsminderung zusteht, nicht aus.

12

1. Als Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch kommt nur Art 4 Abs 2 des Abk Polen RV/UV iVm Art 2 Abs 1 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV (vom 12.3.1976 - BGBl II 393, insoweit zuletzt geändert durch Art 2 Nr 1 des Gesetzes zu dem Abkommen vom 8.12.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 18.6.1991 - BGBl II 741) in Betracht.

13

a) Nach Art 2 Abs 1 des Gesetzes zu dem Abk Polen RV/UV sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, auf der Grundlage von Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) und des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach dem Stand vom 2.10.1990 "wohnt". Das FRG bestimmt insoweit, dass Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen (§ 15 Abs 1 S 1 FRG - s hierzu auch § 55 Abs 1 S 2 SGB VI). Aufgrund dieser "Eingliederung" werden die Renten davon Begünstigter im Ergebnis so berechnet, als ob sie ihr gesamtes Erwerbsleben - also auch die in Polen absolvierten Zeiten - rentenrechtlich in Deutschland zurückgelegt hätten.

14

b) Die Anwendung des Eingliederungsprinzips bei der Rentenberechnung auf Grundlage des Abk Polen RV/UV wurde durch das spätere Abk Polen SozSich vom 8.12.1990 (BGBl II 1991, 743), welches nunmehr auch im Verhältnis zwischen Polen und Deutschland das im Bereich des europäischen koordinierenden Sozialrechts seit jeher angewandte Leistungsexportprinzip (anteilige Rentenzahlung aus jeder nationalen Rentenkasse bei Zusammenrechnung der für eine Rentenleistung erforderlichen Versicherungszeiten) einführte, nicht ausnahmslos verdrängt. Nach den Übergangs- und Schlussbestimmungen des Abk Polen SozSich ist das Abk Polen RV/UV unter den Voraussetzungen des Art 27 Abs 2 bis 4 Abk Polen SozSich weiterhin anwendbar (hierzu sowie zum Folgenden zuletzt eingehend Senatsurteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 15 ff).

15

c) An dieser Rechtslage hat sich mit dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union zum 1.5.2004 nichts geändert. Ab diesem Zeitpunkt ist auch für die sozialrechtliche Koordinierung zwischen Deutschland und Polen die EWGV 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (vom 14.6.1971, ABl L 149 vom 5.7.1971, S 2, geändert durch den Vertrag über den Beitritt der Republik Polen und anderer Staaten zur Europäischen Union vom 16.4.2003 - Abschn B Anh II Nr 2 "Freizügigkeit" Abschn A "Soziale Sicherheit" Nr 1, s auch EU-Beitrittsgesetz vom 18.9.2003, BGBl II 1408 iVm Anlageband 1 S 158), zugrundezulegen. Die - soweit hier von Bedeutung - weitgehend inhaltsgleichen Bestimmungen der ab 1.5.2010 wirksamen EGV 883/2004 (vom 29.4.2004, ABl EU Nr L 166 vom 30.4.2004 - s dazu Senatsurteil vom 10.7.2012 - B 13 R 17/11 R - BSGE 111, 184 = SozR 4-5075 § 1 Nr 9, RdNr 26 ff, 41) finden auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt hingegen noch keine Anwendung (Art 87 Abs 1 EGV 883/2004).

16

Nach Art 6 Buchst a) EWGV 1408/71 ist diese Verordnung im Rahmen ihres Geltungsbereichs zwar an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über soziale Sicherheit getreten. Dies betrifft auch die entsprechenden Vereinbarungen zwischen Deutschland und Polen - also auch das Abk Polen SozSich und das Abk Polen RV/UV. Einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit, die wie das Abk Polen RV/UV von den Mitgliedstaaten vor dem Beginn der Anwendung der EWGV 1408/71 geschlossen wurden, bleiben nach Art 7 Abs 2 Buchst c) EWGV 1408/71 jedoch weiterhin anwendbar, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist. Um weiterhin Anwendung zu finden, müssen diese Bestimmungen ferner in Anhang III aufgeführt sein. Die genannten Voraussetzungen für eine Fortgeltung von Art 27 Abs 2 bis 4 Abk Polen SozSich - und in diesem Umfang mithin auch des Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV - sind erfüllt. Insbesondere ist auch in Anhang III Teil A EWGV 1408/71 (idF des Vertrags über den Beitritt der Republik Polen und anderer Staaten zur Europäischen Union vom 16.4.2003) unter der Überschrift "Bestimmungen aus Abkommen über soziale Sicherheit, die ungeachtet des Artikels 6 der Verordnung weiterhin anzuwenden sind (Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung)" in Ziff 84 "Deutschland - Polen" unter Buchst a) das "Abkommen vom 9. Oktober 1975 über Renten- und Unfallversicherung, unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens vom 8. Dezember 1990 über soziale Sicherheit festgelegten Bedingungen" aufgeführt (zu den ebenfalls erfüllten materiellen Voraussetzungen für eine Fortgeltung vgl Senatsurteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 19 ff; zur Rechtslage nach der EGV 883/2004 s auch Bokeloh, NZS 2015, 321, 325 f).

17

2. Nach der Übergangsbestimmung in Art 27 Abs 2 S 1 Abk Polen SozSich werden die vor dem 1.1.1991 (das im Senatsurteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 23 insoweit genannte Datum "1.1.1990" ist offenkundig fehlerhaft) aufgrund des Abk Polen RV/UV von Personen in einem Vertragsstaat erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das Abk Polen SozSich nicht berührt, solange diese Personen auch nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaats beibehalten; für die Ansprüche dieser Personen in der Rentenversicherung gelten weiterhin die Bestimmungen des Abkommens von 1975. Zudem können gemäß Art 27 Abs 3 Abk Polen SozSich Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV auch noch Personen erwerben, die zwar bis zum 31.12.1990 noch keinen Wohnort im anderen Vertragsstaat begründet haben, aber vor dem 1.1.1991 in den anderen Vertragsstaat eingereist sind, bis zu diesem Zeitpunkt die Verlegung des Wohnorts in den anderen Vertragsstaat beantragt haben und sich dort seitdem ununterbrochen aufhalten, sofern sie im Zeitpunkt des Versicherungsfalls, spätestens vom 30.6.1991 an, in diesem Vertragsstaat auch "wohnen". Schließlich können nach Art 27 Abs 4 Abk Polen SozSich Personen auch dann noch Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV erwerben, wenn sie zumindest vor dem 1.7.1991 ihren Wohnort in den anderen Vertragsstaat verlegt haben und eine Verlegung des Wohnorts vor dem 1.1.1991 aus Gründen unterblieben ist, die sie nicht zu vertreten haben.

18

Damit hängt die Anwendung des Abk Polen RV/UV bei der Berechnung der Rente der Klägerin zunächst entscheidend davon ab, ob diese bis spätestens am 31.12.1990 ihren Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) begründet hat (zur Anwendung im Land Berlin s Art 17 Abk Polen RV/UV sowie Art 7 des Gesetzes zum Abk Polen RV/UV). War dies nicht der Fall, ist ergänzend zu untersuchen, ob sie jedenfalls spätestens seit dem 30.6.1991 hier gewohnt hat. Bejahendenfalls ist das Vorliegen der in Art 27 Abs 3 bzw Abs 4 Abk Polen SozSich genannten weiteren Voraussetzungen - im Fall des Abs 3 ein Antrag auf Verlegung des Wohnorts in den anderen Vertragsstaat und die Einreise dort vor dem 1.1.1991 sowie seither ein ununterbrochener Aufenthalt, im Fall des Abs 4 das "nicht vertreten müssen" des Unterbleibens einer Verlegung des Wohnorts bis zum 31.12.1990 - zu prüfen.

19

a) Für die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" in Art 27 Abk Polen SozSich ist nach der bisherigen Rechtsprechung die Definition im Abk Polen RV/UV maßgeblich (so Senatsurteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 25 unter Hinweis auf BSG vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - Juris RdNr 13; Senatsurteile vom 9.8.1995 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 31 f, und vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 32 f). Nach Art 1 Nr 2 Spiegelstrich 1 Abk Polen RV/UV versteht man hierunter - für die Bundesrepublik Deutschland - "den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts oder sich gewöhnlich aufhalten". Ergänzend bestimmt Art 1a des deutschen Zustimmungsgesetzes zu dem Abk Polen RV/UV (AbKG), der nachträglich mit Wirkung vom 1.7.1990 eingefügt wurde (Art 20 Nr 1, Art 85 Abs 6 Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12.1989 - BGBl I 2261), dass einen gewöhnlichen Aufenthalt iS des Art 1 Nr 2 Abk Polen RV/UV im Geltungsbereich des Gesetzes nur hat, "wer sich dort unbefristet rechtmäßig aufhält". Eine inhaltsgleiche Regelung enthält auch Art 1 Nr 10 Abk Polen SozSich.

20

Die Bedeutung dieser einschränkenden Regelung, die für die Bejahung eines gewöhnlichen Aufenthalts auch die materielle Rechtmäßigkeit des Aufenthalts verlangt (s hierzu allgemein Schlegel in juris-PK SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 RdNr 50 f), wurde in der Rechtsprechung des BSG allerdings relativiert. Dies betraf in erster Linie das Merkmal "unbefristet". Insoweit hat der 4. Senat des BSG entschieden, die Regelung sei völkerrechtsfreundlich so auszulegen, dass sie die Rechtslage gemäß der bisherigen Rspr des BSG lediglich klarstelle und somit bedeute, dass "ein endgültiges Ende noch nicht bindend bestimmt" sein dürfe (BSG Urteil vom 30.9.1993 - 4 RA 49/92 - SozR 3-6710 Art 1 Nr 1 - Juris RdNr 22 ff). Dem haben sich der 5. Senat (Urteile vom 14.9.1994 - 5 RJ 10/94 - Juris RdNr 16 am Ende; vom 25.3.1998 - B 5 RJ 22/96 R - Juris RdNr 21) und der 8. Senat (Urteil vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - Juris RdNr 19) angeschlossen. Der 13. Senat hat hingegen in erster Linie darauf abgestellt, dass in dem Fall der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts bis zum 30.6.1990 dieser weder durch das Inkrafttreten von Art 1a AbkG Polen RV/UV zum 1.7.1990 noch durch den zum 1.10.1991 in Kraft getretenen Art 1 Nr 10 Abk Polen SozSich wieder weggefallen sei (Urteile vom 9.8.1995 - 13 RJ 59/93 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 - Juris RdNr 31; vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 33). Sachverhalte, bei denen die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erst nach dem 30.6.1990 in Betracht kam, waren bislang nicht Gegenstand der Rspr des BSG. Allerdings hat der 13. Senat im Urteil vom 4.11.1998 (aaO RdNr 32) betont, dass Art 1a AbkG Polen RV/UV eine grundsätzlich gegenüber § 30 Abs 3 SGB I vorrangige Spezialregelung enthalte. Im Urteil vom 9.8.1995 hat er zudem in einem obiter dictum (aaO RdNr 41) festgestellt, dass Art 1a AbkG Polen RV/UV insofern einen realen Anwendungsbereich habe, als die Vorschrift sicherstelle, dass bei nach dem 1.12.1989 eingereisten polnischen Asylbewerbern, die nicht unter die "Ostblockregelung" der Ausländerbehörden fielen, auch bei längerer Dauer des Asylverfahrens nicht von einem unbefristeten rechtmäßigen Aufenthalt ausgegangen werden könne.

21

Der vorliegende Fall gibt Veranlassung, diese Rechtsprechung zu präzisieren. Dabei ist davon auszugehen, dass die in der Übergangsvorschrift des Art 27 Abk Polen SozSich verwendeten Begriffe "Wohnort" und "wohnen" grundsätzlich mit der Bedeutung anzuwenden sind, wie sie in diesem Abkommen definiert ist, mithin nach Maßgabe des Art 1 Nr 10 Abk Polen SozSich unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich um einen unbefristeten rechtmäßigen Aufenthalt handeln muss. Das ist insbesondere bedeutsam für die Frage, ob nach Maßgabe des Art 27 Abs 3 und 4 des am 8.12.1990 abgeschlossenen Abk Polen SozSich diejenigen Personen, die erst nach dem 31.12.1990 ihren Wohnort in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats verlegen (und für deren Ansprüche gemäß Art 27 Abs 1 S 2 deshalb grundsätzlich die materiellen Regelungen des nach Art 29 Abs 1 ab 1.1.1991 wirksamen Abk Polen SozSich Anwendung finden sollen), ausnahmsweise und in begrenztem Umfang noch Ansprüche und Anwartschaften nach dem Abk Polen RV/UV erwerben können. Gerade für diesen Personenkreis ist auch in der Denkschrift zum Abk Polen SozSich ausgeführt, dass sie spätestens vom 30.6.1991 an in dem Vertragsstaat "wohnen (unbefristet rechtmäßig aufhalten)" müssen (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abk Polen SozSich vom 3.5.1991, BT-Drucks 12/470 S 24).

22

Abweichendes gilt allerdings, soweit in Art 27 Abk Polen SozSich ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Dies ist bei den Sachverhalten der Fall, die von Art 27 Abs 2 Abk Polen SozSich erfasst werden. In dieser Übergangsbestimmung für bereits während der Geltungsdauer des alten Abk Polen RV/UV erworbene Ansprüche und Anwartschaften ist in S 2 geregelt, dass für Ansprüche von Personen mit nach dem 31.12.1990 beibehaltenem Wohnort im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats "weiterhin die Bestimmungen des Abkommens von 1975" gelten. Für Personen mit bereits nach altem Recht erworbenen Ansprüchen und Anwartschaften soll demnach auch die - nicht um die zusätzlichen Merkmale eines unbefristeten und rechtmäßigen Aufenthalts eingegrenzte - Begriffsdefinition des alten Rechts in Art 1 Nr 2 Abk Polen RV/UV weiterhin maßgeblich sein. Da auch diese Bestimmung des Abk Polen SozSich durch Gesetz vom 18.6.1991 (BGBl II 741) in innerstaatliches Recht transformiert wurde, folgt daraus nach der "lex posterior"-Regel, dass der - noch vor Abschluss des neuen polnisch-deutschen Sozialversicherungsabkommens zum 1.7.1990 allein durch nationale Gesetzgebung eingefügte - Art 1a AbkG Polen RV/UV (idF von Art 20 Nr 1 RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I 2261) für die von Art 27 Abs 2 Abk Polen SozSich erfassten Fallgestaltungen nicht anwendbar ist, weil insoweit im neuen Abkommensrecht eine vorrangige (Abgrenzungs-)Regelung getroffen wurde.

23

b) Über die soeben beschriebenen allgemeinen Definitionen hinaus sind sowohl im Abk Polen RV/UV als auch im Abk Polen SozSich die Begriffe "Wohnort" und "wohnen" nicht näher bestimmt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland insoweit auf den innerstaatlichen (deutschen) Rechtsbegriff des gewöhnlichen Aufenthalts verwiesen werden sollte, wie er für die gesetzliche Rentenversicherung als Teil des SGB in § 30 Abs 3 S 2 SGB I geregelt ist(Senatsurteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 25 mwN - stRspr). Danach hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

24

Die Frage des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthalts nach § 30 Abs 3 S 2 SGB I ist anhand einer dreistufigen Prüfung zu klären. Ausgangspunkt ist ein "Aufenthalt". Es sind sodann die mit dem Aufenthalt verbundenen "Umstände" festzustellen. Diese sind schließlich daraufhin zu würdigen, ob sie "erkennen lassen", dass der Betreffende am Aufenthaltsort oder im Aufenthaltsgebiet "nicht nur vorübergehend verweilt" (vgl Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 24, und vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 27).

25

aa) Ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhält oder nur vorübergehend dort verweilt, lässt sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (s hierzu Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 25 ff, und vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 28 ff - jeweils mwN). Die Prognose hat alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies können subjektive wie objektive, tatsächliche wie rechtliche sein. Es kann demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen ankommen, einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen (sog Domizilwille: BSG vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - Juris RdNr 17); dies gilt insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimmt (vgl BSG vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93, 97 = SozR 2200 § 205 Nr 65 S 183). Ist nach der Prognose davon auszugehen, dass die betreffende Person zukunftsoffen "bis auf Weiteres" an dem Ort oder in dem Gebiet verweilen wird, so hat sie dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt, wobei kein dauerhafter (unbegrenzter) Aufenthalt erforderlich ist. Dem vorübergehenden Aufenthalt wohnt dagegen als zeitliches Element eine Beendigung von vornherein inne.

26

bb) Bei Ausländern ist im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen (exemplarisch Senatsurteil vom 9.8.1995 - 13 RJ 59/93 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 30 - stRspr), ohne dass diese aber allein Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts sein kann (vgl auch BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 185; BVerfG Beschluss vom 10.7.2012 - 1 BvL 2/10 ua - BVerfGE 132, 72 RdNr 28). Dabei wird die Aufenthaltsposition wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt, wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstellt (Senatsurteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 32 mwN). Zu den Tatsachen, die bei der Prognose im Rahmen des § 30 Abs 3 S 2 SGB I zu berücksichtigen sind, gehören aber auch eventuelle Hindernisse, die der Abschiebung eines Ausländers entgegenstehen(BSG Urteil vom 17.5.1989 - 10 RKg 19/88 - BSGE 65, 84, 87 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 18; Senatsurteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 31 - bezüglich "Rechtshindernissen"; zur Berücksichtigung auch tatsächlicher Abschiebehindernisse s Schlegel in juris-PK SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 RdNr 58). Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers stehen danach grundsätzlich keine Hindernisse entgegen, soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen oder zu erwarten sind. Davon ist ua auszugehen, wenn der Betreffende aufgrund besonderer ausländer- bzw aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht (zB Asyl) nicht mit einer Abschiebung zu rechnen braucht (vgl BSG Urteil vom 23.2.1988 - 10 RKg 17/87 - BSGE 63, 47, 50 = SozR 5870 § 1 Nr 14 S 34; Senatsurteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 39). Hierbei kann auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen (vgl BSG vom 17.5.1989 - 10 RKg 19/88 - BSGE 65, 84, 88 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 19).

27

cc) Verfahrensrechtlich bedeutet das Erstellen der erforderlichen Prognose die Feststellung einer hypothetischen Tatsache (Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 27, und vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 33 - jeweils mwN). Es ist allein Aufgabe der Tatsachengerichte, die notwendigen Ermittlungen durchzuführen und daraus die Prognose abzuleiten. Wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung entscheidet das Gericht auch bei einer Prognose nach freier Überzeugung. Dabei gehören die Prognose und die Feststellung der für ihre Erstellung notwendigen Tatsachen nicht zur Rechtsanwendung; sie können deshalb vor dem Revisionsgericht nur mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 27, und vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 34 - jeweils mwN). Verfahrensrügen, welche die Feststellung der für eine vorausschauende Betrachtung - nach damaligem Erkenntnisstand bis zu dem hier maßgeblichen Stichtag - erforderlichen Tatsachen betreffen, hat die Klägerin vorliegend jedoch nicht erhoben, sodass die Feststellungen des LSG insoweit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG).

28

Das Revisionsgericht hat jedoch auch ohne Verfahrensrüge zu prüfen, ob das LSG für seine Prognose sachgerechte Kriterien gewählt hat oder ob die Prognose auf rechtlich falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht (Senatsurteile vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 28 mwN, und vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - NZS 2014, 264 RdNr 35).

29

3. Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann der Senat auf der Grundlage der vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt bis spätestens am 31.12.1990 nach Berlin (West) verlegt und damit eine Anwartschaft auf Rentenleistungen noch nach den Regelungen des Abk Polen RV/UV erworben hat.

30

a) Dem Urteil des LSG kann allerdings - durch Bezugnahme auf das SG-Urteil (§ 153 Abs 2 SGG) - die Feststellung entnommen werden, dass die Klägerin bis zur erstmaligen Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung im April 1994 keinerlei durch Entscheidungen der Ausländerbehörde formal gestalteten und legalisierten ausländerrechtlichen Status innehatte, sich mithin illegal in Berlin aufhielt (vgl § 3 Abs 1, § 42 Abs 1, § 58 Abs 1 Nr 1 iVm § 92 Abs 1 Nr 1, 6 AuslG vom 9.7.1990, BGBl I 1354, in Kraft ab 1.1.1991). Nach den oben dargestellten Grundsätzen kann schon allein deshalb ein "wohnen" iS von Art 27 Abs 3 und 4 iVm Art 1 Nr 10 Abk Polen SozSich bis spätestens am - insoweit maßgeblichen - Stichtag 30.6.1991 ausgeschlossen werden, denn dies erfordert einen rechtmäßigen Aufenthalt.

31

b) Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin möglicherweise bereits am Stichtag 31.12.1990 ihren Wohnort iS von Art 27 Abs 2 S 1 und 2 Abk Polen SozSich iVm Art 1 Nr 2, Art 7 Abk Polen RV/UV in Berlin (West) hatte. Das LSG hat insoweit ausgeführt, es stehe zu seiner Überzeugung fest, dass die Klägerin sich seit dem 15.9.1990 tatsächlich in Berlin aufgehalten und mit ihrem jetzigen Ehemann zusammengelebt habe. Einen gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin (West) bis zum 31.12.1990 hat es allein deshalb verneint, weil die erforderliche rechtliche Komponente - die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts - gefehlt habe; weitere Feststellungen zu den mit dem Aufenthalt der Klägerin in Berlin verbundenen sonstigen Umständen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat damit seine Prognose auf rechtsfehlerhaften Erwägungen aufgebaut.

32

Wie bereits dargelegt ist für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts iS von Art 27 Abs 2 Abk Polen SozSich zum Stichtag 31.12.1990 die materielle Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht absolut zwingend. Zwar ist anerkannt, dass in die erforderliche Gesamtschau aller Umstände auch rechtliche Gesichtspunkte einfließen können. Steht etwa fest, dass ein Ausländer zur Ausreise verpflichtet ist und seiner Abschiebung weder rechtliche noch tatsächliche Hindernisse und auch die Verwaltungspraxis nicht entgegenstehen, kann ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland nicht begründet werden (vgl Senatsurteil vom 9.8.1995 - 13 RJ 59/93 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 30; s auch Schlegel in juris-PK SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 RdNr 56). Vorliegend hat sich das LSG insbesondere mit der konkreten Verwaltungspraxis der Berliner Ausländerbehörde im Umgang mit sich hier illegal aufhaltenden polnischen Staatsangehörigen im Zeitraum bis zum 31.12.1990 nicht befasst (s hierzu bereits Senatsurteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - Juris RdNr 41). Auch das Urteil des SG enthält dazu keine Feststellungen; dort ist lediglich ausgeführt, es sei "nicht bekannt", ob sich die Weisungslage in Berlin bis Ende 1990 gegenüber der "Ostblockregelung" geändert habe.

33

Entsprechende Feststellungen wird das LSG nunmehr nachzuholen und auf deren Grundlage - gegebenenfalls ergänzt um weitere Umstände der damaligen persönlichen Situation der Klägerin wie etwa noch bestehende eheliche Bindungen nach Polen, die Ausgestaltung der Befugnis zur (Mit-)Benutzung der Wohnung oder auch die Art der Sicherstellung des Lebensunterhalts (vgl hierzu Wendtland, ZESAR 2013, 435, 438) - eine abschließende Entscheidung zu treffen haben. Es wird dabei auch die von der Beklagten erstmals im Revisionsverfahren vorgelegte Modifikation der sog "Ostblockregelung" durch die Weisung der Senatsverwaltung für Inneres vom 18.2.1990 zu würdigen haben.

34

4. Der Senat kann diese Entscheidung treffen, ohne zuvor das Verfahren nach § 41 SGG durchzuführen. Zwar hat der 8. Senat des BSG als damals für die knappschaftliche Rentenversicherung zuständiger Fachsenat im Urteil vom 9.5.1995 (8 RKn 2/94 - Juris RdNr 18) ausgeführt, bei Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts im Rahmen von Art 27 Abs 2 Abk Polen SozSich sei "allein der ausländerrechtliche Status im Leistungszeitraum" entscheidend, denn "ein grundsätzlich kraft Gesetzes (…) zur Ausreise in sein Heimatland verpflichteter Ausländer kann überhaupt nur dann im Inland einen 'gewöhnlichen Aufenthalt' innehaben, solange er sich hier berechtigterweise aufhält". Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen tragenden Rechtssatz, weil sich die Klägerin des dort entschiedenen Falls auf der Grundlage einer befristeten Aufenthaltserlaubnis legal in Deutschland aufgehalten hatte (aaO RdNr 1; zum Erfordernis einer Gesamtwürdigung aller entscheidungserheblichen Tatsachen s auch aaO RdNr 17). Eine Divergenz iS von § 41 Abs 2 SGG liegt somit nicht vor.

35

5. Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

Die Entscheidung über den Asylantrag ist in allen Angelegenheiten verbindlich, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung des internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 rechtserheblich ist. Dies gilt nicht für das Auslieferungsverfahren sowie das Verfahren nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die im Mai 2013 geborene Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung, dass sie deutsche Staatsangehörige ist.

Die Mutter der Klägerin ist israelische Staatsangehörige und kam im August 2012 erstmals ins Bundesgebiet. Sie hatte zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG.

Der Vater der Klägerin ist ebenfalls israelischer Staatsangehöriger und kam am 7. November 1999 mit einem bis 29. Januar 2000 gültigen Visum nach Deutschland. Am 13. Januar 2000 wurde ihm für einen Sprachkurs und ein anschließendes Studium eine Aufenthaltsgenehmigung als Aufenthaltsbewilligung zunächst bis 29. Oktober 2000 erteilt. Diese wurde mehrfach, zuletzt bis 29. Oktober 2003, verlängert und war gültig zum Studium an der Universität Erlangen-Nürnberg in der Fachrichtung Medizin. Nach einer Exmatrikulation zum 31. März 2003 und einem Fachrichtungswechsel wurde ihm keine neue Aufenthaltsbewilligung mehr erteilt.

Aufgrund seiner beabsichtigten Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen erteilte die Beklagte ab 30. Oktober 2003 zunächst Fiktionsbescheinigungen gemäß § 69 Abs. 3 AuslG. Am 17. Mai 2004 schloss der Vater der Klägerin in Dänemark die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen. Daraufhin erhielt er am 9. Juni 2004 eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Ausländergesetz, die nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes ab dem 21. Januar 2005 als Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 AufenthG weiter gewährt wurde. Sie war befristet bis 10. Januar 2006 und wurde nicht mehr verlängert, weil zwischenzeitlich ein Scheidungsverfahren eingeleitet worden war. Zunächst wurden vom 5. Januar 2006 bis 10. Januar 2007 Fiktionsbescheinigungen nach § 81 Abs. 4 AufenthG erteilt. Die Ehescheidung wurde am 13. November 2007 rechtskräftig.

Zwischenzeitlich hatte der Vater der Klägerin in Halle a. d. Saale das Medizinstudium wieder aufgenommen. Bereits ab 19. Oktober 2006 bis zuletzt 18. Oktober 2011 waren ihm erneut befristete Aufenthaltserlaubnisse nach § 16 Abs. 1 AufenthG erteilt worden. Diese waren wieder an das Studium der Fachrichtung Medizin gebunden. Nach erfolgreichem Studienabschluss wurde die Genehmigung in eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche nach § 16 Abs. 4 AufenthG, gültig bis 18. Oktober 2011, umgewandelt. Am 21. Dezember 2010 erhielt der Vater der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, die bis 31. Dezember 2011 befristet war und zu einer Beschäftigung nach § 39 AufenthG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 Beschäftigungsverfahrensverordnung berechtigte. Am 26. September 2011 erteilte die Beklagte dem Vater der Klägerin eine Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG.

Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt gemäß § 4 Abs. 3 StAG bei der Klägerin nicht vorlägen. Nachdem der Vater der Klägerin auf einem rechtsmittelfähigen Bescheid bestand, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Oktober 2013 fest, dass die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besitze. Der Vater der Klägerin habe sich zwar über einen Zeitraum von acht Jahren vor der Geburt der Klägerin rechtmäßig in Deutschland aufgehalten. Der Aufenthalt sei jedoch nicht durchgängig ein gewöhnlicher gewesen. Erforderlich sei dafür, dass sich jemand hier unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend verweile, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebe, so dass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss sei. Dies setze neben einer Prognose unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zudem voraus, dass auch die rechtliche Möglichkeit gegeben sei, fortdauernd in Deutschland bleiben zu können. Daran fehle es regelmäßig, wenn der Aufenthalt in absehbarer Zeit beendet werde, weil der Aufenthaltszweck erledigt sei. Dies sei bei einer nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes erfolgten Aufenthaltsgenehmigung zum Studium gemäß § 16 AufenthG der Fall. Der Aufenthalt zum Zweck des Studiums sei daher in der Regel nur vorübergehend. Im Falle der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen während des Studiums bestehe ab der Eheschließung ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wodurch ab Eheschließung der Aufenthalt gewöhnlich im Sinne des Gesetzes werde. Vorliegend seien die Studienzeiten bis zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht als gewöhnlicher Aufenthalt anzurechnen. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Vaters der Klägerin sei aufgrund der kurzzeitigen Dauer der Ehe nicht begründet worden. Ab dem Zeitpunkt der erneuten Aufnahme des Medizinstudiums in Halle a. d. Saale sei ebenfalls wieder kein gewöhnlicher Aufenthalt gegeben gewesen. Dies sei erst wieder mit Erteilung der ersten Aufenthaltsgenehmigung nach § 18 AufenthG ab dem 21. Dezember 2010, die schließlich auch in die Niederlassungserlaubnis gemündet habe, zu bejahen. Es fehle damit in den letzten acht Jahren vor der Geburt der Klägerin an einem durchgehenden rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt des Vaters der Klägerin, so dass diese nicht die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 3 StAG erworben habe.

Die hiergegen erhobene Feststellungsklage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach hatte Erfolg. Mit Urteil vom 7. Mai 2014 verpflichtete das Gericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Oktober 2013 festzustellen, dass die Klägerin deutsche Staatsangehörige ist. Die Klägerin habe die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 3 StAG erlangt. Der Vater der Klägerin habe zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin am 10. Mai 2013 seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt. Das Erfordernis des seit acht Jahren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts entspreche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der wortgleichen Voraussetzung des § 85 Abs. 1 Satz 1 AuslG, an die der Gesetzgeber in § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG ersichtlich angeknüpft habe. Zur Auslegung des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“ könne daher auf die Kriterien zurückgegriffen werden, die von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu demselben Begriff in § 85 Abs. 1 Satz 1 AuslG entwickelt worden seien. Seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe ein ausländischer Elternteil dann, wenn er sich hier unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend verweile, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebe, so dass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss sei. Hierbei seien vor allem die Vorstellungen und Möglichkeiten des Ausländers von Bedeutung. Die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erfordere keine förmliche Zustimmung der Ausländerbehörde. Auch ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel schließe die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht aus. Die Beklagte habe zu Unrecht eine Unterbrechung des gewöhnlichen Aufenthalts nach Einleitung des Scheidungsverfahrens und der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 16 AufenthG ab 19. Oktober 2006 wegen der erneuten Aufnahme eines Studiums des Vaters der Klägerin in Halle bis zum 20. Dezember 2010 angenommen. Die Vorstellungen des Vaters der Klägerin seien nach der hierfür erforderlichen ex-ante-Betrachtung (Prognose) auch im zwischen den Beteiligten strittigen Zeitraum vom 19. Oktober 2006 bis zum 20. Dezember 2010 auf einen zeitlich unabsehbaren Aufenthalt im Bundesgebiet gerichtet gewesen. Dies ergebe sich nicht nur aus den Angaben des Vaters der Klägerin, sondern auch aus den vorgelegten Akten. So habe er in seinem Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 5. Januar 2006 einen beabsichtigten weiteren Aufenthalt bis 2020 angegeben, was wegen seiner Dauer, die weit über einen bloßen Studienaufenthalt hinausgehe, einen zeitlich nicht absehbaren Aufenthalt darstelle, zumal keine Gründe für ein Ende im Jahr 2020 angegeben worden seien. Auch habe er in seinem Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis am 23. Oktober 2008 erklärt, dass er seinen Wohnsitz in Israel nicht beibehalte. Es habe für ihn damals nach Wiederaufnahme des Studiums auch durchaus die Möglichkeit eines zeitlich unabsehbaren Aufenthalts nach erfolgreichem Studienabschluss durch eine spätere Aufenthaltsgenehmigung zum Zweck der Erwerbstätigkeit nach §§ 18 AufenthG bestanden. Die danach mögliche Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Beschäftigungszwecken habe nicht mehr der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedurft. Auch wenn diese Art der Aufenthaltserlaubnis nach der damaligen Rechtslage noch nicht in eine erst seit 1. August 2012 vorgesehene Niederlassungserlaubnis nach § 18b AufenthG habe überführt werden können, sei aber andererseits die Dauer einer möglichen Aufenthaltsgenehmigung zum Zweck der Erwerbstätigkeit nicht von vornherein zeitlich beschränkt und das Ende des Aufenthalts damit auch nicht absehbar im Sinne der Rechtsprechung. Dies genüge für die Annahme der hier maßgebenden bloßen Möglichkeit eines Aufenthalts von nicht absehbarer Dauer. Dagegen sei für die Annahme eines gewöhnlichen rechtmäßigen Aufenthalts nicht erforderlich, dass die Aufenthaltsgenehmigung sich auf einen dauernden Aufenthalt beziehen müsse. Das Bundesverwaltungsgericht verweise in seiner Rechtsprechung für die von der Gewöhnlichkeit des Aufenthalts zu trennende Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nach § 4 Abs. 3 StAG ohne Einschränkungen auf den Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung und insbesondere noch auf gesetzlich erlaubte, genehmigungsfreie und fiktiv erlaubte Aufenthalte (U. v. 18.11.2004 - 1 C 31.03 -juris). Vor allem würde ein isolierter Verweis auf Rn. 32 des Urteils vom 23. Februar 1993 (1 C 45.90 - juris) durch das Urteil vom 18. November 2004 im Widerspruch zu den dortigen weiteren Ausführungen in Bezug auf einen gewöhnlichen Aufenthalt nach § 4 Abs. 3 StAG stehen, wonach der Aufenthalt gerade nicht mit Willen der Ausländerbehörde auf grundsätzlich unbestimmte Zeit angelegt sein müsse (BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 1 C 31.03 - juris). Weiter sei dies mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2011 (5 C 28.10 - BayVBl. 2012, 184) nicht zu vereinbaren, wo ausgeführt werde, dass die Erteilung eines nur befristeten Aufenthaltstitels weder die Begründung noch die Aufrechterhaltung des gewöhnlichen Aufenthalts ausschließe. Es seien daher zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin alle für den Erwerb der Staatsangehörigkeit gesetzlich geforderten Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 StAG gegeben gewesen.

Mit der vom Senat mit Beschluss vom 19. September 2014 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassenen Berufung geht der Vertreter des öffentlichen Interesses gegen dieses Urteil vor. Die Beklagte selbst hat demgegenüber keinen eigenen Antrag gestellt.

Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 beantragte die Landesanwaltschaft als Vertreter des öffentlichen Interesses,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 7. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Unrichtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts beruhe darauf, dass das Verwaltungsgericht bei seiner unrichtigen Subsumtion den Begriff des rechtmäßig gewöhnlichen Aufenthalts i. S. d. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG verkannt habe. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend U. v. 23.2.1993 - 1 C 45/90 - juris Rn. 32) und des erkennenden Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs müsse sich das Merkmal der Rechtmäßigkeit auf einen dauernden (gewöhnlichen) Aufenthalt beziehen, ihn also „abdecken“. Der etwaige Daueraufenthalt müsse rechtmäßig sein. In den Fällen der Genehmigungsbedürftigkeit des Aufenthalts sei daher vorauszusetzen, dass die Aufenthaltsgenehmigung für einen dauernden, nicht bloß für einen vorübergehenden Aufenthaltszweck erteilt werde. Das Verwaltungsgericht habe entgegen der genannten Rechtsprechung die Beziehung zwischen Rechtmäßigkeit und Gewöhnlichkeit des Aufenthalts verändert. Nach Meinung des Verwaltungsgerichts soll es ausdrücklich gerade nicht erforderlich sein, dass sich die Aufenthaltsgenehmigung im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 1993 auf einen dauernden Aufenthalt beziehen müsse. Im Staatsangehörigkeitsgesetz sei in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG auch festgelegt, dass ein nach § 16 AufenthG erteilter Aufenthaltstitel für die Erfüllung des Kriteriums des unbefristeten Aufenthaltsrechts oder einer Aufenthaltserlaubnis für einen auf Dauer gerichteten Aufenthalt nicht genüge. Daher vermittle eine auf der Rechtsgrundlage nach § 16 Abs. 1 AufenthG zum Zwecke des Studiums bzw. der Promotion oder nach § 16 Abs. 4 AufenthG zum Zwecke der Arbeitsplatzsuche erteilte Aufenthaltserlaubnis mangels Genehmigung für einen dauernden, nicht bloß vorübergehenden Aufenthalt keinen rechtmäßig gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG bzw. § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 StAG. Bei richtiger Auslegung des § 4 Abs. 3 StAG hätte das Erstgericht somit beim Vater der Klägerin für den Zeitraum vom 19. Oktober 2006 bis 20. Dezember 2010 den rechtmäßig gewöhnlichen Aufenthalt verneinen müssen. Auf die vom Verwaltungsgericht angeführten tatsächlichen Umstände komme es dabei im Ergebnis nicht an. Es liege daher im vorliegenden Fall eine über vierjährige Unterbrechung des rechtmäßig gewöhnlichen Aufenthalts vor, die staatsangehörigkeitsrechtlich nicht außer Betracht bleiben könne.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragte mit Schreiben vom 30. Januar 2015,

die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 7. Mai 2015 zurückzuweisen.

Gerade die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2011 (5 C 28.10 - juris Rn. 10) zeige, dass auch ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht ausschließe. Die Argumentation der Berufungsführerin könne nicht erklären, wie denn bei Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts das Konstrukt des rechtmäßig abgedeckten Daueraufenthaltes bei befristeten Aufenthaltsgenehmigungen überhaupt noch logisch denkbar sein solle. Nach der Auffassung der Berufungsbegründung könnten befristete Aufenthaltsgenehmigungen niemals zu einem gewöhnlichen Aufenthalt führen. Auch in seinem Urteil vom 18. November 2004 habe das Bundesverwaltungsgericht auf die Umstände abgestellt, die erkennen ließen, dass ein Ausländer in Deutschland nicht nur vorübergehend verweile, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebe, so dass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss sei. Hierbei seien vor allem die Vorstellungen und Möglichkeiten des Ausländers von Bedeutung. Die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erfordere gerade keine förmliche Zustimmung der Ausländerbehörde. Ebenso wenig sei erforderlich, dass der Aufenthalt mit Willen der Ausländerbehörde auf grundsätzlich unbeschränkte Zeit angelegt sei und sich zu einer voraussichtlich dauernden Niederlassung verfestigt habe. Selbst wiederholt erteilte Duldungen hinderten die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht. Die Berufungsführerin ignoriere die Klarstellungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinen jüngeren Urteilen vorgenommen habe. Darüber hinaus sei bei Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht begründbar, warum ein Aufenthalt zu Studienzwecken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG gegenüber Duldungen, die anders als Aufenthaltserlaubnisse zu Studienzwecken keinen Aufenthaltstitel darstellten und dem Aufenthalt damit keine Rechtmäßigkeit verliehen, schlechter gestellt sein solle. Ausländische Studenten wären also stets schlechter gestellt als Asylanten, obwohl der Asylant nach der Vorstellung des Gesetzes nach Beendigung der Krisenlage in seinem Heimatland, die den Asylgrund schaffe, wieder dorthin zurückkehren solle. Darüber hinaus stelle § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG neben der Voraussetzung des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts nur darauf ab, dass ein Elternteil überhaupt über eine Niederlassungserlaubnis verfüge und nicht darauf, ob er sie bereits 8 Jahre innehabe, und auch nicht darauf, welche Aufenthaltstitel letztlich zur Erteilung der Niederlassungserlaubnis geführt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beteiligten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung hat, dass sie deutsche Staatsangehörige ist. Die dies ablehnende Entscheidung der Beklagten ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Klägerin hat die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG mit ihrer Geburt erlangt. Danach erwirbt ein Kind ausländischer Eltern durch die Geburt im Inland die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.

Dass der Aufenthalt des Vaters der Klägerin während der acht Jahre vor deren Geburt rechtmäßig gewesen ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Parteien streiten jedoch darüber, ob der Aufenthalt des Vaters der Klägerin im mehr als vier Jahre dauernden Zeitraum während seines zweiten Studiums vom Oktober 2006 bis Dezember 2010 ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 4 Abs. 3 StAG gewesen ist (dazu a.) und in welcher Weise sich die Rechtmäßigkeit auf den dauernden Aufenthalt beziehen, ihn „abdecken“ muss (dazu b.).

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat ein ausländischer Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG, wenn er sich hier unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend verweilt, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebt, so dass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss ist. Hierbei sind vor allem die Vorstellungen und Möglichkeiten des Ausländers von Bedeutung. Die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erfordert keine förmliche Zustimmung der Ausländerbehörde. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Aufenthalt mit Willen der Ausländerbehörde auf grundsätzlich unbeschränkte Zeit angelegt ist und sich zu einer voraussichtlich dauernden Niederlassung verfestigt hat. Ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel schließt daher die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht aus. Selbst wiederholt erteilte Duldungen, die als zeitweise bzw. vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers kein Recht zum Aufenthalt verleihen, hindern die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht (BVerwG, Urteil vom 19.10.2011 - 5 C 28/10 - juris Rn. 10 mit Verweis auf BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 1 C 31/03 - juris Rn. 12, welches auf das Urteil vom 23.2.1993 - 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116/121 ff. Bezug nimmt; Marx in GK StAR, § 4 Rn. 243/244).

Nach diesen rechtlichen Vorgaben ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Vater der Klägerin auch während seiner mehr als vier Jahre währenden Studienzeiten rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Dem steht insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass sein Aufenthalt während des Studiums jeweils nur von befristeten Aufenthaltstiteln abgedeckt war. Es genügt vielmehr, dass der Ausländer - wie der Vater der Klägerin - erkennbar auf Dauer in Deutschland bleiben will und die Ausländerbehörde - wie hier - unbeschadet ihrer rechtlichen Möglichkeiten über längere Zeit davon Abstand nimmt, den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet zwangsweise zu beenden. (BVerwG, U. v. 19.10.2011, a. a. O. Rn. 11; VG Würzburg, G.v. 23.6.2014 - W 7 K 13.973 - juris Rn. 19 f.).

Im vorliegenden Fall hat der Vater der Klägerin für sein aufgenommenes Studium in Halle jeweils befristete Aufenthaltserlaubnisse nach § 16 Abs. 1 des AufenthG erhalten. Wie das Verwaltungsgericht bereits ausführlich und zutreffend dargelegt hat, war der Aufenthalt des Vaters der Klägerin nach dessen eigenen Vorstellungen, wie sie aus seinen Angaben gegenüber der Ausländerbehörde deutlich werden, stets auf einen zeitlich unabsehbaren Aufenthalt im Sinne der oben genannten Rechtsprechung angelegt. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Rechtsprechung zu § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG davon aus, dass ein Ausländer, der außerhalb Deutschlands nicht nur einen begrenzten Teil seiner Ausbildung sondern ein vollständiges Hochschulstudium absolviert, das Land aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund verlässt (BVerwG, U. v. 11.12.2012 - 1 C 15/11 - juris Rn. 16 für ein drei Jahre dauerndes Studium). Dies leitet das Gericht aus der Annahme her, dass bei Aufnahme eines vollständigen Studiums der Lebensmittelpunkt an den Studienort verlegt wird (BVerwG a. a. O. Rn. 16 am Ende und Rn. 17). Es ist daher umgekehrt davon auszugehen, dass ein Ausländer bei Aufnahme eines (vollständigen) Studiums im Inland, das wie im vorliegenden Fall mehr als vier Jahre dauert, nicht mehr nur vorübergehend hier verweilt, sondern seinen Lebensmittelpunkt hier einrichten will (so auch SächsOVG, U. v. 5.9.2013 - 3 A 793/12 - juris Rn. 35-37 sogar für ein nicht abgeschlossenes Studium). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass für den Vater der Klägerin nach Wiederaufnahme seines Medizinstudiums durchaus die Möglichkeit eines zeitlich unabsehbaren Aufenthalts nach einem erfolgreichen Abschluss dieser Ausbildung durch eine spätere Aufenthaltsgenehmigung zum Zweck der Erwerbstätigkeit nach Abschluss des Hochschulstudiums in Deutschland nach §§ 18 AufenthG offen gestanden habe. Die Dauer einer möglichen Aufenthaltsgenehmigung zum Zweck der Erwerbstätigkeit war von vornherein nicht zeitlich beschränkt und das Ende des Aufenthalts damit auch nicht absehbar im Sinne der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Der erkennende Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an, wonach dies für die Annahme der hier maßgebenden bloßen Möglichkeit eines Aufenthalts von nicht absehbarer Dauer genügt. Dass sich die Vorstellung des Vaters der Klägerin in Bezug auf einen dauernden Aufenthalt in Deutschland auch rechtlich verwirklichen ließ, zeigt der weitere tatsächliche Geschehensablauf.

b) Die Berufungsführerin macht geltend, dass sich die Aufenthaltsgenehmigung auf einen dauernden Aufenthalt beziehen müsse, woran es vorliegend fehle. Sie bezieht sich dabei vor allem auf eine Passage im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.2.1993 (1 C 45/90, juris Rn. 32; vgl. auch Marx in GK StAR, § 4 Rn. 247), wonach die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts sich auf den dauernden Aufenthalt beziehen, ihn „abdecken“ müsse. Nicht die bloße Anwesenheit, sondern ein etwaiger Daueraufenthalt des Ausländers in Deutschland müsse rechtmäßig sein. In den Fällen der Genehmigungsbedürftigkeit sei daher vorauszusetzen, dass die Aufenthaltsgenehmigung für einen dauernden, nicht bloß für einen vorübergehenden Aufenthaltszweck erteilt werde.

Aus dieser Urteilspassage kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnisse, die vorliegend auf den Zweck der Absolvierung eines Studiums ausgerichtet waren, nie für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts ausreichen könnten. Dies zeigen schon die jüngeren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 18.11.2004 - 1 C 31/03 - BVerwGE 122, 199 und vom 19.10.2011 - 5 C 28/10 - BVerwGE 141, 94) in denen ein rechtmäßiger gewöhnlicher Aufenthalt bejaht wird, obwohl gerade keine unbefristeten Aufenthaltserlaubnisse vorgelegen haben. In der Entscheidung vom 19.10.2011 hat das Bundesverwaltungsgericht angenommen, dass selbst wiederholt erteilte Duldungen, die als zeitweise bzw. vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers kein Recht zum Aufenthalt verleihen, die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht hindern (a. a. O., juris Rn. 10; vgl. a. Leitsatz 2 der Entscheidung vom 23.2.1993, a. a. O.; SächsOVG, B. v. 24.2.2010 - 3 D 125/08 - juris Rn. 9: bloße Indizwirkung von Aufenthaltsbewilligungen).

Der erkennende Senat vertritt die Auffassung, dass die Durchführung nicht nur eines Studienabschnitts, sondern eines mehrjährigen vollständigen Studiums im Lichte der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 11.12.2012 - 1 C 15/11 - juris Rn. 16) keinen bloß vorübergehenden Grund für den Aufenthalt darstellt (vgl. auch Marx in GK StAR, § 4 Rn. 256/257; a. A. Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, StAG § 10 Rn. 28; OVG Berlin-Bbg, U. v. 19.6.2007 - OVG 5 B 12.06 - juris Rn. 16 für eine in den Jahren 1953 bis 1970 absolvierte Ausbildung im Bundesgebiet, jedoch unter Ausklammerung der gegenwärtigen staatsangehörigkeits- und ausländerrechtlichen Gegebenheiten: dort Orientierungssatz 3). Ein solcher Aufenthalt ist vielmehr seiner Natur nach von vornherein auf mehrere Jahre angelegt und daher ein gewöhnlicher im Sinne des § 4 Abs. 3 StAG, weil der Student hier nicht nur vorübergehend verweilen will und die Beendigung des Aufenthalts nicht absehbar im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist. Mit den von der Berufungsführerin genannten Fällen, in denen ein anders zu bewertender Aufenthaltszweck (etwa ein Aufenthalt zur bloßen Durchführung eines Asylverfahrens, also einem vorübergehenden Grund, vgl. BayVGH, U. v. 14.4.2005 - 5 BV 03.3089 - juris Rn. 18/19; BayVGH, B. v. 6.12.2011 - 5 C 11.2572 - juris Rn. 6; NdsOVG, B. v. 10.1.2007 - 13 PA 356/06 - juris Rn. 3) zugrunde lag, ist der vorliegende Fall daher nicht vergleichbar. Die für die Durchführung des Studiums erteilten Aufenthaltserlaubnisse beziehen sich auf diesen, einen gewöhnlichen Aufenthalt erzeugenden Aufenthaltszweck, so dass dieser auch durch sie „abgedeckt“ wird.

Dem steht nicht entgegen, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG Aufenthaltserlaubnisse nach § 16 AufenthG nicht als für die Einbürgerung hinreichende unbefristete Aufenthaltsrechte ansieht. Denn damit ist nicht ausgesagt, dass die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts durch sie ausgeschlossen wäre. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StAG setzt - wie § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StAG - die weitere Verfestigung des Aufenthalts in Form eines unbefristeten Aufenthaltsrechts als weitere eigenständige Tatbestandsvoraussetzung neben die Erforderlichkeit des vorgängigen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG), der mit seiner eigenen in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Begrifflichkeit getrennt von den anderen Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen ist.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 3 StAG waren daher bei Geburt der Klägerin erfüllt, so dass die Berufung gegen das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen war.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

3. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Frage, ob ein mehrjähriger Aufenthalt zur Durchführung eines kompletten Studiums einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 4 Abs. 3 StAG darstellen kann, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden und wird in der Verwaltungspraxis der überwiegenden Zahl der Bundesländer anders beantwortet als in Bayern.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Wer bewirkt, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine falsche Beurkundung oder Datenspeicherung der in Absatz 1 bezeichneten Art zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern oder eine andere Person zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Die Revision ist bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Die Revision muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(2) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision abgeholfen oder läßt das Bundesverwaltungsgericht die Revision zu, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Urteil nach § 133 Abs. 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(3) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 zu begründen; im Falle des Absatzes 2 beträgt die Begründungsfrist einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.