Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 27. Mai 2016 - 22 BV 15.1959

bei uns veröffentlicht am27.05.2016

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windkraftanlagen.

Unter dem 5. April 2012 stellte die Klägerin beim Landratsamt Donau-Ries einen Genehmigungsantrag betreffend drei Windkraftanlagen (im Verfahren als „Windpark Strauppen“ bezeichnet) mit jeweils einer Nabenhöhe von 138,38 m, einem Rotordurchmesser von 82 m und einer Gesamthöhe von 179,38 m, die auf den Grundstücken Fl.Nrn. 562 und 568 der Gemarkung W... im Gemeindegebiet der Beigeladenen errichtet werden sollten.

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2014 legte die Klägerin dem Landratsamt u. a. einen „Nachtrag 2014“ vom 6. Oktober 2014 vor, eine aktualisierte Fassung eines saP-Gutachtens vom 16. März 2012. Weiter übermittelte sie eine „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014.

In einer Stellungnahme des Sachgebiets Naturschutz im Landratsamt Donau-Ries vom 23. Dezember 2014 wird u. a. ausgeführt, im Vorhabengebiet würden kollisionsrelevante Arten als stabile Brutvögel vorkommen, speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke. Die sicher gefundenen Horste von Baumfalke und Wespenbussard und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze von Rotmilan und Schwarzmilan würden im Nahbereich von Anlagenstandorten des geplanten Windparks liegen. Beim Rotmilan sei trotz eindeutiger revieranzeigender Aktivitäten kein Horst nachgewiesen worden. Aufgrund eindeutiger Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe weiter der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes östlich von Pessenburgheim. Erkenntnislücken in den von der Klägerin vorgelegten Gutachten würden durch Beobachtungen unter anderem von Wallerdorfer Bürgern ergänzt; aufgrund der sehr hohen Qualität dieser Dokumentationen sei, trotz einer abweichenden Vorgehensweise, von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen auszugehen. Es sei aller Wahrscheinlichkeit nach durchschnittlich mit insgesamt ca. 250 Durchflügen des Rotmilans pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen zu rechnen. Der Untersuchungsraum sei als Nahrungsraum grundsätzlich geeignet, wenn auch die Nahrungshabitate nicht gleichmäßig ausgeprägt seien. Die Nahrungssuchflüge würden über den ganzen Untersuchungsraum verteilt erfolgen. In der Stellungnahme wird weiter von einer „Regelvermutung“ im Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 ausgegangen, wonach Anlagen in einem Umkreis von einem Kilometer um „Revierzentren“ nicht „mit den Artenschutzanforderungen in Einklang“ stünden, es sei denn, es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windkraftanlagen nicht in Kontakt kämen. Es sei im vorliegenden Fall bei allen drei Arten (Rotmilan, Wespenbussard, Baumfalke) davon auszugehen, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der WEA-Bereiche gebe, weil die Wald-Offenland-Verteilung und die „diffuse“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebietes in erhöhtem Maße Waldrandflüge und Gebietsquerungen vermuten ließen. Somit stünden solche Standorte, bei denen sich im Umkreis von einem Kilometer ein „Revierzentrum“ einer der „vier“ Arten befinde, nicht im Einklang mit den Artenschutzvorschriften. Im Ergebnis sei von mehr als nur vereinzelten Durchflügen und bei allen drei geplanten Standorten für mindestens jeweils eine Art (Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke oder Wespenbussard) von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen.

In Reaktion auf die vorgenannte Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 legte die Klägerin ein Gutachten vom 24. April 2015 zur „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) für den gesamten Windpark Strauppen“ sowie eine Ausarbeitung vom 7. April 2015 unter dem Titel „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt Donau-Ries“ vor. In diesen Dokumenten werden vermeintliche fachliche und methodische Defizite in der Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 aufgeführt. Die untere Naturschutzbehörde ging in einer weiteren Stellungnahme vom 17. Juni 2015 auf die von der Klägerin eingeholten Gutachten vom 7. und 24. April 2015 ein.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte das Landratsamt Donau-Ries den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 auf Errichtung und Betrieb eines Windparks bestehend aus drei Windkraftanlagen auf den Grundstücken Fl.Nrn. 562 und 568 der Gemarkung W... ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde Bezug genommen. Danach sei der Tatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG bei Verwirklichung des Vorhabens als erfüllt anzusehen und das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Die Standorte der geplanten Anlagen befänden sich nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter kollisionsgefährdeter Arten. Die der Einschätzung zugrunde liegenden dokumentierten Flugbewegungen würden sich eindeutig der vom Vorhaben betroffenen Flur zuordnen lassen und seien aussagekräftig. Die Genehmigungsbehörde mache sich infolgedessen die Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde zu Eigen.

Mit Urteil vom 2. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage der Klägerin ab, mit der diese einen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Erlaubnis entsprechend ihrem Antrag vom 5. April 2012 geltend gemacht hatte. Der Erteilung der begehrten Erlaubnis stünden Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, da das Vorhaben der Klägerin gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Die Beurteilung des Beklagten betreffend ein durch die geplanten Windkraftanlagen signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für besonders kollisionsgefährdete Vogelarten bewege sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung gegen das Urteil vom 2. Juli 2015 beantragt die Klägerin zuletzt:

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 - Au 4 K 13.567 zu ändern und den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gemäß § 4 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m auf den Grundstücken Fl.Nrn. 562, 568 der Gemarkung W... (Windpark Strauppen) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen,

2. hilfsweise die Betriebsgenehmigung nur in der Gestalt zu erteilen, dass der Zeitraum vom 16. März bis zum 31. August eines jeden Jahres von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ausgenommen wird, sofern im Umkreis von 1 km, hilfsweise 1,5 km, um jede der drei Windkraftanlagen eine Rotmilanbrut festgestellt wird,

3. weiter hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Juni 2015 zu verurteilen, den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden,

4. weiter hilfsweise festzustellen, dass bis zum 31. Januar 2016 ein Anspruch auf Erteilung der streitgegenständlichen Genehmigung bestanden hat.

Zur Begründung machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, die im Rahmen des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erforderliche ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung sei unterblieben. Deshalb sei eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative bereits nicht eröffnet gewesen. Die Beobachtungen von Wallerdorfer Bürgern zur Bestandserfassung kollisionsgefährdeter Vögel entsprächen nicht den Vorgaben des bayerischen Windkrafterlasses und seien auch unter Berücksichtigung einer Einschätzungsprärogative des Beklagten keine brauchbare Entscheidungsgrundlage. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für die Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke werde durch die drei streitgegenständlichen Windkraftanlagen nicht hervorgerufen. Es treffe nicht zu, dass alleine aufgrund eines nicht näher spezifizierten Revierverdachts eines Rotmilans innerhalb eines 1.000 m-Umkreises um die geplanten Anlagen ein solches Tötungsrisiko vorliege. Die Beobachtung einzelner jagender Rotmilane über dem Vorhabengebiet könne nicht die Annahme einer starken Nutzung als Jagdhabitat stützen. Die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos sei hier auch bezüglich des Schwarzmilans nicht gerechtfertigt. Die Klägerin habe belegt, dass der einzige vorhandene Horst eines Wespenbussards mehr als 1.000 m von den streitgegenständlichen Anlagen entfernt liege; Anhaltspunkte für ein tatsächlich signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für diese Art lägen nicht vor. Im maßgeblichen Umfeld des Vorhabens sei von den Gutachtern zudem kein besetzter Horst eines Baumfalken oder ein verpaartes zweites Tier nachgewiesen worden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hierzu wurde vorgetragen, die untere Naturschutzbehörde habe weder auf der Ebene der Bestandserfassung, noch auf der Ebene der Bewertung die Grenzen des bestehenden Beurteilungsspielraums verlassen. Die von Wallerdorfer Bürgern an diese Behörde herangetragenen Daten seien lediglich eine zusätzliche Erkenntnisquelle gewesen, so dass die von der Klägerin vorgetragenen Anforderungen an eine fachliche Mindestqualität verfehlt seien. Im Hinblick auf den Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 Abs. 1 und 2 BayVwVfG würde es sowohl fehlerhaft gewesen sein, diese Hinweise außer Acht zu lassen, als auch, diese ungeprüft zu übernehmen, was beides nicht geschehen sei. Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „signifikant erhöhten Tötungsrisikos“ könne sich die Behörde als Hilfsmittel bei der Erstellung der Prognose durchaus Hochrechnungen bedienen. Die als Korrekturfaktor eingeführten Zu- und Abschläge seien in der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 erläutert worden. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, ergänzt durch die der Wallerdorfer Bürger, würden nicht ergeben, dass die Standorte der strittigen Windkraftanlagen gemieden oder selten überflogen würden, weshalb von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen sei. Die Beteiligung der höheren Naturschutzbehörde sei im Wesentlichen in Form von Besprechungsterminen sowie Telefonaten mit Mitarbeitern des Landratsamtes Donau-Ries erfolgt. Weiter wurde u. a. ein Aktenvermerk des Landratsamtes Donau-Ries vom 14. April 2016 über weitere Beobachtungen zum Rotmilan mit einem Lageplan zu einem Revierzentrum vorgelegt. Daraus werde ersichtlich, dass der bisherige Sachvortrag des Beklagten auch in der Gegenwart vollumfänglich Bestätigung finde.

Die Beigeladene trat der Berufung entgegen, ohne einen Antrag zu stellen. Sie führte u. a. aus, die Genehmigungsbehörde sei verpflichtet gewesen, die Erkenntnisse der Wallerdorfer Bürger in ihre Beurteilung einzubeziehen. Auch im Gesamtergebnis hätten die artenschutzfachlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen, wie auch in ihrer Ermittlungstiefe ausgereicht, um die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 BNatSchG sachgerecht zu prüfen.

Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2016 legte die Klägerin ein Gutachten vom 28. April 2016 vor, demzufolge sich im Frühjahr 2016 in unmittelbarer Nähe der geplanten Windkraftanlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 ein Rotmilanbrutpaar angesiedelt habe. Aus dem Gutachten ergebe sich weiter, dass die Errichtung und der Betrieb der Windenergieanlage WEA 3 bei Einsatz eines vorgeschlagenen Maßnahmenkonzeptes zur Minimierung des Kollisionsrisikos für den Rotmilan ohne Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes möglich seien. Der Abstand dieser Windenergieanlage zu dem ebenfalls festgestellten Baumfalkenhorst sei mit 640 m ausreichend groß, damit auch ohne den Einsatz von Sondermaßnahmen artenschutzrechtliche Verbote als nicht verwirklicht anzusehen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 22 BV 15.2003 sowie auf die von Seiten des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs beigezogenen Vorgänge des Landratsamtes in diesen beiden Verfahren Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zurückzuweisen, da der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht zusteht (I.), auch nicht bezogen auf eine auf bestimmte Betriebszeiten beschränkte Genehmigung (II.). Weiter kann sie nicht die Neubescheidung ihres Genehmigungsantrags verlangen (III). Bezüglich des Fortsetzungsfeststellungsantrags ist die Klage bereits unzulässig (IV.).

I. Die Klägerin kann nicht die Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen beanspruchen. Der Genehmigungserteilung steht als Versagungsgrund (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) entgegen, von dem keine Ausnahme (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) erteilt werden kann.

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in seinemUrteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 u. a. folgendes ausgeführt (Rn. 38 und 39):

Das in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG statuierte Verbot, Tiere einer besonders geschützten Art zu töten, wird verletzt, wenn sich das Risiko, dass ein solcher Erfolg eintritt, durch das zu beurteilende Vorhaben in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219; U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 90; U. v. 27.6.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118 Rn. 11). Nicht erfüllt ist dieser Verbotstatbestand, wenn die den geschützten Tieren drohende Gefahr in einem Bereich verbleibt, der mit dem stets bestehenden Risiko vergleichbar ist, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (BVerwG, U. v. 9.7.2008 a. a. O. Rn. 91). Bei der Prüfung der Frage, ob der artenschutzrechtliche Tötungstatbestand erfüllt ist, steht der öffentlichen Verwaltung auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einschließlich solcher, die die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen zum Gegenstand haben, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 - 7 C 40.11 - NVwZ 2014, 524 Rn. 14). Diese Einschätzungsprärogative bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare dieser Art bei einer Verwirklichung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 a. a. O. Rn. 19).

2. Der Beklagte ist hier aufgrund seiner naturschutzfachlichen Bewertung zur Einschätzung gelangt, dass durch die Errichtung und den Betrieb der strittigen Windkraftanlagen der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verwirklicht würde.

In seiner Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 (dort S. 27) führt das Landratsamt Donau-Ries - untere Naturschutzbehörde aus, die drei geplanten Windkraftanlagen würden jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verursachen. Diese Einschätzung wurde nach Einwendungen der Klägerin in einer weiteren Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Juni 2015 aufrechterhalten und im vorliegenden Verfahren vom Beklagten aufgrund des aktuellen Erkenntnisstands bestätigt (vgl. Aktenvermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 14. April 2016). In der mündlichen Verhandlung führten die Vertreter der Naturschutzbehörden ebenfalls aus, dass im vorliegenden Fall die festgestellten Flugbewegungen sowie Gelände- und Habitat-Strukturen die Feststellung von durch den Rotmilan gemiedenen oder nur selten überflogenen Bereichen innerhalb des sogenannten Prüfbereichs 1 nicht zulassen würden. Damit wurde auf die „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA)“ (im Folgenden „Windkrafterlass Bayern“) vom 20.12.2011 (AllMBl 2012, S. 34) Bezug genommen, wonach in diesem Prüfbereich nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses um eine geplante Windkraftanlage von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist, wenn eine Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bezüglich der Individuen der betreffenden Arten nicht ergibt, dass der vorgesehene Windkraftanlagenstandort gemieden oder selten überflogen wird (S. 42). In einem Schreiben der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Mai 2016 heißt es zu einem von der Klägerin vorgelegten Maßnahmenkonzept zur Minimierung des Kollisionsrisikos für den Rotmilan zusammenfassend, für eine abschließende Beurteilung sei dieses Konzept entschieden zu unkonkret. Nach einer ersten groben Einschätzung sei nicht erkennbar, ob und wie ein Ausmaß an Vermeidungswirkung erzielt werden könne, welche das Tötungsrisiko unter die Erheblichkeitsschwelle absenken könne. Bezüglich einer aktualisierten Konzeptfassung vom 22./23. Mai 2016 erklärte der Vertreter der Regierung von Schwaben in der mündlichen Verhandlung, es sei sehr schwierig, in einem Fall wie dem vorliegenden mithilfe eines Ablenkungsflächenkonzepts Genehmigungsfähigkeit herzustellen. Ein Vertreter des Landesamtes für Umwelt führte aus, die im Konzept vorgeschlagenen Ablenkungsflächen lägen zu nahe an den Standorten der strittigen Windkraftanlagen, dies erscheine ihm zu riskant. Die Fachbeistände der Klägerin hätten nach seiner Einschätzung nicht aufgezeigt, wie gleichwohl eine Unterschreitung der Signifikanzschwelle bei der Gefährdung im Hinblick auf das Tötungsrisiko um einen besetzten Brutplatz erreicht werden könne.

3. Im Hinblick auf diese naturschutzfachlichen Beurteilungen der Naturschutzbehörden ist mit dem Landratsamt davon auszugehen, dass durch die Errichtung und den Betrieb der strittigen Windkraftanlagen WEA 1, WEA 2 und WEA 3 insbesondere in Bezug auf den Rotmilan ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verursacht würde. Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG war daher als Genehmigungshindernis (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beachten. Die Bewertung zur Frage, ob der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt ist, setzt die Ermittlung und die Bewertung der zuständigen Naturschutzbehörden unter Inanspruchnahme ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative voraus. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es im Hinblick auf diesen Beurteilungsspielraum verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der fachbehördlichen Einschätzung zu setzen (vgl. auch BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 Rn. 37). Im vorliegenden Fall ist die naturschutzbehördliche Einschätzung rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 näher dargelegt hat (Rn. 40 und 41), lassen sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben; sie hängen wesentlich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ab (BVerwG, B. v. 18.6.2007 - 9 VR 13.06 - Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 2 Rn. 20; U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 59). Der „Windkrafterlass Bayern“ konkretisiert Art und Weise der insoweit gebotenen Erhebungen näher. Die darin aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738).

b) Aufgrund der Nähe der strittigen Windkraftanlagenstandorte zu dem im April 2016 neu lokalisierten Rotmilan-Horst ist mit dem Landratsamt von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für diese Art auszugehen.

aa) Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war gegenüber dem Sachstand des die Genehmigungserteilung ablehnenden Bescheides vom 18. Juni 2015 insoweit eine neue Sachlage eingetreten, als mittlerweile ein Rotmilan-Horst lokalisiert worden war. Mit Schriftsatz vom 26. April 2016 legte der Beklagte einen Aktenvermerk des Landratsamtes Donau-Ries vom 14. April 2016 vor, demzufolge das Revierzentrum eines Rotmilans aufgrund weiterer Beobachtungen lokalisiert werden konnte; es liege nunmehr ein eindeutiger Beweis für einen besetzten Horst vor. Die gleichzeitige Anwesenheit von mindestens vier verschiedenen Rotmilanen im Bereich westlich bzw. nordwestlich von Wallerdorf bedeute ferner, dass sich in der Nachbarschaft entweder ein weiteres Rotmilan-Revier befinde oder zumindest weitere Rotmilane den Raum nutzten. Diese Feststellungen stimmen mit Zwischenergebnissen einer aktuellen Raumnutzungsanalyse des klägerischen Gutachters überein, die mit Stand vom 28. April und vom 18. Mai 2016 vorgelegt wurde. Danach wurde im Untersuchungsgebiet ein besetzter Rotmilanhorst festgestellt, der sich in einem Abstand von 600 m zum Anlagenstandort Nr. 1 (entspricht der Standortbezeichnung WEA 3 im Genehmigungsverfahren) sowie in einer Entfernung von 320 m bzw. 60 m zu den Standorten Nr. 2 (Standort WEA 2) und Nr. 3 (Standort WEA 1) befinde (vgl. Tabelle unter Nr. 2.2, S. 3 des Gutachtens vom 28.4.2016).

Ferner wurden aktuell im Rahmen einer Ortseinsicht durch die untere Naturschutzbehörde am 4. Mai 2016 Feststellungen zu einem weiteren Horstbereich auf dem Grundstück Fl.Nr. 300, Gemarkung W... getroffen, die auch nach Rücksprache mit der höheren Naturschutzbehörde als Brutnachweis zu werten sind. Diese naturschutzfachliche Bewertung wurde in der mündlichen Verhandlung erläutert und von der Klägerin nicht substantiiert infrage gestellt.

bb) Dem Windkrafterlass Bayern 2011 (dort S. 42) zufolge ist bei der Prüfung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG grundlegend zwischen Prüfbereichen bei Brutplätzen einerseits (Anlage 2 zum Windkrafterlass, dort Spalte 2) und Prüfbereichen zur Untersuchung von Nahrungshabitaten andererseits (Anlage 2, Spalte 3) zu unterscheiden. Ergibt die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bezüglich der Individuen der betreffenden Art in dem in Anlage 2 Spalte 2 angegebenen Prüfbereich nicht, dass die Windkraftanlage gemieden oder selten überflogen wird, ist in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Außerhalb der in Anlage 2 Spalte 2 genannten Abstände führt eine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate in der Regel nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich einer Anlage. Vielmehr müssen die Nahrungshabitate eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2 Spalte 3 darstellen, die regelmäßig über die Anlage angeflogen werden.

In der aktuell geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011 sieht der Windkrafterlass Bayern in Anlage 2 in Spalte 2 (Abstand Brutvorkommen zur WKA) für den Rotmilan einen Prüfbereich von 1.000 m, in Spalte 3 (Abstand für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate) einen Bereich von 6.000 m vor. Es ist davon auszugehen, dass sich mittlerweile ein von der derzeit geltenden Festlegung im Windkrafterlass abweichender allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durch die Festlegung eines Mindestabstands von 1.500 m für den Rotmilan durch die „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (Stand April 2015)“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) durchgesetzt hat (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 45). Im vorliegenden Fall liegen die drei geplanten Windkraftanlagenstandorte bereits innerhalb des in der bisherigen Fassung des Windkrafterlasses festgelegten engeren Prüfbereichs von 1.000 m zum nahe des Standorts WEA 1 gelegenen Rotmilanhorst. Der am 4. Mai 2016 festgestellte weitere Horst auf dem Grundstück Fl.Nr. 300 der Gemarkung W... würde nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lageplan in einem Abstand von rd. 1,3 km vom Standort WEA 3 entfernt und damit innerhalb des engeren Prüfbereichs dieses Standorts liegen.

Aus dem Wortlaut des Windkrafterlasses ergibt sich, dass innerhalb des engeren Prüfbereichs nach Anlage 2 Spalte 2 in der Regel mit höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten zu rechnen ist, die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zur Folge haben. Zwar ist diese Vermutung schon nach dem Wortlaut des Windkrafterlasses 2011 einem Gegenbeweis zugänglich, wenn stichhaltige Anhaltspunkte für eine Meidung oder einen seltenen Überflug einer Windkraftanlage vorliegen. Eine entsprechende substantiierte Darlegung stellt die dem Windkrafterlass zugrunde liegende allgemeine naturschutzfachliche Bewertung bei Unterschreitung des engeren Prüfbereichs in Frage. Es entspricht dann grundsätzlich pflichtgemäßem Ermessen (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG), den Sachverhalt unter Beachtung des Windkrafterlasses und der Abstandsempfehlungen der LAG VSW weiter aufzuklären (vgl. dazu näher BayVGH, U. v. 27.5.2016 - 22 BV 15.2003 -, auch zur Aufrechterhaltung dieser Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Abstandsempfehlungen der LAG VSW [Stand April 2015]).

cc) Es fehlen im vorliegenden Fall stichhaltige Anhaltspunkte dafür, dass es zur Vermeidung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für den Rotmilan ausnahmsweise nicht erforderlich sein könnte, den regelmäßigen Mindestabstand von 1.500 m zwischen dem Rotmilanhorst und den geplanten Windkraftanlagen einzuhalten. Eine weitergehende Ermittlung des Sachverhalts durch die Genehmigungsbehörde war damit zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht veranlasst.

In der mündlichen Verhandlung führten die Vertreter der Naturschutzbehörden aus, dass die festgestellten Flugbewegungen sowie Gelände- und Habitat-Strukturen die Feststellung von durch den Rotmilan gemiedenen oder nur selten überflogenen Bereichen innerhalb des engeren Prüfbereichs zum im April 2016 vom Gutachter der Klägerin festgestellten Horst nicht zulassen würden. Aus den bislang vorliegenden Erkenntnissen aus der von der Klägerin aktuell beauftragten Raumnutzungsanalyse ergeben sich keine gegenteiligen Hinweise zu den Flugbewegungen des dort ansässigen Brutpaares. Dem Gutachten vom 28. April 2016 zufolge (Tabelle 3, S. 4) wurden an drei Beobachtungstagen im April 2016 bei Standort WEA 1 insgesamt 23 Überflüge des Rotmilans in einer Höhe von unter 80 m, im Bereich des Standortes WEA 2 sieben Überflüge in diesem Höhenbereich festgestellt. Aufgrund der Nähe das Horststandortes sowie den erfassten Flugbewegungen ist nach Einschätzung des Gutachters von einem erhöhten Tötungsrisiko durch die Anlagen WEA 1 und WEA 2 auszugehen. Eine weitere Projektierung dieser Standorte wurde aus artenschutzrechtlichen Gründen nicht empfohlen. Entsprechend wurden die Standorte WEA 1 und WEA 2 in die Fortschreibung des Gutachtens vom 18. Mai 2015 nicht mehr einbezogen. Bezüglich der Anlage WEA 3 wurde zwar aufgrund der im April 2016 erfassten Flugbewegungen angenommen, dass die hauptsächliche Raumnutzung insbesondere in der Flughöhe zwischen 80 m und 200 m (Höhe der Rotorblätter) bisher außerhalb dieses Standortes stattfinde; bis zu diesem Zeitpunkt wurden an diesem Standort lediglich ein Flug des Rotmilans in einer Höhe von unter 80 m und ein weiterer Durchflug im Bereich zwischen 80 und 200 m festgestellt (vgl. Gutachten vom 28.4.2016, dort S. 4). Bei insgesamt sechs Beobachtungsterminen im April und Mai 2016 wurden jedoch am Standort WEA 3 insgesamt vier Durchflüge im Bereich unter 80 m und ein weiterer Flug im Bereich zwischen 80 und 200 m registriert. Der Gutachter geht derzeit davon aus, dass die Flugbewegungen des Brutpaares im Wesentlichen um den unmittelbaren Horststandort sowie nach Norden, Osten und Südosten sowie Westen stattfinden. Nach Süden und Südosten hätten bisher nur wenige Flüge festgestellt werden können (Gutachten vom 18.5.2016, Seite 2). Die Klägerin hat nicht konkret dargelegt, inwieweit trotz dieser festgestellten Flugbewegungen stichhaltige Anhaltspunkte für eine Meidung oder einen nur seltenen Überflug der von ihr geplanten, nordwestlich des Rotmilanhorstes gelegenen Windkraftanlagenstandorte gegeben wären. Der Verwaltungsgerichtshof vermag derartige Anhaltspunkte auch nicht anderweitig festzustellen. Die Klägerin hat lediglich behauptet, die Errichtung und der Betrieb der Windkraftanlage Nr. 1 (entspricht der Bezeichnung WEA 3) sei bei dem zusätzlichen Einsatz des vom Gutachter vorgeschlagenen Maßnahmenkonzepts zur Minimierung des Kollisionsrisikos (vgl. dazu unten c)) für den Rotmilan ohne Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes möglich (vgl. Schriftsatz vom 2.5.2016, S. 1). Gegen eine Meidung des Gebiets der drei strittigen Windkraftanlagen spricht ferner auch die Annahme des klägerischen Gutachters, dass in der Zeit von Mai bis Juli das Untersuchungsgebiet keine ausreichende Nahrung bietet und das Tal der Kleinen Paar im Westen sowie das Haselbach-/Krebsbachtal im Nordosten mit einem höheren Grünlandanteil offenbar intensiver genutzte Nahrungsräume seien (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, dort unter 4.2, S. 7). Gerade auch vor diesem Hintergrund spricht nichts dafür, dass keine Flugbeziehungen zwischen dem Rotmilanhorst und dem Tal der Kleinen Paar bestehen würden.

Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme, lagen zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Standort WEA 3 trotz seiner Lage im engeren Prüfbereich (1.500 m-Radius) des am 4. Mai 2016 festgestellten weiteren Rotmilan-Horstes auf dem Grundstück FlNr. 300 der Gemarkung W... bezüglich von diesem Horst ausgehender Flugbewegungen gemieden oder selten überflogen würde. Auch insoweit dürfte derzeit von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch die Errichtung und den Betrieb der am Standort WEA 3 vorgesehenen Windkraftanlagen auszugehen sein.

c) Die Klägerin hat hier kein schlüssiges, prüffähiges Vermeidungskonzept vorgelegt, das eine naturschutzfachliche Bewertung der Naturschutzbehörden im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative erfordern würde.

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es Sache des Anlagenbetreibers ist, zur Verwirklichung seines Vorhabens ein prüffähiges und schlüssiges Vermeidungskonzept vorzulegen, und Sache der Genehmigungsbehörde, dieses unter Inanspruchnahme ihrer Einschätzungsprärogative zu bewerten. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV sind dem Antrag (auf Genehmigung) die Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV sind, falls wie hier die Zulässigkeit des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz zu prüfen ist, die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen. Diese Unterlagen müssen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV insbesondere Angaben über Maßnahmen zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen der Natur enthalten. Die Klägerin hat kein prüffähiges und schlüssiges Vermeidungskonzept vorgelegt.

Der Gutachter der Klägerin hat hier mögliche Vermeidungsmaßnahmen zunächst lediglich in Bezug auf den Windkraftanlagenstandort WEA 3 vorgelegt. Das wird u. a. durch die Karte „Maßnahmenkonzept Rotmilan“ vom 28. April 2016, in der die Windkraftanlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 nicht verzeichnet sind, sowie die Empfehlung zur Beendigung der Projektierung dieser beiden Standorte bestätigt. Diese zwei Standorte lägen nach dem Maßnahmenkonzept in unmittelbarer Nähe der vorgeschlagenen „optimierten Nahrungshabitate“, welche der Rotmilan verstärkt anfliegen soll. Auch die Klägerin geht davon aus, dass durch diese Maßnahmen die Überschreitung der Signifikanzschwelle allenfalls bei dem weiter entfernten Standort WEA 3 ausgeschlossen werden kann, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat (vgl. Niederschrift S. 3).

Wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist die Anlage bestimmter Ablenkungsflächen. Die Eignung der vorgeschlagenen Flächen setzt u. a. voraus, dass diese für diesen Zweck langfristig gesichert sind. Entsprechendes gilt für Flächen im Umgriff der geplanten Windkraftanlagen, um eine für den Rotmilan unattraktive Gestaltung dieses Bereichs umzusetzen, wie sie im Maßnahmenkonzept beinhaltet ist. Die untere Naturschutzbehörde hat in ihrer Stellungnahme vom 17. Mai 2015 ausgeführt (S. 4), dass für die Betriebsdauer der Windkraftanlagen nachgewiesen werden müsste - z. B. durch entsprechend langfristige Nutzungsverträge, eine grundbuchmäßige Sicherung oder dergleichen -, dass ein ausreichendes Maß an Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen in einem Mindestareal um eine Windkraftanlage und in jedem Jahr zum Tragen komme. Die hier zur Optimierung als Nahrungshabitate vorgesehenen Flächen befänden sich nach den dortigen Feststellungen der unteren Naturschutzbehörde im Eigentum Dritter. In welchem Umfang derartige Nachweise verlangt werden können, kann offen bleiben. Vorliegend wurden überhaupt keine Nachweise vorgelegt. Die Klägerin hat nicht konkret vorgetragen, ob und gegebenenfalls in welcher Form die langfristige Nutzung der hierzu vorgesehenen Flächen in rechtlicher Hinsicht gewährleistet wird. Sie hat vielmehr lediglich pauschal ihre Bereitschaft erklärt, die vom Gutachter vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen (Schriftsatz vom 2.5.2016, S. 2). Zwar hat die Klägerin im Verfahren 22 BV 15.2003 konkreter erklärt, die betreffenden Flächen befänden sich komplett in Bewirtschaftung ihrer Vertragspartner. Dies ist aber nicht ausreichend zur Sicherstellung von Vermeidungsmaßnahmen eines anderen Vorhabenträgers, nämlich der Klägerin im vorliegenden Verfahren. Vielmehr muss jeder Vorhabenträger grundsätzlich ein gesondertes Verfügungsrecht nachweisen. Insbesondere kann der Fall eintreten, dass die Windkraftanlagen des anderen Vorhabenträgers und damit auch die von ihm vertraglich abgesicherten Vermeidungsmaßnahmen nicht realisiert werden (können).

Unabhängig hiervon ist die vorgeschlagene Vermeidungsmaßnahme der Schaffung von Ablenkungsflächen auch inhaltlich nicht schlüssig. Das Landratsamt hat diese Maßnahme für den vorliegenden Fall unter Wahrung der Grenzen seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative als nicht ausreichend angesehen.

Der Vertreter des Landesamtes für Umwelt hat in der mündlichen Verhandlung geäußert, die Ablenkungsflächen würden im vorliegenden Fall zu nahe an den Standorten der strittigen Windkraftanlagen liegen; dies erscheine ihm zu riskant. Dies ist im Falle der Standorte WEA 1 und WEA 2 offensichtlich; auch der Standort WEA 3 befindet sich jedoch nach der Darstellung in der Karte „Maßnahmenkonzept Rotmilan“ vom 28. April 2016 nur ca. 400 m vom westlichen Rand der optimierten Nahrungshabitate entfernt. Die Flächen in einem Umkreis von 300 m um den Mastfuß der Anlage WEA 3, in der die Bodennutzung nach dem Vorschlag des Gutachters für den Rotmilan möglichst unattraktiv gestaltet werden soll (Gutachten vom 20.4.2016,S. 5), würden damit nahe an Ablenkungsflächen heranreichen, die im Gegensatz dazu den Rotmilan möglichst in diese Richtung ziehen sollen. Der klägerische Gutachter geht zudem davon aus, dass Ablenkungsflächen möglichst so lokalisiert werden sollen, dass die Tiere auf dem Weg vom Horst zu den Ablenkungsflächen die geplanten Windkraftanlagen nicht überfliegen und die Ablenkungsflächen außerhalb eines 1.000 m-Radius um die Windkraftanlagen liegen (Gutachten vom 28.4.2016, dort S.6). Diese fachlichen Kriterien für die Flächenauswahl orientieren sich an den „Hinweisen zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 (dort Nr. 9.17.2. - „Hinweise zur Bemessung von Vermeidungsmaßnahmen für den Rotmilan“). Die vorgeschlagenen Ablenkungsflächen werden diesen Anforderungen jedoch nicht gerecht.

Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des Landesamtes für Umwelt resümierte nach den klägerischen Ausführungen, es sei nicht aufgezeigt worden, wie mit Hilfe der Anlage der Ablenkungsflächen eine Unterschreitung der Signifikanzschwelle bei der Gefährdung erreicht werden könne; es gehe bei dieser Aussage ausschließlich um das Tötungsrisiko um einen besetzten Brutplatz. Diese naturschutzfachliche Einschätzung erscheint dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Äußerungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Vorhabens der Klägerin naturschutzfachlich zumindest vertretbar. Durch die Erläuterungen der Klägerin wurde nicht nachvollziehbar, weshalb gerade die vorgeschlagenen Flächen für den Standort WEA 3 geeignet sein sollen. Dies gilt zum einen im Hinblick auf die sehr deutliche Unterschreitung des empfohlenen Mindestabstands von 1.000 m zwischen Windkraftanlage und Horst um mehr als die Hälfte. Zum anderen ist angesichts der vorgenannten fachlichen Kriterien offensichtlich, dass die ablenkende Wirkung der vorgeschlagenen Flächen im Hinblick auf die Lage zum Horst einerseits und den Standort WEA 3 andererseits nach den oben genannten fachlichen Kriterien nicht effektiv ist. Zwar liegt dieser Standort nicht im Flugkorridor zwischen Horst und Ablenkungsflächen. Wird jedoch vom Horst aus der nordwestliche Teil der Ablenkungsflächen angesteuert, so liegt der Standort WEA 3 in einer Verlängerung der Flugroute. Es liegt auf der Hand, dass sich hieraus - gerade auch in Verbindung mit der geringen weiteren Flugdistanz von ca. 400 m - die Gefahr von Flügen über die Ablenkungsflächen hinaus in Richtung der geplanten Windkraftanlage ergibt.

Im Übrigen betreffen die vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen nicht ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf den am 4. Mai 2016 neu festgestellten Rotmilan-Horst. Der Standort WEA 3 liegt vielmehr gerade in einem Flugkorridor von dem nordwestlich gelegenen Horst in südöstlicher Richtung zu den geplanten Ablenkungsflächen.

4. Der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand kann auch nicht durch Erteilung einer Ausnahme (§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) überwunden werden. Der Vertreter der höheren Naturschutzbehörde hatte in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass aus seiner Sicht jedenfalls diejenige Voraussetzung des Ausnahmetatbestands, wonach sich durch das Vorhaben der Klägerin der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten nicht verschlechtern darf (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG), nicht vorliegt. Die Prüfung der naturschutzfachlichen Voraussetzungen einer Ausnahmeerteilung unterliegt wiederum der behördlichen Einschätzungsprärogative (BVerwG, U. v. 23.4.2014 - 9 A 25/12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 116). Die vorgenommene Bewertung durch die Naturschutzbehörden begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Regierung von Schwaben - höhere Naturschutzbehörde ausgeführt, es sei zu befürchten, dass im Falle einer Tötung des Rotmilan-Brutpaares, das den neu aufgefundenen Horst besiedelt habe, ein weiteres Brutpaar den dann verwaisten Horst in Besitz nehmen würde, so dass es in der Folge zu weiteren Opfern kommen würde. Es sei darauf hinzuweisen, dass im 6 Kilometer-Umkreis um die strittigen Windkraftanlagen vier weitere Rotmilan-Horste nachgewiesen seien; dies ergebe sich aus der Artenschutzkartierung Bayern sowie aus Erkenntnissen im Zusammenhang mit einem weiteren Genehmigungsverfahren. Diese Horststandorte waren auch bereits in der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 (dort Grafik auf S. 15) zugrunde gelegt worden. Die bei einer Ortseinsicht durch einen Mitarbeiter des Landratsamtes Donau-Ries gemachten Beobachtungen würden zudem einen ausreichenden Brutnachweis für den Rotmilan in einem weiteren Bereich ergeben. In der Artenschutzkartierung seien allerdings möglicherweise Horste verzeichnet, die vor etwa 10 bis 15 Jahren festgestellt worden sein. Wenn es darauf ankomme, müsse das Bestehen dieser Horste sicherlich überprüft werden. Es könne aber auch genügen, dass lediglich der Nachweis eines Rotmilan-Reviers geführt werde. Bei genauerer Überprüfung würde man allerdings mit Sicherheit den bisher aktenkundigen Zustand verifizieren, eher noch einen zusätzlichen Rotmilan-Horst bzw. ein zusätzliches Rotmilan-Revier feststellen können.

Diese Bewertung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zwar als sachlich nicht begründbar bezeichnet. Sie ist jedoch gerade auch im Hinblick auf die „Arteninformationen zu saP-relevanten Arten“ des Landesamtes für Umwelt, auf die der Windkrafterlass Bayern auf Seite 39 unter Angabe der Fundstelle im Internet (http://www.lfu.bayern.de/natur/sap/index.htm) verweist, schlüssig. Danach sind reich strukturierte Landschaften wie die Rhön oder die Iller-Lech-Schotterplatten in Bayern Schwerpunkte der Ansiedlung des Rotmilans. Der Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte gehört zum zweitgenannten Landschaftsraum. Entsprechend ist in den vorgenannten Arteninformationen in der Fundkarte zum Rotmilan unter anderem in dieser Region eine erhöhte Zahl von Nachweisen des Rotmilans verzeichnet (Zeitraum ab 1980 bis zum letzten Daten-Import am 23.2.2016). Auch nach dem Windkrafterlass Bayern 2011 (S. 41) sind diese Verbreitungsdaten in der Arbeitshilfe des Landesamtes für Umwelt Grundlage zur Feststellung der aktuell im Gebiet vorkommenden relevanten Arten. Dem ist zu entnehmen, dass in einer Region über einen längeren Zeitraum hinweg gewonnene Funde eine Einschätzung zu Siedlungsschwerpunkten erlauben, trotz einer möglicherweise gewissen Schwankungsbreite in der Anzahl der genutzten Horste. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass die höhere Naturschutzbehörde bei ihrer Einschätzung zu einer Mehrzahl von Rotmilan-Revieren im Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte auch Angaben aus der Artenschutzkartierung herangezogen hat. Im Übrigen betrifft die zur Prüfung des Ausnahmetatbestandes erforderliche Prognose über eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands der betreffenden Population der Art durch das Vorhaben einen längerfristigen Zeithorizont. Es ist daher einleuchtend, wenn die Naturschutzbehörden hierbei nicht allein auf einen momentanen Sachstand, sondern auch auf über einen längeren Zeitraum hinweg gewonnene Erkenntnisse abstellen, denen aus ihrer Sicht eine Aussagekraft für eine längerfristige Prognose zukommt.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist die Bewertung der Naturschutzbehörden nachvollziehbar, wonach infolge der Realisierung des klägerischen Vorhabens eine Beeinträchtigung der Population des Rotmilans zu erwarten wäre. Aufgrund der Mehrzahl von Rotmilan-Horsten in der näheren Umgebung der Vorhabenstandorte ist von einer hohen Verlustquote auszugehen, da bei Tötung des am neu lokalisierten Horst-Standort brütenden Paares weitere Rotmilane auf diesen Standort nachrücken würden und damit gleichermaßen gefährdet wären. Derartige kumulierende Effekte können sich auch nach den Feststellungen der LAG VSW (vgl. Abstandsempfehlungen vom April 2015, dort Nr. 4) mittelfristig großräumig und damit auf der Ebene von Populationen auszuwirken (vgl. hierzu auch BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 75). Zudem haben junge Brutvögel einen geringeren Bruterfolg als ältere, weshalb Neuverpaarungen nach dem Verlust von erfahrenen Altvögeln mit reduziertem Bruterfolg einhergehen. Der Verlust eines Partners kann über mehrere Jahre den Bruterfolg eines Reviers absenken (vgl. Abstandsempfehlungen vom April 2015, dort Nr. 5 zum Rotmilan). Es liegt im Rahmen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative, wenn die höhere Naturschutzbehörde bei der Bewertung der Gefahr des Nachrückens weiterer Brutpaare Horststandorte in einem Radius von 5 km mit berücksichtigt.

Die besondere Relevanz von Verlusten aufgrund einer relativen Dichte von Brutplätzen wird im Übrigen auch in den vom klägerischen Gutachter wiederholt zitierten „Hinweisen zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 naturschutzfachlich begründet. In diesem Leitfaden (Nr. 5.2.2, S. 25) wird davon ausgegangen, dass die Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustands möglich ist, wenn der Schutz der betreffenden Quellpopulationen im Land (Gebiete mit hoher Siedlungsdichte, „Dichtezentren“) gewährleistet wird und dadurch Individuenverluste ausgeglichen werden, die außerhalb der Dichtezentren eintreten. In den Dichtezentren dürfen diesem Leitfaden zufolge dagegen Ausnahmen vom Tötungsverbot nicht zugelassen werden. Auch in den Abstandsempfehlungen der LAG VSW (Nr. 4) wird empfohlen, dass Kerngebiete einer überdurchschnittlichen Siedlungsdichte (Dichtezentren) der relevanten Vögel von Windkraftanlagen freigehalten werden sollten. Die in den Dichtezentren lebenden Bestände sollten ihre Funktion als Quellpopulationen, in denen in der Regel ein Überschuss an Nachwuchs produziert wird, erhalten können. Ungeachtet der Frage, ob im vorliegenden Fall naturschutzfachlich ein solches Dichtezentrum angenommen werden könnte, spricht dieser Gesichtspunkt angesichts der Mehrzahl von Horsten im Vorhabengebiet zumindest zusätzlich für eine Gefährdung einer Population.

II. Weiter steht der Klägerin ein Genehmigungsanspruch für die Errichtung und den Betrieb der drei strittigen Windkraftanlagen auch nicht zu, soweit sie in der mündlichen Verhandlung hilfsweise eine Betriebszeitbeschränkung als Vermeidungsmaßnahme angeboten hat.

Es fehlt insoweit bereits eine schlüssige fachliche Darlegung, inwieweit trotz der Lage der strittigen Windkraftanlagenstandorte innerhalb des Prüfbereichs nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses um den Brutplatz des Rotmilans ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszuschließen wäre, wenn im Zeitraum vom 16. März bis 31. August eines jeden Jahres der Betrieb von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang unterbleiben würde. Wie bereits oben (I.3.c)aa) ausgeführt, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass es Sache des Anlagenbetreibers ist, zur Verwirklichung seines Vorhabens ein prüffähiges und schlüssiges Vermeidungskonzept vorzulegen, und Sache der Genehmigungsbehörde, dieses unter Inanspruchnahme ihrer Einschätzungsprärogative zu bewerten. Die der angebotenen Betriebszeitbeschränkung zugrundeliegende Annahme, dass ein Aufenthalt des Rotmilans im Vorhabengebiet außerhalb dieses Zeitraums auszuschließen sei, ist im Hinblick auf die allgemeine naturschutzfachliche Erkenntnislage nicht zutreffend.

Die Klägerin legt bei ihrem Vorschlag möglicherweise unter anderem eine Aussage in der gutachterlichen Stellungnahme vom 7. April 2015 (dort S. 4 unten bis S. 5) zugrunde, wonach von einer „durchschnittlichen Aufenthaltszeit“ des Rotmilans im Brutrevier von 150 Tagen im Zeitraum vom 15. März bis 15. August auszugehen sei. Bereits diese Aussage schließt jedoch die Anwesenheit des Rotmilans im Brutrevier außerhalb dieses Zeitraums nicht aus. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben dargelegt, dass die Ankunft des Rotmilans am Brutplatz bereits ab Mitte Februar erfolgt (vgl. Nachtrag 2014 zur saP vom 6.10.2014, dort S. 23; Stellungnahme vom 7.4.2015, dort S. 16). Weiter geht der von der Klägerin beauftragte Gutachter offensichtlich davon aus, dass jedenfalls bis 15. September Rotmilane im Vorhabengebiet anzutreffen sind. Entsprechend wurde im Rahmen des Maßnahmenkonzepts vorgeschlagen, die geplanten Anlagen bei bestimmten Bewirtschaftungsmaßnahmen in deren Umgebung in der Zeit vom 1. März bis 15. September von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang am Bearbeitungstag und innerhalb der folgenden drei Tage abzuschalten (Gutachten vom 28.4.2016, S. 6).

Die von der Klägerin vorgeschlagene Betriebszeitbeschränkung unterschreitet signifikant die in den vorhandenen Regelwerken und Empfehlungen vorgeschlagenen saisonalen Abschaltzeiträume, ohne dass insofern eine naturschutzfachliche Begründung angedeutet wurde. In den von der Klägerin in Bezug genommenen „Hinweisen zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 (dort Nr. 9.17.2. - „Hinweise zur Bemessung von Vermeidungsmaßnahmen für den Rotmilan“) wird weitergehend eine Abschaltung während der Bewirtschaftungsmaßnahmen im Umkreis von 300 m um die Windkraftanlage im Zeitraum vom 1. März bis 31. Oktober empfohlen. Diese Angaben entsprechen im Wesentlichen auch den „Arteninformationen zu saP-relevanten Arten“ des Landesamtes für Umwelt. In diesen wird zum Rotmilan unter der Zwischenüberschrift „Phänologie“ ausgeführt, die Ankunft dieser Vogelart im Brutgebiet finde im „(Februar) März“, der Wegzug im Oktober statt; in milderen Gebieten werde „regelmäßig“ auch überwintert. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 (Rn. 84) ausgeführt hat, stellen sich diese Arteninformationen als allgemeiner, gesicherter Stand des vogelkundlichen Wissens dar. Der Windkrafterlass Bayern „inkorporiert“ diese Unterlagen gleichsam durch Verweisung, welche dadurch an seinem Charakter als „antizipiertem Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738) teilnehmen. Eine Einstufung dieser vom Landesamt für Umwelt herausgegebenen Arbeitshilfe als Erkenntnismittel von besonderer Zuverlässigkeit erscheint ferner deshalb gerechtfertigt, weil die darin enthaltenen Hinweise nach der Darstellung in Abschnitt 9.4 des Windkrafterlasses Bayern durch ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 29. April 2011 (Az.: 62g-U8640.0-2008/16-32) als für alle Naturschutzbehörden verbindlich erklärt wurden. Diese Wirkung erstreckt sich zwar nicht auf die Gerichte. Der hohe Stellenwert, der der „Arbeitshilfe“ und den in ihr in Bezug genommenen Informationsquellen nach dem Willen der zuständigen obersten Landesbehörden für den Gesetzesvollzug durch die Verwaltungsbehörden zukommen soll, bildet jedoch ein Indiz dafür, dass den darin enthaltenen Aussagen aus fachlicher Sicht erhebliches Gewicht für die Gewinnung artenschutzrechtlich zutreffender Ergebnisse beizumessen ist. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Genehmigungsbehörde unter Wahrung der Grenzen ihrer Einschätzungsprärogative hiervon zugunsten der Klägerin abweichen könnte.

Die von der Klägerin konzedierte Betriebszeitenbeschränkung greift danach unter „saisonalem“ Blickwinkel deutlich zu kurz. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin die von ihr geplanten Windkraftanlagen mindestens während dreier Monate (Februar, September und Oktober), in denen ebenfalls konkret mit der Anwesenheit von Rotmilanen im Vorhabengebiet gerechnet werden muss, auch tagsüber betreiben möchte, ist bereits nicht schlüssig, weshalb das Tötungsrisiko für den Rotmilan wegen einer von Mitte März bis Ende August tagsüber vorzunehmenden Abschaltung unter die nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG maßgebliche Erheblichkeitsschwelle sinken sollte.

Abgesehen davon enthält die vorgeschlagene Betriebszeitenregelung Einschränkungen, die ihre Effektivität zusätzlich mindern. Die Abschaltung einer Anlage zur Tagzeit soll erst dann erfolgen, wenn eine „Rotmilanbrut“ in einem Umkreis von 1.000 m, hilfsweise 1.500 m um die drei strittigen Windkraftanlagenstandorte festgestellt wurde. Es ist bereits nicht erkennbar, warum nur der Fund eines bereits bebrüteten Horsts die Betriebsbeschränkung rechtfertigen soll. Von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ist nach den Vorgaben des Windkrafterlasses generell in diesem Radius um einen Brutplatz auszugehen. Dies setzt (nur) einen aktuell genutzten Horst voraus. Hintergrund sind vielfältige Aktivitäten (z. B. Balz, Nestbau) vor der Brutzeit von März bis Juli und ein Territorialverhalten nicht nur während der Brutzeit (vgl. Windkrafterlass S. 43). Gerade auch die Nestfindungsphase und die Zeit der Eiablage sind nach den oben genannten Arteninformationen zum Rotmilan sensible Phasen, in der Störungen zu einer Gefährdung dieser Art beitragen. Im Übrigen erscheint die vorgeschlagene Betriebsbeschränkung nach einem „Brutfund“ auch deshalb nicht als effektiv, weil der Rotmilan sich möglicherweise bereits lange vor einem geglückten Fund angesiedelt und auch gebrütet hat; einer Gefährdung könnte deshalb nicht zuverlässig rechtzeitig vorgebeugt werden. Auch insofern ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Genehmigungsbehörde unter Wahrung der Grenzen ihrer Einschätzungsprärogative hiervon zugunsten der Klägerin abweichen könnte.

III. Die Klägerin kann schließlich nicht beanspruchen, dass der Beklagte erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs über den Genehmigungsantrag betreffend die geplanten Windkraftanlagen WEA 1, WEA 2 und WEA 3 entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Wie unter I. ausgeführt, stehen einem Genehmigungsanspruch zwingende Rechtsgründe entgegen; die Ablehnung der begehrten Genehmigung ist nicht rechtswidrig. Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 5 VwGO sind nicht gegeben.

IV. Der Feststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog betreffend eine etwaige Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides vom 18. Juni 2015 im Hinblick auf einen bis zum 31. Januar 2016 bestehenden Genehmigungsanspruch für die geplanten Windkraftanlage WEA 3 ist bereits unzulässig.

Eine Wiederholungsgefahr, die ein Feststellungsinteresse der Klägerin begründen könnte, ist nicht im Hinblick auf ein mögliches weiteres immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren betreffend weitere geplante Windkraftanlagen im Umfeld der streitgegenständlichen Vorhaben gegeben. Die Klägerin hat bereits nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass sie einen entsprechenden Genehmigungsantrag gestellt hätte oder zu stellen beabsichtigen würde. Ferner kommt ein Feststellungsinteresse auch nicht im Hinblick auf mögliche Amtshaftungsansprüche der Klägerin in Betracht. Derartige Ansprüche sind bereits deshalb offensichtlich ohne Erfolgsaussichten, da das Verwaltungsgericht in erster Instanz als Kollegialgericht das Bestehen des geltend gemachten Genehmigungsanspruchs aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung verneint hat (BVerwG, U. v. 17.10.1985 - 2 C 42/83 - NVwZ 1986, 468 m. w. N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

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(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen.

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(1) Von den Besitzverboten sind, soweit sich aus einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 5 nichts anderes ergibt, ausgenommen 1. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten, die rechtmäßig a) in der Gemeinschaft gezüchtet und nicht herrenlos g

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(1) Zoos sind dauerhafte Einrichtungen, in denen lebende Tiere wild lebender Arten zwecks Zurschaustellung während eines Zeitraumes von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden. Nicht als Zoo gelten 1. Zirkusse,2. Tierhandlungen und3. Gehege z

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 13. Feb. 2017 - 22 B 13.1358

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Tenor I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 23. Apr. 2014 - 9 A 25/12

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Tatbestand 1 Die Kläger, zwei in Hessen anerkannte Naturschutzvereine, wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. Mai 2012 für den Neubau der
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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Der Streitwert wird auf 7.500

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2017 - 22 ZB 17.1033

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Die Beigeladene zu 2 trägt ihre au

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 30. Juni 2017 - 22 B 15.2365

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Tenor I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. März 2015 und der Bescheid des Landratsamts Ansbach vom 15. August 2014 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 24. Februar 2015 werden insoweit aufgehoben, al

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 27. Mai 2016 - 22 BV 15.2003

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Tenor I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 wird geändert. II. Der Bescheid des Landratsamtes Donau-Ries vom 5. März 2015 wird aufgehoben, soweit darin die Erteilung einer immissionssc

Referenzen

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 4 K 13.567

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 2. Juli 2015

4. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen (abgelehnt); Kollisionsgefährdete Vogelarten (Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard, Baumfalke); Signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos; Behördliche Einschätzungsprärogative; Heranziehung von umfangreichen Beobachtungen von Bürgern zusätzlich zu vom Betreiber vorgelegten Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass; Annahme von Horsten bzw. Revierzentren aufgrund von Indizien; Folge einer Unterschreitung des „engeren“ Prüfbereichs nach dem Windkrafterlass; Geeignetheit von Nahrungshabitaten nach Maßgabe des Windkrafterlasses; Keine „Berechnung“ des Tötungsrisikos an Hand einer „Formel“; Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahmen vom Betreiber konkret aufzuzeigen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagter -

beigeladen: ...

bevollmächtigt: ...

wegen Vollzugs des Bundesimmissionsgesetzes (Windpark ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 4. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 2. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windenergieanlagen.

Mit Antrag vom 5. April 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 (Nabenhöhe: 138,38 m; Rotordurchmesser: 82 m; Gesamthöhe: 179,38 m) auf den Fl.Nrn. ... und ... der Gemarkung ...

Den Antragsunterlagen war ein Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung beigefügt. Darin wurde ausgeführt, dass zu den prüfungsrelevanten Vogelarten im Radius von rund 200 m, 500 m und 1.000 m um das Vorhaben u. a. der Rotmilan gehöre. Dieser wurde mit dem Status „N“ gekennzeichnet, d. h. „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der näheren Umgebung“. Erhebungen hätten keinen Brutplatz des Rotmilans ergeben, weder im engeren Untersuchungsgebiet (1 km-Umgriff), noch bei den weiteren Waldgebieten bzw. Gehölzen in der näheren Umgebung. Dagegen werde stark ein Revierzentrum weiter im Nordosten wegen wiesenreicher Talgründe vermutet (Mindestentfernung rund 3 km). Das Gebiet befinde sich noch innerhalb des 6 km-Prüfkorridors hinsichtlich wichtiger Nahrungshabitate. Zwar träten auch im Gebiet westlich ... gelegentlich jagende Milane auf, doch stehe die pessimale Qualität der dortigen Agrarlandschaft in keinem Verhältnis zu dem genannten Gebiet weiter nordöstlich. Der Vorhabensbereich liege randlich dieses Territoriums. Ein regelmäßiges Aufsuchen von Feldfluren bei den geplanten Windkraftanlagen könne daher keinesfalls bestätigt werden und sei auch nicht zu erwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision sei letztlich sehr gering einzuschätzen und in jedem Fall nicht signifikant.

Als für die Prüfung auszuschließen wurden u. a. der Wespenbussard und der Schwarzmilan bezeichnet. Bezüglich des Wespenbussards gebe es keinerlei Hinweise auf ein Territorium im Vorhabensbereich. Der Schwarzmilan sei auf Gewässergebiete angewiesen, letztlich sei also der Vorhabensbereich ohne Bedeutung für die Art. Ein gelegentliches Erscheinen im weiteren Umfeld sei möglich. Bezüglich des Baumfalken wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 keine Bestätigung eines Vorkommens im näheren Umgriff des Vorhabens erfolgt sei. Nach amtlichen Angaben lägen die nächsten Brutvorkommen in ca. 6 bis 10 km Entfernung.

Mit Schreiben vom 25. Mai 2012 teilte die Beigeladene dem Beklagten mit, dass der Antrag ihrer Auffassung nach noch nicht vollständig sei und damit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Damit hätten auch die Fristen des BauGB zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens noch nicht zu laufen begonnen. Hilfsweise werde die Zurückstellung der Vorhaben nach § 15 Abs. 3 BauGB beantragt, da sie dem Inhalt des laufenden Verfahrens für die Änderung des Flächennutzungsplanes (Festlegung von Konzentrationsflächen für Windkraft) widersprächen.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. März 2013 stellte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin längstens für ein Jahr ab Zustellung gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB zurück.

Am 22. April 2013 ließ die Klägerin die vorliegende Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben.

Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt: Die Klage sei gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig. Die Frist zur Entscheidung über einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag betrage im vereinfachten Verfahren gemäß § 10 Abs. 6a BImSchG längstens 3 Monate. Nunmehr stelle der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Basis eines mehr als 10 Monate alten Antrags der Beigeladenen zurück.

Die Klage sei auch begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Genehmigung habe. Die Antragsunterlagen seien vollständig und ausreichend.

Auf den ferner von der Klägerin gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 2. August 2013 (Au 4 S 13.909) die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 wieder her. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 (22 CS 13.1760) wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg zurück.

Mit Bescheid vom 7. März 2014 hob der Beklagte den Zurückstellungsbescheid vom 27. März 2013 auf. Nach insoweit erfolgter Teilerledigungserklärungen aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. April 2014 von dem vorliegenden Verfahren das Verfahren betreffend den Zurückstellungsbescheid abgetrennt, dieses unter dem Aktenzeichen Au 4 K 14.511 fortgesetzt und sogleich eingestellt.

Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2014 hatte die Klägerin im Hinblick auf die Aufhebung des Zurückstellungsbescheids nur noch beantragt, den Beklagten zur Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu verpflichten.

Hinsichtlich dieses Verpflichtungsantrags hatte der Beklagte mit Schriftsatz vom 21. März 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die erhobene Untätigkeitsklage sei derzeit unzulässig, da ein sachlicher Grund bestehe, nicht über den Antrag der Klägerin zu entscheiden. Der Beklagte habe die Klägerin bereits zwei Mal auf die Notwendigkeit einer Ergänzung der artenschutzrechtlichen Prüfung hingewiesen. Zwischenzeitlich sei im Genehmigungsverfahren bezüglich drei Windenergieanlagen bei ... von Einwendern sehr umfangreiches und fundiertes Material vorgelegt worden. Dieses deute auf ein erheblich intensiveres Artenvorkommen, vor allem des Rotmilans und des Steinadlers, im direkten Umfeld des geplanten Baufeldes hin. Daher werde das Vorhaben zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht genehmigungsfähig gehalten. Es bestehe die Möglichkeit, die Genehmigungsbehörde mit einem ergänzenden Gutachten davon zu überzeugen, dass keine artenschutzrechtlichen Versagungsgründe vorlägen.

Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. April 2014, die artenschutzrechtlichen Fragen seien durch die von ihr vorgelegten Gutachten abschließend geklärt. Der Beklagte nehme nunmehr ungeprüfte Behauptungen einer Bürgerinitiative gegen Windkraftanlagen zum Anlass, weitere Unterlagen zur artenschutzrechtlichen Situation zu verlangen, obwohl die Datengrundlage und die Schlussfolgerungen der Bürgerinitiative fachlich als fragwürdig einzuschätzen seien. Gleichwohl habe sich die Klägerin entschieden, ein ergänzendes artenschutzrechtliches Gutachten in Auftrag zu geben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern.

Im Einverständnis aller Beteiligten wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 bat die Klägerin darum, das Verfahren wieder aufzunehmen und legte folgende Unterlagen vor: Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, Nachtrag 2014; Landschaftspflegerischer Begleitplan - Nachtrag; Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten; Ergebnisprotokoll Horstkontrolle.

Das Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Nachtrag 2014 führte in Bezug auf den Rotmilan Folgendes aus: Die Behauptung Ortsansässiger, aufgrund ihrer Beobachtungen seien im weiteren Umgriff der Anlagen zwei sichere und zwei mögliche Revierzentren vorhanden, sei angesichts des engen Beieinanderliegens der vermeintlichen Horststandorte (einmal rund 2 km, ansonsten höchstens ca. 1 km) mehr als fraglich. Zudem hätten die Ortsansässigen bei ihren Beobachtungen in dem relativ kleinen Landschaftsausschnitt im Falle mehrerer Paare wiederholt drei bis vier Milane sichten müssen. Es sei aus Sicht der Gutachter derzeit völlig unklar, wo sich ein Rotmilanhorst befinden solle. Das Untersuchungsgebiet werde offenbar lediglich von nahrungssuchenden Individuen beflogen, wobei die Landschaft aufgrund der intensiven Ackernutzung für den Rotmilan kein Optimalhabitat darstelle. Die betreffende Fortpflanzungsstätte könne durchaus weiter entfernt sein. Im Nahbereich der drei geplanten Windkraftanlagen seien 2014 bei insgesamt fast 60 Kontrollstunden nur sechs Flüge erfasst worden, wobei sich sogar nur zwei auf die eigentliche Risikozone bezögen. Die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich habe bei maximal rund 10 Minuten gelegen und damit deutlich unter 0,5% im Verhältnis zur gesamten Beobachtungszeit. Insofern sei ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko zu verneinen. Im Übrigen sei nach Studien eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr für den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde in dem Nachtrag zur saP ausgeführt: Hinweise auf einen Horststandort innerhalb des Prüfbereichs gebe es nicht. Ähnlich wie beim Rotmilan werde das Untersuchungsgebiet vom Schwarzmilan zwar auf Nahrungsflügen von Brutvögeln aus dem Umfeld durchflogen. Das Areal sei jedoch angesichts der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung nicht als günstiges oder gar optimales Habitat zu bewerten. Bevorzugte Gebiete seien offenbar das Tal der ... im Westen sowie die das ...- bzw. ... im Nordosten mit einem vergleichsweise hohen Grünlandanteil. Bei den Raumnutzungskontrollen 2014 seien insgesamt 30 Flugbewegungen registriert worden (an 12 der 21 Beobachtungstage), davon 13 in der Höhenstufe 80 bis 200 m. Nur vier dieser Aktivitäten erfolgten innerhalb eines Korridors von 250 m um die drei beantragten Anlagen. Damit liege - ähnlich wie beim Rotmilan - eine sehr geringe Aktivitätsdichte im Planungsbereich vor.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt, 2013 sei von Ortsansässigen ein besetzter Horst im Rodungsbereich für das Fundament bzw. die Kranstellfläche einer der Windenergieanlagen entdeckt worden. Auch 2014 sei dieses Nest wieder von einem Baumfalkenpaar genutzt worden. Die weitere Verfügbarkeit sei aber ungewiss, weil sich der Horst in einem Wirtschaftswald mit einem Bestand im hiebreifen Alter befinde. Außerdem sei die betreffende Fichtengruppe windwurfgefährdet. Generell unterliege die Lage von Revierzentren bei Baumfalken einer höheren Dynamik.

Überdies zeige sich, dass der Baumfalke im näheren Umgriff der drei Windenergieanlagen nicht regelmäßig jage. Dazu sei das Gebiet zu stark ausgeräumt. Hingegen könnten als nächst gelegene wichtige Nahrungshabitate der gesamte wiesenreiche Talraum der ..., das südlich gelegene Tal des ... sowie die Siedlungen ... und ... mit nahem Umfeld hervorgehoben werden. Bei den Untersuchungen 2014 sei der Baumfalke ab dem 17. April an jedem Beobachtungstag zu sehen gewesen. Für das gesamte untersuchte Gebiet hätten sich 35 Flugbewegungen ergeben. Lediglich drei von ihnen seien in der potenziell kritischen Höhe von 80 bis 200 m erfolgt. In Anbetracht der sehr geringen Flugbewegungen in kollisionsrelevanter Höhe, der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des jetzigen Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld erscheine die Realisierung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar. Überdies müsse beim Baumfalken generell mit einem vergleichsweise geringen Kollisionsrisiko ausgegangen werden, weil die von Windenergieanlagen ausgehenden Verwirbelungen eine erfolgreiche Beutejagd schwierig machten.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Ein aktueller Brutplatz habe nicht gefunden werden können. Lediglich beim südlich gelegenen ... in einer Entfernung von mindestens 1,6 km zu dem Vorhaben sei ein offenbar unbenutzter Horst entdeckt worden, jedoch sei unter anderem wegen fehlender Flugnachweise im nahen Umfeld nicht davon auszugehen, dass der Horst 2014 genutzt worden sei. Im gesamten Beobachtungsgebiet seien ab Mai 2014 insgesamt 31 Flugbewegungen an elf der 21 Termine festzustellen gewesen. Im potenziellen Gefahrenbereich von 250 m um die Windenergieanlagen sowie in einer Höhe von 80 bis 200 m seien an fünf dieser elf Tage Feststellungen zu verzeichnen gewesen. Die Aufenthaltsdauer habe - bereits deutlich nach oben gerundet - zusammen höchstens 30 Minuten betragen. Dies entspreche im Verhältnis zur gesamten Kontrollzeit einem Anteil von 0,8%. Nach einer Entscheidung des VG Würzburg werde die Signifikanzschwelle erst bei einem Anteil der Beobachtungszeit im Gefahrenbereich von 10% der Gesamtkontrolldauer erreicht.

In der Unterlage „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 13. Oktober 2014 wurde ausgeführt: Die Analyse sei von vier Beobachtungspunkten sowie zusätzlich durch „mobile Beobachtungen“ durchgeführt worden. Die Beobachtungspunkte 1 bis 3 seien mit der Unteren und der Höheren Naturschutzbehörde abgestimmt gewesen. Von diesen Beobachtungspunkten seien die Anlagenstandorte komplett oder jedenfalls im Risikobereich (Höhe ab 80 m) erfassbar gewesen. Zwischen dem 20. März und dem 20. August 2014 seien insgesamt 21 Beobachtungsgänge durchgeführt worden. Insgesamt seien 178,5 Stunden Beobachtungszeiten geleistet worden. Die nach dem Windkrafterlass geforderten Erfassungszeiten von mindestens 54 Stunden je Anlagenstandort seien bei weitem übererfüllt worden. Beobachtungen in einem Durchmesser von ca. 250 m um einen geplanten Anlagenstandort seien als relevante Flugbewegungen über dem Anlagenstandort gewertet worden.

In Bezug auf den Baumfalken wurde ausgeführt: Zwar sei unmittelbar am Standort der Windenergieanlagen ein besetzter Horst mit Jungvögeln vorhanden. Jedoch sei in Anbetracht der geringen Flugbewegungen im Risikobereich der geplanten Anlagenstandorte (nur drei Flüge über 80 m Höhe), der bevorstehenden forstwirtschaftlichen Umgestaltung des Revierzentrums und potenziell geeigneter Ausweichstandorte im Umfeld die Durchführung der Vorhaben artenschutzrechtlich und naturschutzfachlich vertretbar.

In Bezug auf den Rotmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (drei Standorte ohne Überflüge, drei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit zwei Überflügen) beobachtet worden seien, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Hinweise auf einen Horststandort im 1 km-Radius vorhanden seien, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Schwarzmilan wurde ausgeführt: Da nur wenige Flugbewegungen im Risikobereich über den geplanten Anlagenstandorten (vier Standorte ohne Überflüge, zwei Standorte mit einem Überflug und zwei Standorte mit drei bzw. vier Überflügen) beobachtet wurden, nur eine im Wesentlichen sporadische Raumnutzung im Umfeld der geplanten Anlagen vorliege und keine Horststandort im 1 km-Radius vorhanden sei, sei von keinem erhöhten Kollisionsrisiko auszugehen.

In Bezug auf den Wespenbussard wurde ausgeführt: Zwar gehöre er nach dem Windkrafterlass zu den kollisionsgefährdeten Arten. Die allgemeine Kollisionsgefährdung des Wespenbussards durch Windenergieanlagen sei aber nicht abschließend geklärt. Die Mehrzahl der Flugbeobachtungen sei außerhalb des Risikobereichs (zwischen 80 und 200 m) gelegen. Innerhalb des Risikobereichs seien die einzelnen Standorte zwischen null und sechsmal überflogen worden. Die summierten Überflugzeiten im Risikobereich je Anlagenstandort lägen zwischen 5 und 12 Minuten, dies entspreche einer Überflugrate von 0,3 bis 0,5% bezogen auf die Gesamtbeobachtungszeit. Die Gesamtüberflugszeit aller Standorte liege bei 53 Minuten bzw. 2,1% der gesamten Beobachtungszeit. Die Flüge über 80 m seien hauptsächlich bei Windstille bzw. schwachem Wind (Thermik) stattgefunden. Der Hauptteil der Balz-/Reviermarkungsflüge des Wespenbussards finde zwischen Mitte Juli und Mitte August statt. Ob sich die Art bereits dauerhaft im Untersuchungsgebiet als Brutvogel etabliert habe, sei nicht bekannt, da es beim Wespenbussard zu jährlich wechselnden Brutplätzen kommen könne. Daher sei nicht grundsätzlich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Ein Brutnachweis aus dem Untersuchungsgebiet liege nicht vor.

Die Unterlage „Ergebnisprotokoll Horstkontrolle vom 9. September 2014“ wies aus, dass eine Begehung gemeinsam mit einem Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde und einem Vertreter der von der Klägerin beauftragten Gutachter stattgefunden hatte. Bei ..., ca. 1 km südlich der Planungskulisse, sei ein Horst gefunden worden, in dem nach Angaben von ... Bürgern eine Brut des Wespenbussards 2014 stattgefunden haben solle. Jedoch habe der Horst einen, zumindest 2014, nicht besetzten Eindruck gemacht. Unter anderem sei er bei der Überprüfung völlig durchnässt gewesen. Es lasse sich nicht abschließend beurteilen, ob es sich dabei tatsächlich um einen Brutplatz des Wespenbussards handle. Jedoch erscheine es eher plausibel, dass der Nistplatz nur sporadisch als Wechselhorst vom Wespenbussard genutzt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 legte der Beklagte eine naturschutzfachliche Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 vor. Daraus ergebe sich, dass sämtliche Windenergieanlagen nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter und kollisionsgefährdeter Arten geplant seien, so dass das Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten signifikant erhöht sei. Daher sei die Klägerin mit Schreiben vom 7. Januar 2015 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags angehört worden.

Aus der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 ergab sich im Wesentlichen Folgendes: Sämtliche von der Klägerin - insbesondere also auch die nachgereichten - Unterlagen seien berücksichtigt worden. Hinsichtlich der von der Klägerin veranlassten Beobachtungen sei festzustellen, dass dies zwar zeitmäßig den Anforderungen des Windkrafterlasses genüge, jedoch seien die Beobachtungstage nach regelmäßigem Muster verteilt (einmal je Woche) und nicht je Aktivitätsphase gruppiert worden. Ferner seien die filmisch und kartografisch dokumentierten Beobachtungen von ... Bürgern aus den Jahren 2013 und 2014 berücksichtigt worden (für das Jahr 2014: insgesamt 1.018 Videofilme mit einer Gesamtdauer von 25 Stunden und 44 Minuten). Deren Hauptaugenmerk sei auf den Rotmilan gerichtet gewesen. Die Daten der ... Bürgern seien so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar gewesen, dass sie als ergänzende Daten hätten einbezogen werden können. Ferner hätten Beobachtungen und fachliche Einschätzungen durch Herrn ... vorgelegen.

Die Annahme in der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse, dass der Rotmilan dauerhaft häufiger hätte zu beobachten sein müssen, wenn er hier ein Brutrevier hätte, erscheine plausibel, sei aber nicht zwingend. Wenn es sich hier - was nachvollziehbar sei - um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten. Nach den Filmen der Bürger aus dem Jahr 2014 sei eindeutig ein besetzter Wespenbussard-Horst mit Jungen belegbar.

Die Annahme, die Aufenthaltsdauer im Gefahrenbereich müsse bei 10% der Beobachtungszeit liegen, sei zurückzuweisen. Dieser Wert könne unter normalen Umständen kaum erreicht werden (denkbar allenfalls im Nahbereich einer künstlichen Futterquelle, z. B. Deponie), ansonsten nur in Ausnahmefällen (frisch gemähte Wiese), dann jedoch nicht als Durchschnittswert. Es sei auch falsch, bei diffus über den Raum verteilten Nahrungsgebieten stets eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos zu verneinen. Bezüglich des Rotmilans sei nicht entscheidungsrelevant, ob ein oder vier Reviere vorlägen. Unzweifelhaft liege aufgrund eindeutiger Indizien wenigstens ein Brutplatz vor. Falsch sei auch die Annahme, dass wegen der Raumansprüche keine zwei Brutplätze gleichzeitig existieren könnten. Dies sei im fraglichen Raum ohne weiteres möglich. Die Aussage, ein Rotmilan-Brutplatz habe nicht übersehen werden können, sei sehr gewagt. Selbst erfahrene Vogelkundler würden immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht. Bezüglich des Baumfalken sei den Aussagen zum Gutachter der Klägerin zu widersprechen, dass es zu keiner Schädigung der Brutstätte komme. Der engere bisherige Nestraum werde dadurch geschädigt, dass das Bestandsensemble der Bäume völlig verändert werde. Die Gutachter führten selbst aus, dass Baumfalken bei Baumaßnahmen oft abwanderten und später zurückkehrten. Außerdem sei es fragwürdig, dass die Gutachter offenbar nicht einmal die unmittelbare Nestumgebung als kollisionsgefährdet einstuften.

Insgesamt habe die Untere und die Höhere Naturschutzbehörde eine deutlich abweichende Beurteilung. Daher habe eigene, auf Daten und Fakten basierende Beurteilung und Bewertung vorgenommen werden müssen, die Folgendes ergebe:

Das Gelände sei für Greifvögel, speziell Thermikgleiter, aufgrund der Topographie hoch attraktiv. Es sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung, des vorhandenen Restgrünlandes und anderer Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlenden Grünlandes, täusche.

Je ein besetzter Horst mit Bruterfolg habe für den Baumfalken und den Wespenbussard nachgewiesen werden können. Speziell die kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke kämen im Gebiet als stabile Brutvögel vor. Dies ergebe sich zweifelsfrei aus der Zusammenschau aller Daten. Die sicher gefundenen und die höchst wahrscheinlichen Brutplätze lägen im Nahbereich von Anlagen des Windparks. Trotz eindeutiger Revieranzeigen der Aktivitäten habe beim Rotmilan zwar kein Horst nachgewiesen werden können. Aufgrund der eindeutigen Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe auch der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes am östlichen Rand des Tales der ... in etwa östlich von ....

Die von den ... Bürgern gelieferten ergänzenden Hinweise und Daten seien hinreichend substantiiert und daher beachtlich. Sie entsprächen in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses. Hingegen hätten die Gutachter der Klägerin nicht, wie in einer Kartieranleitung des LfU empfohlen, vormittags und nachmittags mit in etwa gleicher Intensität kartiert. Die Beobachtungen hätten sich daher nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen richten können. Einige wichtige Beobachtungen vor Ort seien damit wohl durch das zeitliche Raster gefallen.

Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Daten der Bürger und der von der Klägerin beauftragten Gutachter zu erhalten, sei bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ein Korrekturfaktor von 3,0 anzusetzen. Da umgekehrt bei den Bürgern die nötige Erfahrung und Routine mit Flugbeobachtungen begrenzt vorausgesetzt werden könne, werde bei deren Daten ein Abschlag von 20% angenommen. So ergäben sich für den Rotmilan insgesamt ca. 250 Durchflüge pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windenergieanlagen.

Bezüglich der vorhandenen Nahrungshabitate sei festzustellen, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern dass diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien. Dies lasse ein diffuses Muster von Flugbewegungen über das gesamte Gebiet erwarten. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine etc. würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt.

Aus den Daten der ... Bürger ergebe sich ferner, dass hinsichtlich des Rotmilans Territorialflüge, Revierflüge, Balzflüge und Nahrungseintragungsflüge im Nahbereich (1.000 m um die Anlagen) nachgewiesen seien. Nach fachlichen Erkenntnissen sei von einer Brut auszugehen. Für den Wespenbussard bestehe ein starker Verdacht, dass sich neben dem gefundenen Horst ein weiteres Revier im Nordbereich des Waldes befinde.

Lege man diese Erkenntnisse einer Bewertung nach dem Windkrafterlass zugrunde, ergebe sich, dass bei Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke ein Revierzentrum jeweils im 1 km-Umkreis vorliege. Aus dem Windkrafterlass ergebe sich die Regelvermutung, dass bei Unterschreitung dieses Abstands die Artenschutzanforderungen nicht gewahrt seien, es sei denn es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windenergieanlagen nicht in Kontakt kämen. Da bei allen drei Arten davon auszugehen sei, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Bereiche der Windenergieanlagen gebe, sei diese Vermutung nicht widerlegt.

Gesichert sei, sowohl nach den Daten der Bürger als auch den Daten der Gutachter der Klägerin, dass alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden. Ferner bestünden mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Wespenbussard-Reviere, nämlich der 2014 im Süden gefundene sowie eines im Nordwesten des Untersuchungsraumes. Sicher bestehe auch ein Rotmilanrevier. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Dieses Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen. Der Baumfalke habe seinen Nestplatz an einer markanten randlichen Waldstruktur, die seinen Nistplatzansprüchen in optimaler Weise entspreche. Der Bau der unmittelbar dort gelegenen Windenergieanlage bedeute den Verlust bzw. die Entwertung dieses Nisthabitates bzw. eine permanente Tötungsgefahr durch den Rotorkontakt. Für den Rot- und Schwarzmilan stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimalen Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum dar.

Betrachte man überdies das Kollisions- und Tötungsrisiko mittels eines konservativen Ansatzes, sei bei mehr als 15 Durchflügen pro Jahr bzw. einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer im Risikobereich von mehr als 30 Minuten pro Jahr eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos gegeben. Ziehe man die Daten der Gutachter der Klägerin und der ... Bürger, letztere mit einem Korrekturfaktor von 0,20, heran, ergebe sich, dass diese Schwelle des bezüglich des Wespenbussards bei allen drei Anlagen, bezüglich des Rotmilans und des Baumfalkens bei zwei Anlagen und bezüglich zusätzlich des Schwarzmilans bei einer Anlage erfüllt sei. Daher sei im Ergebnis keine Anlage genehmigungsfähig.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. April 2015 legte die Klägerin zwei weitere Unterlagen vor: Die „Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen Artenschutzfachlichen Prüfung (saP) für den geplanten Windpark ...“ vom 24. April 2015 sowie eine „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde, Landratsamt ...“ vom 7. April 2015. Hierin werde nachvollziehbar dargelegt, dass die seitens des Beklagten geltend gemachten Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht durchgreifen würden.

In der Unterlage zur Vollständigkeitsprüfung der saP wurde gegen das Argument des Beklagten, die Beobachtungstage seien nach regelmäßigem Muster und nicht nach Aktivitätsphase gruppiert worden, eingewendet, es seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan lokalisiert worden, an denen eine Aktivitätsphase hätte festgemacht werden können. Im Rahmen der dreijährigen Untersuchung seien keine Horste von Rotmilan oder Schwarzmilan im Umkreis von 1 km um die Standorte der Windenergieanlagen nachgewiesen worden. Nur die Kenntnis eines Horststandort aber, der als Brutplatz dient oder gedient habe, könne als mögliche Grundlage für die Anwendung von Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass herangezogen werden.

Die Frage der Aufenthaltswahrscheinlichkeit einer Vogelart lasse sich nur mit einer zeitlichen Bezugsgröße ermitteln. Der Beklagte habe selbst festgestellt, dass eine solche Größe mit der Beobachtungsdauer von 54 Stunden pro Beobachtungspunkt vorliege. Bei den Daten der ... Bürger liege eine solche Gesamtbeobachtungsdauer nicht vor. Überdies sei die vom Beklagten vorgenommene Auflistung der durchschnittlichen Beobachtungen pro Kartiertag und der durchschnittlichen Zahl der Durchflüge pro Kartiertag, um daraus den Anteil der Durchflüge an den Beobachtungen in Prozent zu errechnen, weder aus mathematischer noch aus ökologischer Sicht der zu berücksichtigenden Arten geeignet, eine zeitliche und/oder räumliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Vielmehr hätte der Beklagte prüfen müssen, welchen Zeitanteil der Dauerkartiertage der ... Bürger die Nutzung des möglichen Kollisionsbereichs im Verhältnis zur Nutzung der anderen nicht kollisionsgefährdeten Bereiche einnehme. Die Feststellung des Beklagten, dass eine signifikante Steigerung des Tötungsrisikos vorliege, entbehre somit jeglicher Grundlage.

Bezüglich des Baumfalken sei festzustellen, dass dieser im engeren Umfeld des geplanten Windenergiestandortes (Abstand geringer als 1.000 m) brüte. Für den Baumfalken sei jedoch aufgrund seiner hervorragenden sehphysiologischen Eigenschaften ein Kollisionsrisiko so gut wie auszuschließen, auch wenn hierzu sehr vereinzelt Nachweise vorlägen. Als Vermeidungsmaßnahme komme die Anlage von künstlichen Nisthilfen in Betracht, wenn gleichzeitig die Horste aus dem näheren Umfeld des Planungsraums entfernt würden. Hinzutreten könne eine Ausnahmeregelung nach § 45 BNatSchG.

Der Wespenbussard brüte innerhalb des 1.000 m-Radius um die Windenergieanlage. Die saP vermittle eventuell den Eindruck, dass der Wespenbussard fast ausschließlich den Planungsraum als Nahrungs- und Flughabitat nutze. Dieser Eindruck sei gegebenenfalls zu entkräften, andernfalls komme ein Ausnahmeantrag gemäß § 45 BNatSchG in Betracht.

Die Unterlage „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ setzte sich ausführlich mit deren Stellungnahme vom 23. Dezember 2014 auseinander. Zusammengefasst ergebe sich folgendes: Die Einschätzung des Beklagten, das Gelände sei für Greifvögel hoch attraktiv bzw. ein günstiger Lebensraum, beruhe auf rein theoretischen Betrachtungen. Die vom Beklagten genannten Eigenschaften seien ganz typisch für das gesamte schwäbische und das angrenzende oberbayerische Hügelland. Es handle sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der ... im Westen sowie das ... im Nordosten würden vom Beklagten dagegen nicht betrachtet.

Bezüglich des Rotmilans erkenne der Beklagte an, dass im Juni und Juli 2013 und 2014 nur sehr wenige Exemplare im Planungsgebiet hätten beobachtet werden können. Dies sei ein deutliches Indiz, dass das Untersuchungsgebiet in dieser Zeit keine ausreichende Nahrung biete und dass sich im Planungsgebiet kein Brutrevier befinde. Der Beklagte habe entgegen einer Gesamtwürdigung der saP ein eigenes Gutachten erstellt, mit einer sehr zweifelhaften, nicht wissenschaftlich belegten Methode Jahresdurchflugszahlen berechnet und habe einen eigenen Schwellenwert für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko festgelegt, der nicht begründet sei. Ohne Rechtfertigung verwerfe der Beklagte eine nachvollziehbare und gerichtlich überprüfte Methode zur Bewertung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos (Urteil des VG Würzburg). Stattdessen berechne der Beklagte mit einer eigenen, nicht nachvollziehbaren Methode das Tötungsrisiko, so dass bereits ein beobachteter Überflug eines einzelnen Rotmilans über einer Windenergieanlage ausreiche, um ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszulösen.

Entgegen der Kritik des Beklagten sei die Raumnutzungsanalyse entsprechend dem Bayerischen Windkrafterlass vollumfänglich durchgeführt worden. Die Beobachtungszeiten, die geforderten Aktivitätsphasen und die entsprechenden Tageszeiten und Witterungsbedingungen seien uneingeschränkt beachtet worden. Die vom Beklagten zitierte Kartieranleitung des Landesamts für Umwelt beziehe sich auf die Methoden für Revierkartierungen und Populationserfassungen und unterscheide sich damit grundsätzlich von den Raumnutzungsanalysen nach dem Windkrafterlass.

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten die Daten der ... Bürger selbst ausgewertet. Danach ergebe sich, dass nicht nachweisbar sei, wann die Videodateien tatsächlich erstellt worden seien. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verortung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Eine exakte Auswertung in Bezug auf Durchflüge, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, sei deshalb nicht möglich.

Die Aussage des Beklagten, im Gebiet sollten speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke als stabile Brutvögel vorkommen, sei durch Daten keinesfalls untermauert. Belegbar seien nur ein Brutplatz des Baumfalken in den Jahren 2013 und 2014 sowie der Brutplatz eines Wespenbussards im Jahr 2014, dessen Raumnutzung allerding im Wesentlichen außerhalb des Planungsgebiets liege. Trotz intensiver Nachsuche sei weder 2013 noch 2014 der Nachweis einer Rotmilanbrut bzw. eines Horstes gelungen.

Unzutreffend sei auch die Abgrenzung der Brut- und Nahrungsreviere. Die Raumnutzungsanalyse und die Beobachtungen der Bürger ließen nur bedingt Schlüsse zu abgrenzbaren Revieren zu. Beim Wespenbussard und Rotmilan sei das Nahrungsrevier nur näherungsweise in Kreisform mit einem willkürlich gewählten Revier im Mittelpunkt abgegrenzt worden. Es werde nicht erläutert, auf welcher Grundlage die Nahrungs- und Brutreviere abgegrenzt worden seien. Wesentliche weitere potentiell geeignete Nahrungshabitate fehlten in der Darstellung des Beklagten. Es werde der Eindruck erweckt, dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Dem gefundenen Wespenbussardhorst habe der Beklagte schon selbst kein Nahrungsrevier im Planungsgebiet zugeordnet. Zu Unrecht seien dem Baumfalkenhorst nur weit entfernte Nahrungshabitate zugeordnet worden, um Überflüge der Standorte zwischen Horst und Nahrungshabitaten zu belegen.

Bezüglich der Berechnung des Kollisionsrisikos sei die Annahme des Beklagten nicht belegt, dass bei 15 Jahresdurchflügen von einer definitiven Richtschnur für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auszugehen sei. Der Beklagte habe nicht anhand der Beobachtungstage auf das ganze Jahr hochrechnen dürfen. So seien die Beobachtungen bei günstigen Witterung- und Tageszeiten durchgeführt worden. Bei schlechtem Wetter sowie in den frühen Morgen- und Abendstunden fänden deutlich weniger Flugbewegungen statt. Es seien nicht die tatsächlichen Beobachtungszeiten einbezogen worden, sondern es seien, unabhängig davon wie lange und mit wieviel Personen die ... Bürger beobachtet hätten, ganze Tage hochgerechnet worden.

Der Beklagte habe die durchschnittlichen Jahres-Anwesenheitszeiten der einzelnen Arten für die Berechnung der Jahresdurchflugwerte deutlich zu hoch angesetzt. Die vom Beklagten verwendeten Korrekturfaktoren seien nicht nachvollziehbar und würden von ihm selbst nicht einheitlich verwendet.

Der Beklagte habe die Daten der ... Bürger unkritisch verwendet, ohne deren fachliche Eignung zu hinterfragen. Die Flugbewegungen seien nicht exakt den Anlagenstandorten zuzuordnen, die Karteneintragungen seien häufig falsch oder sehr ungenau vorgenommen worden. Schließlich habe der Beklagte im Widerspruch zum Windkrafterlass den Baumfalken und den Wespenbussard als störungsempfindliche Arten eingestuft.

Bezüglich des Baumfalkenhorsts sei überdies zu bemerken, dass der betreffende Waldbereich aus forstwirtschaftlichen Gründen zwischenzeitlich geerntet worden sei. Der Horstbaum sei nicht mehr vorhanden.

Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 lehnte der Beklagte den Genehmigungsantrag der Klägerin ab. Das Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Der Tatbestand des Tötungs- und Verletzungsverbots gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sei bei Verwirklichung des Vorhabens erfüllt. Das Tötungsrisiko sei für Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 und deren aktueller Stellungnahme vom 17. Juni 2015.

Diese aktuelle Stellungnahme führte im Wesentlichen aus: Die Unterlagen der ... Bürger seien als Tatsachennachweis in die Wertung der Unteren Naturschutzbehörde mit eingeflossen und stünden berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen. Ihre Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) von der Naturschutzbehörde einer angemessenen, sorgfältigen Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können.

Die Gutachter der Klägerin hätten die Prüfbereiche außerhalb des 1-km-Bereichs nicht bearbeitet. Es handele sich jedenfalls um deutlich mehr als nur vereinzelte Durchflüge kollisionsgefährdeter Arten durch den Gefahrenbereich der Anlagenstandorte. In Ermangelung einer anerkannten Methode zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos habe sich die Untere Naturschutzbehörde diese im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative selbst erarbeitet. Da die ... Bürger häufiger nachmittags, die von der Klägerin beauftragten Gutachter jedoch überwiegend vormittags beobachtet hätten, habe sich durch die Daten der Bürger ein etwas anderes Bild ergeben. Die Beobachtungen der ... Bürger seien daher wesentlich ergänzende Fachdaten.

Auch wenn die landschaftliche Ausstattung und die Geländemorphologie einschließlich der vorhandenen Strukturen für große Teile der gesamten Aindlinger Terrassentreppe zuträfen, sei festzuhalten, dass für den Rotmilan relevante Strukturelemente jedenfalls vorhanden seien. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter hätten hauptsächlich am Vormittag beobachtet, daher fehlten Ganztagsbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase. Bezüglich der Daten der ... Bürger sei sich die Untere Naturschutzbehörde bewusst, dass Unsicherheiten unvermeidlich seien. Daher sei ein Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt gehalten worden. Dass der Rotmilan bevorzugt das Tal der ..., das ... und das ... nutzen würde, sei eine nicht belegte Vermutung. Jedenfalls besiedelten Rotmilane nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen. Bezüglich des Wespenbussards sei der Horst mit Jungenaufzucht eindeutig belegt. Es sei erstaunlich, dass die Gutachter der Klägerin diesen nicht gefunden hätten bzw. versuchten, diesen als unbenutzt darzustellen. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege. Der von der Naturschutzbehörde bei den Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter vorgenommene Zuschlag spiegle einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung wider. Dies sei für die notwendige vergleichende Betrachtung angezeigt gewesen. Der Behauptung, da kein für den Rotmilan typischer Horst gefunden worden sei, liege kein Rotmilanrevier vor, müsse widersprochen werden. Wie der nicht entdeckte Wespenbussardhorst beweise, sei die Horstsuche ganz offensichtlich mangelhaft gewesen. Auch sei die Horstsuche nur über ausgesuchte Teilbereiche des Untersuchungsgebiets erstreckt worden, eine flächendeckende Horstsuche sei aber nicht erfolgt.

Wenn die Naturschutzbehörde das vermutete Revierbereich dargestellt worden, sei dies nicht so zu verstehen, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Es sei lediglich ein Bereich abgegrenzt worden, in dem sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte. Bezüglich der Beseitigung des Baumes, in dem sich der Horst des Baumfalken befunden habe, sei davon auszugehen, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage, z. B. ein altes Krähennest, nutzen werde. Damit sei weiterhin ein bestehender Baumfalkenbrutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen.

Die Hochrechnung auf ganze Tage sei sowohl bei den Gutachtern der Klägerin als auch bei den Bürgern erfolgt. Diese seien also gleichbehandelt worden.

Die Zahl von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage ergebe sich daraus, dass dann jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gemäß dem Windenergieerlass gesprochen werden könne. Dieser Wert sei jedenfalls nicht willkürlich, da der Windkrafterlass keine Konkretisierung enthalte. Wenn von Durchflug gesprochen werde, sei dies mit der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich gleichzusetzen.

Es sei unzutreffend, dass die Untere Naturschutzbehörde die Daten der ... Bürger unkritisch und ohne Überprüfung übernommen habe. Der umfangreiche Datenpool der ... Bürger sei als ergänzende Unterlage, nicht jedoch anstelle der Kartierdaten der von der Klägerin beauftragten Gutachter verwendet worden.

Auch wenn Horststandorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne, sei es fachlich vertretbar, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden.

Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom 18. Juni 2015 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015,

den Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung gem. § 4 BImSchG zur Errichtung und Betrieb von 3 Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 E2 mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern auf den Grundstücken Fl.Nrn. ..., ... der Gemarkung ... (Windpark ...) gemäß ihrem Antrag vom 5. April 2012 zu erteilen.

In der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 beantragte die Klägerin hilfsweise,

unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. Juni 2015 erneut den Antrag der Klägerin vom 5. April 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden.

Beklagter und Beigeladene beantragten in der mündlichen Verhandlung,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung noch einen Anspruch darauf, dass ihr Genehmigungsantrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschieden wird. Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 18. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, weil ein Versagungsgrund i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegt. Dem Vorhaben stehen Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, denn es verstößt gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsgebot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Artenschutzrechtliche Verbote i. S. d. § 44 BNatSchG sind nach dem Prüfprogramm des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zugleich Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 3 und 6).

Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es u. a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu verletzen oder zu töten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Tatbestand erfüllt, wenn sich durch das Vorhaben das Kollisionsrisiko für die geschützten Tiere signifikant erhöht (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 - juris Rn. 219). Umgekehrt wird gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich verbleibt, der mit einem Vorhaben in Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, das einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Genehmigungsbehörde bei der Prüfung, ob der artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungstatbestand erfüllt ist, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch insoweit seine Rechtsprechung für Planfeststellungsverfahren auf die Genehmigung von Windenergieanlagen übertragen (grundlegend BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 14). Dabei bezieht sich die behördliche Einschätzungsprärogative - worauf im vorliegenden Verfahren besonders hinzuweisen ist - sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare der geschützten Arten bei Realisierung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden. Hiervon geht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 43 [bestätigt durch BVerwG, B.v. 16.9.2014 - 4 B 48/14 - juris]; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - juris Rn. 22 ff.; BayVGH, B.v. 27.5.2015 - 22 CS 15.485 - juris Rn. 21).

Die behördliche Einschätzungsprärogative hat zur Folge, dass die Annahmen der Genehmigungsbehörde einer nur eingeschränkten Kontrolle zugänglich sind. Sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 65). Das Gericht bleibt verpflichtet zu prüfen, ob im Gesamtergebnis die artenschutzrechtlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 4 C 1/12 - BVerwGE 147, 118 - juris Rn. 16). Die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich allerdings nicht generell auf das Artenschutzrecht als solches, sondern greift nur dort Platz, wo trotz vorschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse weiterhin ein gegensätzlicher Meinungsstand fortbesteht und es an eindeutigen ökologischen Erkenntnissen fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 19).

Für die Genehmigung von Windkraftanlagen in Bayern ist zudem - auch für das gerichtliche Verfahren - der sog. „Windkrafterlass“ (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen; Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) vom 20. Dezember 2011 zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei dem Windkrafterlass um ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, von dem auch angesichts der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden darf (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 44).

Nach diesen Maßstäben erweisen sich die beantragten Windenergieanlagen wegen Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungs- und Verletzungsverbots als nicht genehmigungsfähig.

Der Beklagte hat die Ablehnung des Genehmigungsantrags (Bescheid vom 18.6.2015) damit begründet, dass das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke signifikant erhöht würde. Er hat auf die entsprechenden Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde vom 23. Dezember 2014 sowie auf deren - auf die Einwendungen der Klägerin abgegebene - Stellungnahme vom 17.Juni 2015 Bezug genommen. Die Untere Naturschutzbehörde ist zu dem Ergebnis gelangt (Stellungnahme vom 23.12.2014, S. 27), dass in Bezug auf die Windenergieanlage 1 (d. h. die am weitesten westlich gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Wespenbussard, in Bezug auf die Windenergieanlage 2 (d. h. die „mittlere“ der drei Anlagen) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Baumfalken und den Wespenbussard und in Bezug auf die Windenergieanlage 3 (d. h. die am östlichsten gelegene Anlage) das Tötungsrisiko für den Rotmilan, den Schwarzmilan, den Wespenbussard und den Baumfalken jeweils signifikant erhöht ist. Diese Beurteilung des Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Bei sämtlichen vier vom Beklagten aufgeführten Vogelarten kommt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsrisiko nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Betracht, weil es sich um besonders kollisionsgefährdete Arten handelt. Diese Annahme ist von der Einschätzungsprärogative des Beklagten gedeckt und deshalb für die Prüfung zugrunde zu legen. Die Klägerin zieht dies zwar in mehrfacher Hinsicht in Zweifel. So soll eine deutlich gesteigerte Kollisionsgefahr in Bezug auf den Rotmilan bislang generell nirgendwo hinreichend bewiesen sein (Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung - Nachtrag 2014, S. 31). Bezüglich des Baumfalken sei ein „vergleichsweise geringes Kollisionsrisiko plausibel“ (a. a. O., S. 42). Der Baumfalke werde nach einem Leitfaden der Europäischen Kommission nicht als kollisionsgefährdet eingestuft (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 4). Ein Kollisionsrisiko mit Windenergieanlagen sei für Baumfalken wegen dessen hervorragender sehphysiologischer Eigenschaften so gut wie auszuschließen (Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark St. vom 24.4.2015, S. 4). Auch der Wespenbussard werde von der Europäischen Kommission sowie der Länderarbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten nicht als kollisionsgefährdet gelistet (a. a. O., S. 10).

Dass hingegen die Einstufung der genannten Vogelarten als kollisionsgefährdet naturschutzfachlich nicht vertretbar ist, wird von der Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagte konnte und musste sich vielmehr entscheidend auf die fachlichen Aussagen des Windkrafterlasses (S. 41 i. V. m. dessen Anlage 2) stützen (so in Bezug auf eine unterschiedliche Beurteilung der besonderen Kollisionsgefährdung des Schwarzstorches BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Die Beurteilung des Beklagten in Bezug auf die Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ist auch nicht deshalb rechtlich fehlerhaft, weil er neben den (nicht: an Stelle der) von der Klägerin vorgelegten naturschutzfachlichen Unterlagen auch die ihm von Seiten der ... Bürger übermittelten Unterlagen, insbesondere deren Beobachtungen, einbezogen hat.

Die Pflicht des Antragstellers, die notwendigen Unterlagen für die Genehmigung beizubringen, berührt nicht die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 BayVwVfG). Im Rahmen dieser Pflicht steht die Auswahl der Beweismittel im Ermessen der Behörde (Art. 26 Abs. 1 BayVwVfG), das durch Verwaltungsvorschriften ausgefüllt werden kann (Jarras, BImSchG, § 10 Rn. 44). Nach dem Windkrafterlass (S. 41) sind ergänzende Hinweise auf Vorkommen u. a. der in Anlage 2 Spalte 1 als kollisionsgefährdet aufgeführten Vogelarten im Verfahren, z. B. durch fachkundige Dritte, nur, aber eben dann beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Zwar betrifft diese Aussage nur das „generelle“ bzw. das „ob“ des Vorkommens der Arten. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass bei der konkreten Prüfung der Verbotstatbestände gemäß dem Windkrafterlass (d. h. bei der Frage des „wo“ und des „wie häufig“ der Vorkommen) Hinweise und Beobachtungen Dritter außer Acht bleiben müssten. Substantiierte Einwendungen betreffend die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen oder Einwendungen, die über diese Unterlagen hinaus gehen, können bzw. - je nach Maß der Substantiierung müssen - in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht von der Behörde mitberücksichtigt werden. Die Prüfung, ob naturschutzrechtliche Verbote eingreifen, setzt nämlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im fraglichen Bereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2008 - 9 VR 9/07 - juris Rn. 31). Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Behörde dabei nicht auf Unterlagen Dritter zurückgreifen dürfte. Vielmehr kann die Außerachtlassung solchen Materials rechtlich fehlerhaft sein, denn die Behörde überschreitet den Rahmen der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative unter anderem dann, wenn ihre Ermittlungstiefe nicht ausreichend ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 20).

Angesichts dessen sind die Vorgaben in Anlage 6 zum Windkrafterlass („Hinweise zur Erfassungsmethode Vögel“) nicht in dem Sinne abschließend, dass, selbst wenn diese eingehalten wurden, Unterlagen und Materialien Dritter von der Behörde nicht mit in die Beurteilung einbezogen dürften. Jedenfalls ist bei Vorliegen substantiierten Materials Dritter der Anwendungsbereich für eine fachlich begründete Abweichung vom Windkrafterlass eröffnet.

Davon abgesehen ist der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass auch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über das Vorkommen geschützter Vogelarten und deren Flugbewegungen nicht vollständig mit dem Windkrafterlass in Einklang stehen. Der Beklagte hat ausgeführt, dass bei der Klägerin offenkundig einige wichtige Beobachtungen durch das zeitliche Raster gefallen seien, weil sich die Beobachtungen nicht nach den tageszeitlichen Hauptaktivitätszeiten in Abhängigkeit von Wetter, Thermik und Flugbedingungen gerichtet hätten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Der Beklagte hat diese Aussage dahingehend präzisiert, dass Ganztagesbeobachtungen oder eine stärkere Streuung der Beobachtungszeiten über die tägliche Hauptflugphase fehlten, so dass fachlich kaum beurteilt werden könne, wie repräsentativ die hauptsächlich aus den Vormittagsstunden stammenden Daten tatsächlich seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat den Ausgangspunkt dieser Überlegungen in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage gestellt. Die von ihr beauftragten Gutachter haben vielmehr selbst angegeben, dass der Großteil ihrer Beobachtungen vormittags ab 9.00 Uhr, in geringeren Maße nachmittags ab 12.00 Uhr stattgefunden hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18).

Zwar enthält Anlage 6 zum Windkrafterlass über die Verteilung der Beobachtungsdauer - neben der allgemeinen Vorgabe von „etwa drei Stunden pro Tag“ - keine näheren Angaben. Allerdings müssen sich die Beobachtungszeiten - wie vom Beklagten gefordert - nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der entsprechenden Arten richten (warmes Wetter, gute Thermik-/Flugbedingungen; Windkrafterlass, S. 46). Lagen die Beobachtungszeiten nach eigenen Angaben der von der Klägerin beauftragten Gutachter schwerpunktmäßig am Vormittag ab 9.00 Uhr, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen das vom Windkrafterlass vorausgesetzte repräsentative Bild an Flugbewegungen nicht vollständig zeichnen konnten.

Im vorliegenden Fall spricht für die Verwendung des von den Bürgern vorgelegten Materials zudem maßgeblich, dass die Unterlagen der Bürger jedenfalls begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlagsensibler Arten lieferten, so dass nach den ausdrücklichen Vorgaben des Windkrafterlasses weitergehende Kartierungen vor Ort, wie sie im Auftrag der Klägerin im Laufe des Jahres 2014 durchgeführt wurden, erforderlich waren (S. 41 des Windkrafterlasses). Diese Untersuchungen haben deutlich andere Ergebnisse gezeigt als die ursprünglich von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (deutlich mehr Beobachtungen beim Rotmilan; Beobachtungen bezüglich der drei anderen vom Beklagten genannten Vogelarten; Horste eines Baumfalken sowie - mittlerweile unstreitig - eines Wespenbussards). Hat aber erst das von den Bürgern übermittelte Material dazu geführt, dass überhaupt die erforderlichen (weiteren) Untersuchungen durchgeführt wurden, so wäre es kaum nachvollziehbar gewesen, wenn der Beklagte dieses Material bei seiner Entscheidung über den Genehmigungsantrag ausgeblendet hätte.

Die Art und Weise, wie der Beklagte mit dem Material der Bürger umgegangen ist, ist vertretbar und bewegt sich damit im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative.

Der Beklagte hat erkannt, dass er die Unterlagen der Bürger nicht ohne weiteres zugrunde legen konnte. Er hat die Daten „auf Stichhaltigkeit und Aussagekraft geprüft“, „mit dem Ergebnis, dass sie so fundiert und nachvollziehbar und raum-zeitlich so präzise verortet und hinsichtlich festgestellter Arten einwandfrei belegbar“ waren, „dass sie in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden konnten“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Die Unterlagen seien in jedweder Hinsicht (Verortbarkeit, Artbestimmung, Flughöhe, Art der Flugaktivität) einer Stichprobenprüfung unterzogen worden, dabei hätten keine gravierenden Fehler festgestellt werden können. Die Echtheit und Nachweisbarkeit der Daten sei dem Beklagten versichert worden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). „Von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen“ sei auszugehen „aufgrund der sehr hohen Qualität der Dokumentationen“. „Die ergänzenden Hinweise und Daten“ seien „hinreichend substantiiert und daher beachtlich“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11). Die Unterlagen der ... Bürger stünden „berechtigterweise neben den gutachterlichen Feststellungen“. Die Naturschutzbehörden seien einvernehmlich zum Ergebnis gelangt, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, um sie für die fachliche Beurteilung mitzuverwenden. Da die Beobachter mit der Umgebung vertraut gewesen seien und v.a. aufgrund der bereits 2013 durchgeführten Erfassung geübt gewesen seien, sei die Eintragung der Flugbewegung in die Karte parallel zur unterstützenden Videoaufzeichnung als glaubhaft zu werten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 1 und 3). Soweit der Beklagte auch ausgeführt hat, dass das Material der Bürger „in zeitlicher und räumlicher Dimension den Anforderungen des Windkrafterlasses“ entspricht (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11), ist dies offensichtlich nicht so zu verstehen, als habe mit den Unterlagen der Bürger ein der Anlage 6 zum Windkrafterlass gleichwertiges Erfassungssystem zugrunde gelegen. Denn der Beklagte spricht unmittelbar zuvor ausdrücklich von einer „abweichenden Vorgehensweise“.

Die Kammer hat keinen Anlass, an diesen Darlegungen des Beklagten zu zweifeln. Zwar hat die Klägerin wiederholt, auch in der mündlichen Verhandlung, geltend gemacht, bei einer Prüfung des gesamten Materials der Bürger hätten sich zahlreiche Videoaufzeichnungen als fragwürdig herausgestellt. Der Beklagte habe sich daher nicht auf eine stichprobenartige Überprüfung beschränken dürfen. Es sei nicht nachweisbar, wann die (Video-) Dateien tatsächlich erstellt wurden. Die räumliche Zuordnung sei bei weitem nicht immer nachvollziehbar. Eine Einschätzung der Flughöhe sowie eine exakte Verordnung im Gefahrenbereich über den Anlagen seien meist nicht möglich. Die Kartendarstellungen entsprächen häufig nicht exakt den aufgenommenen Flugbewegungen bzw. seien nicht einwandfrei nachvollziehbar. Insgesamt sei daher eine exakte Auswertung in Bezug auf „Durchflüge“, also Überflüge von Anlagenstandorten im Gefahrenbereich, nicht möglich („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 2).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es zunächst Sache des Beklagten war, im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative festzulegen, wie er mit derartigem Material Dritter umgeht, um anschließend Schlussfolgerungen für seine naturschutzfachliche Beurteilung zu ziehen. Denn die behördliche Einschätzungsprärogative bezieht sich, wie ausgeführt, bereits auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten. Der Beklagte hat substantiiert dargelegt, wie er mit den Daten der Bürger umgegangen ist und warum er sie für plausibel hält. Dass er die Grenze des Vertretbaren überschritten hätte, ist dabei nicht erkennbar.

Entscheidend ist allerdings, dass der Beklagte bei seiner naturschutzfachlichen Beurteilung nicht ausschließlich auf das Material der Bürger zurückgegriffen hat. Der Beklagte hat vielmehr kontinuierlich deutlich gemacht, dass er die Daten der Bürger neben insbesondere den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen herangezogen hat. Dies ergibt sich bereits aus der Auflistung „Sachverhaltsermittlungen - vorliegende Unterlagen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 3). Zum Material der Bürger hat der Beklagte dementsprechend in der Folge ausgeführt, dass es „in die Prüfunterlagen als ergänzende Daten einbezogen werden“ konnte (a. a. O.), dass bestehende „Erkenntnislücken (…) durch die nachstehenden Beobachtungen ergänzt“ werden könnten (a. a. O., S. 11), dass durch die Daten der Bürger „Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der Gutachter der Klägerin ergeben würde“ (a. a. O., S. 26), sowie dass die „Videoaufzeichnungen mit räumlichen Bezug“ „ein geeignetes Mittel zur Dokumentation“ seien und „wertvolle ergänzende Beurteilungsunterlagen liefern“ könnten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Der Beklagte hat insbesondere auch ausgeführt, sich „bewusst“ zu sein, „dass die ... Bürger keine geschulten Freilandkartierer sind, somit Unsicherheiten unvermeidlich sind (insbesondere bei der schwierigen Abschätzung der Flughöhen)“. Daher habe er „einen Abzug von 20% bei den registrierten und auf das ganze Jahr hochgerechneten Fallzahlen für gerechtfertigt“ gehalten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3 und Sitzungsprotokoll, S. 9).

Die von der Klägerin beauftragten Gutachter räumen selbst ein, dass die Daten der ... Bürger wichtige Ergänzungen böten und nichts gegen eine ergänzende Verwendung spreche („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, Seite 18). Sie gestehen jedenfalls zu, dass die ... Bürger die Art des Rotmilans zu 95%, die Art des Schwarzmilans zu 96% und die Art des Westenbussards zu 74% richtig bestimmt hätten („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 9).

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich der Vortrag der Klägerin letztlich auf den Einwand, der Beklagte habe den Unterlagen der ... Bürger keine allzu hohe Bedeutung zumessen dürfen, weil der Substantiierungsgrad niedriger als vom Beklagten angenommen liege. Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprävokative des Beklagten jedoch nicht dargetan. Zwar mag es sein, dass eine vollständige Auswertung des Materials der Bürger noch verlässlichere Auskünfte gegeben hätte. Dass die vom Beklagten vorgenommene stichprobenartige Auswertung und die darauf beruhende Einschätzung, dass die Daten ausreichend valide und belastbar seien, jedoch ein unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel darstellen würde oder auch die Ermittlungstiefe nicht ausgereicht hätte, ist nicht ersichtlich, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Beklagte - wie hier - der Unsicherheiten des Materials bewusst ist und mit einem gewissen Sicherheitsabschlag arbeitet.

Der Beklagte konnte demnach in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder die Unterlagen der Bürger noch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für sich allein genommen eine ausreichende Prüfung der artenschutzrechtliche Verbotstatbestände ermöglichten. Normative Vorgaben oder Standards, wie in einem solchen Fall die Prognose zu erfolgen hat, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, sind nicht erkennbar und wurden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Insbesondere der Windkrafterlass enthält für eine solche Situation keine Vorgaben. Es galt daher der Grundsatz, dass sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der erforderlichen fachgutachtlichen Untersuchungen zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten im Planungsraum mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben lassen und maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalls abhängen (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 59). Damit konnte der Beklagte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative sowohl die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen als auch die Beobachtungen der Bürger heranziehen und seine Schlüsse aus den jeweils nicht vollständig aussagekräftigen Daten ziehen. Der Beklagte hat sich dafür entschieden, im Wesentlichen auf die von der Klägerin vorgelegte Raumnutzungsanalyse abzustellen, diese jedoch im Hinblick auf die Unterlagen der Bürger im Zuge einer vergleichenden Betrachtung zu korrigieren (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Dass damit der Rahmen des Vertretbaren verlassen worden wäre, ist nicht erkennbar.

Auch die konkrete Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch den Beklagten bewegt sich im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative.

Im Rahmen der Beurteilung hat der Beklagte eine Bewertung nach dem Windkrafterlass vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15 ff.). Schon das Ergebnis dieser Bewertung stellt eine tragfähige Grundlage für die Ablehnung der Genehmigungsanträge dar.

Im Windkrafterlass sind Bereiche angegeben, die innerhalb derer zu prüfen sind, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. Windkrafterlass, S. 42 und Anlage 2, S. 58). Dabei besteht ein „engerer“ Prüfbereich, der die empfohlenen Abstände von Windenergieanlagen zu Brutplätzen beschreibt, sowie ein „weiterer“ Prüfbereich, in dem zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.

Nur für den Fall, dass beide Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist - gleichsam von vornherein - davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs-/Verletzungsrisiko besteht (Windkrafterlass, S. 42). Dies ist hier nicht der Fall.

Vielmehr ist der Beklagte davon ausgegangen, dass alle streitgegenständlichen Windenergieanlagen innerhalb des 1 km-Bereichs um das Zentrum eines Rotmilan-Reviers liegen. Ferner lägen sämtliche drei Windenergieanlagen im 1 km-Umgriff um einen Baumfalken-Horst. Die östlichste sowie die „mittlere“ der drei Windenergieanlagen lägen ferner im 1 km-Bereich um das vermutete Zentrum eines Wespenbussard-Reviers (vgl. Übersicht in der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dieser Ausgangspunkt ist fachlich jedenfalls vertretbar und damit rechtlich nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Rotmilans ist der Beklagte sicher, dass ein Revier bestehe. Die genaue Lage des Revierzentrums könne nicht angegeben werden, es liege jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit im östlichen zentralen Bereich des Untersuchungsraumes. Zu schließen sei dies aus den Feststellungen der Bürger 2013 und des Herrn ... 2013. Das Revier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2013 und 2014 besetzt gewesen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16 und 17). Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, dass im Jahr 2014 im streitgegenständlichen Bereich kein Horst bzw. keine Brut eines Rotmilans vorgelegen habe (vgl. u. a. Sitzungsprotokoll, S. 7). Damit ist eine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten nicht aufgezeigt. Insbesondere bedurfte es nicht des zwingenden Nachweises, dass und wo ein Rotmilanhorst vorhanden ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es, wenn allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf das Vorhandensein bestimmter Arten zuließen, nicht zu beanstanden ist, wenn die Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und dem Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen, ebenso wie sonstige Analogieschlüsse, der plausiblen naturschutzfachlichen begründeten Darlegung. Ebenso ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten (BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - juris Rn. 63). Demnach unterfällt die Frage, ob innerhalb des nach dem Windkrafterlass maßgeblichen Prüfbereichs ein (besetzter) Horst vorhanden ist, der behördlichen Einschätzungsprärogative, weil es sich um eine Frage der Erfassung des Bestands der geschützten Arten handelt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 26 ff zu einem Schwarzstorchhorst).

Mit diesen Maßstäben steht die Einschätzung des Beklagten im Einklang. Der Beklagte hat sich unter anderem darauf gestützt, dass sich im Betrachtungsraum zahlreiche Mäusebussard-Horste befänden, die vom Rotmilan häufig benutzt würden. Bei der Sichtung des Materials der Bürger hätten sich in zwei Fällen eindeutige Hinweise für Territorialverhalten bzw. Revierverhalten von gefilmten Rotmilanen identifizieren lassen. Ein nicht gefundener Horst belege daher nicht, dass es auch kein Rotmilan-Revier gebe (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4). Wichtiger sei, das mutmaßliche Revierzentrum zu eruieren als den Horst verbindlich zu suchen (Sitzungsprotokoll, S. 6). Der Beklagte hat ferner darauf hingewiesen, dass selbst erfahrene Vogelkundler immer wieder von ungewöhnlichen oder übersehenen Horsten, namentlich im Nadelwald, überrascht würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 6). Dem hält zwar die Klägerin entgegen, dass es kein Rotmilan-Revier gebe und die beobachteten Flüge gelegentliche Nahrungsflüge von weiter entfernt brütenden Vögeln seien. Sie begründet dies unter anderem damit, dass zwischen dem 22. Mai und dem 31. Juli 2014 kaum Rotmilane hätten beobachtet werden können. Trotz eines verdächtigen Verhaltens Mitte Mai (zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am 15. und 18. Mai 2014) sei es nicht zu einer festen Reviergründung und einem Brutversuch gekommen, da ansonsten häufigere Beobachtungen gelungen wären (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4 und „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Der Beklagte ist dem jedoch mit dem Argument entgegengetreten, wenn es sich um attraktive Nisthabitate des Rotmilans handle, was aufgrund der Geländesituation, der Topografie und des Wald-Offenland-Mosaik-Charakters nachvollziehbar sei, könne es durchaus sein, dass Rotmilane hier brüteten und bei geschlossenen Ackerfluren vorzugsweise in weiter entfernten Gebieten Nahrung suchten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 4). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde ausgeführt, dass ein bettelnder Jungvogel bzw. eine Beuteübergabe festgestellt worden seien. Eine Beuteübergabe komme nur vor, wenn in der Nähe ein Horst existiere (Sitzungsprotokoll S. 6). Dass am 15. und 18. Mai 2014 jeweils zwei Rotmilane im Balzflug mit revieranzeigendem Verhalten am westlichen Rand des Planungsgebietes über dem ‚ beobachtet worden seien, räumt auch die Klägerin ein. U. a. seien die Tiere im Wald gelandet bzw. sei am Waldrand auf einem Baum sitzend gefilmt worden. Dies deute auf ein Brutrevier hin („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 14). Aus diesen Beobachtungen und Feststellungen ziehen zwar der Beklagte und die Klägerin unterschiedliche Schlüsse. Eine derartige unterschiedliche Bewertung stellt jedoch keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative dar, sondern ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014, 879 - juris Rn. 25).

Der Beklagte hat auch klargestellt, dass seine kartographische Darstellung des vermuteten Revierbereichs nicht so zu verstehen sei, als sei die Lage des Revierzentrums bekannt. Aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien sei vielmehr ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). Der Beklagte hat es als fachlich vertretbar bezeichnet, die Abstandskriterien nach dem Windkrafterlass analog und näherungsweise anzuwenden, wenn zwar Standorte nicht genau bekannt seien, aber aufgrund von Balz- und/oder Revierverhalten vom Vorhandensein eines Brutreviers auszugehen sei und das Revierzentrum - wenn auch nur grob - verortet werden könne (a. a. O., S. 8). Liegt eine - ohnehin schwer erreichbare - Gewissheit über das „ob“ und das „wo“ eines Horstes nicht vor, lassen aber im Rahmen der Einschätzungsprärogative zu würdigende Indizien Rückschlüsse auf das Vorhandensein eines Horstes zu, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden.

In Bezug auf das vom Beklagten angenommene Wespenbussard-Revier, dessen Zentrum sich nordwestlich der drei streitgegenständlichen Windenergieanlagen befinden soll, gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Der Beklagte konnte also auch insoweit aufgrund der herangezogenen Unterlagen und weiterer Indizien davon ausgehen, dass sich - neben dem südlich gelegenen, zwischenzeitlich unstreitigen Wespenbussardhorst bei ... - ein zweiter Horst in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen befindet. Diese Annahme erscheint umso plausibler, als bei den Flugbewegungen eine „Lücke“ zwischen dem unstreitig vorhandenen Horst im Süden und den - ebenso unstreitigen - Flugaktivitäten in der Nähe der streitgegenständlichen Anlagen besteht. Eine andere schlüssige Erklärung als das Vorhandensein eines weiteren Horstes für diese Flugbewegungen ist auch von der Klägerin nicht geliefert worden (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 5).

In Bezug auf den Baumfalken gilt Folgendes: Unstreitig wurde ein Horst in unmittelbarer Nähe zur östlichsten Windenergieanlage festgestellt. Aus dem Umstand, dass dieser Horst aufgrund der Beseitigung des entsprechenden Baumes bzw. weiterer Bäume im Nahbereich nicht mehr vorhanden ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Insbesondere ist ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nunmehr nicht definitiv ausgeschlossen. Der Beklagte hatte bereits vor der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er gehe aufgrund der relativ hohen Reviertreue der Art davon aus, dass der Baumfalke in unmittelbarer Nähe des alten Horstes eine geeignete Nestunterlage (altes Krähennest etc.) nützen werde, somit ein weiterhin bestehender Baumfalken-Brutplatz im Nahbereich des traditionellen Brutplatzes anzunehmen sei (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5). In ähnlicher Weise hat der Vertreter der Höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Baumfalke alte Nester von Krähen oder Elstern nutze, aber reviertreu bleibe. Zwar hat er auch angegeben, dass die bisherige Situation mit der Fällung des Nistbaumes und weiterer Bäume in der Umgebung zerstört worden sei (Sitzungsprotokoll, S. 4). Gleichwohl ist - gerade nach der mehrfach vom Beklagten betonten Reviertreue des Baumfalken - nicht ausgeschlossen, dass der Baumfalke einen Horst im maßgeblichen 1 km-Bereich der streitgegenständlichen Windenergieanlagen besetzen wird. Hiergegen spricht bereits die Mitteilung der Klägerin, dass in nicht allzu weiter Entfernung des bisherigen Standorts ein - wenn auch einzelner - männlicher Baumfalke gesichtet wurde (Sitzungsprotokoll, S. 4). Damit aber ist nicht widerlegt, dass der Baumfalke im Sinne des Windkrafterlasses „am geplanten Standort vorkommt“. Daher wären nunmehr nach den Vorgaben des Windkrafterlasses in Bezug auf den Baumfalken (erneut) weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich (Windkrafterlass, S. 41). Derartige Nachkartierungen im Hinblick auf die neue Situation hat die Klägerin nicht durchgeführt. Da die Klägerin demzufolge die nach dem Windkrafterlass notwendigen Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat, kann nicht angenommen werden, dass nunmehr der Abstand zu einem Baumfalkenhorst über den in Anlage 2, Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses genannten Entfernungen liegen würde, so dass das Tötungsrisiko nicht signifikant erhöht wäre (Windkrafterlass, S. 42).

Überdies hat der Beklagte eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bei den insoweit in Rede stehenden beiden östlichen Windenergieanlagen nicht ausschließlich auf eine Betroffenheit des Baumfalkens gestützt, sondern dies auch für weitere Arten angenommen. Selbst wenn also nunmehr in Bezug auf den Baumfalken nicht mehr von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen wäre, wären diese Windenergieanlagen wegen einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos bezüglich weiterer Vogelgarten nicht genehmigungsfähig.

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, auf welchen Zeitpunkt bei der Beurteilung des signifikant erhöhten Tötungsrisikos abzustellen ist.

Die Unterschreitung des „engeren“ 1 km-Prüfabstands in Bezug auf Rotmilan und Wespenbussard (letztere für die beiden westlich gelegenen Windenergieanlagen) führt zwar noch nicht gleichsam im Sinne einer Automatik dazu, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Dies stellt auch der Windkrafterlass (S. 42) klar. Der Windkrafterlass führt allerdings weiter aus, dass, wenn die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 2, Spalte 2 angegebenen („engeren“) Prüfbereich nicht ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder selten überflogen wird, in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist (Windkrafterlass, S. 42). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Aussage aufgegriffen und daraus geschlossen, dass es bei der Unterschreitung des Mindestabstands der Windenergieanlage zum Brutvorkommen darauf ankommt, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windenergieanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, B.v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 u. a. - NuR 2014. 879 - juris Rn. 30; BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - juris Rn. 50). Ob damit in rechtlicher Hinsicht - wie wohl vom Beklagten angenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 15) - eine „Vermutung“ besteht, dass bei Unterschreitung dieses Mindestabstands grundsätzlich von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist, wenn nicht ausnahmsweise eine Meidung oder ein seltenes Überliegen der Windenergieanlage festzustellen ist, kann offenbleiben. In Richtung einer solchen Vermutung gehen Aussagen in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es „naturschutzfachlich vertretbar“ sei, für den Rotmilan von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko durch den Betrieb von Windkraftanlagen grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Abstand der Windenergieanlage weniger als 1.000 m betrage, es sei denn, es lägen zuverlässige Erkenntnisse darüber vor, dass sich in einer größeren Entfernung als 1.000 m ein oder mehrere für den Rotmilan attraktive, nicht nur kurzzeitig bzw. zeitweise zur Verfügung stehende Nahrungshabitate befinden und die Windenergieanlagen dort oder innerhalb eines Flugkorridors dorthin liegen (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2011 - 2 L 6/09 - NuR 2012, 196 - juris Rn. 77; bestätigt durch BVerwG, U.v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 - juris Rn. 23).

Jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit nicht ergeben, dass die geplanten Windenergieanlagen im Sinne der zitierten Aussage der Rechtsprechung und des Windkrafterlasses gemieden oder selten überflogen werden. Der Beklagte hat seine Feststellungen dahingehend zusammengefasst, dass sich bei der Raumnutzung nach den Daten der Bürger und den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein sehr ähnliches Bild ergebe, wonach alle drei Anlagen regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 16). Dies ergibt sich anschaulich auch aus den vom Beklagten in seine Stellungnahme aufgenommenen Kartierungen von Flugbewegungen des Rotmilans, des Baumfalken und des Wespenbussards (a. a. O., S. 24 f.).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin vermögen keine Überschreitung der Einschätzungsprärogative des Beklagten aufzuzeigen. Die Klägerin stellt insbesondere maßgeblich darauf ab, dass sowohl absolut als auch relativ zur von ihren Gutachtern abgeleisteten Gesamtbeobachtungsdauer zu wenig Flugbewegungen im „Risikobereich“ über den geplanten Anlagenstandorten stattgefunden hätten. Als „Risikobereich“ wird dabei ein Durchmesser von ca. 250 m um den geplanten Anlagenstandort sowie eine Flughöhe zwischen 80 m und 200 m angenommen (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 3 ff.). Eine derart scharfe Abgrenzung eines „Risikobereichs“ kann allerdings dem Windkrafterlass nicht entnommen werden. Die maßgeblichen „Prüfbereiche“ umfassen, wie ausgeführt, einen „engeren“ (Abstand zu Horsten) und einen „weiteren“ (Nahrungshabitate) Bereich und beziehen sich damit auf deutlich „gröbere“ Bereiche. Dies ergibt sich auch aus den im Windkrafterlass (Seite 43 f.) genannten „Beispielen für Prüfbereiche“. So geht der Windkrafterlasses etwa davon aus, dass eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos auch dann vorliegt, wenn das Brutvorkommen außerhalb des „engeren“ Prüfbereichs liegt, der Flugkorridor zu Nahrungshabitaten aber durch diesen engeren Prüfbereich führt.

Die Klägerin beruft sich offenbar bei der Definition des „Risikobereichs“ auf Aussagen in Anlage 6 des Windkrafterlasses, wonach die Erfassung der Flugbewegungen u. a. Aufschluss über die Dauer von Flugbewegungen „im Umkreis der Anlagen“ und den Anteil der Flugdauer „in Rotorhöhe“ geben sollen. Es sei die Zeitdauer zu stoppen, die sich ein Vogel in den Höhenstufen „über den Rotorblättern“ oder „unter bzw. im Bereich der Rotoren“ aufhalte. Als Ergebnis der Untersuchungen erhalte man Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten „je Höhenstufe“. Je weniger die geplanten Anlagen „in der relevanten Höhe“ überflogen würden, umso geringer sei das Kollisionsrisiko (Anlage 6 zum Windkrafterlass, S. 65).

Der Windkrafterlass mag vergleichsweise detailliert regeln, wie Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten zu erfassen sind. Hinsichtlich der Bewertung dieser Beobachtungen enthält der Windkrafterlass, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, kaum bzw. nur sehr vage Angaben. Im Kern verlangt der Windkrafterlasses eine Prognose, wenn er insbesondere von einer „Abschätzung“ der „Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage“, bzw. von „höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten“ spricht (Windkrafterlass, S. 41 f.; Anlage 6, S. 64). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine Prognose erforderlich ist, die naturschutzfachlich vertretbar ist und von der der Behörde insofern zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt ist. Hingegen lässt sich nicht abstrakt oder prozentual angeben, wann eine Erhöhung des Tötungsrisikos als „signifikant“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet werden kann (BayVGH, U.v. 20.11.2012 - 22 A 10. 40041 - juris Rn. 77 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274.; den Begriff Prognose verwendend auch BayVGH, B.v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 47).

Dass die Prognose des Beklagten vorliegend unvertretbar ist, ist nicht erkennbar. Insbesondere dem Windkrafterlass lässt sich nicht entnehmen, dass es ausschließlich auf die von der Klägerin maßgeblich zugrunde gelegten absoluten Flüge in einem „Risikobereich“ sowie das Verhältnis zur Gesamtbeobachtungsdauer ankommen soll. Vielmehr halten die Klägerin bzw. die von ihr beauftragten Gutachter ihre „Herangehensweise, ein erhöhtes Tötungsrisiko über die prozentuale Beobachtungszeitraum im Risikobereich abzuleiten“ für „durchaus nachvollziehbar und praktikabel“ („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Ob diese von der Klägerin bzw. ihren Gutachtern entwickelte Bewertungsmethode vertretbar ist, braucht nicht entschieden zu werden, denn schon nach dem Vortrag der Klägerin selbst ist nicht erkennbar, dass dies die einzige Möglichkeit zur Bewertung des Tötungsrisikos wäre und andere Methoden nicht vertretbar sind. Der von der Klägerin befürworteten Herangehensweise lässt sich allerdings entgegenhalten, dass sich die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos nach der genannten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht in Prozentanteilen ausdrücken lässt. Daher kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 29.3.2011 - W 4 K 10.371) berufen, der die von der ihr beauftragten Gutachter „grundsätzliche Bedeutung“ zumessen („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 11). Abgesehen davon, dass es - wie ausgeführt - gerade nicht möglich ist, für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos einen Prozentwert anzugeben, hat das Verwaltungsgericht Würzburg in dieser Entscheidung nicht rechtssatzartig bzw. grundsätzlich entschieden, dass von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos erst auszugehen ist, wenn die Aufenthaltsdauer der betreffenden Art im Gefahrenbereich einen Anteil von 10% der Beobachtungszeit übersteigt. Vielmehr hat sich auch das Verwaltungsgericht Würzburg auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, wonach es auf das konkrete Gefährdungspotenzial im Einzelfall ankommt. Überdies liegt der Entscheidung ein mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort hatte die Behörde einen Vorbescheid zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage aus Sicht des Gerichts zu Unrecht aufgehoben, weil die Behörde lediglich „pauschale Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht“ geltend gemacht hatte. Um eine solche Konstellation handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch ersichtlich nicht, wie die vom Beklagten vorgenommene ausführliche Bewertung des im Verfahren seitens der Klägerin und der Bürger vorgebrachten Materials zeigt.

Dem Vortrag der Klägerin lässt sich auch sonst nicht entnehmen, dass die Annahme des Beklagten, alle drei geplanten Windenergieanlagen würden regelmäßig im Gefahrenbereich überflogen, unvertretbar wäre. Die von der Klägerin beauftragten Gutachter haben bei eigener Auswertung des Materials der Bürger beim Rotmilan ca. 120 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe, beim Schwarzmilan ca. 49 Flugbewegungen in Gefahrenhöhe und beim Wespenbussard 17 Aufnahmen in Gefahrenhöhe ermittelt („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde vom 7.4.2015, S. 9). Zwar betonen die Gutachter der Klägerin auch insoweit, es sei nur der ungefähre Flugbereich zu erkennen; damit sei nicht eindeutig erkennbar, ob Anlagenstandorte überflogen worden sind. Dem ist jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass die Frage der Bewertung der Gefahren, die die geschützten Arten ausgesetzt sein werden, der Einschätzungsprärogative des Beklagten unterfällt. Zudem erlaubt der Windkrafterlass, wie die bereits zitierten Aussagen und Beispiele zeigen (Windkrafterlass, S. 42 ff.), grundsätzlich auch eine Beurteilung an Hand eines deutlich „gröberen“ Rasters. Selbst wenn nur auf die ermittelten Flugbewegungen im Gefahrenbereich abgestellt wird, unterfällt die Prognose, ob sich aus diesen Werten eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos ableiten lässt, der Einschätzungsprärogative des Beklagten. Dessen Annahmen erscheinen gerade auch bei den von der Klägerin ermittelten Zahlen zum Rotmilan vertretbar, selbst wenn berücksichtigt wird, dass sich diese Werte nicht allein auf die hier streitgegenständlichen Anlagen, sondern auch auf die drei geplanten Anlagen des Verfahrens Au 4 K 14.795 beziehen.

Nach allem konnte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass angesichts erhöhter Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im „engeren“ Prüfbereich in Bezug auf den Rotmilan und den Wespenbussard von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos auszugehen ist. Bereits diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und würde daher zur Abweisung der Klage führen.

Auch in Bezug auf den Prüfbereich für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate (Anlage 2, Spalte 3 zum Windkrafterlass) hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht.

Der Beklagte hat die Geeignetheit des näheren Umfelds um die streitgegenständlichen Windenergieanlagen als Nahrungshabitat wiederholt begründet. So seien an „manchen, großenteils südexponierten Randzonen“ Übergangsbereiche (Saumzonen) vorhanden. Diese begründeten eine erhöhte Artenvielfalt. Insbesondere sei hier das Futterangebot an Insekten, Mäusen etc. lukrativ, wodurch bevorzugte Nahrungsflüge am Waldrandbereich, z. B. durch den Rotmilan, erklärbar würden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 2). Das Gelände sei für Rotmilan, Wespenbussard und Mäusebussard aufgrund der gegebenen Offenland-Wald-Verteilung und des v.a. in Ost-West-Richtung an den Waldrandzonen vorhandenen Restgrünlandes und anderer für Nahrungssuche relevanter Strukturkomponenten ein günstiger Lebensraum. Der vordergründige Eindruck, das Gebiet sei wenig geeignet wegen weitgehend fehlendes Grünlandes, täusche (a. a. O., S. 8). Die Verteilung der Einzelhabitate (Wiesen, Grasbereiche) sei relativ homogen innerhalb des Gesamtgebiets. Das Muster zeige eine hohe Zahl meist kleiner Habitatstrukturen bzw. Flächen. Es gebe also keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen, sondern diese seien kleinräumig über das Gebiet verteilt. Auch die Saumstrukturen entlang der Waldränder, Bewirtschaftungsgrenzen, Wegraine, würden regelmäßig zu Nahrungsflügen genutzt. Dies werde insgesamt durch die Flugdarstellungen der Beobachter/Gutachter bestätigt (a. a. O., S. 12 f.). Aufgrund der kleinteiligen Wald-Offenland-Verteilung, mit einer Vielzahl meist kleinflächiger Strukturen mit Nahrungshabitatfunktion für Arten wie Rot- und Schwarzmilan (Saumzonen an Ranken und Waldrändern, Wiesen, Futtergrasflächen, Abbaustellen) und der bewegten Geländemorphologie stelle der Bereich des geplanten Windparks zwar keinen optimaler Lebensraum, aber doch einen durchschnittlichen Lebensraum für die beiden Milanarten dar. V.a. der Rotmilan fliege Waldränder bevorzugt ab, zumindest teilweise sei das anhand der gefundenen Raumnutzung nachvollziehbar (a. a. O., S. 17).

Die Klägerin hält dem im Wesentlichen entgegen, der Beklagte „überhöhe“ die Geeignetheit der Nahrungshabitate; sie würden vom Beklagten als viel besser dargestellt als sie tatsächlichen seien. Zudem werde der Eindruck erweckt, als handle es sich gerade beim Planungsgebiet der Windenergieanlagen um ein besonders großes, geschlossenes Nahrungshabitat, und dass das am besten geeignete und großflächigste Nahrungshabitat des gesamten Raums im Untersuchungsgebiet liege. Richtig sei demgegenüber, dass es sich gerade nicht um besonders ausgeprägte Verhältnisse handele, die speziell bzw. exklusiv das Projektgebiet auszeichneten. Der Beklagte habe die an den Planungsraum angrenzenden sehr guten Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ... im Westen sowie das ...-/... im Nordosten nicht betrachtet und Schlussfolgerungen verfälscht.

Diese Einwendungen lassen keine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative erkennen.

Der Beklagte ist selbst davon ausgegangen, dass es sich, gerade in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan, nicht um einen optimalen Lebensraum handelt (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 17). Allerdings hat er den Einwendungen der Klägerin entgegengehalten, dass nicht nur optimal ausgestattete Lebensräume vom Rotmilan besiedelt würden. Der Lebensraum im Vorhabensgebiet sei für den Rotmilan mindestens als sehr geeignet zu bezeichnen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Dass dies naturschutzfachlich nicht jedenfalls vertretbar sein sollte, ist nicht ersichtlich. In Bezug auf die von der Klägerin wiederholt angeführten potenziellen (besseren) Nahrungshabitate im Tal der Kleinen ..., im ...- und im ... hat der Beklagte sich derart eingelassen, dass es sich insoweit nur um eine nicht belegte Vermutung handele. Fachlich vertretbar sei es, dass auch größere Grünlandgebiete nur an wenigen Tagen der Mahd bevorzugt genutzt würden. Ansonsten unterscheide sich die Nutzung nicht von der sonstiger Offenlandbereiche wie beispielsweise von Feldern, weil - ebenso wie höher aufgewachsene Feldfrüchte - auch höher aufgewachsene Gräser den Blick auf die dort lebenden Kleinsäuger versperrten. Die Nahrungssuche konzentriere sich daher außerhalb der Mahd auf die Nutzung von Saum- bzw. Grenzstrukturen, die Kleinsäugern wenig Schutz böten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3). Die Klägerin hat nichts dargelegt, weshalb es sich bei dem Areal um die geplanten Windenergieanlagen nicht jedenfalls, wie vom Beklagten selbst zugrunde gelegt, um ein zumindest geeignetes Nahrungshabitat handeln sollte.

Es liegt auch keine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 des Windkrafterlasses („engerer“ Prüfbereich) genannten Abstände vor, so dass in der Regel nicht von erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich der Windenergieanlagen auszugehen wäre (vgl. Windkrafterlass, S. 42). Zum einen liegen etliche vom Beklagten aufgeführte Einzelflächen, die als Nahrungshabitat für Rotmilan, Wespenbussard und Schwarzmilan relevant seien, nicht außerhalb, sondern innerhalb des „engeren“ Prüfbereichs. Ansonsten führt der Beklagte zwar aus, dass es keine Häufung von Habitaten an wenigen Stellen gebe, sondern diese kleinräumig über das Gebiet verteilt seien (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 12). Jedoch folgert der Beklagte gerade aus der Wald-Offenland-Verteilung und der „diffusen“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebiets, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der Windenergieanlagen-Bereiche gebe, und dass es in erhöhtem Maße zu Waldrandflügen und Gebietsquerungen kommen werde (a. a. O., S. 15). Nach diesen Feststellungen und Einschätzungen liegt gerade keine „großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate“ vor, die im Sinne des Windkrafterlasses nur „zufällige“ bzw. „gelegentliche“ Aufenthalte im Bereich der Windenergieanlagen erwarten ließe. Vielmehr hat der Beklagte mit diesen Darlegungen im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative hinreichend plausibel dargetan, dass die von ihm zugrunde gelegten Nahrungshabitate durchaus eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses darstellten, die auch regelmäßig (insbesondere über die Windenergieanlagen) angeflogen würden. Den Einwendungen der Klägerin, es gebe deutlich besser geeignete Nahrungshabitate, ist der Beklagte, wie ausgeführt, in jedenfalls vertretbarer Weise entgegengetreten. Damit hat der Beklagte ausreichend dargetan, dass es sich bei dem von ihm betrachteten Nahrungshabitaten um einen „Hot Spot“ handelt (zu diesem Begriff BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 52)

Überdies belegen auch Angaben der Klägerin in nicht unerheblichem Umfang die Vertretbarkeit der Annahmen des Beklagten. So erkennt auch die Klägerin in Bezug auf Rotmilan und Schwarzmilan an, dass das Untersuchungsgebiet von Brutvögeln aus dem Umfeld des Untersuchungsgebiets auf Nahrungsflügen durchflogen wird. Bezüglich des Rotmilans nennen die von der Klägerin beauftragten Gutachter ausdrücklich einen Horststandort, der sich ca. 4 km vom Untersuchungsgebiet entfernt befindet. Ein weiteres Rotmilanrevier sei ca. 2 km vom Untersuchungsgebiet entfernt festgestellt worden, jedoch ohne Horstnachweis (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 7). Beide Standorte liegen innerhalb des „weiteren“ und damit auch für die vorliegenden Anlagen noch maßgeblichen Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses. Selbst das ursprünglich von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung hatte zum Rotmilan ausgeführt (S. 22), dass dieser in einem Radius von 1.000 m um das Vorhaben als „weitgehend konstanter Nahrungsgast als Brutvogel der nähere Umgebung“ vorkäme. In Bezug auf den Wespenbussard geht auch die Klägerin davon aus, dass im Untersuchungsgebiet grundsätzlich geeignete Wälder und Waldsäume mit Vorkommen von Wespenbussardnestern vorhanden sind (Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 13.10.2014, S. 9).

Nach allem hat der Beklagte auch wegen regelmäßig durch kollisionsgefährdete Vogelarten aufgesuchter Nahrungshabitate in vertretbarer Weise eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos angenommen. Auch diese Bewertung hätte die Ablehnung der Genehmigungsanträge gerechtfertigt und führt daher zur Abweisung der Klage.

Auf die vom Beklagten vorgenommene „Betrachtung des Kollisions- und Tötungsrisikos“ (Abschnitt VI der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 19 ff.) und die Frage, ob die dort von ihm verwendeten Grundlagen, Methoden und Formeln durchweg von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt sind, kommt es demnach nicht mehr entscheidend an.

Der Beklagte hat sich angesichts des Fehlens einer „wissenschaftlich anerkannten und fachlich verbindlichen Erheblichkeitsschwelle zur Ermittlung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos (…) ein eigenes Bewertungsschema entworfen“ und „verbale Betrachtungen des Winderlasses in konkrete Zahlen übersetzt“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 5 f.). Er hat dazu die Beobachtungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter und der ... Bürger bezüglich „Durchflügen“ - wobei „Durchflug“ die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Risikoflug im Gefahrenbereich bedeutet (a. a. O., S. 6) - auf die laut Fachliteratur durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der einzelnen Vogelarten hochgerechnet. Dies geschah mittels eines Faktors, der sich aus der Division dieser durchschnittlichen Anwesenheitszeiten der Arten durch die Zahl der jeweiligen Beobachtungstage ergab. Dabei wurden bei den Beobachtungen der Bürger ein Abschlag von 20% vorgenommen „um mögliche bzw. wahrscheinliche Fehleinschätzung in der Vertikaleinstufung zu berücksichtigen“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 11; Sitzungsprotokoll, S. 9). Bei den Beobachtungen des Rotmilans hat der Beklagte die Beobachtungszahlen der von der Klägerin beauftragten Gutachter mit 3,0 multipliziert, um „einerseits die Unterschiede zwischen Mindestbeobachtung und einer längeren Beobachtungsdauer und andererseits der tageszeitlichen Erhebung“ auszugleichen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4).

Ab einem Wert von 15 Durchflügen je Anlage ist der Beklagte von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos ausgegangen.

Ob dieses Vorgehen des Beklagten vollständig von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt ist, wäre dann zweifelhaft, wenn es gleichsam als mathematische Formel zur Berechnung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos interpretiert würde. Zwar hat der Beklagte zu einigen von der Klägerin geltend gemachten Mängeln näheres ausgeführt bzw. Korrekturen vorgenommen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6 f.). Ebenso mag es zwar vertretbar sein, bei der Beurteilung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist, auf Durchflüge durch den Gefahrenbereich einer Windenergieanlage abzustellen (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 20 und Sitzungsprotokoll, S. 10). Fragen wirft allerdings die Annahme auf, dass bei 15 Durchflügen im Gefahrenbereich je Windkraftanlage die Grenze zur „signifikanten“ Erhöhung des Tötungsrisikos überschritten sein soll. Dass in der Genehmigungspraxis ein Bedürfnis nach einem „festen“ Grenzwert besteht, mag verständlich sein. Weder aus dem Windkrafterlass ergibt sich jedoch ein solcher fester Wert, noch sind vom Beklagten diesbezüglich andere Unterlagen angeführt worden. Ähnliches gilt für die vom Beklagten vorgenommenen Korrekturabschläge von 20% bei den Beobachtungen der Bürger und den Korrekturfaktor von 3,0 bei den Rotmilan-Beobachtungen der von der Klägerin beauftragter Gutachter. Trotz zwischenzeitlich näherer Angaben des Beklagten (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 4) ist nicht hinreichend deutlich geworden, weshalb gerade ein Korrekturfaktor von 3,0 angesetzt worden ist. Gleiches gilt für den 20%-Abschlag, zumal die Klägerin geltend gemacht hat, dass die von ihren Gutachtern vorgenommene Auswertung des Videomaterials der Bürger eine deutlich geringere Anzahl an Risikoflügen als 80% ergeben hat, so dass ein größerer Abschlag als 20% anzusetzen gewesen wäre (vgl. „Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17).

Bei einer Gesamtbetrachtung der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde wird jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Beklagten weder um eine derartige mathematische Berechnung des „signifikant“ erhöhten Tötungsrisikos gegangen ist, noch, dass er ausschließlich auf eine solche Berechnung zurückgegriffen hat.

Der Beklagte stand vor der Aufgabe, auf Grundlage der für ihn, wie ausgeführt, maßgeblichen, aber mit unterschiedlicher Methodik erstellten Erkenntnisquellen eine Prognose hinsichtlich der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos zu treffen. Der Beklagte hat sich in dieser weder im Windkrafterlass noch sonst geregelten Situation dafür entschieden, keine für jede Erkenntnisquelle getrennte Prognose anzustellen, sondern dafür, diese beiden Quellen in Beziehung zueinander zu setzen, ferner näherungsweise eine vergleichbare Datengrundlage zu entwickeln und darauf seine Prognose zu stützen. Dieses Vorgehen erscheint nachvollziehbar, jedenfalls aber ist es vertretbar. Überdies hat dieses Vorgehen nicht zu einer Ersetzung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch eigene Zahlen des Beklagten geführt. Der Beklagte hat vielmehr mehrfach deutlich gemacht, dass die Daten der Bürger ergänzende Beurteilungsunterlagen geliefert haben (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 3), so dass im Ergebnis Erkenntnisse hinzugekommen seien, die das Bild veränderten, wie es sich allein aufgrund der Kartierungen der von der Klägerin beauftragten Gutachter ergeben würde (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 26).

Wie ausgeführt, spricht auch aus Sicht der Klägerin nichts gegen eine ergänzende Verwendung der Daten der Bürger („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 18). In welcher Form der Beklagte diese Daten hätte verwenden sollen, wird allerdings auch von der Klägerin nicht aufgezeigt. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen, auf welche andere Art und Weise der Beklagte in zumindest einigermaßen belastbarer oder vertretbarer Art und Weise die Daten der Bürger und die von ihr vorgelegten Unterlagen derart zueinander in Beziehung setzen hätte sollen, dass er darauf eine Beurteilung der signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos hätte stützen können.

Zwar mag ein Wert von 15 Durchflügen pro Windenergieanlage, wie ausgeführt, als Grenze für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos in seiner Absolutheit fragwürdig sein. Die Kammer stellt daher insoweit ausdrücklich klar, dass aus der Abweisung der vorliegenden Klage nicht geschlossen werden kann, sie habe diesen Wert als rechtlich verbindlich für die signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos akzeptiert. Gleichwohl hat der Beklagte insoweit mit noch ausreichender Deutlichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihm dabei vor allem um die Feststellung ging, in einem solchen Fall könne jedenfalls nicht mehr von „nur vereinzelten Durchflügen“ gesprochen werden (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17.6.2015, S. 6), bzw. „dass insgesamt mehr als nur vereinzelte Durchflüge stattgefunden haben bzw. zu erwarten sind“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Dass die Annahme des Beklagten jedenfalls im Ergebnis nicht unvertretbar ist, zeigen etwa die Hochrechnungen, die die von der Klägerin beauftragten Gutachter in Bezug auf die Gesamt-Anwesenheitsdauer des Rotmilans vorgenommen haben („Abwägung Stellungnahme Untere Naturschutzbehörde“ vom 7.4.2015, S. 17). Zwar sind diese Zahlen nicht dem jeweiligen Standort bei Windenergieanlage konkret zugerechnet und erfassen auch die Windenergieanlagen aus dem Verfahren Au 4 K 14.795. Gleichwohl erscheint - nicht zuletzt aufgrund der Anordnung der Anlagen - die Annahme des Beklagten vertretbar, dass prognostisch von mehr als nur vereinzelten Durchflügen auszugehen ist.

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass es dem Beklagten auch darum ging, die bisherige Einschätzung der von der Klägerin beauftragten Gutachter (dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliege) zu widerlegen (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27). Dass diese Widerlegung dem Beklagten nicht gelungen ist, lässt sich trotz der Beanstandungen durch die Klägerin nicht annehmen.

Nach allem ist die zusammenfassende Beurteilung des Beklagten vertretbar und damit nicht zu beanstanden, dass „aufgrund der Lebensraumeignung - als Nahrungsraum und/oder Nisthabitat - und des vorgefundenen Brutbestandes, in Verbindung mit der festgestellten Raumnutzung der vier kollisionsgefährdeten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke und Wespenbussard (…) durch die drei geplanten Anlagen jeweils für mindestens eine kollisionsgefährdete Art das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist“ (Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 23.12.2014, S. 27).

Von einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und damit von einem Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist daher auszugehen.

2. Die Klage hat auch im Hilfsantrag (Neuverbescheidung) keinen Erfolg.

Da es sich bei der Genehmigungsentscheidung nach § 6 Abs. 1 BImSchG um eine gebundene Entscheidung handelt und die Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (bzw. das Entgegenstehen naturschutzfachlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) einen Versagungsgrund darstellt, ist die Ablehnung des Genehmigungsantrags durch den Beklagten zu Recht erfolgt, so dass ein Anspruch auf Neuverbescheidung gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht in Betracht kommt.

Ein Anspruch auf Neuverbescheidung ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, dass bei der Prüfung des Tötungstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Maßnahmen, mittels derer Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zu mindest minimiert werden soll, in die Betrachtung einzubeziehen sind (vgl. nur BVerwG, U.v. 9.7.2008 - 9 A 14/07 - BVerwGE 131, 274 - juris Rn. 91).

Derartige Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahmen wurden weder von der Klägerin in konkreter Weise aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich.

Es ist nicht Sache der Genehmigungsbehörde, ohne nähere, konkrete Angaben des Antragstellers zu entscheiden, ob mittels Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verletzung des Tötungsverbots abgewendet werden kann. Die Entwicklung eines entsprechenden Vermeidungs- und Ausgleichskonzepts ist vielmehr Sache des Antragstellers (vgl. OVG NRW, U.v. 20.11.2012 - 8 A 252/10 - NuR 2013, 146 - juris Rn. 121), wobei in diesem Zusammenhang etwa auch die Verfügungsbefugnis über hierfür benötigte Grundstücke nachzuweisen wäre. Diese Obliegenheit des Antragstellers gilt im vorliegenden Verfahren umso mehr, als sich die Klägerin im Prozess durchweg darauf berufen hat, das Vorhaben sei bereits aufgrund der von ihr ursprünglich vorgelegten Unterlagen genehmigungsfähig.

Zwar zeigt das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Nachtrag 2014, S. 11) abstrakt Meidungs- und Minimierungsmaßnahmen auf. Eine derartige, ohne erkennbaren Bezug zu den konkret beantragten Anlagen erstellte Auflistung ist jedoch nicht ausreichend. Im Übrigen nennt das Gutachten bei den einzelnen untersuchten Vogelarten von dieser Auflistung in Bezug auf Wespenbussard, Rotmilan und Schwarzmilan lediglich als „unterstützende konfliktvermeidende Maßnahme“ die „Markierung der Rotorblätter in rot-weiß“. Hierzu führt jedoch eine von der Klägerin selbst vorgelegte Unterlage („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung für den geplanten Windpark ...“ vom 24.4.2015, S. 8) aus, dass der Nachweis der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme noch ausstehe. Ob dies zu einer Attraktionswirkung oder Scheuchwirkung führe sei bisher offen. Aufgrund der vorliegenden Kollisionsopfer sei davon auszugehen, dass insbesondere Greifvögel sich nicht durch drehende Rotoren abhalten ließen, einen Luftraum zu nutzen. Damit stellt diese Maßnahme schon nach dem Vorbringen der Klägerin selbst keine geeignete Vermeidungs- oder Minimierungsmaßnahme dar.

In Bezug auf den Baumfalken wird in dem Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (S. 38) als Vermeidungs-/Minderungsmaßnahme die Etablierung von drei Ersatzhorsten im Bereich des ...- bzw. ... vorgeschlagen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Vermeidungs-/Minimierungsmaßnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Eine Vermeidungs-/bzw. Minimierungsmaßnahme kann nicht darin bestehen, schlicht die Ursache für die Verletzung des Tötungsverbots, d. h. den fraglichen Horst, zu entfernen. Zudem ist es nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auch verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten zu beschädigen oder zu zerstören. Es liegt auf der Hand, dass der Verstoß gegen ein Zugriffsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) nicht durch den Verstoß gegen einen anderen Verbotstatbestand aufgewogen werden kann. Dementsprechend geht die Klägerin offenbar selbst davon aus („Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung“ vom 24.4.2015, S. 5), dass für diese Maßnahme eine Ausnahmeregelung nach § 45 (offenbar Abs. 7) BNatSchG erforderlich wäre. Dass Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt wären, hat jedoch die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan, insbesondere auch nicht, ob die nach dem Windkrafterlass (S. 48) hierfür zugrunde liegenden Maßstäbe erfüllt wären.

Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Frage, inwieweit zur Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG Beobachtungen und Unterlagen Dritter zusätzlich zu Kartierungen nach dem Bayerischen Windkrafterlass verwendet werden können, grundsätzliche Bedeutung hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzulegen; sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag vom Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 663.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Je Windenergieanlage war ein Streitwert von 221.000,00 EUR anzusetzen, da die Herstellungskosten jeweils bei 2.210.000,00 EUR liegen (Bl. 58 der Antragsunterlagen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tenor

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 wird geändert.

II.

Der Bescheid des Landratsamtes Donau-Ries vom 5. März 2015 wird aufgehoben, soweit darin die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen auf dem Grundstück Fl.Nr. 200 der Gemarkung W. (sog. WEA 1 und WEA 2) abgelehnt wurde. Der Beklagte wird verpflichtet, insoweit über den Genehmigungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs neu zu entscheiden.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerin zu 2/3, der Beklagte und die Beigeladene zu je 1/6.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen.

Mit am 18. Mai 2012 beim Landratsamt Donau-Ries eingegangenem Schreiben stellte die Klägerin einen Genehmigungsantrag betreffend drei Windkraftanlagen (im Verfahren als „Windpark W.“ mit den Anlagen WEA 1, 2 und 3 bezeichnet) mit jeweils einer Nabenhöhe von 140 m, einem Rotordurchmesser von 112 m und einer Gesamthöhe von 196 m, die auf den Grundstücken Fl.Nrn. 189 und 200 der Gemarkung W. im Gemeindegebiet der Beigeladenen errichtet werden sollten.

Die Klägerin legte dem Landratsamt ein Gutachten vom 30. Januar 2014 unter dem Titel „Horstsuche“, ein „Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Neufassung“ vom 27. Februar 2014 sowie eine „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 29. August 2014 vor.

In einer Stellungnahme des Landratsamtes Donau-Ries - untere Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 wird u. a. ausgeführt, im Gebiet der geplanten Windkraftanlagenstandorte würden kollisionsrelevante Arten als stabile Brutvögel vorkommen, speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke. Die sicher gefundenen Horste von Baumfalke und Wespenbussard und die höchstwahrscheinlichen Brutplätze von Rotmilan und Schwarzmilan würden im Nahbereich von Anlagenstandorten des geplanten Windparks liegen. Beim Rotmilan sei trotz eindeutiger revieranzeigender Aktivitäten kein Horst nachgewiesen worden. Aufgrund eindeutiger Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe weiter der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes östlich von Pessenburgheim. Erkenntnislücken in den klägerischen Gutachten würden durch Beobachtungen von W. Bürgern ergänzt. Aufgrund der sehr hohen Qualität der von diesen Bürgern vorgelegten Dokumentationen sei von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen auszugehen. Es sei aller Wahrscheinlichkeit durchschnittlich mit insgesamt ca. 250 Durchflügen des Rotmilans pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windkraftanlagen zu rechnen. Der Untersuchungsraum sei als Nahrungsraum grundsätzlich geeignet, wenn auch die Nahrungshabitate nicht gleichmäßig ausgeprägt seien. Die Nahrungssuchflüge würden über den ganzen Untersuchungsraum verteilt erfolgen. In der Stellungnahme wird weiter von einer „Regelvermutung“ im Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 ausgegangen, wonach Anlagen in einem Umkreis von einem Kilometer um „Revierzentren“ nicht „mit den Artenschutzanforderungen in Einklang“ stünden, es sei denn, es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windkraftanlagen nicht in Kontakt kämen. Es sei im vorliegenden Fall bei allen drei Arten (Rotmilan, Wespenbussard, Baumfalke) davon auszugehen, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der „WEA-Bereiche“ gebe, weil die Wald-Offenland-Verteilung und die „diffuse“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebietes in erhöhtem Maße Waldrandflüge und Gebietsquerungen vermuten ließen. Somit stünden solche Standorte, bei denen sich im Umkreis von einem Kilometer ein „Revierzentrum“ einer der „vier Arten“ befinde, nicht im Einklang mit den Artenschutzvorschriften. Da Baumfalke und Wespenbussard störungsempfindlich hinsichtlich Veränderungen in ihrem Lebensraum seien, werde nach dem Vorsorgeprinzip ein Radius von einem Kilometer um den jeweiligen Horst gezogen, um negative Auswirkungen auszuschließen. Im Ergebnis sei von mehr als nur vereinzelten Durchflügen und bei allen drei geplanten Standorten für mindestens jeweils eine Art (Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke oder Wespenbussard) von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen.

Mit Bescheid vom 5. März 2015 lehnte das Landratsamt Donau-Ries den Antrag der Klägerin vom 18. Mai 2012 auf Errichtung und Betrieb eines Windparks bestehend aus drei Windkraftanlagen auf den Grundstücken Fl.Nrn. 200 und 189 der Gemarkung W. ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die unter Zugrundelegung des Windkrafterlasses vom 20. Dezember 2011 gewonnene Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde Bezug genommen, wonach der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bei Verwirklichung des Vorhabens als erfüllt anzusehen sei. Das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke sei danach signifikant erhöht. Die Standorte der geplanten Anlagen befänden sich nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter kollisionsgefährdeter Arten. Die der Einschätzung zugrunde liegenden dokumentierten Flugbewegungen würden sich eindeutig der vom Vorhaben betroffenen Flur zuordnen lassen und seien aussagekräftig. Die Genehmigungsbehörde mache sich infolgedessen die Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde zu Eigen.

In Reaktion auf die vorgenannte Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 legte die Klägerin eine Ausarbeitung vom 24. März 2015 unter dem Titel „Abwägung Stellungnahme untere Naturschutzbehörde, Landratsamt Donau-Ries“ vor. Darin werden vermeintliche fachliche und methodische Defizite in der Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 aufgeführt. Die untere Naturschutzbehörde ging in einer weiteren Stellungnahme vom 17. Juni 2015 auf das von der Klägerin eingeholte Gutachten vom 24. März 2015 ein.

Mit Urteil vom 2. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage der Klägerin ab, mit der diese einen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Erlaubnis entsprechend ihrem Antrag vom 18. Mai 2012 geltend gemacht hatte. Der Erteilung der begehrten Erlaubnis stünden Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, da das Vorhaben der Klägerin gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Die Beurteilung des Beklagten betreffend ein durch die geplanten Windkraftanlagen signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für besonders kollisionsgefährdete Vogelarten bewege sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung gegen das Urteil vom 2. Juli 2015 beantragt die Klägerin zuletzt:

1. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 (Az. Au 4 K 14.795) wird festgestellt, dass der Ablehnungsbescheid der Klägerin vom 5. März 2015, soweit er sich auf die Windenergieanlage des Typs V112 - 3.0 MW mit einer Nabenhöhe von 140 m und einer Gesamthöhe von 196 m über Grund auf dem Grundstück Flurstück 189 (WEA 3) der Gemarkung W. bezieht, rechtswidrig ist und bis zum 31. Januar 2016 ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung bestand.

2. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 (Az. Au 4 K 14.795) wird der Beklagte im Übrigen verpflichtet, unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. März 2015 der Klägerin die mit Datum vom 15. Mai 2012 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs V112 - 3.0 MW mit einer Nabenhöhe von je 140 m und einer Gesamthöhe von je 196 m über Grund auf dem Grundstück Flurstück 200 (WEA 1 und 2) der Gemarkung W. zu erteilen.

3. Hilfsantrag zum Antrag unter Ziffer 2.: Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 (Az.: Au 4 K 14.795) wird der Beklagte im Übrigen verpflichtet, unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. März 2015 über den Antrag vom 15. Mai 2012 auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs V112 - 3,0 MW mit einer Nabenhöhe von je 140 m und einer Gesamthöhe von je 196 m über Grund auf dem Grundstück Flurstück 200 (WEA 1 und 2) der Gemarkung W. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Zur Begründung machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Beklagte habe im Rahmen seiner Einschätzung vom 7. Oktober 2014 die Grenzen seines Beurteilungsspielraums in mehrerlei Hinsicht massiv überschritten. Bereits auf der Ebene der Erfassung der Rohdaten sei die untere Naturschutzbehörde nicht fachmethodisch nachvollziehbar vorgegangen. Bei der Bestandserfassung zum Rotmilan und zum Baumfalken sei gegen das Willkürverbot verstoßen worden. Die Gutachten der Klägerin würden einheitlich zeigen, dass im Vorhabengebiet das Bestehen eines Rotmilanhorstes ausgeschlossen werden könne. Der Baumfalkenhorst sei inzwischen unstreitig nicht mehr existent. Selbst bei Unterstellung einer Reviertreue des Baumfalken sei nicht anzunehmen, dass er sich wieder in dem Gebiet ansiedeln werde bzw. mit dessen häufigem Aufenthalt im Gefahrenbereich des Vorhabens zu rechnen sei. Im Jahr 2015 habe der Baumfalke im Umfeld des ehemaligen Horststandortes nicht mehr gebrütet. Auf der Ebene der Auswertung habe die Behörde die Rohdaten mit einer aus der Luft gegriffenen Berechnungsmethode ausgewertet. Das von W. Bürgern vorgelegte 25-stündige Videomaterial sei nur stichprobenartig untersucht, nicht dagegen wie erforderlich umfassend geprüft worden. Auch auf der Ebene der Bewertung greife die Behörde zu Maßstäben, die aus fachlicher Sicht keine Rechtfertigung fänden. Die Ergebnisse des Gutachters würden durch den angewandten Korrekturfaktor verfälscht. Die angenommene Signifikanzschwelle von 15 jährlichen Überflügen für die Annahme eines relevanten Tötungsrisikos sei nicht nachvollziehbar und gehe von einer falschen Beurteilungsgrundlage aus. Die Signifikanz sei stets in Abgrenzung zum allgemeinen Tötungsrisiko im jeweiligen Naturraum sowie vorhabenspezifisch zu bestimmen. Das angenommene relevante Tötungsrisiko könne jedenfalls durch Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden, welche bei der Behördenentscheidung hätten berücksichtigt werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die untere Naturschutzbehörde habe weder auf der Ebene der Bestandserfassung oder der Auswertung, noch auf der Ebene der Bewertung die Grenzen des bestehenden Beurteilungsspielraums überschritten. Die von W. Bürgern an diese Behörde herangetragenen Daten seien nur als ergänzende Hinweise zu den klägerischen Gutachten berücksichtigt worden. Diese Daten seien zweifellos hinreichend substantiiert. Es seien ein besetzter Wespenbussardhorst nachgewiesen und Indizien für ein Rotmilan-Revier im Vorhabengebiet vorgelegt worden. Außerdem seien im Umfeld der geplanten Anlagen geeignete Nahrungshabitate für den Rotmilan dokumentiert worden. Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „signifikant erhöhten Tötungsrisikos“ könne sich die Behörde als Hilfsmittel bei der Erstellung der Prognose Hochrechnungen bedienen. Da es keine Untersuchungen bzw. verlässlichen Angaben darüber gebe, wie viele Gefahrenbereichsdurchflüge statistisch zu einer Kollision führen würden, sei man hier auf Annahmen angewiesen, die nach dem Erfahrungswissen der Fachbehörde plausibel seien. Die Unterlagen des Gutachters, ergänzt durch die Daten der W. Bürger, würden nicht ergeben, dass die Standorte der Windkraftanlagen gemieden oder selten überflogen würden, so dass von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen sei. Es sei eine ortsspezifische Prüfung durch die Betrachtung der jeweiligen Anlagenstandorte und eine vorhabenspezifische Prüfung anhand der Risikomerkmale einer Windkraftanlage erfolgt. Im Genehmigungsverfahren seien keine ausreichend prüffähigen Unterlagen zu Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen vorgelegt worden. Am 18. Juli 2015 sei von W. Bürgern ein neuer Baumfalkenhorst in ca. 220 m Entfernung zum Althorst nachgewiesen worden; ein erfolgreicher Brutnachweis sei am 16. August 2015 gelungen. Das Traditionsrevier des Rotmilans sei 2015 wieder besetzt worden, was durch einen beobachteten Balzflug und einen Jungmilan nachgewiesen sei. Mitte August 2015 seien sowohl Alt- wie auch Jungvögel der Wespenbussard-Art festgestellt worden. Die Beteiligung der höheren Naturschutzbehörde sei im Wesentlichen in Form von Besprechungsterminen sowie Telefonaten mit Mitarbeitern des Landratsamtes Donau-Ries erfolgt.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Genehmigungsbehörde sei verpflichtet gewesen, die Erkenntnisse der W. Bürger in ihre Beurteilung einzubeziehen. Die Genehmigungsbehörde habe von der ihr zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die artenschutzfachlichen Untersuchungen hätten sowohl in ihrem methodischen Vorgehen, als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausgereicht, um die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen. Die Behörde sei dabei nicht vom Windenergieerlass abgewichen. Die Klägerin setze mit ihren Einwänden in unzulässiger Weise ihre naturschutzfachliche Bewertung anstelle derjenigen der Behörde.

Unter Vorlage naturschutzfachlicher Gutachten vom 28. April und 18. Mai 2016 führte die Klägerin weiter aus, am 19. April 2016 sei ein bisher nicht existenter Rotmilanhorst festgestellt worden. Entsprechend der fachlichen Empfehlung des Gutachters werde die Projektierung der Windkraftanlage WEA 3 nicht mehr weiter verfolgt und insoweit auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Durch die beiden südlich gelegenen Anlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 werde das Tötungsverbot dagegen nicht verletzt. Aus der Unterschreitung des Prüfbereichs von 1.000 m könne kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko hergeleitet werden. Die bisherigen Beobachtungen des klägerischen Gutachters würden eine deutliche Tendenz dafür zeigen, dass die Flüge des neuangesiedelten Rotmilans außerhalb der Standorte der zwei weiterhin geplanten Anlagen erfolgten. Gegenteilige Beobachtungen durch die untere Naturschutzbehörde und von W. Bürgern würden nicht die tatsächliche Nutzung des hier maßgeblichen Vorhabengebietes wiedergeben. Es könne auf Grundlage solcher Beobachtungen auch nicht die Aussage getroffen werden, dass das Vorhabengebiet ständig oder regelmäßig durch vier Rotmilane genutzt werde. Es bedürfe vielmehr einer dem bayerischen Windkrafterlass entsprechenden Raumnutzungsuntersuchung. Die Raumnutzung durch den Rotmilan habe durch die neuerlichen Untersuchungen - wenn auch noch nicht abschließend - festgestellt werden können. Verbleibende Restrisiken wegen naturbedingt bislang nur drei Begehungen des Gutachters könnten durch die Umsetzung des von diesem vorgeschlagenen Maßnahmenkonzepts ausgeschlossen werden. Diese Maßnahmen würden u. a. die Gestaltung des Mastfußbereichs und des direkten Anlagenumfelds, die Abschaltung der Windkraftanlagen zur Bodenbearbeitung, Ernte oder Mahd und die Schaffung von Ablenkungsflächen durch für Greifvögel attraktive Bewirtschaftung umfassen. Soweit im Hinblick auf die Annahme eines neuen Baumfalkenhorstes die Raumnutzungsuntersuchungen noch nicht abgeschlossen seien und noch Restzweifel bestehen sollten, werde ebenfalls auf das Maßnahmenkonzept verwiesen, mit dem auch für den Baumfalken das vermeintliche Tötungsrisiko unter die Signifikanzschwelle abgesenkt werde. Für die konkrete Ausgestaltung der vorgeschlagenen Maßnahmen würden verschiedene Alternativen existieren. Hinsichtlich der Art und Weise der Ausgestaltung dieser Maßnahmen würde sich die Klägerin den Wünschen des Beklagten anpassen, soweit sie fachlich und rechtlich vertretbar seien. Durch die neue Ansiedlung des Rotmilans in der Nähe der Windkraftanlage WEA 3 sei ein erledigendes Ereignis eingetreten. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse liege wegen einer Wiederholungsgefahr bezogen auf ein in der Nachbargemeinde von der Klägerin verfolgtes Windenergieprojekt vor. In diesem Genehmigungsverfahren habe sich bereits gezeigt, dass der Beklagte wie im vorliegenden Fall von einer Bürgerinitiative gesammelte Daten bei der Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit dieser Anlagen heranziehe. Es bestehe die Gefahr, dass derartige Daten auch in diesem Fall nur stichprobenartig geprüft und dennoch insgesamt als „verwertbar und entscheidungserheblich“ bewertet und vollständig einbezogen würden.

Der Beklagte führte mit Schriftsatz vom 18. Mai 2016 unter Vorlage einer Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Mai 2016 im Wesentlichen aus, das von der Klägerin vorgelegte Maßnahmenkonzept sei nicht geeignet, die Absenkung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle hinreichend darzulegen. Es gebe zudem auf dem Gebiet der Vermeidungsmaßnahmen bei Greifvögeln keine gängige bzw. etablierte Praxis mit anerkannten Maßnahmen und Vorgaben. Die Existenz des vermeintlich neuen Rotmilanhorstes sei bereits vor 2016 bekannt gewesen. Der Bildnachweis sei am 16. August 2015 erbracht wurden, mithin nach der Brutsaison 2015, was dafür spreche, dass es sich hierbei um einen traditionellen Horst handle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 22 BV 15.1959 sowie auf die von Seiten des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs beigezogenen Vorgänge des Landratsamtes in beiden Verfahren Bezug genommen.

Gründe

Hinsichtlich des mit dem Hauptantrag Nr. 2 geltend gemachten Anspruchs auf Genehmigungserteilung zur Errichtung und zum Betrieb der zwei streitgegenständlichen Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 ist die Berufung zurückzuweisen (I.). Die Berufung hat lediglich hinsichtlich des diesbezüglichen Hilfsantrags (Antrag Nr. 3) Erfolg, so dass der Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Ablehnung zu verpflichten war, über den Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erneut zu entscheiden (II.). Bezüglich des Fortsetzungsfeststellungsantrags Nr. 1 betreffend die Windkraftanlage WEA 3 ist die Klage bereits unzulässig, so dass die Berufung auch insofern zurückzuweisen ist (III.).

I. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zu, die beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Aufgrund der naturschutzfachlichen Beurteilung des Beklagten ist nicht auszuschließen, dass dem Vorhaben der Klägerin das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht. Obwohl der Beklagte derzeit in rechtlich fehlerhafter Weise vom Entgegenstehen des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ausgeht, steht nicht fest, dass eine fehlerfreie Ausübung der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative durch die Genehmigungsbehörde zu einem für die Klägerin günstigen Ergebnis führen wird. Der Verwaltungsgerichtshof kann die insofern fehlende Spruchreife nicht selbst herbeiführen (vgl. auch BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 Rn. 42).

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in seinemUrteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 u. a. folgendes ausgeführt (Rn. 38 und 39):

Das in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG statuierte Verbot, Tiere einer besonders geschützten Art zu töten, wird verletzt, wenn sich das Risiko, dass ein solcher Erfolg eintritt, durch das zu beurteilende Vorhaben in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219; U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 90; U. v. 27.6.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118 Rn. 11). Nicht erfüllt ist dieser Verbotstatbestand, wenn die den geschützten Tieren drohende Gefahr in einem Bereich verbleibt, der mit dem stets bestehenden Risiko vergleichbar ist, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (BVerwG, U. v. 9.7.2008 a. a. O. Rn. 91). Bei der Prüfung der Frage, ob der artenschutzrechtliche Tötungstatbestand erfüllt ist, steht der öffentlichen Verwaltung auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einschließlich solcher, die die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen zum Gegenstand haben, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 - 7 C 40.11 - NVwZ 2014, 524 Rn. 14). Diese Einschätzungsprärogative bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare dieser Art bei einer Verwirklichung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 a. a. O. Rn. 19).

2. Der Beklagte ist hier aufgrund seiner naturschutzfachlichen Bewertung zur Einschätzung gelangt, dass durch die Errichtung und den Betrieb der strittigen Windkraftanlagen der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verwirklicht würde.

In seiner Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 (dort S. 21) führt das Landratsamt Donau-Ries - untere Naturschutzbehörde aus, die geplanten Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 hätten hinsichtlich der Arten des Rotmilans und des Wespenbussards ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zur Folge. Diese Einschätzung wurde nach Einwendungen der Klägerin in einer weiteren Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Juni 2015 aufrechterhalten und im vorliegenden Verfahren vom Beklagten aufgrund des aktuellen Erkenntnisstands bestätigt (vgl. Aktenvermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 14. April 2016). In der mündlichen Verhandlung führten die Vertreter der Naturschutzbehörden ebenfalls aus, dass im vorliegenden Fall die festgestellten Flugbewegungen sowie Gelände- und Habitat-Strukturen die Feststellung von durch den Rotmilan gemiedenen oder nur selten überflogenen Bereichen innerhalb des sogenannten Prüfbereichs 1 nicht zulassen würden. Damit wurde auf die „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA)“ (im Folgenden „Windkrafterlass Bayern“) vom 20.12.2011 (AllMBl 2012, S. 34), Bezug genommen, wonach in diesem Prüfbereich nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses um eine geplante Windkraftanlage von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist, wenn eine Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bezüglich der Individuen der betreffenden Arten nicht ergibt, dass der vorgesehene Windkraftanlagenstandort gemieden oder selten überflogen wird (S. 42). In einem Schreiben der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Mai 2016 heißt es zu einem von der Klägerin vorgelegten Maßnahmenkonzept zur Minimierung des Kollisionsrisikos für den Rotmilan zusammenfassend, für eine abschließende Beurteilung sei dieses Konzept entschieden zu unkonkret. Nach einer ersten groben Einschätzung sei nicht erkennbar, ob und wie ein Ausmaß an Vermeidungswirkung erzielt werden könne, welche das Tötungsrisiko unter die Erheblichkeitsschwelle absenken könne. Bezüglich einer von der Klägerin aktualisierten Konzeptfassung vom 22./23. Mai 2016 erklärte der Vertreter der Regierung von Schwaben in der mündlichen Verhandlung, es sei sehr schwierig, in einem Fall wie dem vorliegenden mithilfe eines Ablenkungsflächenkonzepts Genehmigungsfähigkeit herzustellen. Ein Vertreter des Landesamtes für Umwelt führte aus, die im Konzept vorgeschlagenen Ablenkungsflächen lägen zu nahe an den Standorten der strittigen Windkraftanlagen, dies erscheine ihm zu riskant. Die Fachbeistände der Klägerin hätten nach seiner Einschätzung nicht aufgezeigt, wie gleichwohl eine Unterschreitung der Signifikanzschwelle bei der Gefährdung im Hinblick auf das Tötungsrisiko um einen besetzten Brutplatz erreicht werden könne.

3. Diese naturschutzfachlichen Beurteilungen begegnen zwar rechtlichen Bedenken (vgl. unten II.1.). Im Hinblick auf diese naturschutzfachlichen Beurteilungen der Naturschutzbehörden kann aber nicht festgestellt werden, dass durch die Errichtung und den Betrieb der strittigen Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 insbesondere in Bezug auf den Rotmilan kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verursacht würde. Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG war daher als Genehmigungshindernis (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt. Eine weitergehende Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts durch den Verwaltungsgerichtshof im Wege der Amtsermittlung zu den naturschutzfachlichen Entscheidungsgrundlagen scheidet aus, da hierdurch keine Spruchreife der Streitsache im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO herbeigeführt werden könnte. Die Bewertung zur Frage, ob der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt ist, setzt die Bewertung der zuständigen Naturschutzbehörden unter Inanspruchnahme ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative voraus. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es im Hinblick auf diesen Beurteilungsspielraum verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der fachbehördlichen Einschätzung zu setzen (vgl. auch BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 Rn. 37).

4. Der gegebenenfalls eingreifende artenschutzrechtliche Verbotstatbestand kann hier allerdings nicht durch Erteilung einer Ausnahme (§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) überwunden werden. Der Vertreter der höheren Naturschutzbehörde hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass aus seiner Sicht jedenfalls diejenige Voraussetzung des Ausnahmetatbestands, wonach sich durch das Vorhaben der Klägerin der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten nicht verschlechtern darf (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG), aus seiner Sicht nicht vorliegt. Die Prüfung der naturschutzfachlichen Voraussetzungen einer Ausnahmeerteilung unterliegt wiederum der behördlichen Einschätzungsprärogative (BVerwG, U. v. 23.4.2014 - 9 A 25/12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 116). Die vorgenommene Bewertung durch die Naturschutzbehörden begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. dazu näher unter II.3.).

II. Die Klägerin kann jedoch beanspruchen, dass der Beklagte erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs über den Genehmigungsantrag betreffend die geplanten Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). In diesem Zusammenhang sind die naturschutzfachlichen Grundlagen zur Prüfung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG weiter aufzuklären und zu bewerten.

1. Unter Beachtung der oben (I.1.) genannten rechtlichen und fachlichen Vorgaben begegnet die Bejahung des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch den Beklagten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Bedenken. Somit steht nicht fest, dass dem Vorhaben der Klägerin (WEA 1 und WEA 2) ein artenschutzrechtliches Verbot nach § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht.

a) Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 näher dargelegt hat (Rn. 40 und 41) lassen sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben; sie hängen wesentlich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ab (BVerwG, B. v. 18.6.2007 - 9 VR 13.06 - Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 2 Rn. 20; U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 59). Der „Windkrafterlass Bayern“ konkretisiert Art und Weise der insoweit gebotenen Erhebungen näher. Die darin aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738).

b) Es ergibt sich nicht bereits aufgrund bisher vorliegender Erkenntnisse und naturschutzfachlicher Bewertungen, dass ein erhebliches Tötungsrisiko für die Art des Rotmilans wegen zu geringen Abstands zwischen dem lokalisierten Horst und den strittigen geplanten Windkraftanlagen gegeben wäre.

aa) Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war gegenüber dem Sachstand des die Genehmigungserteilung ablehnenden Bescheides vom 5. März 2015 insoweit eine neue Sachlage eingetreten, als mittlerweile ein Rotmilan-Horst lokalisiert worden war. Mit Schriftsatz vom 26. April 2016 legte der Beklagte einen Aktenvermerk des Landratsamtes Donau-Ries vom 14. April 2016 vor, demzufolge das Revierzentrum eines Rotmilans aufgrund weiterer Beobachtungen lokalisiert werden konnte; es liege nunmehr ein eindeutiger Beweis für einen besetzten Horst vor. Die gleichzeitige Anwesenheit von mindestens vier verschiedenen Rotmilanen im Bereich westlich bzw. nordwestlich von W. bedeute ferner, dass sich in der Nachbarschaft entweder ein weiteres Rotmilan-Revier befinde oder zumindest weitere Rotmilane den Raum nutzten. Zwar sind die Naturschutzbehörden bereits vor diesem Horstfund von einem Vorkommen des Rotmilans als Brutvogel im Untersuchungsgebiet ausgegangen. Trotz aus behördlicher Sicht eindeutiger revieranzeigender Aktivitäten konnte jedoch kein Horst nachgewiesen werden (vgl. Stellungnahme des Landratsamtes Donau-Ries - untere Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014, dort unter C., S. 4). Nach Angaben der unteren Naturschutzbehörde (Stellungnahme vom 17. Juni 2015, Nr. 9, Seite 4 unten/Seite 5 oben) war die Lage des Revierzentrums zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt; es sei lediglich aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte.

Diese Feststellungen stimmen mit Zwischenergebnissen einer aktuellen Raumnutzungsanalyse des klägerischen Gutachters überein, die mit Stand vom 28. April und vom 18. Mai 2016 vorgelegt wurde. Danach wurde im Untersuchungsgebiet ein besetzter Rotmilanhorst festgestellt, der sich in einem Abstand von 300 m zum Anlagenstandort Nr. 5 (entspricht der Standortbezeichnung WEA 3 im Genehmigungsverfahren) sowie in einer Entfernung von 820 bzw. 860 m zu den Standorten Nr. 7 (Standort WEA 1) und Nr. 8 (Standort WEA 2) befinde (vgl. Tabelle unter Nr. 2.2, S. 3 des Gutachtens vom 28.4.2016).

bb) Dem Windkrafterlass Bayern 2011 (dort S. 42) zufolge ist bei der Prüfung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG grundlegend zwischen Prüfbereichen bei Brutplätzen einerseits (Anlage 2 zum Windkrafterlass, dort Spalte 2) und Prüfbereichen zur Untersuchung von Nahrungshabitaten andererseits (Anlage 2, Spalte 3) zu unterscheiden. Ergibt die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bezüglich der Individuen der betreffenden Art in dem in Anlage 2 Spalte 2 angegebenen Prüfbereich nicht, dass die Windkraftanlage gemieden oder selten überflogen wird, ist in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Außerhalb der in Anlage 2 Spalte 2 genannten Abstände führt eine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate in der Regel nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich einer Anlage. Vielmehr müssen die Nahrungshabitate eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2 Spalte 3 darstellen, die regelmäßig über die Anlage angeflogen werden.

In der aktuell geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011 sieht der Windkrafterlass Bayern in Anlage 2 in Spalte 2 (Abstand Brutvorkommen zur WKA) für den Rotmilan einen Prüfbereich von 1.000 m, in Spalte 3 (Abstand für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate) einen Prüfbereich von 6.000 m vor. Es ist davon auszugehen, dass sich mittlerweile ein von der derzeit geltenden Festlegung im Windkrafterlass abweichender allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durch die Festlegung eines Mindestabstands von 1.500 m für den Rotmilan durch die „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (Stand April 2015)“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) durchgesetzt hat (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 45). Im vorliegenden Fall liegen die zwei streitgegenständlichen Windkraftanlagenstandorte allerdings bereits innerhalb des in der bisherigen Fassung des Windkrafterlasses festgelegten engeren Prüfbereichs von 1.000 m zum Rotmilanhorst.

Aus dem Wortlaut des Windkrafterlasses ergibt sich zwar, dass innerhalb des engeren Prüfbereichs nach Anlage 2 Spalte 2 in der Regel mit höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten zu rechnen ist, die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zur Folge haben. Andererseits ist diese Vermutung schon nach dem Wortlaut des Windkrafterlasses 2011 einem Gegenbeweis zugänglich, wenn stichhaltige Anhaltspunkte für eine Meidung oder einen seltenen Überflug einer Windkraftanlage vorliegen. Eine entsprechende substantiierte Darlegung stellt die dem Windkrafterlass zugrunde liegende allgemeine naturschutzfachliche Bewertung bei Unterschreitung des engeren Prüfbereichs in Frage. Es entspricht dann grundsätzlich pflichtgemäßem Ermessen (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG), den Sachverhalt unter Beachtung des Windkrafterlasses und der Abstandsempfehlungen der LAG VSW weiter aufzuklären.

Dem steht auch nicht entgegen, dass sich gegenüber dem Windkrafterlass Bayern vom 20. Dezember 2011 inzwischen teilweise ein abweichender, allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat, was die Abstandsempfehlungen angeht (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 45). In den Abstandsempfehlungen der LAG VSW (Stand April 2015) wird der engere Prüfabstand im Sinne von Anlage 2 Spalte 2 zum Windkrafterlass zwar als „Mindestabstand“ bezeichnet. Aus den Hinweisen zur Anwendung der Abstandsempfehlungen der LAG VSW (dort unter Nr. 2) geht aber hervor, dass diese das „grundsätzlich gebotene Minimum zum Erhalt der biologischen Vielfalt“ berücksichtigen. Dabei könne eine sorgfältige und hinreichende Berücksichtigung naturschutzfachlicher Belange zur notwendigen Rechtssicherheit führen und dadurch auch verfahrensbeschleunigende Wirkung entfalten. Die naturräumlichen Gegebenheiten, die Flächennutzung sowie das vorkommende Artenspektrum in den Bundesländern könnten jedoch unterschiedlich sein, weshalb eine Anpassung der Empfehlungen an landesspezifische Gegebenheiten erforderlich sein könne. Diese Hinweise sprechen dafür, dass die neuen Abstandsempfehlungen zwar allgemeinen naturschutzfachlichen Erfahrungswerten entsprechen und einer vereinfachten Verwaltungs- und Genehmigungspraxis dienen, welche aber eine Prüfung aufgrund besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls oder landesspezifischer Rahmenbedingungen unberührt lässt. Insofern muss stichhaltigen Anhaltspunkten für eine Meidung oder einen seltenen Überflug einer Windkraftanlage auch weiterhin nachgegangen werden. Abgesehen davon könnte eine „Mindestabstandsregelung“ in einer Verwaltungsvorschrift in eindeutig atypischen Fällen schwerlich Geltung beanspruchen (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 48).

cc) Im vorliegenden Fall sind stichhaltige Anhaltspunkte dafür gegeben, dass ein Ausnahmefall vom grundsätzlichen Erfordernis der Einhaltung des regelmäßigen Mindestabstands von 1.500 m zwischen Rotmilanhorst und den geplanten Windkraftanlagen gegeben sein könnte. Eine Klärung der demnach maßgeblichen naturschutzfachlichen Frage einer Meidung und Überflughäufigkeit setzt eine Raumnutzungsuntersuchung entsprechend Anlage 6 zum Windkrafterlass voraus, die danach den Zeitraum von Mitte März bis Ende August umfassen soll (oder aus artenschutzfachlichem Grund den Einsatz einer gleichwertigen Ermittlungsmethode - vgl. BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 Rn. 45 -).

Die von der Klägerin bislang vorgelegten Zwischenergebnisse einer Raumnutzungsuntersuchung (Stand 28.4. und 18.5.2016) sind zwar noch nicht zur abschließenden Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts geeignet. Entsprechend empfiehlt auch der von der Klägerin beauftragte Gutachter zur abschließenden Bewertung des Tötungsrisikos für den Rotmilan, die Raumnutzung im Laufe der Brutzeit 2016 nach den Vorgaben des bayerischen Windkrafterlasses zu erfassen (vgl. Gutachten vom 28.4.2016, S. 4). Erst auf Grundlage einer solchen vollständigen Untersuchung kann die naturschutzfachliche Bewertung der Naturschutzbehörden erfolgen.

Aus den bislang vorliegenden Erkenntnissen aus der Raumnutzungsanalyse ergeben sich jedoch zumindest stichhaltige Hinweise auf eine mögliche Meidung des Bereichs um die streitgegenständlichen Windkraftanlagen bei den Flugbewegungen von bzw. zu dem festgestellten Rotmilanhorst. Diese Flugbewegungen des Brutpaares erfolgten im Wesentlichen um den unmittelbaren Horststandort sowie von dort Richtung Norden, Osten und Südosten sowie Westen. An insgesamt sechs Beobachtungstagen wurde kein Überflug des Rotmilans im Bereich des Standortes WEA 1 und lediglich ein Überflug nahe des Standortes WEA 2 erfasst (Gutachten vom 18.5.2016, dort Tabelle auf Seite 2).

Die naturschutzfachlichen Untersuchungen aus der Zeit vor Ortung des Rotmilanhorstes sind nicht geeignet, die vorgenannten Anhaltspunkte schlüssig zu entkräften. Zwar wurde dort festgestellt, dass es unter anderem bei dem Rotmilan „keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der WEA-Bereiche“ gebe, weil die Wald-Offenland-Verteilung und die „diffuse“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebietes in erhöhtem Maße Waldrandflüge und Gebietsquerungen vermuten lassen würden (vgl. Stellungnahme vom 7.10.2014, dort unter V., S. 10). Der zu beurteilende Untersuchungsraum sei als Nahrungsraum grundsätzlich geeignet, wenn auch die Nahrungshabitate nicht gleichmäßig ausgeprägt seien. Dadurch bedingt würden die Nahrungssuchflüge über den ganzen Untersuchungsraum, „sozusagen kreuz und quer“ verteilt erfolgen (a. a. O. S. 9). Weiter hat die untere Naturschutzbehörde angenommen, dass die in der Raumnutzungsanalyse 2014 festgestellte Nutzung des gesamten Untersuchungsraums durch den Rotmilan mit den ermittelten Indizien für ein Rotmilan-Revier im Bereich der geplanten Windkraftanlagen übereinstimme (a. a. O., S. 18). Diese Aussagen passen in der Tat nicht zu der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse vom April und Mai 2016. Der Verwaltungsgerichtshof kann hierfür keine schlüssige Erklärung finden, jedenfalls nicht in dem Sinn, dass die von der Klägerin genannten Anhaltspunkte schlüssig entkräftet wären.

Insbesondere werfen die Beobachtungen von 2014 Zweifel an ihrer Aktualität auf. Die im Rahmen dieser Untersuchungen im Jahr 2014 festgestellten Flugbewegungen sind zum einen hinsichtlich der festgestellten Dichte von Flugbewegungen im Bereich des nunmehr festgestellten Horstes offensichtlich nicht vergleichbar. Zum anderen ergibt sich aus der Raumnutzungsanalyse 2014 gerade kein räumlicher Schwerpunkt der Flugaktivitäten. Insbesondere konnte keine Raumnutzung mit einem deutlichen Aktivitätszentrum rund um den nun festgestellten Horst nachgewiesen werden; dies ist im Hinblick darauf, dass mehr als 50% der Flugaktivitäten zur Brutzeit im Bereich um den Neststandort stattfinden (vgl. Abstandsempfehlungen der LAG VSW, dort unter Nr. 3), im Hinblick auf die aktuellen Untersuchungsergebnisse nicht (mehr) schlüssig. Gegenstand der Raumnutzungsanalyse 2014 und der dazu erfolgten naturschutzfachlichen Bewertungen waren Flugbewegungen des Rotmilans insgesamt; eine Beurteilung zur Frage einer Meidung oder eines seltenen Überflugs bei Flugaktivitäten im 1.500 m-Radius rund um ein konkretes Brutvorkommen konnte damals nicht angestellt werden. Den Zwischenergebnissen der Raumnutzungsanalyse 2016 zum Stand 18. Mai 2016 ist dagegen ein markantes Aktivitätszentrum rund um den festgestellten Horst und eine Konzentration der Flüge in einem Raumsegment westlich, nördlich, östlich und südöstlich hiervon zu entnehmen. Gegen eine Meidung des Gebiets der zwei strittigen Windkraftanlagen spricht zwar auch, dass nach den bisherigen Feststellungen gerade auch der klägerischen Gutachter der gesamte Untersuchungsraum von Rotmilanen ohne erkennbare Schwerpunkte genutzt wurde. Die klägerischen Gutachter haben angenommen, dass in der Zeit von Mai bis Juli das Untersuchungsgebiet keine ausreichende Nahrung biete und das Tal der Kleinen Paar im Westen sowie das Haselbach-/Krebsbachtal im Nordosten mit einem höheren Grünlandanteil offenbar intensiver genutzte Nahrungsräume seien (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 29.8.2014, dort unter 3.2, S. 6). Weiter wurde auch das Rößbachtal im Süden der geplanten Windkraftanlagen-Standorte als einer der nächsten großen Lebensraumkomplexe mit potenziell wichtiger Funktion als Nahrungsgebiet für den Rotmilan eingestuft (vgl. saP-Neufassung vom 27.2.2014, dort Erläuterung zur Abbildung 11, S. 64). Dies könnte es zwar erklären, wenn nach Abschluss der begonnenen Raumnutzungsanalyse 2016 von dem nun bekannten Horst ausgehend auch Flüge in die südliche Richtung des Rößbachtals festgestellt würden. Eine derartige Mutmaßung allein ohne jegliche tatsächliche Ermittlungsergebnisse würde indes die Grenzen der artenschutzrechtlichen Einschätzungsprärogative überschreiten. Gerade vor diesem Hintergrund ist grundsätzlich eine den Anforderungen des Windkrafterlasses unmittelbar oder sinngemäß entsprechende Raumnutzungsanalyse geboten, um den aktuell entscheidungserheblichen Sachverhalt zu ermitteln.

c) Für den Fall, dass die Vermutung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos wegen der Lage des Brutvorkommens innerhalb des Prüfabstands nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses und den neueren Abstandsempfehlungen widerlegt würde, wäre weiter zu prüfen, ob innerhalb des Prüfradius nach Anlage 2 Spalte 3 und auch diesbezüglich den neuen Abstandsempfehlungen regelmäßig aufgesuchte, räumlich abgrenzbare Nahrungshabitate liegen und inwieweit sich die geplanten Windkraftanlagen gegebenenfalls in betreffenden Flugkorridoren befinden. Diese Prüfung erfordert zunächst auch die Klärung, welche Horste im Umkreis aktuell bestehen, worauf der Vertreter der höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat.

d) Auf der Grundlage einer den vorstehenden Ausführungen Rechnung tragenden Tatsachenermittlung hätte weiter eine naturschutzfachliche Würdigung des Sachverhalts durch die hierzu berufenen Naturschutzbehörden zu erfolgen.

e) Weiter ist der Sachverhalt in Bezug auf ein möglicherweise signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bezüglich der Arten des Baumfalken, des Wespenbussards und des Schwarzmilans nicht hinreichend geklärt.

aa) Im klägerischen Gutachten vom 28. April 2016 wird ausgeführt (dort Ziffer 2.1, S. 2 und 3), dass davon auszugehen sei, dass es sich bei im April 2016 beobachteten Exemplaren des Baumfalken um ein Brutpaar handle. Es sei nun ein neuer Horststandort anzunehmen, so dass eine neu zu bewertende Situation entstanden sei. Es werde empfohlen, die weitere Entwicklung am angenommenen Horststandort sowie die Raumnutzung im Laufe der Brutzeit 2016 entsprechend dem bayerischen Windkrafterlass weiter zu beobachten. In der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. Oktober 2014 (dort S. 21) wurde davon ausgegangen, dass in Bezug auf den Baumfalken bei den geplanten Windkraftanlagenstandorten 7 und 8 kein erhöhtes Tötungsrisiko vorliege und daher eine Ablehnung insoweit lediglich nach dem „Vorsorgeprinzip“ erfolgen könne. Dies entspricht aber nicht § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden hat. Das Landratsamt muss also auch insofern eine neue Ermittlung und Bewertung entsprechend dem Windkrafterlass 2011 unter Berücksichtigung der neuen Abstandsempfehlungen vornehmen oder veranlassen.

bb) Von den klägerischen Gutachtern wurde in Bezug auf den Wespenbussard ausgeführt, dass sich derzeit nicht aktuell beurteilen lasse, ob sich im Planungsgebiet ein Brutrevier befinde (Gutachten vom 18.5.2016, S. 2). Der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 zufolge befinden sich die strittigen Windkraftanlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 im Prüfradius von 1.000 m nach Anlage 2 Spalte 2 zu einem Brutvorkommen des Wespenbussards. Auch wird dort davon ausgegangen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf den Wespenbussard im Falle der Windkraftanlage WEA 1 durch den Gutachter der Klägerin festgestellt worden sei (S. 20, Grafik unter IX.). Allerdings hat die Behörde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass ungeklärt bleibe, ob ein Zusammenhang zwischen dem nachgewiesenen Horst des Wespenbussards im Süden des Untersuchungsgebiets und den aufgezeichneten Flugbewegungen bestehe. Aufgrund des vorliegenden Datenmaterials könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege (Stellungnahme vom 17.6.2015, S. 4). Diese Überlegungen sind angesichts der Kartierung der Flugbewegungen des Wespenbussards (Stellungnahme vom 7.10.2014, S. 19 unter VII.B.) nachvollziehbar; es sind dort keine Flugbeziehungen zwischen dem Vorhabengebiet und dem südlich davon angenommenen Horst verzeichnet. Damit liegen aber stichhaltige Anhaltspunkte (vgl. oben 1. b) bb)) dafür vor, dass ausgehend von dem südlich gelegenen Brutplatz die Windkraftanlagenstandorte im Sinne des Windkrafterlasses gemieden werden könnten und gegebenenfalls ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nicht bereits wegen der Unterschreitung des Prüfradius von 1.000 m anzunehmen wäre. Diese Prüfung kann nicht dadurch abgekürzt werden, dass auch im Falle des Wespenbussards ein „Vorsorgeabstand“ von 1.000 m angenommen wird. Sollte der Ausnahmefall bezüglich des Tötungsrisikos im engeren Prüfbereich nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses tatsächlich vorliegen, so wäre weiter zu prüfen, ob es unabhängig hiervon im Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten kommt oder der Nahbereich der Anlage, z. B. bei Nahrungsflügen, signifikant häufiger überfolgen wird (vgl. Windkrafterlass Bayern, S. 42).

cc) Bezüglich des Schwarzmilans fehlen bislang konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt sein könnte. In ihrer Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 (dort Tabelle unter IX., S. 20) ist die untere Naturschutzbehörde davon ausgegangen, dass die Errichtung und der Betrieb der strittigen Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 mit keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Schwarzmilan verbunden wäre. Allerdings könnten die zugrunde liegenden Erkenntnisse im Falle einer erneuten Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Beigeladenen nicht mehr als hinreichend aussagekräftig gelten. Insoweit erscheint es nahe liegend, die von der Klägerin beauftragte Raumnutzungsuntersuchung auch auf den Schwarzmilan zu erstrecken.

2. Der Klägerin könnte ein Genehmigungsanspruch auch dann zustehen, wenn die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos wegen bestimmter Vermeidungsmaßnahmen ausgeschlossen werden könnte.

a) Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es Sache des Anlagenbetreibers ist, zur Verwirklichung seines Vorhabens ein prüffähiges und erfolgversprechendes Vermeidungskonzept vorzulegen, und Sache der Genehmigungsbehörde, dieses unter Inanspruchnahme ihrer Einschätzungsprärogative zu bewerten. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV sind dem Antrag (auf Genehmigung) die Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV sind, falls wie hier die Zulässigkeit des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz zu prüfen ist, die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen. Diese Unterlagen müssen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV insbesondere Angaben über Maßnahmen zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen der Natur enthalten. Die naturschutzfachliche Bewertung derartiger Unterlagen ist bisher noch nicht in rechtlich ausreichendem Umfang geschehen.

Die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der Naturschutzbehörden bei der Beurteilung der Betroffenheit von Arten bezieht sich auch auf die Wirksamkeit vorgeschlagener Vermeidungsmaßnahmen, da sich insoweit noch kein auf die Untersuchungssituation bezogener anerkannter Standard der Fachwissenschaft herausgebildet hat (BVerwG, B. v. 29.10.2014 - 7 VR 4/13 - ZUR 2015, 163 Rn. 15; B. v.28.11.2013 - 9 B 14/13 - UPR 2014, 141 Rn. 26). Standardisierte Vorgaben für den Regelfall existieren insofern nicht. Im Windkrafterlass 2011 (Nr. 9.4.3, S. 46 bis 48) wird allgemein ausgeführt, dass mithilfe geeigneter Maßnahmen in manchen Fällen die Erfüllung des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes abgewendet werden kann. Auch in den Abstandsempfehlungen der LAG VSW (dort S. 21) wird lediglich allgemein darauf hingewiesen, dass Minderungsmaßnahmen von der zeitweiligen Abschaltung von Anlagen über die Verringerung der Habitat-Attraktivität bis hin zum Rückbau von besonders gefährlichen Anlagen reichen. Ferner sehen auch die von der Klägerin zitierten „Hinweise zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 (dort Nr. 5.2.3.1) vor, dass eine Beurteilung der Wirksamkeit der in sogenannten „Artensteckbriefen“ zu den einzelnen Arten genannten Vermeidungsmaßnahmen zumindest eine Prognose voraussetzt, welche die Annahme einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit ergeben muss. Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei Realisierung bestimmter standardisierter Vermeidungsmaßnahmen generell der Eintritt eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos ausgeschlossen werden kann. Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Prüfung, ob und gegebenenfalls aufgrund welcher Maßnahmen in einer konkreten Ausgestaltung dieses Ziel voraussichtlich erreicht werden kann.

b) Die Klägerin hat ein hinreichend konkretes Vermeidungskonzept vorgelegt, das eine fachliche Bewertung durch die Naturschutzbehörden erlaubt. Ungeachtet dessen müsste das Konzept - falls es von den Naturschutzbehörden grundsätzlich als tauglich angesehen werden sollte - voraussichtlich weiter konkretisiert werden.

Die Vermeidungsmaßnahmen wurden unter der Annahme entwickelt, dass die strittigen Windkraftanlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 außerhalb des Bereichs der hauptsächlichen Raumnutzung durch den Rotmilan liegen und dazu dienen können, den Eintritt des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auszuschließen (Gutachten vom 28.4.2016, dort S. 4). Wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist die Anlage bestimmter Ablenkungsflächen. Die Eignung der dafür vorgesehenen Flächen setzt u. a. voraus, dass diese langfristig für diesen Zweck gesichert sind. Entsprechendes gilt für Flächen im Umgriff der geplanten Windkraftanlagen, um eine für den Rotmilan unattraktive Gestaltung dieses Bereichs umzusetzen, wie sie im Maßnahmenkonzept enthalten ist. Die Klägerin hat zumindest konkret vorgetragen, dass entsprechende Verträge bezüglich der Flächen im Umgriff der von ihr geplanten Windkraftanlagenstandorte bestehen und zum anderen die Klägerin über einen Flächenpool für die vorgesehenen Ablenkungsflächen verfügt. Diese Flächen seien ebenfalls komplett in Bewirtschaftung von Vertragspartnern der Klägerin, so dass auch der Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen keine Gründe entgegenstünden (Schriftsatz vom 3.5.2016, S. 37 f.). Auch ist die gewählte Lage der Ablenkungsflächen zu den geplanten Windkraftanlagenstandorten grundsätzlich plausibel. Der klägerische Gutachter geht davon aus, dass Ablenkungsflächen möglichst außerhalb eines 1.000 m-Radius um die Windkraftanlage liegen sollten (Stellungnahme vom 28.4.2016, dort S.6). Gleichzeitig haben die Fachbeistände der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erläutert, weshalb aus ihrer Sicht im Nordosten des Rotmilanhorstes möglichst nahe bei diesem ein für den Rotmilan attraktives Nahrungshabitat geschaffen werden solle. Diese fachlichen Kriterien für die Flächenauswahl orientieren sich an den „Hinweisen zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 (dort Nr. 9.17.2. - „Hinweise zur Bemessung von Vermeidungsmaßnahmen für den Rotmilan“). Danach sollen Ablenkungsflächen außerhalb eines 1 km-Radius um die Windkraftanlage und möglichst so lokalisiert werden, dass die Tiere auf dem Weg vom Horst zu den Ablenkungsflächen die geplanten Windkraftanlagen nicht überfliegen. Im vorliegenden Fall befinden sich die geplanten Windkraftanlagenstandorte in einer Distanz von zumindest ca. 750 m bis 800 m zum südlichen Rand der vorgeschlagenen Ablenkungsflächen (vgl. Karte „Maßnahmenkonzept Rotmilan“ vom 28.4.2016). Ob das - gerade angesichts der nunmehr nach gesicherter wissenschaftlicher Auffassung gebotenen Erweiterung der um einen Rotmilan-Horst zu ziehenden „engeren Prüfzone“ von 1.000 m auf 1.500 m - ausreicht, bedarf der naturschutzfachlichen Bewertung. Auch liegen die Ablenkungsflächen vom Rotmilan-Horst aus gesehen in nordwestlicher bis östlicher Richtung, die Windkraftanlagenstandorte dagegen in entgegengesetzter Richtung (Standort WEA 1 im Südwesten, Standort WEA 2 im Süden).

c) Die Naturschutzbehörden haben hier aufgrund einer vorläufigen fachlichen Bewertung die Einschätzung geäußert, dass das von der Klägerin bislang vorgelegte Konzept für Vermeidungsmaßnahmen noch nicht die Prognose zulässt, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko insbesondere für Exemplare des Rotmilans ausgeschlossen wäre (vgl. oben zu I.2.). Diese Beurteilung wurde zunächst mit Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Mai 2016 auf Grundlage des damaligen Konzeptstandes vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung - unter Einbeziehung der bis dahin kurzfristig erfolgten Konkretisierungen bestimmter Vermeidungsmaßnahmen - zumindest aufgrund einer kursorischen Bewertung bestätigt. Die in der mündlichen Verhandlung von Seiten des Beklagten vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Konzeptvorschläge sind zwar nicht von vornherein unbeachtlich. Dies gilt insbesondere auch für die Aussage des Vertreters des Landesamtes für Umwelt, die Ablenkungsflächen würden im vorliegenden Fall zu nahe an den Standorten der strittigen Windkraftanlagen liegen.

Andererseits steht eine eingehendere, im Einzelnen nachvollziehbare naturschutzfachliche Bewertung von Vermeidungsmaßnahmen in Bezug auf das klägerische Vorhaben noch aus. Es erscheint derzeit zumindest nicht als bereits von vornherein ausgeschlossen, dass ein eventuell signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch geeignete Vermeidungsmaßnahmen unter die Signifikanzschwelle gesenkt werden könnte. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Behörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko aufgrund ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative rechtsfehlerfrei bejahen sollte, die Überschreitung der Signifikanzschwelle aber vergleichsweise gering ist. Die Vertreter der Naturschutzbehörden haben sich in der mündlichen Verhandlung lediglich dahingehend geäußert, dass es sehr schwierig sei, in einem Fall wie dem vorliegenden mithilfe eines Ablenkungsflächenkonzepts Genehmigungsfähigkeit herzustellen. Aufgrund einer Raumnutzungsuntersuchung entsprechend dem Windkrafterlass hätte daher die untere Naturschutzbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zu prüfen, inwieweit ein von der Klägerin vorgelegtes Vermeidungskonzept geeignet wäre, ein gegebenenfalls festgestelltes Tötungsrisiko für Exemplare bestimmter Arten unter die Signifikanzschwelle zu senken.

3. Der Ausnahmetatbestand nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG ist hier allerdings nicht erfüllt. Sollte das Landratsamt ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko rechtsfehlerfrei bejahen, bestünden für die Behörde diesbezüglich keine weiteren Verpflichtungen. Die Naturschutzbehörden haben nachvollziehbar dargelegt, dass jedenfalls die Voraussetzung, dass sich durch das Vorhaben der Klägerin der Erhaltungszustand der betreffenden Population des Rotmilans nicht verschlechtern darf (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG), nicht erfüllt ist. Die Grenzen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative wurden dabei nicht überschritten.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Regierung von Schwaben - höhere Naturschutzbehörde ausgeführt, es sei zu befürchten, dass im Falle einer Tötung des Rotmilan-Brutpaares, das den neu aufgefundenen Horst besiedelt habe, ein weiteres Brutpaar den dann verwaisten Horst in Besitz nehmen würde, so dass es in der Folge zu weiteren Opfern kommen würde. Es sei darauf hinzuweisen, dass im 6 Kilometer-Umkreis um die strittigen Windkraftanlagen vier weitere Rotmilan-Horste nachgewiesen seien; dies ergebe sich aus der Artenschutzkartierung Bayern sowie aus Erkenntnissen im Zusammenhang mit einem weiteren Genehmigungsverfahren. Diese Horststandorte waren auch bereits in der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 (dort Grafik auf S. 10) zugrunde gelegt worden. Die bei einer Ortseinsicht durch einen Mitarbeiter des Landratsamtes Donau-Ries gemachten Beobachtungen würden zudem einen ausreichenden Brutnachweis für den Rotmilan in einem weiteren Bereich ergeben. In der Artenschutzkartierung seien allerdings möglicherweise Horste verzeichnet, die vor etwa 10 bis 15 Jahren festgestellt worden sein. Wenn es darauf ankomme, müsse das Bestehen dieser Horste sicherlich überprüft werden. Es könne aber auch genügen, dass lediglich der Nachweis eines Rotmilan-Reviers geführt werde. Bei genauerer Überprüfung würde man allerdings mit Sicherheit den bisher aktenkundigen Zustand verifizieren, eher noch einen zusätzlichen Rotmilan-Horst bzw. ein zusätzliches Rotmilan-Revier feststellen können.

Diese Bewertung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zwar als sachlich nicht begründbar bezeichnet. Sie ist jedoch gerade auch im Hinblick auf die „Arteninformationen zu saP-relevanten Arten“ des Landesamtes für Umwelt, auf die der Windkrafterlass Bayern auf Seite 39 unter Angabe der Fundstelle im Internet (http://www.lfu.bayern.de/natur/sap/index.htm) verweist, schlüssig. Danach sind reich strukturierte Landschaften wie die Rhön oder die Iller-Lech-Schotterplatten in Bayern Schwerpunkte der Ansiedlung des Rotmilans. Der Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte gehört zum zweitgenannten Landschaftsraum. Entsprechend ist in den vorgenannten Arteninformationen in der Fundkarte zum Rotmilan unter anderem in dieser Region eine erhöhte Zahl von Nachweisen des Rotmilans verzeichnet (Zeitraum ab 1980 bis zum letzten Daten-Import am 23.2.2016). Auch nach dem Windkrafterlass Bayern 2011 (S. 41) sind diese Verbreitungsdaten in der Arbeitshilfe des Landesamtes für Umwelt Grundlage zur Feststellung der aktuell im Gebiet vorkommenden relevanten Arten. Dem ist zu entnehmen, dass in einer Region über einen längeren Zeitraum hinweg gewonnene Funde eine Einschätzung zu Siedlungsschwerpunkten erlauben, trotz einer möglicherweise gewissen Schwankungsbreite in der Anzahl der genutzten Horste. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass die höhere Naturschutzbehörde bei ihrer Einschätzung zu einer Mehrzahl von Rotmilan-Revieren im Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte auch Angaben aus der Artenschutzkartierung herangezogen hat. Im Übrigen betrifft die zur Prüfung des Ausnahmetatbestandes erforderliche Prognose über eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands der betreffenden Population der Art durch das Vorhaben einen längerfristigen Zeithorizont. Es ist daher einleuchtend, wenn die Naturschutzbehörden hierbei nicht allein auf einen momentanen Sachstand, sondern auch auf über einen längeren Zeitraum hinweg gewonnene Erkenntnisse abstellen, denen aus ihrer Sicht eine Aussagekraft für eine längerfristige Prognose zukommt.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist die Bewertung der Naturschutzbehörden nachvollziehbar, wonach infolge der Realisierung des klägerischen Vorhabens - wenn es denn zur Verwirklichung des Tatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG käme - eine Beeinträchtigung der Population des Rotmilans zu erwarten wäre. Aufgrund der Mehrzahl von Rotmilan-Horsten in der näheren Umgebung der Vorhabenstandorte ist von einer hohen Verlustquote auszugehen, da bei Tötung des am neu lokalisierten Horst-Standort brütenden Paares weitere Rotmilane auf diesen Standort nachrücken würden und damit gleichermaßen gefährdet wären. Derartige kumulierende Effekte können sich auch nach den Feststellungen der LAG VSW (vgl. Abstandsempfehlungen vom April 2015, dort Nr. 4) mittelfristig großräumig und damit auf der Ebene von Populationen auszuwirken (vgl. hierzu auch BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 75). Zudem haben junge Brutvögel einen geringeren Bruterfolg als ältere, weshalb Neuverpaarungen nach dem Verlust von erfahrenen Altvögeln mit reduziertem Bruterfolg einhergehen. Der Verlust eines Partners kann über mehrere Jahre den Bruterfolg eines Reviers absenken (vgl. Abstandsempfehlungen vom April 2015, dort Nr. 5 zum Rotmilan). Es liegt im Rahmen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative, wenn die höhere Naturschutzbehörde bei der Bewertung der Gefahr des Nachrückens weiterer Brutpaare Horststandorte in einem Radius von 5 km mit berücksichtigt.

Die besondere Relevanz von Verlusten aufgrund einer relativen Dichte von Brutplätzen wird im Übrigen auch in den vom klägerischen Gutachter wiederholt zitierten „Hinweisen zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 naturschutzfachlich begründet. In diesem Leitfaden (Nr. 5.2.2, S. 25) wird davon ausgegangen, dass die Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustands möglich ist, wenn der Schutz der betreffenden Quellpopulationen im Land (Gebiete mit hoher Siedlungsdichte, „Dichtezentren“) gewährleistet wird und dadurch Individuenverluste ausgeglichen werden, die außerhalb der Dichtezentren eintreten. In den Dichtezentren dürfen diesem Leitfaden zufolge dagegen Ausnahmen vom Tötungsverbot nicht zugelassen werden. Auch in den Abstandsempfehlungen der LAG VSW (Nr. 4) wird empfohlen, dass Kerngebiete einer überdurchschnittlichen Siedlungsdichte (Dichtezentren) der relevanten Vögel von Windkraftanlagen freigehalten werden sollten. Die in den Dichtezentren lebenden Bestände sollten ihre Funktion als Quellpopulationen, in denen in der Regel ein Überschuss an Nachwuchs produziert wird, erhalten können. Ungeachtet der Frage, ob im vorliegenden Fall naturschutzfachlich ein solches Dichtezentrum angenommen werden könnte, spricht dieser Gesichtspunkt angesichts der Mehrzahl von Horsten im Vorhabengebiet zumindest zusätzlich für eine Gefährdung einer Population.

III. Der Feststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog betreffend eine etwaige Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides vom 5. März 2015 im Hinblick auf einen bis zum 31. Januar 2016 bestehenden Genehmigungsanspruch für die geplante Windkraftanlage WEA 3 ist bereits unzulässig.

Eine Wiederholungsgefahr ist im Hinblick auf das noch anhängige immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren betreffend weitere von der Klägerin geplante Windkraftanlagen im Umfeld der streitgegenständlichen Vorhaben nicht ersichtlich. Dies würde voraussetzen, dass für dieses weitere Genehmigungsverfahren im Wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ausschlaggebend wären wie in dem für die Beurteilung des erledigten Genehmigungsantrags maßgeblichen Zeitpunkt (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 86a m. w. N.). Der für die Entscheidung über den noch anhängigen Genehmigungsantrag maßgebliche Sachverhalt unterscheidet sich jedoch von demjenigen zum 31. Januar 2016. Im Hinblick auf den neu lokalisierten Rotmilanhorst innerhalb des Prüfabstands nach Anhang 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses wurde eine aktuelle Raumnutzungsuntersuchung begonnen. Eine künftige Entscheidung des Beklagten über den noch anhängigen Genehmigungsantrag der Klägerin für weitere zwei Anlagen innerhalb des engeren Prüfbereichs betreffend den Rotmilan bis 1.500 m (vgl. Gutachten vom 28.4.2016, dort Tabelle unter Nr. 2.2, S. 3 zu Standorten WEA 4 und WEA 6) kann nicht im Schwerpunkt auf die naturschutzfachlichen Erkenntnisse und Bewertungen vor dieser Sachverhaltsänderung gestützt werden. Vielmehr bedarf es zunächst, wie oben ausgeführt, auch bezüglich dieser geplanten Windkraftanlagenstandorte einer Ermittlung des nunmehr aktuellen Sachstands entsprechend den Anforderungen des Windkrafterlasses bzw. der neuen Abstandsempfehlungen und einer darauf bezogenen naturschutzfachlichen Bewertung.

Ferner kommt ein Feststellungsinteresse auch nicht im Hinblick auf mögliche Amtshaftungsansprüche der Klägerin in Betracht. Derartige Ansprüche sind bereits deshalb offensichtlich ohne Erfolgsaussichten, da das Verwaltungsgericht in erster Instanz als Kollegialgericht das Bestehen des geltend gemachten Genehmigungsanspruchs aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung verneint hat (BVerwG, U. v. 16.05.2013 - 8 C 14/12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 47).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 3, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 635.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Von den Besitzverboten sind, soweit sich aus einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 5 nichts anderes ergibt, ausgenommen

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten, die rechtmäßig
a)
in der Gemeinschaft gezüchtet und nicht herrenlos geworden sind, durch künstliche Vermehrung gewonnen oder aus der Natur entnommen worden sind,
b)
aus Drittstaaten in die Gemeinschaft gelangt sind,
2.
Tiere und Pflanzen der Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 4 aufgeführt und vor ihrer Aufnahme in die Rechtsverordnung rechtmäßig in der Gemeinschaft erworben worden sind.
Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt nicht für Tiere und Pflanzen der Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b, die nach dem 3. April 2002 ohne eine Ausnahme oder Befreiung nach § 43 Absatz 8 Satz 2 oder § 62 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 1. März 2010 geltenden Fassung oder nach dem 1. März 2010 ohne eine Ausnahme nach Absatz 8 aus einem Drittstaat unmittelbar in das Inland gelangt sind. Abweichend von Satz 2 dürfen tote Vögel von europäischen Vogelarten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb, soweit diese nach § 2 Absatz 1 des Bundesjagdgesetzes dem Jagdrecht unterliegen, zum persönlichen Gebrauch oder als Hausrat ohne eine Ausnahme oder Befreiung aus einem Drittstaat unmittelbar in das Inland verbracht werden.

(2) Soweit nach Absatz 1 Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten keinen Besitzverboten unterliegen, sind sie auch von den Vermarktungsverboten ausgenommen. Dies gilt vorbehaltlich einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 5 nicht für aus der Natur entnommene

1.
Tiere und Pflanzen der streng geschützten Arten und
2.
Tiere europäischer Vogelarten.

(3) Von den Vermarktungsverboten sind auch ausgenommen

1.
Tiere und Pflanzen der streng geschützten Arten, die vor ihrer Unterschutzstellung als vom Aussterben bedrohte oder streng geschützte Arten rechtmäßig erworben worden sind,
2.
Tiere europäischer Vogelarten, die vor dem 6. April 1981 rechtmäßig erworben worden oder in Anhang III Teil A der Richtlinie 2009/147/EG aufgeführt sind,
3.
Tiere und Pflanzen der Arten, die den Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG unterliegen und die in einem Mitgliedstaat in Übereinstimmung mit den Richtlinien zu den in § 44 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 genannten Handlungen freigegeben worden sind.

(4) Abweichend von den Besitz- und Vermarktungsverboten ist es vorbehaltlich jagd- und fischereirechtlicher Vorschriften zulässig, tot aufgefundene Tiere und Pflanzen aus der Natur zu entnehmen und an die von der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde bestimmte Stelle abzugeben oder, soweit sie nicht zu den streng geschützten Arten gehören, für Zwecke der Forschung oder Lehre oder zur Präparation für diese Zwecke zu verwenden.

(5) Abweichend von den Verboten des § 44 Absatz 1 Nummer 1 sowie den Besitzverboten ist es vorbehaltlich jagdrechtlicher Vorschriften ferner zulässig, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen. Die Tiere sind unverzüglich freizulassen, sobald sie sich selbständig erhalten können. Im Übrigen sind sie an die von der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde bestimmte Stelle abzugeben. Handelt es sich um Tiere der streng geschützten Arten, so hat der Besitzer die Aufnahme des Tieres der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde zu melden. Diese kann die Herausgabe des aufgenommenen Tieres verlangen.

(6) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden können Ausnahmen von den Besitz- und Vermarktungsverboten zulassen, soweit dies für die Verwertung beschlagnahmter oder eingezogener Tiere und Pflanzen erforderlich ist und Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft dem nicht entgegenstehen. Ist für die Beschlagnahme oder Einziehung eine Bundesbehörde zuständig, kann diese Behörde Ausnahmen von den Besitz- und Vermarktungsverboten im Sinne von Satz 1 zulassen.

(7) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden sowie im Fall des Verbringens aus dem Ausland das Bundesamt für Naturschutz können von den Verboten des § 44 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen

1.
zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden,
2.
zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt,
3.
für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung,
4.
im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder
5.
aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.
Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG weiter gehende Anforderungen enthält. Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2009/147/EG sind zu beachten. Die Landesregierungen können Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen. Sie können die Ermächtigung nach Satz 4 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(8) Das Bundesamt für Naturschutz kann im Fall des Verbringens aus dem Ausland von den Verboten des § 44 unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 2 und 3 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen, um unter kontrollierten Bedingungen und in beschränktem Ausmaß eine vernünftige Nutzung von Tieren und Pflanzen bestimmter Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b sowie für gezüchtete und künstlich vermehrte Tiere oder Pflanzen dieser Arten zu ermöglichen.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tenor

I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 30. Juni 2014 wurde dem Beigeladenen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 zugestellt. Die Kostenentscheidung in Nr. III des Urteilstenors lautet: „Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin die Hälfte, der Beklagte und der Beigeladene je ein Viertel.“ Die Begründung für die Kostenentscheidung lautet: „Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO“. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 -4 B 48.14 - kostenpflichtig zurückgewiesen.

Am 27. Oktober 2016 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgerichtshof, das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - dahingehend zu ergänzen, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen anteilig entsprechend Nr. III des Urteilstenors von der Klägerin zu erstatten sind. „Hilfsweise“ beantragte der Beigeladene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Beigeladenen sei erst im Rahmen der Kostenfestsetzung durch Schreiben des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - keinen Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen enthalte. Hilfsweise solle statt der Ergänzung des Urteils eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Urteils vorgenommen werden.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Eine - wie hier geltend gemacht - unvollständige Kostenentscheidung kann nach § 120 Abs. 1 VwGO nur auf Antrag ergänzt werden. Eine Ergänzung von Amts wegen kommt angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in Betracht.

Der Antrag des Beigeladenen ist unzulässig, weil verfristet. Der Antrag ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes fristgebunden (§ 120 Abs. 2 VwGO). Er muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gestellt werden, die hier am 30. Juni 2014 stattfand (vgl. zur Fristgebundenheit des Antrags nach § 120 VwGO auch BVerwG, B.v. 28.6.1993 - 7 B 143/92 - NVwZ-RR 1994, 236 und B.v. 2.6.1999 - 4 B 30/99 -NVwZ-RR 1999, 694). Der Beigeladene hat den Antrag mehr als zwei Jahre zu spät, nämlich erst am 27. Oktober 2016, gestellt.

Der Beigeladene hat auch keine Tatsachen dargelegt, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtfertigen könnten. Die gesetzliche Zweiwochenfrist mag kurz erscheinen. Der Bundesgesetzgeber betrachtet es aber als eine Obliegenheit der Beteiligten, die ihnen zugestellte gerichtliche Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist darauf zu überprüfen, ob die Kostenfolge darin ganz oder zum Teil übergangen ist (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 120 Rn. 15, 17, 18). Dieser Obliegenheit ist der anwaltlich vertretene Beigeladene im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum kann sich ein Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Verschulden des Beteiligten gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO), nur in seltenen Ausnahmefällen berufen (vgl. dazu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 60 Rn. 86 m.w.N.). Dazu hat der Beigeladene keine Tatsachen vorgetragen.

Der vom Beigeladenen „hilfsweise“ angeführte Weg der Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 118 VwGO) scheidet hier aus. Offenbar ist eine etwaige Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich als solche aus dem Urteil unmittelbar selbst, mindestens aber aus Vorgängen beim Erlass, ergibt. Die Unrichtigkeit muss in irgendeiner Weise nach außen treten (Kilian in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 118 Rn. 7 m.w.N.). Es muss ein Hinweis zu finden sein, dass der betreffende Gegenstand zwar richtig beraten und beschlossen, aber falsch in das Urteil aufgenommen wurde. Daran fehlt es hier bei der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Entscheidungsgründe des Urteils sagen dazu nichts aus. Zudem sind Unrichtigkeiten, denen ein wertender Charakter eigen ist, nicht offenbar (Kilian a.a.O. Rn. 8). Dies wäre hier die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit an Hand des Maßstabs der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Ein Fall des § 158 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Ergänzbarkeit des Urteils in Rede steht (Rennert in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 120 Rn. 9).

(1) Zoos sind dauerhafte Einrichtungen, in denen lebende Tiere wild lebender Arten zwecks Zurschaustellung während eines Zeitraumes von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden. Nicht als Zoo gelten

1.
Zirkusse,
2.
Tierhandlungen und
3.
Gehege zur Haltung von nicht mehr als fünf Arten von Schalenwild, das im Bundesjagdgesetz aufgeführt ist, oder Einrichtungen, in denen nicht mehr als 20 Tiere anderer wild lebender Arten gehalten werden.

(2) Die Errichtung, Erweiterung, wesentliche Änderung und der Betrieb eines Zoos bedürfen der Genehmigung. Die Genehmigung bezieht sich auf eine bestimmte Anlage, bestimmte Betreiber, auf eine bestimmte Anzahl an Individuen einer jeden Tierart sowie auf eine bestimmte Betriebsart.

(3) Zoos sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
bei der Haltung der Tiere den biologischen und den Erhaltungsbedürfnissen der jeweiligen Art Rechnung getragen wird, insbesondere die jeweiligen Gehege nach Lage, Größe und Gestaltung und innerer Einrichtung art- und tiergerecht ausgestaltet sind,
2.
die Pflege der Tiere auf der Grundlage eines dem Stand der guten veterinärmedizinischen Praxis entsprechenden schriftlichen Programms zur tiermedizinischen Vorbeugung und Behandlung sowie zur Ernährung erfolgt,
3.
dem Eindringen von Schadorganismen sowie dem Entweichen der Tiere vorgebeugt wird,
4.
die Vorschriften des Tier- und Artenschutzes beachtet werden,
5.
ein Register über den Tierbestand des Zoos in einer den verzeichneten Arten jeweils angemessenen Form geführt und stets auf dem neuesten Stand gehalten wird,
6.
die Aufklärung und das Bewusstsein der Öffentlichkeit in Bezug auf den Erhalt der biologischen Vielfalt gefördert wird, insbesondere durch Informationen über die zur Schau gestellten Arten und ihre natürlichen Biotope,
7.
sich der Zoo beteiligt an
a)
Forschungen, die zur Erhaltung der Arten beitragen, einschließlich des Austausches von Informationen über die Arterhaltung, oder
b)
der Aufzucht in Gefangenschaft, der Bestandserneuerung und der Wiederansiedlung von Arten in ihren Biotopen oder
c)
der Ausbildung in erhaltungsspezifischen Kenntnissen und Fähigkeiten.

(4) Die Genehmigung nach Absatz 2 ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die Pflichten nach Absatz 3 erfüllt werden,
2.
die nach diesem Kapitel erforderlichen Nachweise vorliegen,
3.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers sowie der für die Leitung des Zoos verantwortlichen Personen ergeben sowie
4.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb des Zoos nicht entgegenstehen.
Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden; insbesondere kann eine Sicherheitsleistung für die ordnungsgemäße Auflösung des Zoos und die Wiederherstellung des früheren Zustands verlangt werden.

(5) Die Länder können vorsehen, dass die in Absatz 2 Satz 1 vorgesehene Genehmigung die Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a und 3 Buchstabe d des Tierschutzgesetzes einschließt.

(6) Die zuständige Behörde hat die Einhaltung der sich aus den Absätzen 3 und 4 ergebenden Anforderungen unter anderem durch regelmäßige Prüfungen und Besichtigungen zu überwachen. § 52 gilt entsprechend.

(7) Wird ein Zoo ohne die erforderliche Genehmigung oder im Widerspruch zu den sich aus den Absätzen 3 und 4 ergebenden Anforderungen errichtet, erweitert, wesentlich geändert oder betrieben, so kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen treffen, um die Einhaltung der Anforderungen innerhalb einer angemessenen Frist sicherzustellen. Sie kann dabei auch bestimmen, den Zoo ganz oder teilweise für die Öffentlichkeit zu schließen. Ändern sich die Anforderungen an die Haltung von Tieren in Zoos entsprechend dem Stand der Wissenschaft, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen erlassen, wenn den geänderten Anforderungen nicht auf andere Weise nachgekommen wird.

(8) Soweit der Betreiber Anordnungen nach Absatz 7 nicht nachkommt, ist der Zoo innerhalb eines Zeitraums von höchstens zwei Jahren nach deren Erlass ganz oder teilweise zu schließen und die Genehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen. Durch Anordnung ist sicherzustellen, dass die von der Schließung betroffenen Tiere angemessen und im Einklang mit dem Zweck und den Bestimmungen der Richtlinie 1999/22/EG des Rates vom 29. März 1999 über die Haltung von Wildtieren in Zoos (ABl. L 94 vom 9.4.1999, S. 24) auf Kosten des Betreibers art- und tiergerecht behandelt und untergebracht werden. Eine Beseitigung der Tiere ist nur in Übereinstimmung mit den arten- und tierschutzrechtlichen Bestimmungen zulässig, wenn keine andere zumutbare Alternative für die Unterbringung der Tiere besteht.

Tenor

I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 30. Juni 2014 wurde dem Beigeladenen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 zugestellt. Die Kostenentscheidung in Nr. III des Urteilstenors lautet: „Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin die Hälfte, der Beklagte und der Beigeladene je ein Viertel.“ Die Begründung für die Kostenentscheidung lautet: „Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO“. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 -4 B 48.14 - kostenpflichtig zurückgewiesen.

Am 27. Oktober 2016 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgerichtshof, das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - dahingehend zu ergänzen, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen anteilig entsprechend Nr. III des Urteilstenors von der Klägerin zu erstatten sind. „Hilfsweise“ beantragte der Beigeladene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Beigeladenen sei erst im Rahmen der Kostenfestsetzung durch Schreiben des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - keinen Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen enthalte. Hilfsweise solle statt der Ergänzung des Urteils eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Urteils vorgenommen werden.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Eine - wie hier geltend gemacht - unvollständige Kostenentscheidung kann nach § 120 Abs. 1 VwGO nur auf Antrag ergänzt werden. Eine Ergänzung von Amts wegen kommt angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in Betracht.

Der Antrag des Beigeladenen ist unzulässig, weil verfristet. Der Antrag ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes fristgebunden (§ 120 Abs. 2 VwGO). Er muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gestellt werden, die hier am 30. Juni 2014 stattfand (vgl. zur Fristgebundenheit des Antrags nach § 120 VwGO auch BVerwG, B.v. 28.6.1993 - 7 B 143/92 - NVwZ-RR 1994, 236 und B.v. 2.6.1999 - 4 B 30/99 -NVwZ-RR 1999, 694). Der Beigeladene hat den Antrag mehr als zwei Jahre zu spät, nämlich erst am 27. Oktober 2016, gestellt.

Der Beigeladene hat auch keine Tatsachen dargelegt, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtfertigen könnten. Die gesetzliche Zweiwochenfrist mag kurz erscheinen. Der Bundesgesetzgeber betrachtet es aber als eine Obliegenheit der Beteiligten, die ihnen zugestellte gerichtliche Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist darauf zu überprüfen, ob die Kostenfolge darin ganz oder zum Teil übergangen ist (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 120 Rn. 15, 17, 18). Dieser Obliegenheit ist der anwaltlich vertretene Beigeladene im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum kann sich ein Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Verschulden des Beteiligten gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO), nur in seltenen Ausnahmefällen berufen (vgl. dazu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 60 Rn. 86 m.w.N.). Dazu hat der Beigeladene keine Tatsachen vorgetragen.

Der vom Beigeladenen „hilfsweise“ angeführte Weg der Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 118 VwGO) scheidet hier aus. Offenbar ist eine etwaige Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich als solche aus dem Urteil unmittelbar selbst, mindestens aber aus Vorgängen beim Erlass, ergibt. Die Unrichtigkeit muss in irgendeiner Weise nach außen treten (Kilian in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 118 Rn. 7 m.w.N.). Es muss ein Hinweis zu finden sein, dass der betreffende Gegenstand zwar richtig beraten und beschlossen, aber falsch in das Urteil aufgenommen wurde. Daran fehlt es hier bei der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Entscheidungsgründe des Urteils sagen dazu nichts aus. Zudem sind Unrichtigkeiten, denen ein wertender Charakter eigen ist, nicht offenbar (Kilian a.a.O. Rn. 8). Dies wäre hier die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit an Hand des Maßstabs der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Ein Fall des § 158 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Ergänzbarkeit des Urteils in Rede steht (Rennert in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 120 Rn. 9).

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

Tenor

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 wird geändert.

II.

Der Bescheid des Landratsamtes Donau-Ries vom 5. März 2015 wird aufgehoben, soweit darin die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen auf dem Grundstück Fl.Nr. 200 der Gemarkung W. (sog. WEA 1 und WEA 2) abgelehnt wurde. Der Beklagte wird verpflichtet, insoweit über den Genehmigungsantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs neu zu entscheiden.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerin zu 2/3, der Beklagte und die Beigeladene zu je 1/6.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen.

Mit am 18. Mai 2012 beim Landratsamt Donau-Ries eingegangenem Schreiben stellte die Klägerin einen Genehmigungsantrag betreffend drei Windkraftanlagen (im Verfahren als „Windpark W.“ mit den Anlagen WEA 1, 2 und 3 bezeichnet) mit jeweils einer Nabenhöhe von 140 m, einem Rotordurchmesser von 112 m und einer Gesamthöhe von 196 m, die auf den Grundstücken Fl.Nrn. 189 und 200 der Gemarkung W. im Gemeindegebiet der Beigeladenen errichtet werden sollten.

Die Klägerin legte dem Landratsamt ein Gutachten vom 30. Januar 2014 unter dem Titel „Horstsuche“, ein „Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) - Neufassung“ vom 27. Februar 2014 sowie eine „Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten“ vom 29. August 2014 vor.

In einer Stellungnahme des Landratsamtes Donau-Ries - untere Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 wird u. a. ausgeführt, im Gebiet der geplanten Windkraftanlagenstandorte würden kollisionsrelevante Arten als stabile Brutvögel vorkommen, speziell Rotmilan, Wespenbussard und Baumfalke. Die sicher gefundenen Horste von Baumfalke und Wespenbussard und die höchstwahrscheinlichen Brutplätze von Rotmilan und Schwarzmilan würden im Nahbereich von Anlagenstandorten des geplanten Windparks liegen. Beim Rotmilan sei trotz eindeutiger revieranzeigender Aktivitäten kein Horst nachgewiesen worden. Aufgrund eindeutiger Indizien werde jedoch von einem Rotmilan-Traditionsrevier ausgegangen. Es bestehe weiter der begründete Verdacht eines Schwarzmilanhorstes östlich von Pessenburgheim. Erkenntnislücken in den klägerischen Gutachten würden durch Beobachtungen von W. Bürgern ergänzt. Aufgrund der sehr hohen Qualität der von diesen Bürgern vorgelegten Dokumentationen sei von einer prägnanten Aussagekraft dieser Beobachtungen auszugehen. Es sei aller Wahrscheinlichkeit durchschnittlich mit insgesamt ca. 250 Durchflügen des Rotmilans pro Jahr bezogen auf alle im Untersuchungsraum geplanten Windkraftanlagen zu rechnen. Der Untersuchungsraum sei als Nahrungsraum grundsätzlich geeignet, wenn auch die Nahrungshabitate nicht gleichmäßig ausgeprägt seien. Die Nahrungssuchflüge würden über den ganzen Untersuchungsraum verteilt erfolgen. In der Stellungnahme wird weiter von einer „Regelvermutung“ im Windkrafterlass vom 20. Dezember 2011 ausgegangen, wonach Anlagen in einem Umkreis von einem Kilometer um „Revierzentren“ nicht „mit den Artenschutzanforderungen in Einklang“ stünden, es sei denn, es werde nachgewiesen, dass die Flugaktivitäten in diesem Radius so seien, dass die Vögel mit den Windkraftanlagen nicht in Kontakt kämen. Es sei im vorliegenden Fall bei allen drei Arten (Rotmilan, Wespenbussard, Baumfalke) davon auszugehen, dass es keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der „WEA-Bereiche“ gebe, weil die Wald-Offenland-Verteilung und die „diffuse“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebietes in erhöhtem Maße Waldrandflüge und Gebietsquerungen vermuten ließen. Somit stünden solche Standorte, bei denen sich im Umkreis von einem Kilometer ein „Revierzentrum“ einer der „vier Arten“ befinde, nicht im Einklang mit den Artenschutzvorschriften. Da Baumfalke und Wespenbussard störungsempfindlich hinsichtlich Veränderungen in ihrem Lebensraum seien, werde nach dem Vorsorgeprinzip ein Radius von einem Kilometer um den jeweiligen Horst gezogen, um negative Auswirkungen auszuschließen. Im Ergebnis sei von mehr als nur vereinzelten Durchflügen und bei allen drei geplanten Standorten für mindestens jeweils eine Art (Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke oder Wespenbussard) von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen.

Mit Bescheid vom 5. März 2015 lehnte das Landratsamt Donau-Ries den Antrag der Klägerin vom 18. Mai 2012 auf Errichtung und Betrieb eines Windparks bestehend aus drei Windkraftanlagen auf den Grundstücken Fl.Nrn. 200 und 189 der Gemarkung W. ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die unter Zugrundelegung des Windkrafterlasses vom 20. Dezember 2011 gewonnene Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde Bezug genommen, wonach der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bei Verwirklichung des Vorhabens als erfüllt anzusehen sei. Das Tötungsrisiko für die besonders geschützten Arten Rotmilan, Schwarzmilan, Wespenbussard und Baumfalke sei danach signifikant erhöht. Die Standorte der geplanten Anlagen befänden sich nachweislich im Bereich von Nahrungshabitaten und Bruträumen geschützter kollisionsgefährdeter Arten. Die der Einschätzung zugrunde liegenden dokumentierten Flugbewegungen würden sich eindeutig der vom Vorhaben betroffenen Flur zuordnen lassen und seien aussagekräftig. Die Genehmigungsbehörde mache sich infolgedessen die Einschätzung der unteren Naturschutzbehörde zu Eigen.

In Reaktion auf die vorgenannte Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 legte die Klägerin eine Ausarbeitung vom 24. März 2015 unter dem Titel „Abwägung Stellungnahme untere Naturschutzbehörde, Landratsamt Donau-Ries“ vor. Darin werden vermeintliche fachliche und methodische Defizite in der Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 aufgeführt. Die untere Naturschutzbehörde ging in einer weiteren Stellungnahme vom 17. Juni 2015 auf das von der Klägerin eingeholte Gutachten vom 24. März 2015 ein.

Mit Urteil vom 2. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage der Klägerin ab, mit der diese einen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Erlaubnis entsprechend ihrem Antrag vom 18. Mai 2012 geltend gemacht hatte. Der Erteilung der begehrten Erlaubnis stünden Belange des Naturschutzes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, da das Vorhaben der Klägerin gegen das artenschutzrechtliche Tötungs- und Verletzungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verstoße. Die Beurteilung des Beklagten betreffend ein durch die geplanten Windkraftanlagen signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für besonders kollisionsgefährdete Vogelarten bewege sich im Rahmen der ihm zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative.

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung gegen das Urteil vom 2. Juli 2015 beantragt die Klägerin zuletzt:

1. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 (Az. Au 4 K 14.795) wird festgestellt, dass der Ablehnungsbescheid der Klägerin vom 5. März 2015, soweit er sich auf die Windenergieanlage des Typs V112 - 3.0 MW mit einer Nabenhöhe von 140 m und einer Gesamthöhe von 196 m über Grund auf dem Grundstück Flurstück 189 (WEA 3) der Gemarkung W. bezieht, rechtswidrig ist und bis zum 31. Januar 2016 ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung bestand.

2. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 (Az. Au 4 K 14.795) wird der Beklagte im Übrigen verpflichtet, unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. März 2015 der Klägerin die mit Datum vom 15. Mai 2012 beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs V112 - 3.0 MW mit einer Nabenhöhe von je 140 m und einer Gesamthöhe von je 196 m über Grund auf dem Grundstück Flurstück 200 (WEA 1 und 2) der Gemarkung W. zu erteilen.

3. Hilfsantrag zum Antrag unter Ziffer 2.: Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. Juli 2015 (Az.: Au 4 K 14.795) wird der Beklagte im Übrigen verpflichtet, unter teilweiser Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 5. März 2015 über den Antrag vom 15. Mai 2012 auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs V112 - 3,0 MW mit einer Nabenhöhe von je 140 m und einer Gesamthöhe von je 196 m über Grund auf dem Grundstück Flurstück 200 (WEA 1 und 2) der Gemarkung W. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Zur Begründung machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Beklagte habe im Rahmen seiner Einschätzung vom 7. Oktober 2014 die Grenzen seines Beurteilungsspielraums in mehrerlei Hinsicht massiv überschritten. Bereits auf der Ebene der Erfassung der Rohdaten sei die untere Naturschutzbehörde nicht fachmethodisch nachvollziehbar vorgegangen. Bei der Bestandserfassung zum Rotmilan und zum Baumfalken sei gegen das Willkürverbot verstoßen worden. Die Gutachten der Klägerin würden einheitlich zeigen, dass im Vorhabengebiet das Bestehen eines Rotmilanhorstes ausgeschlossen werden könne. Der Baumfalkenhorst sei inzwischen unstreitig nicht mehr existent. Selbst bei Unterstellung einer Reviertreue des Baumfalken sei nicht anzunehmen, dass er sich wieder in dem Gebiet ansiedeln werde bzw. mit dessen häufigem Aufenthalt im Gefahrenbereich des Vorhabens zu rechnen sei. Im Jahr 2015 habe der Baumfalke im Umfeld des ehemaligen Horststandortes nicht mehr gebrütet. Auf der Ebene der Auswertung habe die Behörde die Rohdaten mit einer aus der Luft gegriffenen Berechnungsmethode ausgewertet. Das von W. Bürgern vorgelegte 25-stündige Videomaterial sei nur stichprobenartig untersucht, nicht dagegen wie erforderlich umfassend geprüft worden. Auch auf der Ebene der Bewertung greife die Behörde zu Maßstäben, die aus fachlicher Sicht keine Rechtfertigung fänden. Die Ergebnisse des Gutachters würden durch den angewandten Korrekturfaktor verfälscht. Die angenommene Signifikanzschwelle von 15 jährlichen Überflügen für die Annahme eines relevanten Tötungsrisikos sei nicht nachvollziehbar und gehe von einer falschen Beurteilungsgrundlage aus. Die Signifikanz sei stets in Abgrenzung zum allgemeinen Tötungsrisiko im jeweiligen Naturraum sowie vorhabenspezifisch zu bestimmen. Das angenommene relevante Tötungsrisiko könne jedenfalls durch Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden, welche bei der Behördenentscheidung hätten berücksichtigt werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die untere Naturschutzbehörde habe weder auf der Ebene der Bestandserfassung oder der Auswertung, noch auf der Ebene der Bewertung die Grenzen des bestehenden Beurteilungsspielraums überschritten. Die von W. Bürgern an diese Behörde herangetragenen Daten seien nur als ergänzende Hinweise zu den klägerischen Gutachten berücksichtigt worden. Diese Daten seien zweifellos hinreichend substantiiert. Es seien ein besetzter Wespenbussardhorst nachgewiesen und Indizien für ein Rotmilan-Revier im Vorhabengebiet vorgelegt worden. Außerdem seien im Umfeld der geplanten Anlagen geeignete Nahrungshabitate für den Rotmilan dokumentiert worden. Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „signifikant erhöhten Tötungsrisikos“ könne sich die Behörde als Hilfsmittel bei der Erstellung der Prognose Hochrechnungen bedienen. Da es keine Untersuchungen bzw. verlässlichen Angaben darüber gebe, wie viele Gefahrenbereichsdurchflüge statistisch zu einer Kollision führen würden, sei man hier auf Annahmen angewiesen, die nach dem Erfahrungswissen der Fachbehörde plausibel seien. Die Unterlagen des Gutachters, ergänzt durch die Daten der W. Bürger, würden nicht ergeben, dass die Standorte der Windkraftanlagen gemieden oder selten überflogen würden, so dass von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen sei. Es sei eine ortsspezifische Prüfung durch die Betrachtung der jeweiligen Anlagenstandorte und eine vorhabenspezifische Prüfung anhand der Risikomerkmale einer Windkraftanlage erfolgt. Im Genehmigungsverfahren seien keine ausreichend prüffähigen Unterlagen zu Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen vorgelegt worden. Am 18. Juli 2015 sei von W. Bürgern ein neuer Baumfalkenhorst in ca. 220 m Entfernung zum Althorst nachgewiesen worden; ein erfolgreicher Brutnachweis sei am 16. August 2015 gelungen. Das Traditionsrevier des Rotmilans sei 2015 wieder besetzt worden, was durch einen beobachteten Balzflug und einen Jungmilan nachgewiesen sei. Mitte August 2015 seien sowohl Alt- wie auch Jungvögel der Wespenbussard-Art festgestellt worden. Die Beteiligung der höheren Naturschutzbehörde sei im Wesentlichen in Form von Besprechungsterminen sowie Telefonaten mit Mitarbeitern des Landratsamtes Donau-Ries erfolgt.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Genehmigungsbehörde sei verpflichtet gewesen, die Erkenntnisse der W. Bürger in ihre Beurteilung einzubeziehen. Die Genehmigungsbehörde habe von der ihr zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht. Die artenschutzfachlichen Untersuchungen hätten sowohl in ihrem methodischen Vorgehen, als auch in ihrer Ermittlungstiefe ausgereicht, um die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen. Die Behörde sei dabei nicht vom Windenergieerlass abgewichen. Die Klägerin setze mit ihren Einwänden in unzulässiger Weise ihre naturschutzfachliche Bewertung anstelle derjenigen der Behörde.

Unter Vorlage naturschutzfachlicher Gutachten vom 28. April und 18. Mai 2016 führte die Klägerin weiter aus, am 19. April 2016 sei ein bisher nicht existenter Rotmilanhorst festgestellt worden. Entsprechend der fachlichen Empfehlung des Gutachters werde die Projektierung der Windkraftanlage WEA 3 nicht mehr weiter verfolgt und insoweit auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Durch die beiden südlich gelegenen Anlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 werde das Tötungsverbot dagegen nicht verletzt. Aus der Unterschreitung des Prüfbereichs von 1.000 m könne kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko hergeleitet werden. Die bisherigen Beobachtungen des klägerischen Gutachters würden eine deutliche Tendenz dafür zeigen, dass die Flüge des neuangesiedelten Rotmilans außerhalb der Standorte der zwei weiterhin geplanten Anlagen erfolgten. Gegenteilige Beobachtungen durch die untere Naturschutzbehörde und von W. Bürgern würden nicht die tatsächliche Nutzung des hier maßgeblichen Vorhabengebietes wiedergeben. Es könne auf Grundlage solcher Beobachtungen auch nicht die Aussage getroffen werden, dass das Vorhabengebiet ständig oder regelmäßig durch vier Rotmilane genutzt werde. Es bedürfe vielmehr einer dem bayerischen Windkrafterlass entsprechenden Raumnutzungsuntersuchung. Die Raumnutzung durch den Rotmilan habe durch die neuerlichen Untersuchungen - wenn auch noch nicht abschließend - festgestellt werden können. Verbleibende Restrisiken wegen naturbedingt bislang nur drei Begehungen des Gutachters könnten durch die Umsetzung des von diesem vorgeschlagenen Maßnahmenkonzepts ausgeschlossen werden. Diese Maßnahmen würden u. a. die Gestaltung des Mastfußbereichs und des direkten Anlagenumfelds, die Abschaltung der Windkraftanlagen zur Bodenbearbeitung, Ernte oder Mahd und die Schaffung von Ablenkungsflächen durch für Greifvögel attraktive Bewirtschaftung umfassen. Soweit im Hinblick auf die Annahme eines neuen Baumfalkenhorstes die Raumnutzungsuntersuchungen noch nicht abgeschlossen seien und noch Restzweifel bestehen sollten, werde ebenfalls auf das Maßnahmenkonzept verwiesen, mit dem auch für den Baumfalken das vermeintliche Tötungsrisiko unter die Signifikanzschwelle abgesenkt werde. Für die konkrete Ausgestaltung der vorgeschlagenen Maßnahmen würden verschiedene Alternativen existieren. Hinsichtlich der Art und Weise der Ausgestaltung dieser Maßnahmen würde sich die Klägerin den Wünschen des Beklagten anpassen, soweit sie fachlich und rechtlich vertretbar seien. Durch die neue Ansiedlung des Rotmilans in der Nähe der Windkraftanlage WEA 3 sei ein erledigendes Ereignis eingetreten. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse liege wegen einer Wiederholungsgefahr bezogen auf ein in der Nachbargemeinde von der Klägerin verfolgtes Windenergieprojekt vor. In diesem Genehmigungsverfahren habe sich bereits gezeigt, dass der Beklagte wie im vorliegenden Fall von einer Bürgerinitiative gesammelte Daten bei der Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit dieser Anlagen heranziehe. Es bestehe die Gefahr, dass derartige Daten auch in diesem Fall nur stichprobenartig geprüft und dennoch insgesamt als „verwertbar und entscheidungserheblich“ bewertet und vollständig einbezogen würden.

Der Beklagte führte mit Schriftsatz vom 18. Mai 2016 unter Vorlage einer Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Mai 2016 im Wesentlichen aus, das von der Klägerin vorgelegte Maßnahmenkonzept sei nicht geeignet, die Absenkung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle hinreichend darzulegen. Es gebe zudem auf dem Gebiet der Vermeidungsmaßnahmen bei Greifvögeln keine gängige bzw. etablierte Praxis mit anerkannten Maßnahmen und Vorgaben. Die Existenz des vermeintlich neuen Rotmilanhorstes sei bereits vor 2016 bekannt gewesen. Der Bildnachweis sei am 16. August 2015 erbracht wurden, mithin nach der Brutsaison 2015, was dafür spreche, dass es sich hierbei um einen traditionellen Horst handle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 22 BV 15.1959 sowie auf die von Seiten des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs beigezogenen Vorgänge des Landratsamtes in beiden Verfahren Bezug genommen.

Gründe

Hinsichtlich des mit dem Hauptantrag Nr. 2 geltend gemachten Anspruchs auf Genehmigungserteilung zur Errichtung und zum Betrieb der zwei streitgegenständlichen Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 ist die Berufung zurückzuweisen (I.). Die Berufung hat lediglich hinsichtlich des diesbezüglichen Hilfsantrags (Antrag Nr. 3) Erfolg, so dass der Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Ablehnung zu verpflichten war, über den Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs erneut zu entscheiden (II.). Bezüglich des Fortsetzungsfeststellungsantrags Nr. 1 betreffend die Windkraftanlage WEA 3 ist die Klage bereits unzulässig, so dass die Berufung auch insofern zurückzuweisen ist (III.).

I. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zu, die beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Aufgrund der naturschutzfachlichen Beurteilung des Beklagten ist nicht auszuschließen, dass dem Vorhaben der Klägerin das artenschutzrechtliche Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht. Obwohl der Beklagte derzeit in rechtlich fehlerhafter Weise vom Entgegenstehen des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots ausgeht, steht nicht fest, dass eine fehlerfreie Ausübung der artenschutzfachlichen Einschätzungsprärogative durch die Genehmigungsbehörde zu einem für die Klägerin günstigen Ergebnis führen wird. Der Verwaltungsgerichtshof kann die insofern fehlende Spruchreife nicht selbst herbeiführen (vgl. auch BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 Rn. 42).

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in seinemUrteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 u. a. folgendes ausgeführt (Rn. 38 und 39):

Das in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG statuierte Verbot, Tiere einer besonders geschützten Art zu töten, wird verletzt, wenn sich das Risiko, dass ein solcher Erfolg eintritt, durch das zu beurteilende Vorhaben in signifikanter Weise erhöht (BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219; U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 90; U. v. 27.6.2013 - 4 C 1.12 - BVerwGE 147, 118 Rn. 11). Nicht erfüllt ist dieser Verbotstatbestand, wenn die den geschützten Tieren drohende Gefahr in einem Bereich verbleibt, der mit dem stets bestehenden Risiko vergleichbar ist, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (BVerwG, U. v. 9.7.2008 a. a. O. Rn. 91). Bei der Prüfung der Frage, ob der artenschutzrechtliche Tötungstatbestand erfüllt ist, steht der öffentlichen Verwaltung auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einschließlich solcher, die die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen zum Gegenstand haben, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 - 7 C 40.11 - NVwZ 2014, 524 Rn. 14). Diese Einschätzungsprärogative bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare dieser Art bei einer Verwirklichung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 a. a. O. Rn. 19).

2. Der Beklagte ist hier aufgrund seiner naturschutzfachlichen Bewertung zur Einschätzung gelangt, dass durch die Errichtung und den Betrieb der strittigen Windkraftanlagen der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verwirklicht würde.

In seiner Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 (dort S. 21) führt das Landratsamt Donau-Ries - untere Naturschutzbehörde aus, die geplanten Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 hätten hinsichtlich der Arten des Rotmilans und des Wespenbussards ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zur Folge. Diese Einschätzung wurde nach Einwendungen der Klägerin in einer weiteren Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Juni 2015 aufrechterhalten und im vorliegenden Verfahren vom Beklagten aufgrund des aktuellen Erkenntnisstands bestätigt (vgl. Aktenvermerk der unteren Naturschutzbehörde vom 14. April 2016). In der mündlichen Verhandlung führten die Vertreter der Naturschutzbehörden ebenfalls aus, dass im vorliegenden Fall die festgestellten Flugbewegungen sowie Gelände- und Habitat-Strukturen die Feststellung von durch den Rotmilan gemiedenen oder nur selten überflogenen Bereichen innerhalb des sogenannten Prüfbereichs 1 nicht zulassen würden. Damit wurde auf die „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA)“ (im Folgenden „Windkrafterlass Bayern“) vom 20.12.2011 (AllMBl 2012, S. 34), Bezug genommen, wonach in diesem Prüfbereich nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses um eine geplante Windkraftanlage von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen ist, wenn eine Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bezüglich der Individuen der betreffenden Arten nicht ergibt, dass der vorgesehene Windkraftanlagenstandort gemieden oder selten überflogen wird (S. 42). In einem Schreiben der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Mai 2016 heißt es zu einem von der Klägerin vorgelegten Maßnahmenkonzept zur Minimierung des Kollisionsrisikos für den Rotmilan zusammenfassend, für eine abschließende Beurteilung sei dieses Konzept entschieden zu unkonkret. Nach einer ersten groben Einschätzung sei nicht erkennbar, ob und wie ein Ausmaß an Vermeidungswirkung erzielt werden könne, welche das Tötungsrisiko unter die Erheblichkeitsschwelle absenken könne. Bezüglich einer von der Klägerin aktualisierten Konzeptfassung vom 22./23. Mai 2016 erklärte der Vertreter der Regierung von Schwaben in der mündlichen Verhandlung, es sei sehr schwierig, in einem Fall wie dem vorliegenden mithilfe eines Ablenkungsflächenkonzepts Genehmigungsfähigkeit herzustellen. Ein Vertreter des Landesamtes für Umwelt führte aus, die im Konzept vorgeschlagenen Ablenkungsflächen lägen zu nahe an den Standorten der strittigen Windkraftanlagen, dies erscheine ihm zu riskant. Die Fachbeistände der Klägerin hätten nach seiner Einschätzung nicht aufgezeigt, wie gleichwohl eine Unterschreitung der Signifikanzschwelle bei der Gefährdung im Hinblick auf das Tötungsrisiko um einen besetzten Brutplatz erreicht werden könne.

3. Diese naturschutzfachlichen Beurteilungen begegnen zwar rechtlichen Bedenken (vgl. unten II.1.). Im Hinblick auf diese naturschutzfachlichen Beurteilungen der Naturschutzbehörden kann aber nicht festgestellt werden, dass durch die Errichtung und den Betrieb der strittigen Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 insbesondere in Bezug auf den Rotmilan kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verursacht würde. Der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG war daher als Genehmigungshindernis (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG) im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht ausgeräumt. Eine weitergehende Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts durch den Verwaltungsgerichtshof im Wege der Amtsermittlung zu den naturschutzfachlichen Entscheidungsgrundlagen scheidet aus, da hierdurch keine Spruchreife der Streitsache im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO herbeigeführt werden könnte. Die Bewertung zur Frage, ob der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt ist, setzt die Bewertung der zuständigen Naturschutzbehörden unter Inanspruchnahme ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative voraus. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es im Hinblick auf diesen Beurteilungsspielraum verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der fachbehördlichen Einschätzung zu setzen (vgl. auch BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 Rn. 37).

4. Der gegebenenfalls eingreifende artenschutzrechtliche Verbotstatbestand kann hier allerdings nicht durch Erteilung einer Ausnahme (§ 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG) überwunden werden. Der Vertreter der höheren Naturschutzbehörde hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass aus seiner Sicht jedenfalls diejenige Voraussetzung des Ausnahmetatbestands, wonach sich durch das Vorhaben der Klägerin der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten nicht verschlechtern darf (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG), aus seiner Sicht nicht vorliegt. Die Prüfung der naturschutzfachlichen Voraussetzungen einer Ausnahmeerteilung unterliegt wiederum der behördlichen Einschätzungsprärogative (BVerwG, U. v. 23.4.2014 - 9 A 25/12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 116). Die vorgenommene Bewertung durch die Naturschutzbehörden begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. dazu näher unter II.3.).

II. Die Klägerin kann jedoch beanspruchen, dass der Beklagte erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs über den Genehmigungsantrag betreffend die geplanten Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). In diesem Zusammenhang sind die naturschutzfachlichen Grundlagen zur Prüfung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG weiter aufzuklären und zu bewerten.

1. Unter Beachtung der oben (I.1.) genannten rechtlichen und fachlichen Vorgaben begegnet die Bejahung des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch den Beklagten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Bedenken. Somit steht nicht fest, dass dem Vorhaben der Klägerin (WEA 1 und WEA 2) ein artenschutzrechtliches Verbot nach § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG entgegensteht.

a) Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 näher dargelegt hat (Rn. 40 und 41) lassen sich Art und Umfang, Methodik und Untersuchungstiefe der zur Ermittlung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten erforderlichen Maßnahmen mangels normativer Festlegung nur allgemein umschreiben; sie hängen wesentlich von den naturräumlichen Gegebenheiten des Einzelfalles ab (BVerwG, B. v. 18.6.2007 - 9 VR 13.06 - Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 2 Rn. 20; U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 59). Der „Windkrafterlass Bayern“ konkretisiert Art und Weise der insoweit gebotenen Erhebungen näher. Die darin aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738).

b) Es ergibt sich nicht bereits aufgrund bisher vorliegender Erkenntnisse und naturschutzfachlicher Bewertungen, dass ein erhebliches Tötungsrisiko für die Art des Rotmilans wegen zu geringen Abstands zwischen dem lokalisierten Horst und den strittigen geplanten Windkraftanlagen gegeben wäre.

aa) Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war gegenüber dem Sachstand des die Genehmigungserteilung ablehnenden Bescheides vom 5. März 2015 insoweit eine neue Sachlage eingetreten, als mittlerweile ein Rotmilan-Horst lokalisiert worden war. Mit Schriftsatz vom 26. April 2016 legte der Beklagte einen Aktenvermerk des Landratsamtes Donau-Ries vom 14. April 2016 vor, demzufolge das Revierzentrum eines Rotmilans aufgrund weiterer Beobachtungen lokalisiert werden konnte; es liege nunmehr ein eindeutiger Beweis für einen besetzten Horst vor. Die gleichzeitige Anwesenheit von mindestens vier verschiedenen Rotmilanen im Bereich westlich bzw. nordwestlich von W. bedeute ferner, dass sich in der Nachbarschaft entweder ein weiteres Rotmilan-Revier befinde oder zumindest weitere Rotmilane den Raum nutzten. Zwar sind die Naturschutzbehörden bereits vor diesem Horstfund von einem Vorkommen des Rotmilans als Brutvogel im Untersuchungsgebiet ausgegangen. Trotz aus behördlicher Sicht eindeutiger revieranzeigender Aktivitäten konnte jedoch kein Horst nachgewiesen werden (vgl. Stellungnahme des Landratsamtes Donau-Ries - untere Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014, dort unter C., S. 4). Nach Angaben der unteren Naturschutzbehörde (Stellungnahme vom 17. Juni 2015, Nr. 9, Seite 4 unten/Seite 5 oben) war die Lage des Revierzentrums zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt; es sei lediglich aufgrund der verschiedenen vorliegenden Indizien ein Bereich abgegrenzt worden, innerhalb dessen sich das Revierzentrum mutmaßlich befinden dürfte.

Diese Feststellungen stimmen mit Zwischenergebnissen einer aktuellen Raumnutzungsanalyse des klägerischen Gutachters überein, die mit Stand vom 28. April und vom 18. Mai 2016 vorgelegt wurde. Danach wurde im Untersuchungsgebiet ein besetzter Rotmilanhorst festgestellt, der sich in einem Abstand von 300 m zum Anlagenstandort Nr. 5 (entspricht der Standortbezeichnung WEA 3 im Genehmigungsverfahren) sowie in einer Entfernung von 820 bzw. 860 m zu den Standorten Nr. 7 (Standort WEA 1) und Nr. 8 (Standort WEA 2) befinde (vgl. Tabelle unter Nr. 2.2, S. 3 des Gutachtens vom 28.4.2016).

bb) Dem Windkrafterlass Bayern 2011 (dort S. 42) zufolge ist bei der Prüfung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG grundlegend zwischen Prüfbereichen bei Brutplätzen einerseits (Anlage 2 zum Windkrafterlass, dort Spalte 2) und Prüfbereichen zur Untersuchung von Nahrungshabitaten andererseits (Anlage 2, Spalte 3) zu unterscheiden. Ergibt die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bezüglich der Individuen der betreffenden Art in dem in Anlage 2 Spalte 2 angegebenen Prüfbereich nicht, dass die Windkraftanlage gemieden oder selten überflogen wird, ist in diesem Bereich von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Außerhalb der in Anlage 2 Spalte 2 genannten Abstände führt eine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate in der Regel nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich einer Anlage. Vielmehr müssen die Nahrungshabitate eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2 Spalte 3 darstellen, die regelmäßig über die Anlage angeflogen werden.

In der aktuell geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011 sieht der Windkrafterlass Bayern in Anlage 2 in Spalte 2 (Abstand Brutvorkommen zur WKA) für den Rotmilan einen Prüfbereich von 1.000 m, in Spalte 3 (Abstand für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate) einen Prüfbereich von 6.000 m vor. Es ist davon auszugehen, dass sich mittlerweile ein von der derzeit geltenden Festlegung im Windkrafterlass abweichender allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durch die Festlegung eines Mindestabstands von 1.500 m für den Rotmilan durch die „Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (Stand April 2015)“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) durchgesetzt hat (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 45). Im vorliegenden Fall liegen die zwei streitgegenständlichen Windkraftanlagenstandorte allerdings bereits innerhalb des in der bisherigen Fassung des Windkrafterlasses festgelegten engeren Prüfbereichs von 1.000 m zum Rotmilanhorst.

Aus dem Wortlaut des Windkrafterlasses ergibt sich zwar, dass innerhalb des engeren Prüfbereichs nach Anlage 2 Spalte 2 in der Regel mit höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten zu rechnen ist, die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zur Folge haben. Andererseits ist diese Vermutung schon nach dem Wortlaut des Windkrafterlasses 2011 einem Gegenbeweis zugänglich, wenn stichhaltige Anhaltspunkte für eine Meidung oder einen seltenen Überflug einer Windkraftanlage vorliegen. Eine entsprechende substantiierte Darlegung stellt die dem Windkrafterlass zugrunde liegende allgemeine naturschutzfachliche Bewertung bei Unterschreitung des engeren Prüfbereichs in Frage. Es entspricht dann grundsätzlich pflichtgemäßem Ermessen (Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG), den Sachverhalt unter Beachtung des Windkrafterlasses und der Abstandsempfehlungen der LAG VSW weiter aufzuklären.

Dem steht auch nicht entgegen, dass sich gegenüber dem Windkrafterlass Bayern vom 20. Dezember 2011 inzwischen teilweise ein abweichender, allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft durchgesetzt hat, was die Abstandsempfehlungen angeht (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 45). In den Abstandsempfehlungen der LAG VSW (Stand April 2015) wird der engere Prüfabstand im Sinne von Anlage 2 Spalte 2 zum Windkrafterlass zwar als „Mindestabstand“ bezeichnet. Aus den Hinweisen zur Anwendung der Abstandsempfehlungen der LAG VSW (dort unter Nr. 2) geht aber hervor, dass diese das „grundsätzlich gebotene Minimum zum Erhalt der biologischen Vielfalt“ berücksichtigen. Dabei könne eine sorgfältige und hinreichende Berücksichtigung naturschutzfachlicher Belange zur notwendigen Rechtssicherheit führen und dadurch auch verfahrensbeschleunigende Wirkung entfalten. Die naturräumlichen Gegebenheiten, die Flächennutzung sowie das vorkommende Artenspektrum in den Bundesländern könnten jedoch unterschiedlich sein, weshalb eine Anpassung der Empfehlungen an landesspezifische Gegebenheiten erforderlich sein könne. Diese Hinweise sprechen dafür, dass die neuen Abstandsempfehlungen zwar allgemeinen naturschutzfachlichen Erfahrungswerten entsprechen und einer vereinfachten Verwaltungs- und Genehmigungspraxis dienen, welche aber eine Prüfung aufgrund besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls oder landesspezifischer Rahmenbedingungen unberührt lässt. Insofern muss stichhaltigen Anhaltspunkten für eine Meidung oder einen seltenen Überflug einer Windkraftanlage auch weiterhin nachgegangen werden. Abgesehen davon könnte eine „Mindestabstandsregelung“ in einer Verwaltungsvorschrift in eindeutig atypischen Fällen schwerlich Geltung beanspruchen (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 48).

cc) Im vorliegenden Fall sind stichhaltige Anhaltspunkte dafür gegeben, dass ein Ausnahmefall vom grundsätzlichen Erfordernis der Einhaltung des regelmäßigen Mindestabstands von 1.500 m zwischen Rotmilanhorst und den geplanten Windkraftanlagen gegeben sein könnte. Eine Klärung der demnach maßgeblichen naturschutzfachlichen Frage einer Meidung und Überflughäufigkeit setzt eine Raumnutzungsuntersuchung entsprechend Anlage 6 zum Windkrafterlass voraus, die danach den Zeitraum von Mitte März bis Ende August umfassen soll (oder aus artenschutzfachlichem Grund den Einsatz einer gleichwertigen Ermittlungsmethode - vgl. BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 Rn. 45 -).

Die von der Klägerin bislang vorgelegten Zwischenergebnisse einer Raumnutzungsuntersuchung (Stand 28.4. und 18.5.2016) sind zwar noch nicht zur abschließenden Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts geeignet. Entsprechend empfiehlt auch der von der Klägerin beauftragte Gutachter zur abschließenden Bewertung des Tötungsrisikos für den Rotmilan, die Raumnutzung im Laufe der Brutzeit 2016 nach den Vorgaben des bayerischen Windkrafterlasses zu erfassen (vgl. Gutachten vom 28.4.2016, S. 4). Erst auf Grundlage einer solchen vollständigen Untersuchung kann die naturschutzfachliche Bewertung der Naturschutzbehörden erfolgen.

Aus den bislang vorliegenden Erkenntnissen aus der Raumnutzungsanalyse ergeben sich jedoch zumindest stichhaltige Hinweise auf eine mögliche Meidung des Bereichs um die streitgegenständlichen Windkraftanlagen bei den Flugbewegungen von bzw. zu dem festgestellten Rotmilanhorst. Diese Flugbewegungen des Brutpaares erfolgten im Wesentlichen um den unmittelbaren Horststandort sowie von dort Richtung Norden, Osten und Südosten sowie Westen. An insgesamt sechs Beobachtungstagen wurde kein Überflug des Rotmilans im Bereich des Standortes WEA 1 und lediglich ein Überflug nahe des Standortes WEA 2 erfasst (Gutachten vom 18.5.2016, dort Tabelle auf Seite 2).

Die naturschutzfachlichen Untersuchungen aus der Zeit vor Ortung des Rotmilanhorstes sind nicht geeignet, die vorgenannten Anhaltspunkte schlüssig zu entkräften. Zwar wurde dort festgestellt, dass es unter anderem bei dem Rotmilan „keine festen Flugkorridore mit weitgehender Meidung der WEA-Bereiche“ gebe, weil die Wald-Offenland-Verteilung und die „diffuse“ Verteilung von Restgrünlandzonen über die gesamten Randlagen des Gebietes in erhöhtem Maße Waldrandflüge und Gebietsquerungen vermuten lassen würden (vgl. Stellungnahme vom 7.10.2014, dort unter V., S. 10). Der zu beurteilende Untersuchungsraum sei als Nahrungsraum grundsätzlich geeignet, wenn auch die Nahrungshabitate nicht gleichmäßig ausgeprägt seien. Dadurch bedingt würden die Nahrungssuchflüge über den ganzen Untersuchungsraum, „sozusagen kreuz und quer“ verteilt erfolgen (a. a. O. S. 9). Weiter hat die untere Naturschutzbehörde angenommen, dass die in der Raumnutzungsanalyse 2014 festgestellte Nutzung des gesamten Untersuchungsraums durch den Rotmilan mit den ermittelten Indizien für ein Rotmilan-Revier im Bereich der geplanten Windkraftanlagen übereinstimme (a. a. O., S. 18). Diese Aussagen passen in der Tat nicht zu der von der Klägerin vorgelegten Raumnutzungsanalyse vom April und Mai 2016. Der Verwaltungsgerichtshof kann hierfür keine schlüssige Erklärung finden, jedenfalls nicht in dem Sinn, dass die von der Klägerin genannten Anhaltspunkte schlüssig entkräftet wären.

Insbesondere werfen die Beobachtungen von 2014 Zweifel an ihrer Aktualität auf. Die im Rahmen dieser Untersuchungen im Jahr 2014 festgestellten Flugbewegungen sind zum einen hinsichtlich der festgestellten Dichte von Flugbewegungen im Bereich des nunmehr festgestellten Horstes offensichtlich nicht vergleichbar. Zum anderen ergibt sich aus der Raumnutzungsanalyse 2014 gerade kein räumlicher Schwerpunkt der Flugaktivitäten. Insbesondere konnte keine Raumnutzung mit einem deutlichen Aktivitätszentrum rund um den nun festgestellten Horst nachgewiesen werden; dies ist im Hinblick darauf, dass mehr als 50% der Flugaktivitäten zur Brutzeit im Bereich um den Neststandort stattfinden (vgl. Abstandsempfehlungen der LAG VSW, dort unter Nr. 3), im Hinblick auf die aktuellen Untersuchungsergebnisse nicht (mehr) schlüssig. Gegenstand der Raumnutzungsanalyse 2014 und der dazu erfolgten naturschutzfachlichen Bewertungen waren Flugbewegungen des Rotmilans insgesamt; eine Beurteilung zur Frage einer Meidung oder eines seltenen Überflugs bei Flugaktivitäten im 1.500 m-Radius rund um ein konkretes Brutvorkommen konnte damals nicht angestellt werden. Den Zwischenergebnissen der Raumnutzungsanalyse 2016 zum Stand 18. Mai 2016 ist dagegen ein markantes Aktivitätszentrum rund um den festgestellten Horst und eine Konzentration der Flüge in einem Raumsegment westlich, nördlich, östlich und südöstlich hiervon zu entnehmen. Gegen eine Meidung des Gebiets der zwei strittigen Windkraftanlagen spricht zwar auch, dass nach den bisherigen Feststellungen gerade auch der klägerischen Gutachter der gesamte Untersuchungsraum von Rotmilanen ohne erkennbare Schwerpunkte genutzt wurde. Die klägerischen Gutachter haben angenommen, dass in der Zeit von Mai bis Juli das Untersuchungsgebiet keine ausreichende Nahrung biete und das Tal der Kleinen Paar im Westen sowie das Haselbach-/Krebsbachtal im Nordosten mit einem höheren Grünlandanteil offenbar intensiver genutzte Nahrungsräume seien (vgl. Raumnutzungsanalyse kollisionsgefährdeter Vogelarten vom 29.8.2014, dort unter 3.2, S. 6). Weiter wurde auch das Rößbachtal im Süden der geplanten Windkraftanlagen-Standorte als einer der nächsten großen Lebensraumkomplexe mit potenziell wichtiger Funktion als Nahrungsgebiet für den Rotmilan eingestuft (vgl. saP-Neufassung vom 27.2.2014, dort Erläuterung zur Abbildung 11, S. 64). Dies könnte es zwar erklären, wenn nach Abschluss der begonnenen Raumnutzungsanalyse 2016 von dem nun bekannten Horst ausgehend auch Flüge in die südliche Richtung des Rößbachtals festgestellt würden. Eine derartige Mutmaßung allein ohne jegliche tatsächliche Ermittlungsergebnisse würde indes die Grenzen der artenschutzrechtlichen Einschätzungsprärogative überschreiten. Gerade vor diesem Hintergrund ist grundsätzlich eine den Anforderungen des Windkrafterlasses unmittelbar oder sinngemäß entsprechende Raumnutzungsanalyse geboten, um den aktuell entscheidungserheblichen Sachverhalt zu ermitteln.

c) Für den Fall, dass die Vermutung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos wegen der Lage des Brutvorkommens innerhalb des Prüfabstands nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses und den neueren Abstandsempfehlungen widerlegt würde, wäre weiter zu prüfen, ob innerhalb des Prüfradius nach Anlage 2 Spalte 3 und auch diesbezüglich den neuen Abstandsempfehlungen regelmäßig aufgesuchte, räumlich abgrenzbare Nahrungshabitate liegen und inwieweit sich die geplanten Windkraftanlagen gegebenenfalls in betreffenden Flugkorridoren befinden. Diese Prüfung erfordert zunächst auch die Klärung, welche Horste im Umkreis aktuell bestehen, worauf der Vertreter der höheren Naturschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat.

d) Auf der Grundlage einer den vorstehenden Ausführungen Rechnung tragenden Tatsachenermittlung hätte weiter eine naturschutzfachliche Würdigung des Sachverhalts durch die hierzu berufenen Naturschutzbehörden zu erfolgen.

e) Weiter ist der Sachverhalt in Bezug auf ein möglicherweise signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bezüglich der Arten des Baumfalken, des Wespenbussards und des Schwarzmilans nicht hinreichend geklärt.

aa) Im klägerischen Gutachten vom 28. April 2016 wird ausgeführt (dort Ziffer 2.1, S. 2 und 3), dass davon auszugehen sei, dass es sich bei im April 2016 beobachteten Exemplaren des Baumfalken um ein Brutpaar handle. Es sei nun ein neuer Horststandort anzunehmen, so dass eine neu zu bewertende Situation entstanden sei. Es werde empfohlen, die weitere Entwicklung am angenommenen Horststandort sowie die Raumnutzung im Laufe der Brutzeit 2016 entsprechend dem bayerischen Windkrafterlass weiter zu beobachten. In der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. Oktober 2014 (dort S. 21) wurde davon ausgegangen, dass in Bezug auf den Baumfalken bei den geplanten Windkraftanlagenstandorten 7 und 8 kein erhöhtes Tötungsrisiko vorliege und daher eine Ablehnung insoweit lediglich nach dem „Vorsorgeprinzip“ erfolgen könne. Dies entspricht aber nicht § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in der Auslegung, die er durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden hat. Das Landratsamt muss also auch insofern eine neue Ermittlung und Bewertung entsprechend dem Windkrafterlass 2011 unter Berücksichtigung der neuen Abstandsempfehlungen vornehmen oder veranlassen.

bb) Von den klägerischen Gutachtern wurde in Bezug auf den Wespenbussard ausgeführt, dass sich derzeit nicht aktuell beurteilen lasse, ob sich im Planungsgebiet ein Brutrevier befinde (Gutachten vom 18.5.2016, S. 2). Der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 zufolge befinden sich die strittigen Windkraftanlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 im Prüfradius von 1.000 m nach Anlage 2 Spalte 2 zu einem Brutvorkommen des Wespenbussards. Auch wird dort davon ausgegangen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf den Wespenbussard im Falle der Windkraftanlage WEA 1 durch den Gutachter der Klägerin festgestellt worden sei (S. 20, Grafik unter IX.). Allerdings hat die Behörde gleichzeitig darauf hingewiesen, dass ungeklärt bleibe, ob ein Zusammenhang zwischen dem nachgewiesenen Horst des Wespenbussards im Süden des Untersuchungsgebiets und den aufgezeichneten Flugbewegungen bestehe. Aufgrund des vorliegenden Datenmaterials könne nicht ausgeschlossen werden, dass weiter nördlich von diesem Horst ein zweites Revier liege (Stellungnahme vom 17.6.2015, S. 4). Diese Überlegungen sind angesichts der Kartierung der Flugbewegungen des Wespenbussards (Stellungnahme vom 7.10.2014, S. 19 unter VII.B.) nachvollziehbar; es sind dort keine Flugbeziehungen zwischen dem Vorhabengebiet und dem südlich davon angenommenen Horst verzeichnet. Damit liegen aber stichhaltige Anhaltspunkte (vgl. oben 1. b) bb)) dafür vor, dass ausgehend von dem südlich gelegenen Brutplatz die Windkraftanlagenstandorte im Sinne des Windkrafterlasses gemieden werden könnten und gegebenenfalls ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko nicht bereits wegen der Unterschreitung des Prüfradius von 1.000 m anzunehmen wäre. Diese Prüfung kann nicht dadurch abgekürzt werden, dass auch im Falle des Wespenbussards ein „Vorsorgeabstand“ von 1.000 m angenommen wird. Sollte der Ausnahmefall bezüglich des Tötungsrisikos im engeren Prüfbereich nach Anlage 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses tatsächlich vorliegen, so wäre weiter zu prüfen, ob es unabhängig hiervon im Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten kommt oder der Nahbereich der Anlage, z. B. bei Nahrungsflügen, signifikant häufiger überfolgen wird (vgl. Windkrafterlass Bayern, S. 42).

cc) Bezüglich des Schwarzmilans fehlen bislang konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Verbotstatbestand nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt sein könnte. In ihrer Stellungnahme vom 7. Oktober 2014 (dort Tabelle unter IX., S. 20) ist die untere Naturschutzbehörde davon ausgegangen, dass die Errichtung und der Betrieb der strittigen Windkraftanlagen WEA 1 und WEA 2 mit keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für den Schwarzmilan verbunden wäre. Allerdings könnten die zugrunde liegenden Erkenntnisse im Falle einer erneuten Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Beigeladenen nicht mehr als hinreichend aussagekräftig gelten. Insoweit erscheint es nahe liegend, die von der Klägerin beauftragte Raumnutzungsuntersuchung auch auf den Schwarzmilan zu erstrecken.

2. Der Klägerin könnte ein Genehmigungsanspruch auch dann zustehen, wenn die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos wegen bestimmter Vermeidungsmaßnahmen ausgeschlossen werden könnte.

a) Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es Sache des Anlagenbetreibers ist, zur Verwirklichung seines Vorhabens ein prüffähiges und erfolgversprechendes Vermeidungskonzept vorzulegen, und Sache der Genehmigungsbehörde, dieses unter Inanspruchnahme ihrer Einschätzungsprärogative zu bewerten. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV sind dem Antrag (auf Genehmigung) die Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlich sind. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV sind, falls wie hier die Zulässigkeit des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz zu prüfen ist, die hierfür erforderlichen Unterlagen beizufügen. Diese Unterlagen müssen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV insbesondere Angaben über Maßnahmen zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen der Natur enthalten. Die naturschutzfachliche Bewertung derartiger Unterlagen ist bisher noch nicht in rechtlich ausreichendem Umfang geschehen.

Die naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative der Naturschutzbehörden bei der Beurteilung der Betroffenheit von Arten bezieht sich auch auf die Wirksamkeit vorgeschlagener Vermeidungsmaßnahmen, da sich insoweit noch kein auf die Untersuchungssituation bezogener anerkannter Standard der Fachwissenschaft herausgebildet hat (BVerwG, B. v. 29.10.2014 - 7 VR 4/13 - ZUR 2015, 163 Rn. 15; B. v.28.11.2013 - 9 B 14/13 - UPR 2014, 141 Rn. 26). Standardisierte Vorgaben für den Regelfall existieren insofern nicht. Im Windkrafterlass 2011 (Nr. 9.4.3, S. 46 bis 48) wird allgemein ausgeführt, dass mithilfe geeigneter Maßnahmen in manchen Fällen die Erfüllung des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes abgewendet werden kann. Auch in den Abstandsempfehlungen der LAG VSW (dort S. 21) wird lediglich allgemein darauf hingewiesen, dass Minderungsmaßnahmen von der zeitweiligen Abschaltung von Anlagen über die Verringerung der Habitat-Attraktivität bis hin zum Rückbau von besonders gefährlichen Anlagen reichen. Ferner sehen auch die von der Klägerin zitierten „Hinweise zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 (dort Nr. 5.2.3.1) vor, dass eine Beurteilung der Wirksamkeit der in sogenannten „Artensteckbriefen“ zu den einzelnen Arten genannten Vermeidungsmaßnahmen zumindest eine Prognose voraussetzt, welche die Annahme einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit ergeben muss. Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei Realisierung bestimmter standardisierter Vermeidungsmaßnahmen generell der Eintritt eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos ausgeschlossen werden kann. Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Prüfung, ob und gegebenenfalls aufgrund welcher Maßnahmen in einer konkreten Ausgestaltung dieses Ziel voraussichtlich erreicht werden kann.

b) Die Klägerin hat ein hinreichend konkretes Vermeidungskonzept vorgelegt, das eine fachliche Bewertung durch die Naturschutzbehörden erlaubt. Ungeachtet dessen müsste das Konzept - falls es von den Naturschutzbehörden grundsätzlich als tauglich angesehen werden sollte - voraussichtlich weiter konkretisiert werden.

Die Vermeidungsmaßnahmen wurden unter der Annahme entwickelt, dass die strittigen Windkraftanlagenstandorte WEA 1 und WEA 2 außerhalb des Bereichs der hauptsächlichen Raumnutzung durch den Rotmilan liegen und dazu dienen können, den Eintritt des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestandes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auszuschließen (Gutachten vom 28.4.2016, dort S. 4). Wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist die Anlage bestimmter Ablenkungsflächen. Die Eignung der dafür vorgesehenen Flächen setzt u. a. voraus, dass diese langfristig für diesen Zweck gesichert sind. Entsprechendes gilt für Flächen im Umgriff der geplanten Windkraftanlagen, um eine für den Rotmilan unattraktive Gestaltung dieses Bereichs umzusetzen, wie sie im Maßnahmenkonzept enthalten ist. Die Klägerin hat zumindest konkret vorgetragen, dass entsprechende Verträge bezüglich der Flächen im Umgriff der von ihr geplanten Windkraftanlagenstandorte bestehen und zum anderen die Klägerin über einen Flächenpool für die vorgesehenen Ablenkungsflächen verfügt. Diese Flächen seien ebenfalls komplett in Bewirtschaftung von Vertragspartnern der Klägerin, so dass auch der Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen keine Gründe entgegenstünden (Schriftsatz vom 3.5.2016, S. 37 f.). Auch ist die gewählte Lage der Ablenkungsflächen zu den geplanten Windkraftanlagenstandorten grundsätzlich plausibel. Der klägerische Gutachter geht davon aus, dass Ablenkungsflächen möglichst außerhalb eines 1.000 m-Radius um die Windkraftanlage liegen sollten (Stellungnahme vom 28.4.2016, dort S.6). Gleichzeitig haben die Fachbeistände der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erläutert, weshalb aus ihrer Sicht im Nordosten des Rotmilanhorstes möglichst nahe bei diesem ein für den Rotmilan attraktives Nahrungshabitat geschaffen werden solle. Diese fachlichen Kriterien für die Flächenauswahl orientieren sich an den „Hinweisen zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 (dort Nr. 9.17.2. - „Hinweise zur Bemessung von Vermeidungsmaßnahmen für den Rotmilan“). Danach sollen Ablenkungsflächen außerhalb eines 1 km-Radius um die Windkraftanlage und möglichst so lokalisiert werden, dass die Tiere auf dem Weg vom Horst zu den Ablenkungsflächen die geplanten Windkraftanlagen nicht überfliegen. Im vorliegenden Fall befinden sich die geplanten Windkraftanlagenstandorte in einer Distanz von zumindest ca. 750 m bis 800 m zum südlichen Rand der vorgeschlagenen Ablenkungsflächen (vgl. Karte „Maßnahmenkonzept Rotmilan“ vom 28.4.2016). Ob das - gerade angesichts der nunmehr nach gesicherter wissenschaftlicher Auffassung gebotenen Erweiterung der um einen Rotmilan-Horst zu ziehenden „engeren Prüfzone“ von 1.000 m auf 1.500 m - ausreicht, bedarf der naturschutzfachlichen Bewertung. Auch liegen die Ablenkungsflächen vom Rotmilan-Horst aus gesehen in nordwestlicher bis östlicher Richtung, die Windkraftanlagenstandorte dagegen in entgegengesetzter Richtung (Standort WEA 1 im Südwesten, Standort WEA 2 im Süden).

c) Die Naturschutzbehörden haben hier aufgrund einer vorläufigen fachlichen Bewertung die Einschätzung geäußert, dass das von der Klägerin bislang vorgelegte Konzept für Vermeidungsmaßnahmen noch nicht die Prognose zulässt, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko insbesondere für Exemplare des Rotmilans ausgeschlossen wäre (vgl. oben zu I.2.). Diese Beurteilung wurde zunächst mit Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Mai 2016 auf Grundlage des damaligen Konzeptstandes vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung - unter Einbeziehung der bis dahin kurzfristig erfolgten Konkretisierungen bestimmter Vermeidungsmaßnahmen - zumindest aufgrund einer kursorischen Bewertung bestätigt. Die in der mündlichen Verhandlung von Seiten des Beklagten vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Konzeptvorschläge sind zwar nicht von vornherein unbeachtlich. Dies gilt insbesondere auch für die Aussage des Vertreters des Landesamtes für Umwelt, die Ablenkungsflächen würden im vorliegenden Fall zu nahe an den Standorten der strittigen Windkraftanlagen liegen.

Andererseits steht eine eingehendere, im Einzelnen nachvollziehbare naturschutzfachliche Bewertung von Vermeidungsmaßnahmen in Bezug auf das klägerische Vorhaben noch aus. Es erscheint derzeit zumindest nicht als bereits von vornherein ausgeschlossen, dass ein eventuell signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch geeignete Vermeidungsmaßnahmen unter die Signifikanzschwelle gesenkt werden könnte. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Behörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko aufgrund ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative rechtsfehlerfrei bejahen sollte, die Überschreitung der Signifikanzschwelle aber vergleichsweise gering ist. Die Vertreter der Naturschutzbehörden haben sich in der mündlichen Verhandlung lediglich dahingehend geäußert, dass es sehr schwierig sei, in einem Fall wie dem vorliegenden mithilfe eines Ablenkungsflächenkonzepts Genehmigungsfähigkeit herzustellen. Aufgrund einer Raumnutzungsuntersuchung entsprechend dem Windkrafterlass hätte daher die untere Naturschutzbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zu prüfen, inwieweit ein von der Klägerin vorgelegtes Vermeidungskonzept geeignet wäre, ein gegebenenfalls festgestelltes Tötungsrisiko für Exemplare bestimmter Arten unter die Signifikanzschwelle zu senken.

3. Der Ausnahmetatbestand nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG ist hier allerdings nicht erfüllt. Sollte das Landratsamt ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko rechtsfehlerfrei bejahen, bestünden für die Behörde diesbezüglich keine weiteren Verpflichtungen. Die Naturschutzbehörden haben nachvollziehbar dargelegt, dass jedenfalls die Voraussetzung, dass sich durch das Vorhaben der Klägerin der Erhaltungszustand der betreffenden Population des Rotmilans nicht verschlechtern darf (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG), nicht erfüllt ist. Die Grenzen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative wurden dabei nicht überschritten.

In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Regierung von Schwaben - höhere Naturschutzbehörde ausgeführt, es sei zu befürchten, dass im Falle einer Tötung des Rotmilan-Brutpaares, das den neu aufgefundenen Horst besiedelt habe, ein weiteres Brutpaar den dann verwaisten Horst in Besitz nehmen würde, so dass es in der Folge zu weiteren Opfern kommen würde. Es sei darauf hinzuweisen, dass im 6 Kilometer-Umkreis um die strittigen Windkraftanlagen vier weitere Rotmilan-Horste nachgewiesen seien; dies ergebe sich aus der Artenschutzkartierung Bayern sowie aus Erkenntnissen im Zusammenhang mit einem weiteren Genehmigungsverfahren. Diese Horststandorte waren auch bereits in der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2014 (dort Grafik auf S. 10) zugrunde gelegt worden. Die bei einer Ortseinsicht durch einen Mitarbeiter des Landratsamtes Donau-Ries gemachten Beobachtungen würden zudem einen ausreichenden Brutnachweis für den Rotmilan in einem weiteren Bereich ergeben. In der Artenschutzkartierung seien allerdings möglicherweise Horste verzeichnet, die vor etwa 10 bis 15 Jahren festgestellt worden sein. Wenn es darauf ankomme, müsse das Bestehen dieser Horste sicherlich überprüft werden. Es könne aber auch genügen, dass lediglich der Nachweis eines Rotmilan-Reviers geführt werde. Bei genauerer Überprüfung würde man allerdings mit Sicherheit den bisher aktenkundigen Zustand verifizieren, eher noch einen zusätzlichen Rotmilan-Horst bzw. ein zusätzliches Rotmilan-Revier feststellen können.

Diese Bewertung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zwar als sachlich nicht begründbar bezeichnet. Sie ist jedoch gerade auch im Hinblick auf die „Arteninformationen zu saP-relevanten Arten“ des Landesamtes für Umwelt, auf die der Windkrafterlass Bayern auf Seite 39 unter Angabe der Fundstelle im Internet (http://www.lfu.bayern.de/natur/sap/index.htm) verweist, schlüssig. Danach sind reich strukturierte Landschaften wie die Rhön oder die Iller-Lech-Schotterplatten in Bayern Schwerpunkte der Ansiedlung des Rotmilans. Der Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte gehört zum zweitgenannten Landschaftsraum. Entsprechend ist in den vorgenannten Arteninformationen in der Fundkarte zum Rotmilan unter anderem in dieser Region eine erhöhte Zahl von Nachweisen des Rotmilans verzeichnet (Zeitraum ab 1980 bis zum letzten Daten-Import am 23.2.2016). Auch nach dem Windkrafterlass Bayern 2011 (S. 41) sind diese Verbreitungsdaten in der Arbeitshilfe des Landesamtes für Umwelt Grundlage zur Feststellung der aktuell im Gebiet vorkommenden relevanten Arten. Dem ist zu entnehmen, dass in einer Region über einen längeren Zeitraum hinweg gewonnene Funde eine Einschätzung zu Siedlungsschwerpunkten erlauben, trotz einer möglicherweise gewissen Schwankungsbreite in der Anzahl der genutzten Horste. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass die höhere Naturschutzbehörde bei ihrer Einschätzung zu einer Mehrzahl von Rotmilan-Revieren im Bereich der strittigen Windkraftanlagenstandorte auch Angaben aus der Artenschutzkartierung herangezogen hat. Im Übrigen betrifft die zur Prüfung des Ausnahmetatbestandes erforderliche Prognose über eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands der betreffenden Population der Art durch das Vorhaben einen längerfristigen Zeithorizont. Es ist daher einleuchtend, wenn die Naturschutzbehörden hierbei nicht allein auf einen momentanen Sachstand, sondern auch auf über einen längeren Zeitraum hinweg gewonnene Erkenntnisse abstellen, denen aus ihrer Sicht eine Aussagekraft für eine längerfristige Prognose zukommt.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist die Bewertung der Naturschutzbehörden nachvollziehbar, wonach infolge der Realisierung des klägerischen Vorhabens - wenn es denn zur Verwirklichung des Tatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG käme - eine Beeinträchtigung der Population des Rotmilans zu erwarten wäre. Aufgrund der Mehrzahl von Rotmilan-Horsten in der näheren Umgebung der Vorhabenstandorte ist von einer hohen Verlustquote auszugehen, da bei Tötung des am neu lokalisierten Horst-Standort brütenden Paares weitere Rotmilane auf diesen Standort nachrücken würden und damit gleichermaßen gefährdet wären. Derartige kumulierende Effekte können sich auch nach den Feststellungen der LAG VSW (vgl. Abstandsempfehlungen vom April 2015, dort Nr. 4) mittelfristig großräumig und damit auf der Ebene von Populationen auszuwirken (vgl. hierzu auch BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875 und 1876 - Rn. 75). Zudem haben junge Brutvögel einen geringeren Bruterfolg als ältere, weshalb Neuverpaarungen nach dem Verlust von erfahrenen Altvögeln mit reduziertem Bruterfolg einhergehen. Der Verlust eines Partners kann über mehrere Jahre den Bruterfolg eines Reviers absenken (vgl. Abstandsempfehlungen vom April 2015, dort Nr. 5 zum Rotmilan). Es liegt im Rahmen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative, wenn die höhere Naturschutzbehörde bei der Bewertung der Gefahr des Nachrückens weiterer Brutpaare Horststandorte in einem Radius von 5 km mit berücksichtigt.

Die besondere Relevanz von Verlusten aufgrund einer relativen Dichte von Brutplätzen wird im Übrigen auch in den vom klägerischen Gutachter wiederholt zitierten „Hinweisen zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg vom 1.7.2015 naturschutzfachlich begründet. In diesem Leitfaden (Nr. 5.2.2, S. 25) wird davon ausgegangen, dass die Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustands möglich ist, wenn der Schutz der betreffenden Quellpopulationen im Land (Gebiete mit hoher Siedlungsdichte, „Dichtezentren“) gewährleistet wird und dadurch Individuenverluste ausgeglichen werden, die außerhalb der Dichtezentren eintreten. In den Dichtezentren dürfen diesem Leitfaden zufolge dagegen Ausnahmen vom Tötungsverbot nicht zugelassen werden. Auch in den Abstandsempfehlungen der LAG VSW (Nr. 4) wird empfohlen, dass Kerngebiete einer überdurchschnittlichen Siedlungsdichte (Dichtezentren) der relevanten Vögel von Windkraftanlagen freigehalten werden sollten. Die in den Dichtezentren lebenden Bestände sollten ihre Funktion als Quellpopulationen, in denen in der Regel ein Überschuss an Nachwuchs produziert wird, erhalten können. Ungeachtet der Frage, ob im vorliegenden Fall naturschutzfachlich ein solches Dichtezentrum angenommen werden könnte, spricht dieser Gesichtspunkt angesichts der Mehrzahl von Horsten im Vorhabengebiet zumindest zusätzlich für eine Gefährdung einer Population.

III. Der Feststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog betreffend eine etwaige Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides vom 5. März 2015 im Hinblick auf einen bis zum 31. Januar 2016 bestehenden Genehmigungsanspruch für die geplante Windkraftanlage WEA 3 ist bereits unzulässig.

Eine Wiederholungsgefahr ist im Hinblick auf das noch anhängige immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren betreffend weitere von der Klägerin geplante Windkraftanlagen im Umfeld der streitgegenständlichen Vorhaben nicht ersichtlich. Dies würde voraussetzen, dass für dieses weitere Genehmigungsverfahren im Wesentlichen die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ausschlaggebend wären wie in dem für die Beurteilung des erledigten Genehmigungsantrags maßgeblichen Zeitpunkt (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 86a m. w. N.). Der für die Entscheidung über den noch anhängigen Genehmigungsantrag maßgebliche Sachverhalt unterscheidet sich jedoch von demjenigen zum 31. Januar 2016. Im Hinblick auf den neu lokalisierten Rotmilanhorst innerhalb des Prüfabstands nach Anhang 2 Spalte 2 des Windkrafterlasses wurde eine aktuelle Raumnutzungsuntersuchung begonnen. Eine künftige Entscheidung des Beklagten über den noch anhängigen Genehmigungsantrag der Klägerin für weitere zwei Anlagen innerhalb des engeren Prüfbereichs betreffend den Rotmilan bis 1.500 m (vgl. Gutachten vom 28.4.2016, dort Tabelle unter Nr. 2.2, S. 3 zu Standorten WEA 4 und WEA 6) kann nicht im Schwerpunkt auf die naturschutzfachlichen Erkenntnisse und Bewertungen vor dieser Sachverhaltsänderung gestützt werden. Vielmehr bedarf es zunächst, wie oben ausgeführt, auch bezüglich dieser geplanten Windkraftanlagenstandorte einer Ermittlung des nunmehr aktuellen Sachstands entsprechend den Anforderungen des Windkrafterlasses bzw. der neuen Abstandsempfehlungen und einer darauf bezogenen naturschutzfachlichen Bewertung.

Ferner kommt ein Feststellungsinteresse auch nicht im Hinblick auf mögliche Amtshaftungsansprüche der Klägerin in Betracht. Derartige Ansprüche sind bereits deshalb offensichtlich ohne Erfolgsaussichten, da das Verwaltungsgericht in erster Instanz als Kollegialgericht das Bestehen des geltend gemachten Genehmigungsanspruchs aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung verneint hat (BVerwG, U. v. 16.05.2013 - 8 C 14/12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 47).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 3, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 635.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).

(1) Von den Besitzverboten sind, soweit sich aus einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 5 nichts anderes ergibt, ausgenommen

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten, die rechtmäßig
a)
in der Gemeinschaft gezüchtet und nicht herrenlos geworden sind, durch künstliche Vermehrung gewonnen oder aus der Natur entnommen worden sind,
b)
aus Drittstaaten in die Gemeinschaft gelangt sind,
2.
Tiere und Pflanzen der Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 4 aufgeführt und vor ihrer Aufnahme in die Rechtsverordnung rechtmäßig in der Gemeinschaft erworben worden sind.
Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt nicht für Tiere und Pflanzen der Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b, die nach dem 3. April 2002 ohne eine Ausnahme oder Befreiung nach § 43 Absatz 8 Satz 2 oder § 62 des Bundesnaturschutzgesetzes in der bis zum 1. März 2010 geltenden Fassung oder nach dem 1. März 2010 ohne eine Ausnahme nach Absatz 8 aus einem Drittstaat unmittelbar in das Inland gelangt sind. Abweichend von Satz 2 dürfen tote Vögel von europäischen Vogelarten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb, soweit diese nach § 2 Absatz 1 des Bundesjagdgesetzes dem Jagdrecht unterliegen, zum persönlichen Gebrauch oder als Hausrat ohne eine Ausnahme oder Befreiung aus einem Drittstaat unmittelbar in das Inland verbracht werden.

(2) Soweit nach Absatz 1 Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten keinen Besitzverboten unterliegen, sind sie auch von den Vermarktungsverboten ausgenommen. Dies gilt vorbehaltlich einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 5 nicht für aus der Natur entnommene

1.
Tiere und Pflanzen der streng geschützten Arten und
2.
Tiere europäischer Vogelarten.

(3) Von den Vermarktungsverboten sind auch ausgenommen

1.
Tiere und Pflanzen der streng geschützten Arten, die vor ihrer Unterschutzstellung als vom Aussterben bedrohte oder streng geschützte Arten rechtmäßig erworben worden sind,
2.
Tiere europäischer Vogelarten, die vor dem 6. April 1981 rechtmäßig erworben worden oder in Anhang III Teil A der Richtlinie 2009/147/EG aufgeführt sind,
3.
Tiere und Pflanzen der Arten, die den Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG unterliegen und die in einem Mitgliedstaat in Übereinstimmung mit den Richtlinien zu den in § 44 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 genannten Handlungen freigegeben worden sind.

(4) Abweichend von den Besitz- und Vermarktungsverboten ist es vorbehaltlich jagd- und fischereirechtlicher Vorschriften zulässig, tot aufgefundene Tiere und Pflanzen aus der Natur zu entnehmen und an die von der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde bestimmte Stelle abzugeben oder, soweit sie nicht zu den streng geschützten Arten gehören, für Zwecke der Forschung oder Lehre oder zur Präparation für diese Zwecke zu verwenden.

(5) Abweichend von den Verboten des § 44 Absatz 1 Nummer 1 sowie den Besitzverboten ist es vorbehaltlich jagdrechtlicher Vorschriften ferner zulässig, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, um sie gesund zu pflegen. Die Tiere sind unverzüglich freizulassen, sobald sie sich selbständig erhalten können. Im Übrigen sind sie an die von der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde bestimmte Stelle abzugeben. Handelt es sich um Tiere der streng geschützten Arten, so hat der Besitzer die Aufnahme des Tieres der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde zu melden. Diese kann die Herausgabe des aufgenommenen Tieres verlangen.

(6) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden können Ausnahmen von den Besitz- und Vermarktungsverboten zulassen, soweit dies für die Verwertung beschlagnahmter oder eingezogener Tiere und Pflanzen erforderlich ist und Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft dem nicht entgegenstehen. Ist für die Beschlagnahme oder Einziehung eine Bundesbehörde zuständig, kann diese Behörde Ausnahmen von den Besitz- und Vermarktungsverboten im Sinne von Satz 1 zulassen.

(7) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden sowie im Fall des Verbringens aus dem Ausland das Bundesamt für Naturschutz können von den Verboten des § 44 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen

1.
zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden,
2.
zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt,
3.
für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung,
4.
im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder
5.
aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.
Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG weiter gehende Anforderungen enthält. Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2009/147/EG sind zu beachten. Die Landesregierungen können Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen. Sie können die Ermächtigung nach Satz 4 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(8) Das Bundesamt für Naturschutz kann im Fall des Verbringens aus dem Ausland von den Verboten des § 44 unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 2 und 3 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen, um unter kontrollierten Bedingungen und in beschränktem Ausmaß eine vernünftige Nutzung von Tieren und Pflanzen bestimmter Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b sowie für gezüchtete und künstlich vermehrte Tiere oder Pflanzen dieser Arten zu ermöglichen.

Tatbestand

1

Die Kläger, zwei in Hessen anerkannte Naturschutzvereine, wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. Mai 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - A 5 im Teilabschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda (VKE 40). Im Norden ist die A 49 auf einer Länge von ca. 31 km vom sogenannten Lohfeldener Rüssel bei Kassel bis Neuental unter Verkehr. Die vom Kläger zu 2 gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Abschnitt VKE 20 erhobene Klage (BVerwG 9 A 2.08) wurde ebenso zurückgenommen wie die vom Kläger zu 1 erhobene Klage gegen den Abschnitt VKE 30 (BVerwG 9 A 8.12).

2

Die VKE 40 weist eine Nord-Süd-Richtung auf, beginnend südöstlich der B 454 bei Stadtallendorf in Höhe der Kreisstraße K 12. Ihre 17,450 km lange Trasse verläuft östlich von Stadtallendorf durch den dort gelegenen Herrenwald im Bereich eines ehemaligen Rüstungsstandortes (WASAG-Gelände) bzw. des FFH-Gebiets "Herrenwald östlich Stadtallendorf", in den Waldbereichen der Geiersberger Heege und der Kirschbrückhege, quert die Kleinaue mit der B 62, durchfährt den Dannenröder Forst, verläuft über das Offenland der Homberger Hochfläche und umfährt dabei Dannenrod östlich, Appenrod westlich, Homberg (Ohm) östlich, schneidet dann den Waldbereich Wutholz südlich Maulbach an und schließt mittels eines Autobahndreiecks in Gemünden/Felda an die A 5 an.

3

Ein 1999 beantragtes Raumordnungsverfahren schloss mit der landesplanerischen Beurteilung vom 17. August 2000 ab; als raumverträglichste Variante wurde die Variante "Herrenwald" bestimmt.

4

Im Zuge des Meldeprozesses von FFH-Gebieten hat das Land Hessen am 15. September 2004 das FFH-Gebiet "Herrenwald östlich Stadtallendorf" gemeldet. Aufgrund der dadurch veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen hat der Vorhabenträger in einem umfangreichen Variantenvergleich die Planfeststellungstrasse - Variante M4neu - als Vorzugslinie festgelegt.

5

Die gegenüber dem Raumordnungsverfahren geänderte Linienführung wurde im Zuge der Fortschreibung des Regionalplans Mittelhessen einer erneuten raumordnerischen Bewertung unterzogen. Im Ergebnis wurde die veränderte Trassenführung in den Regionalplan Mittelhessen 2010 als Ziel aufgenommen und der Sichtvermerk des zuständigen Ministeriums erteilt.

6

Die Planunterlagen des mit Antrag vom 22. Dezember 2006 eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens wurden in der Zeit vom 19. März 2007 bis 19. April 2007 (einschließlich) ausgelegt. Zeit und Ort der Auslegung wurden in den betroffenen Gemeinden in ortsüblicher Weise bekanntgemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass innerhalb der gesetzlichen Frist bis spätestens zwei Wochen nach Ende der Auslegungsfrist Einwendungen gegen den Plan schriftlich oder mündlich zur Niederschrift bei dem Regierungspräsidium Gießen und den auslegenden Städten und Gemeinden zu erheben waren. Des Weiteren wurde bekanntgegeben, dass mit der Auslegung zugleich die Beteiligung der Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens erfolgt. In der Folge haben beide Kläger im Mai 2007 Einwendungen erhoben.

7

Auch zu der 1. Planänderung vom April 2010, die im Wesentlichen die Änderung der naturschutzfachlichen Planung zum Gegenstand hatte, nahmen die Kläger Stellung. Zu dem Erörterungstermin, der in der Zeit vom 29. November 2010 bis 18. Januar 2011 an sieben Terminen stattfand, wurde der Kläger zu 1 - anders als der Kläger zu 2 - nicht eingeladen. Hintergrund war "die nicht gegebene Befriedungsfunktion", die der Beklagte aus einem Flugblatt und der darin erwähnten Klageerhebung ableitete.

8

Die Unterlagen für die 2. Planänderung vom Februar 2012 wurden in das Planfeststellungsverfahren eingebracht und ausgelegt. Die Kläger haben dazu Stellung genommen. Auf einen Erörterungstermin wurde verzichtet.

9

Der Plan wurde mit Beschluss vom 30. Mai 2012 festgestellt. Die Baumaßnahme umfasst den Neubau der Anschlussstelle Stadtallendorf Süd mit Anschluss zur Landesstraße L 3290 und Bundesstraße B 62, den Neubau der Anschlussstelle Homberg (Ohm) im Kreuzungsbereich mit der Landesstraße L 3072 sowie den Neubau eines Autobahndreiecks zur Verknüpfung mit der A 5. Die VKE 40 schließt an das Bauende des planfestgestellten Teilabschnitts Schwalmstadt - Stadtallendorf (VKE 30) an.

10

Der Planfeststellungsbeschluss nimmt eine erhebliche Beeinträchtigung der als Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Herrenwald östlich Stadtallendorf" geschützten Wald-Lebensraumtypen - LRT - *91E0, LRT 9110 und LRT 9160 sowie des LRT 6510 ("magere Flachland-Mähwiesen") an, lässt das Vorhaben aber nach § 34 Abs. 3 BNatSchG unter Hinweis auf verkehrliche Belange zu; entsprechende Kohärenzsicherungsmaßnahmen werden festgelegt, eine Stellungnahme der Europäischen Kommission wurde eingeholt.

11

Gegen den Beschluss haben die Kläger rechtzeitig am 28. September 2012 Klage erhoben. Sie rügen ihre fehlende Beteiligung in den Erörterungsterminen vom 29. November 2010 bis 18. Januar 2011; es seien nicht alle Unterlagen offengelegt worden. Im Übrigen habe es eines einheitlichen Planfeststellungsbeschlusses für die A 49 und die B 454 bedurft. Die Planung beruhe auf unzutreffenden Annahmen. Die Beeinträchtigung des Kammmolchs und weiterer Anhang-II- und charakteristischer Arten sei ebenso unzutreffend erfasst und bewertet worden wie die Beeinträchtigung der im FFH-Gebiet geschützten Lebensraumtypen. Das zugrunde liegende Untersuchungsmodell für die Stickstoffbelastung sei nicht wissenschaftlicher Standard und beruhe auf einer unzutreffenden Verkehrsprognose. Die Abweichungsentscheidung habe zu Unrecht die zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses bejaht, darüber hinaus gebe es zumutbare Alternativen. Die Stellungnahme der Europäischen Kommission beruhe auf unrichtigen Angaben des Beklagten. Im Übrigen sei dem Artenschutz nicht genügt worden. Insbesondere das Braune Langohr werde durch den Trassenbau erheblich beeinträchtigt. Der Trinkwasserschutz sei nicht ausreichend beachtet worden.

12

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. Mai 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - A 5, Abschnitt Stadtallendorf-Gemünden/Felda (VKE 40), in der Fassung der Änderung vom 9. Oktober 2013 aufzuheben,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

13

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der FFH-Richtlinie oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes zu dienen bestimmt sind.

16

A. Die Kläger verweisen zur Unterstützung ihres Vorbringens mehrfach pauschal auf Stellungnahmen und Ausarbeitungen dritter Personen, wie etwa die 335 Seiten umfassende Stellungnahme von R.Consult vom November 2012. Diese Unterlagen können inhaltlich nicht berücksichtigt werden. Das folgt aus § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Bevollmächtigten der Kläger aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. Urteil vom 31. März 1995 - BVerwG 4 A 1.93 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 99 S. 14; Beschluss vom 21. Januar 1998 - BVerwG 4 VR 3.97 - juris Rn. 25 m.w.N. § 17 fstrg nr. 135>). Das Gebot, sich vor dem Bundesverwaltungsgericht durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1983 - BVerwG 4 C 44.80 - BVerwGE 68, 241 <242>). Deshalb kann nur solcher Vortrag berücksichtigt werden, der über die pauschale Bezugnahme hinaus erkennen lässt, dass der Streitstoff von dem Prozessbevollmächtigten rechtlich durchdrungen ist. Die schlagwortartige Erwähnung von Kritikpunkten in der Klagebegründung genügt hierfür nicht.

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B. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

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I. Der Kläger zu 1 rügt, dass er zu den Erörterungsterminen zwischen November 2010 und Januar 2011 keine Einladung erhalten hat und seine Einwendungen dort auch nicht erörtert worden sind. Dem hält der Beklagte entgegen, dass die Anhörungsbehörde nach § 17a Nr. 5 Satz 1 FStrG auf eine Erörterung etwa verzichten darf, wenn aufgrund der eingegangenen Einwendungen und Stellungnahmen absehbar ist, dass diese nicht ausgeräumt werden können und der Erörterungstermin damit seiner Befriedungsfunktion nicht gerecht werden kann (vgl. Urteil vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 35; Kromer, in: Müller/Schulz, FStrG, 2. Aufl. 2013, § 17a FStrG Rn. 66). Es ist aber weder erkennbar noch dargelegt, weshalb die Anhörungsbehörde den Kläger zu 1 insoweit anders behandeln durfte als den Kläger zu 2, dessen Einwendungen ebenfalls nicht haben erwarten lassen, dass eine Befriedung erreicht werden kann. Soweit darin ein Verfahrensfehler liegt, hat dieser Fehler allerdings keinen Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens (§ 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG), denn die Einwendungen des Klägers zu 1 sind im Planfeststellungsbeschluss aufgegriffen und erwogen worden.

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II. Zu Unrecht beanspruchen die Kläger die Durchführung eines neuen Raumordnungs- und Linienbestimmungsverfahrens, weil die planfestgestellte Trasse von der in einem solchen Verfahren bestimmten Trasse abweicht. Beide Verfahren gehen dem eigentlichen Zulassungsverfahren voraus und dienen der verwaltungsinternen Vorklärung. Der Planfeststellungsbeschluss muss unabhängig davon den rechtlichen Anforderungen genügen (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 25 Rn. 29, vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 = BVerwGE 134, 308 Rn. 26 m.w.N. und vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 = BVerwGE 146, 145 Rn. 21; Beschluss vom 30. August 1995 - BVerwG 4 B 86.95 - Buchholz 406.13 § 6a ROG Nr. 1 S. 3). Im Übrigen ist der neue Trassenverlauf in den Regionalplan Mittelhessen aufgenommen. Das Bundesverkehrsministerium hat dazu den Sichtvermerk erteilt.

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III. Ebenso wenig können die Kläger damit durchdringen, dass im Linienbestimmungsverfahren keine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Ein Verstoß gegen § 16 FStrG i.V.m. § 36 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt darin schon deshalb nicht, weil Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) im Zeitpunkt des Linienbestimmungsverfahrens 2002 mangels Ausweisung von FFH-Gebieten noch nicht anwendbar war (vgl. Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 = BVerwGE 130, 299 Rn. 33 und vom 28. März 2013 a.a.O. Rn. 20).

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C. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, die zum Erfolg der Klage führen könnten.

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I. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten dienen.

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Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen. Ergibt die Überprüfung, dass das Natura 2000-Gebiet erheblich beeinträchtigt wird, darf es nur nach einer Abweichungsprüfung gemäß § 34 Abs. 3 und 4 BNatSchG zugelassen werden.

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Der Planfeststellungsbeschluss, der unter Bezugnahme auf die durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Herrenwald östlich Stadtallendorf" nicht auszuschließen ist (1) und sich deshalb auf eine Ausnahme stützt (2), wird diesen Anforderungen gerecht.

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1. Die vom Beklagten durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung ist nicht zu beanstanden. Sie hat ergeben, dass die in Anhang I FFH-RL genannten Wald-Lebensraumtypen LRT *91E0, LRT 9110 und LRT 9160 sowie der LRT 6510 ("magere Flachland-Mähwiesen") unmittelbar durch Flächeninanspruchnahme, durch Waldrandanschnitt und infolge von Stickstoffeinträgen erheblich belastet werden (a). Demgegenüber verneint der Planfeststellungsbeschluss zu Recht eine Beeinträchtigung charakteristischer Arten dieser Lebensraumtypen (b) sowie von als Erhaltungsziele geschützten Anhang-II-Arten (c).

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a) Die Kläger rügen ohne Erfolg die Verträglichkeitsprüfung in Bezug auf die vorhabenbedingten Auswirkungen durch Stickstoffdepositionen. Die Erfassungs- und Bewertungsmethode der Verträglichkeitsprüfung ist nicht normativ festgelegt (vgl. allgemein zur Methodik der Verträglichkeitsprüfung EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004, I-7405 Rn. 52; Senatsurteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 26 = BVerwGE 128, 1 Rn. 68). Die Zulassungsbehörde muss allerdings den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 62 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 7. September 2004 a.a.O. Rn. 54) einhalten, was die "Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen" (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 29. Januar 2004 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004, I-7405 Rn. 97) voraussetzt (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O.). Einwände gegen eine fachwissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode bestehen jedoch nicht, wenn mit einer anderen, ebenfalls anerkannten Methode nicht voll übereinstimmende Ergebnisse erzielt würden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 = BVerwGE 130, 299 Rn. 73).

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Hiervon ausgehend greift die Kritik nicht durch. Die Verträglichkeitsprüfung und ihr folgend der Planfeststellungsbeschluss haben die vorhabenbedingten Auswirkungen durch Stickstoffdepositionen entsprechend den Ergebnissen der Luftschadstoffberechnung (aa) nach dem Konzept der sogenannten Critical Loads (abgekürzt: CL) bewertet und der Berechnung der CL das BERN/DECOMP-Modell zugrunde gelegt; dieses Modell hat jedenfalls im Ergebnis zu zutreffenden Ergebnissen geführt (bb).

28

aa) Die Luftschadstoffberechnung ist nicht zu beanstanden.

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aaa) Die Kritik der Kläger an der der Berechnung zugrunde liegenden Verkehrsprognose greift nicht durch.

30

Eine gesetzliche Vorgabe, nach welchen Methoden eine Verkehrsprognose im Einzelnen zu erstellen ist, gibt es nicht. Eine Verkehrsprognose ist mit den zu ihrer Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der dafür erheblichen Umstände sachgerecht, d.h. methodisch fachgerecht zu erstellen. Die Überprüfungsbefugnis des Gerichts erstreckt sich allein darauf, ob eine geeignete fachspezifische Methode gewählt wurde, ob die Prognose nicht auf unrealistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (Beschluss vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 4 CB 1.90 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 10 S. 6 f.; Urteile vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 1.97 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 15 S. 23. f. = BVerwGE 107, 313 <326> m.w.N. und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 = BVerwGE 134, 308 Rn. 96; Beschluss vom 15. März 2013 - BVerwG 9 B 30.12 - juris Rn. 10).

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Gemessen daran ist die Verkehrsprognose nicht zu beanstanden.

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Die Verkehrsprognose, die zunächst für das Analysejahr 2005 und das Prognosejahr 2020 erstellt war, wurde in einer Aktualisierung auf das neue Analysejahr 2010 und den Planungshorizont 2025 fortgeschrieben. Dabei wurde auf die zugrunde liegenden neuesten Strukturdaten aufgebaut, die jedoch nicht auf das Jahr 2025 ausgelegt sind. Deshalb wurde die auf hessischer Landesebene abgestimmte Strukturprognose zugrunde gelegt. Das ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die aktuellen Verkehrsstrommatrizen des Bundesverkehrsministeriums in die Untersuchung eingeflossen, denn diese sind in das großräumige hessische Verkehrsmodell und damit auch in die Verkehrsuntersuchung zur A 49 eingegangen. Der Bevölkerungsrückgang im Zeitraum 2020 bis 2025 ist ebenfalls berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Kläger ist keine Trendprognose erstellt worden, wie der Fachgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat. Zudem hat er dargelegt, dass die Verkehrsbelastung auf der A 49 zutreffend berechnet wurde. Zwar sei der Verkehr auf der A 7 unterschätzt worden. Dies wirke sich aber nicht auf die Belastung der A 49 aus, weil der Verkehr auf der A 7/A 5 zum Teil eine andere Fahrtrichtung nehme (Nord-Süd-Verkehr) und sich deshalb nicht vollständig auf die A 49 verlagere. Schließlich durfte nach Überzeugung des Senats die Hochrechnung aufgrund einer (nur) vierstündigen Erfassung im nachmittäglichen Zeitbereich des Verkehrs erfolgen, denn so konnten temporäre Leistungsengpässe in den Hauptverkehrszeiten erkannt werden. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch den Schwerverkehr nicht unterschätzt. Nach den überzeugenden Ausführungen der Fachgutachter des Beklagten sind bei der Verkehrsuntersuchung 2011 infolge der eingesetzten Verflechtungsprognose 2025 fahrzeugspezifische Faktoren der verkehrlichen Entwicklung für die Fahrten zwischen einzelnen Landkreisen aufgenommen worden; im Bereich des Güterverkehrs lagen die Entwicklungen in den hier zu betrachtenden mittel- und nordhessischen Landkreisen deutlich unter den landes- und bundesweiten Durchschnittswerten. Dadurch wird der verkehrliche Zuwachs im Bereich des Güterverkehrs gegenüber früheren Ansätzen derart kompensiert, dass die für das Jahr 2025 prognostizierten Güterverkehrsmengen in etwa auf dem Niveau der Prognosebelastungen 2020 liegen. Das Aufkommen der Lkws zwischen 2,8 t und 3,5 t ist durch den Fachgutachter der Planfeststellungsbehörde mit einem Verkehrserhebungen einbeziehenden Verkehrsmodell sowie Rohdaten aus der Straßenverkehrszählung 2010 berechnet worden. Bei dem eigenen auf Straßenverkehrszählungen basierenden Datensatz der Verkehrsgutachter des Beklagten wurde die Kategorie Transporter generell der Kategorie Lkw zugeschlagen; dabei wurde die Anzahl der 2,8 t-Fahrzeuge bei den Straßenverkehrszählungen anhand der Werte der 3,5 t-Fahrzeuge mittels eines Hochrechnungsfaktors, abhängig von der Nähe der Zählstelle, ermittelt. Diesen Darlegungen des Beklagten haben die Kläger nicht mehr substanziiert widersprochen.

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bbb) Die Luftschadstoffberechnungen beruhen auch im Übrigen nicht auf unzutreffenden Ansätzen. In die 2012 aktualisierten Berechnungen sind neue fachliche Erkenntnisse wie der "Vorbelastungswert Stickstoff TA Luft, 4.8" eingeflossen und für die Ausbreitungsrechnungen die Depositionsgeschwindigkeiten nach VDI 3782 Blatt 5 (2006) verwendet worden. Wie die Fachgutachter des Beklagten dargelegt haben, hat sich im Zuge der Durchführung des Forschungsvorhabens der Bundesanstalt für Straßenwesen zu straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen (Ergebnis ist der FE-Bericht Stickstoff) zudem die Bedeutung der verkehrsbedingten Turbulenzen bei Ausbreitungsrechnungen herausgestellt, mit deren Hilfe eine Überschätzung vorhabenbedingter Stickstoffdepositionen im Nahbereich der Trasse vermieden werden könne. Letzteres führte zu einer Reduzierung der betroffenen Flächen.

34

bb) Der Planfeststellungsbeschluss durfte der Belastungsrechnung das Konzept der modellierten Critical Loads (CL) sowie der Berechnung der CL das BERN/DECOMP-Modell zugrunde legen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

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CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen oder andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung eine Luftschadstoffdeposition auch langfristig keine signifikant schädlichen Effekte erwarten lässt (zu den Einzelheiten vgl. Urteil vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 = BVerwGE 146, 145 Rn. 61). Um CL zu ermitteln, werden unterschiedliche methodische Ansätze verfolgt (empirische und modellierte CL). Als empirische CL werden die im sogenannten ICP-Manual veröffentlichten Ergebnisse der Arbeiten der Arbeitsgruppe Bobbink bezeichnet, die auf Erfahrungen und Felduntersuchungen beruhen. Sie benennen für 25 repräsentative europäische Vegetationstypen Spannbreiten der CL für eutrophierenden Stickstoffeintrag; sie werden auch als "Berner Liste" bezeichnet. Im Untersuchungsbericht werden Methoden vor allem für die quantitative Bestimmung der Hintergrundbelastung und der vorhabenbezogenen Zusatzbelastung mit Stickstoffeinträgen, für die Bestimmung der Empfindlichkeit von FFH-Lebensraumtypen und Anhang-II-Pflanzenarten gegenüber Stickstoffeintrag, für die Abgrenzung von irrelevanten und relevanten Stickstoffeinträgen vorgeschlagen. Demgegenüber werden modellierte CL aufgrund eines komplexen Rechenwerks standortbezogen ermittelt.

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Hier hat die Verträglichkeitsprüfung ein Modellierungsmodell zugrunde gelegt, das nach dem sogenannten BERN/DECOMP-Modell berechnet wurde. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dabei stützt sich der Senat als neuestes Forschungsergebnis auf den FE-Bericht Stickstoff (aaa), dessen Erkenntnisse die Planung beachtet hat, wie nicht zuletzt eine im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Vergleichsberechnung zeigt (bbb). Die Kritik der Kläger an diesem Vorgehen greift nicht durch (ccc); dabei können Fragen zum sogenannten MFR-Szenarium offenbleiben (ddd). Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof erübrigt sich (eee).

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aaa) Zur Frage der Ermittlung der Belastung durch Stickstoffeinträge in geschützte Lebensräume liegt inzwischen als Ergebnis des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Abschlussbericht vor, der sich selbst als Fachkonvention begreift (Balla et al. "Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope", Bericht zum FE-Vorhaben 84.0102/2009 der Bundesanstalt für Straßenwesen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik Bd. 1099, hrsg. vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung - BMVBS -, November 2013, im Folgenden FE-Bericht Stickstoff genannt). Das Forschungsvorhaben verfolgte das Ziel, eine Methode zur Erfassung und Bewertung von Stickstoffeinträgen im Rahmen von FFH-Verträglichkeitsprüfungen für den Neu- oder Ausbau von Straßen zu entwickeln. Hierfür sollte es einen aktuellen Überblick zum Wissensstand geben und daraus methodische Empfehlungen ableiten. An dem Vorhaben haben zahlreiche ausgewiesene Fachleute mitgearbeitet. Zur Konventionsbildung wurden zudem zahlreiche Expertengespräche durchgeführt. Neben regelmäßigen Treffen des Fachbetreuerkreises zum FE-Vorhaben wurden zwei Sitzungen eines projektbegleitenden Arbeitskreises sowie ein zweitägiges Expertengespräch mit ausgewählten externen Wissenschaftlern und Fachleuten aus der Genehmigungspraxis abgehalten. Der Senat geht davon aus, dass dieser FE-Bericht derzeit die im oben genannten Sinn der "besten wissenschaftlichen Erkenntnisse" zur Ermittlung der Belastung durch Stickstoffeinträge in geschützte Lebensräume widerspiegelt; die Kläger haben anderes nicht substanziiert eingewandt. Allein der pauschale Verweis auf andere Auffassungen einzelner Wissenschaftler genügt nicht.

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Nach dem Ergebnis des Forschungsvorhabens lassen sich durch modellierte CL genauere standortspezifische Erkenntnisse zu den Stickstoffbelastungen von geschützten Lebensraumtypen erzielen als bei Anwendung empirischer CL. Diese haben vor allem den Nachteil, dass sie auf einer vergleichsweise schmalen Datenbasis beruhen und darüber hinaus eine Vielzahl der in Deutschland relevanten Lebensraumtypen nicht abdecken, u.a. nicht den prioritären LRT *91E0.

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Demgegenüber werden modellierte CL mit den Modellen DECOMP oder SMB (Simple Mass Balance - einfache Massenbilanz) aufgrund eines komplexen Rechenwerks standortbezogen ermittelt. Beide Modelle kombinieren das BERN-Modell (Bioindikative Ermittlung von Regenerationspotenzialen natürlicher Ökosysteme) mit eigenen Berechnungsansätzen. Das BERN-Modell dient der Darstellung von Vegetationsentwicklungen in Abhängigkeit von sich dynamisch verändernden abiotischen Standortfaktoren. Setzt man einen bestimmten Zielzustand als Entwicklungsziel fest, kann man hiermit die für die Vegetation relevanten Zielparameter der Standortwahlfaktoren, die Critical Limits, die als Eingangsdaten in die Critical-Loads-Formeln eingestellt werden müssen, quantifizieren (FE-Bericht Stickstoff S. 135).

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Das DECOMP-Modell berücksichtigt signifikante Veränderungen des ökosysteminternen Stoffkreislaufs durch massive Stickstoffeinträge in der Vergangenheit. Die so ermittelten Critical Loads sollen ein ausgewogenes nachhaltig stabiles Gleichgewicht von Stickstoff-, Wasser- und Energiehaushalt, das einem naturnahen Referenzzustand entspricht und die Möglichkeit für die Existenz einer naturnahen/halb natürlichen Pflanzengesellschaft bietet, wiederherstellen.

Das SMB-Modell versucht, mit einer einfachen Massenbilanz die Ein- und Austragsberechnungen von Schadstoffen für ein Ökosystem vorzunehmen. Den eutrophierenden Stickstoffdepositionen werden die stickstoffspeichernden bzw. -verbrauchenden und stickstoffaustragenden Prozesse im Ökosystem gegenübergestellt. Ein Nachteil dieser Methode besteht darin, dass keine dynamischen zeitabhängigen Ökosystementwicklungen implementiert werden können (FE-Bericht Stickstoff S. 124 f.).Die Ergebnisse des FE-Berichts Stickstoff zeigen, dass beide untersuchten Modellierungsmodelle zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen. Die Anwendung des SMB-Modells ergibt tendenziell etwas niedrigere CL als die Anwendung desDECOMP-Modells (FE-Bericht Stickstoff S. 195 f.) und liegt damit "auf der sicheren Seite". Der FE-Bericht Stickstoff empfiehlt für die Verträglichkeitsprüfung die Anwendung des SMB-Modells, weil dieses im Vergleich zurDECOMP-Methode rechnerisch einfacher nachvollziehbar ist und eine breitere Akzeptanz in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit genießt (S. 125 f.). Demgegenüber fehlt derDECOMP-Methode noch eine breite Akzeptanz in der wissenschaftlichen Diskussion. Gleichwohl hält der FE-Bericht Stickstoff dieDECOMP-Methode in Einzelfällen unter bestimmten Voraussetzungen für anwendbar (FE-Bericht Stickstoff S. 126).
43

bbb) Allerdings konnten sich die von der Planfeststellungsbehörde hinzugezogenen Fachgutachter noch nicht auf den FE-Bericht Stickstoff stützen, weil er erst Ende 2013 veröffentlicht worden ist. Unbeschadet dessen spiegelt das Ergebnis der Depositionsberechnung den gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wider und führt daher nicht auf einen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Der Senat kann offenlassen, ob die Anwendung der der Depositionsberechnung zugrunde liegenden DECOMP-Methode, die standortbezogen genauere Belastungswerte ergibt als das SMB-Modell, hier trotz der noch fehlenden breiten wissenschaftlichen Akzeptanz hätte angewandt werden dürfen. Denn der Beklagte hat im Laufe des Gerichtsverfahrens eine Vergleichsberechnung vorgelegt, die aufzeigt, dass die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Belastungswerte in den meisten Fällen sogar unter den nach dem SMB-Modell berechneten Werten liegen und sich nur in drei Fällen derart geringfügig unterscheiden, dass sich die Unterschiede auf den Umfang der betroffenen Lebensraumtypflächen nicht auswirken.

44

ccc) Soweit die Kläger über die Kritik der Methode hinaus u.a. auch bemängeln, dass das C/N-Verhältnis generell aufgrund von durch Bodenproben gewonnenen Messwerten hätte ermittelt werden müssen und dabei nicht von Bodenkarten hätte ausgegangen werden dürfen, können sie ebenfalls nicht durchdringen. Bei dem C/N-Verhältnis handelt es sich um einen einzelnen Parameter, der neben vielen anderen in die CL-Berechnung eingeht. Er ist Teil der wissenschaftlich anerkannten Methode der CL-Berechnung und kann nicht einer verselbstständigten Überprüfung unterzogen werden. Darüber hinaus haben die Fachgutachter des Beklagten überzeugend begründet, dass es grundsätzlich ausreichend ist, die relevanten Daten aktuellen Bodenkarten zu entnehmen. Eine Klärung durch Bodenproben sei nur bei signifikanter Abweichung der vorhandenen Vegetation von der kartierten Bodenform notwendig. Sie haben auch erläutert, dass die zugrunde gelegten Informationen aus den Bodenkarten hier sogar vorsorglich gewesen seien, weil die damit erzielten Werte zu niedrigeren CL führten als die tatsächlichen Messungen. Dies wird auch durch den in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwand des Vertreters des Klägers zu 2 nicht widerlegt, dass die Bodenproben 2012 entnommen wurden, die Daten aus den Bodenkarten aber wesentlich älter seien. Es ist nichts dafür dargelegt, dass die Sachlage bei zeitnahem Vergleich beider Datenquellen anders wäre.

45

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, Zusatzbelastungen durch Stickstoffeintrag unterhalb eines absoluten Wertes von 0,3 kg N/ha/a bzw. 3 % eines CL seien irrelevant. Der Senat hat bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung anerkannt, dass es nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand eine Irrelevanzschwelle gibt; erst oberhalb dieser Schwelle ist die Zunahme der Stickstoffbelastung, zumal gegenüber einer ohnehin schon hohen Vorbelastung, als signifikant verändernd einzustufen (Urteile vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 52 Rn. 62 und 93 = BVerwGE 145, 40 Rn. 62 und vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 = BVerwGE 146, 145 Rn. 65 f.). Diese Auffassung wird durch den FE-Bericht Stickstoff wissenschaftlich unterlegt (vgl. dort S. 216 ff.). Danach ist unterhalb dieser Schwellen die zusätzliche von einem Vorhaben ausgehende Belastung nicht mehr mit vertretbarer Genauigkeit bestimmbar bzw. nicht mehr eindeutig von der vorhandenen Hintergrundbelastung abgrenzbar (so schon Urteil vom 28. März 2013 a.a.O. Rn. 66 unter Hinweis auf Balla/Müller-Pfannenstiehl/Lüttmann/Uhl, NuR 2010, 616 <623>). Bei Stickstoffeinträgen von 0,3 kg N/ha/a oder weniger lassen sich keine kausalen Zusammenhänge zwischen Emission und Deposition nachweisen (Balla et al., "Stickstoffeinträge in der FFH-Verträglichkeitsprüfung: Critical Loads, Bagatellschwelle und Abschneidekriterium", in: Waldökologie, Landschaftsforschung und Naturschutz, November 2013, S. 7 - künftig: Balla et al.). § 34 BNatSchG fordert aber einen Zusammenhang zwischen Stickstoffeintrag eines Vorhabens und Beeinträchtigung. Zudem haben empirische Untersuchungen entlang viel belasteter Straßen außerhalb der mithilfe des 3 %-Kriteriums ermittelten Flächen bisher keine signifikanten schädlichen Effekte von stickstoffhaltigen Immissionen der Straße auf die Vegetation ergeben (FE-Bericht Stickstoff S. 217; Balla et al. a.a.O. S. 6; zur Bedeutung von Irrelevanzschwellen vgl. Kohls/Mierwald/Zirwick, ZUR 2014, 150).

46

ddd) Offenbleiben kann, ob in die Berechnung der Gesamtbelastung (vorhabenbedingte Zusatzbelastung und Hintergrundbelastung) die aufgrund des MFR-Szenariums (Most Feasible Reduction) ermittelte Hintergrundbelastung für das Prognosejahr 2025 eingehen durfte. Bedenken bestehen deshalb, weil dem MFR-Szenarium die derzeit technisch möglichen Emissionsreduzierungen zugrunde gelegt wurden. An der Belastbarkeit dieser Annahme bestehen Zweifel. Denn nach den Abschlussberichten des Umweltbundesamtes (UBA-FB-Bericht 001507, "Erstellung einer methodenkonsistenten Zeitreihe von Stoffeinträgen und ihren Wirkungen in Deutschland, Teil 2 Abschlussbericht", vom Januar 2013, Teilaufgabe ÖKO-DATA: Berechnung und Kartierung von Critical Loads und deren Überschreitungen für eine prognostizierte Deposition im Jahr 2020, S. 2, sowie "Erfassung, Prognose und Bewertung von Stoffeinträgen und ihren Wirkungen in Deutschland, Zusammenfassender Abschlussbericht", UBA-FB-Bericht 001490) wird Deutschland voraussichtlich schon seine Verpflichtungen nach der NEC-Richtlinie (Richtlinie 2001/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe, ABl EG Nr. L 309 vom 27. November 2001 S. 22) nicht einhalten können.

47

Jedoch hat der Planfeststellungsbeschluss vorsorglich den Umfang der belasteten Flächen zusätzlich für die Hintergrundbelastung anhand des im Internet verfügbaren Datensatzes des Umweltbundesamtes für das Jahr 2007 berechnet. Da davon ausgegangen werden kann, dass sich die Stickstoffemissionen in der Zukunft jedenfalls in dem hier in Rede stehenden Landschaftsraum tendenziell verringern werden, wie die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt haben, liegt die Flächenberechnung auch unter Berücksichtigung des Prognosejahres 2025 auf der sicheren Seite. Dies wird zusätzlich gestützt durch eine Stellungnahme des Hessischen Umweltministeriums, wonach insbesondere an Verkehrsschwerpunkten die Messergebnisse einen deutlichen und kontinuierlichen Rückgang der Stickoxidbelastung zeigen. Die Rückgänge bei den Emissionen von Stickstoffverbindungen führen auch zu einer Reduktion der Hintergrundbelastung. Die Kläger sind dem nicht substanziiert entgegengetreten.

48

eee) Der von den Klägern angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 AEUV bedurfte es nicht. Dass in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedliche methodische Ansätze zur Prüfung der erheblichen Beeinträchtigung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL bestehen, führt nicht auf eine vorlagefähige und -bedürftige Rechtsfrage, insbesondere ist weder dargelegt noch erkennbar, dass hierdurch gegen die Einheitlichkeit der Rechtsordnung der Europäischen Union verstoßen werden könnte. Die EU-weit einheitliche Auslegung von Art. 6 Abs. 3 FFH-RL ist nicht zweifelhaft. Die zuständigen Behörden müssen die Beeinträchtigung von FFH-Gebieten nach Art. 6 FFH-RL nach den jeweils besten wissenschaftlichen Erkenntnissen ermitteln und sich Gewissheit darüber verschaffen, dass sich ein Vorhaben nicht dauerhaft nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt (EuGH, Urteile vom 24. November 2011 - Rs. C-404/09, Alto Sil - Slg. 2011, I-11853 Rn. 99 und vom 11. April 2013 - Rs. C-258/11, Sweetman - NVwZ-RR 2013, 505 Rn. 40). Das ist der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass es keine solchen Auswirkungen gibt. Entscheidend ist, dass die Prüfung der Verträglichkeit nicht lückenhaft sein darf und vollständige, präzise und endgültige Feststellungen enthalten muss. Dabei ist es Sache des nationalen Gerichts zu kontrollieren, ob die Prüfung der Verträglichkeit mit dem Gebiet diesen Anforderungen entspricht (EuGH, Urteil vom 11. April 2013 a.a.O. Rn. 44). Das macht deutlich, dass die Frage, aufgrund welcher Erkenntnisse die notwendige Gewissheit von der fehlenden Beeinträchtigung des Gebiets gewonnen wird, eine fachliche Frage ist, die nicht durch Auslegung des europäischen Rechts zu beantworten ist, sondern die vielmehr vom Diskussionsstand der Wissenschaft und deren Erkenntnissen abhängt. Danach unterliegt auch die Anwendung der fachwissenschaftlich begründeten Irrelevanzschwellen bzw. des Abschneidekriteriums bei der Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL keinen Zweifeln. Denn unterhalb dieser Schwellen ist eine erhebliche Gebietsbeeinträchtigung ausgeschlossen. Damit ist dem gemeinschaftsrechtlichen Vorsorgegrundsatz (Art. 191 Abs. 2 Satz 2 AEUV, vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - Rs. C-127/02 - Slg. 2004, I-7405 Rn. 58) genügt. Die mit dem Erfordernis der erheblichen Beeinträchtigung festgelegte Geringfügigkeitsschwelle (Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 22. November 2012 - Rs. C-258/11, Sweetman - juris Rn. 48) trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung.

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b) Die Kritik der Kläger an der Auswahl, der Bestandsaufnahme und der Feststellung des Beeinträchtigungsumfangs charakteristischer Arten greift ebenfalls nicht durch.

50

Im Planfeststellungsbeschluss sind die charakteristischen Arten, für deren Auswahl der Behörde ein Einschätzungsspielraum zukommt, im Ergebnis zutreffend danach ausgewählt worden, ob sie eine Indikatorfunktion für potenzielle Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraumtyp besitzen (stRspr; vgl. nur Urteil vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 52 = BVerwGE 145, 40 Rn. 52; Leitfaden des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen zur FFH-Verträglichkeitsprüfung im Bundesfernstraßenbau, Ausgabe 2004 - BMVBW-Leitfaden - S. 32). Allgemeine Handbücher, wie das von den Klägern u.a. in Bezug genommene BfN-Handbuch (Ssymank, Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, BfN-Handbuch zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie, 1998) können naturgemäß die konkrete Ausprägung eines Lebensraumtyps in einem konkreten Gebiet nicht berücksichtigen.

51

Der Planfeststellungsbeschluss hat für den LRT 9110 Schwarz- und Grauspecht sowie den Raufußkauz untersucht, für den LRT 9130 den Schwarzspecht, für den LRT 9160 Grau- und Mittelspecht und für den LRT *91E0 Kleinspecht und Wasserfledermaus. Die Vögel sollten Aussagen über die Störungsfreiheit des betreffenden Lebensraumtyps und Informationen über das Vorliegen der Voraussetzungen für das Vorkommen anderer für den Lebensraumtyp charakteristischer Arten oder Artgruppen liefern. Dies wird damit begründet, dass sie nicht nur durch die Inanspruchnahme ihrer Höhlenbäume beeinträchtigt würden, sondern auch gegenüber Straßen mit hoher Verkehrsstärke eine Lärmempfindlichkeit aufwiesen. Sie seien zudem gegenüber anderen von Straßen ausgehenden Störungen wie optischen Störereignissen und Waldrandanschnitt empfindlich, was sich in einer kritischen Effektdistanz äußere. Das gelte auch für den Kleinspecht, auch wenn dieser gering lärmempfindlich sei. Bei allen Spechtarten seien mögliche Beeinträchtigungen durch Lebensraumzerschneidung relevant. Die Wasserfledermaus sei als strukturgebunden fliegende Art insbesondere gegenüber den Zerschneidungswirkungen empfindlich und reagiere gegenüber Störungen durch Licht. Die gesonderte Betrachtung der als Erhaltungsziele geschützten Arten sei ebenso wenig erforderlich wie die Einbeziehung weiterer Arten. Es komme auf die Arten an, ohne die eine vorhabenbedingte Betroffenheit des Lebensraumtyps nicht adäquat erfasst werde. Nach diesem Ansatz war es auch entbehrlich, die von den Klägern vermissten Schmetterlings- und Käferarten sowie Haut- und Zweiflügler näher zu betrachten.

52

Ebenso wenig wie bei den geschützten Anhang-II-Arten (s. unten c) mussten die Bestandsdaten in vollem Umfang neu erhoben werden. Vielmehr genügte die Datenaktualisierung in dem von der Planfeststellungsbehörde bestimmten Beeinträchtigungsband entlang der Trasse, weil sich die Verhältnisse im Untersuchungsraum gegenüber der Bestandsdatenerhebung 2004/2005/2006 nicht wesentlich geändert haben. Der Planfeststellungsbeschluss legt für die Beeinträchtigungsbeurteilung bei betriebsbedingten Auswirkungen auf Vögel die Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr (BMVBS, Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr, Ausgabe 2010, bearbeitet von Garniel und Mierwald) zugrunde und bemisst danach die Habitatverluste. Das ist nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger höhere Habitatverluste infolge des von der Trasse ausgehenden Lärms behaupten, legen sie eine eigene - hier nicht maßgebliche - Verkehrsprognose zugrunde.

53

Das Kollisionsrisiko des Kleinspechts als charakteristischer Art des LRT *91E0 wird durch die Irritationsschutzwand auf ein nicht mehr signifikantes Maß gesenkt. Die Revierzerschneidung an der Joßkleinaue wird dadurch aufgefangen, dass eine Querung gerade durch die dort vorgesehene Brücke möglich ist. Die Habitateignung für den Kleinspecht nimmt nur in einem geringen Maße ab. Die Art nutzt in der Brutzeit einen Aktionsraum von 15 - 25 ha und von bis zu 250 ha im Winter. Auswirkungen auf den Erhaltungszustand sind nicht zu befürchten.

54

Das Vorhaben wirkt sich auch nicht nachteilig auf den Erhaltungszustand der Wasserfledermaus aus. Jagende Wasserfledermäuse sind im FFH-Gebiet nicht beobachtet worden. Allein aus dem Fang eines graviden Weibchens lässt sich nicht auf eine Population schließen. Das gleichwohl wegen der günstigen Strukturen im LRT *91E0 anzunehmende Jagdhabitat der Wasserfledermaus wird nur in einem den Erhaltungszustand der Tiere nicht beeinträchtigenden Umfang von 0,36 ha in Anspruch genommen; die Joßklein als Leitstruktur bleibt infolge des Brückenbauwerks erhalten.

55

Der günstige Erhaltungszustand der für den LRT 9110 charakteristischen Art Raufußkauz verschlechtert sich ebenfalls nicht. Zwar werden fünf Reviere durch unmittelbare Flächeninanspruchnahme und Lärmauswirkungen verloren gehen. Jedoch werden diese Reviere mit der Verbesserung des Nistplatzangebots verlagert werden. Die Art nimmt Nistkästen sehr gut an, so dass die außerhalb der relevanten Isophone anzubringenden etwa 40 Nistkästen zu neuen Revieren führen werden. Außerdem befinden sich innerhalb des LRT 9110 lediglich Teilhabitate der Art, essenzielle Habitatbestände existieren außerhalb dieser Lebensraumtypflächen.

56

Auch der in einem ungünstigen Erhaltungszustand befindliche Grauspecht als charakteristische Art des LRT 9110 wird nicht relevant beeinträchtigt. Zwar liegen drei Reviere im Einwirkungsbereich der Trasse, allerdings liegen ihre Zentren nicht in den Beständen des LRT 9110. Im Übrigen werden Schadensbegrenzungsmaßnahmen im Umfang von 40 ha vorgenommen, u.a. ein Nutzungsverzicht in Bezug auf Alteichen, so dass die für den Grauspecht verbleibenden Flächen bei einer durchschnittlichen Reviergröße von 200 ha ausreichend dimensioniert und in ihrer Qualität optimiert sind.

57

Gleiches gilt, soweit der Grauspecht als charakteristische Art des LRT 9160 betrachtet wird, zumal die Habitateignung nur zu einem geringen Teil abnimmt, so dass davon auszugehen ist, dass der Grauspecht angesichts der Größe seiner Reviere den Schwerpunkt seiner Aktionen verlagern wird. Zwar liegen 13 Reviere der weiteren charakteristischen Art Mittelspecht innerhalb der Effektdistanz mit unterschiedlicher Habitatqualitätsabnahme. Jedoch werden die insbesondere lärmbedingten Beeinträchtigungen durch die vorgesehenen Maßnahmen im Umfang von 75 ha, vor allem Nutzungsverzicht in den verschiedenen Waldarten, die die Lebensraumbedingungen optimieren, aufgefangen. Zudem befinden sich die Reviere weitgehend außerhalb des LRT 9160. Das betroffene Revier an der Geiersberger Heege/Joßklein liegt mit nur einem geringen Teil innerhalb der Effektdistanz und wird von den in unmittelbarer Nähe vorgesehenen Schadensbegrenzungsmaßnahmen gestützt.

58

Für den LRT 9130 hat der Schwarzspecht wegen seiner Lebensraumansprüche eine Indikatorfunktion und wird deshalb vom Planfeststellungsbeschluss als charakteristische Art angesprochen.

59

c) Das Vorhaben beeinträchtigt keine der als Erhaltungsziele geschützten Anhang-II-Arten.

60

aa) Die Bewertung des Planfeststellungsbeschlusses, mit den vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen sei eine erhebliche Beeinträchtigung des Kammmolchs ausgeschlossen, ist nicht zu beanstanden. Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen können bereits im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung berücksichtigt werden, sofern sie eine erhebliche Beeinträchtigung von Schutzgütern des FFH-Gebiets dadurch verhindern, dass das Gebiet nach einer Störung wieder zu seinem Gleichgewicht findet (Urteil vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 = BVerwGE 146, 145 Rn. 43; Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 22. November 2012 - Rs. C-258/11, Sweetman - juris Rn. 59 und vom 27. Februar 2014 - Rs. C-521/12, T.C. Briels - Rn. 36). Mit den im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten Schutzmaßnahmen werden schädliche Auswirkungen auf den günstigen Erhaltungszustand der im FFH-Gebiet lebenden Kammmolchpopulation im Zeitpunkt der Vorhabenverwirklichung wirksam verhindert (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - Rs. C-521/12, T.C. Briels - NVwZ 2014, 931 Rn. 28 ff. zur Abgrenzung von schadensvermeidenden und schadensausgleichenden Schutzmaßnahmen); der günstige Erhaltungszustand der Kammmolchpopulation wird i.S.v. Art. 1 Buchst. e) und i) FFH-RL stabil bleiben.

61

Der Planfeststellungsbeschluss durfte der Prüfung einen Gesamtbestand der Kammmolchpopulation von ca. 13 000 Tieren (adulte, subadulte und juvenile) zugrunde legen. Hier wird kein Laichgewässer in Anspruch genommen, für das lediglich die adulten Tiere entscheidend sein könnten, sondern ausschließlich Landlebensraum, der von allen Tieren genutzt wird. Entgegen der Auffassung der Kläger durften die Population der Kammmolche und ihre Wanderwege auch mittels des speziell entwickelten Raumnutzungsmodells erfasst werden. Die in diesem Zusammenhang erhobene methodische Kritik der Kläger hinsichtlich der Erfassung der Molche bei der Grunddatenerhebung greift nicht durch. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; auch hier muss die Methodenwahl aber die für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standards der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (stRspr; vgl. nur Urteil vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 Rn. 47 ). Hinzu kommt, dass eine exakte Populationserfassung in der Literatur bei Kammmolchen als "kaum möglich" beschrieben wird (vgl. hierzu Urteil vom 28. März 2013 a.a.O. Rn. 49). Die Fachgutachter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass die mit dem für die ca. 900 Tiere am Zappeteich verwandten Raumnutzungsmodell gewonnenen Erkenntnisse auf die übrigen Teilpopulationen des FFH-Gebiets übertragbar sind. Hier wurden Fangzäune mit einer Länge von 20 km von beiden Anwanderungsrichtungen und bekannten Laichgewässern aufgestellt. Auf dieser Grundlage wurde dann die Verteilung der Molche ermittelt. Dabei ist der Lebensraum in unmittelbarer Umgebung des Zappeteiches eher weniger geeignet für die Tiere, so dass mehr Tiere in entferntere Zonen abgewandert sind als dies bei einem Laichgewässer mit allseits gleichmäßiger Verteilung des Landlebensraums geschehen wäre. Deshalb ist das Aufkommen in weiterer Entfernung von dem jeweiligen Laichgewässer eher konservativ geschätzt. Davon ausgehend nimmt der Planfeststellungsbeschluss für die Bestimmung der maßgeblichen Gebietsbestandteile für die Kammmolche alle Flächen mit einer mindestens mittleren Bewertung als Landlebensraum an. Das sind alle Flächen, bei denen eine Kammmolchdichte von 0,5 bis 1 Individuum/ha errechnet wurde, insgesamt ca. 970 ha. Von dem maßgeblichen Lebensraum werden innerhalb des FFH-Gebiets insgesamt 6,31 ha = 0,65 % für das Vorhaben in Anspruch genommen.

62

Das Raumnutzungsmodell lässt auch Rückschlüsse auf die Wanderwege der Kammmolche zu, weil die räumliche Verteilung der Tiere und die Wanderrichtung in das Modell eingeflossen sind. Am Zappeteich konnte beobachtet werden, dass die Mehrzahl der Tiere den angrenzenden Wald als Lebensraum nutzte. Gleiches gilt für die Gewässer an der Geiersberger Heege/Kirschbrückhege. Auch hier konnte die bevorzugte Wanderrichtung festgestellt werden. Deshalb war es auch nicht erforderlich, entsprechend dem Merkblatt zum Amphibienschutz an Straßen (Ausgabe 2000, hrsg. vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen - MAmS - S. 9) eine Untersuchung in zwei aufeinander folgenden Jahren durchzuführen. Das von den Klägern zur Untermauerung ihrer Kritik herangezogene Qualitätssicherungsgutachten von Prof. Dr. S. vom 12. Juli 2005 stützt eher die Annahmen der Planfeststellungsbehörde, denn der Gutachter hält das verwendete Modell für plausibel und nachvollziehbar, wenngleich die Annahmen nicht statistisch abgesichert seien (S. 19). Die Kläger lassen bei ihrer Kritik zum Beeinträchtigungsumfang zudem außer Betracht, dass das Qualitätssicherungsgutachten noch auf der Grundlage der Planung für die alte, inzwischen nach Westen verschobene Trasse entlang des Hauptvorkommens am Standortübungsplatz Stellung nimmt.

63

Entgegen der Auffassung der Kläger musste auch die Grunddatenerfassung von 2005 nicht in vollem Umfang aktualisiert werden. Die Beschränkung der Untersuchungen 2010 auf ein 300 m-Band entlang der vorgesehenen Trasse begegnet keinen Bedenken. Die Fachgutachter des Beklagten haben festgestellt, dass im Naturraum seit der Grunddatenerhebung die Laichgewässer und Landschaftsstrukturen weitgehend unverändert erhalten sind. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Größe der Population der Kammmolche und ihr Landlebensraum im FFH-Gebiet etwa gleich geblieben sind. Es ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Schwerpunkt der Kammmolchpopulation vom Standortübungsplatz in Richtung des vorgesehenen Trassenverlaufs verlagert hätte. Entscheidend ist deshalb die aktuelle Datenlage entlang der vorgesehenen Trasse im Hinblick auf die dort vorhandenen Teilpopulationen. Im Trassenbereich befinden sich außerhalb des FFH-Gebiets maßgebliche Populationen im Bereich der Kirschbrückhege (ca. 475 Tiere) und des WASAG-Geländes (ca. 105 Tiere), die durch die Trasse von den Landlebensräumen im FFH-Gebiet abgeschnitten werden.

64

Die vorgesehenen, bereits im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung zu berücksichtigenden, Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen werden eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungsziels Kammmolche ausschließen. Dabei nimmt der Planfeststellungsbeschluss nicht nur die in Anspruch genommenen Flächen innerhalb des FFH-Gebiets in den Blick, sondern auch die außerhalb liegenden Flächen, die von den Teilpopulationen im WASAG-Gelände nordwestlich der Trasse und an der Geiersberger Heege/Kirschbrückhege westlich der Trasse genutzt werden. Deshalb kann offenbleiben, ob das FFH-Gebiet zutreffend abgegrenzt ist. Denn der Sache nach geht der Planfeststellungsbeschluss - vorsorglich - von einem zutreffenden Gebietsumgriff aus, indem er die Beeinträchtigung einschließlich der außerhalb des Gebiets lebenden Kammmolchvorkommen feststellt und diese bei den Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen berücksichtigt.

65

Dem Verlust von Landlebensraum im Umfang von insgesamt 11,71 ha (5,16 ha im FFH-Gebiet Bereich Geiersberger Heege/Kirschbrückhege, 0,8 ha außerhalb; 1,15 ha im FFH-Gebiet Bereich WASAG-Gelände, 4,60 ha außerhalb) steht die Aufwertung und Entwicklung von Laichgewässern und Landhabitaten im Umfang von ca. 23 ha gegenüber, die bereits zum Zeitpunkt der Vorhabenrealisierung wirksam sein werden. Diese im Planfeststellungsbeschluss festgelegten und damit vor Zugriffen Dritter geschützten Maßnahmen (vgl. dazu Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 27. Februar 2014 - Rs. C-521/12, T.C. Briels - Rn. 50) erfolgen eingriffsnah innerhalb und außerhalb des Gebiets, z.T. unmittelbar an den Laichgewässern, die unberührt bleiben. Mit den Maßnahmen im Bereich der Geiersberger Heege/Kirschbrückhege auf ca. 11,8 ha werden Winterquartiere geschaffen und Habitatstrukturen optimiert und Flächen aufgewertet, auf einer zu entwickelnden Waldwiese werden drei neue Laichgewässer geschaffen. Im Bereich des WASAG-Geländes sollen ebenfalls drei Laichgewässer und auf einer Fläche von 11,4 ha Landlebensraum entwickelt werden (zu den Einzelheiten PFB S. 230 f.). Die Funktionsbeziehungen zum FFH-Gebiet und damit der Genaustausch mit den dort vorhandenen Teilpopulationen werden im Bereich des WASAG-Geländes durch regelmäßig auf Funktionstüchtigkeit zu kontrollierende Amphibiendurchlässe, die dem MAmS (S. 20) entsprechen, aufrechterhalten. Schutz- und Leiteinrichtungen verhindern das Eindringen der Tiere auf die Trasse und leiten sie zu den Durchlässen. Im Bereich der Geiersberger Heege/Kirschbrückhege wird die Zerschneidungswirkung durch eine Talbrücke (BW Nr. 8, lichte Weite 180 m, lichte Höhe 11 m) sowie eine Unterführung (BW Nr. 9, lichte Weite 24 m, lichte Höhe 11 m) aufgefangen. Betriebsbedingten Individuenverlusten begegnet der Planfeststellungsbeschluss mit einem zwei Jahre vor Baubeginn zu errichtenden Amphibienschutzzaun, der die Tiere von der Trasse abhalten und in die geeigneten Lebensräume leiten wird. Soweit einzelne Tiere dennoch in den Trassenbereich wandern und dann bei der zeitlich außerhalb der Wanderungszeiten festgelegten Baufeldräumung übersehen werden sollten, hat das auf den Erhaltungszustand und die Stabilität der Population keinen Einfluss.

66

Dem steht auch nicht entgegen, dass die betroffenen Flächen die Bagatellschwellen der FuE-Konvention (Lambrecht und Trautner, Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung, Endbericht zum Teil Fachkonventionen, Schlussstand Juni 2007, Tab. 3 S. 51) überschreiten. Zwar handelt es sich bei den angegebenen Werten um Orientierungswerte einer Fachkonvention, die, wenngleich sie keine normative Geltung beanspruchen kann, mangels besserer Erkenntnisse im Regelfall anzuwenden sein wird (Urteil vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 52 Rn. 46 f. ). Hier liegen jedoch Gründe vor, die eine Abweichung rechtfertigen. Denn die in Anspruch zu nehmenden Lebensraumbestandteile werden in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang durch die Aufwertung und Schaffung von Land- und Gewässerlebensraum in einem mehr als dreifachen Umfang ersetzt. Den günstigen Erhaltungszustand der Kammmolche wird die Flächeninanspruchnahme nach Überzeugung des Senats nicht nachteilig beeinflussen.

67

bb) Gleiches gilt für die ebenfalls als Erhaltungsziel geschützte Bechsteinfledermaus. Zwar kommt es auf insgesamt 4,06 ha Fläche zu bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen auf geschützte alte strukturreiche Laub- und Laubmischwälder mit Höhlenbäumen (PFB S. 234). Den fünf Kolonien der Bechsteinfledermaus stehen im Aktionsraum im FFH-Gebiet ca. 633,8 ha Gesamthabitat zur Verfügung. Der Verlust von Tagesquartieren kann nicht ausgeschlossen werden. Es wird randlich ein Aktionsraum der Tiere im Norden und Westen des FFH-Gebiets von der Trasse geschnitten. Beeinträchtigungen werden aber durch Schadensvermeidungsmaßnahmen verhindert.

68

Soweit die Kläger auch hier einwenden, dass der Datenbestand überwiegend älter als fünf Jahre und die Aktualisierung nur sehr kursorisch erfolgt sei, so dass keine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung der Beeinträchtigung vorgelegen habe, greift die Kritik nicht durch. Die Aktualisierung hatte lediglich den Zweck, die bei früheren Untersuchungen gefundenen Ergebnisse zu verifizieren bzw. Abweichungen festzustellen. Da es um Beeinträchtigungen geht, die durch die Trasse selbst verursacht werden, durfte der Beklagte sich bei der Aktualisierung 2010 auf die Untersuchungen der Funktionsräume entlang der Trasse beschränken.

69

Was die Wertminderung des Lebensraums der Bechsteinfledermaus betrifft, hat der Planfeststellungsbeschluss den Umfang der belasteten Flächen zutreffend mit 0,2 ha bemessen. Die Wertminderung bezieht sich vor allem auf die Belastung durch Lärm in einem Belastungsband von 25 m entlang der Trasse. Die Stickstoffeinträge lassen demgegenüber keine Abnahme des Nahrungsangebots erwarten. Die Tiere erbeuten die Nahrung in der Nähe der Gehölze oder lesen sie von der Blattoberfläche ab. Das wird sich auch mit den Stickstoffeinträgen nicht verändern. Die Zerschneidungswirkungen der Trasse werden durch Querungsbauwerke aufgefangen, darunter eine Reihe von Unterführungsbauwerken, vor allem aber im Bereich der Joßklein eine Talbrücke (BW 6, lichte Weite 350 m und lichte Höhe 6 - 11 m; zu den einzelnen als Querungshilfen vorgesehenen Bauwerken vgl. PFB S. 237 f.). Aufgrund ihrer Habitatstruktur kommt der Joßkleinaue eine potenzielle hochwertige Bedeutung als Flugkorridor zu, ohne dass regelmäßige Flugrouten entlang der vorgesehenen Trasse gefunden wurden. Das Einfliegen der Tiere in die Trasse wird durch Irritationsschutzwände verhindert, die als Leitstruktur zu den Querungshilfen führen. Sie sollen nicht als Überflughilfe dienen.

70

Entgegen der Auffassung der Kläger wurde auch der Aktionsraum in dem für die Verträglichkeitsprüfung erforderlichen Umfang zutreffend erfasst. Zwar trifft es zu, dass bei der Datenaktualisierung im Jahre 2010 eine andere Berechnung als in der FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgte (85 %-Kernel statt 95 %-Kernel), wodurch ein kleineres Jagdgebiet ermittelt wurde. Der Beklagte hat aber nachvollziehbar dargelegt, dass die im Jahre 2010 ermittelten Daten lediglich zur Ergänzung verwendet wurden. Für die Frage der Beeinträchtigung der Bechsteinfledermaus sowie für die Berechnung der Flächeninanspruchnahme seien alle essenziellen Habitate innerhalb des Gesamtaktionsraums und nicht nur die betroffenen Jagdgebiete herangezogen worden.

71

cc) Gleiches gilt für das Große Mausohr, dessen Wochenstuben ca. 20 km entfernt liegen. Die Fledermaus nutzt das FFH-Gebiet vor allem im Norden und Osten als Jagd- und Paarungsgebiet; der Schwerpunkt der Nachweise liegt im Osten des Gebiets außerhalb des Eingriffsbereichs. Von den maßgeblichen Gebietsbestandteilen im Umfang von 1 267,9 ha werden durch das Vorhaben insgesamt 8,82 ha unmittelbar oder mittelbar durch Auswirkungen in Anspruch genommen. Das allein führt nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung, weil die Flächen im Trassenbereich im Westen des FFH-Gebiets im Vergleich zum restlichen nicht berührten FFH-Gebiet als Jagdgebiet oder Quartierstandort nicht besonders bedeutend sind (PFB S. 242). Es ist nicht zweifelhaft, dass für das Große Mausohr im übrigen Gebiet außerhalb des Eingriffsbereichs, in dem der Schwerpunkt des Vorkommens liegt, in ausreichender Weise Sommerquartiere und Jagdhabitate zur Verfügung stehen. Die Jagdstruktur entlang der Joßklein wird durch die Talbrücke erhalten; die entlang der Trasse vorgesehenen Irritationsschutzwände und Leitstrukturen werden das Einfliegen in die Trasse verhindern, zumal das Große Mausohr eine niedrig fliegende Fledermausart ist.

72

2. Da eine erhebliche Beeinträchtigung der genannten Lebensraumtypen zu erwarten steht, darf das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 3 und 5 BNatSchG nur auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung zugelassen werden. Das Vorgehen des Beklagten genügt den rechtlichen Anforderungen. Die zwingenden verkehrlichen Gründe überwiegen die konkrete Beeinträchtigung des FFH-Gebiets durch das Vorhaben (a), eine zumutbare Alternative liegt nicht vor (b), die im Hinblick auf die Beeinträchtigung des prioritären LRT*91E0 erforderliche Stellungnahme der Europäischen Kommission wurde eingeholt (c) und die notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen wurden im Planfeststellungsbeschluss festgesetzt (d).

73

a) Der Planfeststellungsbeschluss stützt sich zu Recht auf zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses. Nachdem die Kommission Stellung genommen hat (vgl. unten c), kommen die Gründe des § 34 Abs. 3 BNatSchG unabhängig von den Gründen des § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG in Betracht (vgl. § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG und dazu Urteile vom 27. Januar 2000 - BVerwG 4 C 2.99 - BVerwGE 110, 302 <312> und vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 26 = BVerwGE 128, 1 Rn. 128; Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 3. Februar 2005 - Rs. C-441/03 - Slg. 2005, I-3043 Rn. 13). Das Schutzregime stuft seine prioritären Elemente als schutzbedürftiger ein als nicht prioritäre (vgl. Urteil vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 7 S. 27 = BVerwGE 116, 254 <264>). Folge davon ist, dass "nur eine begrenzte Zahl solcher zwingender Gründe" unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit geeignet erscheint, eine Beeinträchtigung der prioritären Lebensraumtypen oder Arten zu rechtfertigen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. April 2005 - Rs. C-441/03 - Slg. 2005, I-3043 Rn. 27). Gemeinwohlbelange minderen Gewichts, die sehr vielfältig in Erscheinung treten können (z.B. freizeitbedingte Bedürfnisse der Bevölkerung; dazu EuGH, Urteil vom 28. Februar 1991 - Rs. C-57/89 - Slg. 1991, I-883 Rn. 22) scheiden damit von vornherein aus. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses müssen generell zumindest das strenge Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG erfüllen (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 566 zu Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) FFH-RL). Um das von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL geforderte Niveau zu erreichen, müssen mit dem Vorhaben darüber hinaus ähnlich gewichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden, wie sie der Richtliniengeber in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL als Anwendungsbeispiele ausdrücklich benannt hat (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 129; Hösch, UPR 2010, 7 <8 ff.>; enger wohl Frenz, UPR 2011, 100 <103> und Günes/Fisahn, EurUP 2007, 220 <227>).

74

Auf solche zwingenden Gemeinwohlbelange hat der Planfeststellungsbeschluss abgestellt. Dahinstehen kann, ob jeder einzelne Grund für sich genommen diese Voraussetzungen erfüllt. Denn jedenfalls stellt die Summe der genannten Gründe zwingende Gemeinwohlbelange dar. Besonderes Gewicht kommt der Planrechtfertigung dadurch zu, dass das Planvorhaben gesetzlich vorgesehen ist (Urteile vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 135 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 = BVerwGE 130, 299 Rn. 159) und zum transeuropäischen Verkehrsnetz gehört (Urteile vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 7 S. 33 f. und vom 12. März 2008 a.a.O.). Die A 49 hat eine europäische wie auch nationale Verbindungs- und Raumerschließungsfunktion, wie sich aus der Aufnahme in den Bedarfsplan als vordringlicher Bedarf und in das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) ergibt. Entscheidend für die rechtliche Beurteilung ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 = BVerwGE 134, 308 Rn. 52 m.w.N.), in dem das Vorhaben in den Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (Beschluss 661/2010/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010, ABl EG Nr. L 204 vom 5. August 2010 S. 1) als Vorhaben von gemeinsamem Interesse gemäß Art. 7, Anhang I Nr. 2.5. aufgenommen war. Des ungeachtet gehört die A 49 auch nach der Änderung der Leitlinien (Verordnung Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU, ABl EG Nr. L 348 S. 1) zum Grundnetz als Teil des Gesamtnetzes eines transeuropäischen Verkehrsnetzes.

75

Der Planfeststellungsbeschluss hat der Entlastungsfunktion der A 49 für die A 7/A 5 eine hohe Bedeutung beigemessen. Dabei fällt ins Gewicht, dass die vorgesehene Trasse eine deutlich geringere Gradientenlängsneigung hat und die Strecke um 11,5 km verkürzt. Außerdem wird sie die stark belastete A 5 sowie das nachgeordnete Netz - unter anderem B 3, B 254 und B 62 - entlasten. Der überregionale Schwerlastverkehr soll u.a. von der B 3, die derzeit nachts in manchen Ortsdurchfahrten gesperrt ist, der B 254 und der B 62 auf die A 49 verlagert werden. In einer Reihe von Ortschaften werden Lärm- und Luftschadstoffe vermindert werden, insbesondere auch in sensiblen Bereichen wie am Klinikum Hephata in Schwalmstadt. In einzelnen Ortschaften wird es allerdings infolge der Umorientierung von Verkehrsströmen zu einer Erhöhung von Verkehrslärm und Abgasen kommen. Die besonders belastete B 454 in Stadtallendorf, die deutlich mehr Verkehr wird aufnehmen müssen, soll aufgrund eines separaten Planfeststellungsverfahrens in einer Troglage geführt werden, so dass die Lärmbelastung nach dem Ausbau unter den Lärmwerten ohne den Ausbau liegen wird. Darüber hinaus ergibt sich ein Sicherheitsgewinn, wenn mehr Verkehr auf die Autobahn verlegt wird. Als ein weiterer zwingender Grund ist die Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs anzusehen (vgl. auch Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 160). Der Regionalplan Mittelhessen sieht die Trasse zudem vor, weil ihr als Verbindung zwischen den Wirtschaftsräumen eine besondere verkehrliche Bedeutung zukommt. Sie wird die Region besser erschließen und sich günstig auf die Regionalstruktur auswirken. Zwar darf eine Autobahn nach der vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 FStrG getroffenen Grundentscheidung grundsätzlich nur gebaut werden, wenn für sie ein überörtlicher Verkehrsbedarf besteht. Eine Bündelung mit anderen - lokalen oder regionalen - Zielen ist aber entgegen der Auffassung der Kläger zulässig (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 7 S. 25 = BVerwGE 116, 254 <260 f.> m.w.N, vom 6. November 2013 - BVerwG 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 70 und vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 36).

76

Der Behauptung der Kläger, das Kosten-Nutzen-Verhältnis habe sich wesentlich geändert, braucht in Anbetracht des weiterhin vorhandenen Bedarfs nicht weiter nachgegangen werden (vgl. auch Urteil vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 Rn. 30 ). Weiter aufgeklärt werden müssen auch nicht die Einwände der Kläger, das Projektdossier für die A 49 weise zur Verkehrsbelastung und der CO2-Entlastung andere Werte aus als der Planfeststellungsbeschluss. Denn auf das Projektdossier kommt es für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht an. Es soll die Beurteilung und Bewertungsergebnisse im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans darstellen und kann damit nur eine recht grobe Orientierung bieten. Die weitere Frage, ob im Ergebnis die Trasse wegen der Fahrstreckenverkürzung und der verringerten Gradiente zu einer CO2-Minderung führt oder ob diese Vorteile infolge der Zusatzbelastungen durch den induzierten Verkehr und die höhere Fahrgeschwindigkeit unberücksichtigt bleiben müssen, kann angesichts des dargestellten Gewichts der ohne Zweifel vorliegenden zwingenden Gemeinwohlbelange offenbleiben.

77

Hiervon ausgehend ist die Abwägungsentscheidung nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss stellt die öffentlichen Interessen den Integritätsinteressen des FFH-Gebiets gegenüber. Er berücksichtigt im Einzelnen die erheblichen Beeinträchtigungen und unterscheidet nach bau- und anlagebedingten Inanspruchnahmen sowie der Belastung mit vorhabenbedingten Stickstoffdepositionen, die erst allmählich wirksam werden. Er gewichtet dabei den Umfang des Eingriffs und des Integritätsinteresses des Gebiets und geht davon aus, dass durch den Eingriff zwar ein prioritärer Lebensraumtyp in Anspruch genommen wird, aber darüber hinaus Auswirkungen auf das Netz Natura 2000 nicht zu erwarten sind und das FFH-Gebiet über keinen herausragenden Bestand des LRT *91E0 verfügt. Die planfestgestellten Kohärenzsicherungsmaßnahmen beeinflussen das Ergebnis dieser Abwägung nicht, wie auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt hat; denn das öffentliche Interesse wiegt für sich genommen schwerer als das Integritätsinteresse. Deshalb kann die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Kohärenzmaßnahmen in die Abwägung einfließen dürfen, offenbleiben (bejahend Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 28; offengelassen im Urteil vom 6. November 2013 a.a.O. Rn. 71).

78

b) Zutreffend ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass Alternativen im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG nicht bestehen. Mit § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG wird Art. 6 Abs. 4 FFH-RL umgesetzt. Der Begriff der Alternative ist deshalb aus der Funktion des durch Art. 4 FFH-RL begründeten Schutzregimes zu verstehen. Nur gewichtige naturschutzexterne Gründe können es rechtfertigen, zulasten des Integritätsinteresses des durch Art. 4 FFH-RL festgelegten kohärenten Systems die Möglichkeit einer Alternativlösung auszuschließen. Der Vorhabenträger darf von einer ihm technisch an sich möglichen Alternative erst Abstand nehmen, wenn diese ihm unverhältnismäßige Opfer abverlangt oder andere Gemeinwohlbelange erheblich beeinträchtigt; hierzu zählen auch Kostengründe. Er braucht sich auch nicht auf eine Alternativlösung verweisen zu lassen, wenn diese auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabenträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten, oder auf eine Alternative, bei der sich die naturschutzrechtlichen Schutzvorschriften als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 52 = BVerwGE 145, 40 Rn. 70, vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 = BVerwGE 146, 145 Rn. 105, jew. m.w.N. und vom 6. November 2013 a.a.O. Rn. 74; vgl. zur Alternativenprüfung auch EuGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - Rs. C-239/04, Castro Verde - Slg. 2006, I-10183 Rn. 38).

79

Gemessen hieran verneint der Planfeststellungsbeschluss eine zumutbare Alternative zu Recht.

80

Die von den Klägern bevorzugte sogenannte "Null-plus-Variante" - Bau von leistungsfähigen drei- bis vierspurigen Ortsumgehungen - stellt keine zumutbare Alternative mit Abstrichen dar, sondern ein anderes Projekt (vgl. nur Urteil vom 6. November 2012 a.a.O. Rn. 70 m.w.N.). Mit ihr können die beabsichtigten Entlastungseffekte im nachgeordneten Straßennetz und vor allem die Entlastung der A 7/A 5 nicht erreicht werden.

81

Die bereits im Raumordnungsverfahren ausgeschiedene Marburg-Variante musste nicht gewählt werden, weil der B 3-Korridor, in dem diese Variante liegt, nicht zu den gewünschten Entlastungen der A 7/A 5 und im nachgeordneten Straßennetz führen würde. Der Anschluss über den Gießener Ring (A 480) und dann über das Reiskirchener Dreieck oder über die A 485/A 45 würde erst an der Anschlussstelle Gambacher Kreuz an die A 5 anbinden, was zu einer verlängerten Fahrstrecke führen und die Fahrzeit von Kassel nach Frankfurt am Main nicht verkürzen würde. Für die Kirchhain-Variante gilt ähnliches.

82

Der Planfeststellungsbeschluss hat auch zu Recht die Varianten Maulbach, Katzenberg und Blaue Ecke ausgeschieden. Zwar erwähnt er, dass der vorhergehende Abschnitt der VKE 30 einen Zwangspunkt für die Alternativenprüfung darstelle, jedoch bleibt dieser Hinweis folgenlos. Zwangspunkte erzeugen keine strikten Bindungen in dem Sinne, dass sie in die weitere Planung als feste Determinanten einzustellen sind. Auch wenn sie tendenziell desto stärker zu Buche schlagen mögen, je weiter sich die Planung von Abschnitt zu Abschnitt verfestigt, behalten sie die Qualität eines im Wege der Abwägung überwindbaren Belangs und muss die Planung in jedem Stadium dem Einwand standhalten, einem anderen Lösungskonzept unterlegen zu sein (Urteil vom 25. Januar 2012 - BVerwG 9 A 6.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 34 Rn. 23; Beschlüsse vom 2. November 1992 - BVerwG 4 B 205.92 - NVwZ 1993, 887 <888 f.>, vom 10. November 2000 - BVerwG 4 B 47.00 - NVwZ 2001, 800 <800 f.> und vom 14. Juli 2005 - BVerwG 9 VR 23.04 - juris Rn. 6). Zeigt sich in einem nachfolgenden Abschnitt, dass das mit der gewählten Planungskonzeption verfolgte Ziel der Gesamtproblembewältigung verfehlt wird, so steht der Aufhebung des konkret angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses nicht die Bestandskraft der für die vorangegangenen Abschnitte erlassenen Planungsentscheidungen entgegen.

83

Den Anforderungen an die selbstständige Prüfung des hier in Rede stehenden Abschnittes VKE 40, nach denen auch in diesem Abschnitt zu untersuchen ist, ob aus Gründen des FFH-Gebietsschutzes eine andere als die Planfeststellungsvariante hätte gewählt werden müssen, ist genügt. Die Variantenprüfung des Planfeststellungsbeschlusses zur VKE 30 (dort S. 323) wurde unter Berücksichtigung der Einwendungen und Stellungnahmen nochmals überprüft, ohne dass sich neue bzw. andere Ergebnisse ergeben hätten. Im Übrigen wurde, noch bevor der Planfeststellungsbeschluss für die VKE 30 erlassen wurde, 2006 eine Dach-Verträglichkeitsprüfung vorgenommen, bei der die Beeinträchtigung des hier in Rede stehenden FFH-Gebiets im Abschnitt der VKE 40 mit einbezogen und bewertet wurde.

84

Im Planfeststellungsbeschluss ist überzeugend dargelegt worden, dass die Varianten Blaue Ecke und Katzenberg, die östlich um das FFH-Gebiet "Herrenwald östlich Stadtallendorf" verlaufen, auszuscheiden sind, weil sie nur geringe Raumstruktureffekte und wenig verkehrliche Wirkung aufweisen. Insbesondere die mit dem Vorhaben beabsichtigte deutliche Entlastung der A 7/A 5 würde, weil diese Trassen zu weit im Osten geführt würden, nur unzulänglich erreicht. In der Folge wäre auch die Entlastungswirkung im nachgeordneten Netz und den Ortschaften geringer. Zudem könnte die regionale Wirtschaftsstruktur nicht verbessert und die Region nur unzureichend erschlossen werden; auch würde die direkte Anbindung des Industriegebiets von Stadtallendorf mit 13 600 Arbeitsplätzen über die L 3290 zur Anschlussstelle verfehlt. Darüber hinaus ist der Korridor auch nicht im Hinblick auf FFH- und Umweltverträglichkeit konfliktarm. Hier ist ebenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung von FFH-Gebieten ("Herrenwald östlich Stadtallendorf" durch die Variante Blaue Ecke und "Wälder nördlich Ohmes" durch die Variante Katzenberg) zu befürchten, wenn auch in einem geringeren Umfang als bei der Planvariante.

85

Die - von den Klägern nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht mehr favorisierte - Maulbach-Variante würde insbesondere den prioritären LRT *91E0 innerhalb des FFH-Gebiets "Brückerwald und Hußgeweid" voraussichtlich erheblich beeinträchtigen. Eine Tunnelführung mit Mehrkosten von 100 Millionen € erscheint unverhältnismäßig und schließt die Beeinträchtigung geschützter Lebensraumtypen gleichwohl nicht aus. Außerdem ist bei einer Tunnelführung eine Veränderung der Trink- und Brauchwassernutzung zu befürchten.

86

Zu Recht hält der Planfeststellungsbeschluss die von den Klägern eingebrachten kleinräumigen sogenannten M-Varianten nicht für vorzugswürdig. Im Planfeststellungsverfahren wurden die Varianten im Einzelnen untersucht und im FFH-Alternativenvergleich 2009 erneut einander gegenübergestellt. Bei allen Varianten wird der LRT *91E0 erheblich beeinträchtigt, weil die Joßkleinaue mit einer Brücke überspannt wird und darüber hinaus Stickstoffeinträge zu erwarten sind. Die anderen Lebensraumtypen werden bei den anderen Varianten ebenfalls beeinträchtigt, wenn auch in einem unterschiedlichen Maß. Insbesondere die von den Klägern favorisierte Variante M1neu ist zwar in Bezug auf die Stickstoffeinträge besser bewertet als die Plantrasse, weil sie im Bereich der Kirschbrückhege nach Westen abschwenkt und früher das FFH-Gebiet verlässt, dafür rückt sie aber näher an die Wohnbebauung heran. Die Planfeststellungstrasse verläuft deutlich weiter entfernt vom Siedlungsbereich. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss (S. 268 ff.) die bei der Variante M1neu für die Ortschaft Niederklein und die siedlungsnahen Freiräume mit ihrer Erholungsfunktion für die Bevölkerung entstehende Lärmbelastung als naturschutzexternen Grund stärker gewichtet als die bei der Planvariante M4neu umfangreicheren Beeinträchtigungen der geschützten Lebensraumtypen. Die zuletzt genannten Beeinträchtigungen sind nicht so schwerwiegend, dass die betroffenen Menschen die dauerhafte Lärmmehrbelastung hinzunehmen hätten (zum Maßstab vgl. Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 = BVerwGE 130, 299 Rn. 240 und vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 45 = BVerwGE 136, 291 Rn. 137).

87

c) Die nach § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG erforderliche Stellungnahme der EU-Kommission wegen der Beeinträchtigung eines prioritären Lebensraumtyps hat der Beklagte eingeholt. Deren Richtigkeit hat das Bundesverwaltungsgericht auf die Kritik der Kläger, der Beklagte habe die Kommission unzureichend und teilweise fehlerhaft unterrichtet, nicht zu überprüfen. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Planfeststellungsbeschluss und nicht die Stellungnahme der Kommission, die im Übrigen die Planfeststellungsbehörde nicht bindet. Für den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens könnten Informationsdefizite der Kommission allenfalls dann erheblich sein, wenn eine im Ergebnis abweichende Stellungnahme und eine demzufolge abweichende Planungsentscheidung ernsthaft in Betracht gekommen wäre. Der Senat braucht den Einzelheiten hier aber nicht nachzugehen. Unter den hier gegebenen Umständen ist entscheidend, dass die Kommission von dritter Seite auf angebliche Defizite umfassend hingewiesen worden war, aber - abgesehen von einer punktuellen Selbstkorrektur - von sich aus keinen Anlass gesehen hat, diesen Bedenken nachzugehen und ihre Einschätzung zu ändern.

88

d) Die nach § 34 Abs. 5 BNatSchG erforderlichen Kohärenzsicherungsmaßnahmen hat der Planfeststellungsbeschluss festgesetzt und sie auf die genau identifizierten Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets bezogen (vgl. dazu EuGH, Urteile vom 20. September 2007 - Rs. C-304/05 - Slg. 2007, I-7495 Rn. 83 und vom 24. November 2011 - Rs. C-404/09 - NuR 2012, 42 Rn. 109). Der Beeinträchtigung des LRT *91E0 im Umfang von 2,75 ha stellt er weitgehend in fünf bis zehn Jahren wirksame Kohärenzmaßnahmen im Umfang von 13,93 ha gegenüber. Im Kern soll die Joßklein renaturiert und in den Auen der Joßklein und der Klein die Struktur verbessert werden, um die Entwicklung von Erlen-Eschen-Auenwäldern des LRT *91E0 zu fördern. Die Kohärenzflächen in der Kleinaue sind etwa zur Hälfte Bestandteil des FFH-Gebiets "Brückerwald und Hußgeweid", die andere Hälfte befindet sich direkt angrenzend an das FFH-Gebiet und soll in das Natura 2000-Gebiet eingegliedert werden. Der LRT 9110 wird mit 26,37 ha in Anspruch genommen und wird mit 65,28 ha Maßnahmen kompensiert, die mit 30,87 ha auf Windwurfflächen sofort wirksam werden. Der Beeinträchtigung des LRT 9160 im Umfang von 0,36 ha stehen 1,79 ha Kohärenzmaßnahmen gegenüber. Für den LRT 9130 sind bei Beeinträchtigungen von 0,93 ha 1,94 ha Kohärenzmaßnahmen festgesetzt, und bei dem LRT 6510, einer isolierten Waldwiese von 0,06 ha, die infolge der Kohärenzmaßnahmen für den LRT *91E0 nicht mehr existieren wird, ist die Entwicklung einer solchen Wiese im Umfang von 0,70 ha vorgesehen. Die Inanspruchnahme des LRT 6510 lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger nicht vermeiden, weil durch die Renaturierung der Joßklein die Wiese überschwemmt wird und dadurch ihre Existenzbedingungen verliert. Ins Gewicht fällt zudem, dass die Wiese an dieser Stelle ohnedies nur noch in einem schlechten Erhaltungszustand ("C") ausgeprägt ist und in weit größerem Umfang an anderer Stelle in der Nähe des dort bereits vorhandenen Lebensraumtyps entwickelt wird. Der Kritik der Kläger an der Geeignetheit der Kohärenzmaßnahmen an der Todenmühle ist der Beklagte bereits im Planfeststellungsbeschluss überzeugend begegnet (S. 280); dem haben die Kläger im Gerichtsverfahren nichts Neues entgegengesetzt.

89

II. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen Regelungen des Artenschutzes. Er hat unter Berücksichtigung der landschaftspflegerischen Begleit- und Vermeidungsmaßnahmen alle erforderlichen Regelungen getroffen, damit durch das Vorhaben keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände erfüllt werden.

90

Bei der Bestandserfassung und der Beurteilung, ob artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt sind, steht der Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, namentlich bei der Quantifizierung möglicher Betroffenheiten und bei der Beurteilung ihrer populationsbezogenen Wirkungen. Die gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die Einschätzungen der Planfeststellungsbehörde im konkreten Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem unzulänglichen oder gar ungeeigneten Bewertungsverfahren beruhen (stRspr; vgl. nur Urteile vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - Buchholz 406.400 § 42 BNatSchG 2002 Nr. 6 = BVerwGE 131, 274 Rn. 65, vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 52 = BVerwGE 145, 40 Rn. 100 und vom 28. März 2013 - BVerwG 9 A 22.11 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 53 = BVerwGE 146, 145 Rn. 114; Urteil vom 21. November 2013 - BVerwG 7 C 40.11 - NVwZ 2014, 524 Rn. 14 ff. zum Streitstand mit eingehender Begründung; a.A. Gassner, DVBl 2012, 1479).

91

1. Die Kläger können mit ihrer Kritik an einer fehlerhaften Bestandsermittlung wegen einer zu alten Datengrundlage nicht durchdringen. Für die Untersuchungen zum Artenschutz gilt Gleiches wie für die Untersuchungen zum FFH-Gebietsschutz (vgl. oben C.I.1.c). Auch hier haben sich im Untersuchungsgebiet im Vergleich zu den früheren Erfassungen keine wesentlichen Veränderungen der Biotop- und Habitatstruktur ergeben. Soweit die Kläger die fehlende Erfassung der Ameisen und xylobionten Bockkäfer rügen, hat der Beklagte überzeugend dargelegt, dass diese Käfer überhaupt nicht vorkommen und die Ameisen nur im Hinblick auf den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling relevant sein könnten. Außerhalb des FFH-Gebiets seien alle Bereiche mit Vorkommen dieser Art in die Erfassung mit aufgenommen worden.

92

2. Der Planfeststellungsbeschluss geht nachvollziehbar davon aus, dass grundsätzlich für alle Fledermäuse keiner der Tatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt ist. Er begründet überzeugend, dass das Tötungsrisiko während der Baufeldfreimachung durch die Bauzeitenregelung (1. November bis 28. Februar) wesentlich vermindert ist. Gleichwohl schließt der Planfeststellungsbeschluss die Erfüllung des Tötungstatbestandes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nicht aus, soweit im Rahmen der Baufeldräumung bei der Überprüfung der Baumhöhlen auf winterschlafende Fledermäuse eine Höhle übersehen werde und es insoweit zu einer Tötung von Einzeltieren kommen könnte (PFB S. 331). Darüber hinaus erfolge beim Umsetzen der Tiere ein vorübergehender Fang/eine vorübergehende Entnahme der Tiere aus der Natur. Im Hinblick auf die in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Frage, ob insoweit ein § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unterfallendes Fangverbot anzunehmen ist (vgl. Urteile vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13 = BVerwGE 140, 149 Rn. 130 und vom 6. November 2013 - BVerwG 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 117), nimmt der Planfeststellungsbeschluss aber vorsorglich den Eintritt des Verbotstatbestandes an. Für beide Fälle wird für alle in Betracht kommenden Fledermausarten eine Ausnahme erteilt.

93

Im Übrigen werden zum Schutz der Tiere Zäune in den Waldbereichen errichtet und die Trasse mit einer Irritationsschutzwand versehen, die als Leiteinrichtung zu den Querungshilfen führt. Dadurch wird das trassenbedingte Kollisionsrisiko auf ein nicht signifikantes Maß gemindert. Das gilt insbesondere für die strukturgebunden niedrig fliegenden Arten wie das Braune Langohr. Eine das Absinken der Fledermäuse während des Überflugs über die Trasse abseits der Querungshilfen zur Nahrungssuche verhindernde Mittelwand, wie sie die Kläger fordern, birgt für die Tiere wegen der mit ihr verbundenen Fallenwirkung mehr Schaden als Nutzen und musste deshalb nicht geplant werden. Das hat der Fachgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert. Neben den Querungshilfen im FFH-Gebiet sind weitere außerhalb des Gebiets, insbesondere im Dannenröder Forst, vorgesehen.

94

Unter Berücksichtigung dessen gilt für die einzelnen Fledermausarten Folgendes:

95

a) Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht von einer 14 Tiere umfassenden Kolonie von Braunen Langohren im Dannenröder Forst aus. Eine Kolonie im Wutholz konnte 2010 bei der Bestandserfassung nicht mehr bestätigt werden. Wie der Fachgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, erbringt allein der Fang eines Tieres zwischen den Bauwerken 12 und 13 keinen Hinweis auf eine weitere Kolonie. Vielmehr liege die Entfernung des ermittelten Quartierbaumes innerhalb der in einer Kolonie üblichen Distanzen. Das haben die Kläger nicht widerlegt.

96

Fortpflanzungs- und Ruhestätten i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG werden beschädigt bzw. zerstört, weil baubedingt Quartierbäume in Anspruch genommen werden. Jedoch wird die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gewahrt, § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG. Im nahen Umfeld werden 50 Baumhöhlenquartiere geschaffen. Monitoringmaßnahmen zur Überprüfung des Besiedlungserfolgs sind vorgesehen (PFB S. 397). Nach Einschätzung der behördlichen Gutachter nimmt das Braune Langohr künstliche und neu geschaffene Quartiere gut und sehr schnell an. Dem haben die Kläger nicht widersprochen. Darüber hinaus werden naturnahe Eichen- bzw. Buchenwälder entwickelt und es wird in großem Umfang (ca. 27 ha) ein Nutzungsverzicht und damit auch die Sicherung der alten Baumbestände im Quartierbereich erfolgen, wodurch die vorhandene Lebensraumqualität verbessert wird.

97

Die Plantrasse erfüllt den Störungstatbestand (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) dadurch, dass die beidseits der Trasse liegenden Funktionsräume der Art zerschnitten werden. Die Störung wird jedoch durch verschiedene Querungshilfen wesentlich gemildert. Vorgesehen ist eine 30 m breite Grünbrücke im Bereich des Quartierzentrums (BW 14), die die Vorgaben des Merkblattes zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen, Fassung 2008 - MAQ - (S. 43 - 46) übertrifft. Sie liegt an einer Stelle mit tiefer Einschnittslage, die das gefahrlose Queren der Trasse begünstigt. Im Wald werden Schneisen geschaffen, die zur Grünbrücke führen. Die Bauwerke 12 und 13 nördlich der Grünbrücke werden als Fledermausheckenbrücke ausgestaltet mit Hecken nicht unter 4 m Höhe. Die Verschlechterung des Erhaltungszustands der Kolonie der Braunen Langohren ist danach nicht zu befürchten.

98

b) Zu Unrecht rügen die Kläger eine Beeinträchtigung der Bechsteinfledermaus im Dannenröder Forst. Nach den Untersuchungen des Beklagten gehört auch das im Dannenröder Forst nachgewiesene Männchen mit einem Weibchen zur Kolonie Kirchenseif. Eine weitere Kolonie in Trassennähe außerhalb des FFH-Gebiets gibt es nicht.

99

c) Fortpflanzungs- und Ruhestätten i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG der Großen Bartfledermaus werden nicht beeinträchtigt. Die Wochenstube dieser Art ist mehr als 1 km von der Trasse entfernt in der Spalte einer Flachdachumrandung eines Wasserhochbehälters im Wald bei Niederklein gefunden worden. Die Inanspruchnahme aktuell besetzter Ruhestätten wird durch die Regelung der Baufeldfreimachung vermieden. Im Übrigen gibt es in ausreichendem Umfang Quartierangebote für die Art, die ihre Zwischenquartiere häufig wechselt und sonstige Spaltenquartiere, auch an Gebäuden, nutzt. In den angrenzenden Waldbereichen ist ein ausreichendes Höhlenpotenzial vorhanden. Die ökologische Funktion etwaiger potenziell betroffener Ruhestätten bleibt auch bei einer Verbundnutzung im räumlichen Zusammenhang gewahrt (§ 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG).

100

Eine Störung der Art (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) ist kaum zu befürchten. Zwar sind bau- und betriebsbedingte Störungen einzelner Individuen nicht ausgeschlossen. Außerdem wird der Lebensraum der strukturgebunden fliegenden Art zerschnitten. Die Störungen erfolgen jedoch nicht im Aktionsraum der nachgewiesenen Wochenstubenkolonie, so dass im Vorhabensbereich grundsätzlich eine geringe Empfindlichkeit gegenüber dem Bau und betriebsbedingten Störungen besteht. Im Übrigen kommen die oben beschriebenen Schutzmaßnahmen auch dieser Art zugute. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes ist nicht zu befürchten.

101

d) Gleiches gilt für die weiteren Arten Fransenfledermaus, Großes Mausohr, Rauhautfledermaus, Wasserfledermaus und Breitflügelfledermaus. Bei allen Arten ist aufgrund der angrenzenden Waldbestände, die ein ausreichendes Höhlenpotenzial aufweisen, bei Inanspruchnahmen von Quartierbäumen (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) der ökologische Funktionszusammenhang i.S.v. § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG gewahrt; denn die Quartierbäume werden, weil sich bei keiner der Arten Wochenstuben in unmittelbarer Trassennähe befinden, weitgehend nur als Zwischenquartier genutzt. Die Rauhautfledermaus ist gegenüber den Trasseneinwirkungen wenig empfindlich, weil sie hoch fliegt und im Planungsraum nur durchzieht. Regelmäßige Flugrouten wurden nicht gefunden. Wochenstuben der Wasserfledermaus sind im Eingriffsbereich nicht festgestellt worden. Ein gravides Weibchen wurde - anders als im Planfeststellungsbeschluss dargestellt (dort S. 338) - in einer Entfernung von 1000 m von der Trasse gefangen (Artenschutzbeitrag 5. April 2012 S. 96). Soweit überhaupt davon auszugehen ist, dass trassennah Quartiere genutzt werden, handelt es sich um Zwischenquartiere, für die es im Umfeld der Trasse hinreichende Ausweichmöglichkeiten gibt, zumal die Art keine hohen Qualitätsanforderungen an die Quartiere stellt. Der günstige Erhaltungszustand der Art wird sich nicht verschlechtern. Entsprechendes gilt für die Breitflügelfledermaus. Für sie musste entgegen der Auffassung der Kläger nicht eine flächendeckende Kartierung aller Zwischenquartiere erfolgen, weil hier flächendeckend alle Männchen hätten gefangen werden müssen. Das wäre unverhältnismäßig gewesen. Die Betroffenheit von Wochenstubenquartieren konnte schon deshalb ausgeschlossen werden, weil sich diese nur in Gebäuden befinden (Artenschutzbeitrag 5. April 2012 S. 49). Für das Graue Langohr liegen im Untersuchungsraum keine Nachweise vor.

102

3. Die Kläger vermissen für die Arten der Avifauna vor allem die Durchführung eines Ausnahmeverfahrens, weil die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG erfüllt seien. Insoweit gehen sie aber von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Ein Ausnahmeverfahren nach § 45 Abs. 7 BNatSchG ist für keine Vogelart erforderlich. Die den Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllende Kollisionsgefahr wird durchweg durch Schutzmaßnahmen wie Irritationsschutzwände mit Lärmschutzfunktion und Wildschutzzäune in den Waldbereichen, die das Einfliegen in die Trasse verhindern sollen, auf ein nicht mehr erhebliches Maß gesenkt.

103

a) Eine Beschädigung bzw. Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten des Grauspechts (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), die die Kläger ohne nähere Darlegung behaupten, ist nicht anzunehmen, weil nach den Untersuchungen im direkten Trassenbereich keine Reviere des Grauspechts nachgewiesen worden sind. Innerhalb des 500 m-Bandes entlang der Trasse sind sechs Reviere der Art nachgewiesen worden. Lärmbedingt werden ein Revier mit 40 % und vier Reviere mit jeweils 20 % Habitateignungsabnahme betroffen. Die dadurch bewirkten Verluste, die den Störungstatbestand verwirklichen (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG), können durch Vermeidungsmaßnahmen - Nutzungsverzicht in Bezug auf Alteichen im betroffenen Raum sowie Entwicklung naturnaher Eichenwälder bzw. Buchenwälder durch gelenkte Sukzession - aufgefangen werden. Jedenfalls ist die Störung nicht populationswirksam.

104

b) Der Kiebitz wird durch die Zerstörung eines Reviers betroffen; es erfolgt anlagebedingt eine Zerschneidung und Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten dieses Brutreviers. Darüber hinaus gehen durch Überbauung und Versiegelung hochwertige Rastflächen bzw. Ruhestätten verloren. Lärmbedingte Störungen für den Kiebitz als Rastvogel sind auf einer Fläche von 70 ha innerhalb eines 200 m-Wirkbandes relevant. Als Ruhestätte im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG gelten auch Rastplätze und Sonnplätze (Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Hinweise zu zentralen unbestimmten Rechtsbegriffen des Bundesnaturschutzgesetzes, 2010, S. 7). Dem begegnet der Planfeststellungsbeschluss jedoch mit umfangreichen Ausgleichsmaßnahmen (PFB S. 302), wie der Entwicklung von Extensivwiesen mit ein- bzw. zweischüriger Mahd, Vernässung von Grünlandflächen und der Anlage von Ackerbrachen auf einer Fläche von 25 ha. So werden geeignete Fortpflanzungs- und Ruhestätten geschaffen. Wie der Fachgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert hat, wird durch diese Maßnahmen der Verlust der Rastplätze in dem großräumigen niedrigen Offenland kompensiert. Bei großen freien Flächen rasten die Tiere auch nahe zu den verlärmten Trassenflächen. Der Erhaltungszustand der Art wird durch die Maßnahme nicht verschlechtert.

105

c) Der Kleinspecht wird zwar durch den Verlust von drei Revieren infolge des trassenbedingten Lärms beeinträchtigt (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Die Störung ist aber nicht populationswirksam, weil der Planfeststellungsbeschluss Maßnahmen wie die Optimierung der Habitate mit einer Erhöhung des Höhlenbaumangebots und der Sicherung potenzieller Höhlenbäume festsetzt (S. 302), die die Störungen auf ein nicht erhebliches Maß senken.

106

d) Für den Mittelspecht gehen im Dannenröder Forst und im FFH-Gebiet rechnerisch zehn Reviere bei einer lokalen Population von 150 - 200 Revieren verloren. Durch die Schadensbegrenzungsmaßnahmen im Umfang von insgesamt 75,21 ha, zum größten Teil außerhalb der Effektdistanz von 400 m (PFB S. 303), werden die Habitatbedingungen in einem Maße optimiert, dass eine Verschlechterung des Erhaltungszustands ausgeschlossen ist.

107

e) Für die verloren gehenden Reviere des Raufußkauzes in und außerhalb des FFH-Gebiets wird neben den für das FFH-Gebiet vorgesehenen 40 Nistkästen das Habitat durch Nutzungsverzicht in Bezug auf Alteichen und Entwicklung naturnaher Eichenwälder bzw. Buchenwälder durch gelenkte Sukzession optimiert (PFB S. 303).

108

f) Der Pirol wird weder durch die Zerstörung von Fortpflanzungsstätten beeinträchtigt noch durch Lärm gestört, weil das Revier im Bereich des WASAG-Geländes liegt, in dem die Trasse in Einschnittslage geführt wird. Im Übrigen gibt es außerhalb der Effektdistanz ausreichend Ausweichmöglichkeiten.

109

4. In Bezug auf den Luchs wird keiner der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt. Es ist nicht von einem regelmäßigen Vorkommen im Untersuchungsraum auszugehen. Reproduktionsnachweise sind nur aus Nordhessen bekannt. Bei gegenteiligen Hinweisen handelt es sich um unbestätigte oder nicht überprüfbare Meldungen, weshalb der Hinweis aus Maulbach zu Recht nicht berücksichtigt worden ist. Dem haben die Kläger nicht widersprochen. Im Übrigen sichern die Wildschutzzäune auch den Luchs vor einer erhöhten Kollisionsgefahr. Die Querungsbauwerke 6, 8, 11 und 14 ermöglichen eine gefahrlose Bewältigung der Trasse.

110

5. Der Planfeststellungsbeschluss bejaht in Bezug auf die Haselmaus wie auch bei anderen Arten die Erfüllung des Verbotstatbestandes gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wegen nicht auszuschließender Tötungen im Rahmen der Baufeldfreimachung; zudem erfolge unter Umständen eine Entnahme aufgefundener Nester und Verbringung in den nahen Waldbereich im Zuge der Baufeldinspektion. Hierfür wird eine Ausnahme gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt. Im Übrigen beträfen Störwirkungen i.S.d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG während der Fortpflanzungs- und Überwinterungszeit nur einzelne Individuen, so dass die Gefahr einer Verschlechterung der jeweiligen lokalen Population auszuschließen sei. Soweit Nester i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG zerstört werden, lägen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG vor.

111

Die Kritik der Kläger an den CEF-Maßnahmen greift nicht durch. Mit der Maßnahme 11 V (PFB S. 326) muss drei Jahre vor Beginn der Baumaßnahme begonnen werden, um ihre Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Nach den Darlegungen der Fachgutachter des Beklagten ist der Verweis auf die Minimumhabitate von 20 ha irrelevant, da sich diese Größenordnung auf die Angabe von Waldinseln bezieht, die vorgesehenen Maßnahmen im Wald durchgeführt werden und somit ein Vielfaches an Fläche vorhanden ist. Selbst ein ungünstiger bzw. schlechter Erhaltungszustand - der Erhaltungszustand ist nicht bekannt, weil keine direkten Nachweise vorliegen, die Art ist aber im Umfeld des Untersuchungsraums weit verbreitet und in den Waldbereichen regelmäßig anzutreffen - wird danach projektbedingt nicht verschlechtert und eine Entwicklung zum günstigen Erhaltungszustand nicht erschwert (Artenschutzbeitrag 5. April 2012 S. 21). Dem haben die Kläger nichts mehr entgegnet.

112

6. Soweit die Kläger die fehlende Erfassung der Wanderbewegungen der Geburtshelferkröte und damit die Planung der Leitsysteme und Amphibientunnel kritisieren, verweist der Fachgutachter des Beklagten darauf, dass die Erfassung der Wanderbewegungen nicht erforderlich sei, weil diese Amphibien sehr enge Standortansprüche hätten und deshalb der Vorkommens- und mögliche Wanderbereich gut abgrenzbar sei. Die Amphibienschutz- und Leiteinrichtungen deckten den gesamten möglichen Wanderbereich von Geburtshelferkröten an der Trasse ab. Deshalb sei die Untersuchung der Wanderbewegungen nach MAmS 2000 (S. 19) entbehrlich. Das ist nachvollziehbar und von den Klägern im weiteren Verfahren nicht mehr aufgegriffen worden.

113

Entgegen der Auffassung der Kläger werden der Laubfrosch und der Kleine Wasserfrosch durch die umfangreichen für den Kammmolch vorgesehenen Schadensbegrenzungsmaßnahmen ebenfalls geschützt. Eine Ausnahme für baubedingte Zugriffsverletzungen und Tötungen von Einzeltieren ist erteilt, außerdem auch für die Kreuzkröte, obwohl diese bei der Datenaktualisierung 2010 nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Eine Störung i.S.v. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG wegen des fehlenden Austauschs zweier Populationen der Kreuzkröte ist nicht zu befürchten, weil sowohl der Bereich Goldborn als auch der Standortübungsplatz, der das größte Vorkommen der Kreuzkröte mit 500 Exemplaren aufweist, im Süden der Trasse liegen.

114

7. Soweit der Planfeststellungsbeschluss für alle Fledermäuse, die Haselmaus, die Zauneidechse und die Amphibien Ausnahmen gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG vom Tötungs- und vom Fangverbot erteilt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.

115

a) Die Tötung einzelner Tiere kann im Zuge der Baufeldräumung bei allen Tierarten mit Ausnahme der Avifauna nicht ausgeschlossen werden. Zudem muss in Ausnahmefällen eine Entnahme von Exemplaren der Arten (Fledermäuse, Haselmaus, Amphibien) aus der Natur erfolgen. Der Verbotstatbestand wird jedoch nur vorübergehend verwirklicht und dient dazu, etwaige Tötungen im Zuge der Baufeldfreimachung zu verhindern. Bei keiner Tierart verschlechtert sich der Erhaltungszustand der Populationen; auch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes wird nicht behindert (Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 46 Rn. 8 f.).

116

aa) Bis auf die Große Bartfledermaus befinden sich alle Fledermäuse in Hessen in einem günstigen Erhaltungszustand. Nach Einschätzung des Beklagten führt der nicht auszuschließende Verlust von Einzeltieren weder bei den lokalen Populationen der einzelnen Arten noch bei den jeweiligen Populationen in Hessen zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes. Die verschiedenen festgelegten Maßnahmen zur Lebensraum-Optimierung haben darüber hinaus positive Auswirkungen auf die Populationsentwicklung der verschiedenen Fledermausarten. Das gilt auch für die Große Bartfledermaus, die sich hessenweit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befindet. Im Dannenröder Forst konnten 2006 noch über 100 weibliche Tiere nachgewiesen werden, 2010 wurde eine Wochenstube mit mindestens 62 Individuen ermittelt und im Übrigen war die Art in den Wäldern des Untersuchungsraumes im Jagdhabitat weit verbreitet und konnte regelmäßig nachgewiesen werden. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Die Bewertung hält sich innerhalb des naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraums, der der Behörde insoweit eingeräumt ist (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 = BVerwGE 130, 299 Rn. 242; Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - juris Rn. 45).

117

bb) Der Erhaltungszustand der Haselmaus ist zwar nicht bekannt, die Art ist aber weit verbreitet. Angesichts der vorlaufenden CEF-Maßnahmen, die angrenzend an den Eingriffsbereich die Habitate optimieren, ist infolge der Tötung einzelner Tiere eine Verschlechterung des Erhaltungszustands nicht zu besorgen. Gleiches gilt für die Zauneidechse, die sich in Hessen in einem günstigen Erhaltungszustand befindet.

118

cc) Die betroffenen Amphibien befinden sich teilweise in ungünstigem, teilweise in günstigem Erhaltungszustand (PFB S. 344). Jedoch werden auch hier allenfalls einzelne Tiere im Zuge der Baufeldräumung umkommen. Dadurch wird sich ihr Erhaltungszustand nicht verschlechtern, weil die Reproduktion der Arten weiterhin sichergestellt ist. Die zum Schutz der Amphibien festgelegten Maßnahmen sollen mit einem zwei- bzw. dreijährigen Vorlauf durchgeführt werden. Die Anlage von Laichgewässern und die Entwicklung von Sommer-/Winterhabitaten wird zu einer Verbesserung des Lebensraums und einer positiven Populationsentwicklung beitragen. Zu dieser Einschätzung des Planfeststellungsbeschlusses haben sich die Kläger nicht geäußert.

119

b) Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Zum Gebietsschutz ist dies bereits ausgeführt worden; darauf wird verwiesen. Artenschutzrechtlich sind insoweit jedenfalls keine strengeren Anforderungen zu stellen. Die Beeinträchtigungen für die betroffenen Anhang IV-Arten wiegen nicht so schwer, dass ihnen gegenüber dem verkehrlichen Bedarf für das Vorhaben größere Durchsetzungskraft zukäme als den Belangen des Gebietsschutzes (vgl. nur Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 239).

120

c) Zumutbare Alternativen i.S.v. § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG sind nicht gegeben. Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung gelten im Ansatz vergleichbare Grundsätze wie für diejenige im Rahmen der gebietsschutzrechtlichen Beurteilung. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die artenschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240).

121

aa) An den Alternativen zur (westlichen bzw. östlichen) Umfahrung des Dannenröder Forstes, die vom Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die damit verbundene Belastung der Menschen nicht in den Blick genommen worden waren, haben die Kläger nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht mehr festgehalten.

122

bb) Im Hinblick auf die übrigen Alternativen greift zwar der Ansatz des Planfeststellungsbeschlusses, es komme auf einen zusätzlichen Vergleich in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an, weil unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes nichts vorgetragen worden sei, was das Ergebnis der habitatrechtlichen Alternativenprüfung in Zweifel ziehen könne, zu kurz. Jedenfalls dann, wenn wie hier, die Plantrasse unterschiedliche Gebietsteile berührt, die unterschiedlichen Alternativen zugänglich sind, muss auch bei der artenschutzrechtlichen Ausnahmeerteilung eine eigene Alternativenbetrachtung erfolgen. Der Verweis auf das Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (a.a.O. Rn. 241) kann hier deshalb nicht verfangen. Die Entbehrlichkeit einer gesonderten artenschutzrechtlichen Überprüfung beruhte in jenem Fall darauf, dass artenschutzrechtliche Konflikte im Wesentlichen innerhalb des FFH-Gebiets aufgetreten waren. Hier liegt der Fall anders, denn die artenschutzrechtlichen Konflikte liegen (auch) außerhalb des FFH-Gebiets. Auch die insoweit relevanten Varianten M1, M1neu und M7 sind jedoch nicht vorzugswürdig. Wie der Beklagte im Einzelnen dargelegt hat, entstehen bei den M-Varianten ebenfalls erhebliche artenschutzrechtliche Konflikte: Auch in diesen Bereichen kommt es zur Gefährdung der Avifauna sowohl des Offenlandes als auch der Wälder. Funktionsbeziehungen und Waldbestände mit Lebensraumfunktionen für Fledermäuse und Amphibien werden durch Zerschneidung beeinträchtigt; potenzielle Lebensräume der Haselmaus und der Zauneidechse werden in Anspruch genommen. Gegenüber der Plantrasse und dem mit ihr verbundenen Flächenverlust samt Beeinträchtigung durch Waldanschnitt infolge der langen Durchfahrung eines geschlossenen und hochwertigen Waldgebiets führen die Varianten M1, M1neu und M7 zu starken Beeinträchtigungen von Übergangsbereichen von Wald- zu Offenlandkomplexen und zur Fragmentierung von Wald. Bei allen Varianten werden Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen (§ 44 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG) bzw. FCS-Maßnahmen (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG) erforderlich. In Bezug auf das Landschaftsbild bewertet der Beklagte die M-Varianten deutlich schlechter als die Plantrasse vor allem im Hinblick auf das Kriterium Zerschneidung/Überformung hochempfindlicher Landschaftsbildeinheiten, wovon hauptsächlich die empfindlichen Übergangsbereiche zwischen Wald und Offenland betroffen sind. In Bezug auf das Schutzgut Mensch werden die M-Trassen schlechter bewertet als die Plantrasse, weil die Abstände zu den Ortschaften großteils geringer, mitunter sogar deutlich geringer sind und die Trasse bei diesen Varianten demzufolge nah an die Ortschaft heranrückt (vgl. dazu im Einzelnen auch die vom Beklagten vorgelegte Stellungnahme des Fachgutachters B. & Partner vom 25. Oktober 2013). Das haben die Kläger nicht substanziiert bestritten.

123

Danach ergibt sich, dass bei keiner der Alternativvarianten nachhaltige artenschutzrechtliche Betroffenheiten vermieden werden können, sondern sie insoweit in etwa gleich zu beurteilen sind. Unter Zuhilfenahme naturschutzexterner Kriterien ergibt sich eine eindeutige Präferenz für die Plantrasse, weil mit allen anderen Varianten die Trasse deutlich näher an die Wohnbebauung heranrückt. Die Erhaltung der Wohnruhe ist ein gewichtiger Belang. Im Ergebnis ist die Auswahl der Plantrasse daher nicht zu beanstanden.

124

III. Die Einwände der Kläger zum Trinkwasserschutz greifen ebenfalls nicht durch.

125

Im Planfeststellungsbeschluss wird die Erlaubnis zur Einleitung des von den Straßenoberflächen und Böschungen abfließenden Niederschlagswassers in Gewässer gemäß § 17 FStrG i.V.m. § 19 Abs. 1 und 3, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4, §§ 10, 11, 12 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) sowie §§ 9, 11 des Hessischen Wassergesetzes (HWG) erteilt. Das Benehmen der oberen Wasserbehörde nach § 19 Abs. 3 WHG wurde hergestellt.

126

Die Befürchtungen der Kläger, die Trasse könne die Trinkwasserversorgung gefährden, weil sie durch ein Wasserschutzgebiet der Zone II geführt wird, sind im Ergebnis nicht begründet. Zwar liegt die Einleitstelle in die Klein für das von der Trasse über ein Regenrückhaltebecken abgeführte Abwasser noch innerhalb der Wasserschutzzone II. Auch trifft es zu, dass die Lage im Wasserschutzgebiet ein wichtiges Kriterium bei der Linienbestimmung ist, wie die Kläger anführen. Jedoch schreiben die Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (Ausgabe 2002 - RiStWaG) nicht vor, dass ein Vorhaben in Wasserschutzgebieten nicht durchgeführt werden darf. Die Berührung von sensiblen Wasserschutzgebieten könnte hier nur durch großräumige Varianten, die die Planungsziele verfehlen, vermieden werden. Der Planfeststellungsbeschluss hat hinreichende Schutzmaßnahmen vorgesehen, mit denen verhindert wird, dass Straßenoberflächenwasser in das Grundwasser gelangt (s. Nebenbestimmungen 6.4 und 6.5, PFB S. 52 ff.). Einerseits werden sämtliche Straßenoberflächenabflüsse entlang der gesamten Strecke zur Vorreinigung in ein Regenrückhaltebecken geleitet, andererseits werden die Drosselabflüsse der angelegten Becken über eine Wasserleitung aus der Wasserschutzzone II herausgeleitet. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass schon aufgrund der Fließwege des Wassers im Regelfall ein Schadstofftransport aus der Klein zu den Förderbrunnen der Wassergewinnung nicht zu befürchten sei, weil nördlich des Brunnens FB 2 die Klein im Regelfall durch Grundwasser gespeist werde. Der Wasserstand im Grundwasser liege höher als der Wasserstand der Klein. Es bestehe nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass das Wasser aus der Klein in die in der Nähe liegenden Trinkwasserbrunnen FB 5 bis FB 7 gelange, die in tieferen Festgesteinsgrundwasserstockwerken verfiltert seien. Das Risiko ändere sich im Hinblick auf die geschilderten hydrogeologischen Verhältnisse auch nicht dadurch, dass die Einleitmengen von 60 l/s auf 74 l/s erhöht worden seien. Auch der Brunnen FB 28 liege weit im Oberlauf der Einleitstelle, so dass er für die Betrachtung nicht relevant sei. Eine Erhöhung der Entnahmemengen, die eine Änderung der Grundwasserverhältnisse bewirken könnte, sei angesichts der Sanierungsbedürftigkeit der Sprengstoffaltlast des WASAG-Geländes und der dort getroffenen Schutzmaßnahmen auch langfristig nicht zu erwarten. Es könnten auch keine wassergefährdenden Flüssigkeiten in die Fernableitung gelangen, weil bei einem etwaigen Unfall mit einer wassergefährdenden Flüssigkeit die Kanäle und die Abläufe der Regenrückhaltebecken verschlossen, abgepumpt und gereinigt würden.

127

Auf der anderen Seite müsste für eine Ableitung außerhalb der Schutzzone III die Fernableitung um etwa 3 km verlängert werden. Die Verlegung müsste durch die landschaftlich wertvolle Kleinaue oder das Pumpen über einen Berg erfolgen. Schadstoffe würden im Übrigen nicht in einem nennenswerten Umfang in das Grundwasser eingetragen werden. Der Chloridgehalt im Grundwasser werde aufgrund des Streusalzeinflusses langfristig von 9 mg/l auf 16 mg/l steigen; das sei aber angesichts eines Grenzwerts nach der Trinkwasserverordnung von 250 mg/l zu vernachlässigen. Dem haben die Kläger nichts mehr entgegengesetzt.

128

IV. Der Planfeststellungsbeschluss hat auch nicht durch das Vorhaben entstehende Probleme unbewältigt gelassen.

129

Entgegen der Auffassung der Kläger musste kein einheitlicher Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau der B 454 und der A 49 ergehen. Denn bei der Ertüchtigung der B 454 handelt es sich nicht um eine notwendige Folgemaßnahme im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG. Vielmehr erfordert sie ein eigenes Planungskonzept und geht damit über den Anschluss und die Anpassung an die A 49 wesentlich hinaus (Beschluss vom 13. Juli 2010 - BVerwG 9 B 103.09 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 35 Rn. 4 m.w.N.).

130

Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 HVwVfG liegen ebenfalls nicht vor, weil für beide Vorhaben nicht nur eine einheitliche Entscheidung möglich ist. Kraft Bundesrechts planfeststellungsbedürftig ist zwar auch der Bau der B 454 (§ 17 Satz 1 FStrG). Die in § 78 Abs. 1 HVwVfG angeordnete Verfahrenskonzentration setzt jedoch einen nicht sinnvoll trennbaren Sachzusammenhang zwischen beiden Vorhaben voraus. Können hingegen planerisch erhebliche Belange des einen Verfahrens in dem anderen durch Verfahrensbeteiligung und durch Berücksichtigung im Rahmen planerischer Abwägung angemessen erfasst werden, so entfällt dieser Zusammenhang. Ein nur materielles Interesse an der planerischen Koordination verschiedener Belange rechtfertigt für sich nicht, Verfahren und Behördenzuständigkeit zu konzentrieren (Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 11 A 86.95 - Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 6 S. 13 f. = BVerwGE 101, 73 <78>; Beschlüsse vom 23. Dezember 1992 - BVerwG 4 B 188.92 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 20 S. 38 und vom 4. August 2004 - BVerwG 9 VR 13.04 - Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 9 S. 2). Es ist von den Klägern nicht substanziiert dargelegt, dass ohne eine sofortige Ertüchtigung die B 454 ihre Funktion als überregionale Straßenverbindung in der Ortsdurchfahrt Stadtallendorf nicht mehr erfüllen könnte. Dass die Mehrbelegung infolge des Zubringerverkehrs ihre Kapazität voll ausschöpft, ändert daran nichts. Ihre Veränderung bedarf zudem eines eigenen Planungskonzepts, das insbesondere auch die städtebaulichen Belange in den Blick nimmt. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass ihre Ertüchtigung nicht in die hier umstrittene Planfeststellung aufgenommen wurde, sondern mit einer eigenen Planung verfolgt wird. Den abwägungserheblichen Belangen der Anwohner nach Schutz vor dem durch den Mehrverkehr ausgehenden Lärm wird durch diese Planung Rechnung getragen (vgl. auch Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 44 S. 136 f. = BVerwGE 123, 152 <157 f.>).

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Die Beschwerde muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, einzureichen. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Der Beschluß soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.