Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. März 2015 - 20 B 14.1441

bei uns veröffentlicht am12.03.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 10 K 06.2850, 28.02.2008
nachgehend
Bundesverwaltungsgericht, 9 B 39/15, 03.09.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung

Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Kläger erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € für einen Dachausbau heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

Während des Widerspruchsverfahrens erwiesen sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 und deren Vorgängersatzungen als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

Die vom Kläger gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2006 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005, basierend auf der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 24. Juli 2000, geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Kläger sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 KAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab.

Mit Beschluss vom 5. März 2013 erklärte das Bundesverfassungsgericht Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) für unvereinbar und hob den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - auf und verwies die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurück.

Mit Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70), in Kraft getreten am 1. April 2014, wurden die Verjährungsvorschriften durch den bayerischen Gesetzgeber neu gefasst. Ein Beitrag ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) Spiegelstrich 1 KAG spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres nach Eintreten der Vorteilslage zu erheben. Liegt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandkräftigen Bescheid festgesetzt wurden, gilt nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG eine Frist von 30 Jahren.

Auf die Nachfrage des Senats legte die Beklagte eine schriftliche Äußerung der Tochter der im Zeitpunkt des Dachausbaus eingetragenen, inzwischen verstorbenen Eigentümer vom 21. Mai 2014 vor. Danach sei der Dachausbau in den Jahren 1986/1987 fertig gestellt worden. Der Kläger war dagegen mit Schreiben vom 22. Mai 2014 der Meinung, dass das Dachgeschoss im Zeitpunkt 1991 mehr als 10 Jahre bereits ausgebaut gewesen sei.

Mit seiner durch den Senat zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 zu ändern

und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Freising vom 26. Juni 2006 aufzuheben.

Die Neuregelung des bayerischen Gesetzgebers genüge nach wie vor nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Gebot der Rechtssicherheit. Hierfür sei die gewählte Frist zu lange. Jedenfalls genüge sie den Anforderungen nicht, soweit es um Sachverhalte vor Erlass der Regelung gehe, bei denen eine Anpassung der Vertragsgestaltungen nicht mehr möglich sei. Zudem sei nicht klar, dass die Vorgängersatzungen tatsächlich nichtig gewesen seien. Dies sei im Berufungsverfahren aufzuklären, mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen sein könnte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 zum Thema des Zeitpunktes des Dachausbaues Beweis erhoben durch Einvernahme der Tochter der früheren Eigentümer als Zeugin. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift sowie auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts vom 26. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl Seite 264, BayRS 2024-1-I) zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70) sowie in den Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) der Beklagten vom 18. April 2005, rückwirkend in Kraft getreten zum 1. April 1995.

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die der Beklagten. Gemäß Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG entsteht ein zusätzlicher Beitrag, wenn sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern. So liegt es hier.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Beklagte mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) vom 18. April 2005 erstmals über eine wirksame Beitragssatzung verfügt hat. Die vorausgehenden Beitragssatzungen der Beklagten enthielten eine unzulässige Regelung zur Veranlagung einzelner Geschosse innerhalb von Gebäuden oder selbständigen Gebäudeteilen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U.v. 27.2.2003 - 23 B 02.1032 - BayVBl 2003, 373; B.v. 17.5.2006, - 23 CS 06.928 - juris) zur Nichtigkeit des gesamten Beitragsteils der Satzung führt. Die Entwässerungssatzung mit Beitrags- und Gebührenteil vom 30. Juli 1973 ist wegen einer mit dem Prinzip der gerechten Vorteilsabgeltung nicht zu vereinbarenden Begünstigung kleinerer Einfamilienhäuser beim Beitragsmaßstab Grundstücksfläche (§ 34 Abs. 2 c) im Beitragsteil als nichtig anzusehen (BayVGH, U.v. 14.4.1989 - 23 B 87.03112). Die BGS-EWS vom 12. Dezember 1960 ist allein schon wegen des nicht vorteilsgerechten Grundbeitrags mit Berücksichtigung der Geschossfläche erst ab dem dritten Vollgeschoss (§ 6 Abs. 1) nichtig (vgl. BayVGH v. 14.4.1989 a.a.O.). Diese vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend und wurde vom Kläger nicht substantiell in Frage gestellt. Auf der Grundlage der rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft getretenen BGS-EWS 2005 ist die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung von 74,0 qm im Dachgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens somit erstmals am 1. April 1995 entstanden. Die persönliche Beitragsschuld trifft den Kläger als zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch eingetragenen Eigentümer (Art. 5 Abs. 6 Satz 1 KAG, § 4 BGS-EWS 2005).

Die Festsetzung des Herstellungsbeitrags im Jahr 2004 war noch zulässig, da die Vorteilslage für das veranlagte Anwesen frühestens im Jahr 1987 eintrat.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist § 169 der Abgabenordnung (AO) in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe anwendbar, dass über Abs. 1 Satz 1 hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt (vgl. Art. 19 Abs. 2 KAG). Durch die Neufassung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichtes, welches die Vorgängerregelung, die bei einer nichtigen Beitragssatzung keine zeitliche Begrenzung der Beitragserhebung nach dem Entstehen der Vorteilslage vorsah, für verfassungswidrig erklärte (BVerfG, B.v. 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08 – BGBl I 2013, 820 = BayVBl 2013, 465), nachgekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung Folgendes ausgeführt (a.a.O. Rn. 45, 46):

„Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.“

Gemessen an diesen Anforderungen ist die vom bayerischen Gesetzgeber gewählte zwanzigjährige Ausschlussfrist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst wurde dadurch erstmals eine zeitliche Höchstgrenze für die Erhebung eines Beitrages nach Art. 5 KAG eingeführt und dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, so dass der Bürger nunmehr eine klare Höchstfrist vor Augen hat und nicht mehr im Unklaren ist. Bei der Bestimmung der Dauer der Frist ist mit zwanzig Jahren kein unangemessen langer Zeitraum gewählt worden. Entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts hatte der Gesetzgeber hier einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Bürgers an baldiger Rechtssicherheit und dem öffentlichen Interesse an einem Vorteilsausgleich für die Zurverfügungstellung einer öffentlichen Einrichtung der Daseinsvorsorge durchzuführen. Dem Gesetzgeber steht hier ein weiter Gestaltungsspielraum zu und die Vorteile, die die öffentliche Einrichtung vermittelt, können hier noch relativ lange fortwirken. So hält der 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abgesehen von der hier einschlägigen Konstellation allgemein eine 30jährige Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des Art. 53 Abs. 2 BayVwVfG für angemessen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsanspruch aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im Wege des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung in Anlehnung an § 53 Abs. 2 VwVfG eine 30jährige Ausschlussfrist entgegen gehalten werden und zwar unabhängig von der Entstehung des Anspruches (BVerwG, U.v. 20.3.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211, ebenso VGH Baden-Württemberg, B.v. 27.1.2015 - 2 S 1840/14 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 4.12.2014 - 4 L 220/13 - juris). Im Hinblick darauf bestehen an der Verfassungsmäßigkeit der Zwanzigjahresfrist keine Bedenken. Zum einen hat der bayerische Gesetzgeber eine im Vergleich zu vorstehenden Erwägungen wesentlich kürzere Frist gewählt, zum anderen handelt es sich um eine klar ersichtliche gesetzliche Ausschlussfrist, die den Bürgern unabhängig von den Umständen des Einzelfalls Rechtsklarheit verschafft. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung der unterschiedlichen Interessen (vgl. LT-Drs. 17/370 Nr. 2) ist von sachgerechten Erwägungen getragen und hält sich im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums.

Bei Ergänzungsbeitragen für die Verwirklichung zusätzlicher Geschossflächen kann man für den Beginn der Ausschlussfrist aber nicht auf den erstmaligen Anschluss an die öffentliche Einrichtung abstellen. Hier wird der (zusätzliche) Vorteil, den die öffentliche Einrichtung vermittelt, erst mit der tatsächlichen Fertigstellung der betreffenden Geschossflächen vermittelt und muss damit Ausgangspunkt der Betrachtung sein.

Der Dachausbau des streitgegenständlichen Anwesens wurde frühestens im Jahre 1987 fertiggestellt. Dies steht nach der in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugin ... zur Überzeugung des Senats fest. Die Zeugin hat mit ihrer Aussage nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, dass sie sich dieser zeitlichen Einordnung ziemlich sicher sei, weil sie 1985, als sie 18 Jahre alt war, ihre Berufstätigkeit begonnen habe und sich damals die Frage stellte, ob sie ausziehen solle oder im elterlichen Haus bleiben könne. Die Familie habe sich dann entschlossen das Dach als Wohnung für die Zeugin auszubauen. Diese zu keinen Zweifeln Anlass gebende Aussage wurde auch vom Kläger bei der Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht in Frage gestellt. Demnach ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass der Dachausbau im Jahre 1987 fertiggestellt wurde. Folglich begann die Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit Ablauf des Jahres 1987 am 1. Januar 1988 zu laufen und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2007. Die Festsetzung des Beitrags erfolgte jedoch mit der Bekanntgabe des Bescheids der Beklagten vom 5. April 2004, dessen Rechtsgrundlage die BGS-EWS vom 18. April 2005 ist, und damit vor Ablauf der Zwanzigjahresfrist.

Damit erfolgte die Festsetzung des Ergänzungsbeitrags noch rechtzeitig und es kommt nicht auf die Anwendung der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG an. Nach dieser Vorschrift gilt für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Diese Norm hätte zwar im hier zu entscheidenden Fall Anwendungsvorrang, weil der streitgegenständliche Ergänzungsbeitrag durch vor dem 1. April 2014 nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt worden ist. Der Senat hegt jedoch verfassungsrechtliche Bedenken, ob die Übergangsregelung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV zu vereinbaren ist. Ein sachlicher Differenzierungsgrund für die Ungleichbehandlung von Beitragsfestsetzungen die vor dem 1. April 2014 mit nicht bestandskräftigem Bescheid festgesetzt worden sind und Beitragsfestsetzungen, die nach diesem Zeitpunkt erfolgt sind, erschließt sich dem Senat - jedenfalls bisher - nicht. Die im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes gegebene Begründung (LT-Drs. 17/370 S. 18) überzeugt nicht. Sie beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass eine unterschiedliche Behandlung von (ausgesetzten) Widerspruchsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, aufgrund der unterschiedlich maßgeblichen Entscheidungszeitpunkte, vermieden werden soll. Eine solche Erwägung spielt aber erkennbar keine Rolle, weil es bei Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG maßgeblich auf die Festsetzung des Beitrags und somit auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheids ankommt. Nachdem im hier zu entscheidenden Fall bereits die regelmäßige zwanzigjährige Ausschlussfrist eingehalten wurde, kann die Frage, ob die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG verfassungsgemäß ist oder gegebenenfalls einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, jedoch dahinstehen.

2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

 

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.197,32 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 118


Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zusta

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(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Die Hemmung endet mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung.

(2) Ist ein Verwaltungsakt im Sinne des Absatzes 1 unanfechtbar geworden, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre. Soweit der Verwaltungsakt einen Anspruch auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt hat, bleibt es bei der für diesen Anspruch geltenden Verjährungsfrist.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09. Juli 2014 - 2 K 3146/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag.
Sie sind seit dem 05.05.2008 als Eigentümer des Grundstücks ... (Gemarkung ..., FIst.Nr. .../...), das mit einem Wohnhaus bebaut ist, im Grundbuch eingetragen. Das Anwesen liegt im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „M.-St. Peter", der am 08.08.1997 in Kraft getreten ist. Von der ... führt ein Stichweg zum Grundstück der Kläger.
Bereits am 03.03.1997 hatte die Beklagte mit der ... ...G, deren Alleingesellschafterin sie ist, einen Erschließungsvertrag geschlossen. Zur Refinanzierung ihres Erschließungsaufwandes hatte die ...G mit den damaligen Grundstückseigentümern Verträge geschlossen, nach denen sich diese zur anteiligen Bezahlung der Erschließungskosten verpflichtetet hatten. Nach § 13 Abs. 6 des Erschließungsvertrages sollte die Beklagte nach Abrechnung und Fertigstellung u.a. die Aufmaße und Bestandspläne über die hergestellten Erschließungsmaßnahmen sowie sämtliche Rechnungs- und Zahlungsbelege erhalten. Die Beklagte prüfte die Richtigkeit der Schlussabrechnung und bestätigte diese gegenüber der ...G unter dem 03.06.2005. Mit Schreiben vom 09.06.2005 machte die ...G gegenüber den Grundstückseigentümern die Erschließungskosten geltend.
Einer Klage von Grundstückseigentümern, die an die ...G gezahlte Abschlagszahlungen zurückgefordert hatten, gab das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz mit Urteil vom 01.12.2010 - 9 C 8.09 - statt. Dabei ging es davon aus, dass sowohl der zwischen der Beklagten und der ...G geschlossene Erschließungsvertrag als auch die zwischen der ...G und den Grundstückseigentümern geschlossenen Kostenerstattungsvereinbarungen nichtig seien. Mit Schreiben vom 13.07.2011 wurden die Kläger darüber informiert, dass das von ihnen erworbene Grundstück hiervon betroffen sei. Die ...G zahlte in der Folgezeit die erhaltenen Zahlungen - unter anderem auch an die Voreigentümer des klägerischen Grundstücks - zurück und stellte der Beklagten mit Schreiben vom 30.05.2012 für die von ihr verauslagten Kosten, die Betreuungsgebühr und Zinsen insgesamt 1.309.164,93 EUR in Rechnung. Unter dem 10.10.2012 teilte die Beklagte der ...G mit, dass sie die Rechnung bezüglich der Betreuungsgebühr korrigiert und einen Betrag von 1.262.081,23 EUR für den 31.10.2012 zur Auszahlung angewiesen habe.
Mit Bescheiden vom 15.06.2012 zog die Beklagte die Kläger auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 24.01.2006, in Kraft getreten am 01.02.2006, gesamtschuldnerisch zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von insgesamt 6.444,35 EUR heran. Dabei wurde der von der ... abzweigende Stichweg, an dem sich das Anwesen befindet, im Wege der Abschnittsbildung („Entscheidung“ vom 10.10.2011) gesondert abgerechnet. Der Beitragssatz betrug ca. 9,65 EUR/m².
Am 02.07.2012 legten die Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2012 zurückwies.
Am 21.09.2012 haben die Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung haben sie vorgetragen, die Erschließungsbeitragsforderung sei bereits verjährt, da die Rechnungsstellung der ...G im Jahr 2012 nicht die letzte Unternehmerrechnung darstelle. Die beitragsfähigen Kosten seien der Beklagten seit der Mitteilung des Erschließungsträgers vom 03.06.2005 bekannt. Darauf, dass ihr damals die Unwirksamkeit des Erschließungsvertrages nicht bekannt gewesen sei, komme es nicht an.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat geltend gemacht: Verjährung sei nicht eingetreten, da die Beitragspflicht erst mit der endgültigen Herstellung entstehe. Dies sei regelmäßig bei Eingang der letzten Unternehmerrechnung der Fall. Die ...G habe der Beklagten ihren entstandenen Erschließungsaufwand erst im Jahr 2012 in Rechnung gestellt. Der Lauf der Festsetzungsfrist habe daher erst Ende des Jahres 2012 beginnen können.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 09.07.2014 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt: Der Beitragserhebung stehe nicht entgegen, dass die Beklagte zunächst durch Abschluss des städtebaulichen Erschließungsvertrags eine Entscheidung für das privatrechtliche Rechtsregime getroffen habe. Das Bundesverwaltungsgericht nehme für den Fall der Nichtigkeit des Erschließungsvertrages auch die Nichtigkeit des Kostenerstattungsvertrages an, da beide Rechtsverhältnisse in einem Akzessorietätsverhältnis stünden. Sei der Erschließungsvertrag nichtig, entfalle die Leistungspflicht des Erschließungsträgers gegenüber der Gemeinde. Diese Akzessorietät habe zur Folge, dass dem Rückabwicklungsanspruch aus dem Kostenerstattungsvertrag des Grundstückseigentümers gegen den Erschließungsträger ein Rückabwicklungsanspruch des Erschließungsträgers gegenüber der Gemeinde folge.
10 
Der Beitragsanspruch sei nicht durch Festsetzungsverjährung erloschen. Die Verjährungsfrist habe hier erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen. Gemäß § 41 KAG entstehe die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Nach allgemeiner Auffassung sei eine endgültige Herstellung erst dann eingetreten, wenn der entstandene Aufwand feststellbar sei. Daher sei die sachliche Beitragspflicht nicht vor Eingang der Rechnungsstellung durch die ...G am 30.05.2012 entstanden. Ein beitragsfähiger Aufwand sei erst durch diese Rechnungsstellung ausgelöst worden und durch die Auszahlungsanordnung vom 10.10.2012 in Höhe von 1.262.081,23 EUR entstanden.
11 
Die letzte Unternehmerrechnung sei hier die Geltendmachung der Erschließungskosten durch den Erschließungsträger gegenüber der Beklagten. Entgegen der Auffassung der Kläger könne nicht auf die an die damaligen Grundstückseigentümer übersandte Schlussabrechnung vom 09.06.2005 abgestellt werden. Zwar habe auch die Beklagte die Schlussabrechnung zur Kenntnisnahme übersandt bekommen. Diese Schlussabrechnung habe jedoch nicht die Grundlage für die Höhe des beitragsfähigen Aufwandes gebildet. Aufgrund der Abhängigkeit des Erschließungsbeitragsanspruchs vom Herstellungsaufwand und damit von den tatsächlich entstandenen Kosten sei die Berechenbarkeit des Aufwandes als Bestandteil der endgültigen Herstellung anzusehen. Das Bundesverwaltungsgericht stelle in seiner Entscheidung vom 01.12.2010 darauf ab, dass der Gemeinde erst durch das Erstattungsbegehren des Vertragspartners ein beitragsfähiger Aufwand entstehe, der im Rahmen der erschließungsrechtlichen Bestimmungen auf die Grundstückeigentümer umgelegt werden könne.
12 
Der Beitragspflicht könnten die Kläger auch nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Es sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Kläger im Vertrauen darauf, nicht mehr zu einem Beitrag herangezogen zu werden, eine (Vermögens-) Disposition getroffen hätten, die nicht oder nur unter erheblichen Kosten wieder rückgängig gemacht werden könne.
13 
Die jetzige Beitragserhebung verstoße auch nicht gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es fehle an einer Erwartung der Kläger, nicht mehr zu einer Kostenbeteiligung für die Erschließung herangezogen zu werden. Unter der Geltung des Privatrechts habe jedem Grundstückseigentümer bewusst sein müssen, dass er ein Entgelt leisten müsse, sobald er sein Grundstück bebauen und erschließen wolle. Auch könne ein Grundstückseigentümer für den Fall der Unwirksamkeit des Erschließungsvertrages kein berechtigtes Vertrauen darauf entwickeln, für eine erhaltene Erschließungsleistung nicht herangezogen zu werden, zumal er die auf vertraglicher Basis geleisteten Zahlungen zurück erstattet bekommen habe. Mangels eines erstattungsfähigen Aufwandes sei es der Beklagten auch nicht möglich gewesen, bereits bei Bestehen der tatsächlichen Vorteilslage ein solches Entgelt zu fordern. Der vorliegende Fall unterscheide sich somit grundsätzlich von den Fällen, in denen eine frühzeitige Beitragserhebung ausschließlich am Fehlen einer rechtsgültigen Satzung gescheitert sei.
14 
Der Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag werde hier auch nicht einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass den betreffenden Grundstückseigentümern die aufgrund von Erschließungsverträgen geleisteten Zahlungen mit Verzinsung zurückgezahlt worden und die nunmehr erhobenen Beiträge niedriger seien als die ursprünglich geltend gemachte Forderung.
15 
Die Kläger haben fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie tragen zur Begründung vor: Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung, dass die sachliche Beitragspflicht nicht vor Eingang der Rechnungstellung durch die ...G am 30.05.2012 an die Beklagte entstanden sei, sei unzutreffend. Maßgeblich sei, ob sich die Frage der Beitragsfähigkeit klären lasse. Ausgehend hiervon sei der umlagefähige Erschließungsaufwand der Beklagten spätestens mit Schreiben der ...G vom 09.06.2005 voll umfänglich bekannt gewesen. Der öffentlich-rechtliche Beitragsanspruch sei deshalb spätestens am 09.06.2005 entstanden und daher verjährt. Die am 09.06.2005 entstandene Beitragsforderung werde in ihrem Bestand von dem Erschließungsvertrag nicht berührt. Selbst bei einem wirksamen Erschließungsvertrag sei die Erschließungslast nach außen nicht betroffen. Die Gemeinde übertrage mit dem Abschluss eines Erschließungsvertrages keine Hoheitsrechte, wie etwa das Recht, den „Erschließungsvertrag“ [gemeint ist wohl Erschließungsbeitrag] als Kommunalabgabe einzufordern. Trotz eines Erschließungsvertrages bleibe die Gemeinde deshalb zur Erschließung verpflichtet und zur Beitragserhebung berechtigt. Dies müsse erst Recht für den vorliegenden Fall gelten, da das BVerwG den Erschließungsvertrag von Anfang an für unwirksam erklärt habe.
16 
Auch die Erwägung, dass die Schlussrechnung vom 09.06.2005 schon wegen der unterschiedlichen Höhe nicht die Grundlage des beitragsfähigen Aufwandes bilde, könne das Urteil nicht rechtfertigen. Aus der Schlussrechnung vom 09.06.2005 habe unter Inanspruchnahme der zugehörigen Unterlagen der endgültige Erschließungsaufwand errechnet werden können.
17 
Auch die Annahmen, den betreffenden Grundstückseigentümern seien die geleisteten Zahlungen mit Verzinsung zurückgezahlt worden und die nunmehr erhobenen Beiträge seien niedriger als die ursprünglich geltend gemachte Forderung, könnten das angefochtene Urteil nicht tragen. Zum einen sei der „privatrechtlich bezahlte Erschließungsbeitrag“ nicht an die Kläger, sondern an die Voreigentümer zurückgezahlt worden. Ob sich aus § 436 BGB ein Freistellungsanspruch für die Kläger ergebe, könne strittig sein. Zum anderen müsse die Frage, wann die Beitragspflicht entstanden sei, unabhängig davon entschieden werden, ob der „privatrechtlich bezahlte Erschließungsbeitrag“ zurückbezahlt worden sei.
18 
Nach alledem verkenne das angefochtene Urteil, dass der Erschließungsvertrag für die Frage, wann der Erschließungsbeitrag entstanden sei, keinerlei rechtliche Relevanz habe. Deshalb habe auch die am 30.05.2012 ergangene Rechnungsstellung der ...G an die Beklagte nicht dazu geführt, dass der Beitragsanspruch erst am 30.05.2012 entstanden sei. Vielmehr sei der öffentlich-rechtliche Beitragsanspruch bereits am 09.06.2005 entstanden.
19 
Die Behauptung, das Bundesverwaltungsgericht stelle darauf ab, dass der Gemeinde erst durch das Erstattungsbegehren des Vertragspartners ein beitragsfähiger Aufwand entstehe, welcher im Rahmen der erschließungsrechtlichen Bestimmungen auf die Grundstückseigentümer umgelegt werden könne, stelle eine fehlerhafte Interpretation dar. Aus der dortigen Formulierung sei zum einen der von der Beklagten eingeführte Begriff „erst" nicht zu entnehmen. Zum anderen verweise das BVerwG allein darauf, dass die ...G zivilrechtlich ein objektiv fremdes Geschäft - hier der Beklagten - geführt habe und dadurch ein beitragsfähiger Aufwand entstanden sei, den sie, die Beklagte, „im Rahmen der erschließungsbeitragsrechtlichen Bestimmungen“ umlegen könne. Zu den erschließungsbeitragsrechtlichen Bestimmungen gehörten aber auch die Verjährungsvorschriften.
20 
Das Urteil verkenne insgesamt, dass die angefochtene Beitragserhebung gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoße. Die Kläger hätten das Grundstück mit Kaufvertrag vom 26.11.2004 erworben, nachdem die Voreigentümer die privatrechtlich geltend gemachten Erschließungskosten bereits an die ...G entrichtet hätten. Erst durch das Schreiben der Beklagten vom 13.07.2011 - also mehr als sechs Jahre später - hätten sie Kenntnis davon erhalten, dass die Erschließungskosten privatrechtlich abgerechnet worden seien und der Erschließungsvertrag vom Bundesverwaltungsgericht „für nichtig erklärt worden“ sei. Da den Klägern diese Umstände nicht bekannt gewesen seien, hätten sie nach Abschluss des Kaufvertrages im Jahre 2004 nach insgesamt mehr als sechs Jahren die Erwartung haben können, nicht mehr zu einem Erschließungsbeitrag herangezogen zu werden. Vom Sachverhalt her unterscheide sich der vorliegende Fall deshalb grundlegend von dem Sachverhalt, der dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 31.03.2014 - 2 S 2366/13 - zugrunde gelegen habe. In dem dortigen Fall sei die Versorgung mit Trinkwasser nämlich zeitlich weit vor dem Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und dem Inkrafttreten einer öffentlich-rechtlichen Satzung hergestellt worden, sodass die Beitragspflicht erst mit dem Anschluss und dem Inkrafttreten der ersten Beitragssatzung habe entstehen konnte. Demzufolge führe das Urteil aus, dass unter Geltung des Privatrechts jedem Grundstückseigentümer bewusst gewesen sein müsse, dass er ein wie auch immer bezeichnetes entsprechendes Entgelt leisten müsse, sobald er sein Grundstück bebauen und an die Wasserversorgung anschließen wolle; eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung könne sich nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt dem Grunde nach eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben habe, und nicht auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung rechtlich gar nicht möglich gewesen wäre, weil die Entgeltzahlung privatrechtlich geregelt gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei jedoch die öffentlich-rechtliche Beitragspflicht am 09.06.2005 entstanden. Die Kläger beriefen sich also keineswegs auf Zeiträume, in denen die Beitragserhebung rechtlich nicht möglich gewesen sei.
21 
Das Recht der Beklagten zur Erhebung des Erschließungsbeitrages sei durch den Erschließungsvertrag in keiner Weise eingeschränkt gewesen. Angesichts des Rechtsstreits über die Wirksamkeit des Erschließungsvertrages hätte die Beklagte im Wege eines vorsorglich vor dem 31.12.2009 erlassenen Beitragsbescheides - bei gleichzeitiger Aussetzung der Vollziehung bis zur Rechtskraft des Urteils - die drohende Verjährung gegenüber den Klägern unterbrechen können. Auch „§ 165 Abs. 1 Satz 3 AO“ [gemeint ist wohl § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO] sehe für diesen Fall eine vorläufige Beitragserhebung vor. Die Rückkehr ins öffentliche Recht sei also mit keinerlei finanziellen Risiken für die Beklagte verbunden gewesen. Letztendlich gehöre die richtige rechtliche Einordnung eines geplanten Vorgehens zum allgemeinen Risiko, das jeder zu tragen habe, der am Rechtsleben teilnehme.
22 
Die Kläger beantragen,
23 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 09.07.2014 - 2 K 3146/12 - zu ändern und die Erschließungsbeitragsbescheide der Beklagten vom 15.06.2012 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 20.08.2012 aufzuheben.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
26 
Sie meint, entgegen der Rechtsauffassung der Kläger könne für das Entstehen der Beitragspflicht nicht auf die Schlussabrechnung der ...G vom 09.06.2005 abgestellt werden. Schon der schlichte Umstand, dass die Schlussabrechnung aus dem Jahr 2005 keine Rechnungsstellung gegenüber der Beklagten sei, stehe der Qualifizierung dieser Abrechnung als letzter Unternehmerrechnung entgegen. In einer Konstellation wie der vorliegenden sei die letzte Unternehmerrechnung die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs durch den Erschließungsträger. Ergänzend habe das Verwaltungsgericht auch darauf hingewiesen, aus der unterschiedlichen Höhe der geltend gemachten Forderungen (Schlussabrechnung gegenüber den Grundstückseigentümern vom 09.06.2005 und Erstattungsforderung gegenüber der Beklagten vom 30.05.2012) folge, dass die Beklagte den Erschließungsaufwand erst im Jahr 2012 habe berechnen können. Die Höhe des umlagefähigen Erschließungsaufwandes hänge von der Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der ...G ab. Dieser bestimme sich in entsprechender Anwendung des § 818 Abs. 2 BGB nach dem Wert des Erlangten. Zu ersetzen sei also der objektive Verkehrswert. Dazu gehöre aber auch der für die Herstellung einer entsprechenden Erschließungsanlage notwendige Überwachungs- und Koordinierungsaufwand, der bei demjenigen anfalle, der die Herstellung der Erschließungsanlagen durch Dritte durchführen lasse.
27 
Verfehlt sei die Auffassung der Kläger, die Beklagte hätte zur Vermeidung des Verjährungsrisikos vorsorglich eine Beitragserhebung durchführen müssen. Die bei Abschluss eines Erschließungsvertrages grundsätzlich fortbestehende Erschließungslast bedeute nicht, dass die Gemeinde vorsorglich einen Erschließungsbeitragsbescheid erlassen könne. Gemeint sei damit nur, dass die Verpflichtung der Gemeinde zur Herstellung der Erschließungsanlage auch bei Abschluss eines Erschließungsvertrages latent fortbestehe und sich wieder aktualisiere, wenn sie die Erschließungsanlage doch selbst herstellen müsse. Eine Gemeinde sei grundsätzlich an die getroffene Regieentscheidung gebunden. Dies bedeute, dass eine vorsorgliche Beitragserhebung ausscheide, da die Gemeinde mit Abschluss eines derartigen Erschließungsvertrags die Entscheidung gegen eine Refinanzierung durch die Erhebung von Erschließungsbeiträgen getroffen habe.
28 
Unabhängig von der Frage, ob und in welcher Form die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts, die sich auf eine Steuerung des Verjährungsbeginns durch nachträgliches Inkraftsetzen einer gültigen Satzung bezögen, auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt übertragen werden könnten, könne hier nicht von einer jahrzehntelangen Vorteilslage gesprochen werden, die der späteren Beitragserhebung vorausgegangen sei. Stelle man mit den Klägern auf den Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstücks ab, habe die Vorteilslage erst ab Ende 2004 bestanden. Stelle man - wohl zutreffend - auf die Abrechnung der Erschließungsanlage durch und gegenüber der ...G ab, bestehe die Vorteilslage seit dem Jahr 2005. Ca. sechs Jahre später sei die Information über die drohende Beitragserhebung erfolgt. Der streitgegenständliche Beitragsbescheid sei im Jahr 2012 ergangen, also sieben Jahre nach dem Entstehen der tatsächlichen Vorteilslage.
29 
Der vorliegende Sachverhalt weise ferner Besonderheiten auf, die dazu führten, dass die Beitragserhebung in verfassungsrechtlicher Hinsicht unproblematisch sei. Eine Beitragspflicht für die Grundstückseigentümer komme nur in Betracht, wenn der Beklagten ein umlagefähiger Aufwand entstanden sei. Erst die Rückabwicklung der vertraglichen Beziehungen sei im konkreten Sachverhalt Voraussetzung für eine Beitragserhebung gewesen. Es sei schwerlich überzeugend, eine unzumutbare Belastung durch die Erhebung von Beiträgen zu bejahen, wenn diese Belastung durch die vorangegangene Erstattung der Erschließungskosten kompensiert worden sei. Ein Grundstückseigentümer könne für den Fall der Unwirksamkeit des Erschließungsvertrages kein berechtigtes Vertrauen darauf entwickeln, nicht zu Beiträgen herangezogen zu werden. Auch im Hinblick auf den Gedanken der Zumutbarkeit unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt wegen der Erstattung zuvor geleisteter Zahlungen grundlegend von der Konstellation, die das Bundesverfassungsgericht beurteilt habe.
30 
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten, die vorgelegten Bebauungspläne und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die Berufung der Kläger ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ihre Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheide, die ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 2 KAG, §§ 33 ff. KAG und der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 24.01.2006 finden, sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ihre gegen diese Bescheide erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten (1.). Auch eine eventuelle absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung ist hier nicht überschritten (2.).
32 
1. Festsetzungsverjährung
33 
a) Der Senat hat mit Urteil vom 25.11.2010 - 2 S 1314/10 - (juris) zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht entschieden, dass die Beitragspflicht gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit der endgültigen Herstellung der beitragspflichtigen Erschließungsanlage entsteht. Der Zeitpunkt der „endgültigen Herstellung“ einer Erschließungsanlage ist hiernach nicht gleichbedeutend mit dem Abschluss der technischen Ausführungsarbeiten, also sozusagen mit dem „letzten Spatenstich“. Eine Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB ist vielmehr nach allgemeiner Auffassung erst dann endgültig hergestellt, wenn u.a. der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung (vgl. grundlegend hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 22.08.1975 - IV C 11.73 - BVerwGE 49, 131; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 01.08.1994 - 2 S 963/93 -; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 19 Rn. 9). Sieht man von der Möglichkeit ab, in der Erschließungsbeitragssatzung Einheitssätze der Höhe nach festzulegen, spricht schon die Abhängigkeit des Erschließungsbeitrags von dem beitragsfähigen Aufwand und damit von den tatsächlich entstandenen Kosten dafür, dass die Berechenbarkeit des Aufwandes Bestandteil der endgültigen Herstellung im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB sein muss. Die Beitragspflicht entsteht regelmäßig - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Anlage; sie entsteht in diesem Zeitpunkt in bestimmter Höhe, kann auch der Höhe nach nicht mehr geändert werden und ist deshalb schon geeignet, die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. Entsteht die Beitragspflicht aber bereits der Höhe nach „voll ausgebildet", so muss - wegen der Abhängigkeit der Beitragshöhe vom entstandenen Aufwand - dieser Aufwand zumindest ermittlungsfähig sein. Auch im Hinblick auf die Verjährung führt allein dieses Verständnis des Begriffes der endgültigen Herstellung zu dem sachgerechten Ergebnis, dass die Verjährungsfrist jedenfalls nicht in Lauf gesetzt werden kann, bevor die Schlussrechnung eingegangen ist. Die gegenteilige Meinung würde zu Lasten der Gemeinden zu einer nicht gerechtfertigten Verkürzung der Verjährungsfrist führen. Die endgültige Herstellung ist folglich im Rechtssinne erst abgeschlossen, wenn über die technische Herstellung hinaus der Erschließungsbeitrag mit Hilfe der letzten Unternehmerrechnung der Höhe nach ermittelt werden kann. Diese schon 1975 entwickelten Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht auch in den folgenden Jahren seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt, ohne diese Frage indes erneut ausführlich zu erörtern (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.02.1991 - 8 C 46/89 - NVwZ 1991, 235 und vom 08.05.2002 - 9 C 5.01 - NVwZ-RR 2002, 770).
34 
An dieser Rechtsprechung hat der Senat auch für das nunmehr landesrechtlich geregelte Erschließungsbeitragsrecht festgehalten (Urteil vom 10.07.2014 - 2 S 2228/13 - juris). Vergleichbar mit der früher maßgeblichen bundesrechtlichen Regelung entsteht nach dem baden-württembergische Kommunalabgabengesetz gemäß § 41 Abs. 1 KAG die Beitragsschuld, wenn die Erschließungsanlage sämtliche zu ihrer erstmaligen endgültigen Herstellung vorgesehenen Teileinrichtungen im erforderlichen Umfang aufweist und diese den Merkmalen der endgültigen Herstellung (§ 34 Nr. 3) entsprechen, ihre Herstellung die Anforderungen des § 125 des Baugesetzbuches erfüllt und die Anlage öffentlich genutzt werden kann. Eine ausdrückliche Regelung, wann die erforderlichen Teilanlagen endgültig hergestellt in diesem Sinne sind, hat der Landesgesetzgeber nicht getroffen. Ersichtlich hat er insoweit in Kenntnis der allgemein zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht vertretenen Auffassung, die Beitragspflicht entstehe regelmäßig erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung, keinen Bedarf für eine hiervon abweichende landesrechtliche Regelung gesehen. Darauf deutet auch die Gesetzesbegründung hin, in der ausdrücklich darauf verwiesen wird, § 41 Abs. 1 enthalte die Voraussetzungen für die Entstehung der Beitragsschuld und entspreche weitgehend dem § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB in der Auslegung, die er durch Rechtsprechung und Literatur erfahren habe (LT-Drucksache 13/3966, S. 62). Allein diese Auslegung ist auch sachgerecht, weil der Gemeinde eine endgültige Abrechnung gar nicht möglich ist, solange der Erschließungsaufwand noch nicht endgültig feststellbar ist. Daher hält der Senat auch für das baden-württembergische Landesrecht daran fest, dass die sachliche Beitragspflicht nicht schon bereits mit der technischen Fertigstellung der Anlage, sondern erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung entstehen kann, sofern die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
35 
b) Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß §§ 1, 3 Abs. 4 KAG i.V.m. § 169 AO vier Jahre. Unter Anwendung der soeben dargestellten Grundsätze hat der Lauf der Festsetzungsverjährungsfrist hier erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen. Denn erst in diesem Jahr ist die Abgabe entstanden (vgl. § 170 Abs. 1 AO). Letzte Unternehmerrechnung in dem oben dargestellten Sinn ist hier nämlich das Schreiben des Erschließungsträgers, der ...G, vom 30.05.2012, in dem diese der Beklagten ihren Erschließungsaufwand in Rechnung gestellt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann insoweit nicht auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt werden. Denn erstmals mit dieser Rechnung vom 30.05.2012 ist der Beklagten ein eigener Aufwand entstanden. Die Festsetzungsverjährungsfrist kann aber nicht zu laufen beginnen, solange der Abgaben erhebenden Gemeinde noch nicht einmal ein eigener Aufwand entstanden ist. Dies folgt schon aus dem in § 20 Abs. 2 KAG zum Ausdruck kommenden Wesen des Erschließungsbeitrags. Hiernach erheben die Gemeinden zur Deckung ihrer anderweitig nicht gedeckten Kosten für die erstmalige endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage einen Erschließungsbeitrag. Solange der Gemeinde noch keine eigenen Kosten entstanden sind, kann demzufolge schon begrifflich keine Erschließungsbeitragspflicht entstehen.
36 
Wesentlicher Regelungsgegenstand eines Erschließungsvertrages ist die Herstellung der Erschließungsanlagen im Namen und auf Kosten des Erschließungsträgers. Dies hat zur Folge, dass der Gemeinde kein beitragsfähiger Aufwand i.S.v. § 127 Abs. 1 BauGB entsteht, soweit und solange sie die Durchführung der Erschließung auf einen Erschließungsträger übertragen hat. Genau dies regelt im vorliegenden Fall der Vertrag zwischen der Beklagten und der ...G vom 03.03.1997 (so ausdrücklich - zum vorliegenden Erschließungsvertrag - BVerwG, Urteil vom 01.12.2010 - 9 C 8.09 - BVerwGE 138, 244, juris-Rn. 31). Der Aufwand ist hier daher zunächst allein dem Erschließungsträger, also der ...G, entstanden. Nachdem der Erschließungsvertrag gescheitert ist, konnte sich die ...G ihre Aufwendungen allein im Rechtsverhältnis mit der Beklagten erstatten lassen; der Beklagten wiederum ist dadurch ein beitragsfähiger Aufwand entstanden, den sie im Rahmen der erschließungsbeitragsrechtlichen Bestimmungen auf die Kläger umlegen konnte (vgl. BVerwG, ebd., Rn. 55).
37 
Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass die Gemeinde auch nach Abschluss eines Erschließungsvertrags letztendlich für die Erschließung verantwortlich bleibt. Dies bedeutet jedoch regelmäßig lediglich, dass sie die ordnungsgemäße und zeitige Abwicklung des Erschließungsvertrags zu überwachen hat (vgl. Driehaus, aaO., § 6 Rn. 47). Eine Befugnis zur vorsorglichen Beitragserhebung folgt aus dieser Verantwortung hingegen nicht. Solange und soweit der Gemeinde kein eigener Aufwand entstanden ist, ist eine Beitragserhebung vielmehr schon aus rechtlichen Gründen von vornherein ausgeschlossen, denn das Wesen des Erschließungsbeitrags besteht gerade darin, dass die Gemeinde einen eigenen Aufwand auf die Beitragspflichtigen umlegt (vgl. bereits oben).
38 
c) Entgegen der Auffassung der Kläger wäre eine Gemeinde in einer solchen Konstellation nicht etwa berechtigt, bereits vorab vorsorglich Beitragsbescheide zu erlassen. Durch die Bauverpflichtung und Kostentragung des Erschließungsträgers entstehen der Gemeinde zunächst keine Kosten, sodass sie auch keine Beiträge nach §§ 127 ff. BauGB oder §§ 33 ff. KAG BW erheben kann (vgl. Birk, VBlBW 2011, 329 ff.). Soweit und solange ein Dritter - wie der durch einen Erschließungsvertrag mit der tatsächlichen Durchführung der Erschließung betraute Erschließungsträger - den Erschließungsaufwand trägt, entstehen der Gemeinde mit anderen Worten keine Kosten, die einen beitragsrelevanten Aufwand darstellen könnten (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.1973 - VII ZR 246/72 - BGHZ 61, 359; Schlesw.-Holst. OLG, Urteil vom 13.03.2003 - 16 U 100/02 - NVwZ 2004, 1528; Saarl. OVG, Urteil vom 07.11.1988 - 1 R 322/87 - DÖV 1989, 861; Grziwotz, MDR 1996, 978, und in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11 Rn. 308). Daher verbietet sich in einem solchen Fall von vornherein eine - auch nur vorsorgliche - Erhebung von Erschließungsbeiträgen. Da der Gemeinde erst durch die Erstattung der Herstellungskosten gegenüber dem Erschließungsträger Kosten entstanden sind, kann sie erst dann Beiträge von den Grundstückseigentümern unter Einhaltung der beitragsrechtlichen Voraussetzungen bis zum Ablauf der Festsetzungsverjährung erheben.
39 
Erst nachdem sich die im Abschluss des Erschließungsvertrags realisierte Regieentscheidung der Gemeinde - bisweilen auch als Regimeentscheidung bezeichnet (vgl. zu diesen Begriffen z.B. Driehaus, aaO, § 6 III.; Birk, VBlBW 2011, 329 ff.) - hier primär wegen des als Vertragspartner nicht geeigneten Erschließungsträgers als rechtswidrig erwiesen und die ...G der Beklagten ihren Aufwand in Rechnung gestellt hat, war die Gemeinde befugt, Beiträge zu erheben. Die Beitragspflicht entsteht auch nach dieser Betrachtungsweise daher erst mit der Geltendmachung der Erschließungskosten in Form des Erstattungsanspruchs durch den Erschließungsträger gegenüber der Gemeinde (vgl. Birk, ebd.).
40 
d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO, die grundsätzlich auch auf das baden-württembergische Kommunalabgabenrecht Anwendung findet (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG). Danach kann eine Abgabe vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen ihrer Entstehung eingetreten sind.
41 
Zum einen erscheint es schon als fraglich, ob diese Vorschrift - jedenfalls für den Zeitraum vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht - überhaupt Geltung für das Erschließungsbeitragsrecht beanspruchen kann, denn es spricht manches dafür, dass § 25 Abs. 2 KAG - der die Zulässigkeit der Erhebung von Vorauszahlungen regelt - insoweit eine abschließende Spezialregelung enthält (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.11.1981 - 2 S 1044/80 - Ls. in juris). Jedenfalls aber setzt die vorläufige Festsetzung einer Abgabe nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO ungewisse Tatsachen voraus; die rechtliche Würdigung dieser Tatsachen selbst unterfällt hingegen nicht dem Anwendungsbereich der Vorschrift (vgl. OVG Meckl.-Vorp., Urteil vom 15.12.2009 - 1 L 323/06 - juris-Rn. 62). Da es hier um die rechtliche Bewertung eines Erschließungsvertrags und des davon abhängigen Kostenerstattungsvertrags geht, kommt eine vorläufige Festsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG nicht in Betracht.
42 
Auch § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO i.Verb. m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG AO ist auf den vorliegenden Sachverhalt schon tatbestandlich nicht anwendbar. Danach ist eine vorläufige Festsetzung (auch dann) zulässig, wenn die Vereinbarkeit eines Abgabengesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand des Verfahrens vor dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht ist. Hier war zu keinem Zeitpunkt die Vereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit höherrangigem Recht Gegenstand eines solchen Verfahrens. Eine vorläufige Festsetzung hinsichtlich ungeklärter Rechtsfragen des einfachen Rechts sieht § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO nicht vor (Cöster in Koenig, AO, 3. Aufl., § 165 Rn. 25).
43 
e) Unerheblich ist angesichts dessen auch, dass der Gemeinde die Rechnungen, die die einzelnen Bauunternehmer der ...G gestellt haben, spätestens im Jahr 2005 bekannt geworden sind. Denn auf diese Kenntnis kann es in rechtlicher Hinsicht nicht ankommen. Das Verhältnis zwischen Erschließungsträger und Gemeinde ist insoweit in tatsächlicher Hinsicht mit dem Verhältnis zwischen einem Generalunternehmer, der damit beauftragt wird, die Erschließung für die Gemeinde zu planen, durchzuführen und dazu ggf. Subunternehmer zu beauftragen, vergleichbar. Auch in diesem Fall entsteht der Gemeinde nicht schon dann ein beitragsfähiger Aufwand, wenn die einzelnen Subunternehmer ihre Rechnungen bei dem Generalunternehmer einreichen, sondern erst dann, wenn der Generalunternehmer seine Kosten gegenüber der Gemeinde geltend macht. Erst zu diesem Zeitpunkt kann daher auch frühestens die sachliche Beitragspflicht entstehen, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind.
44 
2. absolute zeitliche Grenze der Beitragserhebung
45 
a) Die von den Klägern angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - BGBl I 2013, 820), wonach Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung des Vorteils erhoben werden dürfen, lässt sich wohl schon von vornherein nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Diese Entscheidung erging zu einem Rechtsstreit über die Erhebung eines Anschlussbeitrags. Anders als im Anschlussbeitragsrecht dürfte im Erschließungsbeitragsrecht vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht in der Regel aber noch keine endgültige tatsächliche Vorteilslage entstanden sein, die ein Vertrauen des Bürgers, irgendwann einmal nicht mehr mit einem Beitrag behelligt zu werden, begründen könnte. Die Situation ist insoweit nicht mit der Lage bei den Anschlussbeiträgen vergleichbar, bei denen eine dauerhafte tatsächliche Vorteilslage regelmäßig bereits mit Vornahme des Anschlusses oder sogar schon bei Bestehen der Anschlussmöglichkeit entsteht (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2014 - 2 S 2228/13 - juris).
46 
b) Dies kann aber letzten Endes dahinstehen. Denn auch unter Anwendung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze ist hier eine etwaige absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung nicht überschritten. Das Bundesverwaltungsgericht hat die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze in seiner neueren Rechtsprechung präzisiert und dabei betont, dass durch die Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben die Einhaltung des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit und damit die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Abgaben sichergestellt werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211). Der Geltendmachung eines Beitrags, der den betroffenen Eigentümer in dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verletzt, steht hiernach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Danach kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint. Wie alle Generalklauseln ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen. Der Begriff der Treuwidrigkeit ist deshalb so auszulegen, dass eine Erhebung von Beiträgen, die dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit widerspräche, ausgeschlossen ist.
47 
aa) Treuwidrig ist die Abgabenerhebung nach dieser neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum einen dann, wenn es aufgrund einer Pflichtverletzung der Gemeinde unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar erscheint, den Bürger mit der Abgabenerhebung zu konfrontieren. Zugrunde zu legen ist dabei ein enger Maßstab.
48 
Eine solche Unzumutbarkeit kann hier nicht angenommen werden. Zwar fällt es entgegen der schriftsätzlich vertretenen Auffassung der Beklagten (jedenfalls auch) in ihre Sphäre, dass sie einen nichtigen Erschließungsvertrag geschlossen hat, der hier letztlich zu einer späteren Beitragserhebung geführt hat. Dies kann ihr unter den besonderen Umständen des Einzelfalls aber nicht zum Vorwurf gemacht werden, nachdem nicht nur das erstinstanzliche Verwaltungsgericht, sondern auch der Senat den hier vorliegenden Erschließungsvertrag zunächst für wirksam gehalten hatten; erst in letzter Instanz ist das Bundesverwaltungsgericht zu der Auffassung gekommen, dass er nichtig sei. Angesichts dessen wiegt eine eventuelle Pflichtverletzung der Beklagten hier allenfalls leicht, sodass die verspätete Abgabenerhebung im vorliegenden Fall nicht als treuwidrig angesehen werden kann. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Sachverhalten, in denen die den Beitrag erhebende Gemeinde seit Jahrzehnten keine rechtsgültige Satzung erlassen hatte. Ein damit vergleichbares Versäumnis einer Gemeinde liegt hier nicht vor.
49 
Auch ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, nach dem Scheitern des Erschließungsvertrags nicht mit einem Erschließungsbeitrag belastet zu werden, konnte bei den Grundstückseigentümern nicht entstehen, denn ihnen musste klar sein, dass die Gemeinde die Erschließung nicht kostenfrei erstellen konnte. Dies war im Übrigen ersichtlich auch den damaligen Rechtsmittelführern in den Verfahren 2 S 424/08 (vor dem Senat) bzw. 9 C 8.09 (vor dem BVerwG) bewusst, die die Rückerstattung bereits gezahlter Kostenerstattungsbeträge geltend gemacht hatten. Sie hatten damals nicht vorgetragen, dass sie überhaupt nicht zu Erschließungskosten herangezogen werden dürften, sondern im Wesentlichen geltend gemacht, die konkrete Vertragsgestaltung führe zu einer unzulässigen Umgehung zwingender erschließungsbeitragsrechtlicher Vorschriften (vgl. den in dem Senatsurteil vom 23.10.2009 - 2 S 424/08 - DVBl. 2010, 185 und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.12.2010 - 9 C 8.09 - BVerwGE 138, 244 wiedergegebenen Vortrag der dortigen Kläger).
50 
bb) Darüber hinaus kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum anderen auch auf die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften zurückgegriffen werden. Zu denken ist etwa an die Regelung in § 53 Abs. 2 VwVfG, wonach eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen beginnt, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Diese Vorschrift ist hier zwar nicht unmittelbar anwendbar. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken (vgl. auch BayVGH, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 22) - und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB) - kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden.
51 
Ein auch nur annähernd vergleichbarer Zeitraum ist hier jedoch nicht verstrichen. Nachdem erst im Jahr 2005 die Rechnungen der Unternehmer, die der Erschließungsträger beauftragt hatte, vollständig vorlagen, ist auch unter Hinwegdenken des nichtigen Erschließungsvertrags und unter Zugrundlegung der Annahme, dass der Erschließungsaufwand im Jahr 2005 vollumfänglich feststellbar gewesen wäre, zwischen dem Entstehen der Vorteilslage und dem Erlass der streitbefangenen Beitragsbescheide im Jahr 2012 nur ein relativ kurzer Zeitraum verstrichen, der noch nicht einmal annähernd die Höchstgrenze von 30 Jahren erreicht.
52 
cc) Schließlich spricht - ohne dass es darauf noch ankäme - im Ergebnis gegen eine Treuwidrigkeit auch, dass der Erschließungsträger den Grundstückseigentümern die gezahlten Kostenerstattungsbeträge zurückerstattet hat und damit keine Doppelbelastung der Grundstückseigentümer eingetreten ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Rückzahlung im Falle der Kläger an die Voreigentümer des Grundstücks erfolgt ist, denn insoweit ist auf eine grundstücksbezogene Betrachtungsweise abzustellen. Nach der Grundregel des § 436 BGB ist davon auszugehen, dass der Grundstücksverkäufer verpflichtet ist, den Erwerber von Erschließungsbeiträgen freizustellen. Aber auch wenn im Einzelfall eine andere vertragliche Gestaltung gewählt worden sein sollte - wofür die Kläger allerdings keinen konkreten Beleg geliefert haben -, fiele dies allein in den Risikobereich der Vertragsparteien und wäre daher nicht geeignet, eine Unbilligkeit zu begründen.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 27. Januar 2015
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.444,35 festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
31 
Die Berufung der Kläger ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ihre Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheide, die ihre Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 2 KAG, §§ 33 ff. KAG und der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 24.01.2006 finden, sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ihre gegen diese Bescheide erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten (1.). Auch eine eventuelle absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung ist hier nicht überschritten (2.).
32 
1. Festsetzungsverjährung
33 
a) Der Senat hat mit Urteil vom 25.11.2010 - 2 S 1314/10 - (juris) zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht entschieden, dass die Beitragspflicht gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit der endgültigen Herstellung der beitragspflichtigen Erschließungsanlage entsteht. Der Zeitpunkt der „endgültigen Herstellung“ einer Erschließungsanlage ist hiernach nicht gleichbedeutend mit dem Abschluss der technischen Ausführungsarbeiten, also sozusagen mit dem „letzten Spatenstich“. Eine Erschließungsanlage im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB ist vielmehr nach allgemeiner Auffassung erst dann endgültig hergestellt, wenn u.a. der entstandene Aufwand feststellbar ist, also regelmäßig mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung (vgl. grundlegend hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 22.08.1975 - IV C 11.73 - BVerwGE 49, 131; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 01.08.1994 - 2 S 963/93 -; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 19 Rn. 9). Sieht man von der Möglichkeit ab, in der Erschließungsbeitragssatzung Einheitssätze der Höhe nach festzulegen, spricht schon die Abhängigkeit des Erschließungsbeitrags von dem beitragsfähigen Aufwand und damit von den tatsächlich entstandenen Kosten dafür, dass die Berechenbarkeit des Aufwandes Bestandteil der endgültigen Herstellung im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB sein muss. Die Beitragspflicht entsteht regelmäßig - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - im Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Anlage; sie entsteht in diesem Zeitpunkt in bestimmter Höhe, kann auch der Höhe nach nicht mehr geändert werden und ist deshalb schon geeignet, die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. Entsteht die Beitragspflicht aber bereits der Höhe nach „voll ausgebildet", so muss - wegen der Abhängigkeit der Beitragshöhe vom entstandenen Aufwand - dieser Aufwand zumindest ermittlungsfähig sein. Auch im Hinblick auf die Verjährung führt allein dieses Verständnis des Begriffes der endgültigen Herstellung zu dem sachgerechten Ergebnis, dass die Verjährungsfrist jedenfalls nicht in Lauf gesetzt werden kann, bevor die Schlussrechnung eingegangen ist. Die gegenteilige Meinung würde zu Lasten der Gemeinden zu einer nicht gerechtfertigten Verkürzung der Verjährungsfrist führen. Die endgültige Herstellung ist folglich im Rechtssinne erst abgeschlossen, wenn über die technische Herstellung hinaus der Erschließungsbeitrag mit Hilfe der letzten Unternehmerrechnung der Höhe nach ermittelt werden kann. Diese schon 1975 entwickelten Grundsätze hat das Bundesverwaltungsgericht auch in den folgenden Jahren seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt, ohne diese Frage indes erneut ausführlich zu erörtern (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.02.1991 - 8 C 46/89 - NVwZ 1991, 235 und vom 08.05.2002 - 9 C 5.01 - NVwZ-RR 2002, 770).
34 
An dieser Rechtsprechung hat der Senat auch für das nunmehr landesrechtlich geregelte Erschließungsbeitragsrecht festgehalten (Urteil vom 10.07.2014 - 2 S 2228/13 - juris). Vergleichbar mit der früher maßgeblichen bundesrechtlichen Regelung entsteht nach dem baden-württembergische Kommunalabgabengesetz gemäß § 41 Abs. 1 KAG die Beitragsschuld, wenn die Erschließungsanlage sämtliche zu ihrer erstmaligen endgültigen Herstellung vorgesehenen Teileinrichtungen im erforderlichen Umfang aufweist und diese den Merkmalen der endgültigen Herstellung (§ 34 Nr. 3) entsprechen, ihre Herstellung die Anforderungen des § 125 des Baugesetzbuches erfüllt und die Anlage öffentlich genutzt werden kann. Eine ausdrückliche Regelung, wann die erforderlichen Teilanlagen endgültig hergestellt in diesem Sinne sind, hat der Landesgesetzgeber nicht getroffen. Ersichtlich hat er insoweit in Kenntnis der allgemein zum bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsrecht vertretenen Auffassung, die Beitragspflicht entstehe regelmäßig erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung, keinen Bedarf für eine hiervon abweichende landesrechtliche Regelung gesehen. Darauf deutet auch die Gesetzesbegründung hin, in der ausdrücklich darauf verwiesen wird, § 41 Abs. 1 enthalte die Voraussetzungen für die Entstehung der Beitragsschuld und entspreche weitgehend dem § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB in der Auslegung, die er durch Rechtsprechung und Literatur erfahren habe (LT-Drucksache 13/3966, S. 62). Allein diese Auslegung ist auch sachgerecht, weil der Gemeinde eine endgültige Abrechnung gar nicht möglich ist, solange der Erschließungsaufwand noch nicht endgültig feststellbar ist. Daher hält der Senat auch für das baden-württembergische Landesrecht daran fest, dass die sachliche Beitragspflicht nicht schon bereits mit der technischen Fertigstellung der Anlage, sondern erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung entstehen kann, sofern die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
35 
b) Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß §§ 1, 3 Abs. 4 KAG i.V.m. § 169 AO vier Jahre. Unter Anwendung der soeben dargestellten Grundsätze hat der Lauf der Festsetzungsverjährungsfrist hier erst mit Ablauf des Jahres 2012 zu laufen begonnen. Denn erst in diesem Jahr ist die Abgabe entstanden (vgl. § 170 Abs. 1 AO). Letzte Unternehmerrechnung in dem oben dargestellten Sinn ist hier nämlich das Schreiben des Erschließungsträgers, der ...G, vom 30.05.2012, in dem diese der Beklagten ihren Erschließungsaufwand in Rechnung gestellt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger kann insoweit nicht auf einen früheren Zeitpunkt abgestellt werden. Denn erstmals mit dieser Rechnung vom 30.05.2012 ist der Beklagten ein eigener Aufwand entstanden. Die Festsetzungsverjährungsfrist kann aber nicht zu laufen beginnen, solange der Abgaben erhebenden Gemeinde noch nicht einmal ein eigener Aufwand entstanden ist. Dies folgt schon aus dem in § 20 Abs. 2 KAG zum Ausdruck kommenden Wesen des Erschließungsbeitrags. Hiernach erheben die Gemeinden zur Deckung ihrer anderweitig nicht gedeckten Kosten für die erstmalige endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage einen Erschließungsbeitrag. Solange der Gemeinde noch keine eigenen Kosten entstanden sind, kann demzufolge schon begrifflich keine Erschließungsbeitragspflicht entstehen.
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Wesentlicher Regelungsgegenstand eines Erschließungsvertrages ist die Herstellung der Erschließungsanlagen im Namen und auf Kosten des Erschließungsträgers. Dies hat zur Folge, dass der Gemeinde kein beitragsfähiger Aufwand i.S.v. § 127 Abs. 1 BauGB entsteht, soweit und solange sie die Durchführung der Erschließung auf einen Erschließungsträger übertragen hat. Genau dies regelt im vorliegenden Fall der Vertrag zwischen der Beklagten und der ...G vom 03.03.1997 (so ausdrücklich - zum vorliegenden Erschließungsvertrag - BVerwG, Urteil vom 01.12.2010 - 9 C 8.09 - BVerwGE 138, 244, juris-Rn. 31). Der Aufwand ist hier daher zunächst allein dem Erschließungsträger, also der ...G, entstanden. Nachdem der Erschließungsvertrag gescheitert ist, konnte sich die ...G ihre Aufwendungen allein im Rechtsverhältnis mit der Beklagten erstatten lassen; der Beklagten wiederum ist dadurch ein beitragsfähiger Aufwand entstanden, den sie im Rahmen der erschließungsbeitragsrechtlichen Bestimmungen auf die Kläger umlegen konnte (vgl. BVerwG, ebd., Rn. 55).
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Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass die Gemeinde auch nach Abschluss eines Erschließungsvertrags letztendlich für die Erschließung verantwortlich bleibt. Dies bedeutet jedoch regelmäßig lediglich, dass sie die ordnungsgemäße und zeitige Abwicklung des Erschließungsvertrags zu überwachen hat (vgl. Driehaus, aaO., § 6 Rn. 47). Eine Befugnis zur vorsorglichen Beitragserhebung folgt aus dieser Verantwortung hingegen nicht. Solange und soweit der Gemeinde kein eigener Aufwand entstanden ist, ist eine Beitragserhebung vielmehr schon aus rechtlichen Gründen von vornherein ausgeschlossen, denn das Wesen des Erschließungsbeitrags besteht gerade darin, dass die Gemeinde einen eigenen Aufwand auf die Beitragspflichtigen umlegt (vgl. bereits oben).
38 
c) Entgegen der Auffassung der Kläger wäre eine Gemeinde in einer solchen Konstellation nicht etwa berechtigt, bereits vorab vorsorglich Beitragsbescheide zu erlassen. Durch die Bauverpflichtung und Kostentragung des Erschließungsträgers entstehen der Gemeinde zunächst keine Kosten, sodass sie auch keine Beiträge nach §§ 127 ff. BauGB oder §§ 33 ff. KAG BW erheben kann (vgl. Birk, VBlBW 2011, 329 ff.). Soweit und solange ein Dritter - wie der durch einen Erschließungsvertrag mit der tatsächlichen Durchführung der Erschließung betraute Erschließungsträger - den Erschließungsaufwand trägt, entstehen der Gemeinde mit anderen Worten keine Kosten, die einen beitragsrelevanten Aufwand darstellen könnten (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.1973 - VII ZR 246/72 - BGHZ 61, 359; Schlesw.-Holst. OLG, Urteil vom 13.03.2003 - 16 U 100/02 - NVwZ 2004, 1528; Saarl. OVG, Urteil vom 07.11.1988 - 1 R 322/87 - DÖV 1989, 861; Grziwotz, MDR 1996, 978, und in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 11 Rn. 308). Daher verbietet sich in einem solchen Fall von vornherein eine - auch nur vorsorgliche - Erhebung von Erschließungsbeiträgen. Da der Gemeinde erst durch die Erstattung der Herstellungskosten gegenüber dem Erschließungsträger Kosten entstanden sind, kann sie erst dann Beiträge von den Grundstückseigentümern unter Einhaltung der beitragsrechtlichen Voraussetzungen bis zum Ablauf der Festsetzungsverjährung erheben.
39 
Erst nachdem sich die im Abschluss des Erschließungsvertrags realisierte Regieentscheidung der Gemeinde - bisweilen auch als Regimeentscheidung bezeichnet (vgl. zu diesen Begriffen z.B. Driehaus, aaO, § 6 III.; Birk, VBlBW 2011, 329 ff.) - hier primär wegen des als Vertragspartner nicht geeigneten Erschließungsträgers als rechtswidrig erwiesen und die ...G der Beklagten ihren Aufwand in Rechnung gestellt hat, war die Gemeinde befugt, Beiträge zu erheben. Die Beitragspflicht entsteht auch nach dieser Betrachtungsweise daher erst mit der Geltendmachung der Erschließungskosten in Form des Erstattungsanspruchs durch den Erschließungsträger gegenüber der Gemeinde (vgl. Birk, ebd.).
40 
d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 165 Abs. 1 Satz 1 AO, die grundsätzlich auch auf das baden-württembergische Kommunalabgabenrecht Anwendung findet (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG). Danach kann eine Abgabe vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen ihrer Entstehung eingetreten sind.
41 
Zum einen erscheint es schon als fraglich, ob diese Vorschrift - jedenfalls für den Zeitraum vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht - überhaupt Geltung für das Erschließungsbeitragsrecht beanspruchen kann, denn es spricht manches dafür, dass § 25 Abs. 2 KAG - der die Zulässigkeit der Erhebung von Vorauszahlungen regelt - insoweit eine abschließende Spezialregelung enthält (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 12.11.1981 - 2 S 1044/80 - Ls. in juris). Jedenfalls aber setzt die vorläufige Festsetzung einer Abgabe nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO ungewisse Tatsachen voraus; die rechtliche Würdigung dieser Tatsachen selbst unterfällt hingegen nicht dem Anwendungsbereich der Vorschrift (vgl. OVG Meckl.-Vorp., Urteil vom 15.12.2009 - 1 L 323/06 - juris-Rn. 62). Da es hier um die rechtliche Bewertung eines Erschließungsvertrags und des davon abhängigen Kostenerstattungsvertrags geht, kommt eine vorläufige Festsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG nicht in Betracht.
42 
Auch § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO i.Verb. m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. c KAG AO ist auf den vorliegenden Sachverhalt schon tatbestandlich nicht anwendbar. Danach ist eine vorläufige Festsetzung (auch dann) zulässig, wenn die Vereinbarkeit eines Abgabengesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand des Verfahrens vor dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht ist. Hier war zu keinem Zeitpunkt die Vereinbarkeit einer gesetzlichen Regelung mit höherrangigem Recht Gegenstand eines solchen Verfahrens. Eine vorläufige Festsetzung hinsichtlich ungeklärter Rechtsfragen des einfachen Rechts sieht § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO nicht vor (Cöster in Koenig, AO, 3. Aufl., § 165 Rn. 25).
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e) Unerheblich ist angesichts dessen auch, dass der Gemeinde die Rechnungen, die die einzelnen Bauunternehmer der ...G gestellt haben, spätestens im Jahr 2005 bekannt geworden sind. Denn auf diese Kenntnis kann es in rechtlicher Hinsicht nicht ankommen. Das Verhältnis zwischen Erschließungsträger und Gemeinde ist insoweit in tatsächlicher Hinsicht mit dem Verhältnis zwischen einem Generalunternehmer, der damit beauftragt wird, die Erschließung für die Gemeinde zu planen, durchzuführen und dazu ggf. Subunternehmer zu beauftragen, vergleichbar. Auch in diesem Fall entsteht der Gemeinde nicht schon dann ein beitragsfähiger Aufwand, wenn die einzelnen Subunternehmer ihre Rechnungen bei dem Generalunternehmer einreichen, sondern erst dann, wenn der Generalunternehmer seine Kosten gegenüber der Gemeinde geltend macht. Erst zu diesem Zeitpunkt kann daher auch frühestens die sachliche Beitragspflicht entstehen, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind.
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2. absolute zeitliche Grenze der Beitragserhebung
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a) Die von den Klägern angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 05.03.2013 - 1 BvR 2457/08 - BGBl I 2013, 820), wonach Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach der Erlangung des Vorteils erhoben werden dürfen, lässt sich wohl schon von vornherein nicht ohne Weiteres auf die hier vorliegende Konstellation übertragen. Diese Entscheidung erging zu einem Rechtsstreit über die Erhebung eines Anschlussbeitrags. Anders als im Anschlussbeitragsrecht dürfte im Erschließungsbeitragsrecht vor dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht in der Regel aber noch keine endgültige tatsächliche Vorteilslage entstanden sein, die ein Vertrauen des Bürgers, irgendwann einmal nicht mehr mit einem Beitrag behelligt zu werden, begründen könnte. Die Situation ist insoweit nicht mit der Lage bei den Anschlussbeiträgen vergleichbar, bei denen eine dauerhafte tatsächliche Vorteilslage regelmäßig bereits mit Vornahme des Anschlusses oder sogar schon bei Bestehen der Anschlussmöglichkeit entsteht (vgl. Senatsurteil vom 10.07.2014 - 2 S 2228/13 - juris).
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b) Dies kann aber letzten Endes dahinstehen. Denn auch unter Anwendung der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze ist hier eine etwaige absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung nicht überschritten. Das Bundesverwaltungsgericht hat die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze in seiner neueren Rechtsprechung präzisiert und dabei betont, dass durch die Anwendung des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben die Einhaltung des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit und damit die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Erhebung öffentlich-rechtlicher Abgaben sichergestellt werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 20.03.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211). Der Geltendmachung eines Beitrags, der den betroffenen Eigentümer in dem rechtsstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verletzt, steht hiernach der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Danach kann die Ausübung eines Rechts unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt und die Ausübung des Rechts aufgrund dieser eigenen Pflichtenverletzung treuwidrig erscheint. Wie alle Generalklauseln ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung Einfallstor für verfassungsrechtliche Wertungen. Der Begriff der Treuwidrigkeit ist deshalb so auszulegen, dass eine Erhebung von Beiträgen, die dem Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit widerspräche, ausgeschlossen ist.
47 
aa) Treuwidrig ist die Abgabenerhebung nach dieser neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum einen dann, wenn es aufgrund einer Pflichtverletzung der Gemeinde unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar erscheint, den Bürger mit der Abgabenerhebung zu konfrontieren. Zugrunde zu legen ist dabei ein enger Maßstab.
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Eine solche Unzumutbarkeit kann hier nicht angenommen werden. Zwar fällt es entgegen der schriftsätzlich vertretenen Auffassung der Beklagten (jedenfalls auch) in ihre Sphäre, dass sie einen nichtigen Erschließungsvertrag geschlossen hat, der hier letztlich zu einer späteren Beitragserhebung geführt hat. Dies kann ihr unter den besonderen Umständen des Einzelfalls aber nicht zum Vorwurf gemacht werden, nachdem nicht nur das erstinstanzliche Verwaltungsgericht, sondern auch der Senat den hier vorliegenden Erschließungsvertrag zunächst für wirksam gehalten hatten; erst in letzter Instanz ist das Bundesverwaltungsgericht zu der Auffassung gekommen, dass er nichtig sei. Angesichts dessen wiegt eine eventuelle Pflichtverletzung der Beklagten hier allenfalls leicht, sodass die verspätete Abgabenerhebung im vorliegenden Fall nicht als treuwidrig angesehen werden kann. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Sachverhalten, in denen die den Beitrag erhebende Gemeinde seit Jahrzehnten keine rechtsgültige Satzung erlassen hatte. Ein damit vergleichbares Versäumnis einer Gemeinde liegt hier nicht vor.
49 
Auch ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, nach dem Scheitern des Erschließungsvertrags nicht mit einem Erschließungsbeitrag belastet zu werden, konnte bei den Grundstückseigentümern nicht entstehen, denn ihnen musste klar sein, dass die Gemeinde die Erschließung nicht kostenfrei erstellen konnte. Dies war im Übrigen ersichtlich auch den damaligen Rechtsmittelführern in den Verfahren 2 S 424/08 (vor dem Senat) bzw. 9 C 8.09 (vor dem BVerwG) bewusst, die die Rückerstattung bereits gezahlter Kostenerstattungsbeträge geltend gemacht hatten. Sie hatten damals nicht vorgetragen, dass sie überhaupt nicht zu Erschließungskosten herangezogen werden dürften, sondern im Wesentlichen geltend gemacht, die konkrete Vertragsgestaltung führe zu einer unzulässigen Umgehung zwingender erschließungsbeitragsrechtlicher Vorschriften (vgl. den in dem Senatsurteil vom 23.10.2009 - 2 S 424/08 - DVBl. 2010, 185 und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.12.2010 - 9 C 8.09 - BVerwGE 138, 244 wiedergegebenen Vortrag der dortigen Kläger).
50 
bb) Darüber hinaus kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum anderen auch auf die Wertungen allgemeiner Verjährungsvorschriften zurückgegriffen werden. Zu denken ist etwa an die Regelung in § 53 Abs. 2 VwVfG, wonach eine Verjährungsfrist von 30 Jahren zu laufen beginnt, wenn ein Verwaltungsakt zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers unanfechtbar wird. Diese Vorschrift ist hier zwar nicht unmittelbar anwendbar. Die darin zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, die Durchsetzbarkeit des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf die längste im Zivilrecht vorgesehene Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 197 BGB) zu beschränken (vgl. auch BayVGH, Urteil vom 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 22) - und zwar unabhängig vom Entstehen des Anspruchs (vgl. § 199 Abs. 2 und 3 Nr. 2 BGB) - kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausfüllung des Treuwidrigkeitstatbestandes übernommen werden.
51 
Ein auch nur annähernd vergleichbarer Zeitraum ist hier jedoch nicht verstrichen. Nachdem erst im Jahr 2005 die Rechnungen der Unternehmer, die der Erschließungsträger beauftragt hatte, vollständig vorlagen, ist auch unter Hinwegdenken des nichtigen Erschließungsvertrags und unter Zugrundlegung der Annahme, dass der Erschließungsaufwand im Jahr 2005 vollumfänglich feststellbar gewesen wäre, zwischen dem Entstehen der Vorteilslage und dem Erlass der streitbefangenen Beitragsbescheide im Jahr 2012 nur ein relativ kurzer Zeitraum verstrichen, der noch nicht einmal annähernd die Höchstgrenze von 30 Jahren erreicht.
52 
cc) Schließlich spricht - ohne dass es darauf noch ankäme - im Ergebnis gegen eine Treuwidrigkeit auch, dass der Erschließungsträger den Grundstückseigentümern die gezahlten Kostenerstattungsbeträge zurückerstattet hat und damit keine Doppelbelastung der Grundstückseigentümer eingetreten ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Rückzahlung im Falle der Kläger an die Voreigentümer des Grundstücks erfolgt ist, denn insoweit ist auf eine grundstücksbezogene Betrachtungsweise abzustellen. Nach der Grundregel des § 436 BGB ist davon auszugehen, dass der Grundstücksverkäufer verpflichtet ist, den Erwerber von Erschließungsbeiträgen freizustellen. Aber auch wenn im Einzelfall eine andere vertragliche Gestaltung gewählt worden sein sollte - wofür die Kläger allerdings keinen konkreten Beleg geliefert haben -, fiele dies allein in den Risikobereich der Vertragsparteien und wäre daher nicht geeignet, eine Unbilligkeit zu begründen.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 27. Januar 2015
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.444,35 festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Die Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiete kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 durch Vereinbarung der beteiligten Länder erfolgen. Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, so wird die Neugliederung durch Bundesgesetz geregelt, das eine Volksbefragung vorsehen muß.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.