vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, 2 K 14.1729, 19.03.2015

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2015 - Au 2 K 14.1729 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Stadt, wendet sich dagegen, dass die Widerspruchsbehörde ihren an den beigeladenen Landkreis gerichteten Bescheid über die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die Herstellung der Erschließungsanlage A. Straße aufgehoben hat.

1. Die als Orts Straße gewidmete A. Straße verläuft von der R. Straße im Norden durch unbeplanten Innenbereich zur H. Straße/Rainhausgasse im Süden. Sie ist nach Ansicht der Klägerin von Norden aus gesehen auf einer Länge von etwa 340 m (bis auf Höhe des Anwesens Hausnummer 8) zum Anbau bestimmt und stellt in dieser Ausdehnung eine Erschließungsanlage dar (im Folgenden verkürzt: A. Straße). In diesem Bereich grenzt auf der westlichen Straßenseite das 44.881 m2 große Grundstück FlNr. 232 an, das die Klägerin dem Beigeladenen aufgrund eines Überlassungsvertrags vom 9. August 1977 zum Neubau eines Schulzentrums übereignet hatte. Im Zusammenhang mit dem Schulneubau wurden im Jahr 1980 an der südlichen Teilstrecke der A. Straße Straßenbaumaßnahmen durchgeführt. Erreicht wurde damals - für die gesamte Teilstrecke mit Erschließungsfunktion - ein Ausbauzustand mit einer 6 m breiten Fahrbahn und beidseitigen Gehwegen mit einer Breite von jeweils 1,50 m, wobei auf der westlichen Straßenseite vor dem Anliegergrundstück Hausnummer 23 (alt) eine ca. 10 m lange Engstelle verblieb. Dort ragte ein Wohngebäude in die Fluchtlinie des Gehwegs hinein, weshalb dieser nur mit einer Breite von etwa 0,70 m angelegt wurde; zusätzlich wurde der Gehweg an zwei Stellen durch Fallrohre zur Dachentwässerung dieses Gebäudes weiter um 0,10 bis 0,15 m verengt.

Nachdem ein Bauträger das Anwesen Hausnummer 23 (alt) gekauft und das Gebäude für den Neubau von Reihenhäusern (Dreispänner) abgebrochen hatte, erwarb die Klägerin 2012 eine Fläche von 8 m2 aus dem an die A. Straße grenzenden Teilgrundstück und verbreiterte den Gehweg auf 1,50 m. Mit Bescheid vom 24. März 2014 zog sie den Beigeladenen für das (Schul-)Grundstück FlNr. 232 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße in Höhe von 160.300,23 € heran. Dieser legte Widerspruch ein und beantragte bei dem Verwaltungsgericht mit Erfolg, die aufschiebende Wirkung seines Rechtsbehelfs anzuordnen (VG Augsburg, B.v. 4.8.2014 - Au 2 S. 14.894). Der Oberbürgermeister der Klägerin stellte mit dringlicher Anordnung vom 5. August 2014 fest, dass die A. Straße in dem nach Beseitigung der Engstelle erreichten Ausbauzustand den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche und damit rechtmäßig hergestellt sei. Diese auf Art. 37 Abs. 3 GO gestützte Anordnung wurde dem Stadtrat in der nächsten Sitzung bekanntgegeben.

Das Landratsamt gab dem Widerspruch des Beigeladenen statt und hob mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 den Erschließungsbeitragsbescheid auf. Dieser sei rechtswidrig, weil die gesetzliche Ausschlussfrist für die Festsetzung eines Erschließungsbeitrags abgelaufen sei. Die Vorteilslage sei bereits mit der endgültigen technischen Fertigstellung der A. Straße im Jahr 1980 und damit vor mehr als 30 Jahren eingetreten.

2. Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids gerichtete Klage mit Urteil vom 19. März 2015 für unbegründet erachtet und abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Das Landratsamt habe den Erschließungsbeitragsbescheid zu Recht aufgehoben, weil bei seinem Erlass die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG bereits abgelaufen gewesen sei. Der Lauf der Frist beginne mit dem Eintritt der Vorteilslage. Dieser Begriff knüpfe an für den Bürger ohne weiteres bestimmbare, rein tatsächliche Gegebenheiten an und lasse rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor. Die Vorteilslage trete ein, wenn die Straße insgesamt betriebsfertig, d.h. entsprechend der bekundeten Planung der Gemeinde technisch endgültig fertiggestellt sei. Das sei für die A. Straße bereits im Jahr 1980 der Fall gewesen.

Dem stehe nicht entgegen, dass der westliche Gehweg auf einer Länge von ca. 10 m bis zum Jahr 2013 lediglich mit einer durchschnittlichen Breite von 0,70 m bis 0,80 m statt von 1,50 m wie im übrigen Verlauf hergestellt worden sei. Der Herstellung läge weder ein Bebauungsplan noch eine örtliche Richtlinie oder ein förmliches Teileinrichtungs- oder Ausbauprogramm zu Grunde, aus dem sich eine verbindliche Festlegung der Gehwegbreite auf durchgängig 1,50 m ableiten lasse. Der Umstand, dass die Gehwege außerhalb der Engstelle einer Breite von 1,50 m aufweisen würden, lasse nicht zwingend den Schluss zu, dass vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) noch über 30 Jahre nach der Herstellung der Straße eine Verbreiterung des Gehwegs erfolgen werde. Ein bloßer Rückschluss vom Inhalt bestehender Ausbauplanungen auf einen voraussichtlich in gleicher Weise ausgeübten Planungswillen könne die Planung nicht ersetzen. Auch der Erschließungsbeitragssatzung könne keine Vorgabe für eine Mindestbreite der Gehwege entnommen werden. Ein objektiver Beobachter habe damals den Eindruck gewinnen können und dürfen, dass die Erschließungsanlage A. Straße in dem erreichten Zustand verbleiben werde, zumal das in den Gehweg hineinragende Gebäude nicht im Eigentum der Klägerin gestanden habe und keine Anhaltspunkte für einen in absehbarer Zeit erfolgenden Erwerb zum Abbruch vorgelegen hätten.

Der Gehweg habe trotz der Engstelle noch den Mindestanforderungen genügt, die an die Funktionsfähigkeit einer solchen Verkehrseinrichtung auch an einer Straße mit erhöhter Verkehrsbedeutung zu stellen sei. Dem Umstand, dass für die A. Straße damals keine Erschließungsbeiträge erhoben worden seien, komme kein besonderes Gewicht zu, weil die Klägerin nach den vom Beigeladenen vorgelegten Presseberichten offenbar jahrzehntelang auf die Erhebung von Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen verzichtet habe.

3. Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und macht geltend:

Die Vorteilslage sei nicht bereits 1980, sondern erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten. Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt und ihr keine Gelegenheit gegeben, zu den für entscheidungserheblich gehaltenen Umständen näher vorzutragen. Der Gehweg sei bis zur Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 funktionslos gewesen. Die starke Verengung auf einer Länge von mindestens 10 m sei so gravierend gewesen, dass sie auf die Funktionalität des Gehwegs zur Gänze durchgeschlagen habe. In unmittelbarer Umgebung befänden sich auf der gleichen Straßenseite drei Schulen. In den Stoßzeiten habe nur ein einzelnes Schulkind die Engstelle passieren können. Ein sicheres Begehen sei damit nicht möglich gewesen. Die Schüler hätten auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens und der starken Frequentierung durch Fußgänger sei ein Gehweg mit einer solch langen Verengung ungeeignet, seine Funktion zu erfüllen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch schon damals ein Bauprogramm für eine durchgehende Ausbaubreite des Gehsteigs von 1,50 m vorgelegen. Dieses ergebe sich aus der Zusammenschau der diversen für die verschiedenen Bereiche der A. Straße gefertigten Planungen und Ausbauentwürfe. Seit den 1970er Jahren verfolge die Klägerin das Ziel, die A. Straße so herzustellen, dass ein ausreichender Gehweg auf beiden Seiten der Straße vorhanden sei. Dieser Plan sei nie aufgegeben worden. 1967 habe es entlang der westlichen Straßenseite nur geringe Bebauung gegeben. Daher sei auf dieser Seite ein Gehweg nur in Teilen, nämlich nur im Bereich der Einmündung zur R. Straße, vorgesehen gewesen, auf der östlichen Straßenseite habe sich jedoch bereits überwiegend ein Gehweg mit einer Breite von 1,50 m befunden. In den Jahren 1970/1971 habe sich dann die Bebauung auf der westlichen Seite vermehrt. Auf dem entsprechenden Kartenauszug lasse sich deutlich erkennen, dass der Gehweg auf der westlichen Straßenseite weiter ausgebaut worden sei. Auch die Entwicklung des Ausbauzustandes dokumentiere, wie sich die Klägerin den endgültigen Ausbau vorgestellt habe. Dementsprechend werde aus der dringlichen Anordnung vom 5. August 2014 deutlich, dass im Jahr 1980 gerade nicht von einer endgültigen Herstellung ausgegangen worden sei. Mit dieser sei die Festlegung der Gehwegbreite auf 1,50 m verbindlich und nach außen erkennbar nachgeholt worden.

Im Jahr 1977 sei im Zusammenhang mit der Überlassung von städtischen Grundstücken an den Beigeladenen zum Neubau einer Berufsschule auch die Straßenerschließung erörtert worden. In der Niederschrift über die Sitzung des Finanzausschusses am 13. Juli 1977 sei ausgeführt, dass die Straße „noch nicht fertig ausgebaut“ sei. Der Straßenausbau im Jahr 1980 betreffe den südlichen Teil der A. Straße und entspreche weitgehend der bereits 1972 gefertigten Planung. Auch insoweit sei auf der westlichen Seite ein Gehweg von 1,50 m Breite vorgesehen gewesen. Da sich die Herstellungsarbeiten stets verzögert hätten und die Planung nicht umgesetzt worden sei, könne dem Verwaltungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden, dass spätestens mit den Straßenbaumaßnahmen im Jahr 1980 der endgültige Ausbauzustand erreicht und damit die Vorteilslage eingetreten sei. Hätte die Klägerin den Straßenausbau komplett mit dieser Maßnahme abschließen wollen, wäre zumindest ein Ausbauplan für die gesamte Straße gefertigt worden. Die weitere Ausbauabsicht der Klägerin sei klar erkennbar gewesen. Das Zusammenspiel der Planungen und Aussagen in den Stadtrats- und Ausschusssitzungen verdeutliche, dass die Planungen für den durchgehenden Ausbau der A. Straße zwar vorhanden, jedoch unter anderem aufgrund fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht umgesetzt worden seien. Im Zuge der Überlassung mehrerer Grundstücke an den Beigeladenen zum Zweck des Schulneubaus sei entgegen der Ansicht des Beigeladenen auch kein Erlass der Erschließungskosten für die A. Straße vereinbart worden. Bis mindestens 1987 habe es Gespräche mit dem Beigeladenen im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des Schulgeländes gegeben, aus denen dieser hätte erkennen müssen, dass die Straße noch nicht vollständig fertiggebaut sei. Dieses subjektive Element müsse bei der Frage, ob und wann die Vorteilslage eingetreten sei, Berücksichtigung finden.

Das Verwaltungsgericht habe zudem die Beweislast verkannt, weil es nicht berücksichtigt habe, dass die Gemeinde, sofern sie vom festgelegten Standard abweiche, ein gesteigerter Begründungsaufwand dafür treffe, dass die Erschließungsanlage ordnungsgemäß entsprechend den anerkannten Regeln der Technik hergestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. März 2015 abzuändern und den Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 aufzuheben sowie den Widerspruch des Beigeladenen zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und deshalb die 30-jährige Ausschlussfrist abgelaufen sei. Die Klägerin habe nicht substantiiert darlegen können, dass ein Bauprogramm vorgelegen habe, das erkennbar einen Ausbau des Gehwegs durchgängig auf eine Breite von 1,50 m festlege. Ihre Ausführungen ließen vielmehr den gegenteiligen Schluss zu. Dass aus damaliger Sicht das Gebäude auf dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) irgendwann abgerissen und die Klägerin dann den für die Gehwegverbreiterung erforderlichen Grund erwerben könne, seien Gesichtspunkte, die außerhalb einer objektiven Betrachtung lägen und deren Verwirklichung vollkommen offen seien. Im Übrigen sei bei Errichtung der Straße ein Gehweg mit einer anderen Führung nicht möglich gewesen. Selbst wenn es das von der Klägerin behauptete Bauprogramm gegeben hätte, wäre der zeitliche Horizont zu seiner Verwirklichung nicht absehbar gewesen. Der Beitragsschuldner wäre dann aber in Widerspruch zum Gebot der Rechtssicherheit im Unsicheren gelassen worden, ob und wann er zu Beiträgen herangezogen werden könne.

Das Verwaltungsgericht habe weiter zutreffend angenommen, dass der Gehweg trotz der Engstelle insgesamt funktionsfähig gewesen sei. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin werde durch die mehr als 30-jährige Nutzung mit Engstelle widerlegt. Ein objektiver Betrachter habe gerade aufgrund der Situation vor Ort nur zu dem Schluss gelangen können, dass der Gehweg vollständig hergestellt worden sei, weil er weder den Eindruck eines Provisoriums noch eines vorläufigen Ausbauzustandes vermittelt habe. Der Gehweg habe sich an den Verhältnissen vor Ort, wie sie über 30 Jahre lang bestanden hätten, orientiert. Indem die Klägerin die Straße erkennbar dem örtlichen Verkehr zur Verfügung gestellt habe, sei sie selbst von der Benutzbarkeit ausgegangen. Die dringliche Anordnung des Oberbürgermeisters vom 5. August 2014 betreffe die Rechtmäßigkeit der Herstellung als Voraussetzung des Entstehens der sachlichen Beitragsforderung. Sie gebe nichts für die streitentscheidende Frage her, wann die Vorteilslage eingetreten sei.

Der Beigeladene ist ebenfalls der Ansicht, die Vorteilslage sei bereits 1980 mit der endgültigen technischen Herstellung der A. Straße eingetreten, und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es habe damals weder einen Bebauungsplan noch ein Bauprogramm gegeben, welche den Ausbau beidseitiger Gehwege auf einer durchgängigen Breite von 1,50 m vorgesehen hätten. Insbesondere habe es für den Bereich der damaligen Engstelle keine entsprechende Planung gegeben. Eine solche hätte im Übrigen auch keinerlei Realisierungschance gehabt. Denn das Wohngebäude hätte gänzlich abgerissen werden müssen, was gegen den Willen der damaligen Eigentümerin nicht einmal im Wege der Enteignung umsetzbar gewesen wäre. Die Klägerin berufe sich in diesem Zusammenhang nicht etwa auf materialisierte Planungsvorstellungen in Form aussagefähiger Pläne, sondern auf die Aussagen von Personen, was von vornherein nicht ausreichen könne. Im Zuge der Diskussionen um die „äußere Erschließung“ des Schulzentrums habe der Landrat des Beigeladenen mit Schreiben vom 2. April 1981 an den Oberbürgermeister der Klägerin als Besprechungsergebnis wiedergegeben, dass der nördliche Teil der A. Straße nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellt sei.

Die Entstehung der beitragsrechtlichen Vorteilslage im Jahr 1980 könne auch nicht mit der Erwägung verneint werden, der westliche Gehweg sei wegen der Engstelle nicht funktionsfähig gewesen. Der Gehweg sei in der damals angelegten Gestalt das gewesen, was den Fußgängern aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage maximal habe geboten werden können und was unter diesen Umständen auch funktional ausgereicht habe. Das ergebe sich auch daraus, dass südlich des Grundstücks Hausnummer 23 (alt) der von den Schulen her kommende Geh- und Radweg (FlNr. 233/2) in die A. Straße münde; auf diesem Weg hätten die das Schulgelände nach Süden verlassenden Schüler ungehindert durch das in die Straße ragende Gebäude in die A. Straße gelangen können, während das Schulgelände ansonsten von Norden und Westen durch andere Straßen erschlossen sei. Abgesehen davon habe die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite auch für sich betrachtet den Mindestanforderungen genügt.

Darüber hinaus stehe der Beitragserhebung noch entgegen, dass die Klägerin sich dem Beigeladenen gegenüber 1977 vertraglich zur Herstellung der „äußeren Erschließung“ des Schulgeländes auf eigene Kosten verpflichtet habe, während dem Beigeladenen die „innere Erschließung“ überlassen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die von der Klägerin und vom Landratsamt vorgelegten Aktenheftungen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 23. Februar 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerspruchbescheid gerichtete Anfechtungsklage (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn die Widerspruchsbehörde hat den Erschließungsbeitragsbescheid vom 24. März 2014, mit dem die Klägerin den Beigeladenen zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße herangezogen hat, zu Recht aufgehoben. Dieser Bescheid war rechtswidrig, weil die durch die A. Straße vermittelte Vorteilslage bereits 1980 eingetreten und demnach die 30-jährige Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG für eine Beitragsfestsetzung bei Bescheidserlass bereits abgelaufen war.

1. Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt.

Mit dieser Vorschrift, die durch Änderungsgesetz vom 11. März 2014 (GVBl S. 570) in das Kommunalabgabengesetz eingefügt wurde, ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, das mit Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143 ff.) die Vorgängerregelung für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG erklärt hatte. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsgleichheit und -vorhersehbarkeit Regelungen, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich - wie der hier in Streit stehende Erschließungsbeitrag - nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG gewährleistet eine bestimmbare zeitliche Obergrenze in Gestalt einer Ausschlussfrist, die durch den Eintritt der Vorteilslage ausgelöst wird und nach deren Ablauf eine Beitragserhebung zwingend und ausnahmslos ausscheidet, auch dann, wenn die Beitragsschuld noch nicht entstanden ist und deshalb auch noch nicht hätte festgesetzt werden dürfen und verjähren können. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet ebenso wenig verfassungsrechtlichen Bedenken wie die in Art. 19 Abs. 2 KAG für Übergangsfälle einheitlich auf 30 Jahre festgelegte Zeitspanne (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 70 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 - 20 B 14.1441 - juris Rn. 25).

Der Begriff der Vorteilslage knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld außen vor (vgl. LTDrs. 17/370 S. 13). Es kommt demnach für die Ausschlussfrist mit Blick auf eine beitragsfähige Erschließungsanlage (früher § 127 Abs. 2 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 KAG) auf die tatsächliche - bautechnische - Durchführung der jeweiligen Erschließungsmaßnahme an, nicht aber auf die rechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten, wie die Widmung der Anlage, die planungsrechtliche Rechtmäßigkeit ihrer Herstellung, die Wirksamkeit der Beitragssatzung oder den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung.

Ob eine Erschließungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt und die Vorteilslage folglich eingetreten ist, beurteilt sich nicht nach - kaum greifbaren - allgemeinen Vorstellungen von einer „Benutzbarkeit“ und „Gebrauchsfertigkeit“ der Anlage oder einer „ausreichenden Erschließung“ der angrenzenden Grundstücke. Beurteilungsmaßstab ist vielmehr die konkrete Planung der Gemeinde für die jeweilige Anlage. Denn allein die Gemeinde entscheidet im Rahmen der ihr obliegenden Erschließungsaufgabe (§ 123 Abs. 1 BauGB) und der sich daraus ergebenden gesetzlichen Schranken über Art und Umfang der von ihr für erforderlich gehaltenen Erschließungsanlagen. Entscheidend kommt es mit anderen Worten darauf an, ob die - wirksame - konkrete gemeindliche Planung für die Erschließungsmaßnahme sowohl im räumlichen Umfang als auch in der bautechnischen Ausführung bislang nur provisorisch ausgeführt oder schon vollständig umgesetzt ist. Dementsprechend tritt die Vorteilslage bei einer A. Straße (früher § 127 Abs. 2 Nr. 1 BBauG/BauGB; nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), wie der Senat wiederholt entschieden hat, (erst) dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 15). Bleibt der Ausbau hinter der Planung zurück, ist zu prüfen, ob die Gemeinde ihre weitergehende Planung - wirksam - aufgegeben hat und den erreichten technischen Ausbauzustand nunmehr als endgültig mit der Folge ansieht, dass mit Aufgabe der Planung die Vorteilslage eingetreten ist.

2. Gemessen an diesem Maßstab ist die Vorteilslage, welche die A. Straße auf der maßgeblichen, etwa 340 m langen zum Anbau bestimmten Strecke zwischen R. Straße und dem Anliegergrundstück Hausnummer 8 den anliegenden Grundstücken vermittelt, bereits 1980 eingetreten. Denn in diesem Jahr ist die Straße trotz der verbliebenen Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) endgültig technisch fertiggestellt worden.

Im Jahr 1980 war die südliche Teilstrecke der A. Straße im Zusammenhang mit dem Neubau des Schulzentrums auf dem Grundstück des Beigeladenen plangemäß an die bereits zuvor ausgebaute nördliche Teilstrecke angepasst worden. Die A. Straße wies nach Durchführung dieser Bauarbeiten durchgehend eine Fahrbahnbreite von 6 m auf, verfügte über beiderseitige Gehwege sowie die Teileinrichtungen Beleuchtung und Entwässerung und entsprach, wovon die Klägerin selbst ausgeht, in sämtlichen angelegten Teilen den bautechnischen Herstellungsmerkmalen der Erschließungsbeitragssatzung. An der nördlichen Teilstrecke verblieb lediglich die Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt). Diese Engstelle ergab sich daraus, dass das Wohnhaus geringfügig in die Straßentrasse hineinragte und deshalb der westliche Gehweg an dieser Stelle mit etwa 0,70 m nur knapp halb so breit angelegt war wie auf der übrigen Strecke. Die von der Klägerin vorgelegten Bilder belegen, dass sich der Gehweg unmittelbar vor und nach dem Gebäude wieder auf die übliche Gehwegbreite von 1,50 m aufweitete. Diese Ausmaße der Engstelle werden dadurch bestätigt, dass die Klägerin für ihre Beseitigung von der Grundstückseigentümerin laut Kaufvertrag vom 19. November 2012 lediglich eine „Verkehrsfläche zu 8 m2“ (Flst. 229/5 ) erworben hat. Bei einer Gebäudelänge von ca. 10 m errechnet sich daraus ein etwa 0,80 m breiter Streifen, der dem Gehweg an dieser Stelle zu einer Breite von 1,50 m fehlte. Die an der Engstelle verbleibende Gehwegbreite von etwa 0,70 m wurde zudem an den beiden Hausecken durch zwei Fallrohre um 0,10 bis 0,15 m verringert.

Den vorliegenden Unterlagen und dem Vorbringen der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass bei Abschluss der Straßenbauarbeiten im Jahr 1980 eine hinreichend konkrete städtische Planung dafür (fort-) bestanden haben könnte, die Engstelle zu beseitigen. Vielmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass mit der Anpassung der südlichen Teilstrecke die damalige Planung für die A. Straße vollständig umgesetzt und diese damit als Erschließungsanlage technisch fertiggestellt worden ist.

Ein förmliches Bauprogramm war für die A. Straße nach dem Vorbringen der Klägerin nicht beschlossen worden. Konkrete Pläne oder sonstige aktenmäßig unmissverständlich dokumentierte Aussagen über das damalige Ausbauziel für die A. Straße auf Höhe des Wohnhauses Hausnummer 23 (alt) gibt es ebenfalls nicht. Nach allen noch verfügbaren Unterlagen - auch und gerade im Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung des neuen Schulzentrums - ist davon auszugehen, dass mit dem 1980 erreichten Ausbauzustand das damals vom Stadtrat zumindest konkludent gebilligte Planungskonzept (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2014 - 6 ZB 13.431 - juris Rn. 10) hinsichtlich Ausdehnung und technischem Ausbauzustand der A. Straße sowohl für die nördliche als auch für die südliche Teilstrecke vollständig umgesetzt war. Die nachfolgenden Erörterungen und Maßnahmen betrafen lediglich verkehrsrechtliche Anordnungen (etwa die Sperrung für den Durchgangsverkehr), nicht aber bauliche Veränderungen oder gar die Beseitigung der Engstelle. Dass auf Seiten der Klägerin im Verlauf der 1980er Jahre noch Rechnungen im Zusammenhang mit der Straßenherstellung aktenmäßig zusammengestellt worden sind, stand dem Eintritt der Vorteilslage ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass der Beigeladene ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verfügung vom 2. Dezember 1982 in den Jahren 1982/83 an die Klägerin aus dem Schulgrundstück FlNr. 232 einen insgesamt 267 m2 großen Grundstücksstreifen entlang der Grenze zum Straßengrundstück der Klägerin „für die Verbreiterung der A. Straße“ (zurück-) übereignet hat; denn bei dieser Teilfläche handelt es sich, wie die Markierung im beigefügten Lageplan erkennen lässt, um die bereits 1980 überbaute Verkehrsfläche an der südlichen Teilstrecke der A. Straße.

Die 1980 verbliebene Engstelle vor Hausnummer 23 (alt) war durch ein Wohngebäude auf Privatgrund vorgegeben und der Rechtsmacht der Klägerin entzogen. Ein Bebauungsplan mit entsprechender Ausweisung als öffentliche Verkehrsfläche fehlte, wobei im Übrigen fraglich erscheint, ob eine solche Festsetzung als Voraussetzung für eine Enteignung überhaupt rechtmäßig in Betracht gekommen wäre. Es gab keinerlei sonstige auch nur ansatzweise konkretisierte und dokumentierte Planung für eine Gehwegverbreiterung oder gar Versuche zur Beschaffung der Fläche und Abbruch des Gebäudes. Dementsprechend ist in Gesprächen zwischen Mitarbeitern der Klägerin und des Beigeladenen zumindest der Eindruck vermittelt worden, die A. Straße sei fertiggestellt. So ist in dem Schreiben des damaligen Landrats des Beigeladenen vom 2. April 1981 an den früheren Oberbürgermeister der Klägerin von einem „nach Aussage des Stadtbauamtes endgültig hergestellten nördlichen Teil der A. Straße“ die Rede. Ob auf Seiten des Beigeladenen, wie die Klägerin geltend macht, gleichwohl Anlass zur Annahme hätte bestehen müssen, die endgültige Fertigstellung der A. Straße stehe noch aus, ist unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob das Landratsamt in seiner Doppelfunktion als Kreis- und Staatsbehörde die Klägerin auf die erschließungsbeitragsrechtliche Situation hätte hinweisen und möglicherweise rechtsaufsichtlich tätig werden müssen. Denn der Eintritt der Vorteilslage beurteilt sich nicht nach subjektiven Vorstellungen möglicher Beitragsschuldner und etwaigen Vertrauensschutzgesichtspunkten, sondern nach erkennbaren objektiven Umständen, nämlich der vom Stadtrat (Ausschuss) ausdrücklich oder konkludent beschlossenen - und aufrecht erhaltenen - konkreten Planung einerseits und dem Ausmaß ihrer technischen Umsetzung andererseits.

Es mag auf Seiten der Klägerin schon damals Überlegungen gegeben haben, die Engstelle zu beseitigen und den Gehweg auf die übliche Breite auszubauen, sobald sich irgendwann einmal die Gelegenheit bieten sollte. Solche allgemeinen Erwägungen können jedoch schon mangels zeitlicher Absehbarkeit und Umsetzungsmöglichkeit aus eigener Rechtsmacht nicht als konkretes Bauprogramm angesehen werden. Sie sind ungeeignet, eine im Übrigen technisch fertiggestellte Erschließungsmaßnahme beitragsrechtlich auf unabsehbare Zeit „offen zu halten“. Ein solches Verständnis widerspräche dem mit der gesetzlichen Ausschlussfrist verfolgten Ziel, sicherzustellen, dass vorteilsabgeltende Abgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden dürfen. Deshalb bestand kein Anlass, den Beweisanregungen der Klägerin nachzugehen und frühere Mitarbeiter zu den damaligen Vorstellungen über eine Beseitigung der Engstelle anzuhören.

Die Vorteilslage wäre allerdings erst mit Beseitigung der Engstelle im Jahr 2013 eingetreten, wenn der westliche Gehweg früher funktionslos gewesen wäre. Denn nach dem insoweit konkreten und unmissverständlichen Bauprogramm sollte die A. Straße auch bereits 1980 über beidseitige funktionsfähige Gehwege verfügen. Von einer Funktionslosigkeit kann jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin auch unter Berücksichtigung der besonderen Verkehrsverhältnisse nicht die Rede sein. Beide Gehwege verfügten mit Ausnahme der Engstelle vor dem Anwesen Hausnummer 23 (alt) über die Mindestbreite von 1,50 m und waren damit ohne weiteres funktionsgerecht (vgl. BayVGH, U.v. 11.6.2002 - 6 B 97.2354 - DVBl 2002, 1417 f.). Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der 340 m langen A. Straße führte die Engstelle, an welcher der Gehweg auf einer geringen Länge von etwa 10 m nur eine Breite von ca. 0,70 m, an den beiden Fallrohren nur 0,55 bis 0,60 m erreichte, nicht zur Funktionsunfähigkeit der Gehweganlage. Vielmehr sind einzelne Engstellen grundsätzlich auszublenden (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2010 - 6 ZB 09.1394 - juris Rn. 5; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.132 - BayVBl 2013, 211 Rn. 27 zu einer etwa 80 m langen Engstelle mit einem teilweise knapp unter 0,70 m breiten Gehweg). Wenn aufgrund beengter innerörtlicher Verhältnisse nicht alle Kriterien der als Orientierungshilfe dienenden Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen (vgl. RASt 2006 bzw. EAE 85/95) eingehalten werden können, ist das unschädlich. Das gilt für die A. Straße umso mehr, als sich den Fußgängern auf beiden Straßenseiten Möglichkeiten zur Umgehung der Engstelle boten, nämlich zum einen auf dem östlichen, durchgehend 1,50 m breiten Gehweg, zum anderen auf dem selbstständigen Fußweg, der südlich des Anwesens Hausnummer 23 (alt) von der A. Straße nach Westen abzweigt und am Schulgelände nach Norden auf die R. Straße führt.

Die Vorteilslage war demnach bereits 1980 eingetreten. Die Klägerin hätte schon damals - nach Herbeiführen der übrigen Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten - Erschließungsbeiträge für die erstmalige endgültige Herstellung der A. Straße erheben können und gemäß § 127 Abs. 1 BBauG auch müssen. Nach Ablauf der 30-jährigen Ausschlussfrist ist sie daran jedoch rechtlich gehindert. Ob der Beigeladene einer Beitragserhebung darüber hinaus die mit der Klägerin geschlossene Vereinbarung zur Übernahme der Sachträgerschaft für die Staatliche Fachoberschule entgegenhalten kann, bedarf keiner Entscheidung.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, ihr nach § 162 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser einen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

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(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der

Baugesetzbuch - BBauG | § 127 Erhebung des Erschließungsbeitrags


(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind 1. die öffentli

Baugesetzbuch - BBauG | § 123 Erschließungslast


(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt. (2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauun

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Beigeladene ist Eigentümer des 44.881 qm großen mit einem Schulgebäudekomplex (Berufsschule/Berufsoberschule/Fachoberschule) bebauten Grundstücks Fl.Nr. ... Gemarkung ... (...straße ...), das mit seiner Ostseite an der Erschließungsanlage „...straße“ anliegt. Das Abrechnungsgebiet liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, sondern ist dem Innenbereich (§ 34 BauGB) zuzurechnen.

Bei der ...straße handelt es sich um eine als Ortsstraße gewidmete Straße, die im Norden in die ... Straße mündet und die im Süden an die ... Straße bzw. an die ...gasse angebunden ist.

Auf die mit Schreiben der Bauverwaltung der Klägerin vom 21. Januar 2014 an die Stadtplanung/Herrn ... erbetene Prüfung und Mitteilung, ob die ...straße den Kriterien des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechend hergestellt sei, wurde ein undatierter, den Ersteller nicht erkennen lassender Vermerk gefertigt, der im Ergebnis feststellt, dass die Errichtung der Erschließungsanlagen in der...straße den in § 1 Abs. 4 bis Abs. 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspricht.

Die Klägerin veranlagte den Beigeladenen als Eigentümer des genannten Grundstücks mit Bescheid vom 24. März 2014 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage „...straße“ in Höhe von 160.300,23 EUR.

Hiergegen hat der Beigeladene mit Schreiben vom 22. April 2014 Widerspruch erhoben.

Der vom Beigeladenen mit Schreiben vom 27. April 2014 gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheids wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 16. Mai 2014 abgelehnt.

Ein daraufhin vom Beigeladenen beim Verwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen Au 2 S 14.894 geführtes Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte Erfolg. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 4. August 2014 wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beigeladenen vom 22. April 2014 gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 24. März 2014 angeordnet.

Auf den Widerspruch des Beigeladenen hat das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 2014 den Erschließungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 24. März 2014 für das Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... aufgehoben.

Die Klägerin erhob am 3. Dezember 2014 hiergegen Klage. Für sie ist beantragt,

den Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... vom 26. November 2014, Az. ..., aufzuheben.

Zur Begründung wurde zunächst auf die Ausführungen im Verfahren Au 2 S 14.894 Bezug genommen. Der Erschließungsbeitragsbescheid vom 24. März 2014 sei rechtmäßig. Die Abrechnung der Erschließungsanlage „...straße“ sei bis 2013 aus Rechtsgründen nicht möglich gewesen. Die Ausschlussfrist des Art. 19 Abs. 2 KAG komme hier nicht zum Tragen. Die Rechtsprechung stelle im Erschließungsbeitragsrecht bei den Verjährungsfristen auf die endgültige technische Fertigstellung der Erschließungsanlage entsprechend den in der Erschließungsbeitragssatzung zu erfüllenden erforderlichen Merkmalen ab. Für die Ermittlung der Vorteilslage, die durch die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit der Straße entstehe, komme es auf die endgültige technische Fertigstellung an. Gleiches gehe auch aus der Gesetzesbegründung zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes hervor. In der Literatur werde überwiegend die Meinung vertreten, dass die Vorteilslage erst dann eintrete, wenn die technische Herstellung der Straße gemäß dem einschlägigen Bauprogramm vollständig abgeschlossen sei. Entsprechend der vorgelegten Fotodokumentation habe das frühere Haus ...straße ... massiv in die Gehwegfluchtlinie hineingeragt und dadurch eine optische Sperrwirkung im seinerzeitigen Gehwegverlauf bewirkt. Auf Höhe dieses Gebäudes sei der Gehweg so schmal gewesen, dass ein Begegnungsverkehr von Fußgängern und Kinderwagen nicht ohne weiteres möglich gewesen sei. Der Durchgang sei auch dadurch erschwert worden, dass die beiden an der Straßenseite des Hauses verlaufenden Fallrohre aus den Dachrinnen in den Gehwegbereich hinein geragt hätten. Bei einer angenommenen Gehwegbreite von dort 0,70 m hätten an diesen Stellen noch etwa 10 bis 15 cm für die Breite der Fallrohre und deren Abstand zur Hauswand abgezogen werden müssen. Hieraus habe sich dann eine nutzbare Gehwegbreite von nur noch 0,55 m bis 0,60 m ergeben. Diese Breite habe nicht als ausreichend erachtet werden können. Ein Fußgänger benutze den Gehweg nicht ohne Abstand zur Hauswand bzw. zum Fallrohr und zum Schramboard, so dass sich die effektiv zur Verfügung stehende Gehwegbreite weiter reduziert habe. Bei anzunehmenden Breiten von Kinderwagen oder Buggys von meist um 50 bis 65 cm sei ein solcher Gehweg mit diesen Fahrzeugen nicht befahrbar und ein Ausweichen auf die andere Straßenseite oder kurzfristig auf die Fahrbahn erforderlich gewesen. Zudem sei die Frage, ob ein Gehweg seine Funktion erfüllen könne, von vielen Faktoren abhängig, z. B. von der Erschließungsfunktion (Wohn- oder Hauptverkehrsstraße), Kraftfahrzeug- bzw. Fußgängerfrequenz, Zielverkehr (Wohnen, Gewerbe, öffentliche Einrichtungen). Die ...straße weise einen erhöhten Ziel- und Quellverkehr auf. Als Durchfahrtstraße zur ... Insel und Erschließungsstraße im Sinne einer Zubringerstraße zum Schulzentrum müsse sie in der Lage sein, auch den dadurch hervorgerufenen Fußgängerverkehr abzuwickeln. Sie sei bereits Mitte der 1970er Jahre als Ausweichstrecke zur Insel genutzt worden und stelle auch heute noch eine Durchfahrtsstraße und wichtige Verkehrsverbindung im ... Straßennetz dar. Darüber hinaus liege die Berufs-, die Berufsober- und die Fachoberschule an der ...straße, welche nicht nur durch Autos, sondern auch durch Schüler als Fußgänger einen erhöhten Ziel- und Quellverkehr auslösten. Gerade bei Gruppen von Schülern könne nicht davon ausgegangen werden, dass die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt stets beachtet werde und bei einem sich verengenden Gehweg nur noch hintereinander gelaufen werde. Vielmehr werde bei solchen Gelegenheiten auf die Fahrbahn ausgewichen. Dies zeige, dass die Gehwegbreite von letztlich nur knapp 0,55 m bis 0,60 m nicht ausreichend gewesen sei, um einen verkehrssicheren Schulweg einschließlich Gegenverkehr zu gewährleisten.

Die im Widerspruchsbescheid vom Beklagten vertretende Auffassung, die Klägerin habe kein entsprechendes Bauprogramm zur Herstellung der ...straße mit einer Fahrbahnbreite von 6,00 m und beidseitigen Gehwegen mit je 1,50 m besessen, treffe nicht zu. Die Lagepläne von 1972 würden im südlichen und nördlichen Bereich jeweils eine Straßenbreite von 6,00 m zuzüglich Gehwegen von je 1,50 m, also insgesamt 9,00 m Breite, aufweisen. Für den südlichen Bauabschnitt liege eine noch genauere Planung aus dem Jahr 1980 vor, die auf den Vorgängerplänen aufbaue und ebenfalls eine Straßenbreite von 9,00 m einschließlich zwei Gehwegen mit je 1,50 m Breite vorsehe. Durch diese Unterlagen werde dokumentiert, dass für die Straße auf ihrer gesamten Länge, also auch auf Höhe des früheren Anwesens ...straße ..., diese Breiten vorgesehen gewesen seien. Dies gelte vor allem im Hinblick auf die im südlichen Bereich noch nicht vorhandene Bebauung und das 1980 erst geplante Schulzentrum, für dessen Bereich es 1976 auch einen Aufstellungsbeschluss zu einem Bebauungsplan gegeben habe. Wie aus mehreren Protokollen hervorgehe, sei die ...straße bereits zum damaligen Zeitpunkt eine weitere Zufahrt zur Insel und nicht nur Wohn- sondern auch Durchgangsstraße gewesen. Möglicherweise mag es kein Bauprogramm nach heutigem Standard für die ...straße gegeben haben. Für jeden objektiven Beobachter sei jedoch erkennbar gewesen, dass eine klare Bauabsicht und der Wille bestanden haben, die ...straße ursprünglich sogar auf ganzer Länge mit 9,00 m Breite auszubauen. Aufgrund der Angaben des Lageplans von 1972 könne festgestellt werden, dass begründet durch die Lage der ...straße, d. h. ihrem geradlinigen Verlauf ohne Kreuzungen zwischen der ... Straße und der ...gasse, kein anderer Ausbauzustand zu erwarten gewesen sei als auch in der Planung von 1980 für den südlichen Bauabschnitt dargestellt. Die vorliegenden Planunterlagen seien ausreichend, um den angestrebten Ausbaustandard für die endgültige Straßenherstellung nachzuweisen. Die Tatsache, dass die ...straße bisher nicht abgerechnet worden sei, lasse zudem durchaus den Rückschluss zu, dass man bereits in den früheren Jahren der Ansicht gewesen sei, die endgültige Fertigstellung sei erst erreicht, wenn auch die gesamten Gehwege entlang der Bebauung mit der vorgesehenen und bis dahin lediglich mit der Ausnahme beim Anwesen ...straße ... umgesetzten 1,5 m Breite hergestellt seien.

Das Anwesen ...straße ... sei zwar mehrmals verkauft worden, ohne dass die Klägerin ein Ankaufsrecht geltend gemacht habe. Hierfür habe jedoch keine Rechtsgrundlage bestanden. Der Kauf des gesamten Grundstücks und der anschließende Abriss des Hauses, um die Vervollständigung des Gehwegs erreichen zu können, hätte als unverhältnismäßig angesehen werden müssen und wäre mit dem Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung nicht vereinbar gewesen. Für einen objektiven Betrachter habe sich der Zustand des Gehwegs beim Anwesen ...straße ... gerade nicht als auf ewige Zeit zementiert dargestellt. Bauliche Entwicklungen im Ort hätten sich meist so dargestellt, dass Grundstücke mit einem alten Gebäudebestand aufgekauft, die Gebäude abgebrochen und die Grundstücke nachfolgend verdichtet bebaut worden seien. Dieses Vorgehen sei vor allem bei Grundstücken festzustellen gewesen, wo die Gebäude nicht mehr unterhalten worden seien. Dies habe auch für das Haus in der ...straße ... gegolten. Es sei daher absehbar gewesen, dass das dortige Gebäude nicht auf Dauer Bestand haben werde, sondern dass das Grundstück einer Neubebauung zugeführt werden würde. Mit dem Abbruch des Hauses sei die Klägerin tätig geworden, habe die fehlende Fläche für den Gehwegausbau in ihr Eigentum überführt und die Fertigstellung des Gehweges veranlasst. Dies zeige, dass die Klägerin ebenso wie jedem objektiven Betrachter auch noch im Jahr 2012 bewusst gewesen sei, dass es einem Teilstück des Gehwegs an der ausreichenden Breite mangelte und die bis auf diesen Abschnitt realisierte Straßenbreite inklusive Gehweg nun auch in diesem Bereich umgesetzt werden könne. Nach den Festsetzungen der Erschließungsbeitragssatzung sei das Vorhandensein eines Gehwegs nicht als Merkmal für die erstmalige endgültige technische Herstellung aufgeführt, da dies bedeutet hätte, dass jede Straße für ihre erstmalige endgültige Herstellung einen oder mehrere Gehwege, Grünstreifen oder Parkbuchten benötigen würde. Es komme jedoch darauf an, ob die Planungen für die ...straße bereits im Jahr 1980 und davor die Anlegung eines Gehweges vorgesehen hätten, da Gehwege nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz schon immer Bestandteil der Straße gewesen seien. Wie oben bereits ausgeführt, habe bereits in den 1970er Jahren die Absicht bestanden, die ...straße mit beidseitigen Gehwegen von je 1,50 m Breite anzulegen. Vor der endgültigen Herstellung des Gehwegs habe deshalb die Beitragspflicht nicht entstehen können. Erst mit der durchgängigen Gehwegbreite von 1,50 m habe es sich bei der ...straße um eine insgesamt „betriebsfertige Einrichtung“ gehandelt. Dem objektiven Beobachter sei klar gewesen, dass eine Straße, deren Gehweg sich auf einer zehn Meter langen Teilstrecke bis auf etwas mehr als einen halben Meter verenge und sonst durchgehend eine Breite von 1,50 m aufweise, nicht endgültig technisch hergestellt sein könne. Die Rechtsauffassung der Klägerin sei im Übrigen hinsichtlich der endgültigen technischen Herstellung und dem damit verbundenen Eintritt der Vorteilslage durch Stellungnahmen des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Gemeindetags und des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands bestätigt worden.

Der Erlass des Widerspruchsbescheids durch das Landratsamt ... sei rechtswidrig. Der gesetzliche Vertreter der beitragspflichtigen Körperschaft sei zugleich der Leiter des Landratsamts als Staatsbehörde. Da sich dieser jedoch nicht selbst kontrollieren dürfe, fehle es an der Zuständigkeit des staatlichen Landratsamts für die Entscheidung über den Widerspruch.

Das Abstellen auf die Vorteilslage erscheine fragwürdig, da kein Betrachter feststellen könne, wann eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung vorliege. Nur Fachleuten sei es (nach Entnahme von Proben) beispielsweise möglich, festzustellen, ob der Unterbau der Fahrbahn den technischen Anforderungen entspreche. Die Widerspruchsbehörde habe das in den Unterlagen der 1970er und 1980er Jahre zum Ausdruck kommende Bauprogramm der Stadt weitgehend ignoriert. Jeder Notar weise in einem Grundstückskaufvertrag ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, dass noch Abgaben entstehen können, so dass „Überraschungen“ ausgeschlossen seien.

Mit Beschluss vom 3. Dezember 2014 wurde der Landkreis ... zum Verfahren beigeladen.

Der Beigeladene wandte sich mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2014 gegen das Klagebegehren. Für ihn ist beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte stellte mit Schreiben des Landratsamts ... vom 30. Dezember 2014 den Antrag,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 4. August 2014 verwiesen. Was die Funktionsfähigkeit des Gehwegs an der ...straße angehe, werde auf die Darlegungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Dabei sei von der Widerspruchsbehörde durchaus berücksichtigt worden, dass Gehwege eine Mindestbreite aufweisen müssten, um Fußgängern ein sicheres Begehen zu ermöglichen. Nicht funktionsfähig sei eine Teileinrichtung aber erst dann, wenn sie im Ganzen absolut ungeeignet sei, die ihr in verkehrstechnischer Hinsicht zugedachte Funktion in der konkreten örtlichen Situation tatsächlich zu erfüllen. Dabei komme es weder auf punktuelle Engpässe, in denen selbst der oben beschriebene Verkehrsraum nicht mehr zur Verfügung stehe, noch auf besondere Nutzungsansprüche von Verkehrsteilnehmern oder eine Begegnungsverkehrsbreite an. Eine derartige Einschränkung der Funktion des Gehwegs sei hier nicht gegeben gewesen, auch wenn der Gehwegbereich an zwei Stellen wegen Fallrohren weiter verengt worden sei. Die Verschmälerung des Gehwegs habe nur eine Länge von zehn Metern betroffen. Insgesamt betrachtet sei der Gehweg als funktionsfähig einzustufen gewesen.

Zur Erschließungsfunktion der ...straße sowie zu der Qualität als Durchfahrtsstraße zur ... Insel und Zubringerstraße zum Schulkomplex sei Stellung genommen worden. Im Bereich der ...straße sei kaum mit Schülern zu rechnen, die die Gehwege benützten, da Fußgänger zur Schule hier die absolute Ausnahme darstellten.

Das Landratsamt ... sei zur Entscheidung über den Widerspruch zuständig gewesen. Es sei im Rahmen des Widerspruchsverfahrens als Staatsbehörde tätig geworden. Der Beigeladene habe als kommunale Gebietskörperschaft, an die der Erschließungsbeitragsbescheid gerichtet sei, mit dem Widerspruchsverfahren nichts zu tun, die Kreisorgane hätten dabei keine Zuständigkeiten. Eine andere Zuständigkeitsregelung für Widersprüche von Landkreisen sei nicht vorhanden. Im Übrigen sei die Bearbeitung des Widerspruchs durch die Rechtsaufsichtsbehörde getrennt von der Einlegung des Widerspruchs und des Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erfolgt. In diesem Zusammenhang sei auch die Entscheidung über die Hinzuziehung des Rechtsanwalts durch den Beigeladenen im Widerspruchsverfahren zu verstehen. Die staatliche Rechtsaufsichtsbehörde sei bei der Anfechtung des streitgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheids nicht tätig geworden.

Der Beigeladene führte mit Schriftsatz vom 27. Januar 2015 aus, er verweise zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Vorbringen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Die Klägerin habe den Entscheidungsgründen im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. August 2014 keine neuen entscheidungserheblichen Argumente entgegengesetzt. Die bislang für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. November 2013 sowie die Reaktion des Bayerischen Landesgesetzgebers in Form des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 würden in bedeutsamer Weise ergänzt durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. März 2014 (Az. 4 C 11.13). Dieser Entscheidung komme nicht nur deshalb besondere Bedeutung zu, weil sie ausdrücklich die zum Erschließungsbeitragsrecht ergangene Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. November 2013 bestätige, sondern wegen ihres Anspruchs auf Allgemeingültigkeit für alle Fallkonstellationen, in denen eine Vorteilslage durch öffentliche Abgaben abgegolten werde. Die Entscheidung betreffe also gerade nicht nur die dort streitgegenständlichen sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeiträge. Soweit die Klägerin unablässig wiederhole, sie habe die ...straße stets für unfertig gehalten und stets - vom Bürger unbemerkt - vorgehabt, die Straße nach Maßgabe eines (nicht vorhandenen) Bauprogramms auszubauen und zu gegebener Zeit Erschließungsbeiträge zu erheben, greife dies zu kurz. Sie trage dies vor, obwohl sie nichts dafür getan habe, um den angeblich gewünschten Straßenzustand zu erreichen. Es sei nie der Versuch unternommen worden, die angeblich unbefriedigende Verkehrssituation zu lösen und eine Neubebauung zu initiieren. Die Klägerin habe die für die Verbreiterung des Gehwegs notwendigen acht Quadratmeter Fläche nicht einmal dem Bauträger abgekauft, der sie für sein Neubauvorhaben gar nicht gebraucht habe, sondern einen Vertragsschluss mit dessen Käuferin abgewartet.

Es sei im Übrigen auch denkbar, den Fall - wie vom Bundesverwaltungsgericht entschieden - unter Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben in der Ausprägung der unzulässigen Rechtsausübung zu lösen. Ein derartiger Fall in der Sphäre der Klägerin angesiedelter Versäumnisse liegt hier vor, wenn man - allerdings wohl zu Unrecht - zu dem Ergebnis gelangen würde, dass die Vorteilslage im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG nicht bereits im Jahr 1980 entstanden sei.

Der Beklagte verzichtete mit Schreiben vom 3. Februar 2015 auf mündliche Verhandlung. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 20. Februar 2015 ebenfalls den Verzicht auf mündliche Verhandlung. Im Übrigen vertiefte sie ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten, insbesondere die gerichtlichen Verfahrensakten Au 2 S 14.894, Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da alle Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... vom 26. November 2014, mit dem aufgrund des Widerspruchs des Beigeladenen der Erschließungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 24. März 2014 aufgehoben wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 115, § 79 Abs. 1 Nr. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Da der Widerspruch des Beigeladenen zulässig und begründet war, durfte das für den Beklagten als zuständige staatliche Rechtsaufsichtsbehörde handelnde Landratsamt ... den Erschließungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 24. März 2014 aufheben (§ 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO, Art. 119 Nr. 1, 110 Satz 1 GO; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 42 Rn. 140).

Der Widerspruch war begründet, weil der Erschließungsbeitragsbescheid der Klägerin vom 24. März 2014 rechtswidrig ist und den Beigeladenen in eigenen Rechten verletzt (§ 68 Abs. 1 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erschließungsbeitrag sind Art. 5a KAG, §§ 127 ff. BauGB i. V. m. der Erschließungsbeitragssatzung der Klägerin vom 29. Oktober 1981 i. d. F. der Änderungssatzung vom 31. Juli 1991 (EBS).

Durch diese Bestimmungen wird die Klägerin grundsätzlich zur Erhebung eines Erschließungsbeitrags zur Deckung ihres nicht anderweitig refinanzierbaren Aufwands für Erschließungsanlagen ermächtigt. Die Geltendmachung eines Erschließungsbeitrags ist jedoch nicht zeitlich unbegrenzt möglich.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu entschieden, dass das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als der Rechtssicherheit dienendes Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit gesetzliche Regelungen verlangt, die sicherstellen, dass Abgaben zum Vorteilsausgleich nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können (BVerfG, B.v. 5.3.2013 - 1 BvR 2457/08 - BayVBl 2013, 465; B.v. 3.9.2013 - 1 BvR 1282/13 - juris; BVerwG, U.v. 20.3.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 = NVwZ 2014, 1671; Driehaus, KStZ 2014, 181/183).

Dem Gesetzgeber obliege es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an der Erhebung von Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann (BVerfG, B.v. 5.3.2013, a. a. O.).

Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. cc Spiegelstrich 2 KAG für unvereinbar mit Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG erklärt; denn durch diese Bestimmung werde im Fall der Ungültigkeit einer Abgabensatzung der Verjährungsbeginn ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festgelegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei, was den Interessenkonflikt einseitig zulasten der Beitragsschuldner löse. Diesen Erwägungen hat der Bayerische Landesgesetzgeber durch die Schaffung von Ausschlussfristen in Art. 19 Abs. 2 KAG Rechnung getragen.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 11. März 2014 (GVBl. 70) ist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG § 169 AO in der jeweils geltenden Fassung nunmehr mit der Maßgabe anwendbar, dass über Abs. 1 Satz 1 hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor, und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt (Art. 19 Abs. 2 KAG).

Der für den Lauf der Ausschlussfristen maßgebliche Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage muss für den Bürger erkennbar sein (s. hierzu Rottenwallner, KStZ 2014, 145/191 ff.), so dass er auch selbst feststellen kann, bis zu welchem Zeitpunkt er damit rechnen muss, noch zu einem Beitrag herangezogen zu werden (s. auch Driehaus a. a. O.). Der Begriff der Vorteilslage knüpft damit an für den Bürger ohne weiteres bestimmbare, rein tatsächliche Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehensvoraussetzungen für die Beitragsschuld, wie etwa den vollständigen Grunderwerb, die formelle Widmung oder auch die Wirksamkeit der Beitragssatzung, außen vor (BVerfG, B.v. 5.3.2013 - 1 BvR 2457/08 - NVwZ 2013, 1004).

(Auch) im Bereich der Abrechnungen von Straßen kann vom Entstehen der Vorteilslage ausgegangen werden, wenn ein Grundstück durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung, die Erschließungsfunktion besitzt, erschlossen ist. Abzustellen ist dabei darauf, ob dem Grundstück eine qualifizierte Möglichkeit der Inanspruchnahme vermittelt wird, für die bereits jede sinnvolle und zulässige Nutzungsmöglichkeit ausreicht (BayVGH, B.v. 8.3.2013 - 6 B 12.2220 - juris Rn. 12; Driehaus, KStZ 2014, 181/184). Die Vorteilslage tritt nach diesen Maßgaben ein, wenn die Einrichtung bzw. Straße insgesamt betriebsfertig ist, d. h. technisch endgültig fertiggestellt wurde (BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241; B.v. 23.7.2013 - 6 BV 13.1273 - juris Rn. 10).

Im Erschließungsbeitragsrecht kommt es damit auf die technische Herstellung derjenigen beitragsfähigen Erschließungsanlage an, die der bekundeten Planung der Gemeinde entspricht und von dieser erkennbar dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung gestellt wurde. Die formellen Anforderungen an eine Widmung nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz sollen jedoch mangels Erkennbarkeit für den Bürger bei der Bestimmung des Eintritts der Vorteilslage irrelevant sein (vgl. Kolbe, KommP BY 2014, 166/168). Für das Vorliegen einer insgesamt betriebsfertigen Einrichtung im Bereich des Erschließungs- und Ausbaubeitragsrechts könne nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bayerischen Staatsregierung zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes von der endgültigen technischen Fertigstellung ausgegangen werden. Dieser Zeitpunkt sei deutlich später anzusetzen, als der etwa in § 133 Abs. 3 Satz 3 BauGB als maßgeblich bezeichnete Zeitpunkt der Benutzbarkeit. Die Anlage müsse vielmehr unter Berücksichtigung der Vorgaben des konkreten Bauprogramms, der in einer (gültigen oder nichtigen) Satzung benannten baulichen Merkmale der endgültigen Herstellung sowie der Erwartungen eines objektiven Beobachters den Eindruck der Abrechenbarkeit erwecken (LT-Drs. 17/370 S. 14).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist im vorliegenden Fall die Festsetzung und Erhebung eines Erschließungsbeitrags - ohne Rücksicht auf das Entstehen der Beitragsschuld und unbeschadet der abgabenrechtlichen Verjährungsregelungen - ausgeschlossen, da seit dem Entstehen der Vorteilslage durch die endgültige technische Fertigstellung der Erschließungsanlage mehr als 30 Jahre vergangen sind (siehe auch BayVGH, U.v. 14.11.2013 a. a. O.).

Die 30-jährige Ausschlussfrist war hier bei Erlass des streitgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheids vom 24. März 2014 bereits abgelaufen, da die bis 2013 baulich unverändert gebliebene Erschließungsanlage „...straße“ bereits 1980 endgültig technisch hergestellt und damit die als Anknüpfungspunkt für die Ausschlussfrist maßgebliche Vorteilslage eingetreten war. Die Festsetzung und Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage „...straße“ war nach Maßgabe von Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG folglich mit Ablauf des Jahres 2010 ausgeschlossen.

Das Entstehen der Vorteilslage und der rechtlich zur Unzulässigkeit der Erhebung eines Erschließungsbeitrags führende Ablauf der Ausschlussfrist waren nicht dadurch ausgeschlossen, dass der westliche Gehweg der ...straße im Gegensatz zu den übrigen Gehwegen der Erschließungsanlage, die durchgängig eine Breite von 1,50 m aufweisen, bis zum Jahr 2013 auf einer Länge von ca. zehn Metern lediglich mit einer durchschnittlichen Breite von 0,70 m bis 0,80 m hergestellt war, da die Erschließungsanlage insgesamt auch ohne einen durchgängig in 1,50 m Breite ausgebauten Gehweg als technisch endgültig fertiggestellt anzusehen war.

Der Herstellung der ...straße liegt weder ein Bebauungsplan, noch örtliche Richtlinien oder ein förmliches Teileinrichtungs- und Ausbauprogramm zugrunde, aus denen sich eine verbindliche Festlegung der Gehwegbreite auf durchgängig 1,50 m ableiten lässt und die es einem Abgabenschuldner ermöglicht hätten, zu erkennen, dass die ...straße bis zur 2013 erfolgten Verbreiterung des Gehwegs vor dem jetzigen Anwesen ...straße ... noch nicht endgültig hergestellt war (s. hierzu Rottenwallner, KStZ 2014, 145/192 ff. mit Zweifeln in Bezug auf die Erkennbarkeit der Vorgaben eines formlosen gemeindeinternen Bauprogramms für den Bürger).

Der tatsächliche Umstand, dass die restlichen Gehsteige der ...straße eine Breite von 1,50 m aufweisen, lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass auch im Bereich vor dem früheren Grundstück ...straße ... noch über 30 Jahre nach der Herstellung der Straße in ihren übrigen Teilen eine Verbreiterung des Gehwegs erfolgen werde. Das Vorhandensein von Ausbauplanungen für andere Bereiche der ...straße, die dort Gehwegbreiten von 1,50 m vorsehen, ist im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung der in der ...straße gegebenen Verkehrsbedürfnisse nicht in der Lage, ein Bauprogramm zu ersetzen, da nicht erkennbar ist, dass und in welcher Weise ein diesbezüglicher Planungswille des entscheidungszuständigen Organs der Klägerin besteht.

Ein bloßer Rückschluss vom Inhalt bestehender Ausbauplanungen auf einen voraussichtlich in gleicher Weise ausgeübten Planungswillen vermag - auch wenn aus heutiger Sicht viel für ein Beibehalten des bereits für wesentliche Teile der ...straße festgelegten Ausbaustandards spricht und an das Vorhandensein eines Bauprogramms keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind - insoweit ebenfalls keine planungssubstituierende Bedeutung zu entfalten (s. hierzu z. B. BVerwG, U.v. 25.2.1981 - 8 C 7.81 - BauR 1982, 480; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 132 Rn. 20).

Auch den in der EBS einschließlich der Vorgängerregelungen festgelegten Merkmalen der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen kann keine Vorgabe für eine Mindestbreite bei Gehwegen entnommen werden. Nach § 7 Abs. 2 EBS sind Bürgersteige endgültig hergestellt, wenn sie eine Abgrenzung gegen die Fahrbahn sowie eine Befestigung mit Platten, Pflaster, Asphaltbelag oder eine ähnliche Decke in neuzeitlicher Bauweise mit dem technisch notwendigen Unterbau aufweisen. Diesen Anforderungen hat selbst der bautechnisch nur verschmälert ausgeführte Gehweg im Bereich vor dem Anwesen ...straße ... (alt) genügt.

Aufgrund der straßenbautechnischen Herstellung der Erschließungsanlage „...straße“ im Jahr 1980 und angesichts der Tatsache, dass der Grund für die auf eine Stelle beschränkte verschmälerte Errichtung des Gehwegs das Hineinragen eines als Wohnhaus genutzten Gebäudes in den Straßenbereich war, das sich nicht im Eigentum der Klägerin befand und bei dem - auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin geschilderten üblichen Verfahrensweise bei altem Baubestand - keine Anhaltspunkte für einen in absehbarer Zeit erfolgenden - von der Klägerin selbst als unverhältnismäßig angesehenen - Erwerb zum Abbruch vorlagen, konnte und durfte ein objektiver Beobachter in der Lage eines potentiellen Beitragspflichtigen anhand der zugänglichen Quellen den Eindruck gewinnen, dass die Erschließungsanlage „...straße“ in diesem Zustand verbleiben werde und deshalb endgültig technisch hergestellt ist und die Gemeinde nicht mehr beabsichtigt, den Gehsteig in dem Bereich vor dem Anwesen ...straße ... (alt) auf 1,50 m zu verbreitern, um dann Erschließungsbeiträge zu erheben.

Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die nur flächenmäßig eingeschränkte Benutzbarkeit des Gehsteigs für den Fußgängerverkehr in diesem Teilstück in Frage gestellt, da die Teileinrichtung „Gehweg“ einschließlich des ca. zehn Meter langen Gehwegbereichs vor dem Anwesen ...straße ... (alt) trotz dessen reduzierter Breite von lediglich 0,70 m bis 0,80 m und den die nutzbare Gehwegfläche punktuell zusätzlich beengenden beiden Fallrohren der Dachrinne im Herstellungszeitpunkt noch den Mindestanforderungen genügte, die an die Funktionsfähigkeit einer Verkehrseinrichtung „Gehweg“ - auch an einer Straße mit erhöhter Verkehrsbedeutung - zu stellen sind.

Für die Beurteilung der Funktionsfähigkeit eines Gehwegs ist die gesamte Teileinrichtung und nicht nur einzelne Abschnitte der Verkehrsanlage in den Blick zu nehmen. Bei dieser Betrachtungsweise stellen etwaige einzelne Engstellen die Funktionsfähigkeit der Teileinrichtung „Gehweg“ nicht durchgreifend in Frage, sondern können ausgeblendet werden (BayVGH, B.v. 14.7.2006 - 6 ZB 04.222 - juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 1.9.2009 - 15 A 1102/09 - NVwZ-RR 2009, 939; U.v. 1.6.1992 - 2 A 660/91 - juris Rn. 24).

Gehwege dienen nach ihrer Zweckbestimmung primär der Sicherheit von Fußgängern, weil sie den langsamsten und schutzbedürftigsten Verkehrsteilnehmern einen eigenen, von den übrigen Verkehrsarten abgegrenzten Verkehrsraum überlassen. In welcher Breite Gehwege hergestellt werden, kann die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast bei Festlegung eines individuellen Ausbauprogramms für die jeweilige Straße selbst entscheiden. Innerhalb des ihr dabei eingeräumten Planungsspielraums (BVerwG, U.v. 23.6.1972 - IV C 15.71 - BVerwGE 40, 177/181) hat sie die Aufgabe der einzelnen (Teil)Anlage und die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 18.1.1991 - 8 C 14.89 - BVerwGE 87, 288/298 f.). Die Grenzen dieses Spielraums werden nach unten hin - zur Wahrung von Mindeststandards - dadurch bestimmt, dass die jeweilige Teileinrichtung in verkehrstechnischer Hinsicht funktionsfähig sein muss. Bei Gehwegen bedeutet das, dass sie eine Mindestbreite aufweisen müssen, die ein sicheres Begehen - getrennt vom Autoverkehr auf der Fahrbahn - ermöglicht (BayVGH, U.v. 11.6.2002 - 6 B 97.2355 - juris Rn. 21).

Konkrete Aussagen zur Bemessung der Breite von Gehwegen sind den „Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen“ - EAE 85/95 -, die das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in Zusammenarbeit mit der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen erstellt hat bzw. den diese ersetzenden „Richtlinien für die Anlegung von Stadtstraßen“ - RASt 06 -, die das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Schreiben vom 11. Februar 2009 zur Anwendung empfiehlt, zu entnehmen (vgl. BayVGH, U.v. 31.5.2011 - 8 B 10.1653 - juris Rn. 29). Es handelt sich bei diesem Regelwerk um die sachverständige Konkretisierung moderner Grundsätze des Straßenbaus (BVerwGE, U.v. 26.5.1989 - 8 C 6.88 - BVerwGE 82, 102/111). Die Sachverständigenaussagen enthalten auf der Grundlage standardisierter Vorgaben Maßstäbe dafür, wie Verkehrsanlagen im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs entsprechend ihrer Funktion auszuführen und zu gestalten sind. Den in den Richtlinien enthaltenen Maßangaben kommt keine verbindliche Wirkung im Sinne einer Norm zu. Die darin empfohlenen Breiten für die einzelnen Entwurfselemente stellen im Kern Orientierungswerte dar, die als Hilfe bei Planung und Entwurf nicht starr angewandt zu werden brauchen. Die Gemeinden können bei der Entwurfsplanung anhand der konkreten örtlichen Situation im notwendigen Umfang hiervon abweichen (BayVGH, U.v. 11.6.2002 - 6 B 97.2355 - juris Rn. 22 f.).

Bei Ermittlung der funktionsgerechten Breite eines Gehwegs ist zu beachten, dass Gehwege, die unmittelbar an Fahrbahnen angrenzen, eine Fläche benötigen, die sich aus dem Verkehrs- oder Bewegungsraum für Fußgänger (sog. Gehraum) und dem zugehörigen Sicherheitsraum zum angrenzenden Verkehrsraum zusammensetzt. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, die auf der Grundlage der EAE 85/95 basiert, soll die (idealtypische) Mindestbreite des Gehraums 1,50 m betragen, wobei zusätzlich der seitliche Sicherheitsraum Berücksichtigung finden müsse, für den 50 cm zur Fahrbahn zu veranschlagen seien. Daraus folge, dass fahrbahnbegleitende Gehwege nach Möglichkeit nicht schmäler als 2,00 m sein sollten (BayVGH, U.v. 11.6.2002 a. a. O.).

Allerdings erscheint auch nach den Richtlinienvorgaben das Unterschreiten der Gehwegbreite von 2,00 m im Einzelfall vertretbar, wenn bei beengten Verhältnissen andernfalls auf Gehwegflächen verzichtet werden müsste. Die Verschmälerung darf jedoch zur Wahrung der Funktionsfähigkeit nicht so weit gehen, dass bei einer Gesamtbetrachtung der Teilanlage (siehe hierzu BayVGH, U.v. 26.3.2002 - 6 B 96.3901 - juris Rn. 37), also - wie oben ausgeführt - trotz Ausblendens etwaiger einzelner Engstellen, ein sicheres Begehen der Fußgänger nicht mehr gewährleistet ist (BayVGH, U.v. 11.6.2002 a. a. O. Rn. 22 ff.).

Bei der im vorliegenden Fall gegebenen Konstellation, die durch eine Verschmälerung des Gehwegs von 1,50 m auf 0,70 m bis 0,80 m auf einer Länge von ca. zehn Meter und durch das Hineinragen von Regenrinnenfallrohren in den Gehwegbereich an zwei Stellen gekennzeichnet ist, lag jedenfalls gemessen an den Verhältnissen zum Herstellungszeitpunkt der Erschließungsanlage „...straße“ (noch) eine funktionsfähige Teilanlage vor. Die vorhandene Breite von 0,70 m bis 0,80 m entsprach dem für einen Fußgänger erforderlichen 0,75 m breiten „Gehraum“. Da es sich lediglich um eine Strecke von etwa zehn Meter handelte, die eine geringere Gehwegbreite aufwies, stellte dies die Funktionsfähigkeit der gesamten Teilanlage auch unter Berücksichtigung einer erhöhten Verkehrsbedeutung der ...straße nicht in Frage und war auch aus heutiger retrospektiver Sicht als noch hinnehmbar anzusehen (siehe auch BayVGH, U.v. 11.6.2002 a. a. O.; OVG NW, B.v. 1.9.2009 - 15 A 1102/09 - NVwZ-RR 2009, 939; U.v. 1.6.1992 - 2 A 660/91 - juris Rn. 16 ff.).

Dabei kann dahinstehen, ob dieses Ergebnis auch unter dem Aspekt einer gemäß § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB zulässigen Planunterschreitung tragfähig erscheint und inwieweit der von der Klägerin hervorgehobene Aspekt der besonderen Bedeutung der...straße für das städtische Verkehrswegenetz mit hohem Ziel- und Quellverkehr angesichts der langen Zeit von über 30 Jahren, in der trotzdem von einer baulichen oder sonstigen Verbesserung der Engstellensituation für den Fußgängerverkehr abgesehen wurde, aus der Sicht eines objektiven Beobachters in seiner Bedeutung für den Eintritt der Vorteilslage relativiert wird.

Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin in der Zeit zwischen der Herstellung der ...straße im Jahr 1980 und dem Erwerb der Grundstücksteilfläche von acht Quadratmetern im Bereich des Anwesens ...straße ... im Jahr 2012 in einer für die Beitragsschuldner transparenten Weise zu erkennen gegeben hat, dass sie die Herstellung der ...straße als noch nicht bautechnisch abgeschlossen und die Erhebung von Beiträgen in der Zukunft für möglich erachte.

Dem Umstand, dass für die ...straße bislang keine Erschließungsbeiträge erhoben wurden und auch kein Stadtrats- oder Ausschussbeschluss bzw. eine sonstige Entscheidung der Klägerin vorliegt, die klar zum Ausdruck bringt, dass die Herstellung der ...straße als endgültig abgeschlossen und die Anlage als abrechenbar betrachtet wird, kann hingegen angesichts des vom Beigeladenen unter Hinweis auf entsprechende Presseveröffentlichungen vorgetragenen offenbar jahrzehntelang üblichen Verzichts auf die Erhebung von Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen kein besonderes Gewicht zukommen.

Da bereits der Ablauf der in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1, Art. 19 Abs. 2 KAG geregelten Ausschlussfrist der Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die...straße entgegensteht, kam es auf die Frage, ob die (vermutlich) von der Verwaltung der Klägerin festgestellte Beachtung der Vorgaben von § 125 Abs. 2 BauGB den gesetzlichen Anforderungen genügt, nicht mehr an (s. hierzu z. B. BayVGH, B.v. 27.3.2007 - 6 ZB 05.2456 - juris Rn. 8; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 7 Rn. 22).

Die auf Art. 80 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG beruhende und von der Klägerin gerügte Entscheidung des Beklagten in Ziff. 4. des Widerspruchsbescheids, die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch den Beigeladenen für notwendig anzusehen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Im vorliegenden Fall des Vorgehens gegen einen Erschließungsbeitragsbescheid ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wegen der hier typischerweise auftretenden schwierigen Sach- und Rechtsfragen und des dadurch entstehenden Beratungsbedarfs durch eine mit dieser Materie vertraute rechtskundige Personen regelmäßig als notwendig anzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1991 - 8 C 83.88 - BayVBl 1991, 599; VG Augsburg, U.v. 4.11.2014 - Au 2 K 14.519 - juris Rn. 28). Der Anwendung dieses Grundsatzes steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Beitragspflichtigen um einen Landkreis, also um eine kommunale Gebietskörperschaft handelt, da auch Verwaltungspersonal beschäftigenden Landkreisen nicht das Recht abgesprochen werden kann, sich in einem Fall, wie dem vorliegenden, sachkundigen Rat einzuholen. Ob dies aufgrund des Umstands, dass der Beigeladene die Möglichkeit hat, sich eines dem Landratsamt zugeteilten juristischen Staatsbeamten (Art. 37 Abs. 3 Satz 1 und 2 LKrO) zu bedienen, anders zu sehen wäre, kann dahinstehen, da hierfür keine Anhaltspunkte vorliegen und es hier letztlich im (weiten) Ermessen des Beigeladenen steht, ob er (zusätzlich) Rechtsrat für erforderlich hält.

Da der angegriffene Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... vom 26. November 2014 damit insgesamt rechtlich nicht zu beanstanden ist, war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen der Klägerin aufzuerlegen, da sich dieser durch die Stellung des Antrags auf Klageabweisung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 17).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Berufung war zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür vorliegen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Sache besitzt grundsätzliche Bedeutung, da sie mit den für die vorliegende Entscheidung relevanten Aspekten der tatsächlichen und rechtlichen Anforderungen an den Eintritt der Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht in verallgemeinerungsfähiger Form rechtliche Fragen aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich sind, über den Einzelfall hinaus Bedeutung besitzen und zur Wahrung der Rechtseinheit sowie zur Rechtsfortbildung der Klärung bedürfen (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 124 Rn. 10).

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) ist mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) unvereinbar. Ersetzt der Gesetzgeber Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes nicht bis zum 1. April 2014 durch eine verfassungsgemäße Neuregelung, tritt Nichtigkeit der Vorschrift ein.

2. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 - M 10 K 06.2850 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen.

3. ...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (BayKAG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) mit den in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verfassungsgrundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar ist.

I.

2

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzt das Entstehen einer Beitragspflicht für den Anschluss an leitungsgebundene Einrichtungen neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung (sogenannte Vorteilslage) zwingend das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus (vgl. BayVGH, Urteil vom 14. April 2011 - 20 BV 11.133 -, BayVBl 2012, S. 45 <46>; Urteil vom 29. April 2010 - 20 BV 09.2010 -, BayVBl 2011, S. 240; Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, juris). Eine wirksame Satzung ist somit Beitragsentstehungsvoraussetzung. Die Satzung muss nach Art. 5 Abs. 8 BayKAG nicht bereits im Zeitpunkt des Entstehens der Vorteilslage in Kraft sein. Es genügt vielmehr, wenn sie nach deren Entstehung in Kraft tritt.

3

2. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung führt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b BayKAG in Verbindung mit § 47 der Abgabenordnung (AO) zum Erlöschen der Ansprüche aus dem Abgabenschuldverhältnis. Die Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf der Erlass eines Beitragsbescheids unzulässig ist, beträgt nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre.

4

3. Durch das am 31. Dezember 1992 verkündete Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBI S. 775) wurde der Beginn der Festsetzungsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1993 neu geregelt. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc BayKAG erhielt folgende Fassung:

5

Art. 13

Anwendung von Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977)

(1) Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt, sind in ihrer jeweils geltenden Fassung vorbehaltlich Absatz 6 folgende Bestimmungen der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden:

(…)

4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -

(…)

b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:

(…)

cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,

- dass die Festsetzungsfrist dann, wenn die Forderung im Zeitpunkt des Entstehens aus tatsächlichen Gründen noch nicht berechnet werden kann, erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem die Berechnung möglich ist und

- dass im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die gültige Satzung bekanntgemacht worden ist, (…).

6

Die in Bezug genommene Vorschrift des § 170 Abs. 1 AO lautet:

7

Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

8

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 1 BayKAG entspricht der bis dahin geltenden Regelung des Beginns der Festsetzungsfrist gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG vom 26. März 1974 (GVBl S. 109, ber. 252) in der Fassung vom 4. Februar 1977 (GVBl S. 82). Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 wurde Spiegelstrich 2 neu in die gesetzliche Regelung eingefügt.

9

4. Der Gesetzgeber beabsichtigte hiermit ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs eine gesetzliche Klarstellung (LTDrucks 12/8082, S. 13). Bisher sei es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs umstritten gewesen, ob in den Fällen, in denen eine nichtige Satzung rückwirkend durch eine gültige Satzung ersetzt werde, die Festsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens der Satzung (so BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60) oder erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginne, in dem die rückwirkende Satzung bekanntgemacht worden sei (so BayVGH 23. Senat, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Mit der Einfügung einer weiteren Maßgabe in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b BayKAG werde die den Bedürfnissen der Praxis entgegen kommende Auffassung des 23. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesetzlich klargestellt. Nach der gegenteiligen Ansicht könne nämlich eine rückwirkend entstandene Forderung gleichzeitig festsetzungsverjährt sein, wenn sich die Rückwirkungsfrist über die Verjährungsfrist hinaus erstrecke.

II.

10

1. Der Beschwerdeführer war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die Gemeinde, in der das Grundstück gelegen ist (im Folgenden: Beklagte), fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Beschwerdeführer erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

12

Während des Widerspruchsverfahrens erwies sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

13

2. Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Beschwerdeführer sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

14

Der Beschwerdeführer könne hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, diese Regelung verstoße gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und müsse daher, insbesondere im Fall eines zwischenzeitlichen Eigentümerwechsels, abweichend von ihrem Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestünden gegen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ersichtliches Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, die Gemeinden im Falle nichtigen Satzungsrechts vor Beitragsausfällen infolge Verjährungseintritts zu bewahren. Im Übrigen sei keiner der jetzigen oder ehemaligen Grundstückseigentümer in seiner Erwartung geschützt, von der Nichtigkeit früheren Satzungsrechts profitieren zu können; denn ein abgeschlossener Beitragstatbestand liege nicht vor. Welchen der Eigentümer die Beitragspflicht treffe, hänge von der Bestimmung des Zeitpunkts der Rückwirkung ab. Sei dieser - wie im vorliegenden Fall - ohne Verstoß gegen das Willkürverbot gewählt, bestehe kein Grund für eine rechtliche Beanstandung.

15

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Beitragsanspruch zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht verjährt gewesen sei. Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber habe hiermit eine Regelung getroffen, die der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprochen habe (Hinweis auf BayVGH, Urteil vom 30. März 1984 - 23 B 81 A.1967 -, BayVBl 1985, S. 656 <658>). Die Norm enthalte nach Inhalt, Zweck und Ausmaß eine klare Aussage über den Lauf der Festsetzungsfrist, gegen die durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestünden. Eine unzulässige echte Rückwirkung liege schon deshalb nicht vor, weil kein abgeschlossener Beitragstatbestand gegeben sei. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setze die Entstehung einer Beitragspflicht nach ständiger Rechtsprechung das Vorhandensein einer gültigen Abgabensatzung voraus. Eine wirksame Abgabensatzung habe erstmals im Jahr 2005 vorgelegen. Soweit der Beschwerdeführer geltend mache, die rückwirkende Inkraftsetzung einer Abgabensatzung müsse wenigstens zeitlich auf die einschlägigen Verjährungsvorschriften beschränkt werden, lasse er außer Acht, dass nur eine bereits entstandene Beitragsforderung verjähren könne. Bei fehlgeschlagenem Satzungsrecht müsse ein bisher nicht veranlagter Beitragspflichtiger damit rechnen, zu einem späteren Zeitpunkt herangezogen zu werden. Er könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

III.

16

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG.

17

1. Die in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene uneingeschränkte Anwendung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG auf rückwirkend in Kraft gesetzte Satzungen verstoße wegen der damit verbundenen echten Rückwirkung gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit. Es sei geboten, die Rückwirkung einer Satzung durch Festsetzungsfristen zu begrenzen. Der Eintritt der Festsetzungsverjährung dürfe nicht beliebig hinausgeschoben werden. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG sei im Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens einer Satzung entweder nicht anzuwenden oder verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Verjährung rückwirkend zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung beginne.

18

2. Die Ausgangsgerichte hätten Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, weil sie ihm nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hätten. Er habe mit der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend gemacht, dass der Beitragsanspruch wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung erloschen sei. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte beginne die Festsetzungsfrist nur zu laufen, wenn eine wirksame Beitragssatzung vorliege. Die Beklagte und die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen hätten sich darauf berufen, dass sämtliche Satzungen, die der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 vorausgingen, nichtig gewesen seien, was durch diverse Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bereits geklärt worden sei. Er habe deshalb die Vorlage dieser Entscheidungen außergerichtlich und schließlich auch vor dem Verwaltungsgericht begehrt. Die maßgeblichen Entscheidungen seien ihm jedoch nicht vollständig zugänglich gemacht worden. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, zur Frage der Nichtigkeit sämtlicher Satzungen ausreichend Stellung zu nehmen.

IV.

19

Die Beklagte, die Bayerische Staatsregierung und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

20

1. Die Beklagte ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Der Beschwerdeführer habe eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend dargelegt. Darüber hinaus sei der Rechtsweg nicht erschöpft, weil der Beschwerdeführer keine Anhörungsrüge erhoben habe.

21

Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen nicht begründet. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn ein Vertrauen darauf, dass eine als nichtig erkannte Regelung aufrechterhalten bleibe und nicht durch eine neue, rückwirkende Satzung ersetzt werde, sei nicht schützenswert. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer sein Grundstück veräußert habe, bedeute nicht, dass dadurch ein für seine Beitragspflicht maßgeblicher Tatbestand abgeschlossen sei und er in der Folge nicht mehr zur Beitragszahlung herangezogen werden dürfe. Er habe vielmehr den für die Entstehung der Beitragspflicht maßgeblichen Vorteil der Möglichkeit der Anschlussnahme entgegengenommen und mit dem Grundstücksverkauf nicht verloren. Dieser Vorteil habe den Wert seines Grundstücks erhöht mit der Folge, dass er für das Grundstück einen höheren Kaufpreis habe erzielen können.

22

2. Die Bayerische Staatsregierung hält Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG für verfassungsgemäß. Die Ersetzung einer als nichtig erkannten durch eine wirksame Beitragssatzung stelle keinen Fall einer echten, sondern allenfalls einer unechten Rückwirkung dar. Es sei kein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben, in den nachträglich eingegriffen worden sei. Denn die Beitragsentstehung setze das Vorliegen einer gültigen Beitragssatzung voraus. Ohne diese sei eine Berechnung des Beitrags in Ermangelung eines Beitragsmaßstabs nicht möglich.

23

Das Vertrauen des Beschwerdeführers wäre selbst bei Annahme einer echten Rückwirkung nicht schutzwürdig, weil er damit habe rechnen müssen, dass eine vorhandene, aber als nichtig erkannte Satzung durch eine gültige Satzung ersetzt werde, mit der die von Anfang an von der Gemeinde angestrebte Beitragspflicht herbeigeführt werde. Es seien keine Umstände erkennbar, die ein Vertrauen darauf rechtfertigten, dass die Gemeinde es bei einer nichtigen Beitragssatzung belassen und auf eine Beitragserhebung verzichten würde.

24

Eine zeitliche Beschränkung der Rückwirkung auf die Festsetzungsfristen sei aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht geboten. Der bayerische Gesetzgeber habe mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG eine Lösung gewählt, die sowohl die Gemeinden vor Beitragsausfällen aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung bewahre als auch dem Vorteilsgedanken Rechnung trage. Die Gemeinden würden nach Erlass der gültigen Satzung erstmals in die Lage versetzt, Beiträge nach den Maßstäben dieser gültigen Satzung korrekt festzusetzen und die öffentliche Einrichtung auf der Grundlage rechtsstaatlicher Regelungen zu refinanzieren. Bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit den privaten Interessen der betroffenen Beitragspflichtigen überwiege das öffentliche Interesse. Ein Grundstückseigentümer müsse damit rechnen, zu einem Beitrag herangezogen zu werden. Sein Vertrauen darauf, dass eine nichtige Satzung nicht durch eine gültige Satzung ersetzt werde, sei nicht schutzwürdig. Verjährungsvorschriften dienten der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Im vorliegenden Fall liege kein Vorgang vor, auf dessen Abschluss der Bürger sich einstellen und auf dessen Ende er vertrauen könne. Da dem Beitragspflichtigen kein schützenswertes Vertrauen zur Seite stehe, komme dem öffentlichen Interesse an der Beitragserhebung das entscheidende Gewicht zu.

25

3. Das Bundesverwaltungsgericht teilt mit, es sei mit der Frage nach dem Lauf der Festsetzungsfrist bei der rückwirkenden "Reparatur" nichtiger Abgabennormen bisher nur am Rande befasst gewesen. Nach seiner gefestigten Rechtsprechung sei es allerdings mit dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar, kommunale Anschluss- und Erschließungsbeitragssatzungen rückwirkend in Kraft zu setzen, um früher erlassene, auf eine nichtige Vorgängersatzung gestützte Beitragsbescheide zu heilen (Hinweis auf BVerwGE 50, 2 <7 f.>; 67, 129 <130 ff.>; BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1996 - BVerwG 8 B 13.96 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36, S. 3 <4>). Werde eine ungültige durch eine gültige Satzung ersetzt, liege darin keine echte Rückwirkung, da eine Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Beitragssatzung entstehen könne und diese Satzung somit nicht in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand eingreife (Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1986 - BVerwG 8 B 123.84 -, NVwZ 1986, S. 483 <484>).

26

Die Festsetzungsverjährung sei im Abgabenrecht der Länder geregelt (Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 21. Januar 1977 - BVerwG IV C 84-92.74 -, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 20, S. 20<25> sowie NJW 1977, S. 1740 <1741>). Die Anknüpfung der Verjährung an die rückwirkende Entstehung der Beitragspflicht stehe mit Bundesrecht in Einklang. Die Frage der bundesrechtlichen Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an die Verkündung der neuen Satzung sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter problematisiert worden.

27

Gegen die in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG getroffene Regelung bestünden keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das rückwirkende Inkrafttreten der neuen Satzung habe zwar zur Folge, dass bereits zu einem zurückliegenden Zeitpunkt (frühestens zum Zeitpunkt des rückwirkenden Inkrafttretens) die Beitragsvoraussetzungen erfüllt sein könnten. Es sei aber kein verfassungsrechtlicher Grundsatz ersichtlich, der dazu zwinge, die Festsetzungsverjährung in Rückwirkungsfällen an das Entstehen der Beitragsforderung anzuknüpfen. Da die Behörde erst mit der Verkündung der neuen Satzung in den Stand versetzt werde, einen rechtlich tragfähigen Beitragsbescheid zu erlassen, beziehungsweise erst mit der Verkündung ein auf die frühere nichtige Satzung gestützter Beitragsbescheid geheilt werde, sprächen Sachgründe für den im Bayerischen Kommunalabgabengesetz gewählten zeitlichen Anknüpfungspunkt der Festsetzungsverjährung. Die Regelung verstoße daher nicht gegen das Willkürverbot.

28

Mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit dürfte die Regelung gleichfalls in Einklang stehen. Das Institut der Festsetzungsverjährung diene dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 1988 - I R 68/86 -, BFH/NV 1990, S. 128). Die Anknüpfung des Verjährungsbeginns an die Verkündung der neuen Satzung führe zwar dazu, dass ein sehr langer Zeitraum zwischen dem die Beitragsforderung begründenden Sachverhalt und dem Ablauf der Verjährungsfrist liegen könne. Es sei aber zu bedenken, dass die mit der Festsetzungsverjährung verfolgten Ziele in einem Spannungsverhältnis zu dem Belang materieller Gerechtigkeit und dem fiskalischen Interesse an der Durchsetzung des Abgabenanspruchs stünden. Für die Aufgabe, zwischen den Polen in diesem Spannungsverhältnis einen verhältnismäßigen Ausgleich zu schaffen, sei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Gehe man mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass der Beitragspflichtige sich gegenüber dem rückwirkenden Inkraftsetzen einer neuen Beitragssatzung nicht auf Vertrauensschutz berufen könne, und berücksichtige man zusätzlich die besondere Fehleranfälligkeit kommunaler Beitragssatzungen und das daraus resultierende gesteigerte Interesse an einer effektiven Nutzbarkeit der Heilungsmöglichkeiten, dürfte sich die Verjährungsregelung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes innerhalb dieses Gestaltungsspielraums halten.

29

4. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund weist darauf hin, dass der rückwirkende Erlass einer Satzung, welche die "Reparatur" einer unwirksamen Satzung bezwecke, eine Ausnahme darstelle und im vorliegenden Fall verwaltungspraktische Gründe gehabt habe. Die auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 erlassenen Bescheide wären sonst im Fall eines Eigentümerwechsels bei einem Teil der früheren Eigentümer bestandskräftig geworden und hätten bei nicht bestandskräftigen Bescheiden aufgehoben und gegenüber dem neuen Eigentümer neu erlassen werden müssen. Dadurch wäre es zu Ungleichbehandlungen gekommen. Der rückwirkende Erlass einer Satzung sei in der Praxis auch dann erforderlich, wenn andernfalls die Einbringung von Forderungen, zum Beispiel wegen Insolvenz oder Zwangsversteigerungsverfahren, gefährdet wäre. Eine Rückwirkung erstrecke sich üblicherweise nicht auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Dieser lange Zeitraum ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass die Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005 den in der Vorgängersatzung normierten Rückwirkungszeitpunkt beibehalten habe, was einen atypischen, sozusagen "verdoppelten" Rückwirkungszeitraum zur Folge gehabt habe.

B.

30

Die mit der Verfassungsbeschwerde vorgebrachten Rügen sind nur teilweise zulässig.

I.

31

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat insoweit die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht substantiiert dargelegt (vgl. BVerfGE 7, 95 <99>; 60, 313 <318>; 86, 133 <147>).

II.

32

Soweit die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes betrifft, ist sie zulässig.

33

Der Beschwerdeführer war - trotz Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG - nicht gehalten, zur Erschöpfung des Rechtswegs gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG eine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zu erheben. Wird im fachgerichtlichen Rechtsmittelverfahren die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht und bestätigt das Rechtsmittelgericht die angefochtene Entscheidung, so muss die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts - sofern kein eigenständiger neuer Gehörsverstoß durch das Rechtsmittelgericht geltend gemacht wird - nicht mit der Anhörungsrüge angegriffen werden, um dem Erfordernis der Rechtswegerschöpfung des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zu genügen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410 f.>).

C.

34

Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet. Die mittelbar angegriffene Regelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (GVBl S. 775) sowie die hierauf beruhenden, unmittelbar angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.

I.

35

1. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verletzt im vorliegenden Fall nicht die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit rückwirkender Gesetze.

36

Der rechtsstaatliche Vertrauensschutz begrenzt die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die in einen in der Vergangenheit begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt eingreifen (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263>; 126, 369 <393>).

37

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG selbst entfaltet dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rückwirkung. Die Vorschrift regelt den Beginn der Verjährungsfrist für die Festsetzung von Beiträgen, die auf Abgabensatzungen gestützt sind, welche eine frühere unwirksame Satzung wirksam heilen. Bei ihrem Inkrafttreten zum 1. Januar 1993 lag eine solche wirksam heilende Satzung im Fall des Beschwerdeführers noch nicht vor und wurde auch später nicht rückwirkend zum oder vor dem 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt, so dass die Verjährungsfrist unabhängig von der Neuregelung noch nicht zu laufen begonnen hatte. Solange der Lauf der Verjährungsfrist mangels gültiger Satzung nicht begonnen hat, betrifft die gesetzliche Neuregelung des Beginns der Verjährung mit der Wirkung einer Verjährungsverlängerung jedoch noch nicht einmal einen in der Vergangenheit begonnenen und nicht abgeschlossenen Sachverhalt.

38

Die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehende Vorteilslage begründet für den Beschwerdeführer ebenfalls keinen bereits begonnenen Sachverhalt, in den die Neuregelung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG im Wege einer Rückwirkung eingegriffen hätte. Denn die Neuregelung beschränkt sich auf das Hinausschieben des Beginns der Verjährung. Eine solche konnte ohne wirksame Satzung aber nicht zu laufen beginnen.

39

2. Sollte der Beschwerdeführer mit Rücksicht auf die unwirksame Satzung auf den Schein eines Verjährungslaufs vertraut haben, so kann dahinstehen, ob und in welchem Zusammenhang das Vertrauen in den scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verfassungsrechtlichen Schutz verdient. Nach den Feststellungen der Ausgangsgerichte hätte die Festsetzungsfrist selbst bei Wirksamkeit der unwirksamen Satzung frühestens mit Ablauf des Jahres 1992 begonnen. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde aber bereits am 31. Dezember 1992 und damit sogar noch vor dem scheinbaren Beginn der Festsetzungsfrist verkündet.

II.

40

Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG verstößt jedoch gegen Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot der Rechtssicherheit als wesentlichem Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 30, 392 <403>; 43, 242 <286>; 60, 253 <267>). Er erlaubt, Beiträge zeitlich unbegrenzt nach dem Eintritt der Vorteilslage festzusetzen. Der Gesetzgeber hat damit den Ausgleich zwischen der Erwartung der Beitragspflichtigen auf den Eintritt der Festsetzungsverjährung und dem berechtigten öffentlichen Interesse an einem finanziellen Beitrag für die Erlangung individueller Vorteile aus dem Anschluss an die Entwässerungsanlage verfehlt und in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise einseitig zu Lasten der Beitragsschuldner entschieden.

41

1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. BVerfGE 60, 253 <267 f.>; 63, 343 <357>; BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, DStR 2012, S. 2322 <2325>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 63, 215 <223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten.

42

2. Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann.

43

a) Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungsregelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber.

44

Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat.

45

b) Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

46

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.

47

3. Der Gesetzgeber hat in Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den erforderlichen Ausgleich zwischen Rechtssicherheit auf der einen Seite und Rechtsrichtigkeit und Fiskalinteresse auf der anderen Seite verfehlt. Dadurch, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG den Verjährungsbeginn bei der Heilung ungültiger Abgabensatzungen ohne zeitliche Obergrenze auf den Ablauf des Kalenderjahres festlegt, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden ist, löst der Gesetzgeber den Interessenkonflikt einseitig zu Lasten des Bürgers. Zwar schließt er damit die Verjährung von Beitragsansprüchen nicht völlig aus. Indem er den Verjährungsbeginn jedoch ohne zeitliche Obergrenze nach hinten verschiebt, lässt er die berechtigte Erwartung des Bürgers darauf, geraume Zeit nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr mit der Festsetzung des Beitrags rechnen zu müssen, gänzlich unberücksichtigt. Die Verjährung kann so unter Umständen erst Jahrzehnte nach dem Eintritt einer beitragspflichtigen Vorteilslage beginnen.

48

Der Beitragspflicht können die Bürgerinnen und Bürger im Regelfall nicht durch den Einwand der Verwirkung entgehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 3 B 36.11 -, BeckRS 2011, 53777; Beschluss vom 12. Januar 2004 - BVerwG 3 B 101.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 314) und des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - II R 167/84 -, BFHE 147, 409 <412>) erfordert Verwirkung nicht nur, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eines Rechts längere Zeit verstrichen ist. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Diese Voraussetzung dürfte selbst in den Fällen der Beitragserhebung nach scheinbarem Ablauf der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht erfüllt sein.

D.

I.

49

Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt zunächst jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen (vgl. BVerfGE 130, 240 <260 f.>; stRspr).

50

Es bleibt ihm überlassen, wie er eine bestimmbare zeitliche Obergrenze für die Inanspruchnahme der Beitragsschuldner gewährleistet, die nach Maßgabe der Grundsätze dieses Beschlusses der Rechtssicherheit genügt. So könnte er etwa eine Verjährungshöchstfrist vorsehen, wonach der Beitragsanspruch nach Ablauf einer auf den Eintritt der Vorteilslage bezogenen, für den Beitragsschuldner konkret bestimmbaren Frist verjährt. Er könnte auch das Entstehen der Beitragspflicht an die Verwirklichung der Vorteilslage anknüpfen oder den Satzungsgeber verpflichten, die zur Heilung des Rechtsmangels erlassene wirksame Satzung rückwirkend auf den Zeitpunkt des vorgesehenen Inkrafttretens der ursprünglichen nichtigen Satzung in Kraft zu setzen, sofern der Lauf der Festsetzungsverjährung damit beginnt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Mai 1999 - 15 A 2880/96 -, NVwZ-RR 2000, S. 535 <536 f.>). Er kann dies mit einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, Regelungen der Verjährungshemmung oder der Ermächtigung zur Erhebung von Vorauszahlungen auch in Fällen unwirksamer Satzungen verbinden (zur derzeitigen Rechtslage gemäß Art. 5 Abs. 5 BayKAG vgl. BayVGH, Urteil vom 31. August 1984 - 23 B 82 A.461 -, BayVBl 1985, S. 211; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 128 ).

II.

51

Der angegriffene Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen. Die Unvereinbarkeitserklärung führt dazu, dass Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG von Gerichten und Verwaltungsbehörden nicht mehr angewendet werden darf (vgl. BVerfGE 111, 115 <146>). Laufende Gerichts- und Verwaltungsverfahren, in denen Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 BayKAG entscheidungserheblich ist, bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens aber bis zum 1. April 2014, ausgesetzt oder sind auszusetzen.

52

Die Aussetzung gibt dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung. Verzichtet er auf eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsfrist, tritt zum 1. April 2014 Nichtigkeit ein. Dann wäre es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, das Landesrecht entsprechend verfassungskonform auszulegen (vgl. etwa für den Fall des rückwirkenden Inkraftsetzens heilender Satzungen BayVGH 6. Senat, Urteil vom 26. März 1984 - 6 B 82 A.1075 -, BayGT 1985, S. 60).

III.

53

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung

Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger war von 1992 bis 1996 Eigentümer eines bereits an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossenen bebauten Grundstücks. Bei einer Ortsbesichtigung im Jahr 1992 stellte die Beklagte fest, dass das Dachgeschoss des Gebäudes ausgebaut worden war.

Mit Bescheid vom 5. April 2004 zog sie den Kläger erstmals auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 5. Mai 2000 zu einem Kanalherstellungsbeitrag in Höhe von 1.197,32 € für einen Dachausbau heran. Der Herstellungsbeitrag wurde gemäß § 5 Abs. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzung nach der Grundstücks- und Geschossfläche berechnet. Die Satzung war zur Heilung einer als nichtig beurteilten Vorgängersatzung rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft gesetzt worden.

Während des Widerspruchsverfahrens erwiesen sich auch die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000 und deren Vorgängersatzungen als unwirksam. Die Beklagte erließ daraufhin die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung vom 18. April 2005 und setzte sie rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft. Diese Satzung wurde am 26. April 2005 im Amtsblatt der Beklagten bekannt gemacht.

Die vom Kläger gegen den Bescheid und den Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2006 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Zwar seien die Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. Mai 2000, auf die der Bescheid gestützt worden sei, sowie auch sämtliche Vorgängersatzungen aus den Jahren 1995, 1992, 1987, 1980, 1973 und 1960 in den Beitragsteilen nichtig gewesen. Eine wirksame Rechtsgrundlage für den Bescheid sei aber mit der Beitrags- und Gebührensatzung vom 18. April 2005, basierend auf der Entwässerungssatzung der Beklagten vom 24. Juli 2000, geschaffen worden. Auf der Grundlage dieser Satzung sei die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung erstmals am 1. April 1995 entstanden. Der Kläger sei als zu diesem Zeitpunkt ins Grundbuch eingetragener Grundstückseigentümer Beitragsschuldner. Eine Verjährung der Beitragsforderung sei nicht eingetreten, da nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 KAG in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO im Fall der Ungültigkeit einer Satzung die vierjährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginne, in dem die gültige Satzung bekannt gemacht worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab.

Mit Beschluss vom 5. März 2013 erklärte das Bundesverfassungsgericht Artikel 13 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc Spiegelstrich 2 des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 775) mit Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes) für unvereinbar und hob den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2008 - 20 ZB 08.903 - auf und verwies die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurück.

Mit Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70), in Kraft getreten am 1. April 2014, wurden die Verjährungsvorschriften durch den bayerischen Gesetzgeber neu gefasst. Ein Beitrag ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) bb) Spiegelstrich 1 KAG spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres nach Eintreten der Vorteilslage zu erheben. Liegt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandkräftigen Bescheid festgesetzt wurden, gilt nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG eine Frist von 30 Jahren.

Auf die Nachfrage des Senats legte die Beklagte eine schriftliche Äußerung der Tochter der im Zeitpunkt des Dachausbaus eingetragenen, inzwischen verstorbenen Eigentümer vom 21. Mai 2014 vor. Danach sei der Dachausbau in den Jahren 1986/1987 fertig gestellt worden. Der Kläger war dagegen mit Schreiben vom 22. Mai 2014 der Meinung, dass das Dachgeschoss im Zeitpunkt 1991 mehr als 10 Jahre bereits ausgebaut gewesen sei.

Mit seiner durch den Senat zugelassenen Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2008 zu ändern

und den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Freising vom 26. Juni 2006 aufzuheben.

Die Neuregelung des bayerischen Gesetzgebers genüge nach wie vor nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Gebot der Rechtssicherheit. Hierfür sei die gewählte Frist zu lange. Jedenfalls genüge sie den Anforderungen nicht, soweit es um Sachverhalte vor Erlass der Regelung gehe, bei denen eine Anpassung der Vertragsgestaltungen nicht mehr möglich sei. Zudem sei nicht klar, dass die Vorgängersatzungen tatsächlich nichtig gewesen seien. Dies sei im Berufungsverfahren aufzuklären, mit der Folge, dass die Festsetzungsfrist abgelaufen sein könnte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 zum Thema des Zeitpunktes des Dachausbaues Beweis erhoben durch Einvernahme der Tochter der früheren Eigentümer als Zeugin. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift sowie auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 5. April 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Landratsamts vom 26. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der angefochtene Beitragsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl Seite 264, BayRS 2024-1-I) zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70) sowie in den Bestimmungen der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) der Beklagten vom 18. April 2005, rückwirkend in Kraft getreten zum 1. April 1995.

Nach Art. 5 Abs. 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch öffentlich betriebene Entwässerungseinrichtungen, wie die der Beklagten. Gemäß Art. 5 Abs. 2a Satz 1 KAG entsteht ein zusätzlicher Beitrag, wenn sich nachträglich die für die Beitragsbemessung maßgeblichen Umstände ändern. So liegt es hier.

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Beklagte mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) vom 18. April 2005 erstmals über eine wirksame Beitragssatzung verfügt hat. Die vorausgehenden Beitragssatzungen der Beklagten enthielten eine unzulässige Regelung zur Veranlagung einzelner Geschosse innerhalb von Gebäuden oder selbständigen Gebäudeteilen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U.v. 27.2.2003 - 23 B 02.1032 - BayVBl 2003, 373; B.v. 17.5.2006, - 23 CS 06.928 - juris) zur Nichtigkeit des gesamten Beitragsteils der Satzung führt. Die Entwässerungssatzung mit Beitrags- und Gebührenteil vom 30. Juli 1973 ist wegen einer mit dem Prinzip der gerechten Vorteilsabgeltung nicht zu vereinbarenden Begünstigung kleinerer Einfamilienhäuser beim Beitragsmaßstab Grundstücksfläche (§ 34 Abs. 2 c) im Beitragsteil als nichtig anzusehen (BayVGH, U.v. 14.4.1989 - 23 B 87.03112). Die BGS-EWS vom 12. Dezember 1960 ist allein schon wegen des nicht vorteilsgerechten Grundbeitrags mit Berücksichtigung der Geschossfläche erst ab dem dritten Vollgeschoss (§ 6 Abs. 1) nichtig (vgl. BayVGH v. 14.4.1989 a.a.O.). Diese vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend und wurde vom Kläger nicht substantiell in Frage gestellt. Auf der Grundlage der rückwirkend zum 1. April 1995 in Kraft getretenen BGS-EWS 2005 ist die Beitragsschuld für die bislang nicht veranlagte Geschossflächenmehrung von 74,0 qm im Dachgeschoss des streitgegenständlichen Anwesens somit erstmals am 1. April 1995 entstanden. Die persönliche Beitragsschuld trifft den Kläger als zu diesem Zeitpunkt im Grundbuch eingetragenen Eigentümer (Art. 5 Abs. 6 Satz 1 KAG, § 4 BGS-EWS 2005).

Die Festsetzung des Herstellungsbeitrags im Jahr 2004 war noch zulässig, da die Vorteilslage für das veranlagte Anwesen frühestens im Jahr 1987 eintrat.

Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist § 169 der Abgabenordnung (AO) in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe anwendbar, dass über Abs. 1 Satz 1 hinaus die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, gilt Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt (vgl. Art. 19 Abs. 2 KAG). Durch die Neufassung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ist der bayerische Gesetzgeber dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichtes, welches die Vorgängerregelung, die bei einer nichtigen Beitragssatzung keine zeitliche Begrenzung der Beitragserhebung nach dem Entstehen der Vorteilslage vorsah, für verfassungswidrig erklärte (BVerfG, B.v. 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08 – BGBl I 2013, 820 = BayVBl 2013, 465), nachgekommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung Folgendes ausgeführt (a.a.O. Rn. 45, 46):

„Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt - unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens - in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 <352 f.>; 93, 319 <344>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss.

c) Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt.“

Gemessen an diesen Anforderungen ist die vom bayerischen Gesetzgeber gewählte zwanzigjährige Ausschlussfrist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zunächst wurde dadurch erstmals eine zeitliche Höchstgrenze für die Erhebung eines Beitrages nach Art. 5 KAG eingeführt und dem Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts nachgekommen, so dass der Bürger nunmehr eine klare Höchstfrist vor Augen hat und nicht mehr im Unklaren ist. Bei der Bestimmung der Dauer der Frist ist mit zwanzig Jahren kein unangemessen langer Zeitraum gewählt worden. Entsprechend den Vorgaben des Verfassungsgerichts hatte der Gesetzgeber hier einen Ausgleich zwischen dem Interesse des Bürgers an baldiger Rechtssicherheit und dem öffentlichen Interesse an einem Vorteilsausgleich für die Zurverfügungstellung einer öffentlichen Einrichtung der Daseinsvorsorge durchzuführen. Dem Gesetzgeber steht hier ein weiter Gestaltungsspielraum zu und die Vorteile, die die öffentliche Einrichtung vermittelt, können hier noch relativ lange fortwirken. So hält der 6. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abgesehen von der hier einschlägigen Konstellation allgemein eine 30jährige Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des Art. 53 Abs. 2 BayVwVfG für angemessen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsanspruch aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit im Wege des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung in Anlehnung an § 53 Abs. 2 VwVfG eine 30jährige Ausschlussfrist entgegen gehalten werden und zwar unabhängig von der Entstehung des Anspruches (BVerwG, U.v. 20.3.2014 - 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211, ebenso VGH Baden-Württemberg, B.v. 27.1.2015 - 2 S 1840/14 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 4.12.2014 - 4 L 220/13 - juris). Im Hinblick darauf bestehen an der Verfassungsmäßigkeit der Zwanzigjahresfrist keine Bedenken. Zum einen hat der bayerische Gesetzgeber eine im Vergleich zu vorstehenden Erwägungen wesentlich kürzere Frist gewählt, zum anderen handelt es sich um eine klar ersichtliche gesetzliche Ausschlussfrist, die den Bürgern unabhängig von den Umständen des Einzelfalls Rechtsklarheit verschafft. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung der unterschiedlichen Interessen (vgl. LT-Drs. 17/370 Nr. 2) ist von sachgerechten Erwägungen getragen und hält sich im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums.

Bei Ergänzungsbeitragen für die Verwirklichung zusätzlicher Geschossflächen kann man für den Beginn der Ausschlussfrist aber nicht auf den erstmaligen Anschluss an die öffentliche Einrichtung abstellen. Hier wird der (zusätzliche) Vorteil, den die öffentliche Einrichtung vermittelt, erst mit der tatsächlichen Fertigstellung der betreffenden Geschossflächen vermittelt und muss damit Ausgangspunkt der Betrachtung sein.

Der Dachausbau des streitgegenständlichen Anwesens wurde frühestens im Jahre 1987 fertiggestellt. Dies steht nach der in der mündlichen Verhandlung am 12. März 2015 durchgeführten Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugin ... zur Überzeugung des Senats fest. Die Zeugin hat mit ihrer Aussage nachvollziehbar und glaubhaft ausgeführt, dass sie sich dieser zeitlichen Einordnung ziemlich sicher sei, weil sie 1985, als sie 18 Jahre alt war, ihre Berufstätigkeit begonnen habe und sich damals die Frage stellte, ob sie ausziehen solle oder im elterlichen Haus bleiben könne. Die Familie habe sich dann entschlossen das Dach als Wohnung für die Zeugin auszubauen. Diese zu keinen Zweifeln Anlass gebende Aussage wurde auch vom Kläger bei der Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht in Frage gestellt. Demnach ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass der Dachausbau im Jahre 1987 fertiggestellt wurde. Folglich begann die Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit Ablauf des Jahres 1987 am 1. Januar 1988 zu laufen und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2007. Die Festsetzung des Beitrags erfolgte jedoch mit der Bekanntgabe des Bescheids der Beklagten vom 5. April 2004, dessen Rechtsgrundlage die BGS-EWS vom 18. April 2005 ist, und damit vor Ablauf der Zwanzigjahresfrist.

Damit erfolgte die Festsetzung des Ergänzungsbeitrags noch rechtzeitig und es kommt nicht auf die Anwendung der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG an. Nach dieser Vorschrift gilt für Beiträge, die vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Diese Norm hätte zwar im hier zu entscheidenden Fall Anwendungsvorrang, weil der streitgegenständliche Ergänzungsbeitrag durch vor dem 1. April 2014 nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt worden ist. Der Senat hegt jedoch verfassungsrechtliche Bedenken, ob die Übergangsregelung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV zu vereinbaren ist. Ein sachlicher Differenzierungsgrund für die Ungleichbehandlung von Beitragsfestsetzungen die vor dem 1. April 2014 mit nicht bestandskräftigem Bescheid festgesetzt worden sind und Beitragsfestsetzungen, die nach diesem Zeitpunkt erfolgt sind, erschließt sich dem Senat - jedenfalls bisher - nicht. Die im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes gegebene Begründung (LT-Drs. 17/370 S. 18) überzeugt nicht. Sie beruht im Wesentlichen auf dem Gedanken, dass eine unterschiedliche Behandlung von (ausgesetzten) Widerspruchsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, aufgrund der unterschiedlich maßgeblichen Entscheidungszeitpunkte, vermieden werden soll. Eine solche Erwägung spielt aber erkennbar keine Rolle, weil es bei Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG maßgeblich auf die Festsetzung des Beitrags und somit auf die Bekanntgabe des Beitragsbescheids ankommt. Nachdem im hier zu entscheidenden Fall bereits die regelmäßige zwanzigjährige Ausschlussfrist eingehalten wurde, kann die Frage, ob die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 KAG verfassungsgemäß ist oder gegebenenfalls einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich ist, jedoch dahinstehen.

2. Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

 

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.197,32 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Die Erschließung ist Aufgabe der Gemeinde, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen einem anderen obliegt.

(2) Die Erschließungsanlagen sollen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs kostengünstig hergestellt werden und spätestens bis zur Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlagen benutzbar sein.

(3) Ein Rechtsanspruch auf Erschließung besteht nicht.

(4) Die Unterhaltung der Erschließungsanlagen richtet sich nach landesrechtlichen Vorschriften.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

Tenor

I.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 1. Oktober 2015 - AN 3 K 14.1655 - wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 66.989,19 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 VwGO liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die beklagte Stadt hat die Klägerin, eine BGB-Gesellschaft, als Eigentümerin der Grundstücke FlNr. 287, 287/3, 287/2 und 287/7 mit vier Bescheiden vom 20. November 2013 zu Erschließungsbeiträgen für die erstmalige endgültige Herstellung der Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring in Höhe von insgesamt 66.989,19 € herangezogen. Die von der Klägerin gegen die Bescheide erhobenen Widersprüche wies die Regierung von Mittelfranken mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2014 zurück.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung der Erschließungsbeitragsbescheide und des Widerspruchsbescheids für unbegründet erachtet und abgewiesen. Aus dem vorgelegten Bildmaterial ergebe sich eindeutig, dass der nordwestliche Gehweg im Bereich des Grundstücks FlNr. 232 bis zu seiner Herstellung im Jahr 2005 noch nicht endgültig hergestellt gewesen sei. Die Fahrbahn der Rollnerstraße sei in diesem Bereich gegenüber dem Gehweg nicht durch Randsteine, Pflasterzeilen oder ähnliche zweckdienliche Einrichtungen abgegrenzt worden, sondern lediglich optisch durch eine weiße Linie. Da es für den Eintritt der Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht nicht ausreiche, dass die Straße gebrauchsfertig sei und benutzt werden könne, sondern es auf die endgültige technische Herstellung nach dem Bauprogramm und den Satzungsbestimmungen ankomme, sei die Beitragsforderung nicht verjährt. Die sachliche Beitragspflicht sei erst mit dem Beschluss des Verkehrsausschusses der Beklagten vom 16. September 2010 entstanden, mit dem festgestellt worden sei, dass die Erschließungsanlage den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB entspreche.

Dem hält die Klägerin im Wesentlichen entgegen, dass die Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring schon im Jahr 1978 die satzungsmäßigen Merkmale der endgültigen Herstellung aufgewiesen und eine insgesamt betriebsfertige Erschließungsanlage dargestellt habe. Der Gehweg zwischen Schleifweg und Horneckerweg sei durchgängig mit einem Asphaltbelag versehen und gegenüber der Fahrbahn durch eine zweckdienliche Einrichtung, nämlich eine ununterbrochene weiße Linie optisch abgegrenzt gewesen. Die 30-jährige Ausschlussfrist nach Entstehen der Vorteilslage sei bei Erlass der Erschließungsbeitragsbescheide vom 20. November 2013 bereits abgelaufen gewesen. § 9 EBS stelle nicht auf die Notwendigkeit eines einheitlichen Belags ab. Der Straßenausbau habe nicht die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlage bezweckt, sondern sei - kostenneutral - ausschließlich durchgeführt worden, um dem Verbrauchermarkt E. auf dem Grundstück FlNr. 139 eine neue Anbindung zu ermöglichen.

Die Einwendungen, die die Klägerin den Erwägungen des Verwaltungsgerichts entgegenhält, begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die auf der Grundlage von Art. 5a Abs. 1 KAG in Verbindung mit §§ 127 ff. BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 12. Juli 1989 ergangenen Erschließungsbeitragsbescheide vom 20. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. September 2014 rechtlich nicht zu beanstanden sind.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 Halbs. 1 KAG in der Fassung vom 11. März 2014 (GVBl 70) ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, Art 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht erst mit der endgültigen technischen Fertigstellung der Erschließungsanlage nach dem zugrunde liegenden Bauprogramm und den Satzungsbestimmungen im Jahr 2005 zu laufen begann und es nicht ausreichte, dass die Straße zuvor schon „gebrauchsfertig“ und „benutzbar“ war. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 14. November 2013 (6 B 12.704 - juris Rn. 22) entschieden hat, ist die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen - ohne Rücksicht auf das Entstehen der Beitragsschuld und unbeschadet der Verjährungsregelungen - ausgeschlossen, wenn seit dem Entstehen der Vorteilslage durch die endgültige technische Fertigstellung der Erschließungsanlage mehr als 30 Jahre vergangen sind.

Die Erschließungsanlage Rollnerstraße im Abrechnungsabschnitt zwischen Schleifweg und Nordring war vor dem Jahr 2005 noch nicht endgültig technisch fertiggestellt. Die in § 9 EBS geregelten Merkmale der endgültigen Herstellung im Gehwegbereich auf Höhe des mit einem Autohaus bebauten Grundstücks FlNr. 232 waren nämlich vor 2005 noch nicht erfüllt. Nach § 9 Nr. 1 Satz 3 EBS sind Fahrbahnen und Parkflächen gegenüber den Gehwegen durch Randsteine, Pflasterzeilen oder ähnliche zweckdienliche Einrichtungen abzugrenzen. Gehwege müssen mit Plattenbelag, Asphaltbeton, Pflaster oder ähnlichen Materialien und einem Unterbau versehen sein (§ 9 Nr. 2 Satz 1 EBS). Diese Regelungen genügen den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen ebenso wie dem gesetzgeberischen Ziel des § 132 Nr. 4 BauGB, den betroffenen Grundstückseigentümern die endgültige Herstellung der ihre Grundstücke erschließenden Anlage möglichst eindeutig erkennbar zu machen (vgl. BayVGH, U. v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 24 m. w. N.). Aus den Fotos der Behördenakte der Beklagten (Bl. 46 bis 50) ergibt sich, dass der Gehweg auf der Westseite der Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Horneckerweg östlich des Grundstücks FlNr. 232 vor den 2005 durchgeführten Baumaßnahmen noch nicht entsprechend der Merkmalsregelung endgültig technisch fertiggestellt war, sondern erkennbar wie ein Provisorium wirkte. Dieser Bereich war auf einer Länge von etwa 50 m nicht - wie die sonstigen Gehwege im Abrechnungsabschnitt - als Gehweg mit Hochbord und Betonplatten angelegt. Auch fehlte eine Abgrenzung von der Fahrbahn durch Randsteine, Pflasterzeilen oder ähnliche zweckdienliche Einrichtungen. Vielmehr handelte es sich um eine mit der Fahrbahn höhengleiche asphaltierte Fläche, die lediglich durch gestrichelte weiße Markierungen eine gewisse optische Abgrenzung zur Fahrbahn hin aufwies. Die Farbmarkierung stellt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht eine „ähnliche zweckdienliche Einrichtung“ im Sinn des § 9 Nr. 1 Satz 3 EBS dar, weil dies eine einem Randstein und/oder einer Pflasterzeile gleichartige bautechnische Abgrenzung voraussetzen würde. Die endgültige technische Fertigstellung dieses Gehwegbereichs und damit der Erschließungsanlage Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring erfolgte erst am 13. Dezember 2005. Die Bezeichnung dieser Maßnahme als „Umbau“ in der Beschlussvorlage zur Tagesordnung des Verkehrsausschusses vom 14. April 2005 ist unerheblich, weil es auf die objektiv vorliegenden Tatsachen ankommt. Die gesetzliche Ausschlussfrist von 30 Jahren, die erst mit Ablauf des Jahres 2005 zu laufen begann, war demnach bei Erlass der Erschließungsbeitragsbescheide vom 20. November 2013 bei weitem noch nicht abgelaufen. Ohne Belang ist es, aus welchem Anlass der Gehweg auf Höhe des Grundstücks FlNr. 232 endgültig technisch fertiggestellt wurde.

Die sachlichen Beitragspflichten wiederum entstanden erst im Jahr 2010 durch den Abwägungsbeschluss des Verkehrsausschusses der Beklagten. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil liegt der strittige Bereich der Rollnerstraße nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Auch die Klägerin gibt an, dass der westliche Bereich zwischen dem Schleifweg und dem Horneckerweg nicht im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans liege. Wenn ein Bebauungsplan nicht vorliegt, dürfen Erschließungsanlagen im Sinn des § 127 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen (§ 125 Abs. 2 BauGB). Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht darauf abgestellt, dass die sachlichen Beitragspflichten erst mit dem Beschluss des Verkehrsausschusses der Beklagten vom 16. September 2010 entstehen konnten, mit dem festgestellt wurde, dass die Erschließungsanlage Rollnerstraße zwischen Schleifweg und Nordring (nach Abrechnungsplan SÖR/2-B/3 vom 5.5.2010) den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB entspricht. Hierzu legt der Zulassungsantrag nichts dar.

2. Die Rechtssache weist aus den unter 1. genannten Gründen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Klägerin wirft mit dem Zulassungsantrag die Frage auf, ob „vom Entstehen der Vorteilslage im beitragsrechtlichen Sinne ausgegangen werden kann, wenn ein Grundstück durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung, die in Teilbereichen zwar unterschiedliche, aber jeweils satzungskonforme Herstellungsmerkmale aufweist und Erschließungsfunktion besitzt, erschlossen ist“. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, weil sie unterstellt, dass die Rollnerstraße im Abrechnungsabschnitt vor der endgültigen technischen Fertigstellung im Jahr 2005 „satzungskonforme“ Herstellungsmerkmale aufgewiesen habe, was - wie oben unter 1. Ausgeführt - nicht der Fall war. Abgesehen davon lässt sich die Frage, soweit sie überhaupt einer verallgemeinernden Beantwortung zugänglich ist, auf der Grundlage der Rechtsprechung ohne weiteres verneinen, weil es nicht auf den Zustand der „Betriebsfertigkeit“, sondern den der „endgültigen technischen Fertigstellung“ der Erschließungsanlage ankommt (BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - juris Rn. 22).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12. November 2015 - RN 2 K 14.701 - wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 555,18 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B. v. 13.7.2015 - 6 ZB 15.585 - juris Rn. 3). Ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, sind Zulassungsgründe deshalb wegen eines jeden die Entscheidung tragenden Grundes darzulegen (BayVGH, B. v. 10.12.2013 - 6 ZB 13.312 - juris Rn. 5; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 61 m.w.N). Danach begegnet das erstinstanzliche Urteil keinen ernstlichen Zweifeln.

Die Klägerin wurde von der beklagten Gemeinde mit Bescheiden vom 25. Januar und 19. April 2013 als Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 85/1 für im Jahr 2012 durchgeführte Straßenbaumaßnahmen an der „Grünbacher Straße“ (Entwässerung und Beleuchtung) zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von - zuletzt - 555,18 Euro herangezogen. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beitragserhebung sei zwar nicht nach dem Straßenausbaubeitragsrecht (Art. 5 KAG), wohl aber nach dem vorrangigen Erschließungsbeitragsrecht (Art. 5a KAG i. V. m. §§ 127 ff. BauGB) dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig. Erschließungsbeitragsrecht finde Anwendung, weil die Straße entgegen der Ansicht der Beklagten durch die 1967/68 durchgeführten Baumaßnahmen noch nicht endgültig hergestellt worden sei. Dazu hätte sie nach den jeweiligen Erschließungsbeitragssatzungen (EBS) eine vollständige und ordnungsgemäße Straßenbeleuchtung aufweisen müssen. Daran habe es jedoch auf der gesamten Straßenlänge gefehlt. Auf der westlichen, bis zum alten Ortsende bei Grundstück FlNr. 29/1 reichenden Teilstrecke habe es nur zwei unzureichende Hängeleuchten und eine Pilzleuchte vor dem Feuerwehrhaus gegeben; die östliche Teilstrecke, die erst später (ab 1977) Erschließungsfunktion erlangt habe und an der das Grundstück der Klägerin liege, habe bis zur in Rede stehenden Baumaßnahme im Jahr 2012 über gar keine Straßenbeleuchtung verfügt. Selbst wenn der westliche Teil bereits vor 2012 ausreichend beleuchtet und damit endgültig hergestellt gewesen sein sollte, ergebe sich für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis. Denn für diesen Fall sei der maßgebliche östliche Teil als eigenständige Erschließungsanlage zu betrachten mit der Folge, dass die Kosten für die 2012 durchgeführten Baumaßnahmen bezogen allein auf diese Teilstrecke und die daran angrenzenden Grundstücke wiederum nach Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen seien und sich für die Klägerin kein niedrigerer, sondern im Gegenteil ein höherer Beitrag als der festgesetzte errechne. Die Beitragspflicht sei entstanden. Der Einwand der Klägerin, die neue Straßenbeleuchtung entspreche nicht der europäischen Norm, greife nicht durch. Die Beitragsfestsetzung sei auch in der Höhe nicht zu beanstanden. Die Beitragsberechnung der Beklagten leide zwar an mehreren Fehlern. Bei Korrektur dieser Fehler errechne sich jedoch für die Klägerin nach der Rechtslage ein höherer Beitrag als der festgesetzte. Das Recht zur Erhebung eines Erschließungsbeitrags sei weder verwirkt noch von der Beklagten rechtsmissbräuchlich ausgeübt.

Der Zulassungsantrag der Klägerin hält der Begründung des Verwaltungsgerichts nichts Stichhaltiges entgegen, das - ergebnisbezogene - Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils begründet und weiterer Überprüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

a) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, die Grünbacher Straße sei auf ihrer gesamten Länge bereits ca. 1967/68 mit einer ausreichenden Beleuchtung endgültig hergestellt worden, weshalb sie entsprechend der ursprünglichen Ansicht der Beklagten nunmehr insgesamt in den Anwendungsbereich des Straßenausbaubeitragsrechts falle. Die Klägerin meint, an der westlichen Teilstrecke habe es damals nicht nur zwei, sondern fünf Hängelampen gegeben, die auch für die östliche Teilstrecke ab FlNr. 29/1 zu einem ungefährdeten Hauszu-Haus-Verkehr ausgereicht hätten. Das greift nicht durch.

Wie das Verwaltungsgericht insoweit unbestritten angenommen hat, sahen und sehen die Erschließungsbeitragssatzungen der Beklagten seit damals im Rahmen des Regelungsauftrags nach § 132 Nr. 4 BBauG/BauGB für Anbaustraßen unter anderem eine „Beleuchtung“ als Herstellungsmerkmal vor. Welchen konkreten technischen Anforderungen diese Teileinrichtung genügen muss, um als endgültig hergestellt zu gelten, ist in der Satzung nicht näher umschrieben und muss es auch nicht sein. Herstellungsmerkmale sollen es nach dem Gesetzeszweck den Beitragspflichtigen ermöglichen, durch einen Vergleich des satzungsmäßig festgelegten Bauprogramms mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, sich ein Bild darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dieser auf Laien abstellenden Zielrichtung wäre es von vornherein nicht zu vereinbaren, das Merkmal „Beleuchtung“ in dem Sinn zu verstehen, dass es um Ausbaustandards unter Beachtung bestimmter technischer Regelwerke ginge. Entscheidend kann nur sein, dass überhaupt (irgend-)eine funktionsfähige, der Straßenlänge und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung vorhanden ist (vgl. BayVGH, B. v. 27.1.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 7). Eine etwa mängelbehaftete Bauausführung berührt nur Gewährleistungsansprüche der Gemeinde gegenüber dem Bauunternehmer und damit unter Umständen die Höhe des beitragsfähigen Erschließungsaufwands, nicht aber die Frage, ob die satzungsmäßigen Herstellungsmerkmale erfüllt sind. Die endgültige Herstellung wäre nur dann zu verneinen, wenn die Mängel die Gebrauchstauglichkeit der Erschließungsanlage ausschlössen (vgl. BayVGH, B. v. 13.6.2016 - 6 ZB 14.2404 - juris Rn. 6 f. m. w. N.).

Gemessen an diesem Maßstab mag das Hauptargument des Verwaltungsgerichts, die Beleuchtung auf der westlichen Teilstrecke habe trotz der 1967/68 angebrachten Straßenleuchten dem Herstellungsmerkmal „Beleuchtung“ nicht entsprochen, Zweifeln begegnen. Auch wenn man aber mit der Klägerin davon ausgeht, die Grünbacher Straße sei auf dieser Strecke bereits damals als Erschließungsanlage endgültig hergestellt worden, ändert sich am Ergebnis der beitragsrechtlichen Bewertung nichts. Denn dann verbleibt es bei der Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts, die der Senat teilt:

Die östliche Teilstrecke kann erst ab 1977 zum Anbau bestimmt gewesen sein und damit die Eigenschaft als Erschließungsanlage im Sinn von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB (nunmehr Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG) erhalten haben, weil sie bis dahin beidseitig durch den nicht für eine Bebauung vorgesehenen Außenbereich verlaufen ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.1977 - IV C 1.75 - BVerwGE 52, 364/367; U. v. 14.2.1986 - 8 C 115/84 - NVwZ 1986, 568). Wird eine Außenbereichsstraße in eine Anbaustraße umgewandelt, ist ihr Zustand erschließungsbeitragsrechtlich unter dem Blickwinkel einer erstmaligen endgültigen Herstellung neu zu beurteilen (BVerwG, U. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308/312). Denn eine für ihren Zweck fertige Außenbereichsstraße kann und wird im Regelfall als beitragsfähige Erschließungsanlage eine noch unfertige Anbaustraße sein. Das gilt auch für die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße. Denn sie hat bis zur Aufstellung von zwei Leuchten durch die abgerechneten Baumaßnahmen im Jahr 2012 über keine eigene Beleuchtung verfügt und ist ohne jeden verbleibenden Zweifel auch nicht von der westlichen Teilstrecke her ausreichend beleuchtet worden. Dagegen spricht schon die leichte Straßenkrümmung, die eine Ausleuchtung der Straße bis zum heutigen östlichen Ende durch die „alte Hängeleuchte“ Nr. 5 (nach dem Plan der Klägerin, Bl. 40 des VGH-Akts 6 ZB 15.2788) ausschloss. Im Übrigen trägt die Klägerin selbst vor, dass die Straßenanlieger die Gemeinde jahrelang um Fertigstellung der Beleuchtung gebeten hätten.

Demnach war allenfalls die westliche Teilstrecke der Grünbacher Straße bereits früher endgültig hergestellt und infolge dessen aus dem Anwendungsbereich des Erschließungsbeitragsrechts entlassen worden. Die östliche Teilstrecke, an der das Grundstück der Klägerin liegt, hat hingegen erst durch die abzurechnende Baumaßnahme einen der Merkmalsregelung entsprechenden Ausbauzustand erhalten. Diese Baumaßnahmen sind auf die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage „einschließlich der Einrichtungen für Entwässerung und Beleuchtung“ (§ 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) gerichtet und fließen in den Erschließungsaufwand ein. Die östliche Teilstrecke stellt unter diesen Voraussetzungen entgegen der Ansicht der Klägerin aus Rechtsgründen zwingend eine eigenständige Erschließungsanlage dar, ohne dass dem § 6 Abs. 4 EBS 1968 (richtig wohl: § 5 Abs. 4 EBS ab 1975) entgegensteht. Wird nämlich eine endgültig hergestellte Anbaustraße, für die die sachlichen Erschließungsbeitragspflichten bereits entstanden (nicht notwendigerweise auch erhoben) sind, nachträglich verlängert oder fortgeführt, stellt das nachträglich angelegte Teilstück eine selbstständige Erschließungsanlage dar, auch wenn zu diesem späteren Zeitpunkt eine - grundsätzlich gebotene - natürliche Betrachtungsweise einen einheitlichen Straßenverlauf des vorhandenen wie des neu hergestellten Straßenteilstücks ergibt (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, U. v. 22.7.2011 - 6 B 08.1935 - juris Rn. 16 m. w. N.).

b) Die Rüge, die neu aufgestellten Pilzleuchten entsprächen nicht dem Stand der Technik (DIN EN 13201) und seien als Straßenbeleuchtung ungeeignet, bleibt unter jedem Gesichtspunkt ohne Erfolg.

Sie kann zunächst nicht die endgültige Herstellung der östlichen Teilstrecke der Grünbacher Straße als der für das klägerische Grundstück maßgeblichen Erschließungsanlage in Frage stellen. Das satzungsmäßige Herstellungsmerkmal „Beleuchtung“ nimmt, wie oben ausgeführt, nicht auf Ausbaustandards in technischen Regelwerken Bezug. Es steht außer Frage, dass mit den beiden Beleuchtungskörpern Nr. 6 und 7 (nach dem Plan der Klägerin, Bl. 40 des VGH-Akts 6 ZB 15.2788) eine funktionsfähige, der Ausdehnung der Erschließungsanlage und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtung vorhanden ist. Nach den Vermaßungen der Klägerin beträgt der Abstand zwischen diesen Leuchtkörpern nur 48,40 m, womit der leichten Straßenkrümmung ausreichend Rechnung getragen wird.

Es fehlt mit Blick auf die Beleuchtung zudem nicht an der anlagen- oder kostenbezogenen Erforderlichkeit im Sinn von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Straße (oder Teileinrichtung) überhaupt und ob sie nach Art und Umfang oder den dafür aufgewandten Kosten erforderlich ist, steht der Gemeinde ein weiter Entscheidungsspielraum zu (vgl. BayVGH, B. v. 27.2.2012 - 6 ZB 09.1573 - juris Rn. 9). Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar ist (BVerwG, U. v. 3.3.1995 - 8 C 25.93 - NVwZ 1995, 1208/1209; BayVGH, B. v. 6.12.2012 - 6 ZB 12.187 - juris Rn. 9; U. v. 11.12.2015 - 6 N 14.1743 - juris Rn. 34). Für ein Überschreiten dieser Grenze ist kein greifbarer Anhaltspunkt vorgetragen oder ersichtlich. Die von der Beklagten gewählte Beleuchtung mag hinsichtlich Lichtverteilung und Leuchtkraft nicht dem Stand der Technik entsprechen, sachlich unvertretbar ist sie weder nach Ausführung noch mit Blick auf die Kosten.

c) Die Beitragsfestsetzung ist entgegen der Ansicht der Klägerin weder durch Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG ausgeschlossen noch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwirkt.

Nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 Halbs. 1 KAG ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 KAG gilt diese Regelung für Beiträge, die - wie hier - vor dem 1. April 2014 durch nicht bestandskräftigen Bescheid festgesetzt sind, mit der Maßgabe, dass die Frist einheitlich 30 Jahre beträgt. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, tritt die Vorteilslage im Erschließungsbeitragsrecht erst ein, wenn die Erschließungsanlage endgültig technisch - d. h. entsprechend den satzungsrechtlichen Herstellungsmerkmalen und programmgemäß - fertiggestellt ist (vgl. BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 22; B. v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9). Mit Blick auf die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße als der maßgeblichen Erschließungsanlage ist die Vorteilslage erst 2012 entstanden. Denn sie wurde, nachdem sie ihre Bestimmung zum Anbau frühestens 1977 erhalten hatte, erst 2012 durch die abzurechnende Baumaßnahme technisch endgültig fertiggestellt. Die Ausschlussfrist steht der Beitragsfestsetzung demnach nicht entgegen.

Von einer Verwirkung kann ebenfalls keine Rede sein. Das Gesetz machte der erhebungsberechtigten Gemeinde - abgesehen von der genannten Ausschlussfrist - keine zeitlichen Vorgaben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Entstehensvoraussetzungen herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können (BayVGH, U. v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 21; B. v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 10; anders allerdings der am 1.4.2021 in Kraft tretende Art. 5a Abs. 7 Satz 2 KAG). Die Rechte der Beitragspflichtigen werden dadurch nicht beeinträchtigt. Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Beklagte lediglich die Kosten für die 2012 durchgeführte Baumaßnahme an der Straßenentwässerung und -beleuchtung umgelegt hat, nicht aber die Kosten, die ihr vor der Umwandlung in eine Erschließungsanlage für die Herstellung der damaligen Außenbereichsstraße entstanden waren (zur Beitragsfähigkeit solcher Baumaßnahmen vgl. BVerwG, U. v. 10.10.1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308/314 f.; U. v. 5.5.2015 - 9 C 14.14 - DVBl 2015, 1117 Rn. 28.).

d) Schließlich begegnet die Beitragsfestsetzung auch der Höhe nach keinen Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ist der auf das Grundstück der Klägerin rechtmäßig entfallende Erschließungsbeitrag jedenfalls nicht niedriger (sondern mehr oder weniger höher) als er von der Beklagten festgesetzt wurde.

Sieht man - als Konsequenz aus der Hauptargumentation der Klägerin - die östliche Teilstrecke der Grünbacher Straße als die maßgebliche Erschließungsanlage an, sind an der Aufwandsverteilung nur diejenigen Grundstücke zu beteiligen, die durch diese Anlage erschlossen werden, darunter das Grundstück der Klägerin. Die im Zulassungsantrag als weiter beitragspflichtig benannten Grundstücke liegen indes mit Ausnahme der FlNrn. 53/18 und 53/19 an der westlichen Teilstrecke und werden durch diese erschlossen. Die Grundstücke FlNrn. 53/18 und 53/19 grenzen zwar an die östliche Teilstrecke, sind aber aufgrund ihrer geringen Größe und ihres Zuschnitts weder bebaubar noch vergleichbar nutzbar (vgl. § 6 EBS) und nehmen deshalb an der Aufwandsverteilung nicht teil. Jedenfalls trägt die Klägerin zu ihnen und im Übrigen auch zu den Grundstücken an der westlichen Teilstrecke nichts Erhebliches vor. Sie nennt lediglich Flurnummern, ohne aber konkret darzulegen, weshalb diese entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und trotz ihrer Lage, ihres Zuschnitts oder der bauplanerischen Festsetzungen bebaubar und erschlossen sein sollen. Abrechnungsfehler, die sich im Ergebnis zu ihren Gunsten auswirken könnten, sind nicht dargetan.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die aufgeworfenen Fragen lassen sich auf der Grundlage der Senatsrechtsprechung in dem oben dargelegten Sinn beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, „ob die bislang ergangene Rechtsprechung auch auf solche Konstellationen anzuwenden ist, bei denen die endgültige Fertigstellung wegen des Fehlens einer Lampe, welche die Gemeinde trotz vermehrter Aufforderung aufzustellen verweigert hat, verzögert wird“, lässt sich - wenn sie überhaupt verallgemeinerungsfähig sein sollte - auf der Grundlage der Rechtsprechung ohne weiteres in dem oben genannten Sinn beantworten.

4. Die Rüge der Klägerin, das Verwaltungsgericht hätte gemäß § 155 Abs. 4 VwGO die Kosten der Beklagten auferlegen müssen, kann nicht durchgreifen. § 158 Abs. 1 VwGO schließt die Zulassung von Rechtsmitteln aus, die auf den Kostenpunkt beschränkt sein sollen. Deshalb kann die Berufungszulassung nur mit Zulassungsgründen erreicht werden, die sich auf die Entscheidung in der Hauptsache beziehen (vgl. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 158 Rn. 12 m.w.N).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 5. September 2012 - W 2 K 11.902 - wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 26.381,28 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts in seinem klageabweisenden Teil zuzulassen, ist unbegründet.

Der innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn dieser Vorschrift.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B. v. 23.3.2007 -1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Der Kläger wurde von der beklagten Gemeinde für die Erneuerung und Verbesserung der Ortsstraße Buchrain nach Art. 5 Abs. 5 KAG i. V. mit der Ausbaubeitragssatzung vom 11. Juni 2010 zu Vorauszahlungen auf die Straßenausbaubeiträge für seine Grundstücke Fl. Nrn. ...4, ...5, ...6, .../2, ... und 3... in Höhe von insgesamt 32.953,23 € herangezogen (je Grundstück mit fünf Bescheiden für Fahrbahn, Gehwege, Mehrzweckstreifen, Entwässerungs- und Beleuchtungsanlage). Den nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil teilweise stattgegeben: Es hat die Vorauszahlungsbescheide für die Grundstücke Fl. Nrn. ... und .../2 insgesamt und diejenigen für die Fl. Nrn. ...4, ...5 und ...8 teilweise aufgehoben (im Ergebnis hinsichtlich eines über 26.381,28 € hinausgehenden Gesamtbetrags); im Übrigen hat es die Klagen für unbegründet erachtet und abgewiesen.

Der Zulassungsantrag hält diesem Urteil nichts Stichhaltiges entgegen, das Zweifel an seiner Richtigkeit begründet und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Grundstücke Fl. Nrn. ... bis ...4 nicht zum Abrechnungsgebiet gehören, also nicht zur Verringerung des auf die klägerischen Grundstücke entfallenden Anteils bei der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen sind. Das gilt erst recht mit Blick auf die im Zulassungsantrag zusätzlich genannten Grundstücke Fl. Nrn. ...1/2, ...8/2, ...6/2, ...8 und ...0. All diese Grundstücke liegen nicht an der abzurechnenden Straße Buchrain, sondern an dem „Radweg zum Höllhammer“, der von Südwesten her kommend in diese Straße einmündet. Die Straße Buchrain kann diesen Grundstücken unter keinem Gesichtspunkt eine vorteilsrelevante, zur Beitragserhebung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG berechtigende Inanspruchnahmemöglichkeit vermitteln, weshalb auch eine Heranziehung zu Vorauszahlungen ausscheidet.

Der ursprünglich durchgehend geschotterte Weg ist auf seiner gesamten Länge von 725 m als beschränkt-öffentlicher Weg nur für Fußgänger- und Radfahrerverkehr gewidmet (Art. 3 Abs. 1 Nr. 4, § 53 Nr. 2 BayStrWG). Dass er im Zuge der Ausbauarbeiten im Einmündungsbereich zur Ortsstraße Buchrain asphaltiert wurde und als Fußgänger- und Radweg erst 50 m nach der Abzweigung beschildert ist, ändert an dieser straßenrechtlichen Zuordnung nichts. Entgegen der Ansicht des Klägers kann das asphaltierte Teilstück nicht beitragsrechtlich isoliert und als unselbstständiges „Anhängsel“ der Ortsstraße Buchrain angesehen werden. Selbst wenn das nach dem äußeren Erscheinungsbild angenommen werden könnte, stehen einer solchen Betrachtung zwingend mehrere rechtliche Umstände entgegen, die eine Ausnahme von der grundsätzlich maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise verlangen (dazu BayVGH, B. v. 30.1.2014 - 6 ZB 13.1011 - juris Rn. 4, B. v. 23.5.2012 - 6 CS 11.2636 - juris Rn. 9 m. w. N.). Zum einen würde der asphaltierte „Stichweg“ mit der vom Kläger behaupteten Erschließungsfunktion, wie das Verwaltungsgericht angedeutet hat, dem Anwendungsbereich des Erschließungsbeitragsrechts unterfallen, weil insoweit dessen erstmalige Herstellung - sei es als unbefahrbare Verkehrsanlage (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 BauGB) oder als Anbaustraße (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) - inmitten steht. Die Ortsstraße Buchrain ist hingegen als Erschließungsanlage bereits endgültig hergestellt und damit aus dem Anwendungsbereich des Erschließungsbeitragsrechts entlassen. Bereits das zwingt zu der Annahme, dass eine solche erst nachträglich angelegte Stichstraße („Stichweg“) unabhängig von seiner Länge als selbstständig zu bewerten ist (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1990 - 8 C 80/88 - NVwZ 1991, 77). Selbst wenn der „Stichweg“ aber nur (noch) dem Ausbaubeitragsrecht unterfallen sollte, kann er aus Rechtsgründen nicht als bloßer unselbstständiger, zufahrtsähnlicher Teil der Ortsstraße Buchrain angesehen werden. Denn beide Verkehrsanlagen gehören nicht nur straßenrechtlich verschiedenen Straßenklassen an, sondern dienen auch unterschiedlichen Verkehrsfunktionen, die nach der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. Während der Buchrain unstreitig als Haupterschließungsstraße einzustufen ist, wäre der „Stichweg“ entweder als ebenfalls beitragsfähiger beschränkt-öffentlicher Weg oder im Fall seiner rechtlichen und tatsächlichen Befahrbarkeit als Anliegerstraße mit einem niedrigeren Gemeindeanteil anzusehen sein.

Ist demnach der „Stichweg“ aus - mehreren Gründen - rechtlich zwingend als selbstständige Verkehrsanlage zu werten, so koppelt er die nur an ihm gelegenen Grundstücke ab und schließt eine Beitragspflicht für die Straße aus, von der er abzweigt. Denn einem Grundstück wird im Straßenausbaubeitragsrecht eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich durch die nächste von ihm aus erreichbare selbstständige Verkehrseinrichtung vermittelt und nicht durch die übernächste, wie hier die Straße Buchrain. Das gilt - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - auch dann, wenn es sich um einen unbefahrbaren Weg handelt (BayVGH, U.v. 11.4.2011 - 6 BV 08.3182 - BayVBl. 2012, 24/25 m. w. N.).

Der mit dem Zulassungsantrag neu vorgebrachte Einwand, die Erhebung von Vorauszahlungen sei rechtswidrig, weil es an einem hinreichend bestimmten Bauprogramm fehle, begründet ebenfalls keine ernstlichen Zweifel.

Das Bauprogramm, das für die beitragsrechtliche Beurteilung ausschlaggebende Bedeutung hat, kann etwa durch Beschluss des Gemeinderats und die solchen Beschlüssen zugrunde liegenden Unterlagen, aber auch konkludent durch den Abschluss von Verträgen oder formlos durch die Verwaltung erfolgen, sofern jeweils davon ausgegangen werden kann, dass die Ausbauplanung von dem zuständigen Selbstverwaltungsgremium gebilligt worden ist. Mit dieser Maßgabe ist dann, wenn es an einem förmlich aufgestellten Bauprogramm fehlt, maßgeblich das Planungskonzept, auf dessen Grundlage die Ausbaumaßnahme durchgeführt worden ist; in einem solchen Fall ist die Planung der Verwaltung oder die der Auftragsvergabe zugrunde liegende Planung als hinreichend anzusehen und kann sich der Umfang des Bauprogramms aus Vergabebeschlüssen auf der Grundlage von Ausbauplänen ergeben (BayVGH, B.v. 10.4.2014 - 6 ZB 14.85 - BayVBl 2014, 660 m. w. N.). Diesen Anforderungen ist nach Aktenlage genügt, und zwar durch den Beschluss des Gemeinderats der Beklagten vom 8. Mai 2009, weiter durch den Beschluss vom 3. September 2009, mit dem die Erhebung von Vorauszahlungen und damit zugleich der damalige Bau- und Planungsstand gebilligt worden ist.

Entgegen der Ansicht des Zulassungsantrags ist es unschädlich, dass die den Vorauszahlungsforderungen zugrunde liegende Kostenzusammenstellung „noch keinen für die Bestimmbarkeit der Höhe der endgültigen Beitragsforderung erforderlichen Detaillierungsgrad“ aufweist. Denn aus dem Wesen einer Vorauszahlung als einer Leistung, die vor Eingang sämtlicher Rechnungen und somit vor Entstehen der sachlichen Beitragspflichten erbracht wird, ergibt sich, dass eine Gemeinde die Höhe der geforderten Vorauszahlung im Wege der Kostenschätzung ermitteln darf. Das ist notwendigerweise mit einem gewissen Spielraum und mit einer das Ergebnis der Schätzung betreffenden Toleranz verbunden (BayVGH, B. v. 4.6.2014 - 6 CS 14.716 - juris Rn. 12 m. w. N.). Dass die Beklagte diesen Spielraum überschritten haben könnte, ist weder substantiiert dargelegt noch aus der Zusammenstellung (Stand September 2010) selbst ersichtlich. Eingang haben lediglich schon getätigte oder noch zu erwartende und deshalb geschätzte beitragsfähige Aufwendungen gefunden, deren Höhe keinen Bedenken begegnet. Die Bestimmung des endgültigen beitragsfähigen Aufwands muss der Schlussabrechnung vorbehalten bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 3 GKG unter Beschränkung auf den im Zulassungsverfahren noch streitigen Betrag.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.