Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 05. Nov. 2014 - 16a D 13.1132

bei uns veröffentlicht am05.11.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht München, 13 DK 12.3640, 16.04.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

I.

Der am ... in P. geborene Beklagte schloss seine Schulausbildung 1993 mit der mittleren Reife ab. Zum 1. September 1993 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeimeisteranwärter, zum 1. September 1994 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Nach Ablegung der Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtnote „befriedigend“ (2,70), Platzziffer 58 von 481 Prüfungsteilnehmern, wurde er zum 1. Mai 1996 zum Polizeimeister und zum 1. Mai 1998 zum Polizeiobermeister befördert. Am 8. Oktober 2001 wurde der Beklagte in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Der Beklagte leistete seit dem 19. Februar 2001 bei der Verkehrspolizeiinspektion W. Dienst, wo er wechselweise als Wach- und Streifenbeamter eingesetzt war.

Der ledige Beklagte bezieht (gekürzte) Bezüge aus der Besoldungsgruppe A 8.

In der letzten dienstlichen Beurteilung aus dem Jahr 2005 erhielt er 9 Punkte.

II.

Der disziplinarrechtlich nicht vorbelastete Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts W. (Az.: 2 Cs 12 Js 19584/08) vom 18. Januar 2010 wurde gegen den Beklagten wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften in fünf tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften in sechs tatmehrheitlichen Fällen eine Bewährungsfreiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt. Ein ursprünglicher Strafbefehlsantrag vom 19. August 2009, der eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten vorsah, war nach Einspruch des Beklagten von der Staatsanwaltschaft München II vor Beginn der Hauptverhandlung zurückgenommen worden.

Im Strafbefehl wurden folgende Feststellungen getroffen:

„Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den anderweitig Verfolgten M. wurde festgestellt, dass dieser am 17.02.2006 mindestens 3 E-Mails von der E-Mail-Adresse ...e an Ihre E-Mail-Adresse ... versandte. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde in Ihrer Wohnung, Weiherwiese 9 in 82547 E., aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 03.07.2008 am 16.07.2008 eine Wohnungsdurchsuchung durchgeführt, in deren Verlauf unter anderem auch Ihr PC „Medion“ sichergestellt wurde. Die Auswertung des PC „Medion“ ergab, dass sich hierauf diverse Bild- und Videodateien befanden, welche sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben.

1. Neben 26 gelöschten kinderpornographischen Bilddateien befanden sich auch vier kinderpornographische Bilddateien im ungelöschten Zustand auf dem PC. Aufgrund Ihrer gezielten Suche und des Betrachtens dieser Dateien im Internet wurden diese auf dem Computer gespeichert. Diese Dateien hatten Sie sich zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten, nämlich am 29.12.2004 und am 19.08.2005, verschafft. Der letzte Zugriff auf die Dateien fand am 26.02.2006 statt.

a) Die Bilddatei „wbk9295.TMP“ (Sonderband Bl. 54) zeigt zwei entkleidete Jungen, die auf dem Bett liegen und sich jeweils selbst befriedigen. Einer dieser Jungen ist, wie an seinem kindlichen Körperbau deutlich zu erkennen ist, höchstens zwölf Jahre alt.

b) Die Bilddatei „-...-_m.jpg (Sonderband Bl. 56) zeigt zwei unbekleidete, auf dem Bett liegende und augenscheinlich höchstens zwölfjährige Jungen, welche gegenseitig sexuelle Handlungen an sich vornehmen.

Auch die zwei weiteren Bilddateien haben ein ähnliches Geschehen zum Gegenstand. Vom Inhalt sämtlicher kinderpornographischer Bilddateien hatten sie Kenntnis.

2. Des Weiteren wurden auf dem PC auch insgesamt sieben nicht gelöschte Videodateien mit einer Gesamtlänge von 1:20 Minuten festgehalten, die sexuellen Handlungen von, an oder vor Kindern zum Gegenstand haben. Die Dateien hatten Sie sich an vier unterschiedlichen Zeitpunkten, nämlich am 11.01.2004, am 26.06.2005, am 16.08.2005 und am 23.06.2008 verschafft.

Unter den Videodateien befanden sich insbesondere die folgenden, wobei auch die übrigen ein ähnliches Geschehen zum Gegenstand haben:

a) Die Videodatei „...mpg“ (Sonderband Bl. 58) zeigt zwei, sich gegenüber dem Bett sitzende nackte, höchstens zwölfjährige Jungen, die sich gegenseitig am Geschlecht manipulieren. Der kindliche Körperbau der Jungen ist deutlich zu erkennen.

b) Die Videodatei „...mpg“ (Sonderband Bl. 60) zeigt zwei entkleidete Jungs auf einem Bett, deren kindlicher Körper deutlich zu erkennen ist. Die Jungen sind maximal 10 Jahre alt und manipulieren an ihrem Penis.

Vom Inhalt sämtlicher Videodateien hatten Sie Kenntnis.

3. Außerdem wurde festgestellt, dass Sie am 21.04.2005 gegen 00:17:49 Uhr von Ihrer Email-Adresse ... an den Empfänger ... eine Email mit einem kinderpornographischen Bild versandten. Die Bilddatei (Sonderband Bl. 66) zeigt drei entkleidete Jungen an einem Sandstrand. Einer der Jungen manipulierte an seinem Penis. Aufgrund des kindlichen Körperbaus sind die Jungen maximal als 13 Jahre alt einzuordnen.

Am 16.08.2005 gegen 23:55:07 Uhr versandten Sie von Ihrer Email-Adresse ... an die Email-Adresse ... die Videodatei „...mpg“ (Sonderband Bl. 63). Diese zeigt einen höchstens zwölfjährigen Jungen, der an seinem Penis manipuliert, bis er schließlich ejakuliert.

4. Des Weiteren tauschten Sie im Internet mit nicht näher bekannten Personen über das Chatprogramm „Google Hello“ pornographische Bilder mit äußerst jung wirkenden männlichen Personen, hierunter auch mehrere eindeutig kinderpornographische Bilder.

a) In einem Chat mit dem User „...“ am 24.07.2005 zwischen 15:59:16 Uhr und 16:21:04 sendeten Sie unter Ihrem Pseudonym „...“ an „...“ 15 Bilder, hierunter fünf kinderpornographische Dateien und erhielten von dem User „...“ 31 Bilder, hiervon 27 kinderpornographische Bilddateien. Insbesondere versandten Sie eine Bilddatei (Sonderband Bl. 111), welche drei entkleidete Jungen in sexueller Pose zeigt. Die Jungen sind höchstens 13 Jahre alt, wie an dem kindlichen Körperbau zu erkennen ist.

b) In einem Chat mit dem User „...“ vom 14.07.2005, 14:03:37 Uhr bis 14:57:51 Uhr versendeten Sie an diesen insgesamt neun Bilder, darunter ein kinderpornographisches Bild von Ihrem Pseudonym „...“ und erhielten im Gegenzug fünf Bilder, hiervon drei kinderpornographische Bilder. Die von Ihnen versandte kinderpornographische Datei (Sonderband Bl. 135) zeigt, wie ein höchstens zehnjähriger Junge Oralverkehr an einem anderen Jungen durchführt. Der kindliche Körperbau ist deutlich zu erkennen.

c) In dem Chat mit dem User „...“ versandten Sie unter Ihrem Pseudonym „...“ am 16.08.2006 zwischen 19:52:46 Uhr und 20:10:29 eine kinderpornographische Datei (Sonderband Bl. 143), für die Sie andere pornographische Bilder im Austausch erhielten. Die Datei zeigt höchstens zwölfjährige Jungen, nackt auf einem Bett liegend, die sexuelle Handlungen aneinander vornehmen.

Vom Inhalt sämtlicher Dateien hatten Sie Kenntnis.“

III.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums ... vom 16. Juli 2008 wurden gegen den Beklagten disziplinarische Ermittlungen eingeleitet. Mit Verfügung vom gleichen Tag wurde dem Beklagten die Führung der Dienstgeschäfte gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBG a. F. mit sofortiger Wirkung verboten. Der Beklagte erhob hiergegen Klage, die er am 13. Oktober 2008 für erledigt erklärte, und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Diese lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 8. September 2008 ab.

Mit Verfügung des Polizeipräsidiums M. vom 2. Oktober 2008, an das das Disziplinarverfahren zwischenzeitlich mit Schreiben vom 31. Juli 2008 abgegeben worden war, wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 30 Prozent seiner Dienstbezüge inklusive der jährlichen Sonderzahlung einbehalten. Den hiergegen gerichteten Antrag des Beklagten nach Art. 61 BayDG nahm er in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2008 beim Verwaltungsgericht München zurück.

Der Beklagte verzichtete auf Rechtsmittel gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts W. vom 18. Januar 2010. Ein gleichwohl am 25. Januar 2010 eingelegter Einspruch wurde mit Beschluss des Amtsgerichts W. vom 10. Februar 2010 als unzulässig verworfen. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde wurde durch Beschluss des Landgerichts München II vom 30. Juli 2010 verworfen. Die vor dem Bundesverfassungsgericht erhobene Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 19. Januar 2011 nicht zur Entscheidung angenommen. Nach Fortsetzung des Disziplinarverfahrens äußerte sich der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 31. Oktober 2011 abschließend, der Beklagte selbst nahm mit Schreiben vom 2. November 2011 Stellung. Ein Antrag auf Mitwirkung der Personalvertretung wurde nicht gestellt.

IV.

Am 7. August 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Beklagten wurde der Sachverhalt des rechtskräftigen Strafbefehls als Dienstvergehen zur Last gelegt.

Wegen eines vom Beklagten angestrengten Wiederaufnahmeverfahrens - letztendlich mit Beschluss des Amtsgerichts Miesbach vom 4. Februar 2013 verworfen - wurde das Verfahren mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. November 2012 ausgesetzt.

Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. April 2013 wurde der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Beklagte kinderpornographische Dateien nicht nur besessen, sondern auch weiter gegeben habe. Der Strafbefehl entfalte zwar keine Bindungswirkung, er sei jedoch ein gewichtiges Indiz. Der Beklagte habe den Besitz kinderpornographischer Dateien eingeräumt, bestreite aber deren Weitergabe. Dies werte die Kammer jedoch als Schutzbehauptung. Indiz für die Richtigkeit des Sachverhalts sei das Verhalten des Beklagten am 16. Juli 2008, als ihm die Durchsuchung der Wohnung angekündigt worden sei. Er habe die Erlaubnis des Dienststellenleiters, sich umzuziehen, dazu genutzt, um mit dem Privatwagen in seine Wohnung zu fahren. Als die Beamten eingetroffen seien, hätte er seinen PC bereits eingeschaltet, verschiedene CD’s zerbrochen und die Reste in die Abfalltonne geworfen. Der PC habe auf dem Monitor einen weißen Hintergrund aufgewiesen, auf dem sich der Systemhinweis „Wiederherstellung von Aktivdesctop“ befunden habe. Dieser Umstand gewinne deshalb an besonderer Bedeutung, weil der Gutachter auf dem PC des Beklagten ein Programm gefunden habe, mit dem Dateien vollständig und nicht wiederherstellbar hätten gelöscht werden können. Aus den Chatprotokollen ergebe sich, dass der Beklagte kinderpornographische Dateien versandt habe. Zudem sei dem Beklagten seit August 2009 bekannt gewesen, dass ihm nicht nur der Besitz kinderpornographischer Dateien, sondern auch deren Verbreitung zur Last gelegt werde. Obwohl zwei seiner drei Verteidiger anwesend gewesen seien und eine qualifizierte Belehrung durch den Richter vorgelegen habe, habe der Beklagte zunächst auf Rechtsmittel gegen den Strafbefehl verzichtet. Auch dies sei als Indiz für die Richtigkeit des Strafbefehls vom 18. Januar 2010 zu werten.

Das festgestellte Dienstvergehen wiege sehr schwer. Infolge des wesentlich höheren Strafrahmens (Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bei der Weitergabe kinderpornographischer Dateien) sei Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Durchgreifende Milderungsgründe hätten nicht vorgelegen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, seinem Bevollmächtigten zugestellt am 13. Mai 2013, am 27. Mai 2013 Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16.04.2013 aufzuheben und eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst zu verhängen.

Die Berufung wurde im Wesentlichen damit begründet, das Verwaltungsgericht sei in seiner Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beklagte den Besitz kinderpornographischer Dateien eingeräumt habe. Zudem habe das Gericht dem Umstand, dass auf dem PC des Beklagten das Programm „Secure Eraser“ gefunden worden sei, mit dem Dateien vollständig und nicht wieder herstellbar gelöscht werden könnten, eine Bedeutung zugemessen, die nicht nachvollziehbar und vollkommen überraschend erfolgt sei. Die Löschung von Dateien mit dem Programm „Eraser“ setze voraus, dass jede zu löschende Datei ausdrücklich bezeichnet werde. Erst danach werde der Löschbefehl erteilt und ausgeführt, was längere Zeit in Anspruch nehme. Diese Zeit hätte dem Beklagten Minuten vor der Ankunft der Kriminalpolizei in seiner Wohnung gar nicht zur Verfügung gestanden. Vielmehr sei er nach dem bloßen Einschalten des PCs damit beschäftigt gewesen, einige CDs mit privaten Urlaubsbildern zu zerstören und in die Mülltonne zu werfen. Im Übrigen habe das Gericht dem von ihm zitierten Chatprotokoll völlig überraschend und auch zu Unrecht entnommen, dass der Beklagte kinderpornographische Dateien versandt habe. Diesen Schluss habe auch der Sachverständige selbst nicht in seinem Gutachten gezogen. Aus dem praktisch erzwungenen Rechtsmittelverzicht des Beklagten gegen den Strafbefehl vom 18. Januar 2010 könne zudem kein Geständnis im Hinblick auf einen nicht festgestellten Sachverhalt abgeleitet werden.

Im bloßen Besitz kinderpornographischer Schriften liege kein dienstlicher Bezug. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine Straftat nach § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB statt nach § 184b Abs. 2 StGB angenommen. Die Zumessungserwägungen des Verwaltungsgerichts beruhten deshalb durchwegs auf grob fehlerhaften Annahmen. Im Übrigen seien konkret vorgetragene Milderungsgründe, insbesondere dass der Beklagte auch nach den Feststellungen des Sachverständigen jeden Kontakt zur Kinderpornographie spätestens im Jahr 2006 abgebrochen habe, vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt worden. Die angebliche Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten stelle nach dem Gesetz keinen Grund dar, einen Beamten aus dem Dienst zu entfernen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt mit Schriftsatz vom 23. August 2013, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat am 5. November 2014 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

V.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft München II, die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) erkannt.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Im Übrigen wurden Verfahrensmängel vom Beamten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht.

II.

Der Beklagte hat die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgericht W. vom 18. Januar 2010 im Wesentlichen substantiiert mit Angriffen auf das im Strafverfahren eingeholten Sachverständigengutachten bestritten und lediglich eingeräumt, dass vier Bilder und sieben Schnipsel einer Videodatei in einer Länge von 1 Minute und 20 Sekunden mit kinderpornographischen Inhalten auf der Festplatte seines Rechners aufgefunden worden seien. Diese seien automatisch gespeichert worden, daran müsse er wohl mitgewirkt haben. Er habe diese Bilder und Videodateien nicht selbst abgespeichert. Die Abspeicherung sei automatisch erfolgt.

Das hat zur Folge, dass der Senat, soweit der Beklagte die tatsächlichen Feststellungen nicht eingeräumt hat, den Sachverhalt selbstständig zu überprüfen hat. Eine Bindungswirkung tritt bei Strafbefehlen nicht ein (Art. 25 Abs. 2 BayBG).

Er ist davon überzeugt, dass der Beklagte sich kinderpornographische Schriften verschafft, besessen und es zudem unternommen hat, anderen den Besitz kinderpornographischer Schriften zu verschaffen, strafbar nach § 184b Abs. 2 und 4 StGB (Ziffer 1, 2 und 4 des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts W. vom 18. Januar 2010).

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Bilder:

- Bilddatei „...“

- Bilddatei „...TMP“

- Bilddatei „_..._m.jpg“

- Bilddatei „...m.jpg“,

folgende Videodateien:

- Videodatei „...mpg“

- Videodatei „...mpg.mpg“

- Videodatei „...mpg”

- Videodatei „...mpg”

- Videodatei „...mpeg”

- Videodatei „... Cums.mpg”

- Videodatei „...mpg”

und folgende per E-Mail versandte Dateien:

- Bilddatei „...“

- Bilddatei „-...-2.jpg“

- Bilddatei „- ...(2).jpg“

- Bilddatei „- ...(10).jpg“

- Bilddatei „- ....jpg“

- Bilddatei „Kopie (1) ...“

- Bilddatei „...jpg“

1. Im Hinblick auf Ziff. 1 und 2 des Strafbefehls vom 18. Januar 2010 erklärte der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung, dass von den vier Bilddateien zwei im Internetcache (Temporary Internet) gefunden worden seien, in denen eine automatische Abspeicherung durch den Computer des Beklagten erfolgte, und zwei im temporären Verzeichnis Messenger im Rahmen eines Chatprogramms. Vier der kinderpornographischen Videodateien habe er im Verzeichnis des Programms „Incredimail“ gefunden, wo die Abspeicherung deshalb stattgefunden habe, um die Dateien übertragungsfähig zu machen. Drei Videodateien habe er im Internetexplorer gefunden; diese seien im Rahmen der Darstellung erzeugt worden. Ob die Abspeicherung dieser Bilder automatisch ohne Zutun des Anwenders erfolgte und damit kein „Besitz“ im Sinne des § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB vorliege - wie vom Bevollmächtigten vorgetragen - kann insofern dahinstehen, da sich der Beklagte jedenfalls diese kinderpornographischen Dateien im Sinne von § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB verschaffte. Dies wurde vom Beklagten auch eingeräumt und ist hinsichtlich des Unrechtsgehalts gleich zu bewerten. Im Übrigen reicht es für den verbotenen Besitz kinderpornographischen Materials aus, wenn dieses im Internet gezielt aufgerufen, in den Arbeitsspeicher geladen und am Bildschirm betrachtet wird, ohne dass es durch eine bewusste Speicherung perpetuiert wird. Zumindest mit der (automatisch erfolgenden) Speicherung solcher Daten im Cache-Speicher des Computers erlangt der Nutzer Besitz i. S. d. § 184b Abs. 4 StGB, auch wenn die Speicherung später (manuell oder systembedingt automatisch) wieder gelöscht wird. Denn das Sich-Verschaffen des Besitzes ist mit der automatischen Speicherung im Cache-Speicher vollendet (BGH, B. v. 10.10.2006 - 1 StR 430/06 - juris; OLG Hamburg, B. v. 11.11.2008 - 1-53/08 - juris Rn. 6 f.).

2. Feststeht auch, dass der Beklagte im Rahmen von „Chats“ unter dem Pseudonym „...“ kinderpornographische Schriften versandt und damit den Straftatbestand des § 184b Abs. 2 StGB verwirklicht hat (s. Ziffer 4 des Strafbefehls vom 18. Januar 2010). Insoweit stellte der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nochmals eindeutig klar, dass insbesondere der „Chat“ mit „...“ tatsächlich stattgefunden hat und sicher erkennbar ist, dass die Bilddateien - darunter fünf kinderpornographische - Dateien (s. S. 4 des Zusatzgutachtens vom 27. Oktober 2008) vom Computer des Beklagten abgesandt wurden. Ob diese beim Empfänger auch angekommen sind, könne er daraus zwar nicht erkennen, da es hierfür keine Rückmeldung gebe. Dies lasse sich aber aus den Chatprotokollen (s. 11 des Zusatzgutachtens vom 27.10.2008) herleiten. Nichts anderes muss auch für die beiden anderen Chats mit „...“ am 14. Juli 2005 und mit „...“ am 16. August 2006 gelten, in denen vom Beklagten jeweils ein kinderpornographisches Bild bzw. eine kinderpornographische Datei versandt wurde (s. Zusatzgutachten vom 27. Oktober 2008, S. 6 und 8).

Für die Verwirklichung des Tatbestands des § 184b Abs. 2 StGB kommt es insoweit auf den Empfang der Dateien auch nicht an. Der über die Ausgestaltung als Unternehmensdelikt einbezogene Versuch der Besitzverschaffung beginnt bereits mit dem Versenden solcher Dateien in einer E-Mail bzw. per Anhang an Dritte (s. Schönke/Schröder, Kommentar zum StGB, 29. Auflage, 2014, § 184 b, Rn. 10 mit Hinweis auf die Rspr.).

Soweit der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte, dass es bei der Weitergabe einer Datei über das Chatprogramm zwingend erforderlich sei, dass die Datei auf dem Computer oder einem daran angeschlossenen Datenträger tatsächlich existiere, ist dem Beklagten im Hinblick auf die versandten sieben kinderpornographischen Dateien auch der Besitz im Sinne von § 184 Abs. 4 Satz 2 StGB vorzuwerfen.

3. Soweit im Strafbefehl unter Ziffer 3 festgestellt worden war, dass der Beklagte am 21. April 2005 unter der E-Mail-Adresse ... ein kinderpornographisches Bild und am 16. August 2005 unter der E-Mail-Adresse ... eine kinderpornographische Videodatei verschickt habe, konnte dieser Sachverhalt dem Beklagten auch nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden. Der Sachverständige erklärte insoweit, dass er aufgrund der Daten auf dem Computer des Beklagten lediglich feststellen konnte, dass die E-Mails dort so erstellt und in der E-Mail-Datenbank „ gesendete Objekte“ enthalten sind. Er nehme zwar an, dass der Sendevorgang (mit Anhang des Bildes) so abgeschlossen worden sei, eine endgültige Aussage könne er aber bei der jetzigen Datenlage nicht treffen.

Von diesem Vorwurf war der Beklagte deshalb nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freizustellen.

III.

Der Beklagte hat durch sein Handeln ein schweres außerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (seit 01.04.2009: § 47 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) begangen, indem er vorsätzlich und schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten mehrfach verletzt hat. Wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, wer diese besitzt und es zudem unternimmt, anderen den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, der verstößt als Beamter gegen die Pflichten, die Gesetze zu beachten (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F., § 34 Satz 3 BeamtStG). Legt man für die im Zeitraum von 2004 bis 2006 (nochmals einmal 2008) begangenen Taten bereits den in §§ 34 Satz 3, 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG festgelegten Maßstab zugrunde, so ergibt sich in nicht minder schwerwiegender Weise die Verletzung der Pflicht des Beklagten zu einem Verhalten, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf erfordert. Durch das Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes wurde für den Beklagten kein materiell günstigeres Recht geschaffen (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 5/10 - NVwZ 2011, 303).

Das Verhalten des Beklagten ist als außerdienstliche Pflichtverletzung i. S. v. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. (nunmehr § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) zu bewerten, da es nicht in sein Amt eingebunden war und sich als das Verhalten einer Privatperson darstellt (BVerwG, U. v. 25.8.2009 - 1 D 1/08 - juris).

Eine Verletzung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht des Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG a. F. hat disziplinarrechtliche Bedeutung, wenn die qualifizierten Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F. erfüllt sind. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse oder Auswirkungen auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 2 BayBG a. F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (BVerwG, U. v. 28.7.2011 - 2 C 16/10 - juris).

Die Einstufung des Fehlverhaltens des Beklagten als Dienstvergehen rechtfertigt sich daraus, dass bereits der Besitz oder das Sichverschaffen von kinderpornographischer Schriften eine Rechtsverletzung von hohem Gewicht darstellt, die wegen des spezifischen Unrechtsgehalts solcher Taten ein großes Maß an Missbilligung in den Augen der Allgemeinheit wie auch aus der - objektiv zu verstehenden - Sicht des Dienstherrn nach sich zieht. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - 2 C 13/10 - juris) und des erkennenden Senats (vgl. BayVGH, U. v. 15.7.2009 - 16a D 07.2692; BayVGH, U. v. 17.04.2013 - 16a D 12.1440 - jeweils in juris).

Bilder, die Kinder für die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter auslösen, stehen - auch unter Berücksichtigung der in den letzten Jahrzehnten liberaler gewordenen Anschauungen über geschlechtsbezogene Handlungen und deren Darstellung - mit den allgemeinen Wertvorstellungen nicht in Einklang. Kinderpornographische Darstellungen degradieren die Missbrauchsopfer zum bloßen, auswechselbaren Objekt der Begierde. Sie verstoßen daher gegen die unantastbare Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG). Zugleich ist der sexuelle Missbrauch eines Kindes, wie er bei der Herstellung derartigen Materials stattfindet, in hohem Maß persönlichkeits- und sozialschädlich (vgl. zu alledem z. B. BVerwG, U. v. 6.7.2000 - 2 WD 9/00 - juris; U. v. 19.8.2010 a. a. O.).

Als verabscheuungswürdig werden aber auch die Beschaffung und der Besitz kinderpornographischer Darstellungen angesehen (BVerwG, U. v. 6.7.2000 a. a. O.; U. v. 19.8.2010 a. a. O.), denn auch der Konsument solcher Bilder trägt dazu bei, dass Kinder sexuell missbraucht werden. Gerade die Nachfrage nach derartigem Material schafft nämlich einen Anreiz, kinderpornographische Schriften im Sinn von § 11 Abs. 3 StGB herzustellen und die betroffenen Kinder zu missbrauchen. Daraus erwächst eine Verantwortlichkeit des Konsumenten solcher Darstellungen für die Existenz eines entsprechenden Marktes und den mit seiner Versorgung verbundenen Kindesmissbrauch (BVerwG, U. v. 6.7.2000 a. a. O.; BayVGH, U. v. 28.4.2010 - 16a D 08.2928 - juris).

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten, die keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, besteht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Berufsbeamtentums in einer Weise beeinträchtigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O.; BayVGH, U. v. 24.10.2012 - 16a D 10.2527 - juris).

Bereits anhand dieses am gesetzlichen Strafrahmen orientierten Maßstabs ist die Disziplinarwürdigkeit der Pflichtverletzungen des Beklagten zu bejahen, denn er hat sich tatmehrheitlich des Vergehens des Besitzes bzw. Sichverschaffens kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 4 Satz 1 und 2 StGB (Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe) und des Vergehens, einem anderen den Besitz kinderpornographische Schriften zu verschaffen, gemäß § 184b Abs. 2 StGB (Strafrahmen: Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren) strafbar gemacht.

IV.

Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach Art. 11 BayDG ist auch angemessen und erforderlich.

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach Art. 14 BayDG. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten. Aus Art. 14 Abs. 1 BayDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Disziplinarmaßnahme ist insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Pflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Bemessungskriterium „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion. Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds ist Ausdruck des Schuldprinzips und für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O. Rn. 21; BayVGH, U. v. 28.4.2010 a. a. O. Rn. 50).

1. Eine Einstufung anhand der Kriterien der Schwere des Dienstvergehens ergibt vorliegend als Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Bewertung eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG.

Für das außerdienstlich begangene Dienstvergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften scheidet nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BayVGH, U. v. 15.7.2009 - 16a D 07.2692 - juris) sowie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 19.08.2010 a. a. O.) eine Regeleinstufung, wie sie in der Rechtsprechung für schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten entwickelt worden ist, aus. Anders als bei einem unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung (BVerwG, U. v. 25.3.2010 - 2 C 83.08; BayVGH, U. v. 23.3.2011 - 16 b D 09.2749 - jeweils in juris) ist beim Besitz kinderpornographischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Dies gilt für den Besitz kinderpornographischer Schriften namentlich dann, wenn es an einem dienstlichen Bezug des strafbaren Verhaltens fehlt. In diesen Fällen hat sich die Maßnahmebemessung als Richtschnur an der jeweiligen Strafandrohung auszurichten. Denn durch die Strafandrohung bringt der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck. Die Anknüpfung an den Strafrahmen gewährleistet auch insoweit eine nachvollziehbare gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen. Auf Grundlage des vom Gesetzgeber im Jahre 2003 angehobenen Strafrahmens für das Vergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften (vgl. Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27.12.20032003, BGBl. I 3007), der im mittelschweren Bereich liegt, hat sich die Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme für derartige außerdienstliche Verfehlungen als Richtschnur an der Maßnahme der Zurückstufung zu orientieren.

Eine aus dem Orientierungsrahmen fallende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis darf ausgesprochen werden, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwernisgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe kompensiert werden. Der Orientierungsrahmen kann in der Regel nicht deshalb überschritten werden, weil dem Beamten Umstände zur Last fallen, die bereits den Unrechtsgehalt der Straftat kennzeichnen. Derartige Umstände werden bereits durch den gesetzlichen Strafrahmen erfasst, der wiederum die Schwere des Dienstvergehens und damit den Orientierungsrahmen vorgibt. Hierzu gehören der Tatzeitraum, die Anzahl der Dateien im Besitz des Beamten, der Aufwand der Besitzverschaffung, aber auch der Inhalt der Dateien. Diese Umstände können grundsätzlich nur herangezogen werden, um Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens zu begründen. Gleiches gilt für die Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe (vgl. BVerwG, B. v. 14.5.2012 - 2 B 146/11 - juris).

Das strafrechtlich geahndete Vergehen des Beklagten weist keinen Bezug zu seinem Dienstposten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt (BVerwG, U. v. 19.8.2010 a. a. O.). Einen grundsätzlichen Dienstbezug hat der Senat bei Polizeivollzugsbeamten verneint. Ein solcher wäre allenfalls dann gegeben, wenn der Beamte auf seinem Dienstposten mit gerade denjenigen Aufgaben befasst war, die Gegenstand des ihm zur Last gelegten außerdienstlichen Fehlverhaltens sind. Der Beamte hätte folglich als Polizeivollzugsbeamter mit der Aufklärung kinderpornographischer Delikte befasst sein müssen (vgl. BayVGH, U. v. 17.11.2011 - 16a D 10.2504 und U. v. 17.4.2013 - 16a D 12.1440 - jeweils in juris). Ebenso geht das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 31. Mai 2012 (2 B 141/11 - juris) bei einem Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A 8) im Polizeivollzugsdienst davon aus, dass der Besitz kinderpornographischer Bilder keinen Dienstbezug aufweist (a. A. OVG Lüneburg, U. v. 12.3.2013 - 6 LD 4/11 - juris; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 27.2.2013 - 3 A 11032/12 - juris). Im konkreten Fall ist deshalb zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Bereich der Verkehrsüberwachung eingesetzt war und es keinerlei dienstliche Berührungspunkte mit einschlägigen Straftaten gab.

Allerdings wird vorliegend die Schwere des Dienstvergehens, das dem Beklagten vorzuhalten ist, nicht nur dadurch geprägt, dass er sich kinderpornographische Bilder verschafft und diese besessen hat. In gravierender Weise kommt hinzu, dass der Beklagte im Rahmen von „Internetchats“ einschlägige Dateien tauschte und es damit auch unternommen hat, anderen Personen kinderpornographische Schriften zu verschaffen.

In strafrechtlicher Hinsicht wirkt sich dies so aus, dass zusätzlich der Straftatbestand des § 184 b Abs. 2 StGB in der Form des „Unternehmens“, einem anderen den Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, der neben der vollendeten Tat auch den Versuch erfasst (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB), verwirklicht ist. Dem in diesem Fall des „Verbreitens“ größeren Unrechtsgehalt der Verfehlung trägt der Gesetzgeber durch einen höheren Strafrahmen als für den bloßen Besitz Rechnung. Tritt jedoch wie vorliegend ein solcher Fall des Verschaffens gemäß § 184b Abs. 2 StGB hinzu, wird das Fehlverhalten so gravierend, dass der Beamte im Allgemeinen untragbar wird und nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe im Dienst verbleiben kann (vgl. BVerwG, U. v. 6.10.2010 - 2 WD 35/09, B. v. 26.6.2012 - 2 B 28/12 - jeweils juris; BayVGH, U. v. 24.10.2012 - 16a D 10.2527 - juris Rn. 85).

Somit ist beim Beklagten sowohl im Hinblick auf den Strafrahmen als auch auf den Unrechtsgehalt des Verschaffens kinderpornographischer Dateien Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Verhängung der Höchstmaßnahme.

2. Die für den Beamten sprechenden Entlastungsgründe - wobei sowohl auf anerkannte Milderungsgründe als auch auf sonstige, zugunsten des Beklagten bestehende Umstände abzustellen ist - haben in der Gesamtschau kein solches Gewicht, dass von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris).

Soweit der Beklagte geltend macht, er habe seit 2006 sein Verhalten in Bezug auf die kinderpornographischen Schriften geändert, da er eine Persönlichkeitsreifung erfahren habe und ihm aufgrund der Tätigkeit bei der Polizei die Strafbarkeit seines Verhaltens bewusst gewesen sei, kann dies zwar zugunsten des Beklagten gewertet werden. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass laut Sachverständigengutachten gemäß Auftrag der Staatsanwaltschaft vom 23. Juli 2008 (S. 7 d. Gutachtens vom 5. September 2008) erneut am 23. Juni 2008 auf eine Videodatei mit kinderpornographischem Inhalt („...mpg“) zugegriffen wurde. Von einer vollständigen Verhaltensabkehr kann deshalb nicht ausgegangen werden. Auch eine solche würde im Übrigen nach Auffassung des Senats für sich allein kein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen (BayVGH, U. v. 28.4.2010 - 16a D 08.2928 - juris Rn. 62).

Unter den bestehenden Umständen können auch die Milderungsgründe wie die einer negativen, abgeschlossenen Lebensphase oder einer persönlichkeitsfremden Augenblickstat nicht in Betracht kommen.

Zugunsten des Beamten spricht, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist.

Die dienstlichen Leistungen bewegen sich laut Persönlichkeitsbild vom 8. Juni 2010 im Durchschnitt. Diese Einschätzung entspricht auch der letzten dienstlichen Beurteilung aus dem Jahr 2005 mit 9 Punkten.

Ebenso wie die dienstlichen Leistungen lässt sich das dienstliche Verhalten des Beklagten nicht uneingeschränkt zu seinen Gunsten berücksichtigen. So wurde der Beklagte 2001 durch den Dienstvorgesetzten belehrt, da er im Internet in einer Kontaktbörse für homosexuell veranlagte Menschen eine Anzeige aufgegeben hatte, in welcher sein ehemaliger Lebensgefährte als kontaktsuchend eingestellt worden war, obwohl dies nicht der Wahrheit entsprochen hatte. 2005 wurde der Beklagte erneut beanstandet, da er verbal Beamte der VPI W... sexuell belästigt hatte. Am 23. September 2008 erhielt er eine Abmahnung des Polizeipräsidiums ... (Az.: P2-6063/MA), da er ohne Genehmigung eine Nebentätigkeit als Filmkomparse ausgeübt hatte.

Soweit vom Bevollmächtigen vorgetragen wurde, sowohl die geringe Anzahl der Dateien als auch der Inhalt der kinderpornographischen Schriften, die keinen Missbrauch durch erwachsene Personen zeigten, müssten sich mildernd auf die Maßnahmebemessung auswirken, kann dieser Vortrag nicht überzeugen.

Umstände wie die Anzahl der kinderpornographischer Dateien im Besitz des Beamten oder der Inhalt der kinderpornographischen Dateien, welche bereits den Unrechtsgehalt der Straftat kennzeichnen, sind vorliegend nicht geeignet, ein Absehen von der Höchstmaßnahme - auch nicht in der Gesamtschau mit sonstigen Milderungsgründen - zu rechtfertigen, da erschwerend die Weitergabe von sieben kinderpornographischen Bildern per E-Mail zu beachten ist.

Im Übrigen konnten im Rahmen der Untersuchung des Computers des Beklagten mittels sog. RAW-Recovery mindestens 26 digitale Bilddateien kinderpornographischen Inhalts aufgefunden werden, die bereits gelöscht waren (s. S. 5 des Gutachtens vom 23. Juli 2008), so dass insgesamt nicht von einer geringen Anzahl kinderpornographischer Dateien ausgegangen werden kann, die sich jemals auf dem Computer des Beklagten befanden.

Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von dem Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung den Zweck der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 - 1 D 2/03; BVerwG, U. v. 8.3.2005 - 1 D 15/04 - jeweils in juris).

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Zustellung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 VwGO).

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

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(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

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(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: a) Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister

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Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

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(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum

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(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 33 Grundpflichten


(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Strafgesetzbuch - StGB | § 184 Verbreitung pornographischer Inhalte


(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) 1. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,2. an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich

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(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 430/06
vom
10. Oktober 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Besitz kinderpornographischer Schriften
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2006 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 29. März 2006 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Bereits aus dem von der Jugendschutzkammer festgestellten Umstand , dass der Angeklagte die kinderpornographischen Dateien manuell von der Festplatte seines Laptops gelöscht hat, ergibt sich, dass ihm das Vorhandensein dieser Dateien bewusst war; entweder weil er sie selbst aus dem Internet heruntergeladen hatte oder diese Dateien durch deren Aufruf auf entsprechenden Internetseiten automatisch im Cache-Speicher des Laptops auf dessen Festplatte abgespeichert wurden. Nachdem zudem feststeht, dass der Angeklagte an verschiedenen Tagen gezielt Seiten mit entsprechenden pornographischen Inhalten gesucht und aufgerufen hat, hat er sich damit auch bewusst den Besitz dieser Dateien im Sinne von § 184b Abs. 4 StGB verschafft. Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC-Systems erlangt dessen Benutzer Besitz (vgl. hierzu Harms NStZ 2003, 646, 650; MüKo StGB/Hörnle § 184b Rdn. 27), weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden.
Nack Wahl Boetticher Kolz Graf

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

(1) Wer einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3)

1.
einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder zugänglich macht,
2.
an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, zugänglich macht,
3.
im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die der Kunde nicht zu betreten pflegt, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder Lesezirkeln einem anderen anbietet oder überläßt,
3a.
im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die Personen unter achtzehn Jahren nicht zugänglich sind und von ihnen nicht eingesehen werden können, einem anderen anbietet oder überläßt,
4.
im Wege des Versandhandels einzuführen unternimmt,
5.
öffentlich an einem Ort, der Personen unter achtzehn Jahren zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch Verbreiten von Schriften außerhalb des Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel anbietet oder bewirbt,
6.
an einen anderen gelangen läßt, ohne von diesem hierzu aufgefordert zu sein,
7.
in einer öffentlichen Filmvorführung gegen ein Entgelt zeigt, das ganz oder überwiegend für diese Vorführung verlangt wird,
8.
herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einzuführen unternimmt, um diesen im Sinne der Nummern 1 bis 7 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, oder
9.
auszuführen unternimmt, um diesen im Ausland unter Verstoß gegen die dort geltenden Strafvorschriften zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder eine solche Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge für die Person Berechtigte handelt; dies gilt nicht, wenn der Sorgeberechtigte durch das Anbieten, Überlassen oder Zugänglichmachen seine Erziehungspflicht gröblich verletzt. Absatz 1 Nr. 3a gilt nicht, wenn die Handlung im Geschäftsverkehr mit gewerblichen Entleihern erfolgt.

(3) bis (7) (weggefallen)

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Tatbestand

1

Der 1947 geborene Beklagte ist Lehrer im Dienst der Klägerin. 1976 wurde er zum Studienrat an Volks- und Realschulen in der Laufbahn des höheren Dienstes ernannt. Bis Ende August 2004 war er an einer Gesamtschule als Klassenlehrer für die Klassen 5 bis 10 tätig. Am 1. September 2004 wurde er wegen der hier in Rede stehenden Vorwürfe mit seinem Einverständnis in das Sportamt der Klägerin abgeordnet. Abgesehen vom vorliegenden Verfahren ist der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.

2

Das Amtsgericht ... verurteilte den Beklagten durch rechtskräftiges Urteil vom 14. April 2004 wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts hatte es der Beklagte unternommen, sich den Besitz von pornographischen Schriften zu verschaffen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben und ein tatsächliches Geschehen wiedergeben.

3

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Aufgrund der Feststellungen des Amtsgerichts stehe fest, dass der Beklagte am 17. September 2002 auf der Festplatte seines privaten Computers kinderpornographische Dateien gespeichert gehalten habe. Durch dieses Dienstvergehen sei das dienstliche Vertrauensverhältnis zerstört worden. Außerdem habe es einen Ansehensverlust bewirkt, der so erheblich sei, dass eine Weiterverwendung des Beklagten das Ansehen des Berufsbeamtentums unzumutbar belasten würde.

4

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit der er beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 2008 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Dezember 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision des Beklagten ist mit der Maßgabe der Zurückverweisung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht (§ 65 Hamburgisches Disziplinargesetz vom 18. Februar 2004, HmbGVBl S. 69). Das Berufungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund einer Bemessungsentscheidung bestätigt, die nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 und 2 HmbDG genügt. Da die Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 65 Abs. 4 HmbDG).

7

1. Der Beklagte hat durch den vorsätzlichen Besitz kinderpornographischer Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 59 Satz 3 HmbBG a.F. i.V.m. § 81 Abs. 1 Satz 2 HmbBG a.F.).

8

a) Maßgeblich ist die Rechtslage zum Tatzeitpunkt, weil sich aus dem Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BeamtStG, BGBl I S. 1010) am 1. April 2009 für den Beklagten kein materiellrechtlich günstigeres Recht ergibt (Urteile vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1, Rn. 33 und 51 bis 53 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen - juris Rn. 17).

9

Der Beklagte hat das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 54). Er hatte die kinderpornographischen Dateien ausschließlich auf seinem privaten Computer abgespeichert.

10

Das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert (§ 59 Satz 3 HmbBG a.F.). Besitzt ein Beamter vorsätzlich kinderpornographische Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), so verstößt er gegen diese Pflicht.

11

Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes erfüllt den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 Satz 2 HmbBG a.F. erfüllt sind. Danach ist ein Verhalten eines Beamten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens nach diesen Kriterien ist von der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 11 HmbDG zu unterscheiden. Zwar ist für die Beurteilung der Disziplinarwürdigkeit des Verhaltens nunmehr § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG maßgeblich, der die Beeinträchtigung des Ansehens des Beamtentums nicht mehr erwähnt. Dennoch ist § 81 Abs. 1 Satz 2 HmbBG a.F. heranzuziehen, weil die Regelung des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gegenüber der zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage kein für den Beamten günstigeres Recht geschaffen hat, auf das sich der Betroffene nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB berufen könnte (Urteil vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 14 bis 17). Bereits zum Tatzeitpunkt ging die Rechtsprechung bei der Auslegung des Merkmals "Ansehen des Berufsbeamtentums" davon aus, dass es insoweit allein um die Erhaltung eines allgemeinen Vertrauens in eine rechtsstaatliche Verwaltung geht (Urteil vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <26> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 zu § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.). Die Beschränkung auf das Vertrauen in eine objektive, rechtmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung hat der Gesetzgeber im Wortlaut des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 16/4027, S. 34 zu § 48).

12

Grund für die Einfügung der besonderen Anforderungen für die Annahme eines außerdienstlichen Dienstvergehens in § 79 Abs. 1 HmbBG a.F. (später § 81 Abs. 1 HmbBG a.F.) durch das 14. Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Besoldungsgesetzes vom 29. März 1968 (HmbGVBl S. 45) war das Bestreben des Gesetzgebers, den Tatbestand des Dienstvergehens im Bereich außerdienstlichen Verhaltens von Beamten einzuschränken (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucks VI/945, S. 22 zu Art. 6 Nr. 2 unter Hinweis auf die Regelung des § 45 BRRG). Der geänderten Stellung der Beamten in der Gesellschaft, von denen außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem Bürger erwartet wird, sollte Rechnung getragen werden (vgl. Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 und 26 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 S. 22 und 25 und vom 25. März 2010 a.a.O. Rn. 15).

13

Das Merkmal "in besonderem Maße" bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal "in bedeutsamer Weise" bezieht sich auf den "Erfolg" der möglichen Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 S. 40).

14

Die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens muss sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - a.a.O. S. 25, vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 1 D 4.01 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 32 S. 53 f. und vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 52).

15

b) Das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Dienstvergehen des Beklagten weist einen Bezug zu seinem Dienstposten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Dies ist der Fall, weil der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften bei einem Lehrer einen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülern jederzeit gerecht zu werden. Nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens ist ein Lehrer bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt, weil er elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt hat, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein.

16

Wer kinderpornographische Schriften besitzt (§ 184 Abs. 5 Satz 2 StGB a.F.), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176a Abs. 2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (Urteile vom 6. Juli 2000 - BVerwG 2 WD 9.00 - BVerwGE 111, 291 <294 f.> = Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 33 S. 25 und vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - Buchholz 450.2 § 38 WDO Nr. 23 S. 19).

17

Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln. Der Besitz von Schriften, die den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, ist mit diesem Bildungsauftrag der Schule unvereinbar und lässt dessen Erfüllung durch den Beamten zweifelhaft erscheinen.

18

2. Die Bemessungsentscheidung des Berufungsgerichts verstößt gegen § 11 Abs. 1 und 2 HmbDG.

19

a) Die Verwaltungsgerichte erkennen aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 und 2 HmbDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme, wenn sie nach umfassender Sachaufklärung (§ 54 HmbDG sowie § 86 Abs. 1 und 2 VwGO) zu der Überzeugung gelangen, dass der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten dienstpflichtwidrigen Handlungen begangen hat, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 56 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 HmbDG). Sie sind dabei an die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen des klagenden Dienstherrn nicht gebunden (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - juris Rn. 9 sowie Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2).

20

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 HmbDG nach der Schwere des Dienstvergehens sowie nach dem gesamten dienstlichen und außerdienstlichen Verhalten des Beamten. Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat in den Urteilen vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.) und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - (a.a.O. Rn. 13 ff.; seitdem stRspr) näher bestimmt. Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 HmbDG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

21

Aus § 11 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 1 bis 10 HmbDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 16).

22

b) Für das außerdienstlich begangene Dienstvergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften scheidet eine Regeleinstufung, wie sie in der Rechtsprechung für schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten entwickelt worden ist (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 m.w.N.), aus. Danach kommt regelmäßig die Entfernung aus dem Dienst (bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts) dann in Betracht, wenn die Schwere des innerdienstlichen Dienstvergehens das für die weitere dienstliche Tätigkeit notwendige Vertrauensverhältnis endgültig zerstört hat (z.B. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 28). Im Bereich der Sexualdelikte hat der Senat den mit Freiheitsstrafe geahndeten außerdienstlichen sexuellen Missbrauch eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) als derart schwerwiegend erachtet, dass die Höchstmaßnahme indiziert ist, wenn es insgesamt an hinreichend gewichtigen entlastenden Umständen fehlt (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - a.a.O.) Anders als bei einem solchen unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung ist beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Dies gilt auch für die Fälle, in denen das strafbare Verhalten einen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten aufweist. Maßgeblich für die Maßnahmebemessung ist hier ebenfalls die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten. Denn durch die Strafandrohung bringt der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck, die bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme als Orientierungsrahmen dient. Das Ausmaß des Ansehensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat herangerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt. Die Anknüpfung an den Strafrahmen gewährleistet auch insoweit eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen. Die Verwaltungsgerichte dürfen ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts nicht an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen, wenn sie den Strafrahmen für unangemessen niedrig halten. Ebenso wie bei einer Regeleinstufung sind die Verwaltungsgerichte auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens gehalten, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden.

23

Für die Bestimmung des Orientierungsrahmens ist der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen maßgeblich. Nachträgliche Verschärfungen können nicht rückwirkend für die Beurteilung des zuvor begangenen Dienstvergehens herangezogen werden. Deshalb bleibt hier das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3007) unberücksichtigt, mit dem der Gesetzgeber den Strafrahmen für das Vergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht hat. Auszugehen ist hier von der zum Tatzeitpunkt geltenden Strafandrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe (§ 184 Abs. 5 StGB a.F.). Das Ausmaß des Ansehensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufen wird, wird maßgeblich durch diesen Strafrahmen bestimmt, so dass bei Fehlen jeglichen Dienstbezuges allenfalls eine Disziplinarmaßnahme im unteren Bereich in Betracht käme. Unter Berücksichtigung der dienstlichen Pflichten eines Lehrers hinsichtlich des Schutzes von Kindern und wegen des mit dem Dienstvergehen gerade bei einem Lehrer einhergehenden Autoritätsverlustes ist jedoch eine andere Einordnung gerechtfertigt. Diese bewegt sich im Regelfall auf der Ebene der Zurückstufung (§ 7 HmbDG) im Sinne eines Orientierungsrahmens.

24

Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass unter der Geltung der erhöhten Strafandrohung des § 184b Abs. 5 StGB in den Fällen des Besitzes kinderpornographischer Schriften deshalb angesichts der Dienstpflichten von Lehrern der Orientierungsrahmen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist.

25

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen für eine Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme durch den Senat nicht aus:

26

Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil hat der Beklagte nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts ... berichtet, er habe gegenüber seiner Kollegin S. angekündigt, testen zu wollen, ob Schüler im Internet leicht an Kinderpornographie kommen können, und habe dieser Kollegin auch mitgeteilt, dass dies nicht der Fall sei. Diesen Behauptungen des Beklagten hat das Berufungsgericht Bedeutung sowohl für die Frage der Kenntnisnahme des Beklagten von den herunter geladenen kinderpornographischen Dateien als auch für die subjektive Tatseite beigemessen. Insoweit hat das Berufungsgericht die Lösung von den Feststellungen des Amtsgerichts ausdrücklich abgelehnt. Dabei hat es zwar die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Lösung von den Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils angeführt, hat sie aber nicht vollständig verwertet. Danach kommt eine Lösung von den tatsächlichen Feststellungen auch in Betracht, wenn neue Beweismittel vorgelegt werden, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen, und nach denen die Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen (Urteile vom 29. November 2000 - BVerwG 1 D 13.99 - BVerwGE 112, 243 <245> und vom 16. März 2004 - BVerwG 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 und Beschluss vom 24. Juli 2007 - BVerwG 2 B 65.07 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 4 Rn. 11). Diese Formulierung entspricht der dem § 18 Abs. 1 BDO nachgebildeten Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 HmbDG, die im Gegensatz zu § 57 Abs. 1 Satz 2 BDG die "offenkundige Unrichtigkeit" der Feststellungen nicht voraussetzt.

27

Die Bindungswirkung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 HmbDG schließt zudem eine vom Strafgericht abweichende Würdigung aus. Dennoch hat das Berufungsgericht die vom Beklagten behaupteten Tatsachen zu den Gesprächen mit seiner Kollegin als wahr unterstellt und sodann als Schutzbehauptung gewürdigt. Er habe diese Erklärungen gegenüber Frau S. nur abgegeben, um im Falle der Entdeckung eine Entlastungszeugin für die von ihm behauptete Motivation für die Suche nach Kinderpornographie im Internet präsentieren zu können.

28

Bei dieser Würdigung hat das Berufungsgericht zudem den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass der Einzelne nicht bloßes Objekt des gerichtlichen Verfahrens ist. Der Verfahrensbeteiligte soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>). Zwar verlangt Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; ihm ist auch keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts zu entnehmen (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 1984 - 1 BvR 272/81 - BVerfGE 66, 116 <147>). Der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung verlangt aber, dass die Beteiligten erkennen können, auf welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte es für die Entscheidung nach Ansicht des Gerichts ankommt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Oktober 2007 - 1 BvR 1086/07 - FamRZ 2008, 244 Rn. 21).

29

Nach diesen Grundsätzen war das Berufungsgericht gehalten, den Beklagten zu den Beweggründen der als wahr unterstellten Gespräche mit der Kollegin Frau S. anzuhören und ihm die eigene Würdigung, es handele sich um eine Schutzbehauptung, vorzuhalten. Dies gilt gerade angesichts des Umstands, dass der Beklagte in der Berufungsverhandlung umfangreich befragt worden ist und dabei auch die Gespräche mit der Kollegin Frau S. erwähnt worden sind. Aus diesem Verhalten des Gerichts konnte und musste der Beklagte schließen, das Berufungsgericht habe ihn zu allen aus gerichtlicher Sicht maßgeblichen Aspekten des Falles befragt, zu denen er persönlich Auskunft geben könnte. Die Behauptungen des Beklagten zum Hintergrund seiner Gespräche mit der Kollegin Frau S. waren infolge der Wahrunterstellung nicht mehr Gegenstand der Berufungsverhandlung. Mit der vom Berufungsgericht im Urteil vorgenommenen Würdigung seines Vorbringens musste der Beklagte nach diesem Verlauf der Berufungsverhandlung aber nicht rechnen.

30

4. Sollte das Berufungsgericht bei seiner neuen Bemessensentscheidung nach § 11 HmbDG zu dem Ergebnis kommen, angemessene Disziplinarmaßnahme sei die Zurückstufung des Beklagten nach § 7 HmbDG, so wäre diese aus laufbahnrechtlichen Gründen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 HmbDG ausgeschlossen. Der Beklagte befindet sich nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil noch in seinem Eingangsamt. Der Hamburgische Gesetzgeber hat zwar bei der Neuordnung des Laufbahnrechts nur noch zwei Laufbahngruppen vorgesehen. Für den Bereich des Disziplinarrechts hat er aber von der damit verbundenen Ausweitung der Möglichkeiten der Zurückstufung Abstand genommen und diese auf das jeweilige Eingangsamt begrenzt (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucks 19/3757, S. 78 f.).

31

Kommt allein deshalb die Kürzung der Dienstbezüge nach § 6 HmbDG als nächstmildere Maßnahme in Betracht, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 HmbDG stets erfüllt (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

32

Nach § 17 Abs. 4 und 5 HmbDG ist eine Ahndung des Dienstvergehens des Beklagten mit einer Kürzung der Dienstbezüge noch möglich.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tatbestand

1

Der Beklagte war seit April 1975 zunächst im Beamtenverhältnis auf Probe Leiter des Rechenzentrums der ... Universität (früher Gesamthochschule) W. Im August 1978 berief ihn das klagende Land in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit; im November 1982 wurde der Beklagte zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 16) der Laufbahn "Dienst in der Datenverarbeitung" ernannt. Mit Ablauf des Mai 2003 trat er aus Altersgründen in den Ruhestand.

2

Der Beklagte gab in den Steuererklärungen für die Jahre 1991 bis 2000, die er auch für seine Ehefrau erstellte, bewusst nicht an, dass diese 1990 von ihrem Vater ein unversteuertes Barvermögen in Höhe von etwa 5,4 Millionen DM geerbt hatte. Weiterhin verschwieg er unversteuerte Vermögenswerte in Höhe von etwa 410 000 DM, die er teils geerbt, teils durch eine Tätigkeit im Ausland verdient hatte.

3

Einen auf Initiative des Finanzamts vereinbarten Besprechungstermin am 27. November 2002 nahmen die Eheleute nicht wahr. Mit Schreiben ihres Steuerberaters vom 28. November 2002 zeigten sie die Steuerhinterziehungen dem Finanzamt an. Im September 2003 setzte das Finanzamt Einkommenssteuern, Solidaritätszuschläge und Vermögenssteuern für die Jahre 1991 bis 2000 neu fest, woraus sich ein Steuerhinterziehungsbetrag von insgesamt rund 1 233 320 € ergab. Nachdem die Eheleute die Steuernachforderungen nebst Zinsen und Zuschlägen von rund 500 000 € innerhalb der ihnen gesetzten Frist beglichen hatten, stellte das Finanzamt das nach der Selbstanzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren am 27. Oktober 2004 ein.

4

Das klagende Land hat im Februar 2006 wegen der Steuerhinterziehungen ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eingeleitet und im Januar 2007 Disziplinarklage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat die auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung zurückgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es:

5

Aufgrund der Beschränkung der Berufung stehe bindend fest, dass die Steuerhinterziehungen ein Dienstvergehen darstellten. Im Berufungsverfahren gehe es nur noch um die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. Das Verwaltungsgericht habe dem Beklagten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt, weil dieser als Beamter untragbar geworden sei. Steuerhinterziehungen stellten gravierende außerdienstliche Pflichtenverstöße dar. Im Falle des Beklagten komme der exorbitanten Größenordnung des Hinterziehungsbetrags entscheidendes Gewicht zu. Auch habe der Beklagte sein Fehlverhalten zehn Jahre lang fortgesetzt. Ihn könne weder entlasten, dass die Steuerpflicht größtenteils das Vermögen seiner Ehefrau betroffen habe, noch dass er bei pflichtgemäßem Verhalten die Steuerhinterziehungen seines verstorbenen Schwiegervaters hätte offenlegen müssen.

6

Auch die Selbstanzeige des Beklagten sei trotz der dadurch erwirkten Straffreiheit nicht geeignet, um von der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen. Eine derartige Selbstanzeige stelle einen mildernden Umstand von erheblichem Gewicht dar, wenn sie der Beamte aus freien Stücken und nicht aus Furcht vor Entdeckung abgegeben habe. Selbst dann könne sie jedoch eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht rechtfertigen, wenn die Steuerhinterziehung wie im vorliegenden Fall durch einen extrem hohen Hinterziehungsbetrag geprägt sei. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die Selbstanzeige des Beklagten trotz des vereinbarten Besprechungstermins im Finanzamt noch als freiwillig angesehen werden könne.

7

Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Verletzung materiellen Disziplinarrechts rügt. Er macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe das Gewicht der strafbefreienden Selbstanzeige verkannt.

8

Der Beklagte beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. September 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

10

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Das Oberverwaltungsgericht habe alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte erkannt und nachvollziehbar gewürdigt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verletzt revisibles Landesdisziplinarrecht, nämlich § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. November 2004 - LDG NRW - (GVBl S. 624). Die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts reichen nicht aus, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen.

12

1. Indem der Beklagte das Vermögen seiner Ehefrau in den von ihm erstellten Steuerklärungen für die Jahre 1991 bis 2000 verschwiegen hat, hat er nicht nur den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - erfüllt, sondern auch ein vorsätzliches Dienstvergehen begangen.

13

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht angenommen, aufgrund der Beschränkung der Berufung des Beklagten auf das Disziplinarmaß sei es an die Würdigung der Steuerhinterziehungen als Dienstvergehen durch das Verwaltungsgericht gebunden. Eine derartige Bindung besteht nicht, weil die Berufung des Beklagten als uneingeschränkt eingelegt gilt. Demnach ist das erstinstanzliche Urteil nicht in Teilrechtskraft erwachsen, sodass das Oberverwaltungsgericht die Disziplinarklage in der Berufungsinstanz in gleichem Umfang wie das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen (§ 128 Satz 1 VwGO, § 3 LDG NRW).

14

Die Möglichkeit, die Berufung auf das Disziplinarmaß zu beschränken, ist eröffnet, wenn aufgrund der ergänzenden Anwendung der Strafprozessordnung, wie sie die Bundesdisziplinarordnung und Landesdisziplinarordnungen für gerichtliche Disziplinarverfahren angeordnet haben, § 318 Satz 1 StPO anwendbar ist oder eine inhaltsgleiche disziplinargesetzliche Regelung besteht. Nach § 318 Satz 1 StPO kann die Berufung auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Die danach zulässige Beschränkung der Berufung auf das Disziplinarmaß hat zur Folge, dass das erstinstanzliche Disziplinarurteil in Teilrechtskraft erwächst. Das Berufungsgericht ist an die Tat- und Schuldfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts ebenso gebunden wie an dessen disziplinarrechtliche Würdigung der angeschuldigten Handlungen als Dienstvergehen. Es hat nur noch darüber zu befinden, welche Disziplinarmaßnahme zu verhängen ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <77> und vom 5. Juli 2006 - BVerwG 1 D 5.05 - Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 7 Rn. 34).

15

Das nordrhein-westfälische Disziplinargesetz trifft keine Aussage zur Zulässigkeit der auf das Disziplinarmaß beschränkten Berufung; insbesondere enthält das Kapitel 3 "Disziplinarverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht" keinen Hinweis. Die Anwendung des § 318 Satz 1 StPO ist ausgeschlossen, weil § 3 Abs. 1 LDG NRW (ebenso wie § 3 BDG) nicht die Bestimmungen der Strafprozessordnung, sondern der Verwaltungsgerichtsordnung für ergänzend anwendbar erklärt.

16

Nach der Verwaltungsgerichtsordnung kann die Berufung auf einen von mehreren selbstständigen Streitgegenständen einer Klage (objektive Klagehäufung nach § 44 VwGO) oder auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden. Nur insoweit ist der Erlass eines Teilurteils nach § 110 VwGO möglich. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den Klagegrund, d.h. den Sachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die angestrebte Rechtsfolge herleitet (stRspr, vgl. Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 52.08 - NVwZ 2010, 1507 Rn. 17). Demnach ist es ausgeschlossen, die Berufung auf die Nachprüfung einzelner materiellrechtlicher Voraussetzungen des Klagebegehrens zu beschränken. Daraus folgt, dass die Verwaltungsgerichtsordnung eine auf das Disziplinarmaß beschränkte Berufung in Disziplinarklageverfahren nicht zulässt (vgl. auch OVG Hamburg, Urteil vom 29. August 2008 - 12 Bf 32/08.F - IÖD 2009, 29; Müller, Grundzüge des Beamtendisziplinarrechts, 1. Auflage 2010, Rn. 471):

17

Streitgegenstand dieses Verfahrens ist der Disziplinaranspruch des Dienstherrn gegen den Beamten, d.h. der Anspruch auf die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme für die Handlungen, die dem Beamten in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegt werden. Der Disziplinaranspruch besteht, wenn ein Dienstvergehen festgestellt wird, d.h. der Beamte die angeschuldigten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat und die nachgewiesenen Handlungen als Dienstvergehen zu würdigen sind, und wenn dem Ausspruch der hierfür erforderlichen Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 59 Abs. 2 Satz 1 und 2; § 57 Abs. 1 Satz 1; §§ 5 ff.; § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 2 LDG NRW). Bei den Prüfungsgegenständen "Feststellung des Dienstvergehens" und "Bestimmung der Disziplinarmaßnahme" handelt es sich um materiellrechtliche Voraussetzungen des einheitlichen Disziplinaranspruchs, die verfahrensrechtlich nicht selbständig geltend gemacht werden können. Die Disziplinarklage kann daher auch nicht auf die Feststellung eines Dienstvergehens beschränkt werden. Vielmehr macht der Dienstherr mit der Klageerhebung stets einen Anspruch auf Festsetzung einer Disziplinarmaßnahme geltend, nämlich gegen einen aktiven Beamten einen Anspruch auf Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, gegen einen Ruhestandsbeamten einen Anspruch auf Aberkennung des Ruhegehalts (§ 35 Abs. 1 LDG NRW; § 34 Abs. 1 BDG).

18

Daran ändert nichts, dass der Dienstherr keinen Antrag auf Festsetzung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme stellen muss und ein derartiger Antrag für das Verwaltungsgericht unverbindlich ist. Die Entbehrlichkeit bzw. Unverbindlichkeit eines bestimmten Klageantrags folgt zwangsläufig daraus, dass die Disziplinarbefugnis nach § 59 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG NRW (§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) den Verwaltungsgerichten zugewiesen ist. Gelangen diese zu der Überzeugung, dass ein Dienstvergehen vorliegt, bestimmen sie die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung, ohne in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 16).

19

b) Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils besteht allerdings kein Zweifel, dass die Steuerhinterziehungen des Beklagten ein Dienstvergehen darstellen. Die disziplinarrechtliche Beurteilung richtet sich hier nach § 83 Abs. 1, § 57 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 - LBG NRW a.F. - (GVBl S. 234), weil diese Regelungen während des Tatzeitraums gegolten haben. Nach § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. begeht der Beamte ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Nach Satz 2 ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Der gesetzliche Begriff des Dienstvergehens umfasst alle disziplinarrechtlich bedeutsamen Dienstpflichtverletzungen des Beamten. Diese werden durch eine einheitliche Disziplinarmaßnahme geahndet, die aufgrund einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Persönlichkeit des Beamten zu bestimmen ist (Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens; vgl. Urteil vom 14. Februar 2007 - BVerwG 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 = Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 26).

20

Die Begriffsbestimmung des außerdienstlichen Dienstvergehens in § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. schränkt die disziplinarrechtliche Bedeutung außerdienstlichen Verhaltens ein (vgl. auch § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG; § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Der Regelung liegt die Einschätzung des Gesetzgebers zugrunde, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen über die Stellung der Beamten gewandelt haben. Von ihnen wird kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von anderen Bürgern. Daher ist außerdienstliches Fehlverhalten nicht mehr generell geeignet, das Ansehen des Beamtentums in disziplinarrechtlich bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 S. 22 f., vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <216 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 S. 37 ff. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11).

21

Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten des Beamten beschreibt lediglich die Generalklausel des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. Danach muss sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Die beruflichen Erfordernisse, die eine Pflicht des Beamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes begründen, sind inhaltlich in Einklang mit § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. zu konkretisieren. Sie ergeben sich vor allem aus dem Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinn, d.h. aus seinem dienstlichen Aufgabenbereich, daneben aus der Notwendigkeit, das Ansehen des Beamtentums zu wahren, wenn dies nach heutigen Vorstellungen erforderlich erscheint.

22

Danach verstößt ein außerdienstliches Verhalten des Beamten gegen die Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F., wenn es bei fallbezogener Würdigung nachteilige Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt. Dieser dienstliche Bezug ist gegeben, wenn aufgrund des außerdienstlichen Verhaltens Zweifel bestehen, ob der Beamte seine innerdienstlichen Pflichten beachten wird. Die Dienstausübung ist auch betroffen, wenn zu befürchten ist, dass der Beamte wegen der gegen ihn bestehenden Vorbehalte nicht mehr die Autorität genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist. Ansonsten verstößt ein außerdienstliches Verhalten gegen berufliche Erfordernisse im Sinne von § 57 Satz 3 LBG NRW a.F., wenn dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beeinträchtigt werden kann (Urteile vom 30. August 2000 a.a.O. <26> bzw. S. 25, vom 8. Mai 2001 a.a.O. <218 f.> bzw. S. 39 f. und vom 25. März 2010 a.a.O. ).

23

Eine Verletzung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht des § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. hat disziplinarrechtliche Bedeutung, wenn die qualifizierten Voraussetzungen des § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. erfüllt sind. Die danach erforderliche besondere Eignung des Fehlverhaltens zur Beeinträchtigung des Vertrauens in die Amtsführung des Beamten oder des Ansehens des öffentlichen Dienstes setzt voraus, dass die befürchteten nachteiligen Rückschlüsse oder Auswirkungen auf die Dienstausübung oder die Ansehensschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Nachteile des Fehlverhaltens sind bedeutsam im Sinne des § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F., wenn seine disziplinarrechtliche Relevanz das jeder außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 a.a.O. <219 f.> bzw. S. 40).

24

Der Senat hat diese gesetzlichen Vorgaben dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, das keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Strafrahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren reicht, und der daran gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering wiegt. Durch die Bewertung eines Fehlverhaltens als strafbar hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er dieses Verhalten als in besonderem Maße verwerflich ansieht. Dies lässt ohne Weiteres darauf schließen, dass das Fehlverhalten das Ansehen des Beamtentums in einer Weise beschädigt, die im Interesse der Akzeptanz des öffentlichen Dienstes in der Bevölkerung und damit seiner Funktionsfähigkeit nicht hingenommen werden kann. An dem objektiven Maßstab des gesetzlichen Strafrahmens hat sich die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der § 57 Satz 3, § 83 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW zu orientieren. Eine derartige Straftat eines Beamten ist nur dann nicht disziplinarrechtlich relevant, wenn ihr Unrechtsgehalt nach den konkreten Umständen des Falles erkennbar an der unteren Schwelle liegt (Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 17).

25

Die Steuerhinterziehungen des Beklagten weisen keinen Bezug zu seiner früheren dienstlichen Tätigkeit auf. Weder ließen sie nachteilige Rückschlüsse auf die Erfüllung der Dienstpflichten zu noch waren sie geeignet, die für die Amtsführung unabdingbare Autorität zu beeinträchtigen. Ihre disziplinarrechtliche Relevanz folgt aus dem erheblichen Ansehensschaden, den der Beklagte durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat. Der Beklagte hat von 1991 bis 2000 jährlich eine Straftat begangen, die nach § 370 Abs. 1 AO mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren belegt ist. Der Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens wiegt besonders schwer, weil die Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern eine Million Euro übersteigt. Dass er aufgrund der Selbstanzeige nach § 371 AO straffrei geblieben ist, lässt den Unrechtsgehalt seines strafbaren Verhaltens und damit dessen disziplinarrechtliche Relevanz unberührt.

26

2. Die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Aberkennung des Ruhegehalts allein wegen der Gesamthöhe der hinterzogenen Steuern geboten ist, verstößt gegen die Bemessungsvorgaben nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW. Der Senat kann die angemessene Disziplinarmaßnahme schon deshalb nicht selbst festsetzen, weil das Berufungsurteil nicht alle bemessungsrelevanten Gesichtspunkte enthält (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26 f. und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 Rn. 25 f.).

27

a) Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Nach Satz 2 ist das Persönlichkeitsbild des Beamten angemessen zu berücksichtigen. Nach Satz 3 soll ferner berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist.

28

Die Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW verlangen ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG, dass die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte bestimmt wird. Dabei ist fallbezogen dem auch im Disziplinarrecht geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 30).

29

Wie Satz 1 des § 13 Abs. 2 LDG NRW durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" zum Ausdruck bringt, ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW (§ 5 BDG) aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20).

30

Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Verwaltungsgerichte die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d.h. die für die Schwere und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbeziehen. Dabei findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung: Die Verwaltungsgerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zugunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 22 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17).

31

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Befindet er sich bereits im Ruhestand, so ordnet Satz 2 stattdessen die Aberkennung des Ruhegehalts an. Diese Regelungen enthalten keine zusätzlichen Bemessungskriterien. Ebenso wie die inhaltsgleichen Regelungen des § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 BDG stellen sie klar, dass das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit aufzulösen ist, wenn die Maßnahmebemessung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW zu dem Ergebnis führt, dass der Beamte untragbar geworden ist. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen hat und die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, er werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung sei bei einem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das Dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. <258 f.> bzw. Rn. 21 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 18).

32

Die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts stellt sicher, dass sich der Beamte der Sanktionierung eines schweren Dienstvergehens, das er im aktiven Dienst begangen hat, nicht durch den Eintritt in den Ruhestand entziehen kann. Sie findet ihre Rechtfertigung in der Wahrung der Integrität des Beamtentums und des Ansehens des öffentlichen Dienstes sowie in dem Gebot der Gleichbehandlung (BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467; BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6).

33

Die Entscheidung des Gesetzgebers, die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlichen Fehlverhaltens einzuschränken, wirkt sich auch auf die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW aus. Sie führt dazu, dass ein Dienstvergehen außerhalb des Dienstes jedenfalls dann regelmäßig nicht die Beendigung des Beamtenverhältnisses nach sich zieht, wenn es keine Rückschlüsse auf die Dienstausübung des Betroffenen zulässt, seine disziplinarrechtliche Relevanz sich vielmehr ausschließlich aus dem damit verbundenen Ansehensschaden ergibt. In diesen Fällen kommen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. Aberkennung des Ruhegehalts nur in Betracht, wenn das Dienstvergehen im Einzelfall durch vom Regelfall abweichende, besonders erschwerende Umstände gekennzeichnet ist.

34

Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens kann auf die Maßstäbe zurückgegriffen werden, die der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für einzelne Fallgruppen entwickelt hat. Nach dessen Rechtsprechung ist die Disziplinarmaßnahme für außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterziehungsbeträge, grundsätzlich nach den Umständen des jeweiligen Falles festzulegen. Ist der Umfang der hinterzogenen Steuern besonders hoch oder sind mit der Steuerhinterziehung zusätzliche Straftatbestände oder andere nachteilige Umstände mit erheblichem Eigengewicht verbunden, so soll eine Zurückstufung angemessen sein. Eine außergewöhnliche Höhe des Hinterziehungsbetrags nimmt der Disziplinarsenat bei einem sechsstelligen DM-Betrag an (stRspr; vgl. Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 S. 14). Davon ausgehend kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts in Betracht, wenn der Hinterziehungsbetrag wie im vorliegenden Fall einen siebenstelligen Euro-Betrag erreicht.

35

b) Die Strafaufhebung nach § 371 AO kann nicht unbesehen als Milderungsgrund in die Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW übernommen werden. Der Verzicht auf den Strafanspruch ist vorrangig dem fiskalischen Interesse an der Erschließung unbekannter Steuerquellen geschuldet (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 1 StR 577/09 - NJW 2010, 2146 Rn. 7). Dieses Interesse stellt keinen Gesichtspunkt dar, der dem Bemessungskriterium des Persönlichkeitsbildes des Beamten im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW zugeordnet werden kann. Daher ist für die Bestimmung des Gewichts einer Selbstanzeige nach § 371 AO in erster Linie auf die disziplinarrechtlichen Milderungsgründe zurückzugreifen, die Elemente des Persönlichkeitsbildes zum Ausdruck bringen.

36

Danach kommt der Selbstanzeige entscheidendes Gewicht für die Maßnahmebemessung zu, wenn der Beamte dadurch den Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung erfüllt. Der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat diesen Milderungsgrund für die Fallgruppe der Veruntreuung amtlich anvertrauter Gelder entwickelt, jedoch auch auf Steuerhinterziehungen angewandt. Er liegt vor, wenn der Beamte das Dienstvergehen vor seiner Aufdeckung aus eigenem Antrieb ohne Furcht vor konkreter Entdeckung vorbehaltlos und vollständig offenlegt. Der Milderungsgrund greift nicht mehr ein, wenn der Beamte das Dienstvergehen offenbart, weil er damit rechnet, dass deswegen gegen ihn ermittelt wird (Urteile vom 5. Oktober 1994 - BVerwG 1 D 31.94 - BVerwGE 103, 177 <180 f.>, vom 6. Juni 2000 - BVerwG 1 D 66.98 - Buchholz 235 § 17 BDO Nr. 1 S. 4 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <78 f.>).

37

Durch die freiwillige Offenbarung zeigt der Beamte, dass er sein Fehlverhalten bereut und aus innerer Einsicht entschlossen ist, sich künftig rechtstreu zu verhalten. Sein Persönlichkeitsbild im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW erscheint in einem günstigeren Licht, sodass die Erwartung gerechtfertigt ist, die von dem Beamten verursachte Ansehensschädigung könne wettgemacht werden. Mit dem Zweck des Milderungsgrundes der freiwilligen Offenbarung lässt sich nicht vereinbaren, den in die Tat umgesetzten Persönlichkeitswandel generell für unbeachtlich zu erklären. Vielmehr führt die Umkehr des Beamten aus freien Stücken selbst bei schwerwiegenden innerdienstlichen Pflichtenverstößen regelmäßig zur Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme, die um eine Stufe niedriger liegt als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme. Dies gilt nur dann nicht, wenn dem Milderungsgrund erschwerende Umstände von ganz erheblichem Gewicht entgegenstehen. Dazu gehört eine enorme Schadenshöhe bei Vermögens- und Abgabedelikten nicht, wenn der Beamte seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung des Schadens gezeigt hat und dazu in der Lage ist. Die Fähigkeit zur Wiedergutmachung des Schadens ist im Allgemeinen wegen des Einsatzes der Dienst- oder Versorgungsbezüge zu bejahen (Urteile vom 5. Oktober 1994 a.a.O. <181>, vom 6. Juni 2000 a.a.O. S. 4 und vom 23. Februar 2005 a.a.O. <78 f.>).

38

Demgegenüber kommt einer Selbstanzeige nach § 371 AO, die der Beamte aus Furcht vor Entdeckung abgibt, naturgemäß ein geringeres Gewicht zu. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beamte dadurch Straffreiheit erlangt. Hier muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte weniger aus innerer Einsicht als vielmehr in dem Bestreben tätig wird, die nachteiligen Folgen seines Fehlverhaltens so gering als möglich zu halten. Daher hängt es vom Hinzutreten weiterer, dem Persönlichkeitsbild zuzuordnenden mildernden Umständen ab, welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist. Jedenfalls bei einer siebenstelligen Größenordnung der hinterzogenen Steuern kann die höchste Disziplinarmaßnahme angezeigt sein, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung noch den Schluss rechtfertigt, der Beamte sei noch tragbar. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein. Den Milderungsgründen darf nicht unabhängig von ihrem Gewicht unter Verweis auf die Größenordnung des Hinterziehungsbetrags jede entscheidungserhebliche Bedeutung abgesprochen werden.

39

Ein beachtlicher Milderungsgrund, der die Dienstentfernung oder die Aberkennung des Ruhegehalts bei Fehlen besonderer Erschwerungsgründe ausschließt, liegt darin, dass der Beamte nach der Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung den Schaden alsbald ausgeglichen, nämlich die zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm gesetzten Frist (§ 371 AO) entrichtet und dadurch Straffreiheit erlangt hat (vgl. Urteil vom 5. Oktober 1994 a.a.O. <181>). Gleiches gilt, wenn der Beamte durch seine Mitwirkung die Aufklärung des Dienstvergehens ermöglicht oder erheblich vereinfacht hat (Urteil vom 6. Juni 2000 a.a.O. S. 4). Auch kann zugunsten des Beamten zu berücksichtigen sein, dass er sich nicht selbst bereichert, sondern Dritten auf deren Drängen ungerechtfertigte Vorteile verschafft hat (Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. <77>).

40

c) Das Oberverwaltungsgericht ist den Anforderungen an die prognostische Gesamtwürdigung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW nicht gerecht geworden. Es hat zwar verschiedene bemessungsrelevante Gesichtspunkte aufgeführt, die Aberkennung des Ruhegehalts jedoch abweichend von der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts allein schon wegen der enormen Größenordnung der Steuerhinterziehungen des Beklagten für zwingend geboten gehalten. Nach seiner Auffassung kann bei der hier festgestellten Schadenshöhe dem Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung, d.h. einer Selbstanzeige aus freien Stücken, unter keinen Umständen entscheidungserhebliches Gewicht zukommen. Dementsprechend hat das Oberverwaltungsgericht dahingestellt sein lassen, ob der Beklagte die Selbstanzeige aus freien Stücken oder bereits aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat. Dies wird es aufzuklären haben, wobei dem Beklagten möglicherweise der Grundsatz "in dubio pro reo" zugute kommt. Es wird insbesondere darauf ankommen, ob der Beklagte bei Abgabe der Selbstanzeige damit rechnen musste, dass wegen der hinterzogenen Steuern bereits gegen ihn ermittelt wird. Ist von einer Selbstanzeige aus freien Stücken auszugehen, so kommt die Aberkennung des Ruhegehalts nach Lage der Dinge nicht in Betracht.

41

Gewinnt das Oberverwaltungsgericht nach erschöpfender Sachaufklärung die Überzeugung, dass der Beklagte die Selbstanzeige aus Furcht vor Entdeckung abgegeben hat, so wird es aufzuklären haben, ob dem Beklagten neben der Schadenshöhe weitere Erschwerungsgründe anzulasten sind. Auf der anderen Seite wird es zu berücksichtigen haben, dass der Beklagte den gesamten Hinterziehungsbetrag nebst Zinsen und Zuschlägen fristgerecht entrichtet hat. Gegebenenfalls wird das Oberverwaltungsgericht weiter nachzuprüfen haben, ob einer der dargestellten weiteren Milderungsgründe hinzutritt.

Tatbestand

1

Der 1952 geborene Beklagte wurde zum 1. Oktober 1970 als Zollanwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Mit Wirkung vom 12. August 2005 wurde er zum Zollinspektor ernannt.

2

Das Amtsgericht Kandel verurteilte den Beklagten durch rechtskräftiges Urteil vom 20. Juni 2006 wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in 136 tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils hatte der Beklagte im Zeitraum von Anfang 2004 bis zur Beschlagnahme seines privaten Computers im November 2005 mindestens 102 Bilddateien sowie 34 Video-Sequenzen jeweils mit kinderpornographischem Inhalt, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, auf die Festplatte seines Computers geladen.

3

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch den vorsätzlichen Besitz von mindestens 20 verschiedenen ungelöschten kinderpornographischen Bilddateien und mindestens 17 verschiedenen ungelöschten kinderpornographischen Video-Sequenzen habe der Beklagte ein sehr schweres außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das hohe Eigengewicht eines solchen Dienstvergehens leite sich daraus ab, dass die Herstellung kinderpornographischer Darstellungen den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Erwachsene zwingend voraussetze. Wer als Beamter kinderpornographisches Material besitze, beweise erhebliche Persönlichkeitsmängel mit der Folge einer nachhaltigen Ansehensschädigung oder gar des völligen Ansehensverlustes. Das im Verlaufe des Straf- und Disziplinarverfahrens erkennbar gewordene Persönlichkeitsbild des Beklagten gebe keine Veranlassung zu der Annahme, er habe den Unrechtsgehalt seines Handelns erkannt und auf der Basis einer solchen Erkenntnis Einsicht in seine Mitverantwortung als Konsument kinderpornographischer Darstellungen für den sexuellen Missbrauch von Kindern gewonnen. Zwar unterziehe sich der Beklagte inzwischen einer Verhaltenstherapie. Seine Äußerungen ließen aber erkennen, dass die bescheinigten Therapiesitzungen nach wie vor keine Erkenntnis des Unrechtsgehalts der Tat, Reue oder kritische Betrachtung des eigenen Handelns bewirkt hätten.

4

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29. September 2009 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Februar 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

5

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision des Beklagten ist mit der Maßgabe der Zurückverweisung nach § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht. Das Berufungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund einer Bemessungsentscheidung bestätigt, die nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 Satz 1 BDG genügt. Da die Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 70 Abs. 2 BDG).

7

1. Der Beklagte hat durch den vorsätzlichen Besitz kinderpornographischer Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 54 Satz 3 BBG a.F. i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.).

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a) Maßgeblich ist die Rechtslage zum Tatzeitpunkt, weil sich aus der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) für den Beklagten kein materiellrechtlich günstigeres Recht ergibt (Urteile vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1, Rn. 33 und 51 bis 53 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen - Rn. 17).

9

Der Beklagte hat das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 54). Er hatte die kinderpornographischen Dateien ausschließlich auf seinen privaten Computern abgespeichert.

10

Das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert (§ 54 Satz 3 BBG a.F.). Besitzt ein Beamter vorsätzlich kinderpornographische Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB, so verstößt er gegen diese Pflicht.

11

Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes erfüllt den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (ebenso § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) erfüllt sind. Es muss nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sein, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens nach diesen Kriterien ist von der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG zu unterscheiden.

12

Grund für die Einfügung der besonderen Anforderungen für die Annahme eines außerdienstlichen Dienstvergehens durch das Gesetz zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl I S. 725) war das Bestreben des Gesetzgebers, den Tatbestand des Dienstvergehens im Bereich außerdienstlichen Verhaltens von Beamten einzuschränken. Der geänderten Stellung der Beamten in der Gesellschaft, von denen außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem Bürger erwartet wird, sollte Rechnung getragen werden (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 und 26 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 S. 22 und 25 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 15).

13

Das Merkmal "in besonderem Maße" bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal "in bedeutsamer Weise" bezieht sich auf den "Erfolg" der möglichen Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 S. 40).

14

Die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens muss sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - a.a.O. S. 25, vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 1 D 4.01 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 32 S. 53 f. und vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 52).

15

b) Das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Dienstvergehen des Beklagten weist keinen Bezug zu seinem Dienstposten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Daran fehlt es. Weder hatte der Beklagte dienstlich Kontakt mit Kindern noch gehörte die Bekämpfung von Kindesmissbrauch oder Kinderpornographie zu seinen dienstlichen Tätigkeiten. Allein der Umstand, dass der Beklagte als Beamter der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" dienstlich mit der Verfolgung und Ahndung von Rechtsverstößen Dritter befasst war, begründet ebenfalls keinen solchen Dienstbezug. Rückschlüsse aus dem außerdienstlichen Fehlverhalten des Klägers auf seine künftige Amtsführung oder eine Beeinträchtigung in derselben können nicht gezogen werden.

16

Bei erstmaligem außerdienstlichem Fehlverhalten ist die Eignung zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen im Hinblick auf das Ansehen des Beamtentums bereits unter Hinweis auf die gesetzgeberischen Wertungen auch bei der Begehung einer Straftat zum Nachteil des Staates (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG) oder der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlich begangenen schwerwiegenden Straftat (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG) angenommen worden (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - a.a.O. S. 26 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 18).

17

Unabhängig von diesen Fallgruppen lässt der Strafrahmen Rückschlüsse auf das Maß der disziplinarrechtlich relevanten Ansehensschädigung zu. Die Disziplinarwürdigkeit eines erstmaligen außerdienstlichen Verhaltens eines Beamten im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) ist regelmäßig anzunehmen, wenn das außerdienstliche Verhalten im Strafgesetzbuch als Vergehen mit einer Freiheitsstrafe im mittleren Bereich belegt ist. Durch die Festlegung des Strafrahmens bringt der Gesetzgeber verbindlich den Unrechtsgehalt eines Delikts zum Ausdruck. An dieser Wertung hat sich auch die Entscheidung über die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) zu orientieren, wenn andere Kriterien, wie etwa ein Dienstbezug oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe bei einer vorsätzlich begangenen Straftat ausscheiden. Hierdurch wird hinsichtlich der Frage der Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens eine Entscheidung gewährleistet, die an nachvollziehbare Kriterien anknüpft.

18

Durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3007) hat der Gesetzgeber den Strafrahmen für den Besitz kinderpornographischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Gemessen an den Kriterien des Strafgesetzbuches handelt es sich um eine Strafandrohung im mittleren Bereich.

19

Wer kinderpornographische Schriften besitzt (§ 184b Abs. 4 Satz 2 StGB), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176a Abs. 2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (Urteile vom 6. Juli 2000 - BVerwG 2 WD 9.00 - BVerwGE 111, 291 <294 f.> = Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 33 S. 25 und vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - Buchholz 450.2 § 38 WDO Nr. 23 S. 19).

20

2. Die Bemessungsentscheidung des Berufungsgerichts verstößt gegen § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 Satz 1 BDG.

21

a) Die Verwaltungsgerichte erkennen aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung gemäß § 13 Abs. 1 und 2 BDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme, wenn sie nach umfassender Sachaufklärung (§ 58 BDG sowie § 86 Abs. 1 und 2 VwGO) zu der Überzeugung gelangen, dass der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten dienstpflichtwidrigen Handlungen begangen hat, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 60 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BDG). Sie sind dabei an die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen des klagenden Dienstherrn nicht gebunden (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 9 sowie Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2).

22

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

23

Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat in den Urteilen vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.) und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - (a.a.O. Rn. 13 ff.; seitdem stRspr) näher bestimmt. Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

24

Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 16).

25

b) Für das außerdienstlich begangene Dienstvergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften scheidet eine Regeleinstufung wie sie in der Rechtsprechung für schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten entwickelt worden ist (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 m.w.N.), aus. Danach kommt regelmäßig die Entfernung aus dem Dienst (bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts) dann in Betracht, wenn die Schwere des innerdienstlichen Dienstvergehens das für die weitere dienstliche Tätigkeit notwendige Vertrauensverhältnis endgültig zerstört hat (z.B. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 28). Im Bereich der Sexualdelikte hat der Senat den mit Freiheitsstrafe geahndeten außerdienstlichen sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) als derart schwerwiegend erachtet, dass die Höchstmaßnahme indiziert ist, wenn es insgesamt an hinreichend gewichtigen entlastenden Umständen fehlt (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - a.a.O.) Anders als bei einem solchen unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung ist beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Dies gilt für den Besitz kinderpornografischer Schriften namentlich dann, wenn es an einem dienstlichen Bezug des strafbaren Verhaltens fehlt. In diesen Fällen hat sich die Maßnahmebemessung als Richtschnur an der jeweiligen Strafandrohung auszurichten. Denn durch die Strafandrohung bringt der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck. Die Anknüpfung an den Strafrahmen gewährleistet auch insoweit eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen. Ebenso wie bei einer Regeleinstufung sind die Verwaltungsgerichte auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens gehalten, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte dürfen ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts nicht an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen, wenn sie den Strafrahmen für unangemessen niedrig halten. Das Ausmaß des Ansehensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat herangerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt.

26

Auf der Grundlage des vom Gesetzgeber im Jahr 2003 angehobenen Strafrahmens für das Vergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften, der im mittelschweren Bereich liegt, hat sich die Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme für derartige außerdienstliche Verfehlungen als Richtschnur an der Maßnahme der Zurückstufung (§ 9 BDG) zu orientieren. Anders als das Delikt der außerdienstlichen Trunkenheitsfahrt ist der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften in besonderem Maße geeignet, das Ansehen des Beamtentums in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Dies folgt aus den mit dem Delikt einhergehenden Eingriff in die Menschenwürde des Kindes, das zum bloßen Objekt sexueller Begierde degradiert wird. Dieser Unrechtsgehalt hat im Strafrahmen seinen Ausdruck gefunden.

27

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen in mehrfacher Hinsicht für eine Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme im konkreten Fall durch den Senat nicht aus:

28

a) Das Ausmaß des Dienstvergehens des Beklagten ist vom Berufungsgericht nicht eindeutig festgestellt worden. Bei der disziplinarrechtlichen Ahndung des Dienstvergehens des Besitzes kinderpornographischer Schriften kommt es auch auf deren Anzahl an. Insoweit sind die Angaben im Berufungsurteil unklar. Einerseits ist das Berufungsgericht im Anschluss an das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, auf den Computern des Beklagten seien 20 verschiedene ungelöschte kinderpornographische Bilder und 17 verschiedene ungelöschte kinderpornographische Filme vorhanden gewesen. Andererseits ist im Berufungsurteil mehrfach die Rede davon, der Beklagte habe "mindestens" diese Anzahl von verschiedenen ungelöschten Bildern und Videosequenzen abgespeichert. Die Verwendung des Wortes "mindestens" schließt nicht aus, dass die tatsächliche Zahl der Dateien höher ist. Damit ist aber das dem Beklagten zur Last gelegte Fehlverhalten nicht hinreichend deutlich festgestellt. Zugleich lassen es die häufige Verwendung des Wortes "mindestens" sowie die Ausführungen zu den vom Berufungsgericht angenommenen Persönlichkeitsmängeln des Beklagten als möglich erscheinen, dass dem Beklagten der sonstige Inhalt der Festplatten seiner Computer (gelöschte Bilder und Videosequenzen, sog. Posingbilder und tierpornographische Filme), doch angelastet worden ist.

29

b) Die tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil zu den Auswirkungen der Verhaltenstherapie, die der Beklagte im März 2009 im Hinblick auf den Besitz kinderpornographischer Schriften begonnen hat, sind unzureichend. Hierzu eigene Feststellungen zu treffen, ist dem Revisionsgericht versagt.

30

Auch das Verhalten des Beamten nach der Entdeckung der Tat und dem Beginn der Ermittlungen ist für die Entscheidung der Verwaltungsgerichte nach § 13 BDG relevant. Dies gilt zu Lasten des Beamten wie auch zu seinen Gunsten. Das Persönlichkeitsbild und die Verhaltensprognose sind ungünstig, wenn eine im Hinblick auf das Dienstvergehen begonnene Therapie ohne Erfolg bleibt. Dies macht zudem deutlich, dass der Beamte uneinsichtig ist und sich die im Strafverfahren ausgesprochene Geldstrafe nicht als Pflichtenmahnung hat dienen lassen (Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 70 und Beschluss vom 5. März 2010 - BVerwG 2 B 22.09 - NJW 2010, 2229 <2231>). Demgegenüber können nachträgliche Therapiemaßnahmen bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann (Urteil vom 27. November 2001 - BVerwG 1 D 64.00 - Rn. 35 m.w.N., juris). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit festzustellen, inwieweit eine vom Beamten im Hinblick auf sein Fehlverhalten begonnene Therapie Erfolg hat. Bei der Würdigung ist zu berücksichtigen, dass entlastende Umstände nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" schon dann beachtlich sind, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 80.08 - Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 4 Rn. 22 m.w.N.).

31

Für die Beurteilung des Erfolgs einer Verhaltenstherapie bedarf es besonderer Sachkunde, über die Richter regelmäßig nicht verfügen. Das Berufungsgericht hat eine eigenständige Bewertung der bisherigen Ergebnisse der Therapie vorgenommen, ohne aber die angenommene eigene Sachkunde nachvollziehbar zu belegen. Für seine erneute Entscheidung wird das Berufungsgericht zur Aufklärung der Ergebnisse der Therapie entweder den behandelnden Therapeuten als sachverständigen Zeugen vernehmen oder aber einen bisher nicht mit der Behandlung des Beklagten befassten Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen müssen.

32

c) Bei seiner erneuten Bemessungsentscheidung wird das Berufungsgericht ferner zu beachten haben, dass dem Beamten bei der Gesamtwürdigung aller Umstände rechtlich zutreffende Äußerungen nicht zum Vorwurf gemacht werden können. Dies gilt hier insbesondere für das Vorbringen, es handele sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen, für dessen disziplinarrechtliche Ahndung besondere Regelungen gelten.

33

4. Sollte das Berufungsgericht bei seiner neuen Ermessensentscheidung nach § 13 BDG zu dem Ergebnis kommen, angemessene Disziplinarmaßnahme sei die Zurückstufung des Beklagten nach § 9 BDG, so wäre diese aus laufbahnrechtlichen Gründen von vornherein ausgeschlossen (Urteil vom 12. April 2000 - BVerwG 1 D 12.99 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 20 S. 20). Denn der Beklagte wurde nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil nach erfolgreichem Abschluss des Aufstiegsverfahrens im August 2005 zum Zollinspektor ernannt und befindet sich noch im Eingangsamt der Laufbahn des gehobenen Dienstes (Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 BLV).

34

Ist eine Zurückstufung aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, ist auf die nächstmildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge zu erkennen. In diesem Fall ist § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG zu berücksichtigen, weil gegen den Beklagten wegen desselben Sachverhalts im Strafverfahren unanfechtbar eine Geldstrafe verhängt worden ist. Bleibt der Beamte aus laufbahnrechtlichen Gründen von der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung nach § 9 BDG verschont und wird allein deshalb eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG) ausgesprochen, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG stets erfüllt. Der Ausschluss der Zurückstufung lässt die mildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge neben der im Strafverfahren verhängten Strafe als erforderlich erscheinen, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Auf das Vorliegen konkreter Umstände für eine Wiederholungsgefahr (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <80> = Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 8 S. 18) kommt es in diesem Fall nicht an.

35

Nach § 15 Abs. 4 und 5 BDG ist eine Ahndung des Dienstvergehens des Beklagten mit einer Kürzung der Dienstbezüge noch möglich.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Angehöriger:wer zu den folgenden Personen gehört:
a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist,
b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
2.
Amtsträger:wer nach deutschem Recht
a)
Beamter oder Richter ist,
b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder
c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
2a.
Europäischer Amtsträger:wer
a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist,
b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder
c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
3.
Richter:wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist;
4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter:wer, ohne Amtsträger zu sein,
a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder
b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist;
5.
rechtswidrige Tat:nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht;
6.
Unternehmen einer Tat:deren Versuch und deren Vollendung;
7.
Behörde:auch ein Gericht;
8.
Maßnahme:jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung;
9.
Entgelt:jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.

(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.

(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

Gründe

1

Der auf alle Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO, § 69 BDG gestützte Antrag auf Zulassung der Revision kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass ein gesetzlicher Zulassungsgrund gegeben ist.

2

Der Beklagte, ein bei einem Unternehmen der Deutschen Bahn tätiger Hauptwerkmeister (Besoldungsgruppe A 8), wurde wegen des Besitzes kinderpornographischer Bild- und Videodateien, die er auf privaten Computern gespeichert hatte, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Aus diesem Grund hat ihn das Verwaltungsgericht in das Amt eines Oberwerkmeisters (Besoldungsgruppe A 7) zurückgestuft. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

3

In dem Berufungsurteil heißt es, der Beklagte habe vorsätzlich ein schweres Dienstvergehen begangen. Die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme habe sich an der Zurückstufung zu orientieren, weil es an einem dienstlichen Bezug der Straftat fehle und der Beamte keine Vorgesetzten- und Leitungsfunktion innehabe. Dieser Orientierungsrahmen ergebe sich daraus, dass der gesetzliche Strafrahmen für den Besitz kinderpornographischen Materials mit einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren im mittleren Bereich des Strafgesetzbuchs liege. Die Zurückstufung des Beklagten sei angemessen, weil den erschwerenden Gesichtspunkten entlastende Gesichtspunkte von einigem Gewicht gegenüber stünden. Gegen den Beklagten sprächen der lange Tatzeitraum, die Anzahl der gespeicherten Dateien mit kinderpornographischem Inhalt (208 Bilddateien und 85 Videodateien), der Aufwand, den er betrieben habe, um sich in den Besitz der Dateien zu bringen und der Umstand, dass die Dateien teilweise gravierende Formen des sexuellen Missbrauchs zeigten. Zugunsten des Beklagten sei zu berücksichtigen, dass er erfolgreich eine längere Therapie durchgeführt habe. Dies werde dadurch belegt, dass er seine Lebensführung grundlegend geändert habe. Er lebe nunmehr in einer festen Beziehung und nehme verschiedene ehrenamtliche amtliche Aufgaben im sozialen Bereich war. Auch sei ihm zugute zu halten, dass seine dienstlichen Leistungen dauerhaft herausragend seien.

4

Mit der Grundsatzrüge wirft der Kläger die Frage auf, welches Gewicht bei der Maßnahmebemessung dem Umstand zukomme, dass die kinderpornographischen Dateien im Besitz des Beklagten Darstellungen schweren sexuellen Missbrauchs im Sinne von § 176a Abs. 2 StGB enthielten.

5

Die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 69 BDG erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass diese Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Klärungsbedarf besteht, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage weder vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich beantwortet worden ist noch auf der Grundlage seiner Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. zuletzt Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - = NVwZ-RR 2011, 329).

6

Danach ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage nicht rechtsgrundsätzlich bedeutsam, weil sie aufgrund der Rechtsprechung des Senats zu den sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungsgrundsätzen für den außerdienstlichen Besitz kinderpornographischen Materials geklärt ist:

7

Die erforderliche Disziplinarmaßnahme ist stets aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen, wobei der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG maßgebende Bedeutung zukommt. Danach sind die Arten (Fallgruppen) von Dienstvergehen nach ihrer disziplinarrechtlichen Bedeutung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regelmaßnahme oder einem Orientierungsrahmen zuzuordnen (stRspr; vgl. nur Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 f. und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 28 f.).

8

Die Schwere disziplinarrechtlich relevanter außerdienstlicher Straftaten richtet sich in erster Linie nach dem gesetzlichen Strafrahmen, weil der Gesetzgeber dadurch den Unrechtsgehalt verbindlich zum Ausdruck bringt. Diese gesetzliche Wertung ist Maßstab für die Beurteilung, in welchem Maß der Beamte durch sein strafbares Verhalten eine disziplinarrechtlich bedeutsame Schädigung des Ansehens des öffentlichen Dienstes herbeigeführt hat (stRspr; vgl. nur Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 f. und - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 f.).

9

Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischen Materials hat der Senat aus dem seit 2003 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung jedenfalls dann auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist und dieser keine herausgehobene Vorgesetzten- und Leitungsfunktion innehat (Urteile vom 19. August 2010 a.a.O.).

10

Dies bedeutet, dass in diesen Fällen die aus dem Orientierungsrahmen fallende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausgesprochen werden darf, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe kompensiert werden. Der Orientierungsrahmen kann in der Regel nicht deshalb überschritten werden, weil dem Beamten Umstände zur Last fallen, die bereits den Unrechtsgehalt der Straftat kennzeichnen. Derartige Umstände werden bereits durch den gesetzlichen Strafrahmen erfasst, der wiederum die Schwere des Dienstvergehens und damit den Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung vorgibt. Hierzu gehören der Tatzeitraum, die Anzahl der Dateien im Besitz des Beamten, der Aufwand für die Besitzverschaffung, aber auch der Inhalt der Dateien. Diese Umstände können grundsätzlich nur herangezogen werden, um Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens zu begründen. Gleiches gilt für die Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe. Eine Bewährungsstrafe führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

11

Nach der Argumentation des Klägers wäre folgerichtig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auch dann Regelmaßnahme für den außerdienstlichen Besitz kinderpornographischen Materials, wenn kein dienstlicher Bezug besteht. Dieser Auffassung hat sich der Senat in den Urteilen vom 19. August 2010 (a.a.O.) gerade nicht angeschlossen, weil hierfür der Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von höchstens zwei Jahren Freiheitsstrafe nicht ausreicht. Diese Obergrenze darf auch dann nicht überschritten werden, wenn das kinderpornographische Material umfangreich ist und schwere Missbrauchsfälle zeigt. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens. Die Verwaltungsgerichte dürfen ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts nicht an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen, wenn sie den gesetzlichen Strafrahmen für unangemessen niedrig halten (Urteile vom 19. August 2010 a.a.O.).

12

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Senat aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG hergeleiteten Grundsätze für die Maßnahmebemessung in den Fällen des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischen Materials dem Berufungsurteil zugrunde gelegt. Die erschwerenden Umstände, die allesamt durch den Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB erfasst werden, hat es zum Anlass genommen, den Beklagten zurückzustufen. Soweit der Kläger die fehlerhafte Gewichtung der bemessungsrelevanten Gesichtspunkte rügt, wendet er sich gegen die fallbezogene Anwendung der Bemessungsgrundsätze auf den festgestellten Sachverhalt. Er stellt der rechtlichen Würdigung des Oberverwaltungsgerichts seine eigene Würdigung des vorliegenden Falles entgegen. Damit kann die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargelegt werden.

13

Mit den Divergenzrügen trägt der Kläger vor, das Berufungsurteil beruhe auf Abweichungen von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 2000 - BVerwG 2 WD 9.00 - (BVerwGE 111, 291 = Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 33) und vom 19. August 2010 (a.a.O.).

14

Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Das Berufungsgericht muss von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sein, weil es ihn für unrichtig hält. Zwischen beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Dagegen liegt eine Divergenz nicht vor, wenn das Berufungsgericht einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall rechtsfehlerhaft angewandt oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen gezogen hat, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Einzelfall geboten sind (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 Rn. 3).

15

Diese Voraussetzungen hat der Kläger nicht dargelegt: Eine Divergenz zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 6. Juli 2000 - BVerwG 2 WD 9.00 - (a.a.O.) ist schon deshalb ausgeschlossen, weil dieses nicht zu derselben Rechtsvorschrift, nämlich dem hier anwendbaren § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG, ergangen ist. Im Übrigen liegen den Bemessungsentscheidungen anders gelagerte Sachverhalte zugrunde. In dem Urteil vom 6. Juli 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht maßgebend auf die Vorgesetztenstellung des Soldaten abgestellt, während die Bemessungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts darauf beruht, dass der Beklagte keine Vorgesetzten- oder Leitungsfunktion innehatte.

16

Eine Divergenz des Berufungsurteils zu den Urteilen des Senats vom 19. August 2010 (a.a.O.) scheidet aus, weil das Oberverwaltungsgericht die für seine Entscheidung erheblichen Rechtssätze dieser Urteile zur Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG übernommen hat. Der Senat hat nicht den Rechtssatz aufgestellt, die Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe indiziere auch ohne dienstlichen Bezug des strafbaren Verhaltens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die Rüge der fehlerhaften Gewichtung der bemessungsrelevanten Gesichtspunkte zugunsten des Beklagten ist nicht geeignet, eine Divergenz darzulegen. Der Kläger bezeichnet insoweit keinen prinzipiellen Auffassungsunterschied zwischen Berufungs- und Revisionsgericht zum Bedeutungsgehalt des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG, sondern wendet sich gegen die fallbezogene Anwendung dieser Regelungen.

17

Mit der Verfahrensrüge macht der Kläger geltend, das Oberverwaltungsgericht habe gegen das Gebot umfassender Sachaufklärung verstoßen. Es habe dem Beklagten nicht zugute halten dürfen, eine Wiederholung der Straftaten sei nicht zu befürchten, weil er eine erfolgreiche Therapie absolviert habe. Diese positive Prognose sei von der schriftlichen Stellungnahme des Therapeuten nicht gedeckt. Dem Oberverwaltungsgericht habe sich aufdrängen müssen, den Therapeuten zur Erläuterung seines Gutachtens zu vernehmen oder ein Sachverständigengutachten einzuholen.

18

Dieser Vortrag reicht nicht aus, um einen Aufklärungsmangel darzulegen. Der Kläger berücksichtigt nicht, dass das Oberverwaltungsgericht seine Prognose vor allem darauf gestützt hat, dass der Beklagte inzwischen seine Lebensumstände grundlegend geändert hat. Seine Ausführungen lassen darauf schließen, dass es ohne die - den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden - Feststellungen dieser Änderungen nicht den Schluss gezogen hätte, die Therapie sei erfolgreich gewesen. Diese Schlussfolgerung greift der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht an, vielmehr befasst er sich ausschließlich mit der Würdigung der Stellungnahme des Therapeuten.

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Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 14. August 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

1

Der Kläger strebt die Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten an.

2

Der 1956 in B…. geborene Beklagte stand seit 1974 im Polizeidienst des klagenden Landes. Seit September 1993 verrichtete er seinen Dienst als Sachbearbeiter im Wechselschichtdienst beim Polizeipräsidium Trier (Polizeiinspektion D….) und war vom 1. November 2007 bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung am 4. September 2009 an die Zentralstelle für Polizeitechnik in M…. abgeordnet, wo er als Fachberater in der Projektgruppe POLADIS eingesetzt wurde. Im Jahre 2004 wurde er letztmals - zum Polizeikommissar - befördert. In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 26. Mai 2008 (Beurteilungszeitraum 21. März 2005 bis 20. März 2008) wurden seine dienstlichen Leistungen insgesamt mit „A“ bewertet. Mit Ablauf des Jahres 2010 wurde er auf eigenen Antrag wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

3

Der Beklagte ist geschieden und hat zwei erwachsene Kinder. Er ist - seit April 2010 mit einem Grad der Behinderung von 80 - als schwerbehindert anerkannt.

4

Mit Verfügung vom 11. März 2009 wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachts der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit - Fotografieren von Frauen und Vermittlung von Fotomodellen - unter Benutzung des ihm im Rahmen seiner Abordnung zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Er wurde über seine Rechte belehrt und ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Das Disziplinarverfahren wurde in der Folgezeit auf eine Reihe weiterer Verdachtsmomente ausgedehnt. Der Beklagte wurde verdächtigt, er habe

5

- im Dienst auf Internet-Seiten ohne dienstlichen Bezug zugegriffen (Verfügung vom 5. Juni 2009),
- eine widerstandsunfähige Frau sexuell missbraucht (Verfügung vom 4. September 2009),
- als „Therapeut“ u.a. widerstandsunfähige Frauen sexuell missbraucht (Verfügung vom 25. Januar 2010),
- in den Jahren 2005 und 2007 gelegentlich der Ausübung seiner „Therapeutentätigkeit“ Kenntnis von Vergewaltigungen erlangt und diese als Polizeibeamter nicht zur Anzeige gebracht (Verfügung vom 25. Januar 2010),
- am 17. Januar 2008 während der Ausübung von SM-Praktiken mit einer Frau ein zuvor vereinbartes Stopp-Signal absichtlich ignoriert und diese mit einem Bambus-Stock fast bewusstlos geschlagen (Verfügung vom 25. Januar 2010),
- Fotos bzw. Filmdateien mit eindeutig kinderpornographischem Inhalt besessen (Verfügungen vom 25. Januar und 11. März 2010),
- eine Frau vergewaltigt bzw. sexuell genötigt (Verfügung vom 8. Dezember 2010), sowie
- wiederholt falsche Angaben im Zeiterfassungssystem „Tempus“ vorgenommen (Verfügung vom 8. Dezember 2010).

6

Mit Verfügung vom 11. März 2010 wurde der Beklagte unter Einbehaltung von 15 Prozent seiner monatlichen Dienstbezüge vorläufig des Dienstes enthoben.

7

Ein Teil der dem Beklagten im Rahmen des Disziplinarverfahrens zur Last gelegten Handlungen war Gegenstand mehrerer Strafverfahren:

8

- Mit Strafbefehl vom 14. April 2010 - 8013 Js 811/10 - verhängte das Amtsgericht Daun gegen den Beklagten eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 70,00 €, da er es unternommen habe, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergegeben hätten. Aufgrund des auf die Höhe des Tagessatzes beschränkten Einspruchs des Beklagten wurde der Tagessatz durch Beschluss vom 29. November 2010 auf 40,00 € reduziert.

9

- Das wegen der unberechtigten Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Untreue - 8043 Js 8047/10 - stellte die Staatsanwaltschaft Trier mit Verfügung vom 13. April 2011 nach § 154 StPO ein. Nach einem internen Hinweis erfolgte die Einstellung im Hinblick auf die „Verurteilung“ durch das Amtsgericht Daun.

10

- Die Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses u.s.w. - 8041 Js 805, 807 sowie 808/10 - wurden von der Staatsanwaltschaft Trier durch Verfügungen vom 9. Februar 2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

11

- Das Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen - 8041 Js 20889/09 - wurde durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Trier vom 14. Juli 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO (3 Geschädigte) bzw. 154 Abs. 1 StPO (1 Geschädigte) eingestellt.

12

- Das von der Staatsanwaltschaft Koblenz geführte Verfahren wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung - 2070 Js 921/11 - wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

13

Mit Schreiben vom 30. September 2011 wurde dem Beklagten das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen bekanntgegeben. Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung wurden folgende Vorwürfe aus dem Verfahren ausgeschieden:

14

- der mit Verfügung vom 4. September 2009 erhobene Vorwurf des sexuellen Missbrauchs Widerstandsunfähiger,
- die mit Verfügung vom 25. Januar 2010 erhobenen Vorwürfe der Strafvereitelung und der gefährlichen Körperverletzung sowie
- die mit Verfügung vom 8. Dezember 2010 erhobenen Vorwürfe fehlerhafter Eintragungen im Zeiterfassungssystem und der Vergewaltigung.

15

Der Beklagte wurde auf die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage und die Möglichkeit hingewiesen, weitere Ermittlungen sowie die Mitbestimmung der Personalvertretung und die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu beantragen. Auf Antrag stimmten die Schwerbehindertenvertretung und der Gesamtpersonalrat beim Personalpräsidium Trier der Erhebung der Disziplinarklage zu.

16

Auf die vom Kläger erhobene Disziplinarklage hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten durch Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. August 2012 das Ruhegehalt aberkannt. Darin heißt es im Wesentlichen:

17

„…
1.

18

Der Beklagte hat sich des Verschaffens und Besitzes kinderpornographischer Dateien schuldig gemacht. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund des gegen den Beklagten durchgeführten Strafverfahrens und den Feststellungen des Amtsgerichts Daun in seinem Strafbefehl vom 14. April 2010 – rechtskräftig seit dem 12. November 2010 – (Az.: 8013 Js 811/10 Cs). …

19

Durch die Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 184 b StGB hat der Beklagte sich in disziplinarrechtlicher Hinsicht achtungs- und vertrauensunwürdig verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) und zugleich das Ansehen der Polizei geschädigt (§ 115 LBG). Die schuldhaften Pflichtverletzungen erfüllen auch die qualifizierenden Voraussetzungen an ein beachtliches außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG. …

2.

20

In der Zeit vom 4. Dezember 2007 bis zum 28. August 2009 nutzte der Beklagte die ihm zur Verfügung gestellten Dienstkraftfahrzeuge, um vereinbarte Fotoshoot-Termine wahrzunehmen, ohne hierzu berechtigt zu sein. Genehmigt waren lediglich Fahrten mit dem Dienstwagen zwischen Dienstort und Wohnort.

21

Dieser Sachverhalt ist erwiesen mittels Beiziehung der strafrechtlichen Ermittlungsakte in dem Verfahren Az. 8043 Js 8047/10 (§§ 67 Abs. 1, 21 LDG, 99 VwGO). … Dadurch, dass er in Kenntnis dessen, dass ihm die Dienstkraftfahrzeuge lediglich für die Wegstrecke zwischen seiner Dienststelle und seiner Wohnanschrift zur Verfügung gestellt wurden, dennoch Privatfahrten unternommen hat, hat er sich nicht nur eines Verstoßes gegen seine Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG), sondern auch gegen seine Hingabepflicht und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 1 und 2 BeamtStG) schuldig gemacht.

3.

22

Soweit dem Beklagten eine Vielzahl von Internetzugriffen ohne ersichtlichen dienstlichen Bezug vorgehalten wird, ist der Beklagte vom Vorwurf eines dahingehenden Dienstvergehens freizustellen. …

4.

23

Auch der weitergehende Vorwurf, der Beklagte habe als „Therapeut“, „Heiler“ bzw. „Geistheiler“ im Jahr 2002 Kontakt zu den hilfesuchenden Zeuginnen M…., P…. und H…. geknüpft, denen er sich unter Ausnutzung eines aus vorgegebener Therapeuteneigenschaft resultierenden Vertrauensverhältnisses angenähert habe, um mit ihnen sexuell zu verkehren bzw. SM-Praktiken auszuüben, hält einer Überprüfung aus disziplinarrechtlicher Sicht nicht stand. …

24

Das Schwergewicht des disziplinarrechtlich relevanten Fehlverhaltens des Beklagten liegt im Besitz der kinderpornographischen Schriften. … hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 19. August 2010 … grundlegend ausgeführt, dass … beim Besitz kinderpornographischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt ist, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlungen zu groß ist. ... Maßgeblich für die Maßnahmebemessung soll die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des Dienstbezugs der Pflichtverletzung des Beamten sein. … Ausgehend von der zum Tatzeitpunkt geltenden Strafandrohung von zwei Jahren Freiheitsstrafe (§ 184 b Abs. 4 in der Fassung vom 27. Dezember 2003 und 31. Oktober 2008) ist deshalb bei Lehrern angesichts ihrer besonderen Dienstpflichten die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis der Orientierungsrahmen, innerhalb dessen sich die prognostische Gesamtabwägung des Verwaltungsgerichts zu bewegen hat.

25

Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 24. Februar 2012 (Az. 3 A 11426/11.OVG) ausgeführt, dass ausgehend von den Bemessungskriterien des § 11 LDG die Frage nach der angemessenen Disziplinarmaßnahme nicht davon abhängen kann, ob das Fehlverhalten des Beamten zugleich einen Straftatbestand erfüllt. … Begründet wird diese Entscheidung mit der unterschiedlichen Zwecksetzung von Straf- und Disziplinarverfahren.

26

Unabhängig davon, nach welchen Rechtsgrundsätzen die Maßnahmebemessung zu erfolgen hat, hat der Beklagte vorliegend in jedem Fall die Verhängung der Höchstmaßnahme verwirkt, denn auch unabhängig davon, dass § 184 b Abs. 4 StGB einen Strafrahmen ausweist, der im Hinblick auf den konkreten Dienstbezug im vorliegenden Fall entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entfernung des Beklagten als Richtschnur der Maßnahmebemessung indiziert, wiegt die Dienstpflichtverletzung des Beklagten auch unter Zugrundelegung der allgemeinen Maßstäbe nach deren objektiven und subjektiven Handlungsmerkmalen derart schwer, dass der Beklagte unter Einbeziehung seines Persönlichkeitsbildes das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat. …

27

Wesentlich entlastende Milderungsgründe, die die Schwere der Tat aufwiegen könnten, sind demgegenüber weder nach dem Vortrag des Beklagten noch nach den Gesamtumständen ersichtlich. …

28

Im Besonderen die Allgemeinheit muss sich darauf verlassen können, dass sich Polizeibeamte dem sensiblen Bereich der Herabwürdigung von Kindern und Jugendlichen zum Zwecke der Befriedigung sexueller Begierden verschließen und sich gesetzestreu verhalten und in Ansehung ihrer besonderen Funktion, dahingehende Straftaten nachhaltig verhindern, verfolgen und ahnden. Sie dürfen keinesfalls selbst in diesem Deliktsbereich straffällig werden. Auch der Dienstherr muss darauf vertrauen können, dass Polizeibeamte den ihnen obliegenden Verfolgungsauftrag vorbehaltlos erfüllen und nicht selbst gegen Strafgesetze verstoßen. ... Ein Polizeibeamter, der sich als Sammler kinderpornographischen Materials erweist, sich auch im innerdienstlichen Bereich als resistent gegen Weisungen zeigt und ohne Not einen Vertrauensvorschuss verspielt, hat grundsätzlich das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren.

29

Zudem ist dem Ansehen des Beamtentums durch das Verhalten des Beamten, welches auch zum Gegenstand von Presseberichterstattungen geworden ist, ein irreparabler Schaden entstanden. Befände der Beklagte sich noch im aktiven Dienst, wäre das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Diensterfüllung auch in Ansehung der bereits herbeigeführten Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums und des Polizeidienstes im Besonderen endgültig zerstört. …

30

Die Aberkennung des Ruhegehalts verstößt schließlich auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. … Die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts verfolgt Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des Dienstherrn. … muss im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, dass die Verhängung der Höchstmaßnahme auf der schuldhaften und das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstörenden Pflichtverletzung während der aktiven Dienstzeit beruht und dem Ruhestandsbeamten daher die für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge derartige Pflichtverletzungen zuzurechnen ist (BVerwG, Urteil vom 14. November 2001, Az.: 1 D 60.00, - juris -). Bei der Abwägung ist auch zu berücksichtigen, dass der Ruhestandsbeamte bei der Aberkennung des Ruhegehalts keineswegs ohne Versorgung dasteht, da er in der Rentenversicherung nachzuversichern ist.
…“

31

Zur Begründung seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung trägt der Beklagte vor:

32

Das Verwaltungsgericht habe ihm abweichend von der Klageschrift ausschließlich zur Last gelegt, er habe sich kinderpornographische Dateien verschafft und diese besessen. Das Abstellen auf die für jeden Täter geltende abstrakte Strafandrohung für dieses Delikt könne jedoch nicht der Orientierungsrahmen für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme sein. Die Höchstmaßnahme sei unangemessen, da die gegen ihn verhängte Geldstrafe von 120 Tagessätzen deutlich mache, dass sein Verschulden und der Unwertgehalt seiner Tat sich am unteren Rand des Spektrums bewegten.

33

Das Verwaltungsgericht sei wohl aufgrund eines Schreibfehlers davon ausgegangen, er habe letztmals am 17. Mai 2009 Videodateien gespeichert; richtigerweise hätte das Datum "17. Mai 2007" lauten müssen. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht dem Umstand, dass zu dem behaupteten Zeitpunkt bereits ein Disziplinarverfahren eingeleitet gewesen sei, maßgebliche Bedeutung beigemessen. Das Disziplinarverfahren sei nämlich ohne Bezug auf diese Geschehnisse wegen des Verdachts der ungenehmigten Ausübung einer Nebentätigkeit unter Nutzung des Dienstfahrzeugs eingeleitet worden.

34

Eine Presseberichterstattung über das Strafverfahren vor dem Amtsgericht Daun habe es im Übrigen nicht gegeben, und auch über das vorliegende Verfahren wäre in der Presse nicht berichtet worden, wenn nicht das Gericht selbst eine Pressemitteilung verfasst hätte. Er selbst sei bemüht gewesen zu vermeiden, das Ansehen der Beamtenschaft in Mitleidenschaft zu ziehen, und habe nicht zuletzt deshalb den Strafbefehl ohne Rücksicht darauf, ob die erhobenen Vorwürfe zutreffen, akzeptiert.

35

Das Verwaltungsgericht habe es auch versäumt, sich mit seinem Persönlichkeitsbild auseinanderzusetzen. Insbesondere sei nicht berücksichtigt worden, dass seine dienstlichen Leistungen und sein Einsatz überdurchschnittlich gewesen seien. Zudem handle es sich bei den gegen ihn erhobenen Vorwürfen um außerdienstliches Verhalten, das zudem mehrere Jahre zurückliege. Daher sei die Aberkennung des Ruhegehalts unverhältnismäßig.

36

Der Beklagte beantragt,

37

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier die Disziplinarklage abzuweisen.

38

Der Kläger beantragt,

39

die Berufung zurückzuweisen.

40

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor:

41

Nach der Stellungnahme der Kriminaldirektion Trier sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass am 17. Mai 2009 letztmals ein kinderpornographisches Video gespeichert worden sei. Das Verwaltungsgericht habe zudem in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Recht auf die abstrakte Strafdrohung abgestellt. Unter Geltung der erhöhten Strafandrohung des § 184b Abs. 4 StGB müsse bei Polizeibeamten, zu deren Aufgaben die Bekämpfung der Kinderpornographie gehöre, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis der maßgebliche Orientierungsrahmen sein. Da dem Beruf des Polizeibeamten aufgrund des intensiven Kontakts mit dem Bürger eine besondere Außenwirkung zukomme, habe der Beklagte auch damit rechnen müssen, dass seine Verfehlungen öffentlich bekannt geworden seien. Die bisherige Unbescholtenheit sowie die überdurchschnittlichen Leistungen des Beklagten träten hinter der besonderen Schwere des Dienstvergehens und dem hieraus resultierenden irreparablen Vertrauensverlust zurück.

Entscheidungsgründe

42

Die Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

43

Der Beklagte hat ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen, indem er es über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder unternommen hat, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, und die ihm zur Verfügung gestellten Dienstkraftfahrzeuge benutzt hat, um vereinbarte „Fotoshooting“-Termine wahrzunehmen, ohne hierzu berechtigt zu sein (I.). Wegen dieses Dienstvergehens ist ihm nach § 11 Abs. 2 des Landesdisziplinargesetzes - LDG - sein Ruhegehalt abzuerkennen (II).

44

Soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen keine Abweichungen von den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergeben, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug genommen und von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 21 LDG i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO).

I.

45

1. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs - StGB - grundsätzlich die Rechtslage zum Tatzeitpunkt maßgeblich ist. Hinsichtlich der vor dem 1. April 2009 begangenen Dienstpflichtverletzungen sind somit die §§ 64 Abs. 1 S. 3, 65 S. 2 und 85 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes in der Fassung vom 14. Juli 1970 (GVBl. S. 241, aufgehoben durch § 145 Abs. 5 Nr. 1 des Landesbeamtengesetzes vom 20. Oktober 2010, GVBl. 319) maßgeblich, da sich aus den am 1. April 2009 in Kraft getretenen §§ 34, 35 S. 2 und 47 Abs.1 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG - vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010, geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl. I S. 160) kein für den Beklagten günstigeres Recht ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 -, BVerwGE 136, 173). Das Abstellen auf die genannten Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes durch das Verwaltungsgericht hat sich allerdings nicht zu Ungunsten des Beklagten ausgewirkt.

46

2. Anders als der Beklagte behauptet, hat das Verwaltungsgericht ihm nicht ausschließlich zur Last gelegt, sich kinderpornographische Dateien verschafft und diese besessen zu haben. Vielmehr hat es auch die unbefugte Nutzung des zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeugs als weitere Dienstpflichtverletzung berücksichtigt. Den diesbezüglichen zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist der Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

47

3. Der Beklagte hat sich, wie das Verwaltungsgericht im Grundsatz zutreffend festgestellt hat, nach § 184b Abs. 4 des Strafgesetzbuchs - StGB - (in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998, BGBl. I S. 3322, zul. geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2012, BGBl. I S. 2425) strafbar gemacht, indem er es wiederholt unternommen hat, sich den Besitz von kinderpornographischen Videodateien zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, und solche Schriften auch besessen hat. Jedoch lässt sich ein solches strafbares Verhalten lediglich im Hinblick auf 12 der ihm mit der Disziplinarklage zur Last gelegten und in der Anlage zum Strafbefehl dokumentierten Vorgänge seit dem 14. April 2005 nachweisen. Falls mit der Formulierung „in wenigstens 21 Fällen“ im Strafbefehl sowie in der Disziplinarklage angedeutet werden sollte, der Beklagte habe sich auch in weiteren Fällen in entsprechender Weise strafbar gemacht, wäre ein solcher Hinweis zu unbestimmt und daher nicht geeignet, die Feststellung weiterer vergleichbarer Dienstpflichtverletzungen zu tragen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. September 2011 - 3d A 147/10.O -, juris, Rn. 26).

48

a) Nach § 184b Abs. 4 StGB (in der seit dem 1. April 2004 geltenden Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3007) wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben (Satz 1), oder wer solche Schriften besitzt (Satz 2). Da die Besitzverschaffung gegenüber dem Besitz solcher Schriften am illegalen Markt der Kinderpornographie das gefährdungsintensivere Delikt ist, tritt der anschließende Besitz hinter der Verschaffung zurück (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - 3 StR 215/08 -, NStZ 2009, 208). Als Unternehmensdelikt stellt § 184b Abs. 4 S. 1 StGB nicht nur die vollendete, sondern auch die versuchte Besitzverschaffung unter Strafe (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB). Daher genügt es, wenn ein Täter versucht, sich den Besitz an einer Schrift zu verschaffen, die nach seiner Vorstellung - etwa hervorgerufen durch einen entsprechenden Titel - eine kinderpornographische Darstellung beinhaltet (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 55. Aufl. 2008, § 184b StGB, Rn. 25).

49

§ 184b Abs. 1 StGB definiert in seiner seit dem 5. November 2008 geltenden Fassung (aufgrund des Gesetzes vom 31. Oktober 2008, BGBl. I S. 2149) kinderpornographische Schriften im Sinne dieses Paragraphen als solche Schriften (§ 11 Abs. 3 StGB), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) zum Gegenstand haben. Aufgrund des Verweises auf § 11 Abs. 3 StGB sind Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen den Schriften gleichgestellt. Durch den Hinweis auf § 176 Abs. 1 StGB wird klargestellt, dass auch nach § 184b StGB unter dem Begriff „Kind“ eine Person unter 14 Jahren zu verstehen ist.

50

Nach der bis zum 4. November 2008 geltenden Fassung des § 184b Abs. 1 StGB (eingefügt durch Gesetz vom 27. Dezember 2003, a.a.O., im Folgenden: a.F.) war der Begriff der kinderpornographischen Schriften hingegen enger gefasst. Erforderlich war, dass sie den sexuellen Missbrauch von Kindern (§§ 176 bis 176b StGB) zum Gegenstand hatten, also einen der einschlägigen Straftatbestände erkennen ließen. Im Vordergrund standen hierbei die Regelungen des § 176 Abs. 1 und 2 StGB (in der bislang unveränderten Fassung aufgrund des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, a.a.O.). Danach wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt (Abs. 1), oder wer ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einem Dritten vornimmt oder von einem Dritten an sich vornehmen lässt (Abs. 2).

51

Nach der somit im Vergleich zur Neufassung milderen Regelung des § 184b Abs. 1 StGB a.F. ist die Strafbarkeit des Beklagten zu beurteilen, soweit ihm - ganz überwiegend - die versuchte bzw. vollendete Besitzverschaffung an kinderpornographischen Schriften in der Zeit bis zum 4. November 2008 zur Last gelegt wird (§ 2 Abs. 1 bis 3 StGB). Auf die ab dem 5. November 2008 geltende Fassung dieser Vorschrift kommt es hingegen nur an, soweit er es ab diesem Zeitpunkt unternommen hat, sich den Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, oder wenn er zu diesem Zeitpunkt Schriften in Besitz hatte, welche erst aufgrund der Gesetzesänderung als kinderpornographisch zu qualifizieren sind.

52

b) Nach diesen Grundsätzen hat sich der Beklagte in folgenden 12 der in der Anlage zum Strafbefehl aufgelisteten Fälle - am 18., 25. und 27 April 2005, am 3. Mai 2005, am 16. und 28. April 2006 sowie am 11. und 24. April 2007 - nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht:

53

aa) Bei der in drei Kopien vorhandenen Datei „Unwrapping the prize - man undresses an feels up 12 yo w nic.mpg“, „… ni2.mpg“ und „… ni3.mpg“ (gespeichert am 18. April 2005, 1.08 Uhr) - im Folgenden werden vergleichbare Mehrfachkopien nicht gesondert erwähnt - handelt es sich um eine kinderpornographische Schrift im Sinne von § 184b Abs. 4 StGB i.V.m. §§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. § 176 Abs. 1 StGB, da sexuelle Handlungen eines erwachsenen Mannes an einem nach dem objektiv vermittelten Eindruck (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 StR 66/01 -, BGHSt 47, 55) unter 14 Jahre alten Mädchen (Entkleiden, Streicheln bzw. Massieren an der Scheide) als tatsächliches oder realitätsnahes Geschehen wiedergegeben werden. Zudem ist davon auszugehen, dass der Beklagte bei dem Herunterladen und Speichern der Datei bereits aufgrund des Dateinamens („man undresses“ [Mann entkleidet], „12 yo“ [Hinweis auf Alter von 12 Jahren]) beabsichtigte oder zumindest billigend in Kauf nahm, sich den Besitz an einer Videodatei mit kinderpornographischem Inhalt zu verschaffen. Es spricht nichts für die Annahme, er habe den Dateinamen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht verstanden.

54

bb) Die Datei „Part 1. 10yo Vicky pleasuring her pretty child cunt …“ (gespeichert am 18. April 2005, 1.16 Uhr) ist gemäß § 184b Abs. 4 StGB i.V.m. §§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. § 176 Abs. 2 StGB ebenfalls eine kinderpornographische Schrift, da sie realitätsnah darstellt, wie ein Kind dazu bestimmt wird, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Das Video zeigt, wie ein Mädchen, das aus Sicht eines objektiven Betrachters unter 14 Jahre alt ist und nach dem Dateinamen sogar erst 10 Jahre alt sein soll, sich entkleidet und auf dem Bett liegend seine Scheide streichelt bzw. massiert. Zwar gibt das Video nicht unmittelbar wieder, wie das Kind zu diesen Handlungen bestimmt wird. Die Kamera wurde jedoch ersichtlich von einer anderen Person geführt, so dass zumindest konkludent der realitätsnahe Eindruck erweckt wird, das Kind sei zu den sexuellen Handlungen bestimmt worden (vgl. Fischer, a.a.O., § 184b Rn. 5 m.w.N.).

55

cc) Bei der Datei “Missy 9yr gives dad blowjob and swallows cum …” (gespeichert am 25. April 2005, 11.39 Uhr) deutet bereits der Titel darauf hin, dass sie eine zumindest realitätsnahe kinderpornographische Darstellung im Sinne von § 184b Abs. 4 StGB i.V.m. §§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB enthalten soll, da der Eindruck erweckt wird, das Video zeige die Ausübung von Oralverkehr („blowjob“, zu den einschlägigen englischen Begriffen vgl. z.B. www.dict.cc) zwischen einem Mann und seiner 9-jährigen Tochter (zum Merkmal des Eindringens in der Körper vgl. Fischer, a.a.O., § 176a StGB Rn. 7). Indem der Beklagte diese Datei heruntergeladen und gespeichert hat, hat er es somit bereits unternommen, sich den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift zu verschaffen. Ob es sich tatsächlich um eine kinderpornographische Schrift handelt, ist hingegen irrelevant.

56

dd) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend hinsichtlich der Datei „13 years old slut getting fucked-child porn kiddy unterage illegal…“ (gespeichert am 27. April 2005, 1.10 Uhr), wobei es rechtlich ohne Bedeutung ist, dass der Dateiname lediglich auf Geschlechtsverkehr im Allgemeinen und nicht in einer bestimmten Art und Weise hinweist (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB).

57

ee) Bei der Datei „(Pthc) sex lolita very horny 13 years super hardcore cum…” (gespeichert am 27. April 2005, 1.31 Uhr) fehlt zwar ein ausdrücklicher Hinweis auf Geschlechtsverkehr bzw. eine andere Art des sexuellen Missbrauchs. Allerdings ist aufgrund der Altersangabe und der Begriffe „sex“, „horny“ (vulg. geil) und cum (vulg. Orgasmus haben) davon auszugehen, dass der Beklagte zumindest billigend in Kauf nahm, die Datei beinhalte eine realitätsnahe Darstellung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1 StGB). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das in dieser Datei gespeicherte Video bei objektiver Betrachtung nicht den Eindruck vermittelt, einer der Beteiligten sei unter 14 Jahre alt. Ebenso ist irrelevant, dass der Beklagte dieses Video am 3. März 2007 erneut, allerdings unter dem nicht eindeutig auf Kinderpornographie hinweisenden Titel „3 horny teens in hotel orgy …“ heruntergeladen und gespeichert hat.

58

ff) Die vorstehenden Ausführungen geltend ebenfalls entsprechend für die Datei „Hot Sexy Kiddie (kiddy) Child Porn Virgins Raped …“ (gespeichert am 3. Mai 2005, 10.20 Uhr), wobei die Begriffe „Kiddy“ und „Child“ auf Kinder als Opfer und „Raped“ [vergewaltigen, schänden] auf einen schweren sexuellen Missbrauch hindeuten (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 3 StGB).

59

gg) Vergleichbares trifft auch auf die inhaltlich identische Datei „15 & 13 yr old virgins forced into sex – after school …“ (gespeichert am 30. April 2007, 13.03 Uhr und 13.20 Uhr) zu, wobei der Hinweis auf sexuellen Missbrauch eines Kindes in dem angegebenen Alter von 13 Jahren sowie dem Ausdruck „forced into sex“ (zum Sex gezwungen) zu sehen ist.

60

hh) Der Dateiname „11 yo girl rides the cock and loves it kiddy porn incest …“ (gespeichert am 16. April 2006, 00.58 Uhr) weist wiederum eindeutig auf Geschlechtsverkehr („rides the cock“ [vulg.: „reitet auf dem Schwanz“] mit einem angeblich 11-jährigen Mädchens hin, so dass der Beklagte es auch insoweit unternommen hat, sich den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift zu verschaffen (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB). Auch hier ist es rechtlich irrelevant, dass das Video nicht den Eindruck vermittelt, die dargestellten Personen seien unter 14 Jahre alt, und dass der Beklagte dieses Video am 28. April 2006 erneut, und zwar unter dem unverfänglichen Titel „Heimlich gefilmt meine Freundin Jessica 17 Jahre“ heruntergeladen sowie gespeichert hat.

61

ii) Der Titel „Exploited Teens - Young 13 pretty blonde audition …“ (gespeichert am 28. April 2006, 12.44 Uhr) enthält zwar ebenfalls keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine bestimmte Art des sexuellen Missbrauchs, jedoch ist aufgrund der Begriffe „exploited“ (ausgenutzt) und „young 13 pretty blonde“ (Hinweis auf dreizehnjähriges blondes Kind) davon auszugehen, dass der Beklagte beim Herunterladen und Speichern dieses Videos zumindest billigend in Kauf nahm, es beinhalte die Darstellung des sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1 StGB).

62

jj) Einen eindeutigen Hinweis auf Geschlechtsverkehr zwischen einem Erwachsenen und einem Kind (angebliches Alter: 12 Jahre) beinhaltet hingegen der Dateiname „2_[UnderagE]---REAL WOW!!!!!!!! russian dad fuck his 12yo…“ (gespeichert am 28. April 2006, 12.59 Uhr). Auch insoweit hat der Kläger es somit unternommen, sich den Besitz an einer kinderpornographischen Schrift zu verschaffen (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB).

63

kk) Ebenso eindeutig ist der Name der Datei „Collection 1 – rape2 (illegal preteen underage lolitas kiddy…“ (gespeichert am 11. April 2007, 22.34 Uhr), wobei bereits der Titel auf die Darstellung eines schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes hinweist. Dem entspricht auch der Inhalt des Videos, das die gewaltsame Ausübung von Vaginal- und Oralverkehr eines erwachsenen Mannes mit einem nach dem objektiven Eindruck unter vierzehnjährigen gefesselten Mädchen zeigt (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 3 StGB).

64

ll) Der Name der Datei „Kids Teens Women (Porno-Lolitas-Preteens-Reelkiddymov …)“ ist zwar weniger eindeutig. Diese vom Beklagten am 24. April 2007 um 11.44 Uhr gespeicherte Datei beinhaltet aber einen knapp halbstündigen Zusammenschnitt einer Vielzahl von Videos, überwiegend mit realistischen Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Zum Teil handelt es sich um Fälle von vergleichsweise geringem Gewicht wie das Posieren nackter Kinder vor der Kamera oder die Zurschaustellung kindlicher Geschlechtsorgane. Daneben finden sich aber auch zahlreiche realistische Darstellungen schweren sexuellen Missbrauchs (Vaginal-, Oral-, Analverkehr) von z.T. sehr jungen Kindern (§§ 184b Abs. 1 StGB a.F. i. V. m. §§ 176 Abs. 1, 176a Abs. 2 Nr. 1 und 3 StGB).

65

c) Bei den übrigen in der Anlage zum Strafbefehl aufgelisteten Vorgängen handelt es sich hingegen nicht um Straftaten nach § 184b Abs. 4 StGB. Die Dateinamen enthalten keine hinreichenden Hinweise auf die Beteiligung von Personen unter 14 Jahren, und die in diesen Dateien gespeicherten Darstellungen erwecken ebenfalls nicht den Eindruck, die gezeigten Personen seien unter 14 Jahre alt. Auch wenn diese Videos teilweise mit den unter b) genannten identisch sind (ee und hh), handelt es sich somit nicht um kinderpornographische Schriften.

66

4. Bei der Zumessung der Disziplinarmaßnahme ist in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil zu berücksichtigen, dass das Schwergewicht des disziplinarrechtlich relevanten Verhaltens des Beklagten auf den außerdienstlich begangenen Sexualstraftaten liegt, und demgegenüber der unerlaubten Nutzung von Dienstfahrzeugen ein erheblich geringeres Gewicht beizumessen ist. Nach den vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten Kriterien des § 11 LDG ist dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen, da er aufgrund des von ihm vor dem Eintritt in den Ruhestand begangenen Dienstvergehens das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und somit als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Dienst entfernt werden müsste.

67

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Umstand, dass wegen der Straftat nach § 184b Abs. 4 StGB lediglich eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen verhängt wurde, der Aberkennung des Ruhegehaltes nicht entgegen. Selbst nach der im angefochtenen Urteil referierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. August 2010 - 2 C 13.10 -, NVwZ 2011, 299) kommt nämlich für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme wegen einer außerdienstlich begangenen Straftat nicht der durch das Strafgericht verhängten Strafe, sondern dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebliche Bedeutung zu. Legt man hingegen die im Urteil des Senats vom 24. Februar 2012 - 3 A 11426/11.OVG - dargelegten Kriterien zugrunde, kommt es weder auf den gesetzlichen Strafrahmen noch die im konkreten Fall verhängte Strafe an.

68

b) Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend einen engen Bezug der Besitzverschaffung kinderpornographischen Schriften zu den besonderen Dienstpflichten eines Polizeibeamten im Hinblick auf seine besondere Verpflichtung zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten bejaht (a.A. BayVGH, Urteil vom 17. November 2011 - 16a D 10.2504 -, juris) und angesichts dessen das Vertrauensverhältnis zwischen der Allgemeinheit bzw. dem Dienstherrn und dem Beklagten bereits wegen dieser Dienstpflichtverletzungen zu Recht als endgültig zerstört erachtet.

69

Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall um eine vergleichsweise geringe Zahl von lediglich zwölf Video-Dateien mit tatsächlichen bzw. vorgeblich kinderpornographischen Darstellungen. Erschwerend fällt jedoch ins Gewicht, dass der Beklagte über einen Zeitraum von rund zwei Jahren wiederholt solche Dateien aus dem Internet heruntergeladen und auf einer Festplatte abgespeichert hat, obwohl ihm die Strafbarkeit seines Tuns bewusst sein musste.

70

Zwar hat er dies letztmals am 24. April 2007 getan, so dass ihm bereits aus diesem Grunde nicht zur Last gelegt werden kann, er habe von seinem Tun selbst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens nicht Abstand genommen. Zu seinen Lasten ist jedoch zu berücksichtigen, dass er auch über diesen Zeitpunkt hinaus Dateien mit kinderpornographischen Darstellungen - insbesondere den ca. halbstündigen Zusammenschnitt mit Darstellungen schwersten Kindesmissbrauchs - auf seiner Festplatte belassen und somit den strafbaren Besitz solcher Dateien fortgesetzt hat. Das lässt ein erhebliches Maß an Pflichtvergessenheit erkennen. Einem Polizeibeamten, der in einer solchen Weise über Jahre hinweg solche Straftaten begeht, kann nicht mehr das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen entgegengebracht werden. Dies gilt erst recht angesichts der ebenfalls über einen längeren Zeitraum erfolgten unberechtigten Nutzung von Dienstfahrzeugen, auch wenn dieser Verfehlung bei isolierter Betrachtung lediglich ein verhältnismäßig geringes Gewicht beizumessen ist.

71

Dass der Beklagte gerade in dem hier maßgeblichen Zeitraum überdurchschnittliche dienstliche Leistungen erbracht hat, vermag den eingetretenen Vertrauensverlust nicht auszugleichen. Ebenso kommt es nicht entscheidend darauf an, inwieweit die Presseberichte vom 19. März und 29. April 2010 über die Ermittlungen gegen „einen Beamten“ der Polizeidirektion W…. wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften und den in diesem Zusammenhang ergangenen Strafbefehl Rückschlüsse der Öffentlichkeit auf die Person des Beklagten zulassen, oder inwieweit die Öffentlichkeit auf sonstigen Wegen Kenntnis von den Verfehlungen des Beklagten Kenntnis erlangt hat.

72

Ob mit dem Verwaltungsgericht aus den zahlreichen Ermittlungsverfahren, die nicht zu einer Bestrafung des Beklagten geführt haben, ohne weitere Aufklärung der Hintergründe gefolgert werden kann, bei den ihm als Dienstvergehen zur Last zu legenden Verfehlungen handle es sich nicht um persönlichkeitsfremde Taten, kann hier dahingestellt bleiben. Der Beklagte hat nämlich im gesamten Verlauf des Disziplinarverfahrens und auch in der mündlichen Berufungsverhandlung weder glaubhaft erkennen lassen, dass er seine Dienstpflichtverletzungen aufrichtig bereut, noch hat er Umstände dargelegt, die sein Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Mithin liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, aufgrund derer ihm, sofern er sich noch im Dienst befinden würde, noch ein Restvertrauen im Hinblick auf die weiteren Dienstausübung entgegengebracht werden könnte.

73

Die schwierige persönliche Situation des Beklagten und die erheblichen Auswirkungen der Aberkennung des Ruhegehalts, auf die sein Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Berufungsverhandlung erneut hingewiesen hat, lassen nach § 11 Abs. 2 LDG keine andere Entscheidung zu, als ihm wegen des eingetretenen endgültigen Vertrauensverlustes das Ruhegehalt zu entziehen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Sanktion hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargelegt.

74

Die Kostenentscheidung folgt aus § 101 Abs. 1 LDG.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
Angehöriger:wer zu den folgenden Personen gehört:
a)
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Lebenspartner, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Ehegatten oder Lebenspartner, und zwar auch dann, wenn die Ehe oder die Lebenspartnerschaft, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht oder wenn die Verwandtschaft oder Schwägerschaft erloschen ist,
b)
Pflegeeltern und Pflegekinder;
2.
Amtsträger:wer nach deutschem Recht
a)
Beamter oder Richter ist,
b)
in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht oder
c)
sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen;
2a.
Europäischer Amtsträger:wer
a)
Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist,
b)
Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder
c)
mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist;
3.
Richter:wer nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist;
4.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter:wer, ohne Amtsträger zu sein,
a)
bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder
b)
bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist;
5.
rechtswidrige Tat:nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht;
6.
Unternehmen einer Tat:deren Versuch und deren Vollendung;
7.
Behörde:auch ein Gericht;
8.
Maßnahme:jede Maßregel der Besserung und Sicherung, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung;
9.
Entgelt:jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung.

(2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt.

(3) Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften, auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen kinderpornographischen Inhalt verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht; kinderpornographisch ist ein pornographischer Inhalt (§ 11 Absatz 3), wenn er zum Gegenstand hat:
a)
sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind),
b)
die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder
c)
die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes,
2.
es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,
3.
einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt oder
4.
einen kinderpornographischen Inhalt herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diesen ein- oder auszuführen, um ihn im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen, soweit die Tat nicht nach Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.
Gibt der kinderpornographische Inhalt in den Fällen von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und gibt der Inhalt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wieder, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Wer es unternimmt, einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, abzurufen oder sich den Besitz an einem solchen Inhalt zu verschaffen oder wer einen solchen Inhalt besitzt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 1 strafbar.

(5) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 3 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:

1.
staatlichen Aufgaben,
2.
Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
3.
dienstlichen oder beruflichen Pflichten.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 und Satz 2 gilt nicht für dienstliche Handlungen im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, wenn

1.
die Handlung sich auf einen kinderpornographischen Inhalt bezieht, der kein tatsächliches Geschehen wiedergibt und auch nicht unter Verwendung einer Bildaufnahme eines Kindes oder Jugendlichen hergestellt worden ist, und
2.
die Aufklärung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(7) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

Tatbestand

Der 1966 geborene frühere Soldat trat 1986 als Soldat auf Zeit in die Bundeswehr ein und schied 1990 aus dem aktiven Dienst im Dienstgrad eines Stabsunteroffiziers aus. In der Folgezeit absolvierte er zahlreiche Wehrübungen, wobei er zuletzt zum Major der Reserve befördert wurde.

Im Jahre 2003 wurde der frühere Soldat vom Land Niedersachsen in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen.

In der Zeit von Oktober 2004 bis November 2005 übermittelte der frühere Soldat in elf Fällen vorsätzlich über seinen Internetzugang mit Hilfe seines PC's Dateien mit kinderpornographischen Bildern an andere - ihm unbekannte - Internetteilnehmer via E-Mail. Zudem besaß er vorsätzlich 30 Dateien mit kinderpornographischen Bildern.

Da gegen den früheren Soldaten geführte sachgleiche Strafverfahren wurde am 23. August 2006 nach Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1 500 € gemäß § 153a Abs. 1 StPO eingestellt. Im sachgleichen beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren wurde der frühere Soldat durch rechtskräftiges Urteil aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Das Truppendienstgericht hat dem früheren Soldaten den Dienstgrad des Majors der Reserve aberkannt. Seine Berufung hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

...

19

2. Das Rechtsmittel des früheren Soldaten ist in vollem Umfang eingelegt worden. Der Senat hat daher im Rahmen der Anschuldigung (§ 123 Satz 3 in Verbindung mit § 107 Abs. 1 WDO) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen, diese rechtlich zu würdigen und die sich daraus ergebenden Folgerungen zu ziehen sowie unter Beachtung des Verschlechterungsverbotes (§ 331 Abs. 1 StPO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO) über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.

20

Der Durchführung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens stand kein Verfahrenshindernis entgegen. Insbesondere die Entfernung des früheren Soldaten aus dem Beamtenverhältnis durch Disziplinarurteil des Verwaltungsgerichts begründet kein solches. Zwar erfolgte die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen Verhaltensweisen, die mit den vorliegend angeschuldigten identisch sind. Während des Zeitraums, in dem der frühere Soldat disziplinarisch bedeutsame Handlungen begangen hatte - nämlich in der Zeit vom Oktober 2004 bis Ende November 2005 -, war er jedoch sowohl Beamter des Landes als auch Major der Reserve (des Bundes). Er unterlag damit zwei Pflichtenkreisen unterschiedlicher Dienstherren, wodurch eine disziplinarische Ahndung sowohl auf das Beamten- wie auch auf das Soldatenverhältnis bezogen zulässig bleibt (Urteil vom 26. Mai 1998 - BVerwG 2 WDB 6.97 - BVerwGE 113, 226 <228 f.>).

21

3. Der vom Truppendienstgericht festgestellte Sachverhalt trifft zu. Dies folgt hinsichtlich des vorsätzlichen Besitzes dreißig kinderpornografischer Dateien und des neunfachen vorsätzlichen Versendens solcher Dateien bereits aus den tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. Februar 2008; der Senat legt sie gem. § 84 Abs. 2 WDO zugrunde. Ungeachtet dessen folgt dies aber auch hinsichtlich dieser Dateien sowie zwei weiterer, vorsätzlich versendeter Dateien aus der Einlassung des früheren Soldaten und der gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 249 Abs. 1 Satz 1 StPO zum Gegenstand der Berufungshauptverhandlung gemachten Urkunden und Schriftstücke. Der frühere Soldat hat die Richtigkeit des vom Truppendienstgericht festgestellten Sachverhalts auch in der Berufungshauptverhandlung nicht in Abrede gestellt, sondern zum Ausdruck gebracht, die Tat zutiefst zu bereuen und sich zu wünschen, dass sie nie geschehen wäre. Er hat sich allerdings gegen die Annahme des Truppendienstgerichts verwahrt, es sei eine Schutzbehauptung, die festgestellten Handlungen ausschließlich im Hinblick auf Recherchen für sein Buchprojekt begangen zu haben.

22

4. Der frühere Soldat hat damit ein Verhalten an den Tag gelegt, das gem. § 17 Abs. 3 in Verbindung mit § 23 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative SG als Dienstvergehen gilt.

23

a) Ein Verstoß gegen § 17 Abs. 3 SG setzt voraus, dass der frühere Soldat nach den für seine Wiederverwendung maßgeblichen Rechtsvorschriften erneut in ein Wehrdienstverhältnis berufen werden könnte. Denn anderenfalls käme eine Wiederverwendung, auf die die Vorschrift abstellt, nicht mehr in Betracht. Zweifel dieser Art bestehen nicht.

24

b) Darüber hinaus verlangt § 17 Abs. 3 SG eine Verletzung der Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die für eine Wiederverwendung des ausgeschiedenen Soldaten in seinem Dienstgrad erforderlich sind. Bei der Beurteilung dessen kommt es darauf an, ob dieses Verhalten objektiv geeignet ist, ihn für eine Wiederverwendung in seinem letzten Dienstgrad zu disqualifizieren. Dabei ist zu prüfen, ob bei einem entsprechenden Verhalten eines aktiven Offiziers oder Unteroffiziers nach Eigenart und Schwere der Tat Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine Dienstgradherabsetzung wäre; nicht maßgeblich ist, ob auch im konkreten Fall eine Dienstgradherabsetzung geboten ist (Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 2 WD 19.07 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 42). Diese Voraussetzung ist erfüllt, weil Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei den Pflichtverletzungen des früheren Soldaten, wenn er sie im aktiven Dienst begangen hätte, nicht nur eine Herabsetzung im Dienstgrad, sondern eine Entfernung aus dem Dienstverhältnis ist. Er hat nämlich nicht nur kinderpornografische Dateien besessen, sondern sie auch anderen verschafft.

25

Anders als vom Truppendienstgericht ausgeführt, können der Besitz und das Verbreiten kinderpornografischer Schriften/Dateien nicht deshalb als "Milderungsgründe" innerhalb der Kategorie des sexuellen Missbrauchs von Kindern oder der Nötigung von Jugendlichen angesehen werden, weil es an einem unmittelbaren Missbrauch von Kindern fehlt. Der Senat hat vielmehr Dienstvergehen kinderpornografischer Art selbständig neben Dienstvergehen gestellt, die den unmittelbaren sexuellen Missbrauch von Kindern oder die sexuelle Nötigung von Jugendlichen zum Inhalt haben, und auf der Grundlage dessen den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen gesondert bestimmt. Danach ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen beim unmittelbaren sexuellen Missbrauch von Kindern oder der Nötigung von Jugendlichen durch Soldaten regelmäßig die Entfernung aus dem Dienstverhältnis (Urteil vom 27. Juli 2010 - BVerwG 2 WD 5.09 -). Stehen Dienstvergehen kinderpornografischen Inhalts im Raum, ist bei einem Fehlverhalten, das sich auf den Besitz kinderpornografischer Dateien beschränkt, Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine Herabsetzung im Dienstgrad. Tritt jedoch wie vorliegend der Fall des Verschaffens solcher Dateien/Schriften im Sinne des § 184b Abs. 2 StGB hinzu, wird das Fehlverhalten so gravierend, dass der Soldat im Allgemeinen für die Bundeswehr untragbar wird und er nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe im Dienstverhältnis verbleiben kann (vgl. Urteil vom 23. September 2010 - BVerwG 2 WD 41.09 - m.w.N.).

26

Nach Maßgabe dessen hat der frühere Soldat somit ein Dienstvergehen begangen, das jedenfalls bei abstrakter Betrachtung eine Wiederverwendung in seinem bisherigen Dienstgrad als Major (d.R.) ausschließt.

27

c) Das Verhalten stellt sich zudem als unwürdig im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative SG dar, so dass es als Dienstvergehen anzusehen ist.

28

Unter einem "unwürdigen Verhalten" im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative SG ist ein aus den gesamten Umständen sich herleitendes Fehlverhalten von besonderer Intensität zu verstehen. Darunter fällt zumindest ein Sichhinwegsetzen über die unter Soldaten und von der Gemeinschaft anerkannten Mindestanforderungen an eine auf Anstand, Sitte und Ehre bedachte Verhaltensweise eines Reservisten mit Vorgesetztenrang. Ob und in welchem Grade die Handlungsweise des früheren Soldaten sich als schuldhafte Verletzung eines von der Rechtsordnung allgemein geschützten, für alle gewährleisteten Rechtsgutes erweist und als eine Störung der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Rechtsfriedens erscheint, ist dabei unerheblich. Als Disziplinartatbestand zielt auch § 23 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative SG allein darauf ab, einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten und zu sichern, indem er die Möglichkeit schafft, ein Korps von achtungs- und vertrauenswürdigen Reserveoffizieren und -unteroffizieren zu erhalten, die zur Wiederverwendung in einem ihrer militärischen Vorbildung und ihrem militärischen Rang entsprechenden Dienstgrad geeignet sind, oder umgekehrt, untragbar gewordene Vorgesetzte ihrer Vorgesetztenstellung ganz oder teilweise zu entkleiden (Urteil vom 17. Mai 1990 - BVerwG 2 WD 21.89 - BVerwGE 86, 288 <290 f.> - juris Rn. 9). In diesem Sinne ist das strafrechtlich sanktionierte Verhalten des früheren Soldaten offensichtlich nicht nur als bloßer Verstoß gegen "gute Manieren", sondern als unwürdig zu bewerten.

29

5. Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

30

a) Eigenart und Schwere des festgestellten Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt der Verstoß des früheren Soldaten gegen die Pflicht gegen § 17 Abs. 3 SG schwer, zumal er mit seinem Fehlverhalten auch kriminelles Unrecht beging.

31

Der Gesetzgeber hat die Besitzverschaffung und den Besitz kinderpornografischer Darstellungen in § 184b Abs. 2 und 4 StGB unter Strafe gestellt, um das Schaffen und Aufrechterhalten eines "Marktes" mit kinderpornografischen Darstellungen schon im Ansatz zu verhindern. Er hat den "Konsumenten" von Kinderpornografie damit den Kampf angesagt und sein Unwerturteil über den Besitz kinderpornografischer Darstellungen ausgedrückt. Kinderpornografische Darstellungen machen die kindlichen "Darsteller" zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung und verstoßen gegen die unantastbare Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG. Der darin liegende sexuelle Missbrauch eines Kindes oder von Jugendlichen ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich, greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, da das Kind wegen seiner fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann (vgl. Urteil vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - Rn. 43 § 38 wdo 2002 nr. 23>).

32

Als Erschwerungsgrund fällt zusätzlich die Stellung des Soldaten als Offizier der Reserve ins Gewicht. Vor diesem Hintergrund hat er erheblich versagt. Von ihm konnte und musste erwartet werden, dass er bei der Wahrung der Grundrechte, zumal der von Kindern, in erster Linie selbst mit gutem Beispiel voranging. Seine Stellung als Offizier erforderte es, dass er als Vorgesetzter in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel hätte geben müssen. Denn nur wenn er dieses Beispiel gibt, kann er von seinen Untergebenen erwarten, dass sie sich am Vorbild ihres Vorgesetzten orientieren und ihre Pflichten nach besten Kräften und aus innerer Überzeugung erfüllen.

33

Eine mildere Beurteilung des Dienstvergehens ist auch nicht etwa deshalb geboten, weil das gegen den früheren Soldaten geführte sachgleiche Strafverfahren nach § 153a Abs. 1 StPO eingestellt worden ist. Zum einen setzt § 153a Abs. 1 StPO, auch wenn es sich um ein Beendigungsverfahren mit Selbstunterwerfungscharakter handelt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, Kommentar, 53. Aufl. 2010, § 153a Rn. 12), gerade voraus, dass der jeweilige Straftatbestand erfüllt und der Täter schuldig ist, wobei die Schwere der Schuld - anders als bei § 153 StPO - nicht einmal gering zu sein braucht (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 7). Zum anderen besagt der - durch die Erfüllung von Weisungen und Auflagen bewirkte - Fortfall des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung nichts darüber aus, ob ein Interesse an einer auch disziplinarischen Ahndung besteht. Das strafrechtliche und das disziplinarische Verfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während jene neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die besonderen ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat, entweder einer Maßregelung unterwirft oder durch eine erzieherische Maßnahme mahnend auf künftiges pflichtgemäßes Verhalten hinweist (Urteil vom 2. Juli 1997 - BVerwG 2 WD 12.97 - BVerwGE 113, 108 <111> = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 33, vgl. auch Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N.). Selbst eine strafgerichtliche Ahndung macht deshalb eine Disziplinarmaßnahme im Regelfall nicht entbehrlich (Urteil vom 25. September 2007 -BVerwG 2 WD 19.06 - Rn. 51 a.E. § 38 wdo 2002 nr. 23>).

34

b) Das Dienstvergehen hatte erhebliche Auswirkungen. Es führte zu schwerwiegenden Verletzungen der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der in den Bildern dargestellten Kinder. Der Besitz kinderpornografischer Bilder durch den früheren Soldaten trug nicht nur mittelbar dazu bei, dass Kinder durch die Existenz eines entsprechenden Marktes sexuell missbraucht werden. Damit wurde auch in das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Kinder nach Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen, ohne dass sich diese dagegen wirksam wehren konnten. Das Grundrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützt gerade die Intimsphäre und die engere persönliche Lebenssphäre (BVerfG, Beschlüsse vom 3. Juni 1980 - 1 BvR 185/77 - BVerfGE 54, 148 <153> und vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 1542/84 - BVerfGE 72, 155 <170>). Es schützt ferner die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen seine personenbezogenen Daten und persönlichen Lebenssachverhalte offenbart werden sollen (BVerfG, Beschluss vom 14. September 1989 - 2 BvR 1062/87 - BVerfGE 80, 367 <373>). Durch sein Verhalten hat der Soldat zu dieser schwerwiegenden Rechtsverletzung beigetragen.

35

c) Soweit es die Beweggründe betrifft, teilt der Senat allerdings nicht die Einschätzung des Truppendienstgerichts, es sei eine Schutzbehauptung des früheren Soldaten, Dateien kinderpornografischen Inhalts wegen seiner Recherchen für das später auch umgesetzte Buchprojekt an Dritte versendet zu haben. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass der frühere Soldat sich im Rahmen seiner Recherchen für das Buch zu seinem strafbaren Verhalten hat hinreißen lassen.

36

d) Das Maß der Schuld als Richtlinie für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bestimmt sich auf der Grundlage einer vorsätzlichen Verhaltensweise des früheren Soldaten. Anhaltspunkte dafür, dass er zum Zeitpunkt des Dienstvergehens in seiner Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB eingeschränkt oder gar im Sinne des § 20 StGB schuldunfähig war, bestehen nicht; ebenso wenig waren sonstige Schuldmilderungs- und Schuldausschließungsgründe ersichtlich. Milderungsgründe in den Umständen der Tat liegen ebenfalls nicht vor.

37

e) Soweit es die bisherige Führung und die Persönlichkeit des früheren Soldaten betrifft, streiten für ihn allerdings überdurchschnittliche Leistungen in der Vergangenheit.

38

f) Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 -). Es führt dazu, dass die verhängte Disziplinarmaßnahme im Ergebnis richtig ist.

39

aa) Auf der ersten Stufe ist im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen" eine Regelmaßnahme zu bestimmen. Dabei entspricht es der bereits an früherer Stelle dargelegten Rechtsprechung des Senats, dass Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei Dienstvergehen dieser Art bei einem Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit die Entfernung aus dem Dienstverhältnis ist (vgl. 4 b)). Bei einem Soldaten der Reserve entspricht dies der Aberkennung des Dienstgrades (§ 58 Abs. 3 Nr. 2 WDO). Die Frage, ob ein minderschwerer Fall vorliegt, ist im Rahmen der zweiten Prüfungsstufe zu erörtern.

40

Damit steht die Aberkennung des Dienstgrads als Ausgangserwägung im Raum. Anders als vom Truppendienstgericht angenommen, ist sie nicht das Ergebnis dessen, dass für den früheren Soldaten eine Dienstgradherabsetzung den Ausgangspunkt der Zumessungserwägung bildete, diese jedoch bis in den Mannschaftsdienstgrad hinein wegen § 62 Abs. 1 Satz 2 WDO nicht möglich wäre. Allein dieser Umstand hätte auch den Rückgriff auf die härtere Disziplinarmaßnahme nicht gerechtfertigt (Urteil vom 4. März 2009 - BVerwG 2 WD 10.08 - Buchholz 450.2 § 28 WDO 2002 Nr. 27).

41

bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob von der Aberkennung des Dienstgrades als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO abzuweichen ist. Dabei ist vor allem anhand der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um eine schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt versagt hat oder in einem besonders wichtigen Pflichtenbereich. Bei den Auswirkungen des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zumessungskriteriums "Maß der Schuld" hat der Senat neben der Schuldform und der Schuldfähigkeit das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den Tatumständen in Betracht zu ziehen.

42

Nach Maßgabe dessen ist keine Modifizierung der regelmäßig zu verhängenden Disziplinarmaßnahme geboten. Der Senat vermag auch keinen minderschweren Fall oder besondere Milderungsgründe im Sinne des vom früheren Soldaten zitierten Urteils vom 28. April 2005 - BVerwG 2 WD 25.04 - (NZWehrr 2007, 28 ff.; vgl. auch Urteil vom 23. September 2010 - BVerwG 2 WD 41.09 -) zu erkennen, die das Verbleiben des früheren Soldaten im Rang eines Reserveoffiziers noch zuließen. Von einem minderschweren Fall kann angesichts der Vielzahl und des langen Zeitraums, über den der frühere Soldat entsprechende Dateien versandt hat, nicht gesprochen werden.

43

Auch das vom Soldaten betonte Motiv, das ihn zur Begehung der Straftat veranlasst hat, rechtfertigt keine Abweichung. Zwar steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es tatsächlich sein Motiv war, über die Versendung kinderpornografischer Dateien zu pädophilen Internetnutzern Kontakt aufzunehmen, um dadurch Erkenntnisse über deren Internetgewohnheiten gewinnen zu können; dieses Motiv ist rechtlich jedoch nicht anerkennenswert und kann deshalb keinen Milderungsgrund bilden. Es rechtfertigt namentlich nicht die Versendung von kinderpornografischen Dateien als Mittel zu dem vom früheren Soldaten verfolgten Zweck. § 184b Abs. 5 StGB erkennt als Grund, der der Strafbarkeit derartiger Handlungen entgegensteht, ausschließlich die Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten an. Diese Ausnahmevorschrift soll etwa Wissenschaftler bei der Erfüllung eines konkreten Forschungsauftrags vom Besitz- und Besitzverschaffungsverbot herausnehmen (Fischer, Strafgesetzbuch, Kommentar, 57. Aufl. 2010, § 184b Rn. 9). Davon kann beim früheren Soldaten nicht ansatzweise ausgegangen werden, zumal etwaige wissenschaftliche Erkenntnisse, die er gewinnen und verwerten wollte, sich generell auf das Internet beziehen sollten, nicht aber speziell auf den Bereich der Kinderpornografie. Eindeutig kann von den Kriterien zugunsten des früheren Soldaten nur dessen bisherige Führung ins Feld geführt werden. Die überdurchschnittliche Beurteilung des Soldaten, die zudem bereits fünf Jahre zurückliegt, war jedoch wegen der Schwere des Dienstvergehens nicht geeignet, eine Abweichung von der Regelmaßnahme zu rechtfertigen.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO sowie § 73 HDG) hat keinen Erfolg.

2

1. Der Beklagte steht als Oberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 g.D.) im Dienst der Klägerin. Im Jahr 2009 wurde er durch Strafbefehl wegen zweier selbstständiger Vergehen nach § 184b Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Der Beklagte hatte sich im Zeitraum von 2001 bis April 2009 mindestens 200 000 kinderpornografische Schriften verschafft und diese besessen sowie im April 2009 eine kinderpornografische Schrift öffentlich zugänglich gemacht. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten wegen des außerdienstlich begangenen Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt:

3

Der Beklagte habe durch sein Verhalten das Vertrauen der Klägerin endgültig verloren. Aus den vom Beklagten nicht bestrittenen strafgerichtlichen Feststellungen ergebe sich, dass er ein Dienstvergehen begangen habe, das wegen der Zahl der kinderpornografischen Darstellungen und des Tatzeitraums besonders schwer wiege. Auch habe er sich in einem Fall an der Verbreitung dieser Dateien beteiligt. Aus dem Persönlichkeitsbild des Beklagten ergäben sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine andere Einschätzung. Auch die geringen Erfolge der Verhaltenstherapie, die der Beklagte zudem erst nach Kenntnis des gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahrens begonnen habe, führten nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme.

4

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 73 HDG) zuzulassen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 73 HDG hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18). Die Rüge einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (stRspr, Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

5

Das Berufungsurteil weicht nicht von den Bemessungsgrundsätzen ab, die der Senat in den Urteilen vom 19. August 2010 (- BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 und - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12) für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen im Zusammenhang mit kinderpornografischen Schriften aufgestellt hat.

6

Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG und den inhaltsgleichen Bemessungsregelungen der Landesdisziplinargesetze (hier § 16 Abs. 1 Satz 2 bis 4 HDG), dass die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen ist. Erst aufgrund des Ergebnisses dieser Gesamtwürdigung kann festgestellt werden, ob ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er das erforderliche Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG kommt als dem maßgebenden Bemessungskriterium richtungweisende Bedeutung zu. Bestimmte Fallgruppen von Dienstvergehen können aufgrund der ihnen typischerweise zukommenden Schwere einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regelmaßnahme zugeordnet werden. Es kommt dann für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme im Einzelfall darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.

7

Die Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes ist Ausdruck des Schuldprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669). Davon abgesehen ist das Persönlichkeitsbild für die Bewertung bedeutsam, ob der Beamte trotz des Dienstvergehens weiterhin im Beamtenverhältnis tragbar ist (stRspr; vgl. nur Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.; vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11 jeweils Rn. 9 f.). Lässt sich für eine Fallgruppe wegen der Variationsbreite der Schwere des Fehlverhaltens ein Orientierungsrahmen zwischen einer milderen und einer härteren Disziplinarmaßnahme bilden, sind die Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und der Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung für die Ausfüllung dieses Rahmens von Bedeutung (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 23 f.).

8

Für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Straftaten (Disziplinarwürdigkeit) und für die Bestimmung der hierfür angemessenen Disziplinarmaßnahme kommt dem gesetzlichen Strafrahmen maßgebende Bedeutung zu. Die Orientierung am Strafrahmen gewährleistet eine rationale und gleichmäßige disziplinarrechtliche Bewertung außerdienstlichen Fehlverhaltens (stRspr, vgl. Urteile vom 25. März 2010 a.a.O. jeweils Rn. 18 und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 17). Disziplinarwürdigkeit und Schwere außerdienstlichen Fehlverhaltens hängen maßgebend davon ab, ob ein Bezug zur

9

Dienstausübung des Beamten gegeben ist. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten nachteilige Schlüsse auf die Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zulässt oder eine Beschädigung von Autorität und Ansehen des Beamten zur Folge hat, die ihn in der Amtsführung dauerhaft beeinträchtigt (Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - a.a.O. Rn. 14 f. und 23 und - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 14 ff.).

10

Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornografischer Schriften hat der Senat aus dem seit 2004 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung jedenfalls dann auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - a.a.O. Rn. 26). Entgegen der Annahme der Beschwerde betrifft auch das weitere Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - (a.a.O.) einen Fall des außerdienstlichen Dienstvergehens des Besitzes kinderpornografischer Schriften. Der betroffene Beamte war wegen eines Vergehens nach § 184 Abs. 5 StGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl I S. 3322) verurteilt worden. § 184 StGB in dieser Fassung hatte zwar die Bezeichnung "Verbreitung pornographischer Schriften". Absatz 5 betraf jedoch den Besitz von pornografischen Schriften, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, wenn die Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.

11

Von diesen Grundsätzen ist der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen. Er hat einen konkreten Bezug zwischen dem strafrechtlich geahndeten außerdienstlichen Verhalten des Beklagten verneint und hat sich bei der Beurteilung der Disziplinarwürdigkeit als auch der Schwere des Dienstvergehens an der Strafandrohung der verwirklichten Straftatbestände orientiert. Das Berufungsgericht hat aber zutreffend berücksichtigt, dass der Beklagte nicht nur kinderpornografische Schriften besessen, sondern in einem Fall eine solche Schrift öffentlich zugänglich gemacht hat. § 184b Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes vom

12

31. Oktober 2008 (BGBl I S. 2149) sieht für dieses Vergehen eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Dieser höhere Strafrahmen ist nach den dargestellten Grundsätzen bei der Maßnahmebemessung erschwerend zu berücksichtigen. In Einklang mit der Rechtsprechung des Senats hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass der Orientierungsrahmen schon aus diesem Grund bis zur Dienstentfernung reicht.

13

Auch soweit der Verwaltungsgerichtshof bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens den Umstand berücksichtigt hat, dass die gegen den Beklagten ausgesprochene Strafe nur wenig hinter einer Freiheitsstrafe nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG zurückbleibt, deren Verhängung das Beamtenverhältnis beendet, wird keine Divergenz dargelegt. Den Urteilen vom 19. August 2010 ist keine Aussage zur Bedeutung der Höhe einer wegen einer vorsätzlichen Straftat verhängten Freiheitsstrafe für die disziplinarische Würdigung zu entnehmen, von der das Berufungsgericht rechtssatzmäßig abgewichen sein könnte.

14

In Bezug auf das Vorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Würdigung sämtlicher Umstände entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht berücksichtigt, dass der Beklagte zuvor weder disziplinar- noch strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, fehlt es an der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, § 73 HDG erforderlichen Bezeichnung der Entscheidung, von der das Berufungsgericht abgewichen sein soll.

15

Für die weiteren Divergenzrügen weist der Senat darauf hin, dass eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 73 HDG nicht damit begründet werden kann, das Tatsachengericht habe die be- und entlastenden Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung gemäß § 16 HDG fehlerhaft gewürdigt und gewichtet (vgl. Beschlüsse vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - juris Rn. 7 und Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 LS 1 und vom 5. Februar 2008 - BVerwG 2 B 127.07 - juris Rn. 4). Letztlich beanstandet der Beklagte die tatrichterliche

16

Würdigung seines Dienstvergehens, legt jedoch nicht dar, dass sich das Berufungsgericht dabei von einem Maßstab habe leiten lassen, der mit den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Bemessungsgrundsätzen unvereinbar ist.

17

3. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 73 HDG zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn der Beschwerdeführer gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche, noch ungeklärte Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Dies ist hier nicht der Fall.

18

Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, ob bei der disziplinarrechtlichen Würdigung des Dienstvergehens des Besitzes kinderpornografischer Schriften eine rechtliche Differenzierung danach vorzunehmen ist, ob eine Person solche Dateien nur für theoretische Sekunden der Allgemeinheit öffentlich zugänglich gemacht hat oder ob ein aktives Tun, z.B. durch Anbieten einer entsprechenden Plattform zum Austausch solcher Dateien für die Bewertung der dienstrechtlichen Maßnahmen entscheidend ist.

19

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht, weil sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Der Beklagte wirft in der Sache keine Frage von fallübergreifender allgemeiner Bedeutung auf, sondern wendet sich gegen die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts. Für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist von maßgebender Bedeutung, ob der Beamte neben dem Straftatbestand des Besitzes kinderpornografischer Schriften (§ 184b Abs. 4 StGB) vorsätzlich weitere, mit einem höheren Strafrahmen belegte Straftatbestände erfüllt hat. Dies ist im Rahmen der Gesamtwürdigung der be- und entlastenden Umstände erschwerend zu berücksichtigen.

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

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Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

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Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

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Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

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Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

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Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

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Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

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Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

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Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

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Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

(1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll. Das Urteil ist den Beteiligten zuzustellen.

(2) Statt der Verkündung ist die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(3) Entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung, so wird die Verkündung durch Zustellung an die Beteiligten ersetzt.