Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2017 - 4 N 16.461

bei uns veröffentlicht am27.02.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Die Informationsfreiheitssatzung der Antragsgegnerin vom 24. März 2015 wird für unwirksam erklärt.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Beschluss ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Informationsfreiheitssatzung der Antragsgegnerin vom 24. März 2015. Die „Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde I. (Informationsfreiheitssatzung)“ - im Folgenden Informationsfreiheitssatzung bzw. IFS -wurde am 27. März 2015 im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemacht und trat am 1. April 2015 in Kraft. Die Antragsgegnerin ist eine kreisangehörige Gemeinde im Landkreis T. Der in München wohnhafte Antragsteller hat ein Gewerbe im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin angemeldet. Die Satzung lautet auszugsweise:

§ 1 Zweck der Satzung

Zweck dieser Satzung ist es, den freien Zugang zu den bei der Gemeinde, den von ihr verwalteten Stiftungen und den ganz oder teilweise in Gemeindebesitz befindlichen Unternehmungen vorhandenen Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. Von der Satzung betroffen sind ausschließlich Informationen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises.

§ 3 Informationsfreiheit

Einwohner der Gemeinde I. und juristische Personen des Privatrechts mit Sitz in der Gemeinde I. haben Anspruch auf Zugang zu den von dieser Satzung erfassten Informationen.

§ 5 Antragstellung

(1) Der Zugang zu Informationen wird auf Antrag gewährt. Der Antrag kann schriftlich, mündlich, zur Niederschrift oder in elektronischer Form gestellt werden.

(2) Der Darlegung eines rechtlichen Interesses oder einer Begründung des Antrags bedarf es nicht.

(3) …

§ 9 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

(1) Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und die schutzwürdigen Belange der oder des Betroffenen das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit überwiegen.

(2) Soll Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährt werden, so hat die Gemeinde der oder dem Betroffenen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Auf Verlangen der Antragstellerin oder des Antragstellers ersucht die Gemeinde die oder den Betroffenen auch um Zustimmung zur Freigabe der begehrten Informationen.

§ 10 Schutz personenbezogener Daten

(1) Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit durch die Bekanntgabe der Informationen personenbezogene Informationen offenbart werden, es sei denn,

  • 1.die oder der Betroffene willigt ein,

  • 2.die Offenbarung ist durch Rechtsvorschrift erlaubt,

  • 3.die Offenbarung ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder von Gefahren für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder sonstiger schwerwiegender Beeinträchtigungen der Rechte Einzelner geboten,

  • 4.die Einholung der Einwilligung der oder des Betroffenen ist nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich und es ist offensichtlich, dass die Offenbarung im Interesse der oder des Betroffenen liegt,

  • 5.die Antragstellerin oder der Antragsteller machen ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen geltend und überwiegende schutzwürdige Belange der oder des Betroffenen oder Dritter stehen der Offenbarung nicht entgegen.

(2) …

§ 13 Verhältnis zu anderen Informationszugangsrechten Rechtsvorschriften, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen ermöglichen oder ihre Grundlage in besonderen Rechtsverhältnissen haben, bleiben unberührt.

Am 7. März 2016 stellte der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Informationsfreiheitssatzung. Er beantragt,

die Informationsfreiheitssatzung der Gemeinde I. vom 24. März 2015 für unwirksam zu erklären.

Zur Begründung lässt der Antragsteller ausführen, er sei unmittelbar in seinen Rechten verletzt. Da er nicht im Gemeindegebiet ansässig sei und daher nicht unter den Einwohnerbegriff des § 3 IFS falle, werde er vom Informationszugang ausgeschlossen und sei insofern gegenüber den Gemeindeeinwohnern nach Art. 3 Abs. 1 GG benachteiligt. Ihm werde das Informationsrecht vorenthalten, obwohl er als Gewerbetreibender nach Art. 21 Abs. 3 GO die gleichen Lasten wie ein Ortsansässiger trage. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich und liege insbesondere nicht im Zweck der Satzung nach § 1 IFS. Auf die Gründe für die Beschränkung auf Gemeindeeinwohner gehe die Satzung nicht weiter ein. Außerdem sei das Transparenzgebot verletzt, das dem Antragsteller einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Zugang zu Verwaltungsinformationen vermittle. Die Verwaltung sei im Rahmen der Verwaltungsöffentlichkeit dazu verpflichtet, dem Bürger unmittelbaren Zugang zu ihren Informationsbeständen zu verschaffen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wird vorgetragen, es bestünden Zweifel an der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags, weil es an einem substantiierten Sachvortrag fehle, welche Informationen der Antragsteller begehre oder welche entsprechenden Anträge er stellen wolle. Jedenfalls sei der Normenkontrollantrag unbegründet. Der Gleichheitssatz sei nicht verletzt, weil der Antragsteller nicht dargelegt habe, warum bzw. inwieweit er einem Gemeindeeinwohner gleichzustellen sei. Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass abweichend von § 3 IFS Informationen auch an andere Personen erteilt werden könnten. Es liege auch kein Verstoß gegen das „Transparenzgebot“ vor. In Aktenvorgänge stehe dem Antragsteller unter den dort geregelten Voraussetzungen Akteneinsicht zu.

Der Antragsteller erwiderte, dass er ein Gewerbe im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin angemeldet habe und neben Gewerbesteuer auch Grundsteuer zahle. Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung in der Gemeinde, die in die Hebesatzgestaltung einflössen, müssten für jeden Steuerzahler ersichtlich sein. Außerdem habe er in der Gemeinde sein Elternhaus, das in vielfältiger Weise von Rechtsakten der Gemeinde betroffen sei. Der Normenkontrollantrag sei zulässig, weil es ihm nicht zuzumuten sei, zur Klärung seines Informationszugangsrechts zunächst einen kostenpflichtigen Ablehnungsbescheid zu erwirken. Soweit die Antragsgegnerin auf den gewohnheitsrechtlich tradierten Anspruch auf Informationszugang nach Ermessen hinweise, sei dieser nicht vergleichbar mit einem gebundenen Anspruch nach § 3 IFS. Die Satzung erlaube unter Umständen Grundrechtseingriffe, etwa bei der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, obwohl sie kein förmliches Gesetz darstelle. Der Normenkontrollantrag werde damit auch mangels formeller Rechtfertigung der durch die Satzung ermöglichten Grundrechtseingriffe Erfolg haben.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht zum Verfahren geäußert. Mit Schreiben vom 22. August 2016, 24. August 2016 und 30. August 2016 haben die Beteiligten auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Akten zum Normaufstellungsverfahren verwiesen.

II.

Der Normenkontrollantrag gegen die Informationsfreiheitssatzung der Antragsgegnerin vom 24. März 2015, über den der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet, ist zulässig (dazu 1.). Er hat auch in der Sache Erfolg. Wegen Art. 36 BayDSG bestehen bereits Bedenken, ob die kommunale Satzung mit Blick auf den Gesetzesvorrang Bestand haben kann (dazu 2.). Letztlich bedarf dies jedoch keiner Entscheidung, weil der als Rechtsgrundlage herangezogene Art. 23 Satz 1 GO nicht zu Grundrechtseingriffen ermächtigt und daher ein Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt vorliegt (dazu 3.). Die mit dem Informationszugangsanspruch verbundenen Eingriffe in Rechte Dritter machen die Satzung insgesamt unwirksam (dazu 4.). Auf die vom Antragsteller in den Vordergrund gerückte Frage der Anspruchsberechtigung kommt es daher nicht mehr entscheidungserheblich an (dazu 5.).

1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Für den gegen die gesamte Satzung gerichteten Normenkontrollantrag (dazu a) ist der Antragsteller antragsbefugt (dazu b).

a) Der innerhalb der Jahresfrist (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellte Normenkon-trollantrag gegen die Informationsfreiheitssatzung der Antragsgegnerin ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Satz 1 AGVwGO). Er ist nach dem Antrag vom 4. März 2016 darauf gerichtet, die gemeindliche Satzung, eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, für unwirksam erklären zu lassen. Antragsgegenstand ist damit die gesamte Informationsfreiheitssatzung und nicht lediglich § 3 IFS, auch wenn der Antragsteller sein Vorbringen maßgeblich damit begründet, dass er als Nicht-Gemeindeeinwohner zu Unrecht nicht in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen sei. In einem späteren Schriftsatz rügt der Antragsteller weitere Verstöße gegen höherrangiges Recht, welche die Satzung als Ganzes betreffen. Erklärt der Senat die Satzung - aus welchem Rechtsgrund auch immer - für unwirksam, ist aus der Perspektive des Antragstellers nicht ausgeschlossen, dass der Ortsgesetzgeber in der Folge eine neue Satzung erlässt, die seinem Einbeziehungswunsch Rechnung trägt.

b) Für den Normenkontrollantrag ist der Antragsteller antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller rügt, dass ihm das Informationszugangsrecht verwehrt bleibe, obwohl er ein Gewerbe im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin angemeldet habe, Steuern zahle und in der Gemeinde sein Elternhaus habe. Dieses Vorbringen ist für die Begründung der Antragsbefugnis im Normenkontrollverfahren ausreichend. Insbesondere kann nicht -wie die Antragsgegnerin meint - gefordert werden, dass der Antragsteller vorab die aus seiner Sicht in Betracht kommenden Informationsansprüche präzisiert, diese formell gegenüber der Antragsgegnerin geltend macht und einen (kostenpflichtigen) Ablehnungsbescheid erwirkt. Auch kann die Antragsbefugnis nicht deswegen verneint werden, weil der Antragsteller für das von ihm im Gemeindegebiet angemeldete Gewerbe, eine juristische Person des Privatrechts, einen eigenen Informationsanspruch auf der Basis des § 3 Var. 2 IFS geltend machen könnte (vgl. BayVGH, U.v. 22.4.2016 - 5 BV 15.799 - NVwZ 2016, 1107/1109 m.w.N.). Der Antragsteller will -im Wege einer Erweiterung des § 3 Var. 1 IFS - auch und gerade als Privatperson, also letztlich als „jedermann“, ein Informationszugangsrecht gegenüber der Antragsgegnerin durchsetzen.

2. An der Rechtmäßigkeit der zum 1. April 2015 in Kraft getretenen Satzung bestehen schon deshalb Zweifel, weil der bayerische Gesetzgeber mit Wirkung vom 30. Dezember 2015 in Art. 36 BayDSG einen allgemeinen Auskunftsanspruch normiert hat (dazu a). Dieser könnte unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Gesetzesvorrangs zur Unwirksamkeit der ortsrechtlichen Regelung führen (dazu b).

a) Da es keinen direkten, verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Informationszugang gibt (aa), gewähren die einfachrechtlichen Bestimmungen zusätzliche Informationsansprüche, wobei die kommunale Informationsfreiheitssatzung des Antragsgegnerin (bb) und die landesrechtliche Norm des Art. 36 BayDSG (cc) unterschiedlichen Regelungsmodellen folgen.

aa) Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers ergibt sich aus der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG kein direkter, verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Informationszugang im eigenen Wirkungskreis der Antragsgegnerin. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BVerfG, U.v. 24.1.2001 - 1 BvR 2623/95 - BVerfGE 103, 44/59 ff.; BVerwG, B.v. 27.5.2013 - 7 B 43.12 - NJW 2013, 2538/2539; BayVGH, B.v. 14.2.2014 - 5 ZB 13.1559 - NJW 2014, 1687/1688 f. m.w.N.) und überwiegender Auffassung im Schrifttum (vgl. statt vieler Schemmer in Ep ping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand 1.12.2016, Art. 5 Rn. 32 ff.; Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, 78. EL September 2016, Art. 20 Rn. 33; a. A. etwa Wegener, Der geheime Staat, 2006, S. 390 ff.) ist ein unmittelbar aus der Verfassung folgender Anspruch auf Verschaffung von Informationen oder Eröffnung einer Informationsquelle grundsätzlich zu verneinen. Die Rechtsprechung zum verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse (vgl. BVerwG, B.v. 22.9.2015 - 6 VR 2.15 - NVwZ 2016, 945) beruht auf der spezifischen Ausgestaltung des Grundrechts der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und ist auf die hiesige Fragestellung nicht übertragbar. Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Ausgangslage gewähren sowohl das kommunale als auch das landesrechtliche Regelungsmodell - im Ausgangspunkt verfassungsrechtlich zulässig - „überobligatorische“ Informationszugangsrechte auf freiwilliger Basis.

bb) In Ländern ohne allgemeine Gesetze zur Informationsfreiheit ist grundsätzlich Raum für kommunale Informationsfreiheitssatzungen (vgl. Schrader, BayVBl 2012, 289/291). Mangels entsprechender bayerischer Landesgesetzgebung hat die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Satzung vom 24. März 2015 erlassen. Diese normiert in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises (§ 1 Satz 2 IFS) einen materiell voraussetzungslos ausgestalteten, also nicht von der Darlegung eines rechtlichen Interesses oder einer Antragsbegründung abhängigen (§ 5 Abs. 2 IFS) Informationszugangsanspruch, den sie ihren Gemeindeeinwohnern und juristischen Personen des Privatrechts mit Sitz im Gemeindegebiet vorbehält (§ 3 IFS) und vom Nichteingreifen bestimmter Versagungsgründe (§§ 7 bis 10 IFS) abhängig macht. Die Inanspruchnahme des Informationszugangsrechts ist kostenpflichtig (§ 14 IFS). Rechtsvorschriften, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen ermöglichen oder ihre Grundlage in besonderen Rechtsverhältnissen haben, bleiben nach § 13 IFS unberührt.

cc) Der bayerische Landesgesetzgeber hat formal kein allgemeines Gesetz zur Informationsfreiheit erlassen. Allerdings hat er durch das Gesetz über die elektronische Verwaltung in Bayern (GVBl 2015, 458 ff.) mit Art. 36 BayDSG eine Regelung geschaffen, die einen allgemeinen Informationszugangsanspruch gegenüber öffentlichen Stellen im bayerischen Landesrecht kodifiziert (vgl. Will, BayVBl 2016, 613 ff.). Der Anspruch, der nach seiner systematischen Stellung eigentlich auf personenbezogene Daten beschränkt sein müsste (vgl. Art. 2 Abs. 1 BayDSG), ist nach Art. 36 Abs. 1 BayDSG auf allgemeine Auskunft über den Inhalt von Akten öffentlicher Stel len gerichtet. Auf der ersten Stufe hat „jeder“ ein Auskunftsrecht, der ein berechtigtes, nicht auf entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft darlegt. Unbeschadet näher beschriebener Anspruchsausnahmen eröffnet der Gesetzgeber auf der zweiten Stufe durch eine ermessensgebundene Versagungsbefugnis Spielräume, um im Einzelfall einen sachgerechten Ausgleich zwischen Informationszugangsinteressen und gegenläufigen öffentlichen oder privaten Schutzinteressen zu ermöglichen (vgl. Will, BayVBl 2016, 613/614). Der Auskunftsanspruch gilt gemäß Art. 2 Abs. 1 BayDSG für staatliche und kommunale Behörden, so dass auch die Antragsgegnerin zum Kreis der anspruchsverpflichteten öffentlichen Stellen gehört.

b) Angesichts der Überschneidung von landes- und ortsrechtlicher Normierung könnte der Auskunftsanspruch nach Art. 36 BayDSG als abschließende Regelung Sperrwirkung sowohl für zukünftige als auch für bereits existierende Satzungsregelungen der Kommunen entfalten und damit unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Gesetzesvorrangs zur Unwirksamkeit der Informationsfreiheitssatzung der Antragsgegnerin führen. Grundsätzlich wird das Informationsfreiheitsrecht durch die Informationsfreiheitsgesetze der Länder abschließend geregelt, so dass kein Raum für eigenständige kommunale Regelungen verbleibt (vgl. Schrader, BayVBl 2012, 289/291). Es spricht einiges dafür, dass dies auch für Art. 36 BayDSG gilt, der zwar nach der gesetzgeberischen Konzeption und Systematik kein den Regelungen von Bund und anderen Ländern vergleichbares Informationsfreiheitsgesetz, gleichwohl aber eine Norm mit landesweitem Geltungsanspruch darstellt. Art. 36 BayDSG regelt die Voraussetzungen und Grenzen eines Jedermannsrechts auf Auskunft, das lediglich einzelne bereichs- bzw. sachbezogene Ausnahmetatbestände enthält. Insofern könnten die in Art. 36 Abs. 1 BayDSG normierten Erfordernisse des berechtigten Auskunftsinteresses und der mangelnden entgeltlichen Weiterverwendung Sperrwirkung entfalten mit der Folge, dass für ortsrechtliche Regelungen über voraussetzungslos ausgestaltete Informationszugangsrechte kein Raum (mehr) ist (so Brodmerkel, BayVBl 2016, 621/624 f.; a. A. Will, BayVBl 2016, 613/620). Eine Kollisionsregel bzw. Öffnungsklausel, die weitergehende satzungsrechtliche Vorschriften unberührt lässt, enthält Art. 36 BayDSG gerade nicht (vgl. Schrader, BayVBl 2012, 289/291); Art. 36 Abs. 2 BayDSG regelt lediglich das Konkurrenzverhältnis zu den bereichsspezifischen Informationszugangsrechten (vgl. Denkhaus/Geiger, Bayerisches E-Government-Gesetz, 2016, S. 58). In der Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 17/7537 S. 48) werden kommunale Informationsfreiheitssatzungen als bestehend erwähnt, ihr zukünftiges Schicksal aber nicht thematisiert. Ob aus der kom munalen Organisationshoheit weiterhin die Befugnis zur Vermittlung erleichterter Informationszugangsrechte folgt (so Will, BayVBl 2016, 613/620), erscheint zweifelhaft.

3. Letztlich bedarf die Frage des Gesetzesvorrangs bzw. des vollumfänglich zwingenden Charakters des Prüfprogramms nach Art. 36 BayDSG jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil jedenfalls ein Verstoß gegen den grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt vorliegt. Der als Rechtsgrundlage für die Satzung herangezogene Art. 23 Satz 1 GO ermächtigt nicht zu Grundrechtseingriffen (dazu a). Dessen ungeachtet greifen mehrere Bestimmungen der Satzung in Rechte Dritter ein (dazu b). Diese Grundrechtseingriffe sind nicht deshalb gerechtfertigt, weil sie lediglich deklaratorisch die Vorgaben höherrangigen Rechts wiederholen würden (dazu c).

a) Nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut und mangels spezialgesetzlicher Ermächtigungsnorm wurde die Informationsfreiheitssatzung auf der Basis von Art. 23 Satz 1 GO erlassen. Nach dieser Vorschrift können die Gemeinden zur Regelung ihrer Angelegenheiten, also für den eigenen Wirkungskreis nach Art. 7 GO, Satzungen erlassen. Die Satzungskompetenz für die weisungsfreien Selbstverwaltungsangelegenheiten ist Ausfluss des verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts. Art. 23 Satz 1 GO kommt damit grundsätzlich als Rechtsgrundlage für die Regelung des auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises beschränkten Informationszugangs in Betracht (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, Einl. Rn. 248 ff. m.w.N.). Allerdings ermächtigt die allgemeine Satzungsbefugnis aus Art. 23 Satz 1 GO nur zu Regelungen, die nicht in Rechte Dritter eingreifen. Für Grundrechtseingriffe bedarf es einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung in Form eines Parlamentsgesetzes (vgl. BVerwG, U.v. 16.10.2013 -8 CN 1.12 - BVerwGE 148, 133 Rn. 28 m.w.N.). Dementsprechend können Grundrechtskonflikte im Informationsfreiheitsrecht nicht durch eine auf die Generalklausel gestützte Satzung gelöst werden (vgl. Schoch, a.a.O., Einl. Rn. 249; Schrader, BayVBl 2012, 289/291; Brodmerkel, BayVBl 2016, 621/622). Die Satzung kann sich nur dann auf Art. 23 Satz 1 GO stützen, wenn Grundrechtseingriffe durch eine entsprechende Gestaltung der Ausschlussgründe verhindert werden (vgl. Laser, KommPrax 2006, 126).

b) Hieran gemessen stellt Art. 23 Satz 1 GO keine hinreichende Rechtsgrundlage für die Informationsfreiheitssatzung der Antragsgegnerin dar. Diese beinhaltet in mehrfacher Hinsicht Eingriffe in Rechtspositionen Dritter (aa), die nicht durch eine entsprechende Ausgestaltung der Ablehnungsgründe gelöst worden sind (bb).

aa) Sowohl bei personenbezogenen Daten, die vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt sind, als auch bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) stellt die behördliche Gestattung des Informationszugangs gegen den Willen des Grundrechtsträgers einen Grundrechtseingriff dar, der allein aufgrund der kommunalrechtlichen Generalklausel zum Satzungserlass nicht gerechtfertigt werden kann (vgl. Schoch, a.a.O., Einl. Rn. 252). Kommunale Informationsfreiheitssatzungen müssen daher personenbezogene Daten ebenso wie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse umfassend vor einer behördlichen Offenlegung schützen (Art. 30 BayVwVfG; vgl. Schrader, BayVBl 2012, 289/295). So ist bei personenbezogenen Auskunftsbegehren zu beachten, dass ortrechtliche Regelungen die gesetzlichen Grenzen wie z.B. die vorrangigen datenschutzrechtlichen Anforderungen des Art. 19 BayDSG nicht modifizieren können (vgl. Will, BayVBl 2016, 613/614; Petri/Haag, BayVBl 2014, 161/164 f.). Insofern verbleibt es bei der allgemeinen Regelung des Art. 15 Abs. 1 BayDSG, wonach die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig sind, wenn dies gesetzlich erlaubt oder angeordnet wird (Nr. 1) oder wenn der Betroffene eingewilligt hat (Nr. 2).

bb) Diesen Vorgaben werden die Ausschlusstatbestände in der Satzung der Antragsgegnerin nicht gerecht. Nach § 9 Abs. 1 IFS ist der Antrag auf Zugang zu Information abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und die schutzwürdigen Belange des Betroffenen das Offenbarungsinteresse der Allgemeinheit überwiegen. Diese „Abwägungslösung“ ist mit dem absoluten, abwägungsfest geltenden Einwilligungsvorbehalt unvereinbar. Weder das in § 9 Abs. 2 Satz 1 IFS normierte Anhörungserfordernis noch das in § 9 Abs. 2 Satz 2 IFS vorgesehene, nur auf Verlangen des Antragstellers geltende Zustimmungserfordernis sind geeignet, diesen Mangel zu kompensieren. Gleiches gilt für den Schutz personenbezogener Daten nach § 10 IFS. Während § 10 Abs. 1 Nr. 1 IFS (Einwilligungserfordernis) und § 10 Abs. 1 Nr. 2 IFS (durch Rechtsvorschrift erlaubte Offenbarung) nicht zu beanstanden sein dürften, sind die in den weiteren Nummern vorgesehenen Rückausnahmen nicht von der gemeindlichen Satzungs kompetenz nach Art. 23 Satz 1 GO gedeckt. Zu Grundrechtseingriffen bei Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl (Nr. 3), bei unverhältnismäßigem Aufwand für die Einholung der Einwilligung des Betroffenen (Nr. 4) oder bei einem überwiegendem rechtlichen Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen (Nr. 5) ist der Ortsgesetzgeber nicht ermächtigt.

c) Diese mit der Informationsfreiheitssatzung einhergehenden Grundrechtseingriffe könnten allenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn die Satzung das Schutzniveau höherrangigen Rechts erreichen würde, d.h. wenn sie sowohl die Anforderungen des Bayerischen Datenschutzgesetzes als auch weitere spezialgesetzliche Vorgaben erfüllen oder zumindest darauf verweisen würde. Deckungsgleiche Satzungsbestimmungen ließen sich möglicherweise als deklaratorische Regelungen verstehen, die einer gesetzes- bzw. verfassungskonformen Auslegung zugänglich wären. Der Schutzstandard des höherrangigen Rechts wird jedoch von der Satzung weder hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Übermittlungsvoraussetzungen nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 19 BayDSG noch hinsichtlich der Anforderungen des besonderen Geheimnisschutzes nach Art. 36 Abs. 3 Nr. 3 BayDSG gewahrt (dazu Will, BayVBl 2016, 613/620). Bei personenbezogenen Daten (vgl. § 10 IFS) macht Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG die Datenübermittlung von der glaubhaften Darlegung eines berechtigten Interesses der nicht-öffentlichen Stelle an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten abhängig. Damit wählt der Landesgesetzgeber schon tatbestandlich einen anderen Anknüpfungspunkt als die Satzung, die in § 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 IFS einen grundsätzlich voraussetzungslosen Informationszugangsanspruch vorsieht. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dürften zudem häufig dem Steuergeheimnis nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c KAG i.V.m. § 30 AO unterliegen und auch unter diesem Gesichtspunkt weitergehend geschützt sein als dies nach § 9 IFS der Fall ist. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch auf Bundesebene der Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen durch ein vorbehaltloses Einwilligungserfordernis sichergestellt wird (vgl. § 6 Satz 2 IFG; § 30 VwVfG).

4. Die dargelegten Mängel bei der Ausgestaltung der Ablehnungsgründe führen zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Unabhängig von der Frage, ob die Ausschlussgründe nach §§ 9 und 10 IFS aus gemeindlicher Sicht zum zentralen Teil des Satzungs-gefüges gehören, folgt dies bereits daraus, dass dem Senat eine eigenständige, mit höherrangigem Recht vereinbare Formulierung des § 9 IFS verwehrt ist. Eine solche Neuregelung ist der gemeindlichen Gestaltungsfreiheit vorbehalten. Würde der Senat den Versagungsgrund des § 9 IFS ersatzlos streichen, führte dies dazu, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dem Informationszugangsanspruch nach § 3 IFS überhaupt nicht mehr entgegengehalten werden könnten. Dieser Zustand würde die Anforderungen des Verfassungsrechts und sonstigen höherrangigen Rechts erst recht verfehlen. Die Frage, ob § 10 IFS durch eine gerichtliche Reduktion der Rückausnahmen in § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 IFS verfassungskonform ausgestaltet werden kann, bedarf somit keiner Klärung. Dem Normenkontrollantrag ist vielmehr mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO vollumfänglich stattzugeben.

5. Angesichts der Gesamtnichtigkeit der Satzung kommt es auf die - das ursprüngliche Kernanliegen des Antragstellers bildende - Frage der Anspruchsberechtigung nicht mehr entscheidungserheblich an. Mit Blick auf etwaige weitere bzw. zukünftige Verfahren merkt der Senat an, dass entgegen der Ansicht des Antragstellers die Anknüpfung des Kreises der Anspruchsberechtigten an den Status des Gemeindeeinwohners nicht zu beanstanden sein dürfte. Die Orientierung an der Begrifflichkeit und dem Konzept der Gemeindeordnung (dazu a) dürfte weder gegen Art. 3 GG (dazu b) noch gegen unionsrechtliche Anforderungen (dazu c) verstoßen.

a) Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 GO sind Gemeindeangehörige alle Gemeindeeinwohner. Sie haben gegenüber der Gemeinde die gleichen Rechte und Pflichten (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 GO). Gemeindeeinwohner ist, wer in der Gemeinde eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und nutzen wird (vgl. BayVGH, U.v. 23.3.1983 - 4 B 81 A.2272 -BayVBl 1983, 374; Lange, Kommunalrecht, 2013, Kap. 2 Rn. 9; jeweils m.w.N.). Erforderlich ist ein nicht nur vorübergehender Aufenthalt, mithin eine gewisse Verfestigung der Beziehungen zu Gemeinde (vgl. Lange, a.a.O., Kap. 2 Rn. 13). Die Gemeindeordnung knüpft an verschiedenen Stellen an die Eigenschaft als Gemeindeeinwohner an (vgl. den Überblick bei Bauer u.a., Praxis der Kommunalverwaltung, Art. 15 GO Erl. 2.1 und 3.1). So sollen die Gemeinden gemäß Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO im eigenen Wirkungskreis die öffentlichen Einrichtungen schaffen und unterhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl und die Förderung des Gemeinschaftslebens ihrer Einwohner erforderlich sind. Diese sind zur Benutzung der öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde berechtigt (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO) und spiegelbildlich zur Tragung der Gemeindelasten verpflichtet (Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GO). Keine Gemeindeeinwohner sind die sogenannten Forensen, die nur hinsichtlich ihres Grundbesitzes bzw. ihrer gewerblichen Niederlassungen die gleichen Rechte und Pflichten gegenüber der Gemeinde wie die Gemeindeeinwohner haben (Art. 21 Abs. 3 GO). Indem Art. 22 Abs. 1 GO die Gemeindehoheit auf das Gemeindegebiet und seine gesamte Bevölkerung erstreckt, wird die Gemeinde als Einwohnergemeinde, nicht als Bürgergemeinde definiert (vgl. Bauer u.a., Praxis der Kommunalverwaltung, Art. 15 GO Erl. 1.). Die Gemeindeeinwohner bilden als „Mitglieder“ der Gebietskörperschaft Gemeinde gewissermaßen deren Essenz (vgl. Lange, a.a.O., Kap. 2 Rn. 15).

b) Es dürfte verfassungsrechtlich zulässig sein, dass das kommunale Informationsfreiheitsrecht das terminologische und inhaltliche Konzept des Gemeindeeinwohners aufgreift. Die darin liegende Ungleichbehandlung aufgrund des Wohnsitzes (aa) hat vor der Verfassung Bestand (bb).

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG-K, B.v. 19.7.2016 - 2 BvR 470/08 - NJW 2016, 3153/3155 m.w.N.) ist es Gemeinden nicht von vornherein verwehrt, ihre Einwohner bevorzugt zu behandeln. Die darin liegende Ungleichbehandlung muss sich jedoch am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen und daher durch Sachgründe gerechtfertigt sein. Der Wohnsitz allein darf kein eine Bevorzugung legitimierender Grund sein. Hingegen ist es nicht ausgeschlossen, eine Ungleichbehandlung an Sachgründe zu knüpfen, die mit dem Wohnort untrennbar zusammenhängen. Ein solches legitimes Ziel kann etwa die Versorgung mit wohnortnahen Bildungsangeboten, die Verursachung eines höheren Aufwands durch Auswärtige, die Konzentration von Haushaltsmitteln auf die Aufgabenerfüllung gegenüber den Gemeindeeinwohnern oder ein Lenkungszweck sein, der vor der Verfassung Bestand hat. Verfolgt eine Gemeinde durch die Privilegierung Einheimischer das Ziel, knappe Ressourcen auf den eigenen Aufgabenbereich zu beschränken (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG), Gemeindeangehörigen einen Ausgleich für besondere Belastungen zu gewähren oder Auswärtige für einen erhöhten Aufwand in Anspruch zu nehmen, oder sollen die kulturellen und sozialen Belange der örtlichen Gemeinschaft dadurch gefördert und der kommunale Zusammenhalt dadurch gestärkt werden, dass Einheimischen besondere Vorteile gewährt werden, kann dies daher mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sein.

bb) Hieran gemessen dürfte die Anknüpfung an den Begriff des Gemeindeeinwohners mit Blick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gerechtfertigt sein (kritisch Schrader, BayVBl 2012, 289/293; Troidl, SächsVBl 2015, 233/239). Zweck der Satzung ist es nach ihrem § 1 Satz 1, den freien Zugang zu den bei der Gemeinde vorhandenen Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen. Dies steht im Einklang mit der allgemeinen informationsfreiheitsrechtlichen Zielsetzung, eine stärkere Einbindung der Bürger in Vorgänge der öffentlichen Verwaltung zu ermöglichen (vgl. zu Art. 36 BayDSG LT-Drs. 17/7537 S. 18) und hierdurch - im Interesse der demokratischen Meinungs- und Willensbildung - Bürgernähe, Transparenz und Partizipationsmöglichkeiten zu stärken (vgl. zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes BT-Drs. 15/4493 S. 6). Zur Erreichung dieser Zwecke ist es sachgerecht, die Anspruchsberechtigung an den spezifischen Ortsbezug zu knüpfen, der durch den Status des Gemeindeeinwohners vermittelt wird. Wie sich aus der oben dargelegten Systematik der Gemeindeordnung ergibt, sind Gemeindeeinwohner in vielfältiger tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht von der gemeindlichen Hoheitsgewalt betroffen, und zwar in einer besonderen Weise, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebt. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn eine Gemeinde ihren Einwohnern typisierend ein spezifisches Informationsinteresse an den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises zuerkennt. Eine Beschränkung des Informationszugangs auf Gemeindebürger, also auf Gemeindeangehörige mit aktivem Wahlrecht (vgl. Art. 15 Abs. 2 GO), ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Der auf die demokratische Willensbildung bezogene Wirkungszusammenhang wird durch eine in personeller Hinsicht überschießende Regelung nicht beeinträchtigt (vgl. Schoch, VBlBW 2017, 45/46 m.w.N.).

c) Aus den gleichen Erwägungen heraus dürfte ein etwaiger Eingriff in die unionsrechtlichen Grundfreiheiten bzw. in das allgemeine Diskriminierungsverbot aus Art. 18 AEUV gerechtfertigt sein. Auch wenn die Anknüpfung an den Status als Gemeindeeinwohner - also nicht an das Vorliegen eines Wohnsitzes im Ausland, sondern an das (Nicht-)Innehaben eines Wohnsitzes im Gemeindegebiet - eine mittelbare Diskriminierung bzw. eine Beschränkungsmaßnahme darstellen sollte (vgl. Geuer, BayVBl 2011, 752/754), wäre ein möglicher Eingriff aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht ist durch Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EUV als wichtiger Teil der nationalen Identität auf europäischer Ebene anerkannt. Im Übrigen ist auch im Eigenverwaltungsrecht der Europäischen Union (vgl. Art. 15 AEUV und Art. 2 der „Transparenzverordnung“ [EG] Nr. 1049/2001, ABl EG Nr. L 145 S. 43) der gebundene Informationsanspruch auf Unionsbürger (vgl. Art. 20, 21 AEUV) sowie auf natürliche und juristische Personen mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat beschränkt; bei sonstigen Antragstellern entscheiden die Unionsorgane nach Ermessen. Diese Differenzierung spiegelt sich auf kommunaler Ebene in der Eröffnung eines gebundenen Informationszugangsanspruchs (nur) für Gemeindeeinwohner und juristische Personen des Privatrechts mit Sitz in der Gemeinde wider. Schließlich basiert das Informationsfreiheitsrecht nicht auf dem Gedanken einer weltweiten „gläsernen Verwaltung“, sondern auf dem Konzept der limitierten Transparenz (vgl. Schoch, VBlBW 2017, 45/49).

6. Die Antragsgegnerin hat die Entscheidungsformel ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

7. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Abgabenordnung - AO 1977 | § 30 Steuergeheimnis


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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 30 Geheimhaltung


Die Beteiligten haben Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Tenor

I.

Der Bescheid der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Berlin-Süd, vom 17. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, vom 25. Oktober 2013 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2015 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Vereinbarungen der Bundesagentur für Arbeit mit den Geschäftsführungen der Jobcenter im Bezirk der Agentur für Arbeit Berlin-Süd nach § 48b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch nach dem 11. August 2010 unter Schwärzung der darin enthaltenen Namensangaben von Personen und der Unterschriften zu übersenden.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist die Fraktion der Piratenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie beantragte mit Schreiben vom 31. Mai 2013 bei der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Berlin Süd - die Übersendung der Vereinbarungen der Bundesagentur für Arbeit mit den Geschäftsführungen der Jobcenter nach § 48b Abs. 1 Nr. 2 SGB II im dortigen Agenturbezirk seit dem Jahr 2005.

Die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Berlin-Süd - lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 17. Juli 2013 unter Hinweis auf § 5 IFG ab.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion Berlin-Brandenburg - mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2013 zurück. Die gesetzlich ab 2010 eingeführten Zielvereinbarungen enthielten personenbezogene Daten. In Kombination mit bereits veröffentlichten Informationen seien unter anderem Rückschlüsse auf die Gehaltskomponenten oder auf die dienstliche Beurteilung der betroffenen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer möglich. Diese hätten mehrheitlich der Übersendung der Zielvereinbarungen widersprochen. Das Interesse der betroffenen Geschäftsführer überwöge das Informationsinteresse der Antragstellerin. Die jährlichen Zielgrößen, auf denen die Zielvereinbarungen beruhten, seien ohnehin im Internet zugänglich.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. November 2013 Klage zum Verwaltungsgericht Berlin mit dem Ziel, die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide zu verpflichten, über den gestellten Antrag auf Auskunft neu zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht Berlin verwies die Streitsache mit Beschluss vom 30. Januar 2014 (Az. 2 K 250.13) an das Verwaltungsgericht Ansbach. Die Klägerin verwies zur Begründung ihrer Klage im Wesentlichen darauf, dass sie als Fraktion in einem Landesparlament gemäß § 1 Abs. 1 IFG antragsbefugt sei. Sie sei nach § 2 Abs. 4 des Berliner Fraktionsgesetzes (FraktG) zwar eine juristische Person des Parlamentsrechts mit originärem Rechtscharakter, aber gerade kein Teil der Verwaltung. Als Fraktion in einem Landesparlament obliege ihr die Überwachung der dienstlichen Umsetzung politischer Zielvorgaben sowie die Verwendung öffentlicher Gelder. Etwa enthaltene personenbezogene Daten könnten jederzeit geschwärzt werden. Ein Rückschluss auf die tatsächliche Höhe der an die jeweiligen Geschäftsführer gezahlten Vergütungen sei nicht möglich.

Mit Urteil vom 30. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht Ansbach die Klage ab. Es sei zwischen den Beteiligten unstreitig, dass es sich bei der Bundesagentur für Arbeit um eine Behörde des Bundes im Sinne von § 1 Abs. 1 IFG handle und dass die zwischen den Geschäftsführern der gemeinsamen Einrichtungen und ihren Trägern abgeschlossenen Zielvereinbarungen amtliche Informationen im Sinne von § 2 Nr. 1 IFG seien. Allerdings sei die Klägerin nicht „Jeder“ im Sinne von § 1 Abs. 1 IFG. Bereits nach der amtlichen Gesetzesbegründung seien juristische Personen des öffentlichen Rechts vom Informationszugang ausgeschlossen. Nach § 2 Abs. 4 FraktG seien die Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus, soweit sie am allgemeinen Rechtsverkehr teilnähmen, juristische Personen des Parlamentsrechts mit originärem Rechtscharakter. Sie seien zwar kein Teil der Verwaltung und übten auch keine öffentliche Gewalt aus, doch nähmen sie gemäß Art. 40 Abs. 2 der Berliner Verfassung unmittelbare Verfassungsaufgaben war, indem sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbstständige und unabhängige Gliederungen der Volksvertretung an deren Arbeit mitwirkten und die parlamentarische Willensbildung unterstützten. Sie seien deshalb nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers vom Informationszugang nach § 1 Abs. 1 IFG ausgeschlossen.

Auch aus dem Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes ergebe sich nichts anderes. Ziel des Gesetzes sei die Stärkung der demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger; das Verwaltungshandeln des Bundes solle transparenter gestaltet werden. Aufgrund ihrer parlamentarischen Aufgaben stehe die Klägerin dem Staat und seinen Behörden aber nicht so gegenüber, wie die nach § 1 Abs. 1 IFG im Bereich des Informationszugangs privilegierten Bürgerinnen und Bürger. Den Gesetzesmaterialien zum Informationsfreiheitsgesetz sei zu entnehmen, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich ein Informationsbedürfnis haben könnten, dieses aber nicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz, sondern nach anderen Vorschriften einzufordern hätten.

Auch aus den Aufgaben der Klägerin folge nicht deren Einstufung als „Jeder“ im Sinne von § 1 Abs. 1 IFG. Zwar habe die Klägerin die Aufgabe, ihre Mitglieder bei der Informationsbeschaffung, -aufbereitung und -vermittlung zu unterstützen. Andererseits sei nichts dafür ersichtlich, dass dies auf dem hier eingeforderten Wege der Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu erfolgen habe. Die Klägerin sei lediglich teilrechtsfähig, soweit sie am allgemeinen Geschäftsverkehr teilnehme. Die Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus hätten als maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung zwar die politische und parlamentarische Arbeit ihrer Mitglieder zu steuern und zu sichern. Die Klägerin habe allerdings gerade nicht die Aufgabe, für die Mitglieder der Fraktion oder für das Berliner Abgeordnetenhaus selbst Informationen von Bundesbehörden zu beschaffen. Nach § 50 der Geschäftsordnung des Berliner Abgeordnetenhauses könnten nur einzelne Mitglieder des Abgeordnetenhauses schriftliche Anfragen stellen, nicht aber die Fraktion selbst. Daraus folge, dass es zur Aufgabenerfüllung der Klägerin nicht notwendig sei, in eigenem Namen Informationsbeschaffungsansprüche durchsetzen zu müssen. Sehe bereits das Parlamentsrecht einen Informationsbeschaffungsanspruch nicht vor, bestehe kein Anlass für einen Anspruch nach allgemeinen Grundsätzen.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beantragt mit Schriftsatz vom 29. April 2015:

1. Der Bescheid der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Berlin-Süd vom 17. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg vom 25. Oktober 2013 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Vereinbarungen der Bundesagentur für Arbeit mit den Geschäftsführungen der Jobcenter im Bezirk der Agentur für Arbeit Berlin-Süd nach § 48b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch nach dem 11. August 2010 zu übersenden,

hilfsweise:

die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Auskunft hinsichtlich der Vereinbarungen der Bundesagentur für Arbeit mit den Geschäftsführungen der Jobcenter im Bezirk der Agentur für Arbeit Berlin-Süd nach dem 11. August 2010 gemäß § 48b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Gemäß § 48b Abs. 1 Nr. 2 SGB II schließe die Beklagte mit den Geschäftsführern der gemeinsamen Einrichtungen („Jobcenter“, ehemals: „ARGE“) Zielvereinbarungen ab. Diese umfassten insbesondere die Ziele der Verringerung der Hilfebedürftigkeit, Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit, der Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug und der Verbesserung der sozialen Teilhabe. Die Klägerin sei daran interessiert, diese Zielvereinbarungen zu erhalten, um deren Entwicklung nachvollziehen zu können. Die Klägerin sei nicht an eventuell darin enthaltenen personenbezogenen Daten interessiert und damit einverstanden, dass diese geschwärzt würden. Die Umstellung des Klageantrages von einem Verbescheidungsantrag in erster Instanz zu einem Verplichtungsantrag in der Berufungsinstanz sei, weil es sich nicht um eine Klageänderung handle, zulässig. Die Klägerin falle unter den sehr weiten Begriff des Anspruchsberechtigten in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Das ergebe schon der Wortlaut der Vorschrift. „Jeder“ bedeute nach dem Duden „alle Einzelnen einer Gesamtheit ohne Ausnahme“. Auch wenn der Gesetzgeber also möglicherweise Einschränkungen in der Anspruchsberechtigung habe vornehmen wollen, so habe sich dies nicht im objektiven Wortlaut des Gesetzes niedergeschlagen. Ein Vergleich mit anderen Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder zeige, dass das Informationsfreiheitsgesetz deutlich weiter formuliert sei als viele andere Anspruchsgrundlagen. Das Umweltinformationsgesetz des Bundes beispielsweise spreche in seinem § 3 Abs. 1 Satz 1 davon, dass nur „jede Person“ Anspruch auf Informationszugang habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe beispielsweise auch für Ortsverbände politischer Parteien einen Anspruch auf Informationszugang bejaht, obgleich diese noch nicht einmal juristische Personen seien. Entsprechendes gelte auch für Kirchen und Kommunen, obwohl es sich bei beiden um Körperschaften des öffentlichen Rechts handle. In anderen Landesinformationsgesetzen sei der Informationszugang „jeder natürlichen und juristischen Person des Privatrechts“ eröffnet worden. In wieder anderen landesrechtlichen Normen hätten nur „natürliche Personen“ bzw. „Menschen“ Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Alle diese Gesetze seien mit einer Ausnahme älter als das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, sie seien dem Bundesgesetzgeber also bekannt gewesen. Dieser habe aber vergleichbare Einschränkungen wie in den Landesgesetzen gerade nicht vorgenommen. Der Gesetzgeber habe den Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem Informationsfreiheitsgesetz weder auf natürliche Personen, noch auf Personen des Privatrechts, noch überhaupt auf Personen eingeschränkt. Im Übrigen spreche auch der historische Wille des Gesetzgebers nicht dafür, den Kreis der Anspruchsberechtigten weiter einzuschränken. Zwar heiße es in der Gesetzesbegründung, dass „für juristische Personen des öffentlichen Rechts stattdessen Amtshilfevorschriften, Auskunfts- (Verschaffungs-)Rechte oder Übermittlungsbefugnisse und -pflichten einschlägig“ seien. Ähnliches habe das Bundesverwaltungsgericht auch für das Umweltinformationsgesetz entschieden und einen Anspruch für juristische Personen des öffentlichen Rechts bejaht, wenn sie sich ungeachtet ihres rechtlichen Status nach der Zielsetzung der einschlägigen Richtlinie in einer mit „Jedermann“ vergleichbaren Informationslage gegenüber der informationspflichtigen Stelle befänden. So liege der Fall auch hier. Der Klägerin stünden solche anderweitigen Auskunftsrechte nicht zu. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts sei insoweit widersprüchlich, als sie einerseits betone, dass der Ausschluss vom Informationszugang seinen Grund darin habe, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts andere Möglichkeiten zur Informationsverschaffung hätten. Andererseits stelle das Gericht aber fest, dass der Klägerin als solcher eben kein Anspruch auf Informationsverschaffung nach den für Fraktionen geltenden Rechtsvorschriften zustehe. Auch bei einer Auslegung des Informationsfreiheitsgesetzes nach seinem Sinn und Zweck komme man daher zum Ergebnis, dass die Klägerin aktiv legitimiert sei. Denn das Informationsfreiheitsgesetz diene vor allem der demokratischen Meinungs- und Willensbildung und solle die Kontrolle staatlichen Handelns verbessern. Auch Parlamentsfraktionen vollzögen eine demokratische Meinungs- und Willensbildung und seien zur Kontrolle staatlichen Handelns berufen. Die Klägerin sei gerade kein Teil der Staatsverwaltung sondern stehe dem Staat, jedenfalls mit Blick auf den Informationszugang, wie ein privater Dritter gegenüber. Die Fraktion könne nicht im Wege der Amtshilfe oder auf anderen verwaltungsinternen Grundlagen eine Überlassung von Informationen von der Bundesverwaltung verlangen. Allenfalls der einzelne Abgeordnete der Fraktion habe nach Art. 45 der Berliner Verfassung das Recht, Fragen an den Senat zu richten und Einsicht in Unterlagen der Verwaltung zu nehmen. Dies betreffe freilich nur Unterlagen von Berliner Behörden und Fragen, die der Senat von Berlin auch beantworten könne. Bundesbehörden seien insoweit nicht verpflichtet. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 5 des FraktG sei es gerade Aufgabe der Klägerin, ihre Mitglieder bei der Informationsbeschaffung und Informationsaufbereitung zu unterstützen.

Die Bundesagentur für Arbeit beantragte mit Schriftsatz vom 12. Juni 2015,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Argumentation der Klägerin liege die Annahme zugrunde, in jeglicher Hinsicht räumlich und sachlich unbeschränkt zur politischen Meinungs- und Willensbildung und zur Kontrolle des Staates berufen und insoweit teilrechtsfähig zu sein. Hierbei lasse die Klägerin außer Acht, dass sie Teil der Legislative auf Landesebene sei und dass sowohl ihre Entstehung als auch ihre Aufgaben auf den dadurch vorgegebenen Handlungsrahmen beschränkt seien. Würden ihre Fraktionsrechte verletzt, könnte sich die Klägerin dagegen wehren und sei insoweit rechtsfähig. Diese Rechtsfähigkeit könne aber nicht weitergehen, als die Befugnis oder Aufgabe der Klägerin als Fraktion reiche. Das Informationsfreiheitsgesetz ziele auf die Wahrnehmung von Bürgerrechten im Verhältnis zum Staat ab. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sollten vom Begriff „Jedermann“ gerade nicht umfasst sein. Für diese gälten stattdessen Amtshilfevorschriften, Auskunftsrechte oder Übermittlungsbefugnisse. Anders als bei natürlichen Personen oder juristischen Personen des Privatrechts müsse die Klägerin bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit es sie als Fraktion eines Landesparlaments überhaupt gebe. Im Unterschied zur juristischen Person des Privatrechts bestehe bei Fraktionen gerade kein Recht, sich frei in einer bestimmten Rechtsform zusammenzutun. Sie seien selbstständige unabhängige Gliederungen des Abgeordnetenhauses und mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet. Die Aufgaben der Fraktion gingen dahin, die Arbeit des Abgeordnetenhauses zu sichern und an der parlamentarischen Willensbildung im Abgeordnetenhaus teilzunehmen. Die von der Klägerin genannten Aufgaben der Teilnahme am politischen Willensbildungsprozess oder der Kontrolle staatlichen Handelns könnten sich deshalb nur auf den Handlungsrahmen der Fraktion innerhalb des Landesparlaments beziehen. So könne es z. B. nicht Aufgabe der Fraktion eines Landesparlaments sein, die Bundesregierung zu kontrollieren oder an der politischen Meinungs- und Willensbildung auf Bundesebene mitzuwirken. Um die Teilnahme am politischen Willenbildungsprozess zu ermöglichen, würden Fraktionen und einzelne Abgeordnete mit bestimmten Kontroll- und Informationsrechten ausgestattet, im Fall der Klägerin z. B. über die §§ 50, 51 der Berliner Verfassung. Als Teil eines staatlichen Organs könne der Fraktion in dieser Funktion ein Jedermanns-Recht nicht zustehen. Im Übrigen sei aus Sicht der Beklagten nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin über ihre parlamentarischen Fragerechte gegenüber dem Berliner Senat Auskünfte zu den in Berlin bestehenden Jobcentern erhalte, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sei. Es könnte auch eines ihrer Mitglieder als natürliche Person den entsprechenden Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz stellen. Selbst bei Bejahung einer Antragsberechtigung der Klägerin stünde dem Informationszugang der Ausschlussgrund des § 5 IFG entgegen. Soweit der oder die Geschäftsführer/in eines Jobcenters Beschäftigte/r der BA sei, unterstehe er bzw. sie der Dienstaufsicht der BA und damit auch deren Zuständigkeit für die dienstliche Beurteilung, § 44d Abs. 3 SGB II. Das Beurteilungssystem der BA für Führungskräfte sehe vor, dass mit den Führungskräften auch persönliche Zielvereinbarungen geschlossen würden. Auch wenn diese Zielvereinbarungen nicht identisch mit den von der Klägerin verlangten Zielvereinbarungen seien, lasse der beantragte Informationszugang Schlüsse auf die persönlichen Zielvereinbarungen des jeweiligen Geschäftsführers des Jobcenters zu und enthalte damit personenbezogene Daten, die in direktem Zusammenhang mit der persönlichen Leistungsbeurteilung der jeweiligen Geschäftsführers stünden. Das Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 IFG sei durchgeführt worden. Die betroffenen Geschäftsführerinnen bzw. Geschäftsführer hätten einem Zugang zu den Zielvereinbarungen nicht zugestimmt. Die Auslegungsregel des § 5 Abs. 2 IFG besage, dass das Informationsinteresse des Antragstellers dann nicht überwiege, wenn die Informationen aus Unterlagen stammten, die mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis im Zusammenhang stünden. Der Zugang wäre zudem auch deshalb abzulehnen, weil der Klägerin die gewünschten Informationen zumindest für das Jahr 2012 ohnehin bekannt seien, § 9 Abs. 3 IFG. Ein Mitglied der Klägerin habe am 21. Juni 2013 eine kleine Anfrage an das Abgeordnetenhaus Berlin zu den Zielvereinbarungen der Berliner Jobcenter gestellt. Die Antwort habe auch Angaben zu den einzelnen Zielwerten der betroffenen Jobcenter im Jahr 2012 enthalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die streitgegenständlichen Versagungsbescheide der Beklagten und das Urteil des Verwaltungsgerichts waren deshalb aufzuheben. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zugang zu den von ihr näher bezeichneten amtlichen Informationen. Als Fraktion eines Landesparlaments ist sie „Jeder“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG (2.). Der Schutz personenbezogener Daten des § 5 IFG steht dem Informationsverlangen nicht entgegen (3.). Die Klägerin verfügt auch nicht bereits - teilweise - über die begehrten Informationen und kann diese auch nicht aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (4.).

1. Der Übergang der Klägerin von einem Antrag auf Neuverbescheidung zu einem Antrag auf Verpflichtung der Beklagten auf Gewährung der verlangten Auskunft ist zulässig. Eine derartige Änderung des Klageantrages ist keine Klageänderung. Nach § 173 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZPO ist die Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache nicht als Änderung der Klage anzusehen. Der Übergang von einem Verbescheidungsantrag hin zu einem Verpflichtungsantrag ist eine solche Erweiterung des Klageantrags (vgl. BVerwG, U. v. 8.12.1988 - 3 C 45/87 - juris Rn. 17; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 14). Der Lebenssachverhalt, aus dem der Bescheidungsanspruch hergeleitet wurde, ist kein anderer als derjenige, auf den sich der nunmehrige Verpflichtungsantrag stützt.

2. a) Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen richtet sich gegenüber der Beklagten gemäß § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Dass es sich bei den von der Klägerin verlangten Zielvereinbarungen um amtliche Informationen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG handelt, ist offenkundig und zwischen den Parteien unstreitig.

b) Die Klägerin als Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses ist auch „Jeder“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG und damit anspruchsberechtigt. Nach dem Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin (Fraktionsgesetz - FraktG) sind die Fraktionen Vereinigungen von Mitgliedern des Abgeordnetenhauses (§ 1 Abs. 1 FraktG). Sie sind, soweit sie am allgemeinen Rechtsverkehr teilnehmen, juristische Personen des Parlamentsrechts mit orginärem Rechtscharakter, die unter ihrem Namen klagen und verklagt werden können. Sie sind kein Teil der Verwaltung und üben keine öffentliche Gewalt aus (§ 2 Abs. 4 FraktG). Sie sind als ständige, selbstständige und unabhängige Gliederungen des Abgeordnetenhauses mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattet (§ 2 Abs. 1 FraktG). Sie koordinieren, steuern und erleichtern die politischparlamentarische Arbeit ihrer Mitglieder (§ 2 Abs. 2 FraktG) und dienen der parlamentarischen Willensbildung im Abgeordnetenhaus unter anderem dadurch, dass sie ihre Mitglieder bei der Informationsbeschaffung, -aufbereitung und -vermittlung unterstützen (§ 2 Abs. 3 Nr. 5 FraktG).

Mit dem Begriff „Jeder“ hat der Gesetzgeber eine denkbar weite Gesetzesformulierung gewählt (so Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 38). Die Klägerin macht insoweit zu Recht darauf aufmerksam, dass diese Formulierung sich deutlich von vergleichbarem Bundesrecht oder Informationszugangsrecht der Länder abhebt (zu vergleichbaren Formulierungen siehe Scheel in Berger/Partsch/Roth/Scheel, IFG, 2. Aufl. 2013, § 1 Rn. 8).

Dass unter den Begriff „Jeder“ jede natürliche Person und jede juristische Person des Privatrechts fällt, ist unstreitig. Der weite Gesetzeswortlaut schließt aber seinem Wortsinn nach auch juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht von der Anspruchsinhaberschaft aus (Schoch, a. a. O., § 1 Rn. 42). Dass der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung zum IFG (Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, Drs. 15/4493 S.7 zu § 1 Abs. 1 Satz 1) davon ausging, dass „für juristische Personen des öffentlichen Rechts stattdessen Amtshilfevorschriften, Auskunfts(verschaffungs)rechte oder Übermittlungsbefugnisse einschlägig sind“ zeigt lediglich, dass er davon ausging, dass insbesondere öffentliche Verwaltungen, die über die genannten Befugnisse verfügen, nicht auf das IFG angewiesen sein werden. Das hat im vorliegenden Verfahren auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit so vertreten (Schreiben vom 12.7.2013, Az. IX-7201/001 II#0059, Bl. 32 der VG-Akte) und darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber nur habe vermeiden wollen, dass Behörden untereinander auf der Grundlage des IFG Auskunft verlangen, obwohl ihnen die in der Gesetzesbegründung genannten Möglichkeiten der Informationsbeschaffung zur Verfügung stehen. Einen klaren Ausschluss jedweder juristischer Person des öffentlichen Rechts hat der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 IFG jedoch nicht vorgenommen, obwohl er eine entsprechende Formulierung hätte wählen können. Darin spiegelt sich die Zielsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes wider, möglichst uneingeschränkt und faktisch ungehindert den Zugang zu Informationen bei den Bundesbehörden zu eröffnen. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts können daher nach dem Wortlaut des § 1 IFG als anspruchsberechtigt angesehen werden, wenn sie sich ungeachtet ihres rechtlichen Status nach der Zielsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes in einer mit den übrigen Anspruchsberechtigten vergleichbaren Lage gegenüber der informationspflichtigen Stelle befinden. Das ist bei Fraktionen der Fall, so dass sie auch unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung als „Jeder“ anspruchsberechtigt sind. Ebenso wie Fraktionen des Deutschen Bundestages (nicht anspruchsverpflichtet nach OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 26.2.2013 - OVG 12 N 8.12 - juris; Scheel in Berger/Partsch/Roth/Scheel, IFG, 2. Aufl. 2013, Fußnote 34 zu § 1 Rn. 21 hält sie aber für anspruchsberechtigt) ist eine Fraktion nach dem Berliner Fraktionsgesetz nicht Teil der Verwaltung. Sie ist in keiner Weise in die Behördenstruktur der Berliner Verwaltung einbezogen oder mit dieser hierarchisch oder dienstrechtlich verknüpft. Die Klägerin hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass sie sich als Fraktion gerade nicht auf Amtshilfevorschriften oder sonstige Übermittlungsbefugnisse gegenüber der Bundesverwaltung berufen kann. Sie steht daher insoweit den Bundesbehörden in keiner besseren Position als der normale Bürger gegenüber.

Auch Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes deuten nicht auf einen Ausschluss der Klägerin vom Informationsanspruch hin. Das Informationsfreiheitsgesetz beabsichtigt nicht nur eine Stärkung der demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger, sondern will darüber hinaus auch die Kontrolle der Verwaltung verbessern (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.6, Begründung A.I.). Eine Funktionserfüllung in dieser Hinsicht kann auch von juristischen Personen des öffentlichen Rechts geleistet werden (so Schoch, a. a. O., Rn. 59); § 2 Abs. 2 Satz 3 FraktG spricht insoweit von der Mitwirkung der Fraktion an der Kontrollfunktion des Abgeordnetenhauses. Zudem sind die Fraktionen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 FraktG maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung. Wenn man eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung (Ortsverband einer politischen Partei) als „Jeder“ im Sinne von § 4 UIG (in der Fassung von 1999) ansieht, weil sie bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirkt und auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluss nimmt (so BVerwG, U. v. 25.3.1999 - 7 C 21/98 -juris Rn. 20), ist es angezeigt, erst recht einer Fraktion eines Landesparlaments aufgrund ihrer insoweit herausgehobenen, aber doch verwaltungsfernen Position ein Zugangsrecht zu Informationen als „Jeder“ zuzusprechen. Dass eine Fraktion in Berlin nach dortigem Recht keine schriftlichen Anfragen stellen kann, spricht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht für einen Ausschluss vom Recht der Informationsbeschaffung nach dem Informationsfreiheitsgesetz, auch wenn dies damit begründet würde, dass ein solcher Anspruch für die Aufgabenerfüllung der Fraktion nicht notwendig sei. Die Notwendigkeit der Erlangung einer Information für einen bestimmten Zweck verlangt das Informationsfreiheitsgesetz gerade nicht. Die Tatsache, dass das Berliner Landesrecht der Klägerin keine weitergehenden Rechte als Fraktion einräumt, kann eine Einschränkung von Rechten nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes nicht rechtfertigen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht auch nicht gegen die eigene Antragsberechtigung der Fraktion, dass jedes einzelne Fraktionsmitglied als Einzelperson unstreitig einen Auskunftsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz geltend machen könnte. Mit diesem Argument könnte man die Antragsbefugnis jeder Personenvereinigung verneinen, was keinesfalls im Sinne des Gesetzgebers war, der den Anspruch gerade nicht auf natürliche Personen beschränkt hat (vgl. dazu den insoweit vergleichbaren Fall einer Zugangsberechtigung nach der Umweltinformationsrichtlinie, BVerwG, U. v. 21.2.2008 - 4 C 13/07 - juris Rn. 23 ff., wo der Zugangsanspruch eines Kirchengemeindeverbands oder einer in ihrem Selbstverwaltungsrecht betroffenen Gemeinde nicht mit dem Hinweis darauf verneint wird, dass auch ein einzelnes Kirchenmitglied oder ein Mitglied des Gemeinderats als Privatperson einen Antrag auf Informationszugang stellen könnte; kritisch zum Vorschieben eines Einzelnen auch Schoch, a. a. O., Rn. 61, 65 ff.: „Strohmann-Problematik“).

Zusammengefasst ist für den erkennenden Senat kein durchgreifender Grund dafür erkennbar, warum für die Klägerin als Fraktion, die keine Staatsqualität hat, weniger Informationsrechte bestehen sollen, als für „jedermann“ (vgl. Schoch, a. a. O., Rn. 64).

3. Der Schutz personenbezogener Daten, § 5 IFG, steht dem Auskunftsverlangen der Klägerin nicht entgegen. Die von ihr verlangten Zielvereinbarungen gemäß § 48b Abs. 1 Nr. 2 SGB II enthalten bis auf die darin enthaltenen Namensangaben der die Zielvereinbarungen unterschreibenden Personen keine personenbezogenen Daten. Die Klägerin hat bereits im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 21. August 2013 gegenüber der Beklagten deutlich gemacht, dass etwa enthaltene Namensangaben geschwärzt werden können. Die Namensangaben der jeweiligen Geschäftsführer von Jobcentern sind nach § 5 Abs. 4 IFG vorliegend vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, weil sie bezogen auf die abgeschlossenen Zielvereinbarungen nur Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit der jeweiligen Geschäftsführer als Vertreter ihrer Behörde sind. Dass andere weitere personenbezogene Daten in den streitgegenständlichen Zielvereinbarungen enthalten wären, ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass es sich dabei nach § 5 Abs. 2 IFG um Informationen im Zusammenhang mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis der betroffenen Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer der Jobcenter handeln würde. Die von der Beklagten im Laufe des Berufungsverfahrens zunächst noch angeführten anderen Zielvereinbarungen, die im Rahmen des jeweiligen Dienstverhältnisses direkt mit den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern geschlossen werden, sind zum einen nicht identisch mit den Zielvereinbarungen, die die Klägerin mit dem vorliegenden Verfahren erhalten will. Die von der Klägerin verlangten Unterlagen lassen jedenfalls keine hinreichend konkreten Rückschlüsse auf Verhältnisse aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis der jeweiligen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer zu. Es können keine Rückschlüsse etwa auf dienstliche Beurteilungen gezogen werden, weil in die dienstliche Beurteilung auch noch andere Faktoren (etwa die Führungsleistung) einfließen müssen und damit Inhalt und vor allem das Ergebnis einer Beurteilung der Klägerin nicht offenbart wird. Insoweit wären klägerseits allenfalls völlig unsubstantiierte Vermutungen möglich, vor denen jedenfalls § 5 IFG weder schützen kann noch will. Konsequenterweise hat die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat den entsprechenden Vortrag auch aufgegeben und zugestanden, dass jedenfalls bei den von der Klägerin verlangten Zielvereinbarungen kein weitergehender Schutz personenbezogener Daten erforderlich sei. Mit einer Schwärzung der entsprechenden Namensangaben hat sich die Klägerin, wie schon vorher im Verwaltungsverfahren, ohnehin einverstanden erklärt, weil es ihr - wie auch für die Beklagte von Anfang an erkennbar - nie auf die in den Zielvereinbarungen enthaltenen Namensangaben angekommen ist.

4. § 9 Abs. 3 IFG steht dem Informationsbegehren der Klägerin nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann ein Antrag dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die „begehrten Informationen“ verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Das ist jedoch hinsichtlich der streitgegenständlichen Zielvereinbarungen auch nicht teilweise der Fall. Die fraglichen Zielvereinbarungen selbst sind nirgendwo veröffentlicht. Soweit die Beklagte auf die Beantwortung einer Kleinen Anfrage eines Abgeordneten der Fraktion der Klägerin vom 21. Juni 2013 zu Zielvereinbarungen aus dem Jahr 2012 verweist (Drs. 17/12 324 des Abgeordnetenhauses Berlin), so verfügt die Klägerin damit noch nicht über die von ihr „begehrten Informationen“, denn diese sind die Zielvereinbarungsdokumente in ihrer ursprünglichen originalen Form (vgl. Schoch, IFG, 2009, § 9 Rn. 39: früher übermittelte Information muss mit der jetzt begehrten Information übereinstimmen). Abgesehen davon, dass die Beantwortung der Kleinen Anfrage nur das Jahr 2012 betrifft, wird in der Beantwortung schon einleitend klargestellt, dass die Anfrage Sachverhalte betrifft, die die Senatsverwaltung nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann und der Antwort daher Stellungnahmen der Beklagten und der Berliner Jobcenter zugrunde lagen. Mit einer derartigen bloß berichtenden und zusammenfassenden Information über begehrte Dokumente braucht sich die Klägerin nicht zufrieden zu geben. Zudem können Zielvereinbarungen, wie die von der Klägerin im Verfahren vorgelegten Beispiele zeigen, auch weitere Informationen enthalten, die in der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht auftauchen (etwa absolute Zahlen von Leistungsbeziehern, ausgegebenen Geldmitteln, erhobenen Klagen, und nicht nur die prozentualen Veränderungswerte).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Schwärzung der in den Zielvereinbarungen enthaltenen Namensangaben bedeutet kein Teilunterliegen der Klägerin, weil diese von Anfang an klargestellt hat, dass es ihr auf die Namensangaben ohnehin nicht ankommt. Selbst wenn man dies anders sehen würde, wäre der Grad des Unterliegens jedenfalls so gering, dass gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die gleiche Kostenentscheidung zu treffen gewesen wäre.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

6. Die Revision war zuzulassen, weil der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt. Die Frage, ob die Fraktion eines Landesparlaments nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG anspruchsberechtigt ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung und bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um ein vom Kläger erstrebtes und vom Beklagten abgelehntes Akteneinsichtsrecht in Unterlagen, die anlässlich einer Petition des Klägers zum Bayerischen Landtag angefallen sind (im Petitionsverfahren vom Landtag eingeholte Stellungnahmen des Justiz- und des Innenministeriums).

2007 hatte der Kläger beim Bayerischen Landtag eine umfangreiche Eingabe zum Thema „Vorschläge des Menschenrechtskommissars umsetzen und Richter in Menschenrechten schulen, Judikative unabhängig machen und dem Gesetz unterwerfen“ beim Bayerischen Landtag eingereicht. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechtsund Parlamentsfragen beschloss am 12. Juni 2008, die Eingabe aufgrund der Erklärung der Staatsregierung als erledigt zu betrachten. Der Bayerische Landtag lehnte unter dem 25. August 2008 einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht in die diesem Beschluss zugrunde liegenden Stellungnahmen zweier Ministerien mit dem Hinweis darauf ab, dass ein Recht auf Akteneinsicht im Petitionsverfahren grundsätzlich nicht bestehe. Unabhängig hiervon lehnten beide betroffenen Ministerien im September 2008 die Herausgabe ihrer Stellungnahmen mit dem Hinweis darauf ab, dass der Bayerischen Landtag als Herr des Petitionsverfahrens darüber zu entscheiden habe, ob Stellungnahmen der Ministerien an den Kläger als Petenten übersandt würden.

Mehr als drei Jahre später verlangte der Kläger erneut Einsicht in die beiden Stellungnahmen zu seiner damaligen Eingabe. Diese lehnte der Bayerische Landtag mit Schreiben vom 31. Januar 2012 erneut ab.

Das Verwaltungsgericht München wies die im Juli 2012 erhobene Klage, die das Ziel hatte, den Beklagten zur Akteneinsicht in die Stellungnahmen des Innenministeriums und Justizministeriums bezüglich der Vorschläge des Menschenrechtskommissars zu verpflichten, mit Urteil vom 13. Juni 2013 ab. Für den geltend gemachten Anspruch sei der Freistaat ... passiv legitimiert, der hier durch den Bayerischen Landtag vertreten werde. Streitgegenstand sei die Ablehnung der Akteneinsicht durch den Bayerischen Landtag vom Januar 2012, der Kläger sei gegen die Ablehnungen der Staatsministerien selbst im Jahr 2009 nicht innerhalb der einjährigen Klagefrist vorgegangen. Ein Akteneinsichtsrecht gemäß Art. 29 BayVwVfG bestehe nicht, weil diese Vorschrift ein Verwaltungsverfahren voraussetze. Ein Petitionsverfahren sei aber kein Verwaltungsverfahren im Sinne dieser Vorschrift. Für das Petitionsverfahren selbst sei in § 190 der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags (GeschOLT) geregelt, dass Dritten grundsätzlich keine Akteneinsicht gewährt werde. Aus einer Gesamtschau der §§ 188 und 189 GeschOLT ergebe sich, das der Kläger als Petent Dritter im Sinne der genannten Vorschrift sei. Außerhalb eines Verwaltungsverfahrens bestehe als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips ein Akteneinsichtsrecht des Betroffenen jedoch nur in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der zuständigen Stelle. Voraussetzung dafür sei die substantiierte Geltendmachung eines berechtigten Interesses, das insbesondere vorliegen könne, wenn die Akteneinsicht zur sachgerechten Wahrnehmung von Rechten (insbesondere von Grundrechten) erforderlich sei. Der Kläger habe aber lediglich angegeben, dass er die Antwort der Ministerien dem Menschenrechtskommissar mitteilen wolle. Er habe damit weder geltend gemacht, in eigenen Rechten tangiert zu sein, noch, dass die Akteneinsicht Voraussetzung für eine wirksame Rechtsverfolgung oder ähnliches wäre. Im Übrigen seien nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Art und Umfang der sachlichen Behandlung von Petitionsanliegen gerade nicht gerichtlich überprüfbar. Das Petitionsrecht nach Art. 115 BV beinhalte nur ein Recht auf Entgegennahme, sachliche Prüfung und Mitteilung des Ergebnisses des Petitionsverfahrens, nicht jedoch ein Recht auf Begründung des Ergebnisses oder auf Erteilung weiterer Auskünfte. Daraus ergebe sich aber, dass ein Petent kein Akteneinsichtsrecht in die Stellungnahmen der Staatsregierung habe, da er ansonsten letztendlich doch eine Begründung erhalten würde. Diesem Ergebnis stünden auch Art. 10 EMRK und Art. 19 Abs. 2 IPBPR nicht entgegen. Diese Vorschriften beinhalteten die Informationsfreiheit bzw. das Recht, sich Informationen zu beschaffen. Ebenso wie die entsprechende Regelung in Art. 5 GG bezögen sie sich aber grundsätzlich nur auf allgemein zugängliche Informationen, zu denen die Akten eines Petitionsverfahrens nicht gehörten. Im Übrigen habe die EMRK zwar den Rang eines Bundesgesetzes, sie sei aber primär bei der Auslegung der Grundrechte und der Gesetze heranzuziehen. Insoweit seien vorliegend die Besonderheiten des Petitionsverfahrens zu berücksichtigen, das der Legislative zugeordnet und nicht gerichtlich überprüfbar sei. Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) führten zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, da diese vor allem die Akteneinsicht in verfassungsgerichtlichen oder strafrechtlichen Verfahren und damit keine vergleichbaren Fallkonstellationen betroffen hätten. Aus dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) könne nichts hergeleitet werden, da ein derartiges Gesetz für Bayern nicht existiere. Auch aus Art. 9 AGO könne der Kläger keinen Anspruch auf Akteneinsicht ableiten, da der Bayerische Landtag keine Behörde sei. Im Übrigen sei diese Vorschrift gegenüber § 190 GeschOLT subsidiär.

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen. Der Beklagte ist diesem Antrag entgegengetreten.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Juni 2013 bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Akteneinsicht in die von den Staatsministerien abgegebenen Stellungnahmen im Rahmen des Petitionsverfahrens zum Bayerischen Landtag nicht besteht. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (s. dazu BVerfG v. 21.1.2009 JZ 2009, 850/851, v. 20.12.2010 NVwZ 2011, 546/547 m. w. N.).

a) Der Kläger trägt hierzu vor, dass bereits Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) den Anspruch stütze, es seien Grundrechte des Kläger verletzt. Ein Anspruch ergebe sich auch aus der aktuellsten Rechtsprechung des EGMR zu Art. 10 EMRK, der Kläger habe einen direkten Anspruch auf Akteneinsicht aus Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK. Zwar habe der EGMR zunächst keinen allgemeinen Anspruch auf Zugang zu staatlichen Informationen aus Art. 10 EMRK abgeleitet. Seine diesbezügliche frühere Rechtsprechung (v. 26.3.1987 - 9248/81 - Leander gegen Schweden) habe er aber in neueren Entscheidungen modifiziert und insbesondere bei presserechtlichen Auskünften einen erweiterten Zugang zu staatlichen Informationen eröffnet. Der Kläger sei als Internetaktivist der Presse und Presseorganen gleichzusetzen. In seiner Entscheidung vom 14. April 2009 - 37374/05 -, Tarsasag a Szabadsagjogokert gegen Ungarn, habe der EGMR die Meinungsfreiheit in Art. 10 EMRK dahingehend ausgelegt, das diese auch einen Anspruch auf Zugang zu staatlichen Informationen vermitteln könne, wenn die betreffenden Informationen von öffentlichen Interesse seien und „ready and available“ seien. In einer weiteren Entscheidung vom 25. Juni 2013 - 48135/06 -, Jugendinitiative für Menschenrechte gegen Serbien, habe der Gerichtshof ausgeführt, dass ein Recht auf Empfang von Informationen das Recht auf Zugang zu Informationen einschließe. Zudem sei auf allgemeine Regeln des Völkerrechts verwiesen worden, so dass sich auch aus Art. 25 GG in Verbindung mit den allgemeinen Regeln des Völkerrechts ein Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht ergebe.

b) Aus diesem Vortrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Frage, ob eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten klägerischen Anspruch besteht, zutreffend auseinandergesetzt. Es hat alle denkbaren Anspruchsgrundlagen durchgeprüft und mit zutreffenden Erwägungen verneint. Die betreffenden Informationen, deren Zugänglichkeit der Kläger im Wege der Akteneinsicht begehrt, sind aufgrund der Geschäftsordnungsregelung des § 190 Abs. 3 GeschOLT nicht allgemein zugänglich.

aa) Bereits aus diesem Grund scheidet ein direkter Anspruch des Klägers auf Zugang zu diesen Informationen aus dem von ihm ohne weitere Begründung geltend gemachten Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 GG aus. Der Staat in Gestalt des Bayerischen Landtages (hier also der Legislative und nicht der Exekutive) hat mittels seiner Geschäftsordnung als parlamentarischem Innenrecht selbst den Umfang festgelegt, in dem er mit Rücksicht auf den Schutz parlamentarischer Beratung in seinen Ausschüssen Informationsquellen allgemein zugänglich machen will. Der Beklagte hat diesbezüglich zu Recht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 27.5.2013 - 7 B 43/12 - juris Rn. 13) verwiesen, wonach es ein allgemeines voraussetzungsloses Zugangsrecht zu staatlichen Informationen nicht gibt. Mit der bloßen nicht weiter begründeten Behauptung, der Kläger habe einen Anspruch aus Art. 5 GG und es seien seine „Grundrechte“ verletzt, können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht geweckt werden.

bb) Auch aus Art. 10 Abs. 1 Satz 2 EMRK kann der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Zugang zu den von ihm gewünschten Dokumenten ableiten. Diese Vorschrift legt dem Staat nach ihrem Wortlaut aber auch nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR nicht die Pflicht auf, selbst Informationen zu geben (vgl. EGMR v. 13.3.2012 - 44585/10 - Axel Springer gegen Deutschland, NJW 2013, 521/522; EGMR v. 19.10.2005 - 32555/96 - Roche gegen Vereinigtes Königreich, NJOZ 2007, 865, 872 Rn. 172). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz macht der EGMR in seiner Rechtsprechung in besonderen Fallgestaltungen dann, wenn der Staat in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse über ein Informationsmonopol verfügt oder eine Informationsquelle nach innerstaatlichem Recht zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt ist, also schon nach innerstaatlichem Recht ein Anspruch auf Informationszugang besteht und dieser willkürlich vorenthalten wird. In diesen Fällen leitet der Gerichtshof ein Verbot der willkürlichen Zensur oder einer ähnlichen Verhinderung des Informationszugangs aus Art. 10 EMRK ab (vgl. OVG NRW U. v. 13.3.2013 - 5 A 1293/11 - juris Rn. 83 bis 87 mit Hinweis auf EGMR v. 14.4.2009 - 37374/05 - Rn. 27; EGMR v. 31.7.2012 - 45835/05 - Rn. 74 f.; VG Frankfurt v. 28.7.2009 - FL 1553/09.F - juris Rn. 14), wobei er sich dabei vor allem auf die besonderen Informationsbedürfnisse der Presse oder Nichtregierungsorganisationen (NGO) wegen deren herausgehobener Rolle als „public watchdog“ bezieht. In seiner Entscheidung vom 14. April 2009 - 37374/05 -, Tarsasag a Szabadsagjogokert gegen Ungarn, betont der EGMR in Rn. 35 seiner Entscheidung, dass Art. 10 EMRK dem Einzelnen gerade kein Zugangsrecht zu Informationen verleiht und man dieser Vorschrift nicht ohne weiteres ein generelles Zugangsrecht zu Daten und Dokumenten der Exekutive („administrative data“) entnehmen kann. Der EGMR hat sich also nur für bestimmte Fallkonstellationen einem weiteren Verständnis der Informationsfreiheit angenähert, ein allgemein bestehendes Recht hierauf jedoch bislang nicht anerkannt (vgl. Menschig in Karpenstein/Mayer, EMRK, München 2012, Art. 10 Rn. 21).

Der Kläger, der als Einzelperson sicher nicht als Nichtregierungsorganisation (NGO) bezeichnet werden kann, ist entgegen der Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung als „Internetaktivist“ aber auch nicht mit der Presse gleichzusetzen. Seine Landtagspetition hat der Kläger ersichtlich als politisch interessierte und bewegte Einzelperson eingereicht. Die deutsche Presse bezeichnet der Kläger in seinen Schriftsätzen (vgl. Blatt 47 der VG-Akte) sogar als „größten Versager in der Welt beim Menschenrecht Informationszugang“. Vor diesem Hintergrund kann der Kläger sicher nicht der Presse zugeordnet werden. Nur aufgrund der Tatsache, dass Einzelpersonen heute die Möglichkeit haben, ihre Ideen und Vorstellungen im Internet auffindbar zu machen, sind sie nicht mit der Presse oder Nichtregierungsorganisationen vergleichbar. Einzelpersonen hat der EGMR aber abgesehen von besonderen Fallkonstellationen, insbesondere beim offensichtlichen Bestehen eines Informationsanspruches schon nach innerstaatlichem Recht (EGMR vom 26.5.2009 - 31475/05 - Kenedi gegen Ungarn), keine Informationsansprüche nach Art. 10 EMRK zugebilligt (vgl. dazu Menschig in Karpenstein/Mayer, EMRK, München 2012, Art. 10 Rn. 14 zum Umfang der vom EGMR geschützten Pressefreiheit).

Mit seiner Bezugnahme auf die zwei von ihm genannten Entscheidungen des EGMR (vom 14. April 2009 - 37374/05 -, Tarsasag a Szabadsagjogokert gegen Ungarn, und vom 25. Juni 2013 - 48135/06 -, Jugendinitiative für Menschenrechte gegen Serbien), kann der Kläger vor diesem Hintergrund keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufwerfen. Zudem hat der Kläger mit seinem auf Art. 10 Abs. 1 EMRK beschränkten Vortrag die Darlegungserfordernisse für das Vorliegen solcher ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht erfüllt:

Insbesondere das vom Kläger zitierte Urteil des EGMR vom 25. Juni 2013 - RS 48135/06 - ist nicht geeignet, die Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht in Frage zu stellen. Die Entscheidung behandelt einen Anspruch einer Nichtregierungsorganisation (NGO) auf Informationszugang zu Informationen des serbischen Geheimdienstes, der den dortigen Klägern nach innerstaatlichem serbischen Recht rechtskräftig zugestanden worden war (!) und dann in willkürlicher Weise von der dortigen Verwaltung mit vom EGMR als nicht glaubwürdig angesehenen Argumenten versagt worden war. Die Entscheidung betrifft damit im Gegensatz zum vorliegenden Fall einen Sachverhalt, bei dem die Informationsquellen schon aufgrund innerstaatlichen Rechts zur öffentlichen Zugänglichkeit bestimmt waren und in denen die dortige Exekutive (nicht aber wie hier die Legislative!) in einem Akt willkürlicher Zensur den bereits rechtskräftig festgestellten Anspruch auf Informationszugang vereitelte (eine solche Sachverhaltskonstellation der Vereitelung eines bereits innerstaatlich bestehenden Informationsanspruches behandelt auch EGMR vom 26.5.2009 - 31475/05 -Kenedi gegen Ungarn). Aus diesen ersichtlichen Ausnahmekonstellationen, auf die in der Begründetheitsprüfung im Rahmen des vom Kläger benannten Urteils des EGMR besonders abgestellt wird, kann zum einen keinerlei Vergleich mit den vorliegenden Fall hergestellt werden und erst recht nicht eine generelle Auffassung des EGMR abgeleitet werden, dass nunmehr aus Art. 10 Abs. 1 EMRK in allen Fällen ein unmittelbarer Anspruch auf Informationspflicht staatlicher Stellen (auch von Organen der Legislative) bestehen solle. Wäre dies gewollt gewesen, hätte der Gerichtshof unter Verweis auf hierzu früher ergangene Urteile (vgl. hierzu oben) seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich aufgeben müssen.

Auch die Entscheidung des EGMR vom 14. April 2009 - 37374/05 - gibt für den vorliegenden Sachverhalt nichts her. Auch dort klagte eine Nichtregierungsorganisation (NGO - eine ungarische Vereinigung für bürgerliche Rechte) auf Einsicht in eine Verfassungsbeschwerde, die ein ungarisches Parlamentsmitglied beim dortigen Verfassungsgericht eingereicht hatte. Im Rahmen der Prüfung des Art. 10 Abs. 2 EMRK befand der EGMR, dass nach innerstaatlichem ungarischen Recht der Informationszugang zu Unrecht versagt worden sei und deshalb die Einschränkung des Informationszuganges nicht „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ gewesen sei. Abgesehen davon, dass diese Fallgestaltung schon wegen der Beteiligung einer NGO und auch sonst in keiner Weise mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist, hätte der Kläger in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung darlegen müssen, warum seiner Meinung nach die vom Verwaltungsgericht angenommene Einschränkung des Informationszugangs nicht nach Art. 10 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist. Diesen wichtigen integralen Bestandteil jeder Prüfung durch den EGMR auslassend kann der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht aufwerfen und nicht schlüssig dartun, dass ein uneingeschränkter Informationsanspruch bestehe. Der Beklagte hat diesbezüglich zu Recht darauf hingewiesen, dass, selbst wenn man einen Anspruch aus Art. 10 EMRK unterstellen würde, dieser nicht uneingeschränkt gelten müsste. Die EMRK schütze nämlich auch wesentliche Interessen des Staates, wozu hier die Funktionsfähigkeit des Petitionsverfahrens bei einem gesetzgebenden (!) Organ zu rechnen ist. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Verwaltungshandeln des Petitionsausschusses und der Landtagsverwaltung nicht um ein Verwaltungsverfahren der Exekutive, sondern um einen parlamentarischen Vorgang handelt, der nur einer ganz eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. BayVerfGH v. 23.4.2013 - Vf. 22-VII-12 - BayVBl. 2014, 48 ff.: relativ weiter, verfassungsgerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum des Landtags bezüglich Regelungen seiner Geschäftsordnung aufgrund der ihm verfassungsrechtlich in Art. 20 Abs. 3 BV eingeräumten Autonomie) und nicht mit dem üblichen Verwaltungsvorgehen der Exekutive vergleichbar ist. Auf diesen Aspekt geht die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung nicht ansatzweise ein und setzt sich damit mit einem wesentlichen Punkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, der für eine Prüfung des Art. 10 Abs. 2 EMRK wesentlich wäre, nicht auseinander.

Der EGMR begründet seine Entscheidungen auch nicht, wie der Kläger meint, mit einem Verweis auf die allgemeinen Regeln des Völkerrechts, wie die „Joint Declaration of the United Nations Special Rapporteur on Freedom of Opinion and Expression, the OSCE Representative on Freedeom of the Media and the OAS Special Rapporteur on Freedom of Expression of December 2004“ oder mit einem Verweis auf die „Joint Declaration der United Nations Special Rapporteur on Freedom of Opinion and Expression, the OSCE Representative on Freedom of the Media, the OAS Special Rapporteur on Freedom of Expression and the ACHPR Special on Freedom of Expression of December 2006“. Er zitiert diese Äußerungen von Sonderberichterstattern internationaler Organisationen lediglich im Rahmen einer Darstellung einschlägiger internationaler Dokumente, begründet seine Entscheidungen dann aber mit Art. 10 EMRK. Der Kläger zeigt nicht auf, in welcher Weise die genannten Joint Declarations international gültiges Recht setzen sollen. Das gleiche gilt für die vom Kläger hervorgehobene „Joint Concurring Opinion“ einzelner Richter des EGMR (zum Urteil vom 25.6.2013 - 48135/06 - Jugendinitiative für Menschenrechte gegen Serbien), die sich auf einen Zugang zu Daten bezieht, die in Zeiten des Totalitarismus von Geheimdiensten (!) zu Zwecken der Unterdrückung (!) genutzt wurden. Der Bezug zum vorliegend zu entscheidenden Fall erschießt sich dem Senat nicht.

Im Gegensatz zu den Sachverhalten in den vom Kläger benannten Entscheidungen des EGMR sind die Inhalte einer Petitionsakte (zur Petition einer Einzelperson) jedoch schon ihrer Natur nach keine Informationen, die zur öffentlichen Kenntnisnahme bestimmt sind und auf die schon innerstaatlich ein Anspruch auf Einsichtnahme bestünde. Die verfassungsrechtlich vorgegebene und in der Geschäftsordnung des Landtags in autonomer Regelungskompetenz ausgeformte Ausgestaltung des Petitionsverfahrens machen seine Inhalte gerade nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Die vom Kläger als Privatperson eingereichte Petition betrifft mit Zielrichtung der Schaffung allgemeiner Informationsansprüche und der Schulung von Behördenpersonal und Richtern in Menschenrechtsfragen auch keine Angelegenheit, bei der der Staat etwa im Sinn der Rechtsprechung des EGMR über ein Informationsmonopol verfügen würde. Es ist, wie die Petition des Klägers im Übrigen selbst aufzeigt, für eine öffentliche Diskussion der damit zusammenhängenden Fragen nicht erforderlich, gerade die Rechtsauffassung und die Ansichten staatlicher Stellen zur Petition des Klägers als Einzelperson zu erhalten.

Aus den eben zu Art. 10 EMRK geschilderten Gründen kann sich auch der vom Kläger undifferenziert behauptete Anspruch aus Art. 25 GG i. V. m. den allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht ergeben. Es gibt keine allgemeine völkerrechtliche Regel betreffend ein unbeschränktes Zugangsrecht von Einzelpersonen zu allen bei staatlichen Stellen (einschließlich der Legislative) vorhandenen Dokumenten oder Informationen.

2. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind nach dem Vortrag im Zulassungsantrag nicht ersichtlich. Der Sachverhalt ist übersichtlich, die entscheidungserheblichen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres an Hand der anzuwendenden Rechtsvorschriften klären. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, dass auch seine Anfragen bei den beiden betroffenen Ministerien Entscheidungsgegenstand sein müssen, wird damit eine besondere rechtliche Schwierigkeit nicht dargelegt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht angesichts des Tenors und des Rubrums seiner Entscheidung über den vom Kläger formulierten Anspruch auf Akteneinsicht in die genannten Stellungnahmen gegenüber dem Freistaat Bayern (und damit umfänglich) entschieden hat. Auf die Anmerkung des Verwaltungsgerichts zur Verfristung etwaiger Rechtsbehelfe bezüglich der Ablehnungsentscheidungen der einzelnen Ministerien geht die Begründung des Zulassungsantrages nicht ein.

3. Der Rechtssache fehlt auch die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Es geht vorliegend um eine einzelfallbezogene Anwendung der Regelungen zur Akteneinsicht im Rahmen eines Petitionsverfahrens. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist schon nicht hinreichend dargelegt. Zwar formuliert der Kläger zwei Fragen, legt aber nicht dar, warum den gestellten Fragen eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll.

Die erste vom Kläger gestellte Frage, ob die Abwesenheit eines Informationsfreiheitsgesetzes in Bayern dazu führen dürfe, dass der grundrechtlich gewährte Anspruch auf Informationszugang in diesem Bundesland schlicht nicht gewährt werde, stellt sich in dieser Form im vorliegenden Rechtsstreit nicht, weil es einen allgemeinen grundrechtlich gewährten Anspruch auf Informationszugang in der mit der Frage implizierten Allgemeinheit bezüglich nicht allgemein zugänglicher Informationen nicht gibt.

Die zweite vom Kläger gestellte Frage, ob nicht jedenfalls ein Rückgriff auf Art. 10 EMRK in Fällen wie dem vorliegenden geboten sei, ist nach dem oben Ausgeführten verneinend zu beantworten. Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf wird mit dem begründenden Zusatz des Klägers, dass die unterschiedliche Handhabung der Länder mit den Transparenzgeboten, die nach dem EGMR aber für die gesamte öffentliche Verwaltung zu gelten hätten, zu Rechtsunsicherheit und zu Verstößen gegen den Gleichheitsgrundsatz führe, nicht aufgeworfen. Der Rechtsprechung des EGMR ist nicht zu entnehmen, dass voraussetzungslose generelle Informationsansprüche Einzelner gegen staatliche Stellen (vor allem auch gegenüber der Legislative) bestehen. Dass einzelne Bundesländer aufgrund ihrer Gesetzgebungshoheit weitergehende Ansprüche einräumen, führt wie auch sonst bei Unterschieden im Landesrecht der einzelnen Bundesländer weder zur Rechtsunsicherheit, noch verstoßen Unterschiede im Landesrecht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, weil souveräne Normgeber mit jeweils anderen örtlichen Zuständigkeits- und Verantwortungsbereichen auch jeweils andere Regeln aufstellen dürfen (Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. [2011], Art. 3 Rn. 9).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG, wobei diesbezüglich auf den Beschluss zur Streitwertbeschwerde des Klägers (Az. 5 C 13.1489) verwiesen wird.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.

(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er

1.
personenbezogene Daten eines anderen, die ihm
a)
in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
b)
in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
c)
im Rahmen einer Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 oder 6 oder aus anderem dienstlichen Anlass, insbesondere durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen,
bekannt geworden sind, oder
2.
ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
(geschützte Daten) unbefugt offenbart oder verwertet oder
3.
geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind.

(3) Den Amtsträgern stehen gleich

1.
die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs),
1a.
die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen,
2.
amtlich zugezogene Sachverständige,
3.
die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

(4) Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten ist zulässig, soweit

1.
sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b dient,
1a.
sie einer Verarbeitung durch Finanzbehörden nach Maßgabe des § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder 6 dient,
1b.
sie der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach Artikel 83 der Verordnung (EU) 2016/679 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes dient,
2.
sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist,
2a.
sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist,
2b.
sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes oder für die Erfüllung von Bundesgesetzen durch die Statistischen Landesämter dient,
2c.
sie der Gesetzesfolgenabschätzung dient und die Voraussetzungen für eine Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorliegen,
2d.
sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist,
3.
die betroffene Person zustimmt,
4.
sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse
a)
in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind, oder
b)
ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
5.
für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht; ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn
a)
die Offenbarung erforderlich ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen,
b)
Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern, oder
c)
die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern; die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.

(5) Vorsätzlich falsche Angaben der betroffenen Person dürfen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.

(6) Der Abruf geschützter Daten, die für eines der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe a und b oder der zulässigen Übermittlung geschützter Daten durch eine Finanzbehörde an die betroffene Person oder Dritte dient. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer sowie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betrifft.

(7) Werden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durch einen Amtsträger oder diesem nach Absatz 3 gleichgestellte Personen nach Maßgabe des § 87a Absatz 4 oder 7 über De-Mail-Dienste im Sinne des § 1 des De-Mail-Gesetzes versendet, liegt keine unbefugte Offenbarung, Verwertung und kein unbefugter Abruf von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten vor, wenn beim Versenden eine kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht stattfindet.

(8) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das den Abgleich geschützter Daten innerhalb einer Finanzbehörde oder zwischen verschiedenen Finanzbehörden ermöglicht, ist zulässig, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Finanzbehörden angemessen ist.

(9) Die Finanzbehörden dürfen sich bei der Verarbeitung geschützter Daten nur dann eines Auftragsverarbeiters im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/679 bedienen, wenn diese Daten ausschließlich durch Personen verarbeitet werden, die zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet sind.

(10) Die Offenbarung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch Finanzbehörden an öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der Absätze 4 oder 5 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 31c vorliegen.

(11) Wurden geschützte Daten

1.
einer Person, die nicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet ist,
2.
einer öffentlichen Stelle, die keine Finanzbehörde ist, oder
3.
einer nicht-öffentlichen Stelle
nach den Absätzen 4 oder 5 offenbart, darf der Empfänger diese Daten nur zu dem Zweck speichern, verändern, nutzen oder übermitteln, zu dem sie ihm offenbart worden sind. Die Pflicht eines Amtsträgers oder einer ihm nach Absatz 3 gleichgestellten Person, dem oder der die geschützten Daten durch die Offenbarung bekannt geworden sind, zur Wahrung des Steuergeheimnisses bleibt unberührt.

Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, soweit der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.

Die Beteiligten haben Anspruch darauf, dass ihre Geheimnisse, insbesondere die zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse sowie die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, von der Behörde nicht unbefugt offenbart werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Laufen vom 6. Februar 2007 - 2 C 0116/06 - und das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 16. Januar 2008 - 3 U 1990/07 - verletzen den Beschwerdeführer in seinen verfassungsmäßigen Rechten aus Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die Urteile werden aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Laufen zurückverwiesen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. Februar 2008 - 3 U 1990/07 - ist gegenstandslos.

Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Benachteiligung ausländischer Besucher eines kommunalen Freizeitbads gegenüber Einwohnern der das Bad in Privatrechtsform betreibenden Kommunen.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich. Im September 2005 besuchte er ein Freizeitbad in B…. Dieses wird von der Beklagten des Ausgangsverfahrens betrieben, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Alleingesellschafter der Beklagten ist ein Fremdenverkehrsverband. Dieser Zweckverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2 der Satzung vom 6. Juli 2004, Oberbayerisches Amtsblatt Seite 101, zuletzt geändert durch Satzung vom 24. September 2014, Oberbayerisches Amtsblatt Seite 170). Mitglieder des Zweckverbands sind der Landkreis B… sowie fünf Gemeinden des Landkreises. Einwohnern dieser fünf Gemeinden gewährte die Beklagte einen Nachlass auf den regulären Eintrittspreis von etwa einem Drittel. Da der Beschwerdeführer nicht Einwohner dieser Gemeinden war, entrichtete er den regulären Eintrittspreis.

3

2. Der Beschwerdeführer sieht in dieser Preisgestaltung eine unzulässige Benachteiligung. Daher erhob er Klage zum Amtsgericht Laufen, mit der er von der Beklagten die Rückzahlung des Differenzbetrags verlangte und außerdem die Feststellung begehrte, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger den Eintritt künftig zu dem ermäßigten Entgelt zu gewähren.

4

a) Das Amtsgericht wies die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 6. Februar 2007 ab. Ein Anspruch aus § 812 BGB scheide aus. Der Beschwerdeführer habe den Differenzbetrag nicht ohne rechtlichen Grund bezahlt. Der dieser Zahlung zugrundeliegende Vertrag sei insbesondere nicht gemäß § 134 BGB nichtig.

5

Als gesetzliches Verbot im Sinne dieser Bestimmung komme zwar Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) in Betracht, der auch die passive Dienstleistungsfreiheit schütze. Jedoch sei vorliegend nicht von der notwendigen Horizontalwirkung auszugehen. Denn unabhängig von der privaten Rechtsform der Beklagten seien deren Leistungen nicht dem Bereich der Daseinsvorsorge zuzurechnen, dem etwa die Versorgung mit Wasser oder Elektrizität sowie die Abfallentsorgung zugehörten. Vielmehr handele es sich um eine rein wirtschaftliche Tätigkeit. In diesem Bereich der Fiskaltätigkeit mangele es an der notwendigen Horizontalwirkung. Die Beklagte sei auch weder qualitativ noch quantitativ mit in erheblicher Weise am Wirtschaftsleben teilnehmenden Verbänden oder Berufsorganisationen vergleichbar.

6

Nichts anderes ergebe sich aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 12 EGV (Art. 18 AEUV). Auch diese Bestimmung richte sich nicht an private Rechtsteilnehmer, zumal die Beklagte keinerlei tatbestandlich vorausgesetzte kollektive Regelungsmacht ausübe.

7

Die Grundrechte des Grundgesetzes schließlich seien keine Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB. Sie wirkten nur mittelbar über materiell-rechtliche Generalklauseln in das Privatrecht ein. Ein Verstoß gegen dergleichen Generalklauseln sei aber nicht ersichtlich. Der Beklagten könne etwa ein Missbrauch einer Monopolstellung oder sittenwidrige Ausbeutung nicht vorgeworfen werden. Auch bestehe für die Beklagte kein Kontrahierungszwang zu gleichen Preisen, da sie nicht im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sei.

8

b) Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wies das nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b GVG in der damals geltenden Fassung zuständige Oberlandesgericht München mit dem angegriffenen Urteil vom 16. Januar 2008 zurück.

9

aa) Der Vertrag sei nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Diese Bestimmung ordne die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur für diejenigen Fälle an, in denen sich aus dem verletzten Verbotsgesetz nicht etwas anderes ergebe. In der Regel könne Nichtigkeit nur angenommen werden, wenn sich das Verbot gegen beide Vertragsteile richte. Sei das Rechtsgeschäft dagegen nur für einen Vertragsteil verboten, sei es in der Regel gültig. Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) ordne für den Fall einer Verletzung keine Rechtsfolge an. Das in dieser Bestimmung enthaltene Diskriminierungsverbot richte sich nur gegen den Diskriminierenden, nicht gegen den Diskriminierten. Da das Verbot demnach nicht beide Vertragsteile treffe, sei der Vertrag wirksam. Es könne deshalb dahinstehen, ob die Beklagte Adressatin des in Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) enthaltenen Diskriminierungsverbots sei und ob eine Diskriminierung im Sinne dieser Vorschrift überhaupt vorliege. Aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in den Sachen Dogenpalast (Urteil vom 16. Januar 2003, C-388/01, EU:C:2003:30) und Angonese (Urteil vom 6. Juni 2000, C-281/98, EU:C:2000:296) ergebe sich nichts anderes. Dort habe der Gerichtshof lediglich Verstöße der beklagten Mitgliedstaaten gegen deren europarechtliche Verpflichtungen festgestellt. Er habe sich jedoch nicht zur Frage der Wirksamkeit der diesen Verfahren zugrundeliegenden privatrechtlichen Verträge geäußert.

10

bb) Ein Zahlungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB. Schutzgesetze im Sinne dieser Bestimmung seien nur Vorschriften, die erkennbar die Schaffung eines Schadenersatzanspruchs erstrebten. Dies sei bei Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) nicht der Fall, der, wie dargelegt, eine Sanktion für Verstöße nicht anordne. Eine andere Einschätzung sei auch mit Blick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht geboten. Der Gerichtshof habe die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruchs nur im Verhältnis zu Einrichtungen anerkannt, die unter staatlicher Aufsicht eine Dienstleistung im öffentlichen Interesse erbrächten und dazu mit besonderen Rechten ausgestattet seien. Die Beklagte erfülle nicht die Merkmale des im vom Gerichtshof entschiedenen Fall beklagten staatlichen Versicherungsunternehmens, wo es zudem, anders als hier, um die Frage der direkten Wirkung nicht rechtzeitig umgesetzter Richtlinien gegangen sei.

11

cc) Auch der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte dem Beschwerdeführer künftig den Eintritt zum selben Preis wie den privilegierten Gemeindeangehörigen gewähren müsse, sei unbegründet. Dieser Antrag sei dahingehend auszulegen, dass der Beschwerdeführer die Feststellung begehre, dass es der Beklagten untersagt sei, die Eintrittspreise nach den bisherigen Gesichtspunkten zu gestalten. Ein solcher Anspruch bestehe nicht. Er ergebe sich weder aus Europarecht noch aus nationalem Recht. Es gehe nicht um eine Frage der Auslegung des EG-Vertrags, sondern um dessen Anwendung auf den konkreten Einzelfall, was allein Aufgabe der nationalen Gerichte sei. Ein Verstoß gegen die Generalklauseln des Privatrechts im Hinblick auf die Grundrechte sei weder dargetan noch ersichtlich. Mit Blick auf Art. 3 GG habe die Beklagte sachbezogene Gründe für die Differenzierung bei den Eintrittspreisen dargelegt.

12

dd) Daraus ergebe sich schließlich auch, dass eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nicht veranlasst sei.

13

c) Die gegen dieses Urteil erhobene Gehörsrüge wies das Oberlandesgericht durch den angegriffenen Beschluss vom 25. Februar 2008 zurück. Der Senat habe den Vortrag des Beschwerdeführers umfassend zur Kenntnis genommen, er sei lediglich dessen Rechtsauffassung nicht gefolgt. Daraus ergebe sich keine Gehörsverletzung.

II.

14

1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und aus Art. 101 Abs. 1 GG.

15

a) Das Berufungsurteil habe Art. 3 Abs. 1 GG dadurch verletzt, dass es den Vorrang des Gemeinschaftsrechts und die Verpflichtungen des Oberlandesgerichts aus Art. 10 EGV (Art. 4 Abs. 3 EUV) willkürlich missachte.

16

Mit Blick auf die Sanktionierung des gerügten Verstoßes gegen Art. 49 EGV sei es gemäß Art. 10 EGV Aufgabe des nationalen Richters, den Rechtsschutz zu gewähren, der sich für die Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergebe. Das nationale Gericht müsse immer dann, wenn eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts keine eigene Sanktionsregelung enthalte, alle geeigneten Maßnahmen treffen, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Die nationalen Gerichte hätten darauf zu achten, dass Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach ähnlichen sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet würden wie nach Art und Schwere vergleichbare Verstöße gegen nationales Recht. Dabei müsse die Sanktion wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Es sei anerkannt, dass Verstöße gegen ein gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot - soweit dieses direkte Wirkung habe - zur Unwirksamkeit eines Vertrages gemäß § 134 BGB führten, sowie, dass daraus Ansprüche auf Schadenersatz, Beseitigung und Unterlassung resultieren könnten.

17

b) Das Oberlandesgericht verstoße ferner dadurch gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 101 Abs. 1 GG, dass es als letztinstanzliches Gericht (vgl. § 26 Nr. 8 EGZPO) unterlassen habe, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 234 EGV (Art. 267 AEUV) vorzulegen.

18

Da das Oberlandesgericht der Auffassung sei, dass der Gerichtshof noch nicht entschieden habe, ob ein Verstoß gegen Art. 49 EGV privatrechtlich zu sanktionieren sei, habe es diese Frage vorlegen müssen. Gleiches gelte für die Frage, ob eine privatrechtlich organisierte Einrichtung, deren Alleingesellschafter ein öffentlich-rechtlicher Verband sei, in dessen Aufsichtsrat nur Landräte und Bürgermeister sitzen, im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter staatlicher Aufsicht stehe. Nach dieser Rechtsprechung gälten die Grundfreiheiten gegenüber allen Organisationen oder Einrichtungen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Befugnissen ausgestattet sind.

19

c) Schließlich verstoße das Oberlandesgericht gegen Art. 101 Abs. 1 GG auch dadurch, dass es die Revision nicht zugelassen habe. Die Sache habe evident rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

20

2. Dem Bundesverfassungsgericht lagen die Akten des Ausgangsverfahrens vor. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, das Niedersächsische Justizministerium, der 10. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts und die Vorsitzenden des V., des VI. und des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs haben zum Verfahren Stellung genommen.

III.

21

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

22

1. Die Urteile des Amtsgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

23

a) Die fachgerichtliche Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts kann grundsätzlich nur daraufhin geprüft werden, ob sie willkürlich ist oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruht oder mit anderen verfassungsrechtlichen Vorschriften unvereinbar ist (vgl. BVerfGE 1, 418 <420>; 18, 441 <450>; 94, 315 <328>; 111, 307 <328>; 128, 193 <209>; stRspr). Mit Blick auf das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die Anwendung der einschlägigen einfachrechtlichen Bestimmungen und das dazu eingeschlagene Verfahren durch das Fachgericht vertretbar sind oder ob sich der Schluss aufdrängt, dass seine Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>; 108, 129 <137, 142 f.>; 109, 13 <33>; 109, 38 <59>; BVerfGK 2, 82 <85>; 2, 165 <173>; 6, 334 <342>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 2015 - 2 BvR 2088/15 -, juris, Rn. 22). Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Schlechterdings unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 2015 - 2 BvR 2088/15 -, juris, Rn. 22).

24

b) Die Annahme der Fachgerichte, die Grundrechte des Beschwerdeführers seien vorliegend nicht anwendbar oder jedenfalls nicht verletzt, lässt sich unter keinem Blickwinkel nachvollziehen. Die Beklagte ist gegenüber dem Beschwerdeführer unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Verstößt die Beklagte durch den Vertragsschluss gegen Grundrechte, ist der Vertrag daher - gegebenenfalls teilweise - nichtig. Nach den bisherigen Feststellungen der Fachgerichte verletzt die differenzierende Preisgestaltung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.

25

aa) In privatrechtlichen Organisationsformen geführte Unternehmen, die vollständig im Eigentum des Staates stehen (öffentliche Unternehmen), sind unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Für eine bloß mittelbare Berücksichtigung der Grundrechte im Verhältnis öffentlicher Unternehmen zu Grundrechtsberechtigten im Privatrechtsverkehr ist daher kein Raum.

26

(1) Art. 1 Abs. 3 GG ordnet die umfassende Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt an. Die Grundrechte gelten nicht nur für bestimmte Bereiche, Funktionen oder Handlungsformen staatlicher Aufgabenwahrnehmung, sondern binden die staatliche Gewalt umfassend und insgesamt (BVerfGE 128, 226 <244>). Der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zwar auch am Privatrechtsverkehr teilnehmen. Sie handeln dabei jedoch stets in Wahrnehmung ihres dem Gemeinwohl verpflichteten Auftrags (vgl. BVerfGE 128, 226 <244 f.>). Ihre unmittelbare Bindung an die Grundrechte hängt daher weder von der Organisationsform ab, in der sie dem Bürger gegenübertreten, noch von der Handlungsform.

27

(a) Die Wahl der Organisationsform hat keine Auswirkungen auf die Grundrechtsbindung des Staates oder anderer Träger öffentlicher Gewalt. Das gilt nicht nur dann, wenn sie ihre Aufgaben unmittelbar selbst oder mittelbar durch juristische Personen des öffentlichen Rechts erfüllen, sondern auch dann, wenn sie auf privatrechtliche Organisationsformen zurückgreifen. Das gilt auch für gemischt-wirtschaftliche Unternehmen des Privatrechts, solange sie diese beherrschen (vgl. BVerfGE 128, 226 <246 f.>). In diesen Fällen trifft die Grundrechtsbindung nicht nur die dahinterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auch unmittelbar die juristische Person des Privatrechts selbst (vgl. BVerfGE 128, 226 <245>).

28

Vor diesem Hintergrund können sich der Staat und andere Träger öffentlicher Gewalt grundsätzlich selbst nicht auf die Grundrechte berufen (vgl. BVerfGE 21, 362 <370>; 61, 82 <100 ff.>; 68, 193 <205 ff.>; 75, 192 <200>). Auch juristische Personen des Privatrechts, die im Alleineigentum des Staates stehen oder von diesem beherrscht werden, sind grundsätzlich nicht grundrechtsberechtigt (vgl. BVerfGE 56, 54 <79 f.>; 128, 226 <245 ff.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 16. Mai 1989 - 1 BvR 705/88 -, juris, Rn. 2 ff.; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Mai 2009 - 1 BvR 1731/05 -, juris, Rn. 16 f.).

29

(b) Die Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt gilt auch unabhängig von den gewählten Handlungsformen und den Zwecken, zu denen sie tätig wird. Sobald der Staat oder andere Träger öffentlicher Gewalt eine Aufgabe an sich ziehen, sind sie bei deren Wahrnehmung an die Grundrechte gebunden. Dies gilt auch, wenn sie insoweit auf das Zivilrecht zurückgreifen. Eine Flucht aus der Grundrechtsbindung in das Privatrecht mit der Folge, dass der Staat unter Freistellung von Art. 1 Abs. 3 GG als Privatrechtssubjekt zu begreifen wäre, ist ihm verstellt (BVerfGE 128, 226<245>).

30

Unerheblich ist auch, ob die für den Staat oder andere Träger öffentlicher Gewalt handelnde Einheit "spezifische" Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, ob sie erwerbswirtschaftlich oder zur reinen Bedarfsdeckung tätig wird ("fiskalisches" Handeln) und welchen sonstigen Zweck sie verfolgt. Der Vorstellung, die Grundrechtsbindung sei von der Natur des verfolgten Zwecks abhängig (vgl. Dürig/Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, 73. Ergänzungslieferung 2014, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 475 ff.), liegt eine Dichotomie zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht zugrunde, die mit der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung für eine umfassende Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt (Art. 1 Abs. 3 GG) nicht vereinbar ist. Diese Bindung steht nicht unter einem Nützlichkeits- oder Funktionsvorbehalt (BVerfGE 128, 226 <245>). Sie macht die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand nicht unmöglich, verwehrt ihr jedoch, sich auf die allein dem Einzelnen zustehende Berechtigung zu gewillkürter Freiheit zu berufen (vgl. BVerfGE 128, 226 <247 ff.>).

31

(2) Für die in der Zivilrechtsprechung, vereinzelt auch in der Verwaltungsrechtsprechung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 7 C 8/10 -, juris, Rn. 31 ff.) früher verbreitete Auffassung, wonach die in privatrechtlichen Handlungsformen jenseits des sogenannten Verwaltungsprivatrechts "fiskalisch" tätig werdende öffentliche Hand grundsätzlich keiner Grundrechtsbindung unterliege (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 397/02 -, juris, Rn. 12; vgl. auch BGHZ 36, 91 <93 f.>; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2003 - V ZR 424/02 -, juris, Rn. 18 ff.; Urteil vom 14. Dezember 1976 - VI ZR 251/73 -, juris, Rn. 33 f.), ist daher kein Raum (vgl. nun BGH, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 227/14 -, juris, Rn. 9).

32

Im Übrigen waren öffentliche Unternehmen auch nach dieser Auffassung zumindest an das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Willkürverbot gebunden, sodass Ungleichbehandlungen auch durch sachgerechte Gründe gerechtfertigt sein mussten (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 397/02 -, juris, Rn. 9, 12 f.).

33

(3) Verletzt die in privatrechtlichen Formen agierende öffentliche Hand Grundrechte eines am Rechtsgeschäft beteiligten Grundrechtsträgers, ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich nichtig (vgl. BGHZ 65, 284 <287>; 154, 146 <149>; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 397/02 -, juris, Rn. 9; siehe auch BGH, Urteil vom 18. September 2009 - V ZR 2/09 -, juris, Rn. 8 f.; BGH, Urteil vom 6. November 2009 - V ZR 63/09 -, juris, Rn. 15; Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 134 Rn. 33; Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, Buch 1, Neubearbeitung 2011, § 134 Rn. 37; Arnold, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 134 Rn. 10; Looschelders, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB, 2. Aufl. 2011, § 134 Rn. 33).

34

bb) Vor diesem Hintergrund besteht an der unmittelbaren und uneingeschränkten Bindung der Beklagten des Ausgangsverfahrens an die Grundrechte kein Zweifel. Sie ist ein öffentliches Unternehmen, dessen einziger Gesellschafter eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, die sich ihrerseits auf einen Landkreis und fünf Gemeinden stützt.

35

Die Annahme des Amtsgerichts, die Grundrechte hätten für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch allenfalls mittelbare Bedeutung, verkennt daher Bedeutung und Tragweite von Art. 1 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar thematisiert das Amtsgericht eine etwaige Ausstrahlungswirkung der Grundrechte über die Generalklauseln des Zivilrechts; es verkennt damit jedoch bereits vom Ansatz her die unmittelbare Grundrechtsbindung der Beklagten. Soweit es darüber hinaus davon ausgeht, dass die Beklagte nicht im Bereich der "Daseinsvorsorge" tätig werde und deshalb keinem Kontrahierungszwang zu gleichen Preisen unterliege, verkennt es, dass die Grundrechtsbindung nicht davon abhängt, wie die staatliche Betätigung verwaltungsrechtlich einzuordnen ist oder welchen Zwecken sie dient.

36

Das Oberlandesgericht hingegen zieht die Möglichkeit der unmittelbaren Grundrechtsbindung mit Blick auf den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Zahlungsanspruch überhaupt nicht in Betracht. Das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG erwähnt es ausschließlich mit Blick auf den Feststellungsanspruch. Das ist schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar.

37

cc) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Auffassung der Fachgerichte im Ergebnis hinzunehmen sein könnte, weil die in Rede stehende Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre. Rechtfertigende Sachgründe, die das Oberlandesgericht behauptet, aber nicht offenlegt, sind nicht ersichtlich.

38

(1) Zwar ist es Gemeinden nicht von vornherein verwehrt, ihre Einwohner bevorzugt zu behandeln. Die darin liegende Ungleichbehandlung muss sich jedoch am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen und daher durch Sachgründe gerechtfertigt sein.

39

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass der Wohnsitz allein kein eine Bevorzugung legitimierender Grund ist (vgl. BVerfGE 33, 303 <355>; 65, 325 <355>; 134, 1 <21 Rn. 60>). Die bloße Nichtzugehörigkeit zu einer Gemeinde berechtigt diese daher nicht, Auswärtige zu benachteiligen. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, eine Ungleichbehandlung an Sachgründe zu knüpfen, die mit dem Wohnort untrennbar zusammenhängen. Ein solches legitimes Ziel kann etwa die Versorgung mit wohnortnahen Bildungsangeboten (vgl. BVerfGE 33, 303 <355 f.>), die Verursachung eines höheren Aufwands durch Auswärtige (vgl. BVerfGE 65, 325 <355 f.>; 134, 1 <22 f. Rn. 64>), die Konzentration von Haushaltsmitteln auf die Aufgabenerfüllung gegenüber den Gemeindeeinwohnern (vgl. BVerfGE 112, 74 <87 f.>) oder ein Lenkungszweck sein, der vor der Verfassung Bestand hat (vgl. BVerfGE 134, 1 <23 Rn. 65>). Im kommunalen Bereich bedürfen nichtsteuerliche Abgaben zur Wahrung des Grundsatzes der Belastungsgleichheit, der aus der abgabenrechtlichen Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes folgt und die durch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie gewährleistete Finanzhoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) begrenzt, einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 137, 1 <20 Rn. 49> m.w.N.). Als solche sind neben der Kostendeckung auch Zwecke des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie soziale Zwecke anerkannt (BVerfGE 133, 1 <20 Rn. 49> m.w.N.).

40

Verfolgt eine Gemeinde durch die Privilegierung Einheimischer das Ziel, knappe Ressourcen auf den eigenen Aufgabenbereich (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) zu beschränken, Gemeindeangehörigen einen Ausgleich für besondere Belastungen zu gewähren oder Auswärtige für einen erhöhten Aufwand in Anspruch zu nehmen, oder sollen die kulturellen und sozialen Belange der örtlichen Gemeinschaft dadurch gefördert und der kommunale Zusammenhalt dadurch gestärkt werden, dass Einheimischen besondere Vorteile gewährt werden, kann dies mit Art. 3 Abs. 1 GG daher vereinbar sein.

41

(2) Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte vorliegend solche legitimen Ziele, die eine Bevorzugung Einheimischer rechtfertigen könnten, tatsächlich verfolgt.

42

Das Vermarktungskonzept der Beklagten ist darauf angelegt, auswärtige Besucher anzuziehen. Satzungsmäßige Aufgabe des Alleingesellschafters der Beklagten ist die Förderung des Fremdenverkehrs (§ 3 Abs. 1 der Satzung), wozu insbesondere die Unterhaltung entsprechender Einrichtungen gehört (§ 3 Abs. 2 Buchstabe b der Satzung). Zu diesem Zweck wurde die Beklagte gegründet. Diese hat im vorliegenden Verfahren vorgetragen, sie sei mittels eines umfassenden Dienstleistungsangebots auf Gewinnerzielung und die Förderung des Tourismus ausgerichtet. Mit den erzielten Gewinnen bestreite sie den Pachtzins, die der Zweckverband an den Eigentümer des Grundstücks, auf dem sich das Bad befindet, zahle.

43

Mit diesem Modell bezweckt die Beklagte gerade nicht, das kulturelle und soziale Wohl der Einwohner zu fördern, die örtliche Gemeinschaft zu stärken, den Nutzerkreis zu beschränken oder durch Verhaltenssteuerung die Auslastung des Bades zu gewährleisten. Das Bad ist im Gegenteil auf Überregionalität angelegt und soll, wie die Beklagte im vorliegenden Verfahren dargelegt hat, Auswärtige ansprechen und gerade nicht kommunale Aufgaben im engeren Sinne erfüllen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Einwohner der die Beklagte tragenden Gebietskörperschaften einen Ausgleich für finanzielle oder andere Belastungen erhalten sollen, zumal der größte Teil der Einwohner des Landkreises - Einwohner der kreisangehörigen Gemeinden, die nicht selbst Mitglieder des Zweckverbands sind - nicht zum privilegierten Nutzerkreis gehört. Daher ist weder ersichtlich, dass die Privilegierung einem solchen Ausgleich dient, noch wurde festgestellt, dass das Bad mit Haushaltsmitteln errichtet oder betrieben wurde. Vorbehaltlich weiterer Feststellungen, die die Fachgerichte zu treffen haben werden, liegen die Preisdifferenzierung rechtfertigende Gründe nicht vor.

44

c) Das Urteil des Oberlandesgerichts verletzt Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als Willkürverbot ferner dadurch, dass es Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) mit Blick auf das darin enthaltene Diskriminierungsverbot nicht als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ansieht. Diese Annahme lässt sich unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt begründen.

45

Zwar entspricht der Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts, Verstöße gegen Verbotsnormen, die sich nur an einen von mehreren Vertragsteilen richten, führten in der Regel nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts, der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2009 - KZR 34/06 -, juris, Rn. 12; Urteil vom 30. April 1992 - III ZR 151/91 -, juris, Rn. 15). Nicht mehr nachvollziehbar ist indes die darauf aufbauende Erwägung des Oberlandesgerichts, ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot könne nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts führen, weil sich dieses Verbot nur an den Diskriminierenden richte, nicht aber an den Diskriminierten. Diese Handhabung verkehrt nicht nur Sinn und Zweck des § 134 BGB in ihr Gegenteil, sondern ist auch mit Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) nicht zu vereinbaren, da sie den mit diesen Bestimmungen bezweckten Schutz des Betroffenen dadurch konterkariert, dass sie die Ungleichbehandlung und damit die den freien Dienstleistungsverkehr beschränkende Wirkung des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz perpetuiert.

46

Gälte die dargestellte Regel auch dann, wenn das Verbot, das sich nur an die eine Vertragspartei richtet, gerade dem Schutz der anderen Vertragspartei dient, führte die Annahme der Wirksamkeit des Geschäfts dazu, dass der Schutzzweck der Verbotsnorm in sein Gegenteil verkehrt würde, wenn nur die - gegebenenfalls teilweise - Nichtigkeit des Geschäfts den bezweckten Schutz verwirklichen kann. Zur Vermeidung dieser Konsequenz entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch Verstöße gegen nur einseitige Verbote als Ausnahme von der eingangs dargestellten Regel dann zur Nichtigkeit des Geschäfts führen, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (BGHZ 37, 258 <262>; 46, 24 <26>; 53, 152 <157>; 65, 368 <370>; 71, 358 <360 f.>; 78, 263 <265>; 115, 123 <125>; 118, 142 <145>; 132, 229 <231 f.>; 146, 250 <257 f.>; 159, 334 <341 f.>; BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10 -, juris, Rn. 12; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Juli 2002 - III ZR 113/02 -, juris, Rn. 7). Auch in der Literatur entspricht es einhelliger Auffassung, dass der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz dann zur Nichtigkeit des Geschäfts führt, wenn diese Rechtsfolge ein Gebot der Auslegung der Verbotsnorm ist (siehe Armbrüster, a.a.O., § 134 Rn. 49; Arnold, a.a.O., § 134 Rn. 13; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 134 Rn. 6; Hefermehl, in: Soergel, BGB, 13. Aufl. 1999, § 134 Rn. 14; Looschelders, a.a.O., § 134 Rn. 56 f.; Sack/Seibl, a.a.O., § 134 Rn. 57 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind daher auch Vorschriften des unionalen Primärrechts, die sich nur an eine Partei des Rechtsgeschäfts richten, zu dessen Nichtigkeit führende Verbotsgesetze, wenn deren Zweck nicht anders erreicht werden kann (zu Art. 88 Abs. 3 EGV vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2003 - V ZR 314/02 -, juris, Rn. 12).

47

Dass das Oberlandesgericht eine Anwendbarkeit von Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) insoweit verneint, ist vor diesem Hintergrund schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar.

48

Die nach den dargestellten Grundsätzen erforderliche Auslegung dieser Bestimmung ergibt, im Gegenteil, dass die Wirksamkeit des zwischen dem Beschwerdeführer und der Beklagten geschlossenen Vertrags insoweit mit der Garantie aus Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) unvereinbar ist, als der Beschwerdeführer im Vergleich zu Einheimischen, die in den Genuss des Preisnachlasses kommen, schlechter behandelt wird. Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) dient der Erleichterung der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung. Erbringer und Empfänger von Dienstleistungen sollen nicht dadurch von der Leistung der Dienste und ihrer Entgegennahme abgehalten werden, dass für sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit ungünstigere Konditionen gelten als bei rein nationalen Sachverhalten. Die Bestimmung gewährt insoweit ein unmittelbar anwendbares subjektives Recht. Bliebe die Wirksamkeit des Geschäfts im in Rede stehenden Umfang vom Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot unberührt, dauerte die Wirkung der Diskriminierung fort, sodass das Verbot insoweit wirkungslos wäre.

49

Die Annahme des Oberlandesgerichts, das Unionsrecht sehe im vorliegenden Zusammenhang keine Sanktion vor, ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil es ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entspricht, dass der Gleichheitssatz, solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen worden sind, nur dadurch gewahrt werden kann, dass die Vergünstigungen, die die Mitglieder der begünstigten Gruppe erhalten, auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe erstreckt werden (EuGH, Urteil vom 4. Dezember 1986, Federatie Nederlandse Vakbeweging, 71/85, Slg. 1986, S. 3870 <3876>; Urteil vom 21. Juni 2007, Jonkman, C-231/06 bis 233/06, Slg. 2007, S. I-5172 , m.w.N.).

50

d) Ein eigenständiger Verstoß gegen das Willkürverbot liegt schließlich in der Annahme des Oberlandesgerichts, es sei "keine Frage der Auslegung des EG-Vertrages, sondern …. die Frage der Anwendung auf den vorliegenden konkreten Einzelfall, die allein Aufgabe des innerstaatlichen Gerichts ist", ob der Beschwerdeführer einen unionsrechtlichen Anspruch auf eine diskriminierungsfreie Preisgestaltung durch die Beklagte habe. Diese Erwägung ist nicht nur in sich widersprüchlich, sie ist auch nicht geeignet, den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch abzuweisen.

51

2. Schließlich verletzt das Urteil des Oberlandesgerichts den Beschwerdeführer auch in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

52

a) Der Gerichtshof der Europäischen Union ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 73, 339 <366>; 135, 155 <230 Rn. 177>; stRspr). Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV sind die nationalen Gerichte daher von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen. Kommt ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des Gerichtshofs im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens daher nicht nach, kann dem Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsrechtsstreits der gesetzliche Richter entzogen sein (vgl. BVerfGE 73, 339 <369>; 135, 155 <230 f. Rn. 177>; stRspr).

53

aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, S. 3415 <3430 f.>) muss ein nationales letztinstanzliches Gericht seiner Vorlagepflicht nachkommen, wenn sich in einem bei ihm schwebenden Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, das Gericht hat festgestellt, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. auch BVerfGE 82, 159 <193>; 135, 155 <231 Rn. 178>; stRspr).

54

bb) Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG setzt aber voraus, dass die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 126, 286 <315 f.>; 135, 155 <232 Rn. 180>; stRspr).

55

Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV wird unter anderem in den Fällen offensichtlich unhaltbar gehandhabt, in denen ein letztinstanzliches Hauptsachegericht eine Vorlage trotz der - seiner Auffassung nach bestehenden - Entscheidungserheblichkeit einer unionsrechtlichen Frage überhaupt nicht in Erwägung zieht, obwohl es selbst Zweifel hinsichtlich der richtigen Beantwortung der Frage hegt und das Unionsrecht somit eigenständig fortbildet (grundsätzliche Verkennung der Vorlagepflicht; vgl. BVerfGE 82, 159 <195 f.>; 126, 286 <316 f.>; 128, 157 <187 f.>; 129, 78 <106 f.>; 135, 155 <232 Rn. 181>).

56

Dies gilt erst recht, wenn sich das Gericht hinsichtlich des (materiellen) Unionsrechts nicht hinreichend kundig macht. Es verkennt dann regelmäßig die Bedingungen für die Vorlagepflicht (vgl. BVerfGK 8, 401 <405>; 11, 189 <199>; 13, 303 <308>; 17, 108 <111>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 -, juris, Rn. 21). Gleiches gilt, wenn es offenkundig einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht auswertet. Um eine Kontrolle am Maßstab des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu ermöglichen, hat es die Gründe für seine Entscheidung über die Vorlagepflicht anzugeben (BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2014, a.a.O., Rn. 21).

57

b) Danach hat das Oberlandesgericht vorliegend seine Vorlagepflicht offensichtlich unhaltbar gehandhabt, weil es sich hinsichtlich des materiellen Unionsrechts nicht hinreichend kundig gemacht hat.

58

Dies gilt zunächst für den Umgang des Oberlandesgerichts mit der Frage, ob die Beklagte als öffentliches Unternehmen unmittelbar an die Grundfreiheiten gebunden ist. Angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Bindungswirkung des Diskriminierungsverbots und der Grundfreiheiten für vom Staat beherrschte Unternehmen (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 1974, Sacchi, 155/73, Slg. 1974, S. 411 <430>; Urteil vom 6. Juli 1982, Transparenzrichtlinie, 188/80 bis 190/80, Slg. 1982, S. 2545 <2575, 2579>; Urteil vom 18. Juni 1991, ERT, C-260/89, Slg. 1991, S. I-2951 ; Angonese, a.a.O., Rn. 30 ff.) und mit Blick auf Art. 106 AEUV (Art. 86 EGV; vgl. Wernicke, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Bd. 2, Art. 106 AEUV Rn. 8 ) liegt die Annahme einer unmittelbaren Bindung der Beklagten an die in Rede stehenden Vorgaben des Unionsrechts nahe.

59

Dies gilt ferner für die Frage, ob die Preisgestaltung der Beklagten gegen Art. 56 AEUV (Art. 49 EGV) verstoße. Zu Entgeltsystemen für die Nutzung kultureller Einrichtungen, die Gemeindeeinwohner bevorzugen, hat der Gerichtshof der Europäischen Union festgestellt, dass wirtschaftliche Ziele die darin liegende Beschränkung der Grundfreiheiten nicht rechtfertigen könnten und dass auch steuerrechtliche Gründe nur dann anzuerkennen seien, wenn ein spezifischer Zusammenhang zwischen der Besteuerung und den Tarifvorteilen bestehe (EuGH, Dogenpalast, a.a.O., Rn. 22 ff.).

IV.

60

Die Urteile des Amtsgerichts und des Oberlandesgerichts sind aufzuheben. Die Sache ist an das Amtsgericht Laufen zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

61

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.