Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. März 2019 - L 11 AS 904/18

bei uns veröffentlicht am20.03.2019
vorgehend
Sozialgericht Nürnberg, S 8 AS 603/17, 21.08.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.08.2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinsichtlich des Regelbedarfs für die Zeit von Januar 2015 bis November 2017.

Der 1954 geborene Kläger bewohnt eine Wohnung in einer Unterkunft der Stadt A., für die eine monatliche Gebühr von 45,60 € bzw ab Juli 2015 i.H.v. 140,60 € zu zahlen ist. Mit Bescheid vom 20.11.2014 (laut Akte des Beklagten 18.11.2014) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.12.2014 (im Widerspruchsbescheid als Bescheid vom 30.11.2014 benannt) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 bewilligte der Beklagte Alg II für Dezember 2014 i.H.v. 436,60 € (391 € für Regelbedarf und 45,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung) bzw für Januar bis Mai 2015 i.H.v. monatlich 444,60 € (399 € für Regelbedarf und 45,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung. Die dagegen vom Kläger erhobene Klage, gerichtet auf weitere Leistungen für den Regelbedarf ab Januar 2015, hat das Sozialgericht Nürnberg (SG) mit Urteil vom 17.10.2015 (S 8 AS 558/15) abgewiesen. Die Berufung hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) war erfolglos (Urteil vom 22.08.2016 - L 18 AS 75/16).

Für die Zeit von Juni bis November 2015 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 21.05.2015 (laut Akte des Beklagten 20.05.2015) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2015 Alg II i.H.v. zunächst monatlich 444,60 € (399 € für Regelbedarf und 45,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung). Der Regelbedarf wurde an den Kläger, die übrigen Leistungen an die Stadt A. direkt gezahlt. Aufgrund eines beim Beklagten am 30.12.2016 eingegangenen Überprüfungsantrages bezüglich aller Bescheide ab Januar 2015 wurden dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 11.01.2017 (laut Akte des Beklagten 10.01.2017) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.02.2017 für Juli bis November 2015 Alg II i.H.v. 539,60 € (399 € für Regelbedarf und 140,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung) bewilligt. Einen dagegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2017 zurück. Hiergegen hat der Kläger Klage beim SG erhoben (S 8 AS 603/17).

Mit Bescheid vom 15.12.2015 bewilligte der Beklagte Alg II für Dezember 2015 i.H.v. 539,60 € (399 € für Regelbedarf und 140,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung) und für Januar bis November 2016 i.H.v. monatlich 544,60 € (404 € für Regelbedarf und 140,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung). Der Regelbedarf wurde an den Kläger, die übrigen Leistungen an die Stadt A. direkt gezahlt. Es bestünden Zahlungsrückstände und es drohe Wohnungslosigkeit. Den Widerspruch dagegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2016 zurück. Dagegen hat der Kläger Klage beim SG erhoben (S 8 AS 504/16).

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2016 Alg II für Dezember 2016 i.H.v. 544,60 € (404 € für Regelbedarf und 140,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung) sowie für Januar bis November 2017 i.H.v. monatlich 549,60 € (409 € für Regelbedarf und 140,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung). Der Regelbedarf wurde an den Kläger, die übrigen Leistungen an die Stadt A. direkt gezahlt. Dagegen hat der Kläger Klage beim SG erhoben (S 8 AS 1477/16).

Im Rahmen der mit Beschluss des SG vom 07.08.2017 zum Verfahren S 8 AS 603/17 verbundenen Verfahren S 8 AS 504/16, S 8 AS 1477/16 und S 8 AS 603/17 hat der Kläger ausgeführt, es werde in den Bescheiden das Zitiergebot des Grundgesetzes verletzt. Sowohl hinsichtlich der Unterkunftskosten als auch hinsichtlich der Stromkosten liege eine rechtswidrige Unterdeckung vor. Die Direktzahlung an den Vermieter sei rechtswidrig. Nach wie vor sei ungeklärt, ob die Regelbedarfe gegenwärtig einen ausreichenden finanziellen Spielraum für den internen Ausgleich beinhalten und damit ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten könnten. Die Regelung zu unregelmäßig anfallenden Bedarfen sei inhaltlich und betragsmäßig zu unbestimmt. Nicht rechtmäßig sei zudem die „Mechanik“ des zahlenmäßig unbezifferten „Ansparens“, das irgendwann zum Zusammenbruch des Systems führe. Der Regelsatz werde verfassungswidrig „klein“-gerechnet. Auch die Leistungen für Strom seien im Regelbedarf zu gering festgesetzt. Es bestehe hier eine monatlich permanente Unterdeckung von 16,51 €. Eine Unterdeckung liege auch im Bereich der Mobilität vor. Es bestehe ein weiterer Anspruch auf 155 € monatlich. In einem Schriftsatz, der sowohl das vorliegende Klageverfahren als auch ein weiteres Verfahren (S 8 AS 310/18) betroffen hat und auf den der Kläger bei der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Bezug genommen hat, hat er höhere Leistungen für den Regelbedarf für die Zeit von Januar 2015 bis November 2018 geltend gemacht und sich gegen die Direktüberweisung der Unterkunftskosten an die Stadt A. im Zeitraum von Januar 2016 bis August 2018 gewandt sowie die Auszahlung der Unterkunftsleistungen an ihn ab September 2018 begehrt. Mit Urteil vom 21.08.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Zeiträume von Januar bis Juni 2015 und Dezember 2017 bis November 2018 sei die Klage unzulässig, da eine anderweitige Rechtshängigkeit bestehe. Bezüglich der Zeit von Januar bis Mai 2015 sei vom LSG bereits mit „Beschluss“ vom 22.08.2016 (L 18 AS 75/16) rechtskräftig entschieden worden. Der Leistungszeitraum sei bereits Gegenstand des Verfahrens S 8 AS 310/18. Ein Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs für die Zeit von Juli 2015 bis Dezember 2016 bestehe nicht. Die entsprechende Festsetzung stehe im Einklang mit der Verfassung. Auch ein einfachgesetzlicher Verstoß sei nicht gegeben. Ebenfalls bestehe kein Anspruch auf die Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs für die Zeit von Dezember 2017 bis November 2018. Auch hier sei der Regelbedarf nicht rechtswidrig festgesetzt worden. Ein Anspruch auf Auszahlung der Unterkunftskosten an den Kläger bestehe nicht. Aufgrund der Mietrückstände drohe der Verlust der Wohnberechtigung und eine Obdachlosigkeit, so dass das dem Beklagten eingeräumte Ermessen dahingehend auszuüben war, die Unterkunfts- und Heizkosten direkt an die Stadt A. zu zahlen.

Dagegen hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt. Bei der Entscheidung des SG habe ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt, der das erste Mal dabei gewesen und sich nicht ausgekannt habe. Hinsichtlich der Regelsätze für Januar bis Juni 2015 sei auf einen ihm nicht bekannten Beschluss vom 22.08.2016 verwiesen worden. Seine Anträge seien nur verlesen worden. Im Hinblick auf die knappe Zeit der Verhandlung sei das rechtliche Gehör verletzt worden. Der Regelsatz sei zu niedrig bemessen. Es werde auf ein Sendeskript der ARD-Sendung Monitor verwiesen. Es bestehe insbesondere eine Unterdeckung bei den Stromkosten. Es beantrage Beweis zu erheben, dass sich das LSG davon überzeuge, dass das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Entscheidung vom 23.07.2014 aufgestellt habe, entspreche, wobei insbesondere die dortigen Randnummern ab ca 100 bis einschließlich 149 zu berücksichtigen und zu prüfen seien. Im Erörterungstermin am 29.01.2019 hat der Kläger erklärt, dass es im Verfahren nunmehr nur noch um die Höhe des ihm bewilligten Regelbedarfs in dem streitgegenständlichen Zeitraum gehe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.08.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2016 und des Bescheides vom 17.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2016 zu verurteilen, weitere Leistungen für den Regelbedarf i.H.v. monatlich 155 € für Dezember 2015 bis November 2017 zu zahlen sowie den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2017 zu verpflichten, den Bescheid vom 20.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 und den Bescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2015 abzuändern und weitere Leistungen für den Regelbedarf i.H.v. monatlich 155 € für Januar bis November 2015 zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das Vorbringen des Klägers war nach § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass es ihm zuletzt noch um die Zahlung von weiterem Alg II in Bezug auf einen höheren Regelbedarf für den Zeitraum von Januar 2015 bis November 2017 geht. Soweit zunächst auch die Zahlung von Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Bezug auf die Direktzahlung an die Stadt A. in Streit stand, hat der Kläger nach dem Erörterungstermin am 29.01.2019 dieses Begehren nicht mehr weiterverfolgt. Streitgegenstand ist damit zunächst der Bescheid vom 15.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2016 und der Bescheid vom 17.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2016 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.11.2016, mit denen der Beklagte Alg II für die Zeit von Dezember 2015 bis November 2016 und Dezember 2016 bis November 2017 bewilligt hat. Der Kläger wendet sich mit seiner statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) gegen die Höhe des in der Leistungsbewilligung berücksichtigten Regelbedarfs, womit er den Streitgegenstand hierauf beschränkt hat (vgl zur möglichen Beschränkung des Streitgegenstandes BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R; Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R; Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 140/15 - alle zitiert nach juris). Darüber hinaus ist Streitgegenstand auch der Bescheid vom 11.01.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2017, mit dem der Beklagte lediglich in Bezug auf die Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung Änderungen für die Zeit von Juli 2015 bis November 2015 vorgenommen hat, jedoch im Übrigen auf den vom Kläger am 30.12.2016 gestellten Überprüfungsantrag keine zusätzlichen Leistungen bewilligt hat. So erfolgte keine Änderung der hinsichtlich des Regelbedarfs bewilligten Leistungen für Januar bis Mai 2015 (Bescheid vom 20.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015) und für Juni bis November 2015 (Bescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2015. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einer nach § 54 Abs. 1 und Abs. 4 iVm § 56 SGG statthaften kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (vgl dazu BSG, Urteil vom 05.08.2015 - B 4 AS 9/15 R - juris). Entgegen der Ansicht des SG steht auch die rechtskräftige Entscheidung des LSG vom 22.08.2016 (L 18 AS 75/16) betreffend den Zeitraum von Januar bis Mai 2015 der Zulässigkeit eines erneuten Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X nicht entgegen (vgl dazu nur Baumeister in jurisPK-SGB X, 2. Aufl 2017, § 44 Rn 35 mwN). Im Verfahren L 11 AS 905/18 ist alleine der Bewilligungszeitraum von Dezember 2017 bis November 2018 streitig, so dass eine entgegenstehende Rechtshängigkeit für die Leistungszeiträume von Januar 2015 bis November 2017 ebenfalls nicht besteht. Soweit das SG aufgrund des vom Kläger bei Klageantragstellung in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsatz auch davon ausgegangen war, dass der Zeitraum von Dezember 2017 bis November 2018 streitgegenständlich sein soll, hat es nicht berücksichtigt, dass das Schreiben sowohl das vorliegende Verfahren als auch das Verfahren S 8 AS 310/18 zum Gegenstand hatte, in dem dieser Zeitraum vom Kläger angefochten worden war. Damit bezog sich der Antrag hinsichtlich des Zeitraums von Dezember 2017 bis November 2018 erkennbar nur auf das dortige Verfahren.

Dass das SG über die Klage verfahrensfehlerhaft entschieden hat, weil dort nach Angaben des Klägers ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, der neu und mit der Sache nicht vertraut war, ist für den Senat nicht ersichtlich. Auch ein neuer ehrenamtlicher Richter ist zur Mitwirkung in den Sachen verpflichtet, für die er als gesetzlicher Richter zugeteilt ist. Eine spezielle Rechts- oder Sachkenntnis ist für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter keine Voraussetzung.

Der vom Kläger als „Beweisantrag“ bezeichneten Antrag, dass sich das LSG davon überzeuge, dass das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz den Anforderungen, die das BVerfG in der Entscheidung vom 23.07.2014 aufgestellt habe, entspreche, wobei insbesondere die dortigen Randnummern ab ca 100 bis einschließlich 149 zu berücksichtigen und zu prüfen seien, stellt keinen förmlichen Beweisantrag dar. Mit ihm wurde kein Beweismittel zum Beweis einer Tatsache bezeichnet, sondern vielmehr das Gericht aufgefordert, die Vereinbarkeit des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes insbesondere auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG mit Verfassungsrecht zu prüfen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg II in Bezug auf Leistungen für den Regelbedarf für den Zeitraum von Dezember 2015 bis November 2016 (Bescheid vom 15.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2016) bzw von Dezember 2016 bis November 2017 (Bescheid vom 17.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2016).

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II iVm § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Diese Leistungsvoraussetzungen werden vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Der Beklagte hat insoweit auch - wenngleich aus Sicht des Klägers zu geringe - Leistungen bewilligt.

Der Beklagte hat im Rahmen der Leistungsbewilligung den Regelbedarf in zutreffender Höhe berücksichtigt. Das Alg II wird nach § 19 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II in Höhe der Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung sowie des Regelbedarfs und der Mehrbedarfe erbracht. Als hier maßgeblicher Regelbedarf, der monatlich als Pauschalbetrag berücksichtigt wird (§ 20 Abs. 1 Satz 3 SGB II), werden bei Personen, die alleinstehend sind, für das Jahr 2015 ein monatlicher Betrag i.H.v. 399 € und für das Jahr 2016 i.H.v. 404 € anerkannt (§ 20 Abs. 1 und 2 Satz 1, Abs. 5 SGB II idF der Neubekanntmachung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.05.2011 - BGBl I 850 - aF - iVm § 28a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII - iVm der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nr. 2 SGB XII für das Jahr 2015 - RBSFV 2015 - vom 15.10.2014 - BGBl I 162 bzw für das Jahr 2016 - RBSFV 2016 - vom 22.10.2015 - BGBl I 1792). Diese Regelbedarfshöhe hat der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden für die Zeit von Dezember 2015 bis Dezember 2016 zutreffend berücksichtigt. Für Januar bis November 2017 richtet sich die Höhe nach der Regelbedarfsstufe 1 (§ 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 22.12.2016 - BGBl I 3159 - nF). Nach § 20 Abs. 1a Satz 1 SGB II ist dafür - bezogen auf das Jahr 2017 - die Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 SGB XII iVm § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des SGB XII (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - RBEG) vom 22.12.2016 (BGBl I 3159) für eine erwachsene Person i.H.v. monatlich 416 € anzusetzen. Diese Beträge hat der Beklagte jeweils berücksichtigt und damit die gesetzlich festgelegte Höhe des Regelbedarfs angesetzt. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe sind beim Kläger nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Regelungen zur Festlegung der Leistungshöhe in Bezug auf den Regelbedarf verfassungswidrig sind. Gerichte sind an das Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz - GG). Bei einem Konflikt zwischen einem einfachen Gesetz und der Verfassung kann sich ein Gericht nicht über das Gesetz stellen, es kann das Gesetz nur gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorlegen. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt ist (vgl Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 140/15 - juris). Für eine Verfassungswidrigkeit der die Höhe des Regelbedarfs festlegenden Vorschriften gibt es aber aus Sicht des Senats keine entsprechenden Anhaltspunkte.

Das aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, wobei es der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber bedarf, der die zu erbringenden Leistungen an den jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat; hierfür steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - juris). Der Gestaltungsspielraum besteht sowohl bezüglich der Höhe als auch der Art der Leistungen, wobei aber stets das aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu beachten ist. Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich dabei aber nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz beschränkt sich auf die Prüfung, ob die Leistungen evident unzureichend sind, was nur dann der Fall ist, wenn offensichtlich ist, dass die Gesamtleistungen keinesfalls sicherstellen können, Leistungsberechtigten in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist. Bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums müssen die entsprechenden Bedarfe der Hilfebedürftigen zeit- und realitätsgerecht erfasst werden und auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sein. Es bedarf nicht einer optimalen Bestimmung des Existenzminimums durch Einbeziehung aller denkbaren Faktoren, maßgeblich ist vielmehr, dass für eine menschenwürdige Existenz im Ergebnis Sorge getragen wird. Jenseits der Evidenzkontrolle ist zu prüfen, ob Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind (zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12; Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - beide zitiert nach juris).

Ausgangspunkt für die Ermittlung der Höhe des Regelbedarfs sind nach § 28 Abs. 1 SGB XII die Ergebnisse einer bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Für die Regelbedarfsstufen sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen, für die die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen die Grundlage bildet (§ 28 Abs. 2 SGB XII). Diese ergeben sich aus vom Statistischen Bundesamt vorzunehmenden Sonderauswertungen (§ 28 Abs. 3 Satz 1 SGB XII), wobei nach § 28 Abs. 3 Satz 2 SGB XII Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen sind, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte), und festzulegen ist, welche Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB II beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind (§ 28 Abs. 3 Satz 3 SGB XII). Die Referenzhaushalte werden in §§ 2 bis 4 RBEG vom 24.03.2011 - BGBl I 453 - (aF) bzw vom 22.12.2016 (nF) für die Zeit ab 01.01.2017 bestimmt. Dabei werden Haushalte mit Personen ausgenommen, wenn sie Hilfe zum Lebensunterhalt bzw Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder Alg II bzw Sozialgeld nach dem SGB II beziehen (§ 3 Abs. 1 RBEG). Soweit Leistungsbezieher mit zusätzlichem (Erwerbs-)einkommen nach § 3 Abs. 2 RBEG nicht auszuschließen sind, führt dies nicht zu Zirkelschlüssen, da die sog „Aufstocker“ durch Absetz- und Freibeträge letztlich über dem Fürsorgeniveau liegen. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten (§ 28 Abs. 3 Satz 4 SGB XII). Die in diesen Sonderauswertungen ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach dem SGB XII oder dem SGB II bestreiten (§ 28 Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Nach § 28 Abs. 4 Satz 2 SGB XII sind nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach dem SGB XII oder dem SGB II (1.) durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 SGB SGB XII oder § 11 SGB II darstellen oder (2.) nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten. In § 5 RBEG sind für die Einpersonenhaushalte die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der einzelnen Abteilungen aus der Sonderauswertung der EVS 2008 bzw 2013 im Einzelnen aufgeführt.

Das Verfahren zur Ermittlung des Regelbedarfs hat das BVerfG (Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - juris) im Hinblick auf die EVS 2008 und die daraus ermittelten Regelbedarfe (jedenfalls für die Zeit bis 2014) für verfassungsmäßig erachtet. Es wurde dabei insbesondere ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, dass der Gesetzgeber für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert habe. Zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf habe er sich mit dem Statistikmodell auf eine Methode gestützt, die grundsätzlich geeignet ist, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen bedarfsgerecht zu bemessen. Die als Ausgangspunkt herangezogene EVS stelle eine geeignete empirische Datengrundlage dar. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken, soweit von der Orientierung an den so ermittelten Daten durch die Herausnahme und durch Kürzungen einzelner Positionen abgewichen werde. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung ausdrücklich an. Der Senat ist auch hinsichtlich der Fortschreibungen der Regelbedarfshöhe für die Jahre 2015 und 2016 nicht von einer möglichen Verfassungswidrigkeit überzeugt, so dass die Regelungen vorliegend anzuwenden sind. So weichen die Vorgaben zur Fortschreibung in Jahren ohne Neuermittlung nach § 28 SGB XII nicht in unvertretbarer Weise von den Strukturprinzipien der gewählten Ermittlungsmethode nach, so dass diese nicht zu beanstanden sind; dies gilt insbesondere auch für die Orientierung an einem Mischindex, wie ihn § 28a Abs. 2 SGB XII vorsieht (so BVerfG aaO Rn 136ff).

Soweit der Kläger vorbringt, dass der Verweis auf einen internen Ausgleich bei einer punktuellen Unterdeckung problematisch sei, hat sich das BVerfG (aaO Rn 117 ff) mit dieser Thematik ebenfalls auseinandergesetzt. Dem Gesetzgeber steht es demnach offen, auf eine interne Ausgleichsmöglichkeit zu verweisen. Es ergibt sich für den Senat auch nicht, dass im Rahmen der vorgenommenen Fortschreibungen bis einschließlich 2016 ernsthafte Bedenken aufgetreten wären, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verwiesen hätten (vgl dazu BVerfG aaO Rn 141). Dies gilt ebenso für eine vom Kläger vorgebrachte Unterdeckung bei Stromkosten. In den Jahren 2015 und 2016 ist hier im Vergleich zum Jahr 2014 - für dieses hat das BVerfG (aaO) die festgesetzten Regelbedarfe nicht als evident unzureichend angesehen - keine signifikante Preiserhöhung feststellbar. So betrug der Index der Verbraucherpreise für Strom 2014 125,8, während in den Jahren 2015 (124,8) und 2016 (125,6) der Indexwert sogar geringer war (Statistisches Bundesamt, Preise - Verbraucherpreisindizes für Deutschland Jahresbericht 2017 - Seite 50 f). Eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der Preisentwicklung und der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen für 2015 und 2016 liegt daher diesbezüglich nicht vor. Schließlich vermag der Senat auch keine evidente Unterdeckung im Bereich der Mobilität feststellen. Für die Mobilität sind in § 5 Abs. 1 Abteilung 7 RBEG aF (Verkehr) für Einpersonenhaushalte Bedarfe i.H.v. 22,78 € anerkannt worden. Der Kläger selbst wohnt in A-Stadt und kann von seiner Unterkunft aus Lebensmittelgeschäfte, Bekleidungsgeschäfte etc fußläufig erreichen (nach maps.google.de zB in zwölf Minuten einen ALDI-Markt oder 13 Minuten zu einem KIK-Bekleidungsgeschäft). Kosten des ÖPNV für gelegentliche Fahrten zu weiter entfernt liegenden Zielen können mit dem im Regelbedarf enthaltenen Betrag ohne weiteres gedeckt werden. Es ist daher nicht erkennbar, dass der Betrag im Falle des Klägers evident unauskömmlich wäre.

Ohne Auswirkungen ist dabei auch, dass die Neuermittlung des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber aufgrund der EVS 2013 erst zum 01.01.2017 erfolgt ist. Das Gesetz sieht keinen festen Zeitpunkt für die Neufestsetzung der Regelbedarfsstufen vor und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Neuermittlung durch den Gesetzgeber oder die am Ermittlungsverfahren beteiligten Behörden verschleppt worden wäre, zumal vor Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens nach § 28 Abs. 1 SGB XII gemäß § 28 Abs. 3 SGB XII auf Grundlage der EVS zunächst auch noch umfangreiche Sonderauswertungen durchzuführen waren (vgl dazu BayLSG, Beschluss vom 21.07.2016 - L 18 AS 405/16 B PKH - nwN und dem sich anschließend SächsLSG, Urteil vom 24.05.2018 - L 7 AS 1105/16 - beide zitiert nach juris).

Auch die Ermittlung des Regelbedarfs 2017 für Alleinstehende erfolgte nach den gleichen Grundsätzen aufgrund der EVS 2013 samt Sonderauswertung, die demzufolge ebenso nicht gegen Verfassungsrecht verstößt (so auch bereits Beschluss des Senats vom 23.08.2017 - L 11 AS 529/17 NZB - juris). Zudem ist - als Reaktion auf die Kritik des BVerfG im Beschluss vom 23.07.2014 (aaO), dass es zwar vertretbar sei, ein Kraftfahrzeug im Grundsicherungsrecht nicht als existenznotwendig anzusehen, allerdings ohne Kraftfahrzeug zwangsläufig steigende Aufwendungen für den öffentlichen Personennahverkehr entstehen würden, und der Gesetzgeber deshalb auch mit Blick auf die Lebenshaltungskosten sicherstellen müsse, dass der existenznotwendige Mobilitätsbedarf tatsächlich gedeckt werden könne - im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfes für 2017 auch eine Sonderauswertung hinsichtlich der Verbrauchsausgaben für Mobilität für Haushalte ohne Ausgaben für Kraftstoffe, Autogas, Strom für Elektroauto, Schmiermittel vorgenommen worden (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17.10.2016, BT-Drs 18/9984 S. 42-43). An der zutreffenden Festlegung der für die Mobilität in Ansatz gebrachten Werte in § 5 Abs. 1 Abteilung 7 RBEG nF (Verkehr) für Einpersonenhaushalte i.H.v. 32,90 € bestehen daher keine Zweifel. Wie bereits ausgeführt, wohnt der Kläger fußläufig zu verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten und Kosten des ÖPNV für gelegentliche Fahrten zu weiter entfernt liegenden Zielen können mit dem im Regelbedarf enthaltenen Betrag ohne weiteres gedeckt werden. Im Übrigen kommt selbst der Paritätische Gesamtverband allein bei den Ausgaben für den ÖPNV zu einem niedrigeren Bedarf als der Gesetzgeber (vgl Der Paritätische, Expertise Regelsätze 2017 Kritische Anmerkungen zur Neuberechnung der Harz IV-Regelsätze durch das Bundesministerium Arbeit und Soziales und Alternativberechnungen der Paritätischen Forschungsstelle, September 2016). Soweit dort allerdings Aufwendungen für Kfz hinzugerechnet werden, steht dem entgegen, dass der Gesetzgeber aufgrund wertender Betrachtung solche Kosten unberücksichtigt lassen kann (vgl dazu BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 aaO; Beschluss des Senats vom 23.08.2017 aaO). Es ist daher nicht erkennbar, dass der Betrag im Falle des Klägers evident unauskömmlich wäre.

Es ist zudem nicht ersichtlich, dass im maßgeblichen Zeitraum extrem ungewöhnlich hohe Preissteigerungsraten in bestimmten Bereichen aufgetreten sind, die eines gesonderten Ausgleichs bedurft hätten. Insbesondere die Strompreisentwicklung war nicht ungewöhnlich. So betrug die Preissteigerung im Vergleich zum Vorjahr 2017 1,7% (vgl Zahlen aus Fachserie 17, Reihe 7 des Statistischen Bundesamts - Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Monatsbericht für Dezember 2018 - Seite 23). Auch ansonsten vermag der Senat keine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der Regelbedarfsfortschreibung ausgehend von der EVS 2013 und der Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter erkennen. Hierfür gibt es weder Anhaltspunkte noch hat der Kläger entsprechendes vorgetragen.

Da mit den vom Beklagten zugrunde gelegten Regelbedarfen das menschenwürdige Existenzminimum gesichert ist, besteht kein Anspruch auf die Gewährung eines höheren monatlichen Regelbedarfs, wie ihn der Kläger geltend macht.

Ein Verstoß gegen das in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Zitiergebot, wonach der Gesetzgeber bei einer Einschränkung von Grundrechten durch ein Gesetz oder auf Grundlage eines Gesetzes das betroffene Grundrecht unter Angabe des Artikels zu nennen hat, ist hinsichtlich der den Kläger betreffenden Normen nicht verletzt. Es findet nur Anwendung auf Grundrechte, die aufgrund ausdrücklicher Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen (vgl BVerfG, Beschluss vom 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 - mwN - juris). Dazu gehört jedoch das aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht. Zudem erscheint auch fraglich, ob durch die die Leistungsbewilligung regelnden Normen Grundrechte des Klägers eingeschränkt werden, zumal nach obigen Ausführungen damit ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet wird.

Mangels höheren Leistungsanspruchs in Bezug auf den berücksichtigten Regelbedarf waren auch die Bewilligungsentscheidungen für Januar bis Mai 2015 (Bescheid vom 20.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 01.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015) und für Juli 2015 bis November 2015 (Bescheid vom 21.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 15.02.2017) rechtmäßig, so dass eine Verpflichtung des Beklagten zur Änderungen der Bescheide nach § 44 SGB X nicht auszusprechen war.

Die Berufung des Klägers hatte nach alledem keinen Erfolg und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dies

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(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des tägl

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(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

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(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt. (2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs

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Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

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Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7a Altersgrenze


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Tenor Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Mai 2013 werden zurückgewiesen.

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Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Mai 2013 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind die Gewährung von Leistungen für den Regelbedarf im Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2011 an die Klägerin zu 2, trotz des zeitgleichen Bezugs von Teilhabeleistungen nach §§ 97 ff SGB III, und höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin zu 1.

2

Der im streitigen Zeitraum 19- bzw 20-jährigen Klägerin zu 2 ist ein GdB von 100 wegen einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit zuerkannt worden. Sie erhielt in dem hier streitigen Bewilligungsabschnitt Teilhabeleistungen nach §§ 97 ff SGB III iVm §§ 33 ff und §§ 44 ff SGB IX durch die BA in Gestalt einer Ausbildung zur Buchbinderin - Buchfertigung (Serie) im Berufsbildungswerk M und wohnte im dortigen Internat mit Vollverpflegung. Während der Ferien und jedes zweite Wochenende (Heimfahrtwochenende) war das Internat geschlossen. Das Ausbildungsgeld betrug 104 Euro monatlich. Zudem erhielt sie Fahrtkosten in Höhe von 236 Euro monatlich und einmalig für die An- und Abreise 118 Euro. Der Ausbildungsvertrag vom 28.6.2010 war ins Ausbildungsverzeichnis der IHK eingetragen.

3

Die erwerbsfähige Klägerin zu 1 ist die Mutter der Klägerin zu 2. Sie lebte mit einer weiteren, 1993 geborenen Tochter (im Weiteren S) im streitigen Zeitraum in einer gemeinsamen Wohnung in H Dorthin kehrte die Klägerin zu 2 auch während der Schließungszeiten des Internats zurück. Die Klägerin zu 1 und S erhielten bereits vor dem streitigen Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. S erzielte 140 Euro aus einer Praktikumstätigkeit. Die Klägerin zu 1 erhielt für beide Kinder Kindergeld in Höhe von 368 Euro insgesamt (2 x 184 Euro).

4

Durch Bescheid vom 29.11.2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1 - einschließlich einer Mehrbedarfsleistung für Alleinerziehung - und S Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, jedoch ohne Unterkunftsleistungen, die der kommunale Träger gewährte. Diesen Bescheid änderte er durch Bescheid vom 26.3.2011 wegen der gesetzlichen Erhöhung der Leistungen für den Regelbedarf, durch Bescheid vom 30.3.2011 wegen einer fiktiven Einkommensberücksichtigung der S, durch Bescheid vom 25.5.2011 wegen des Zuflusses von Einkommen der S unter Aufhebung der vorhergehenden Bewilligung und Geltendmachung einer Erstattungsforderung und wiederholte dies durch Bescheid vom 27.7.2011. Die Widersprüche der Klägerinnen und S gegen den ersten Bewilligungsbescheid wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 4.8.2011 zurück. Zur Begründung führte er ua aus, die Klägerin zu 2 habe aufgrund ihres Ausschlusses als Auszubildende keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und bilde keine zumindest temporäre Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin zu 1 und S. Die Ausnahmeregelung des § 7 Abs 6 SGB II greife hier nicht. Das der Klägerin zu 1 für die Klägerin zu 2 gezahlte Kindergeld sei als Einkommen der Kindergeldberechtigten bei der Klägerin zu 1 zu berücksichtigen, denn die Klägerin zu 2 sei volljährig und das Kindergeld werde nicht nachweislich an sie weitergeleitet.

5

Das SG hat die Klagen der Klägerinnen zu 1 und 2 sowie von S - Letztere ist durch Berufungsrücknahme im zweitinstanzlichen Verfahren als Verfahrensbeteiligte ausgeschieden - abgewiesen (Urteil vom 28.3.2012). Zuvor hatte sich der Beklagte bereit erklärt, über einen Anspruch der Klägerin zu 2 (im Urteil des SG als Klägerin zu 3 bezeichnet) auf Darlehensleistungen nach § 7 Abs 5 S 2 SGB II bzw § 27 Abs 4 SGB II zu entscheiden, den er später anerkannt hat, soweit von einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB II auszugehen sei. Das SG hat die Bescheide des Beklagten für rechtmäßig befunden und einen Leistungsausschluss der Klägerin zu 2 bejaht. Die von der Klägerin zu 2 absolvierte Ausbildung sei dem Grunde nach förderfähig nach dem SGB III. Hieraus folge, dass auch die Klägerin zu 1 keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts habe. Ebenso wenig sei ein Anspruch der Klägerin zu 2 auf Mehrbedarfsleistungen nach dem SGB II gegeben, insbesondere nicht nach § 21 Abs 4 und § 27 Abs 2 SGB II. Das LSG hat die Berufung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des SG und einen Verweis auf zahlreiche Entscheidungen anderer Landessozialgerichte zurückgewiesen (Urteil vom 15.5.2013). Leistungen für Unterkunft und Heizung hat es als nicht streitgegenständlich bewertet, denn der Beklagte habe hierüber im streitigen Zeitraum nicht zu entscheiden gehabt. Von einer Beiladung des Jobcenters M habe abgesehen werden können, denn die Klägerin zu 2 habe ihren Lebensmittelpunkt in H bei ihrer Mutter aufrecht erhalten.

6

Mit ihrer - durch Beschluss des erkennenden Senats vom 1.11.2013 zugelassenen - Revision haben die Klägerinnen ua eine Verletzung von § 7 Abs 5 S 1 SGB II geltend gemacht. Die Klägerin zu 2 sei nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Bereits der Wortlaut des § 7 Abs 5 SGB II zeige, dass die beim Berufsbildungswerk M erbrachte Teilhabeleistung keine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung sei. Ausgangspunkt der Bewertung insoweit sei das konkrete Ausbildungsverhältnis. Es mangele hier an dem nach § 57 SGB III erforderlichen Ausbildungsvertrag und die Klägerin zu 2 habe auch keine Vergütung erhalten. Zudem sei die Berufsausbildungsbeihilfe monetär deutlich höher als das hier erbrachte Ausbildungsgeld. Das Ausbildungsgeld selbst und die ihr gewährten Leistungen für Fahrtkosten seien nicht als Einkommen bei der Berechnung der der Klägerin zu 2 zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen. Es handele sich insoweit um zweckgebundene Einnahmen. Die Klägerin zu 2 habe als nach dem SGB II Leistungsberechtigte auch Anspruch auf die Mehrbedarfsleistung des § 21 Abs 4 SGB II.

7

Die Klägerinnen beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Mai 2013 und des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. März 2012 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 29. November 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. März 2011, 30. März 2011 und 25. Mai 2011, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2011 zu ändern, und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2011 der Klägerin zu 2 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einschließlich einer Mehrbedarfsleistung nach § 21 Abs 4 SGB II sowie der Klägerin zu 1 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Ergänzend weist er darauf hin, dass die Klägerin zu 2 eine Ausbildung entsprechend der Buchbinder-Ausbildungsverordnung absolviert habe. Ihr seien zudem neben dem Ausbildungsgeld weitere Leistungen in Gestalt der Unterbringung im Internat, Verpflegung und Reisekosten gewährt worden.

Entscheidungsgründe

10

Die Revisionen der Klägerinnen sind unbegründet.

11

Die Klägerin zu 2 hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie ist von diesen nach § 7 Abs 5 S 1 SGB II idF des Gesetzes vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) bzw § 7 Abs 5 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.4.2011) ausgeschlossen, da sie mit der Ausbildung zur Buchbinderin eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung nach dem SGB III absolviert (2.). Eine Rückausnahme nach § 7 Abs 6 SGB II ist hier nicht gegeben (3.) Sie hat auch keinen Anspruch auf Mehrbedarfsleistungen nach § 21 Abs 4 SGB II. Anhaltspunkte für einen anderen Mehrbedarf iS des § 21 SGB II oder § 27 Abs 2 SGB II idF der Neubekanntgabe vom 13.5.2011 (BGBl I 850, mWv 1.4.2011) sind ebenfalls nicht gegeben (4.). Die Klägerin zu 1 hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Das ihr als Kindergeldberechtigter gezahlte Kindergeld für die Klägerin zu 2 ist im Rahmen der Berechnung der Leistungen der Klägerin zu 1 als deren Einkommen zu berücksichtigen (5.).

12

1. Streitgegenstände des Revisionsverfahrens sind die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Mehrbedarfsleistungen an die Klägerin zu 2 sowie höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Klägerin zu 1 im Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2011 als von dem Beklagten im Bewilligungsbescheid vom 29.11.2010 idF der Änderungsbescheide vom 26.3.2011, 30.3.2011 und 25.5.2011, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.8.2011, verfügt. Die Verfügung des Beklagten im Bescheid vom 30.3.2011 ist zwar, soweit sie die Leistungen der S betrifft, nicht mehr Gegenstand des Verfahrens vor dem Revisionsgericht. S hat die Berufung vor dem LSG zurückgenommen und ist keine Revisionsklägerin. Sollte jedoch das Kindergeld für die Klägerin zu 2 nicht als Einkommen bei der Klägerin zu 1 zu berücksichtigen sein, würde sich das Verhältnis des eigenen Bedarfs der Klägerin zu 1 zum Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft auch unter Berücksichtigung des Einkommens von S ändern, sodass die Bemessung der Leistung für die Klägerin zu 1 in diesem Bescheid insoweit streitgegenständlich bleibt. Nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hingegen der Bescheid des Beklagten vom 27.7.2011, denn er wiederholt nur die Verfügung vom 25.5.2011. Ebenfalls nicht Streitgegenstand sind Leistungen für Unterkunft und Heizung. Abgesehen davon, dass der Beklagte insoweit keine Verfügungen in den angefochtenen Bescheiden getroffen hat, weil er den kommunalen Träger hierfür in der Pflicht sah, haben die Klägerinnen auch keine Klage wegen der Unterkunfts- und Heizkosten erhoben. Die Trennung der Streitgegenstände Regelbedarf sowie Bedarf für Unterkunft und Heizung ist auch zulässig. Insoweit schließt sich der erkennende Senat dem 14. Senat des BSG an, der mit Urteil vom 4.6.2014 in einem zu dem vorliegenden umgekehrten Fall befunden hat, die Beschränkung der Klage auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung sei zulässig, auch wenn sie - wie hier - einen Zeitraum nach dem Inkrafttreten des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG (BGBl I 453, mWv 1.1.2011 bzw 1.4.2011) betreffe (B 14 AS 42/13 R, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die darlehensweise Leistungsgewährung aufgrund eines Härtefalls nach § 7 Abs 5 S 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) bzw § 27 Abs 4 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.4.2011) war im Revisionsverfahren nicht mehr zu prüfen, da der Beklagte insoweit ein von den Klägerinnen angenommenes Anerkenntnis für den Fall des Leistungsausschlusses der Klägerin zu 2 abgegeben hat.

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2. Unabhängig von den fehlenden Feststellungen des LSG zur Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit der Klägerin zu 2 iS des § 7 Abs 1 Nr 2 und Nr 3 SGB II war sie im streitigen Zeitraum bereits wegen des Absolvierens einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gemäß § 7 Abs 5 S 1 bzw dem wortgleichen § 7 Abs 5 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011 (BGBl I 453, mWv 1.4.2011) ausgeschlossen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung …. nach den §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die von der Klägerin zu 2 absolvierte Ausbildung zur Buchbinderin führt zu einem derartigen Leistungsausschluss. Es handelt sich bei dieser um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung iS des § 7 Abs 5 SGB II. Hieran ändert es nichts, dass deren Förderung durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für behinderte Menschen erfolgt ist (Ausschluss auch bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Sächsisches LSG vom 9.9.2013 - L 7 AS 1237/13 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen 22.1.2014 - L 13 AS 140/11, beim BSG anhängig unter dem Aktenzeichen B 14 AS 16/14 R; kein Ausschluss: s LSG Berlin-Brandenburg vom 11.2.2008 - L 5 B 10/08 AS ER; kein Ausschluss bei einer berufsvorbereitenden Maßnahme als Teilhabeleistung: LSG Berlin-Brandenburg vom 10.3.2009 - L 20 AS 47/09 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.11.2011 - L 20 AS 1663/10; LSG Berlin-Brandenburg vom 16.1.2011 - L 26 AS 2360/11 B ER; LSG Berlin-Brandenburg vom 26.6.2013 - L 34 AS 2690/12; LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.3.2014 - L 9 AS 310/13, anhängig beim BSG unter dem Aktenzeichen B 14 AS 25/14 R). Dies lässt sich bereits aus dem Wortlaut iVm der bisherigen Auslegung des § 7 Abs 5 SGB II in der Rechtsprechung des BSG erschließen (a) und wird gestützt durch die Betrachtung der gesetzlichen Entwicklung des Leistungsauschlusses für Auszubildende im Sozialhilfe- und Grundsicherungsrecht (b), des systematischen Zusammenhangs, in dem § 7 Abs 5 SGB II steht (c), sowie von Sinn und Zweck des Ausschlusses von Auszubildenden im Hinblick auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (d).

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a) Der Wortlaut des § 7 Abs 5 SGB II umfasst auch besondere Leistungen der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben in Gestalt einer Ausbildung. Zwar weisen die Klägerinnen zutreffend darauf hin, dass die in § 7 Abs 5 SGB II aufgeführte Normenkette des SGB III die von der Klägerin zu 2 bezogenen Förderleistungen nicht ausdrücklich benennt. Der Klägerin zu 2 sind nach den Feststellungen des LSG keine Leistungen für eine berufliche Ausbildung nach §§ 59 ff SGB III von der BA gewährt worden, sondern besondere Leistungen nach §§ 102 ff SGB III in den zu Beginn der Ausbildung im August 2010 jeweils geltenden Fassungen(§ 422 SGB III), also Leistungen im Rahmen der Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben (§§ 97 ff SGB III). Die BA hat dabei die Teilnahmekosten für die Maßnahme der Ausbildung zur Buchbinderin im Berufsbildungswerk M nach § 103 S 1 Nr 3 SGB III iVm § 109 SGB III übernommen, die Klägerin zu 2 in einem Internat mit Vollverpflegung untergebracht(§ 106 Abs 3 SGB III) sowie Ausbildungsgeld nach § 104 Abs 1 Nr 1 SGB III iVm § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III gezahlt und die Fahrtkosten für die Heimfahrten übernommen. Die Klägerin hat damit - unabhängig von der nicht ausdrücklichen Erwähnung dieser Vorschriften im § 7 Abs 5 SGB II - eine nach dem Wortlaut des Ausschlusstatbestandes dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung iS der §§ 60 bis 62 SGB III absolviert. Wie beide für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden haben, kommt es für den Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 SGB II allein auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung an(BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, juris RdNr 15 mwN; BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 28/07 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 9 juris RdNr 17; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 24/09 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 20 juris RdNr 15; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 145/10 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 26 RdNr 14; zuletzt BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R, SozR 4-3200 § 7 Nr 27 RdNr 13). Diese ist bei der von der Klägerin zu 2 absolvierten Ausbildung zur Buchbinderin gegeben.

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Nach § 60 Abs 1 SGB III ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Bei der von der Klägerin zu 2 absolvierten Ausbildung zur Buchbinderin handelt es sich nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)um eine in diesem Sinne förderungsfähige. Auch die Klägerinnen bestreiten weder, dass es sich bei der Ausbildung zur Buchbinderin um eine solche in einem anerkannten Ausbildungsberuf handelt, noch dass sie in das Ausbildungsverzeichnis der IHK eingetragen worden ist. Sie vertreten jedoch die Auffassung, dass der Ausbildungsvertrag nicht den Anforderungen des § 60 Abs 1 SGB III genüge, da für die Klägerin zu 2 keine angemessene Ausbildungsvergütung vereinbart, diese im Gegenteil ausgeschlossen worden sei. Mit diesem Vortrag können sie jedoch aus zweierlei Gründen nicht durchdringen.

16

Zum einen ist nach der Rechtsprechung des für die Arbeitsförderung zuständig gewesenen 7a-Senats des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, die Eintragung bzw die Nichteintragung des Berufsausbildungsverhältnisses in das Berufsausbildungsverzeichnis für Gerichte, andere Behörden und Dritte insoweit bindend, als damit ua im Hinblick auf das Vorliegen eines Ausbildungsverhältnisses Tatbestandswirkung eintritt (BSG vom 18.08.2005 - B 7a/7 AL 100/04 R, juris RdNr 16). Mit der Aufnahme von Berufsausbildungsverhältnissen in das nach dem BBiG einzurichtende und zu führende Verzeichnis durch die hierfür zuständige Stelle erfolgt zugleich eine Entscheidung darüber, ob eine Ausbildung der durch das BBiG vorgeschriebenen Form entspricht (BSG vom 18.8.2005 - B 7a/7 AL 100/04 R, juris RdNr 16; s auch BSG vom 21.6.1994 - 11 RAr 81/93, SozR 3-4100 § 40 Nr 8 S 36 juris RdNr 19). Eine Überprüfung der inhaltlichen Übereinstimmung der Ausbildung mit den Vorschriften des BBiG und der jeweiligen Ausbildungsordnung steht den Gerichten im Rahmen der Überprüfung der Entscheidung der BA über die Berufsausbildungsbeihilfe dann folglich nicht mehr zu.

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Ist die iS des § 7 Abs 5 SGB II erforderliche abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung gegeben, so kommt es - wie ebenfalls beide für die Grundsicherung zuständigen Senate bereits entschieden haben - auf die individuelle Förderungsfähigkeit, die im Verhältnis zum Träger der Ausbildungsförderleistung eingetreten ist, nicht mehr an(BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, juris RdNr 15 mwN; BSG vom 30.9.2008 - B 4 AS 28/07 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 9 juris RdNr 17; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 24/09 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 20 juris RdNr 15; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 145/10 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 26 RdNr 14; zuletzt BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 102/11 R, SozR 4-3200 § 7 Nr 27 RdNr 13). Dies betrifft sowohl Gründe, die zum Versagen von Förderleistungen führen (vgl hierzu die zitierte Rspr) als auch den individuell bedingten Umfang der Förderung und die Förderleistungen im Einzelnen. Soweit die Klägerin zu 2 mithin ihre Ausbildung nicht in einem Betrieb, sondern in einem Berufsbildungswerk absolviert und deswegen keine Ausbildungsvergütung, sondern die oben beschriebenen Leistungen von der BA als Teilhabeleistungen erhalten hat, ist dies den individuellen, in der Person der Klägerin zu 2 liegenden Umständen geschuldet und keine Frage der abstrakten Förderungsfähigkeit der Ausbildung. Als ein solcher individueller Grund machte die Behinderung der Klägerin zu 2 die Erbringung der Ausbildungsförderung als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich (§ 97 Abs 1 SGB III iVm §§ 33 ff, 44 ff SGB IX).

18

Solche Leistungen können nach § 98 SGB III als allgemeine oder besondere erbracht werden. Die Klägerin hat hier die bereits erwähnten besonderen Leistungen nach § 102 ff SGB III erhalten. Grundsätzlich gilt jedoch gemäß § 99 SGB III, dass die allgemeinen und besonderen Leistungen sich nach den Vorschriften des ersten und vierten bis sechsten Abschnitts(Fünfter Abschnitt des SGB III = §§ 60 bis 62 SGB III)richten, soweit in den nachfolgenden Normen nichts Abweichendes bestimmt ist. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung (s auch Großmann in Hauck/Noftz, SGB III K § 114 RdNr 2, Stand 05/2014; Lauterbach in Gagel, SGB II/III, § 99 SGB III RdNr 1, Stand 04/201; s auch Luik, in Eicher/Schlegel, SGB III, § 114 RdNr 2 und 15, Stand 04/2013). Dies bedeutet, dass die Voraussetzungen etwa der §§ 59 ff SGB III im Hinblick auf die Förderungsfähigkeit gegeben sein müssen, soweit nicht ab § 100 ff SGB III Besonderheiten normiert sind, die der spezifischen - hier - Ausbildungssituation behinderter Menschen Rechnung tragen(s Luik, in Eicher/Schlegel, SGB III, § 114 RdNr 2 und 15, Stand 04/2013). Damit wird berücksichtigt, dass zwar das Vorliegen einer Behinderung Voraussetzung für die Leistungserbringung nach §§ 97 ff SGB III ist, das Eingliederungsziel jedoch - soweit nichts Abweichendes bestimmt ist - mit den Instrumentarien der allgemeinen aktiven Arbeitsförderung erreicht werden soll(vgl Großmann in Hauck/Noftz, SGB III, K § 114 RdNr 9, Stand 05/2014; Lauterbach in Gagel, SGB II/III, § 99 SGB III RdNr 1, Stand 04/2001). Letztlich soll damit eine Gleichbehandlung behinderter erwerbsfähiger und nichtbehinderter erwerbsfähiger Auszubildender durch einen wegen der Behinderung erforderlichen Ausgleich bewirkt werden (vgl Treichel, NZS 2013, 805, 809). Aufgrund dieses systematischen Zusammenhangs bedurfte es im Hinblick auf den Grundgedanken, dass für den Leistungsausschluss die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach erforderlich ist und die individuelle Situation insoweit keine Rolle spielt, keiner ausdrücklichen Erwähnung der Vorschriften über das Ausbildungsgeld nach §§ 103 Nr 2 iVm 104, 105 SGB III im Wortlaut der Regelung des § 7 Abs 5 Abs 1 SGB II. Die abstrakte Förderungsfähigkeit auch einer Teilhabeleistung in Gestalt der Ausbildung bestimmt sich nach den Regeln der §§ 60 ff SGB III unter Berücksichtigung der Besonderheiten der §§ 97 ff SGB III.

19

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen ist dem Urteil des erkennenden Senats vom 22.3.2012 (B 4 AS 102/11 R, SozR 4200 § 7 Nr 27 RdNr 17)zum "Urlaubssemester" nichts Anderes zu entnehmen. Voraussetzung für die Beurteilung des Leistungsausschlusses der dortigen Klägerin war die abstrakte Förderungsfähigkeit des von ihr absolvierten Studiums. Der erkennende Senat hat insoweit darauf hingewiesen, dass auch der Leistungsanspruch während eines Urlaubssemesters sich nach der abstrakten Förderungsfähigkeit des Studiums bemessen müsse. Daher könne ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II während eines Urlaubssemesters nur dann gegeben sein, wenn der Studierende während dessen entweder aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt. Es mangelt dann bereits an der zum Leistungsausschluss iS des § 7 Abs 5 SGB II führenden "Ausbildung".

20

b) Dieses Ergebnis nach der Wortlautbetrachtung in Kombination mit ersten systematischen Überlegungen wird bestätigt durch die Gesetzesmaterialien zum SGB II und einen Blick auf die Entwicklung der vergleichbaren Ausschlussregelung des § 26 BSHG, nunmehr § 22 SGB XII.

21

Zwar finden sich in den Gesetzentwürfen zur Einführung des SGB II keine ausdrücklichen Hinweise darauf, dass ein Leistungsausschluss auch der Bezieher von Teilhabeleistungen zur Ausbildung nach dem SGB III mitbedacht worden ist. Erstmals in der Begründung zu § 22 Abs 7 SGB II, der durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II vom 20.7.2006 (BGBl I 1706 mWv 1.1.2007) ergänzende Unterkunftsleistungen für von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossene Auszubildende geschaffen hat, wird jedoch deutlich, dass die zuvor dargelegte Wortlautauslegung auch durch den Gesetzgeber intendiert war. § 22 Abs 7 S 1 SGB II in der Ausgangsfassung lautet: Abweichend von § 7 Abs 5 erhalten Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach dem SGB III … erhalten und deren Bedarf sich nach § 65 Abs 1, § 66 Abs 3, § 101 Abs 3, § 105 Abs 1 Nr 1, 4, § 106 Abs 1 Nr 2 SGB III... bemisst, einen Zuschuss zu ihren ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II). Bereits im Wortlaut kommt hier zum Ausdruck, dass auch Bezieher von Ausbildungsgeld von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen sein können und nicht nur solche Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe aufgrund der §§ 59 ff SGB III erhalten. In der Entwurfsbegründung wird auch erstmals ausdrücklich hierauf hingewiesen (BT-Drucks 16/1410, S 24). Während die Rückausnahme zum Leistungsausschluss durch § 7 Abs 6 SGB II zunächst nicht parallel zu § 22 Abs 7 SGB II geändert wurde, ist mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen vom 20.12.2011 (BGBl I 2854) mWv zum 1.4.2012 auch dort eine Bezugnahme auf die Regelungen zum Ausbildungsgeld nach dem SGB III erfolgt. In der Entwurfsbegründung hierzu heißt es, dass die Neufassung des § 7 Abs 6 Nr 2 SGB II mit den Worten: "… deren Bedarf sich nach § 62 Abs 1 oder § 124 Abs 1 Nr 1 SGB III bemisst …", iS der gängigen Praxis klarstelle, dass auch behinderte Menschen, die mit Anspruch auf Ausbildungsgeld eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme besuchten(Parallelität zu § 61 SGB III für nichtbehinderte erwerbsfähige Leistungsberechtigte)und im Haushalt der Eltern untergebracht seien - als Rückausnahme zu deren Ausschluss - einen Anspruch auf Alg II oder Sozialgeld (unter Anrechnung des Ausbildungsgeldes) hätten (BT-Drucks 17/3404, S 93). Die mit dem RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG eingeführte Regelung des § 27 SGB II, die alle Leistungen an ausgeschlossene Auszubildende zusammenfasst, hat die Verweisungstechnik auf die Vorschriften zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB III für "behinderte Auszubildende" in § 27 Abs 3 SGB II(Ersatz für § 22 Abs 7 SGB II) fortgeführt. Dort ist sodann auf die Vorschriften der §§ 105 Abs 1 Nr 1(Bedarf eines Ausbildungsgeldbeziehers während der Berufsausbildung bei Unterbringung im Elternhaus) und 4 (dessen anderweitige Unterbringung) sowie § 106 Abs 1 Nr 2 SGB III(Bedarf eines Ausbildungsgeldbeziehers ua während einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme) Bezug genommen worden, mit dem Hinweis, dass die Vorschrift im Wesentlichen § 22 Abs 7 SGB II entspreche(BT-Drucks 17/3404, S 103). Soweit also in den Entwurfsbegründungen im Wesentlichen ohne nähere Erläuterung auch Bezieher von Ausbildungsgeld im Rahmen von Teilhabeleistungen nach dem SGB III als vom Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II umfasst angesehen wurden, ist der Blick - im Sinne der gängigen Praxis - dem Sozialhilferecht zuzuwenden.

22

Die Einfügung des Leistungsausschlusses für Auszubildende in das SGB II aufgrund des Vorschlags des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit ist mit der Angleichung der Regelungen von SGB II und SGB XII begründet worden, um mit dem neuen Sozialhilferecht ein Referenzsystem steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen einschließlich des Alg II zu schaffen (Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit vom 16.10.2003, BT-Drucks 15/1749, S 31). Der Leistungsausschluss von Auszubildenden war bereits im BSHG (§ 31 Abs 4 BSHG) durch das 1. Haushaltsstrukturgesetz 1975 (BGBl I 3091) eingeführt worden (ersetzt 1982 durch § 26 BSHG, 2. Haushaltsstrukturgesetz von 1981, BGBl I 1523), verbunden mit der Streichung der "Ausbildungshilfe" als originäre Leistung der Sozialhilfe. Hierbei ist es in der Folgezeit trotz intensiver sozialpolitischer Diskussionen auch geblieben (vgl hierzu Birk ua in LPK - BSHG, 3. Aufl 1990, § 26 RdNr 3, 4; s auch Brühl in LPK - BSHG, 6. Aufl 2003, § 26 RdNr 2; Schellhorn, BSHG, 15. Aufl 1997, § 26 RdNr 2 ff). Die Regelung des § 26 BSHG wurde damit zum Vorbild für den heutigen Leistungsausschluss für Auszubildende nach § 22 SGB XII(vgl Voelzke in juris-PK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 22 RdNr 5; so auch BT-Drucks 15/1514 S 57) und § 7 Abs 5 SGB II. Die Ausschlussvorschrift des BSHG enthielt jedoch auch nur einen Verweis auf die Förderfähigkeit durch Berufsausbildungsbeihilfe (§ 40 AFG) und nicht auf berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation (§ 58 AFG - vergleichbar den heutigen Teilhabeleistungen des SGB III). Aus der Anwendungspraxis des § 26 BSHG kann jedoch geschlossen werden, dass die mangelnde Erwähnung des zuletzt benannten Personenkreises in den ersten Entwurfsbegründungen zum SGB II darauf zurückzuführen ist, dass deren Ausschluss - wie im BSHG - als umfasst angesehen worden war. Denn nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung waren auch ohne Bezugnahme auf die Vorschriften zur Rehabilitation im AFG behinderte Auszubildende von der Hilfe zum Lebensunterhalt ausgeschlossen (vgl nur VGH Baden-Württemberg vom 5.1.1996 - 6 S 2979/95; VG Meiningen vom 5.2.2004 - 8 E 31/04.Me).

23

c) Auch die systematische Betrachtung des Normgefüges im SGB II bestätigt das nach der Wortlautauslegung und dem geschichtlichen Hintergrund des Leistungsausschlusses für durch Teilhabeleistungen zur Arbeit geförderte Auszubildende gefundene Ergebnis. Bei der Betrachtung der Gesetzesmaterialien ist bereits deutlich geworden, dass § 7 Abs 5 S 1 SGB II im Zusammenhang mit dem System der Rückausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs 6 SGB II und Leistungsgewährung trotz Leistungsausschlusses nach § 22 Abs 7 SGB II sowie später § 27 SGB II steht. Sowohl § 7 Abs 6 SGB II als auch § 22 Abs 7 SGB II und § 27 SGB II setzen voraus, dass der nach diesen Vorschriften Leistungsberechtigte von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen ist. Wenn aber sowohl die Rückausnahme als auch die Gleichwohlleistungsgewährung im Normtext ausdrücklich auch Bezieher von besonderen Leistungen zur Teilhabe nach §§ 102 ff SGB III berücksichtigen, ist es systematisch stimmig, dass sie bereits vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB II umfasst waren.

24

d) Der Ausschluss der SGB II - Leistungen auch für Auszubildende, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der BA erbracht werden, entspricht auch dem Sinn und Zweck des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 5 SGB II. Bereits vom BVerwG war erkannt worden, dass das Sozialhilferecht grundsätzlich nicht dazu dienen soll, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Denn die Leistungsansprüche zur Ausbildungsförderung seien - so die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung - außerhalb des BSHG sondergesetzlich abschließend geregelt (BVerwG vom 12.2.1981 - 5 C 51/80, BVerwGE 61, 352, 356; BVerwG vom 14.10.1993 - 5 C 16/91, BVerwGE 94, 224, 226 f). Die Ausschlussregelung für Auszubildende sollte die Sozialhilfe mithin davon befreien, eine (versteckte) Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene zu ermöglichen, insbesondere für die Auszubildenden, die aus individuellen Gründen keine anderen Ausbildungsförderleistungen erhielten (BVerwG vom 12.2.1981 - 5 C 51/80 - BVerwGE 61, 352, 358 f; BVerwG vom 17.1.1985 - 5 C 29/84 - BVerwGE 71, 12, 15 ff; BVerwG vom 7.6.1989 - 5 C 3/86 - BVerwGE 82, 125, 129; BVerwG vom 14.10.1993 - 5 C 16/91 - BVerwGE 94, 224, 226). Aus dem Zusammenspiel von Leistungsausschluss und auch bereits im BSHG normierter Härteregelung (§ 26 Abs 1 S 2 BSHG) hat das BVerwG gefolgert, dass "Hilfebedürftige", die eine abstrakt förderfähige Ausbildung betrieben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert würden, in der Regel gehalten seien, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Den so vom BVerwG umschriebenen Sinn und Zweck des Leistungsausschlusses von Auszubildenden haben die beiden für die Grundsicherungsangelegenheiten zuständigen Senate des BSG auch als für die Leistungen nach dem SGB II maßgeblich angesehen (s nur BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, juris RdNr 17 ff; BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 67/08 R - juris RdNr 17). Insoweit gilt für die Förderung zumindest einer Ausbildung im Rahmen der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nichts anderes (Jenak in jurisPK-SGB III, 1. Aufl 2014, § 122 SGB III, RdNr 41).

25

Auch bei behinderten Menschen erfolgt die Förderung der Ausbildung - in einem anderen System als dem SGB II - durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit einer - auch der Klägerin zu 2 - gewährten Übernahme der Maßnahmekosten. Die Sicherung des Lebensunterhalts darüber hinaus wird nach § 45 SGB IX iVm § 104 Abs 1 Nr 1 iVm § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III durch das Ausbildungsgeld bewirkt(vgl Reyels in jurisPK-SGB IX, § 45 RdNr 21, Stand 04/2014). Der behinderte Mensch wird insoweit dem nichtbehinderten Menschen, der eine nach dem SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung betreibt, gleichgestellt. Er erhält Ausbildungsgeld an Stelle der Berufsausbildungsbeihilfe (vgl BSG vom 8.6.1989 - 7 RAr 122/88, SozR 4100 § 59 Nr 8 juris RdNr 28). Das Ausbildungsgeld wiederum ist der Höhe nach davon abhängig, wo und in welcher Form die Ausbildung erfolgt. Vorliegend hat die BA der Klägerin zu 2 Internatsunterbringung und Verpflegung nach den hier noch anzuwendenden §§ 102 ff SGB III als Leistungen neben dem Ausbildungsgeld erbracht. Das Ausbildungsgeld war entsprechend niedriger als bei der anderweitigen Unterbringung oder im Elternhaus. Damit war der Lebensunterhalt der Klägerin zu 2 während der Ausbildung jedoch sichergestellt und eine darüber hinausgehende Gewährung von Leistungen für den Regelbedarf nach dem SGB II würde auf die Schaffung des soeben als Zweck des Leistungsausschlusses benannten zweiten Standbeines für die Ausbildungsförderung hinauslaufen.

26

Den Einwand der Klägerinnen, das Ausbildungsgeld sei lediglich eine Art Motivationsunterstützung, damit die Ausbildung tatsächlich betrieben werde und daher kein Standbein einer Ausbildungsförderung, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Zum einen hat der 8. Senat des BSG bereits ausführlich dargelegt, dass es sich beim Ausbildungsgeld nicht um eine Leistung handelt, deren Zweck über die Unterhaltssicherung hinausgeht; der erkennende Senat schließt sich dem an (BSG vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R, BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, juris RdNr 24, 26). Auch handelt es sich insoweit nicht um eine "Mehraufwandsentschädigung", denn - hierauf weist der 8. Senat ebenfalls zutreffend hin - ausbildungsbedingte Mehraufwendungen sind nach Maßgabe der §§ 109 f SGB III von der BA zu übernehmen(BSG vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 R, BSGE 106, 62 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6, juris RdNr 25). Im Übrigen erfolgt im vorliegenden Fall die Unterhaltssicherung nicht ausschließlich über das Ausbildungsgeld, sondern auch durch die für die Klägerin zu 2 kostenfreie Unterbringung in einem Internat sowie die Verpflegung dort. Auch die Reisekosten werden ihr von der BA ersetzt.

27

3. Die Voraussetzungen für eine Rückausnahme nach § 7 Abs 6 SGB II sind hier nicht gegeben. Danach galt bis 31.3.2012, dass vom Leistungsausschluss ausgenommen waren: Auszubildende, 1. die aufgrund von § 2 Abs 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder aufgrund von § 64 Abs 1 SGB III keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe hatten oder 2. deren Bedarf sich nach § 12 Abs 1 Nr 1 BAföG oder nach § 66 Abs 1 S 1 oder § 106 Abs 1 Nr 1 SGB III bemaß. Die Rückausnahme der Nr 1 betraf also Auszubildende, die im Elternhaus wohnten und deshalb keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe hatten. Von der Rückausnahme der Nr 2 sollten diejenigen profitieren, die eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme durchliefen und ebenfalls im Elternhaus wohnten. Beide Voraussetzungen sind in der Person der Klägerin zu 2 im hier streitigen Zeitraum nicht gegeben.

28

4. Die Klägerin zu 2 vermag auch nicht mit ihrem Begehren nach einer Mehrbedarfsleistung nach § 21 Abs 4 SGB II(idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453 mWv 1.1.2011) durchzudringen. Danach wird bei erwerbsfähigen behinderten Leistungsberechtigten, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, ein Mehrbedarf von 35 % des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Zwar werden der Klägerin zu 2 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des § 33 SGB IX erbracht. Da sie jedoch von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen ist, soweit es sich um ausbildungsbedingten Bedarf und ausbildungsgeprägten Mehrbedarf handelt, hat sie auch keinen Anspruch auf die an die Teilhabeleistung anknüpfende Leistung nach § 21 Abs 4 SGB II(vgl Lang/Knickrehm in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 40, unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu § 23 Abs 3 BSHG, OVG Lüneburg vom 22.3.2006 - 4 LB 153/04 - juris RdNr 26; so auch für das SGB II bereits angedeutet BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, juris RdNr 19; anders bei nichtausbildungsbezogenen Mehrbedarfen, s BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 36/06 R, BSGE 99, 67 = SozR 4200 § 7 Nr 6, juris RdNr 23; BSG vom 30.8.2010 - B 4 AS 97/09 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 19 juris RdNr 10; nunmehr § 27 Abs 2 SGB II). Für die Zeit ab dem 1.4.2011 hat der Gesetzgeber dies auch klar zum Ausdruck gebracht, indem er in § 27 Abs 2 SGB II für den Personenkreis der nach § 7 Abs 5 SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden lediglich einen Anspruch auf Leistungen für Mehrbedarf nach § 21 Abs 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Abs 3 Nr 2 SGB II anerkannt hat.

29

Den bindenden - weil nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen - Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)lassen sich keine Anhaltspunkte für einen anderen Mehrbedarf iS des § 21 SGB II oder § 27 Abs 2 SGB II idF der Neubekanntgabe vom 13.5.2011 (BGBl I 850, mWv 1.4.2011) entnehmen.

30

5. Die Klägerin zu 1 hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Das ihr als Kindergeldberechtigter gezahlte Kindergeld für die Klägerin zu 2 hat der Beklagte zutreffend bei ihr im Rahmen der Leistungsberechnung als Einkommen berücksichtigt. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)hat die Klägerin zu 1 das Kindergeld nicht nachweislich an die Klägerin zu 2 weitergeleitet. Damit könnte nur dann das Kindergeld der Klägerin zu 2 und nicht der Klägerin zu 1 als Einkommen nach § 11 Abs 1 S 4 SGB II zugerechnet werden, wenn sie Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1 wäre. Die Klägerin zu 2 ist jedoch kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1.

31

Insoweit ist es zwar entgegen der Auffassung des Beklagten unerheblich, dass sie - wie zuvor dargelegt - von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen war. Grundsätzlich kann ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter auch mit einem von diesen Leistungen Ausgeschlossenen eine Bedarfsgemeinschaft bilden (für den Fall der Ehe zwischen einem Altersrentner und einer erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II s nur BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 5 juris RdNr 31; s auch BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, juris RdNr 12 ff). Ein volljähriges unverheiratetes Kind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres bildet nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II jedoch nur dann eine Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern oder einem Elternteil, wenn es dem Haushalt eines Elternteils angehört und seine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken kann. Die Klägerin zu 2 hat nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)im streitigen Zeitraum dem Haushalt der Klägerin zu 1 nicht dauerhaft angehört. Sie war nur temporär während der Schließungszeiten des Internats dem Haushalt der Mutter zugehörig. Für eine Ausweitung des von der Rechtsprechung entwickelten Instituts der "temporären" Bedarfsgemeinschaft (vgl BSG vom 12.6.2013 - B 14 AS 50/12 R, SozR 4-4200 § 7 Nr 35 zur temporären Bedarfsgemeinschaft und BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, juris RdNr 27)auch auf Fallkonstellationen, in denen das volljährige Kind (unter 25 Jahren) von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen ist, besteht jedoch nach Auffassung des Senates keine Veranlassung.

32

Bisher ist von der Rechtsprechung eine "temporäre" Bedarfsgemeinschaft nur zwischen einem leistungsberechtigten Elternteil und den minderjährigen Kindern in der Situation der zeitweisen Wahrnehmung des Umgangsrechts angenommen worden. Erst als Mitglied der "temporären" Bedarfsgemeinschaft erhalten diese Kinder - abgeleitet vom erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - für jeden Tag des Aufenthalts (mit mehr als zwölf Stunden) in der Bedarfsgemeinschaft mit dem Umgangsberechtigten Anspruch auf (zumindest) Regelleistungen nach dem SGB II (vgl BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13). Damit wird die wechselnde Aufnahme von minderjährigen Kindern in den jeweiligen Haushalt ihrer getrennt lebenden Eltern leistungsrechtlich - soweit erforderlich - ausgeglichen. Die Annahme einer "temporären" Bedarfsgemeinschaft trägt zudem der besonderen Förderungspflicht des Staates nach Art 6 Abs 1 GG Rechnung (BSG vom 12.6.2013 - B 14 AS 50/12 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 35 RdNr 18). Die hier vorliegende Bedarfslage der Klägerin zu 2 unterscheidet sich jedoch deutlich von der eines minderjährigen Kindes im Rahmen der zeitweisen Aufnahme in den Haushalt des umgangsberechtigten Elternteils. Bei einem volljährigen Kind, das einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB II unterfällt, scheidet bereits wegen des Leistungsausschlusses eine Bedarfsdeckung durch Grundsicherungsleistungen während des temporären Aufenthalts im Haushalt des Elternteils aus. Die temporäre Bedarfsgemeinschaft selbst verschafft hier keinen eigenen Leistungsanspruch. Allein der Umstand, dass der Mutter über die Annahme einer "temporären" Bedarfsgemeinschaft ein höherer Bedarf aufgrund der Verschiebung der Einkommenszurechnung des Kindergeldes verschafft werden kann, stellt keinen Gesichtspunkt dar, der den Erwägungen des BSG zur Begründung der temporären Bedarfsgemeinschaft als gleichrangig zu erachten ist.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14. Oktober 2013 geändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2012 verurteilt, den Klägerinnen jeweils pro Monat für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 Sozialgeld in Höhe von 251,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat den Klägerinnen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu 9/10 zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten nur noch um Ansprüche der Klägerinnen auf Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Die am 1998 geborene Klägerin zu 1 und die am 22.7.2002 geborene Klägerin zu 2 sind die Kinder der am 1974 geborenen H. und des am 1969 geborenen A., beide wohnhaft in Bocholt. Die Eltern der Klägerinnen stehen im Bezug von Arbeitslosengeld II bei der beklagten Stadt Bocholt, die im eigenen Namen anstelle des als Optionskommune zugelassenen Kreises Borken diese Aufgabe wahrnimmt. Die Mutter der Klägerinnen ist tunesische Staatsangehörige, der Vater ist - wie die Klägerinnen selbst - deutscher Staatsangehöriger. Die Klägerinnen besuchen eine Schule in Tunesien und wohnen dort bei ihren Großeltern, während der tunesischen Sommerferien halten sie sich bei ihren Eltern auf, so auch im Jahr 2011 vom 1.7. bis zum 30.9.2011. Ihre Anträge auf Bewilligung von Sozialgeld für diese Zeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6.7.2011 ab. Die Widersprüche der Klägerinnen wies das Jobcenter des Kreises Borken mit Widerspruchsbescheid vom 11.6.2012 zurück, weil die Klägerinnen entgegen § 30 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten. Aufgrund des Schulbesuchs in Tunesien liege ihr Lebensmittelpunkt und damit ihr gewöhnlicher Aufenthalt in Tunesien.

3

Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 14.10.2013), weil für die geltend gemachten Ansprüche auf Sozialgeld ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland erforderlich sei, der fehle. Diese Voraussetzung ergebe sich aus einem Zusammenspiel der Vorschriften des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und § 30 Abs 1 SGB I. Eine davon abweichende anderweitige Regelung, wie sie in § 37 SGB I vorgesehen sei, gebe es nicht. Der Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Grundgesetz ) gebiete es nicht, jede die Familie treffende Belastung auszugleichen und eröffne dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, der nicht überschritten sei.

4

Mit ihren vom SG zugelassenen Sprungrevisionen rügen die Klägerinnen eine Verletzung der §§ 30, 37 SGB I und des § 7 SGB II sowie von Art 6 GG, weil der Bezug von Sozialgeld keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland voraussetze. Ihre ursprünglich ebenfalls erhobenen Ansprüche auf Schulbedarf haben die Klägerinnen im Revisionsverfahren zuletzt nicht weiterverfolgt.

5

Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14. Oktober 2013 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2012 zu verurteilen, ihnen jeweils pro Monat Sozialgeld in Höhe von 251,00 Euro vom 1. Juli bis zum 30. September 2011 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind im aufrechterhaltenen Umfang begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz), da ihnen die geltend gemachten Ansprüche auf Sozialgeld in Höhe ihres Regelbedarfs für die Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland vom 1.7. bis zum 30.9.2011 zustehen.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind nur noch diese Ansprüche der Klägerinnen auf Sozialgeld, die die Beklagte mit Bescheid vom 6.7.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2012 abgelehnt hat. Die Geltendmachung nur des Regelbedarfs und nicht auch von Leistungen für Unterkunft und Heizung ist nach dem 31.12.2010 weiterhin ein abtrennbarer prozessualer Anspruch, soweit er - wie vorliegend - Gegenstand einer abtrennbaren Verfügung des angegriffenen Bescheids ist (vgl BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff mwN). Die Klägerinnen haben ihre Ansprüche zutreffend mit der statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4, § 56 SGG)geltend gemacht.

9

2. Die beklagte Stadt ist die richtige Beklagte, auch wenn sie nicht Träger der geltend gemachten Leistungen ist, sondern der Kreis Borken, dem sie angehört, weil ihr die Aufgaben des Trägers zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen sind (Wahrnehmungszuständigkeit) und sie daher im Außenverhältnis verpflichtet ist (vgl BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 13/11 R - BSGE 112, 61 = SozR 4-3500 § 90 Nr 5, RdNr 10; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 56/06 R - juris RdNr 15; Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 99 RdNr 18/21). Der Kreis Borken ist gemäß § 1 Kommunalträger-Zulassungsverordnung (idF vom 1.12.2010, BGBl I 1758) iVm § 6a Abs 2 SGB II als Optionskommune zugelassen. Seine alleinige Trägerschaft für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist nicht dadurch auf die Beklagte übergegangen, dass ihr der Kreis Borken gemäß § 6 Abs 2 SGB II iVm § 5 Abs 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen (vom 16.12.2004, GVBl NRW 821) iVm § 1 Abs 1 der Satzung des Kreises Borken über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Kreis Borken vom 20.1.2005 in der Fassung der Änderungssatzung vom 17.11.2006 die Durchführung der ihm als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende obliegenden Aufgaben nach dem SGB II zur Entscheidung im eigenen Namen übertragen hat (vgl zur Parallelvorschrift des § 99 Abs 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, RdNr 11 f). Die Vorschrift des § 6 Abs 2 SGB II ermöglicht eine Heranziehung der kreisangehörigen Städte zur Aufgabenwahrnehmung und ist damit eine Rechtsgrundlage für die Übertragung der Wahrnehmungszuständigkeit, nicht aber der weiteren Übertragung der Trägerschaft für die Leistungen.

10

3. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere war der Kreis Borken, der den Widerspruchsbescheid erlassen hat, nicht notwendig beizuladen. Er ist nicht Dritter im Sinne des § 75 Abs 2 Alt 1 SGG, da er die ihm obliegenden Aufgaben durch die Beklagte wahrnimmt (vgl BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 13/11 R - BSGE 112, 61 = SozR 4-3500 § 90 Nr 5, RdNr 11). Auch ein Fall der unechten notwendigen Beiladung gemäß § 75 Abs 2 Alt 2 SGG liegt nicht vor, da - wie bereits ausgeführt - Träger der Leistungen der Kreis Borken ist und allenfalls streitig sein könnte, ob der Träger selbst oder die Beklagte verpflichtet ist. Darauf kommt es jedoch mangels Rüge nicht an (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 13; BSG Urteil vom 16.11.1978 - 3 RK 79/77 - SozR 1500 § 75 Nr 20; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl 2014, § 75 RdNr 13b mwN aus der Rspr des BSG).

11

4. Örtlich zuständig für die von den Klägerinnen geltend gemachten Leistungen für die Zeit ihres Aufenthalts bei ihren Eltern ist infolge deren gewöhnlichen Aufenthalts in Bocholt die beklagte Stadt Bocholt (§ 36 Satz 1 SGB II; vgl im Übrigen § 36 Satz 3 SGB II für Leistungen an Minderjährige während der Zeit der Ausübung des Umgangsrechts).

12

5. Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche auf Sozialgeld sind § 19 Abs 1 Satz 2 und § 7 Abs 2 Satz 1, Abs 3 Nr 4 SGB II. Danach erhalten nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben.

13

Diese Voraussetzungen wurden von den Klägerinnen in der strittigen Zeit erfüllt. Sie hatten keine Ansprüche auf die im Vierten Kapitel des SGB XII geregelten Leistungen im Alter und bei Erwerbsminderung, bildeten mit ihren Eltern eine temporäre Bedarfsgemeinschaft (dazu a) und waren nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte (dazu b).

14

a) Die Klägerinnen bildeten mit ihren erwerbsfähigen, leistungsberechtigten Eltern, die nach § 7 Abs 3 Nr 1, 3 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft waren, eine temporäre Bedarfsgemeinschaft. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Gehören die Kinder nur zeitweise diesem Haushalt an, liegt eine sog temporäre Bedarfsgemeinschaft vor (BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 50/12 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 35; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1).

15

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des SG und der übereinstimmenden Klarstellung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gehörten die minderjährigen, unverheirateten Klägerinnen, die sonst bei ihren Großeltern lebten, im strittigen Zeitraum dem Haushalt ihrer Eltern an und verfügten über kein Einkommen und Vermögen.

16

b) Die Klägerinnen waren nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte. Eine ausdrückliche Definition des Begriffs "nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte" enthält das SGB II nicht. Eine eigenständige, über die fehlende Erwerbsfähigkeit hinausgehende Anspruchsvoraussetzung ist der Formulierung des § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht zu entnehmen. § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II enthält nur eine Legaldefinition des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, während § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II den Begriff "Leistungsberechtigter" nicht enthält, sondern nur von "Personen" spricht, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Daran, dass die Klägerinnen nicht erwerbsfähig waren, besteht aufgrund ihres Alters von zwölf und neun Jahren kein Zweifel (vgl §§ 2, 5 Jugendarbeitsschutzgesetz).

17

aa) Diese Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs für nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nicht um die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II für erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu erweitern. Die Regelung des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II steht im Einklang mit § 19 Abs 1 Satz 1 SGB II und enthält die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II durch erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Die Regelung des § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II steht im Einklang mit § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und normiert die Voraussetzungen für den Bezug von Sozialgeld durch nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte. Beide Regelungen stehen nebeneinander und auch die einleitende Formulierung des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II "Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen …" wird durch eine entsprechende Formulierung in § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II ergänzt, wonach "Leistungen … auch Personen (erhalten), die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben".

18

Dieses Nebeneinander für sich stehender Anspruchsgrundlagen schließt es aus, § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II als Ergänzung zu den Voraussetzungen der § 19 Abs 1 Satz 2 und § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II zu verstehen, zumal die in § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II genannten Voraussetzungen auf nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte entweder nicht passen oder bereits in den in § 19 Abs 1 Satz 2 oder § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II genannten Merkmalen enthalten sind. Von den in der Legaldefinition der "erwerbsfähigen Leistungsberechtigten" in § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II enthaltenen Tatbestandsmerkmalen passt der in Nr 1 geregelte "Altersrahmen" nicht zu den Voraussetzungen des Sozialgeldbezugs. Die Erwerbsfähigkeit der Nr 2 stellt das Abgrenzungsmerkmal zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und nichterwerbsfähigen Leistungsberechtigten sowie dem Zugang zu Arbeitslosengeld II oder zu Sozialgeld (§ 19 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 SGB II) dar. Die in der Nr 3 genannte Hilfebedürftigkeit enthält für Kinder keine weitere Anspruchsvoraussetzung, da bei fehlender Hilfebedürftigkeit bereits keine Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft vorliegt (§ 7 Abs 3 Nr 4 SGB II). Es könnte daher aus dem Katalog des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II ausschließlich die Nr 4 - der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland - als Voraussetzung des Sozialgeldbezugs für nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte herangezogen werden. Der hierin geregelte räumliche Anknüpfungspunkt ist jedoch bereits in dem - oben bejahten - Erfordernis der Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten enthalten, sodass nicht zu erkennen ist, wozu es einer weiteren Voraussetzung für die Begründung eines räumlichen Anknüpfungspunkts bedarf.

19

bb) Dem steht die Regelung des § 30 Abs 1 SGB I nicht entgegen, nach der die Vorschriften dieses Gesetzbuchs für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

20

Die Norm regelt den Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuchs. Sie beruht auf dem völkerrechtlich hergeleiteten Territorialitätsprinzip, welches es Staaten verbietet, Hoheitsgewalt außerhalb des eigenen Staatsgebietes auszuüben, bzw gebietet, Hoheitsakte nur auf dem eigenen Staatsgebiet zu erlassen. Die Vorschrift verbietet es indes nicht, Rechtsfolgen insbesondere auf dem Gebiet des Leistungsrechts auch mit Auslandsbezug zu regeln oder an diesen anzuknüpfen (Hauck/Noftz, SGB I, Stand 7/2014, K § 30 RdNr 1 ff; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl 2010, § 30 RdNr 5 ff; Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 RdNr 16 ff). Die Anknüpfung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt steht dabei im Sinne einer Rahmenregelung unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen (§ 30 Abs 2 und § 37 SGB I). Eine solche abweichende Regelung muss nicht ausdrücklich normiert sein, sondern kann sich aus dem Gesamtzusammenhang der Vorschriften eines Sozialleistungsbereiches oder ihrem Sinn und Zweck ergeben (vgl schon die Gesetzesbegründung in BT-Drucks 7/868 S 29; Didong in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 37 RdNr 9; Fastabend in Hauck/Noftz, SGB I, Stand 7/2014, K § 37 RdNr 9 mwN).

21

Eine solche abweichende Regelung ergibt sich für das SGB II aus der aufgezeigten Auslegung von § 19 Abs 1 Satz 2, § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II im Verhältnis zu § 19 Abs 1 Satz 1, § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II bei nichterwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Fällen der vorliegenden Art. Diese Vorschriften knüpfen an die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft mit einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten an, der seinerseits seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben muss(§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II), sodass sich der räumliche und persönliche Anwendungsbereich für nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte über das Erfordernis der Bedarfsgemeinschaft aus dem SGB II ergibt und die allgemeine Regelung in § 30 Abs 1 SGB I insoweit verdrängt wird.

22

cc) Gestützt wird diese Auslegung durch systematische Gründe, weil den Büchern des Sozialgesetzbuches insgesamt nicht zu entnehmen ist, dass Leistungen grundsätzlich von einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland abhängig sein sollen.

23

Innerhalb des SGB II ist § 36 Satz 4 SGB II zu entnehmen, dass auch erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort an dem Ort ihres tatsächlichen Aufenthalts Leistungen zu erbringen sind (vgl die Gesetzesbegründung BT-Drucks 16/1410 S 27). § 23 Abs 1 Satz 1 SGB XII verlangt für die Leistung von Sozialhilfe an Ausländer in Deutschland lediglich deren tatsächlichen Aufenthalt in Deutschland. Soweit die Beklagte § 24 SGB XII(Sozialhilfe für Deutsche im Ausland) anführt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Regelung der obigen Auslegung nicht entgegensteht, sondern für sie spricht, weil aus § 24 SGB XII kein Leistungsausschluss während eines Besuches eines Deutschen im Inland ableitbar ist. Denn die Vorschrift ist nur bei einem Aufenthalt im Ausland anwendbar, wie sich bereits aus dem Wortlaut ihres Absatzes 1 Satz 2 und der Anknüpfung an die Verhältnisse im Ausland in den Absätzen 2 und 3 ergibt. Die Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) werden jungen Menschen und ihren Personensorgeberechtigten gewährt, die (nur) ihren tatsächlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 6 Abs 1 Satz 1 SGB VIII).

24

dd) Diese Auslegung stimmt mit Verfassungsrecht und in deutsches Recht überführtem Völkerrecht überein. Nach diesem ist das Grundrecht des Kindes auf staatliche Gewährleistung der elterlichen Pflege und Erziehung (Art 2 Abs 1 iVm Art 6 Abs 2 Satz 1 GG) zu beachten (vgl BVerfG Urteil vom 19.2.2013 - 1 BvL 1/11, 1 BvR 31 BvR 3247/09 - BVerfGE 133, 59 RdNr 41 ff mwN), dem durch den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Übereinkommen (der Vereinten Nationen) über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (Gesetz vom 17.2.1992, BGBl II 121) die Rechte und Wertungen dieses Übereinkommens an die Seite treten. Die fehlende Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG), die verfassungsrechtlich nicht von einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland abhängig ist (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12), von Kindern während ihres Aufenthalts bei ihren Eltern in Deutschland bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt wäre mit diesen Wertentscheidungen und der eingegangenen internationalen Verpflichtung nicht vereinbar.

25

6. Die auf den Regelbedarf nach § 23 Nr 1 SGB II beschränkte Höhe des Sozialgeldes der Klägerinnen folgt aus ihrem Antrag, der zu Recht vom Fehlen der weiteren in § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II genannten Bedarfe ausgeht.

26

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerinnen mit ihrem Antrag auf Sozialgeld durchgedrungen sind, nicht hingegen mit dem zunächst noch verfolgten Antrag auf Schulbedarf.

Gründe

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Klägerin und Berufungsklägerin -

gegen

Jobcenter ... Land,

vertreten durch den Geschäftsführer, S-platz ..., F. - -

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Der 11. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in Schweinfurt

am 19. Mai 2015

durch den Richter am Bayer. Landessozialgericht Strnischa als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Förster und Breitenbach

für Recht erkannt:

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.05.2012 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 im Hinblick auf einen höheren Regelbedarf.

Die Klägerin bezieht Alg II vom Beklagten. Ihre Miete betrug einschließlich Betriebskosten monatlich 330 € (265 € zzgl. 65 €) und ihr Heizkostenabschlag monatlich 65 € bzw. 94 € (ab Juli 2011) bzw. 88 € (ab Juli 2012). Mit Bescheid vom 08.07.2011 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 28.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 wurden der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.01.2012 Leistungen i. H. v. monatlich 788 € (364 € Regelbedarf und 424 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung) bewilligt. Dagegen hat die Klägerin Klage (S 17 AS 1521/11) beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2012 abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung (L 11 AS 53/15) zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben.

Mit Änderungsbescheid vom 26.11.2011 bewilligte der Beklage im Hinblick auf eine gesetzliche Erhöhung des Regelbedarfs für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.01.2012 Alg II i. H. v. 798 € (374 € Regelbedarf und 424 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 gewährte er mit Bescheid vom 10.01.2012 Leistungen i. H. v. monatlich 798 € (374 € Regelbedarf und 424 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 26.11.2011 und 10.01.2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 10.02.2012 und 15.02.2012 zurück. Der anerkannte Regelbedarf entspreche den gesetzlichen Grundlagen. Unter Berücksichtigung der neuen Heizkostenabschläge änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.07.2012 mit Änderungsbescheid vom 14.08.2012 auf 792 € (374 € Regelbedarf und 418 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung).

Die dagegen eingelegten Klagen (S 17 AS 313/12 und S 17 AS 314/12), mit der die Klägerin einen höheren Regelbedarf geltend gemacht hat, hat das SG verbunden und mit Gerichtsbescheid vom 15.05.2012 abgewiesen. Die Bemessung der Höhe des Regelbedarfs sei nicht verfassungswidrig.

Die Klägerin hat dagegen Berufung beim LSG eingelegt.

Sie beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.05.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012 und des Bescheides vom 10.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.08.2012 zu verurteilen, für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 weitere Leistungen für den Regelbedarf zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.

Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe des in der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 berücksichtigten Regelbedarfs (vgl. zur möglichen Beschränkung des Streitgegenstandes zuletzt BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R - und Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - jeweils zitiert nach juris). Für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 ist insofern der Bescheid vom 10.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 14.08.2012 zulässiger Streitgegenstand, da der Beklagte dort über den entsprechenden Bewilligungszeitraum entschieden hat. Unzulässig ist die Klage jedoch im Hinblick auf den Bescheid vom 26.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012. Dieser änderte lediglich die mit Bescheid vom 08.07.2011 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 28.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 u. a. auch für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.01.2012 erfolgte Bewilligung ab. Damit wurde dieser Bescheid aber kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens S 17 AS 1521/11 (§ 96 Abs. 1 SGG). Eine erneute Klage gegen diesen Bescheid war wegen der bereits anderweitigen Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 96 Rn. 11c).

Der Bescheid vom 10.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 14.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf höheres Alg II in Bezug auf den Regelbedarf bzw. für Mehrbedarfe für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Diese Leistungsvoraussetzungen werden von der Klägerin im Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 unstreitig erfüllt. Höhere als die vom Beklagten gewährten Leistungen kann die Klägerin im Hinblick auf den Regelbedarf aber nicht beanspruchen.

Das Alg II enthält nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II neben dem Bedarf für Unterkunft und Heizung auch den Regelbedarf und Mehrbedarfe. Als Regelbedarf werden bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 374 € anerkannt (§ 20 Abs. 1 und 2 Satz 1, Abs. 5 SGB II i. V. m. § 28a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII - i. V. m. der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nr. 2 SGB XII für das Jahr 2012 - RBSFV 2012 - vom 17.10.2011 - BGBl I S 2090). Diese Regelbedarfshöhe hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 zutreffend berücksichtigt. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe sind bei der Klägerin nicht gegeben und auch nicht vorgetragen.

Die Höhe des Regelbedarfs ist nicht verfassungswidrig. Gerichte sind an das Gesetz gebunden (Art 20 Abs. 3, Art 97 Abs. 1 Grundgesetz -GG-). Bei einem Konflikt zwischen einem einfachen Gesetz und der Verfassung kann sich ein Gericht nicht über das Gesetz stellen, es kann das Gesetz nur gemäß Art 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorlegen. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt ist (vgl. Beschluss des Senats vom 08.02.2012 - L 11 AS 49/12 B PKH - juris). Für eine Verfassungswidrigkeit des neuen Regelbedarfsgesetzes gibt es keine entsprechenden Anhaltspunkte.

Das Gericht schließt sich insofern der Auffassung des BVerfG (Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - juris) zur Verfassungsmäßigkeit der Neuermittlung der Regelbedarfe ab 01.01.2011 für Alleinstehende an. Danach erstreckt sich der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Dem Gesetzgeber steht hierbei ein Gestaltungsspielraum zu. Mit den von ihm getroffenen Regelungen zur Festsetzung der Regelbedarfe hat er den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums und die Anpassung der Leistungshöhe gesetzlich gesichert. Weder sind Leistungen evident unzureichend festgesetzt noch liegt ein Verstoß gegen Grundrechte vor. Die Vorgaben für die Bestimmung der Leistungshöhe genügen im streitgegenständlichen Zeitraum den Anforderungen an eine sachangemessene Berechnung der Leistungshöhe und die Vorgaben für die Fortschreibung des Regelbedarfs sind mit der Verfassung vereinbar. Insbesondere hat der Gesetzgeber relevante Bedarfe nicht übersehen und sich auf geeignete empirische Daten gestützt. Er konnte sich an dem Verbrauchsverhalten der unteren Einkommensgruppen orientieren. Der existenzielle Bedarf wurde auch nicht unzutreffend ermittelt. Insbesondere entspricht - jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum - der für den Haushaltsstrom zugrunde gelegte Bedarf den grundgesetzlichen Anforderungen. Auch wenn es bei einzelnen Bedarfen zu punktuellen Unterdeckungen kommen kann, ist dies nicht zu beanstanden, da ein interner Ausgleich stattfinden kann.

Da mit den vom Beklagten zugrunde gelegten Regelbedarfen das menschenwürdige Existenzminimum gesichert ist, besteht kein Anspruch auf die Gewährung eines höheren monatlichen Regelbedarfs, wie ihn die Klägerin geltend macht. Der Gesetzgeber hat insbesondere Bedarfe für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und zum Erwerb für Nahrungsmittel in nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt. Nicht zu prüfen waren im Hinblick auf die Beschränkung des Streitgegenstandes weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte für einen höheren Anspruch in Bezug auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, da der Beklagte diesbezüglich die tatsächlichen Kosten berücksichtigt hat

Die Berufung der Klägerin hatte nach alledem keinen Erfolg und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für behinderte Menschen während der Teilnahme an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben.

2

Der 1954 geborene Kläger hat die Staatsangehörigkeit Bosnien-Herzegowinas und verfügt über eine zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigende Niederlassungserlaubnis. In Deutschland war er zuletzt von Oktober 2005 bis Ende 2006 als Ofen- bzw Kaminbauer beschäftigt und erhält - nach dem Bezug von Alg nach dem SGB III bis Mitte 2009 - laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bei ihm ist ein GdB von 20 (Einzel-GdB 20 vH für eine Sehminderung links, 10 vH für eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und 10 vH für eine arterielle Verschlusskrankheit des rechten Beins sowie Teilverlust der 1. und 2. Zehe rechts) anerkannt (Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 3.8.2011). Er kann drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten. In dem Zeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2012 bewilligte der Beklagte zunächst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt in Höhe von 706,54 Euro monatlich (Bescheide vom 1.12.2011 und 24.5.2012: KdU in Höhe von 332,54 Euro, Regelbedarf 374 Euro) und vom 1.1.2013 bis 31.12.2013 in Höhe von 714,54 Euro (Bescheide vom 24.11.2012 und 29.5.2013).

3

In den Eingliederungsvereinbarungen vom 8.2.2012, 24.4.2013 und 23.10.2013 hatte sich der Kläger verpflichtet, für jeweils sechs Monate ("je nach Eignung im Initiativzentrum oder den Teilprojekten") an dem Projekt BINS50plus (Beschäftigungsinitiative Süd für über 50-Jährige) teilzunehmen. Wie bereits seit September 2009 nahm er in der Zeit vom 14.2.2012 bis 13.2.2014 das Teilprojekt "Kurs finden 50plus" wahr. Dieses Teilprojekt war nach allgemeiner Beschreibung mit berufs- und gesundheitsorientierenden sowie frei wählbaren Inhalten verbunden und beinhaltete ein dreitägiges "Profilpass-Gruppenseminar", die Teilnahme an dem Kursprogramm über zwei Semester (Halbjahre) mit drei Kursen je Semester aus den Themenbereichen Gesundheitsprävention, Persönlichkeitsentwicklung, gesellschaftliche Integration, Allgemeinbildung und berufliche/künstlerische/sprachliche Entwicklung sowie individuelle Beratung und Coaching (zweimal monatlich nach Vereinbarung). Als "Grundlagen und Ziele" waren Würdigung und Akzeptanz der Lebensleistung, Stärkung der Selbstverantwortung, persönliche Aktivierung, individuelle Unterstützung und begleitende Beratung benannt. Tatsächlich nahm der Kläger im streitigen Zeitraum an zwölf, teils nur eintägigen Kursen (Kontakt und Grenzen, Arbeit im Künstleratelier, Thai Chi für Anfänger, Bogenschießen, Furcht und Angst, Wut und Aggression, Malen und Zeichnen an Orten mit besonderer Energie, Wertschätzung und Akzeptanz, Kontakt und Grenzen, Angst ist die Kraft, gnostische Evangelien und spielerische Monotypie - Bildermaltechnik aus dem 17. Jahrhundert) teil. Die Fahrtkosten wurden erstattet.

4

Den auf die Bewilligungszeiträume seit 1.1.2012 bezogenen Überprüfungsantrag des Klägers vom August 2013 zur Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Behinderung und der Erbringung von Teilhabeleistungen iS des § 21 Abs 4 SGB II lehnte der Beklagte ab(Bescheid vom 4.9.2013; Widerspruchsbescheid vom 15.11.2013), bewilligte jedoch gleichzeitig für die Zeiträume vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Warmwasserbereitung. Mit vier Änderungsbescheiden vom 4.9.2013 wurde das Alg II in jedem Monat um den rückwirkend anerkannten "Mehrbedarf Warmwasser" (in 2012 monatlich 8,60 Euro, in 2013 monatlich 8,87 Euro) angehoben.

5

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.2.2014). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 26.2.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Bewilligungsbescheide seien rechtmäßig. Der Kläger habe in dem streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen gehabt. Weder sei eine Leistung nach § 54 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB XII (Schulbildung, schulische Ausbildung, sonstige Ausbildung) erbracht worden noch liege eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX vor. Es fehle an einem behinderungsspezifischen Inhalt, der notwendigen Regelförmigkeit der Maßnahme und einem organisatorischen Rahmen, der eine regelmäßige und nicht unerhebliche zeitliche Beanspruchung des Teilnehmers sowie eine Ausrichtung der Aktivitäten der Teilnehmer auf die Teilhabe am Arbeitsleben beinhalte. Bei BINS50plus handele es sich auch nicht um eine sonstige Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben iS des § 21 Abs 4 SGB II. Auch bei derartigen Hilfen müsse es sich um regelförmige Maßnahmen und solche Hilfen handeln, die final auf die Ziele des § 33 Abs 1 SGB IX, also den Ausgleich behinderungsspezifischer Nachteile, ausgerichtet seien. Es sei weder eine regelmäßige, nicht unerhebliche zeitliche Beanspruchung des Teilnehmers gewährleistet noch die erforderliche Ausrichtung der Aktivitäten auf die Teilhabe am Arbeitsleben.

6

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, bei BINS50plus handele es sich jedenfalls um eine sonstige Hilfe für die Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder sogar um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Teilnahme an einer regelförmigen Maßnahme sei gegeben, weil das Projekt jedenfalls weit über das hinausgehe, was auch nicht behinderten erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei der Vermittlung und Beratung durch den Grundsicherungsträger abverlangt werde. Die Maßnahme habe einen organisatorischen Mindestrahmen und sei auch eine solche iS des § 33 SGB IX. Wie der Leistungsbeschreibung und der Zielsetzung einer Integration in den Arbeitsmarkt zu entnehmen sei, diene die Maßnahme der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit befähigten. Die Maßnahme müsse abstrakt, nicht hinsichtlich der einzelnen wahrgenommenen Kurse, beurteilt werden.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 2015 und des Sozialgerichts Augsburg vom 12. Februar 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 4. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2013 zu verpflichten, ihm unter weitergehender Abänderung der Bescheide vom 1. Dezember 2011, 24. Mai 2012, 24. November 2012 und 29. Mai 2013 in der Zeit von 14. Februar 2012 bis 31. Dezember 2013 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Behinderung nach § 21 Abs 4 SGB II zu bewilligen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er vertritt die Ansicht, es sei zwischen dem abstrakt-generellen Ziel der Maßnahme und deren konkret-individueller Ausgestaltung sowie der Inanspruchnahme durch die Teilnehmer zu unterscheiden. Die Maßnahme BINS50plus sei in hohem Maße individualisiert, weshalb hinsichtlich der Einordnung eine Gesamtschau der belegten Kurse stattfinden müsse. Die von dem Kläger ausgewählten Kurse hätten jeweils nur einen Tag gedauert und wiesen keinen Bezug zur Arbeitsmarkt- oder Berufsorientierung aus.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger in dem streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen der Erbringung einer Teilhabeleistung oder einer Leistung der Eingliederungshilfe hat.

11

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens in zeitlicher Hinsicht sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 14.2.2012 bis 31.12.2013, weil der Kläger die Überprüfung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide nach seinem ausdrücklichen Klageantrag auf den Zeitraum ab Beginn der Maßnahme BINS50plus (14.2.2012) bis zum 31.12.2013 (Ende der durch die Bescheide vom 4.9.2013 erfassten Bewilligungsabschnitte) beschränkt hat. Gegenstand des Verfahrens ist daher zunächst der Bescheid vom 4.9.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2013, mit dem der Beklagte ausdrücklich auf den Überprüfungsantrag des Klägers vom 14.8.2013 Bezug genommen, einen "Mehrbedarf Warmwasser" anerkannt und die Erbringung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs 4 SGB II abgelehnt hat. In rechtlicher Einheit hiermit stehen die vier - den Zeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2013 betreffenden - Bewilligungsbescheide vom 4.9.2013, die gleichfalls in das Verfahren einbezogen sind (vgl zur Annahme einer rechtlichen Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheides wegen zeitlich und inhaltlich korrespondierender Verwaltungsakte BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 28; BSG Beschluss vom 16.4.2013 - B 14 AS 206/12 B - RdNr 8; vgl zu möglichen Konstellationen einer rechtlichen Einheit im Asylbewerberleistungsrecht: BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R - BSGE 114, 302 ff = SozR 4-3520 § 1a Nr 1, RdNr 15; vgl auch BSG Urteil vom 20.5.2014 - B 1 KR 3/14 R - BSGE 116, 31 = SozR 4-2500 § 272 Nr 1, RdNr 11 f zur Annahme einer rechtlichen Einheit bei Korrektur- und Jahresausgleichsbescheiden zum Risikostrukturausgleich).

12

Der Kläger hat den Streitgegenstand nach dem Inhalt seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem SG und seinen Anträgen in zulässiger Weise insofern beschränkt, als Unterkunftskosten nicht im Streit stehen. Da diese Abtrennung auch nach der Neufassung des SGB II zum 1.1.2011 möglich ist (vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10), sind allein die Höhe der weiteren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11). Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Begrenzung des Streitgegenstandes nicht bezogen auf die Leistungen für Mehrbedarfe erfolgen kann. Die Überprüfung der Bewilligungsentscheidungen ist hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts iS des § 19 S 1 Nr 1 SGB II vielmehr dem Grunde und der Höhe nach vorzunehmen.

13

Zutreffende Klageart ist hier die Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 iVm § 56 SGG). Der Kläger begehrt mit der Anfechtungsklage die Teilaufhebung (Änderung) des eine weitergehende Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsentscheidungen ablehnenden Bescheides vom 4.9.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2013. Die Verpflichtungsklage ist auf die Änderung der im Zeitpunkt des Überprüfungsantrags von August 2013 bereits bestandskräftigen Ausgangsbescheide vom 1.12.2001, 24.5.2012, 24.11.2012 und 29.5.2013 idF durch die einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserversorgung im Wege des Überprüfungsverfahrens berücksichtigenden Bescheide vom 4.9.2013 gerichtet (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11 mwN). Die ursprünglichen Bewilligungsbescheide sind auf der Grundlage des § 44 SGB X zu überprüfen. Diese Bescheide sind nicht rechtswidrig iS des § 44 SGB X, weil der Kläger keine höheren Leistungen beanspruchen konnte. Entsprechend ist auch die als auf die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, also über den von dem Beklagten bewilligten Betrag hinaus, gerichtet auszulegende Leistungsklage (§ 123 SGG) ohne Erfolg. Vorliegend sind in den die streitigen Zeiträume regelnden Bescheiden keine Sozialleistungen iS von § 44 Abs 1 SGB X zu Unrecht nicht erbracht worden. Nach § 44 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

14

Nach den Feststellungen des LSG erfüllte der Kläger zwar die Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Er war hilfebedürftig (§ 9 SGB II) und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit ist, soweit - wie hier - kein Feststellungsverfahren eingeleitet worden ist, bereits aus rechtlichen Gründen anzunehmen (vgl Senatsurteil vom 2.4.2014 - B 4 AS 26/13 R - BSGE 115, 210 = SozR 4-4200 § 15 Nr 3, RdNr 49; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 20; BSG Urteil vom 25.9.2014 - B 8 SO 6/13 R - SozR 4-4200 § 44a Nr 1). Auch Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit nach § 8 Abs 2 SGB II sind wegen der vorhandenen Niederlassungserlaubnis nicht gegeben; die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 SGB II liegen nicht vor. Der Beklagte hat dem Kläger zutreffend Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 Abs 2 SGB II als Alleinstehender (374 Euro in 2012 und 382 Euro in 2013) sowie für den Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwassererzeugung nach § 21 Abs 7 SGB II (2,3 % des maßgeblichen Regelbedarfs; 8,60 Euro bzw 8,79 Euro) bewilligt. Einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen eines Mehrbedarfs aufgrund der Teilnahme an einer Teilhabeleistung hat er nicht.

15

Nach § 21 Abs 4 SGB II wird bei erwerbsfähigen behinderten Leistungsberechtigten, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG erfüllt der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen insofern, als er zum Kreis der erwerbsfähigen behinderten Leistungsberechtigten gehört. Auch ist nach dem Inhalt der Eingliederungsvereinbarungen davon auszugehen und ausreichend, dass seine Teilnahme an den Kursen des Projektes BINS50plus auf Veranlassung des Beklagten erfolgte (vgl zu diesem Erfordernis: BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 15).

16

Die vom Berufungsgericht festgestellte tatsächliche Teilnahme des Klägers an zwölf, teils nur eintägigen Kursen der Volkshochschule A (VHS) im Rahmen des Projektes "Kurs finden 50plus" in dem hier streitigen Zeitraum erfüllte jedoch nicht die Anforderungen, die an eine den Mehrbedarf für Behinderte auslösende Teilhabeleistung in den drei Alternativen des § 21 Abs 4 SGB II zu stellen sind. Die Annahme einer Maßnahme der Eingliederungshilfe scheidet von vornherein aus. Die von § 54 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 SGB XII in Bezug genommenen Maßnahmen beinhalten eine angemessene Schulbildung(Nr 1), die Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf (Nr 2) und die Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit (Nr 3). Sie sind damit - für Leistungsberechtigte mit abgeschlossener Schulbildung - ausdrücklich auf einen bestimmten Beruf oder eine angemessene Tätigkeit gerichtete Maßnahmen.

17

Des Weiteren kann dahingestellt bleiben, ob die Teilnahme des Klägers an dem Projekt BINS50plus nach dessen inhaltlicher Ausgestaltung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder als sonstige Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben einzuordnen ist. Das LSG hat zugrunde gelegt, dass es für die Annahme einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX neben der Regelförmigkeit der Maßnahme(dazu sogleich) auch an einer behinderungsspezifischen Ausrichtung fehle. Soweit das LSG davon ausgegangen ist, dass es sich bei der Teilnahme des Klägers an den Kursen um "allgemeine Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit" handele, bleibt allerdings offen, ob Rechtsgrundlage der Bewilligung im Falle behinderter Teilnehmer - wie hier dem Kläger - § 16 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 45 SGB III oder § 16 Abs 1 S 2 SGB II iVm §§ 115 Nr 1, 45 SGB III war. Erfolgt die Bewilligung einer Teilhabeleistung aufgrund einer Behinderung, ist allerdings regelmäßig davon auszugehen, dass es sich um eine Teilhabeleistung iS des § 33 SGB IX handelt(vgl zur ansonsten erforderlichen Prüfung, welches die nach Inhalt und Schwerpunkt der Maßnahme zutreffende Rechtsgrundlage wäre: BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - FEVS 62, 541 ff; BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 3/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 11 RdNr 21, 25 zur Bewertung von allgemeinen Beratungs- und Betreuungsleistungen sowie einer psychotherapeutischen Behandlung).

18

Jedenfalls könnte die Maßnahme BINS50plus den "sonstigen Hilfen" iS des § 21 Abs 4 SGB II zugeordnet werden, die innerhalb dieser Mehrbedarfsregelung gleichwertig neben den Leistungen nach § 33 SGB IX aufgeführt werden(BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 3/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 11 RdNr 22). Ein Kausalitätserfordernis in dem Sinne, dass eine nach § 21 Abs 4 SGB II den Mehrbedarf auslösende Maßnahme nur vorliegt, wenn diese selbst schon nach ihrer abstrakten Ausgestaltung speziell auf die Bedürfnisse von behinderten Menschen zugeschnitten ist, ist nicht zugrundezulegen. Der behinderungsbedingte Mehrbedarf knüpft vielmehr typisierend an die Teilnahme an einer Maßnahme an, durch die der Mensch mit Behinderung besser in das Erwerbsleben integriert werden kann (Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII, AsylbLG, § 21 RdNr 41, Stand April 2012; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 12.3.2007 - L 19 AS 41/06 - FEVS 58, 515 ff). Ein damit verbundener Mehrbedarf ist möglicherweise sogar umfassender als bei einer nicht speziell oder vorrangig auf die Bedürfnisse von Behinderten ausgerichteten Maßnahme.

19

Bezogen auf beide Leistungsarten fehlt es aber an einer Teilnahme an einer regelförmigen besonderen Maßnahme, die nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG für den Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte vorausgesetzt wird und die allein geeignet ist, einen Mehrbedarf beim behinderten Leistungsberechtigten in seiner vom Gesetzgeber angenommenen Zielrichtung auszulösen. Insofern hat der Senat bereits entschieden, dass auch die "sonstigen Hilfen" iS des § 21 Abs 4 SGB II über das hinausgehen müssen, was dem Jobcenter etwa im Rahmen des § 14 SGB II als allgemeine Unterstützungsaufgabe zugewiesen ist. Auch aus systematischen Gründen muss eine gewisse Gleichwertigkeit gefordert werden und darf eine sonstige Hilfe hinsichtlich ihrer Ausgestaltung nicht hinter den Anforderungen zurückstehen, die an die konkret in § 21 Abs 4 SGB II benannten Maßnahmen nach § 33 SGB IX und § 54 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB XII zu stellen sind(BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 3/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 11 RdNr 22; BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 20).

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Das Erfordernis der Teilnahme an einer regelförmigen besonderen Maßnahme folgt aus dem Wortlaut und dem aus der Entstehungsgeschichte der Norm herzuleitenden spezifischen Sinn und Zweck dieser Mehrbedarfsregelung. Insofern weist bereits die Formulierung des § 21 Abs 4 S 2 SGB II ("nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit") aus, dass sich die Leistungserbringung innerhalb eines organisatorischen Rahmens vollziehen muss, der eine Bezeichnung als "Maßnahme" rechtfertigt. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift folgt eine einschränkende Auslegung. Die Vorschrift zum Mehrbedarf für behinderte Leistungsberechtigte bei Inanspruchnahme einer Teilhabeleistung geht zurück auf Regelungen im BSHG. Insofern hatte das Recht der Eingliederungshilfe in § 41 Abs 2 S 2 BSHG(idF vom 30.6.1961, BGBl I 815) vorgesehen, dass für Behinderte, die nicht mehr im volksschulpflichtigen Alter waren, für den laufenden Lebensunterhalt ein Mehrbedarf von mindestens 50 vH des maßgebenden Regelbedarfs anzuerkennen war, wenn der Lebensunterhalt nach Regelsätzen bemessen war. Die enge Anlehnung an den Leistungsumfang der vormaligen Ausbildungsbeihilfe belegt, dass der Mehrbedarf an strukturierte Maßnahmen geknüpft war, die jedenfalls vom Grundsatz geeignet waren, einen zusätzlichen Bedarf hervorzurufen (vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 19 f mwN; BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - FEVS 62, 541; BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 3/10 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 11 RdNr 20). Dieses Erfordernis bestätigend enthält die Parallelregelung des § 30 Abs 4 SGB XII zu entsprechendem Mehrbedarf im SGB XII eine strikte Anknüpfung ausschließlich an die strukturierten Maßnahmen des § 54 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB XII und unterstreicht damit das Erfordernis einer regelförmigen besonderen Maßnahme.

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Der Senat hat hiervon ausgehend bereits entschieden, dass für den Begriff der regelförmigen besonderen Maßnahme die Grundsätze herangezogen werden können, die das BSG zum Begriff der förderungsfähigen Maßnahme im Recht der Weiterbildungsförderung im Arbeitsförderungsrecht entwickelt hat (BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 21 ff). Hiernach ist wesentlich für eine Maßnahme, dass ein mit der Förderung angestrebtes Maßnahmeziel formuliert wird, diese regelmäßig auf eine auf dem Arbeitsmarkt einsetzbare Qualifikation gerichtet ist (BSG Urteil vom 23.6.1981 - 7 RAr 18/80, RdNr 33) und ihr ein festgelegter Lehrplan zugrunde liegt, in dem einzelne unselbständige Bestandteile in einem engen zeitlichen, inhaltlichen und organisatorischen Zusammenhang stehen. Erforderlich ist eine organisatorische Verbundenheit, die unterschiedliche Veranstaltungen in aller Regel schon im Vorhinein als einheitliche Maßnahme ausgewiesen sein lässt (BSG Urteil vom 20.6.1978 - 7 RAr 11/77 - SozR 4100 § 41 Nr 34, S 84; BSG Urteil vom 14.2.1985 - 7 RAr 96/83 - BSGE 58, 44, 47 = SozR 4100 § 34 Nr 12, S 27; Reichel in jurisPR-SozR 16/2010, Anm 2) Bei sinngemäßer Übertragung dieser Grundsätze müssen auch bei einer den Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II auslösenden Maßnahme deren einzelne Elemente von vornherein nach Inhalt und Dauer als einheitliche Maßnahme ausgewiesen sein und entsprechend ihrer Ausgestaltung, insbesondere auch hinsichtlich ihres zeitlichen Umfangs, geeignet sein, den Mehrbedarf in seiner vom Gesetzgeber historisch angenommenen Zielrichtung auszulösen.

22

Diese Schwelle erreichen die von dem Kläger tatsächlich wahrgenommenen Veranstaltungen des Projektes BINS50plus nicht. Besteht - wie hier - eine weitgehend freie Gestaltbarkeit der Bestandteile einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung, findet - entgegen dem Revisionsvorbringen - keine "abstrakte" Betrachtung im Sinne einer Einbeziehung weiterer möglicher Inhalte des Projekts statt. Bei der Prüfung der Regelförmigkeit der Maßnahme zugrundezulegen ist vielmehr die konkrete tatsächliche Ausgestaltung, die der Kläger im Einvernehmen mit dem SGB II-Träger gewählt hat. Insofern handelt es sich um einzelne, nicht in einem fachlichen oder inhaltlichen Zusammenhang mit dem finalen Ziel einer Teilhabe am Arbeitsleben stehende, teils nur eintägige Veranstaltungen je Halbjahr. Zwar können mit diesen einzelne - auch außerberufliche - Fähigkeiten gefördert werden. Der Beklagte weist jedoch zu Recht darauf hin, dass die weitestgehend freigestellte Wahl von Kursen an der VHS A im Mittelpunkt steht. Da ein zeitlicher Mindestumfang der einzelnen Kurse nicht festgelegt wurde, ist schon nach dem Umfang der zeitlichen Einbindung des Klägers nicht erkennbar, dass die Maßnahme von vornherein strukturiert, etwa durch bestimmte, aufeinander aufbauende Lehrinhalte, Praktika und Prüfungen, verfolgt worden ist. Die stattdessen intendierte offene Ausgestaltung des Projekts BINS50plus entspricht dem Charakter der Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl I 2854). In einer gegenüber abschließenden und strukturierten Leistungskatalogen für Bildungsmaßnahmen nach den Vorgängerregelungen (insbesondere im AFG) veränderten Begrifflichkeit können nunmehr unter "Maßnahmen" alle Instrumente verstanden werden, die durch Einschaltung Dritter die berufliche Orientierung, Reintegration und Stabilisierung fördern (Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 45 RdNr 55, Stand März 2013). Diese erfüllen jedoch wegen ihrer unterschiedlichen Ausgestaltung nicht von vornherein zugleich die Anforderungen, die an strukturierte Teilhabeleistungen iS der Mehrbedarfsregelung des § 21 Abs 4 SGB II zu stellen sind.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.08.2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinsichtlich des Regelbedarfs für die Zeit von Dezember 2017 bis November 2018.

Der 1954 geborene Kläger bewohnt eine Wohnung in einer Unterkunft der Stadt A., für die eine monatliche Gebühr iHv 140,60 € zu zahlen ist. Für die Zeit von Dezember 2017 bis November 2018 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 06.11.2017 (in Akte des Beklagten: 02.11.2017) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 Alg II für Dezember 2017 iHv 549,60 € (409 € für Regelbedarf und 140,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung) und für Januar bis November 2018 iHv monatlich 556,60 € (416 € für Regelbedarf und 140,60 € für Bedarfe der Unterkunft und Heizung). Der Regelbedarf wurde an den Kläger, die übrigen Leistungen an die Stadt A. direkt gezahlt.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben. Es werde in den Bescheiden das Zitiergebot des Grundgesetzes verletzt. Nach wie vor sei ungeklärt, ob die Regelbedarfe gegenwärtig einen ausreichenden finanziellen Spielraum für den internen Ausgleich beinhalten und damit ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten könnten. Die Regelung zu unregelmäßig anfallenden Bedarfen sei inhaltlich und betragsmäßig zu unbestimmt. Nicht rechtmäßig sei zudem die „Mechanik“ des zahlenmäßig unbezifferten „Ansparens“, das irgendwann zum Zusammenbruch des Systems führe. Der Regelsatz werde verfassungswidrig „klein“-gerechnet. Auch die Leistungen für Strom seien im Regelbedarf zu gering festgesetzt. Es bestehe hier eine monatlich permanente Unterdeckung von 16,51 €. Eine Unterdeckung liege auch im Bereich der Mobilität vor. Es bestehe ein Anspruch auf weitere 155 € monatlich. In einem Schriftsatz, der sowohl das vorliegende Klageverfahren als auch das Verfahren S 8 AS 603/17 betroffen hat und auf den der Kläger bei der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Bezug genommen hat, hat er höhere Leistungen für den Regelbedarf für die Zeit von Januar 2015 bis November 2018 geltend gemacht und sich gegen die Direktüberweisung der Unterkunftskosten an die Stadt A. im Zeitraum von Januar 2016 bis August 2018 gewandt sowie die Auszahlung an ihn ab September 2018 begehrt. Mit Urteil vom 21.08.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Zeiträume von Januar 2015 bis November 2017 sei die Klage unzulässig, da eine anderweitige Rechtshängigkeit bestehe. Im Übrigen sei der Regelbedarf nicht rechtswidrig festgesetzt. Er sei nicht zu niedrig festgelegt und stehe mit der Verfassung in Einklang. Ein Anspruch auf Auszahlung der Unterkunftskosten an den Kläger bestehe nicht. Aufgrund der Mietrückstände drohe der Verlust der Wohnberechtigung und eine Obdachlosigkeit, so dass das dem Beklagten eingeräumte Ermessen dahingehend auszuüben war, die Unterkunfts- und Heizkosten direkt an die Stadt A. zu zahlen.

Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Bei der Entscheidung des SG habe ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt, der das erste Mal dabei gewesen und sich nicht ausgekannt habe. Hinsichtlich der Regelsätze für Januar bis Juni 2015 sei auf einen ihm nicht bekannten Beschluss vom 22.08.2016 verwiesen worden. Seine Anträge seien nur verlesen worden. Im Hinblick auf die knappe Zeit der Verhandlung sei das rechtliche Gehör verletzt worden. Der Regelsatz sei zu niedrig bemessen. Es werde auf ein Sendeskript der ARD-Sendung Monitor verwiesen. Es bestehe insbesondere eine Unterdeckung bei den Stromkosten. Es beantrage Beweis zu erheben, dass sich das LSG davon überzeuge, dass das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Entscheidung vom 23.07.2014 aufgestellt habe, entspreche, wobei insbesondere die dortigen Randnummern ab ca 100 bis einschließlich 149 zu berücksichtigen und zu prüfen seien. Im Erörterungstermin am 29.01.2019 hat der Kläger erklärt, dass es im Verfahren nunmehr nur noch um die Höhe des ihm bewilligten Regelbedarfs in dem streitgegenständlichen Zeitraum gehe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.08.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 06.11.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 zu verurteilen, weitere Leistungen für den Regelbedarf iHv monatlich 155 € für Dezember 2017 bis November 2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das Vorbringen des Klägers war nach § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass es ihm zuletzt noch um die Zahlung von weiterem Alg II in Bezug auf einen höheren Regelbedarf für den Zeitraum von Dezember 2017 bis November 2018 geht. Soweit zunächst auch die Zahlung von Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Bezug auf die Direktzahlung an die Stadt A. in Streit stand, hat der Kläger nach dem Erörterungstermin am 29.01.2019 dieses Begehren nicht mehr weiterverfolgt. Streitgegenstand ist damit der Bescheid vom 06.11.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018, mit dem der Beklagte Alg II für die Zeit von Dezember 2017 bis November 2018 bewilligt hat. Der Kläger wendet sich mit seiner statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) gegen die Höhe des in der Leistungsbewilligung berücksichtigten Regelbedarfs, womit er den Streitgegenstand hierauf beschränkt hat (vgl zur möglichen Beschränkung des Streitgegenstandes BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R; Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R; Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 140/15 - alle zitiert nach juris). Soweit das SG aufgrund des vom Kläger bei Klageantragstellung in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsatzes auch davon ausgegangen war, dass der Zeitraum von Januar 2015 bis November 2017 streitgegenständlich sein soll, hat es nicht berücksichtigt, dass sich das Schreiben sowohl auf das vorliegende Verfahren bezogen hat als auch auf das Verfahren S 8 AS 603/17, in dem dieser Zeitraum vom Kläger angefochten worden war. Damit bezog sich der Antrag hinsichtlich des Zeitraums von Januar 2015 bis November 2017 erkennbar nur auf das dortige Verfahren.

Dass das SG über die Klage verfahrensfehlerhaft entschieden hat, weil dort nach Angaben des Klägers ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, der neu und mit der Sache nicht vertraut war, ist für den Senat nicht ersichtlich. Auch ein neuer ehrenamtlicher Richter ist zur Mitwirkung in den Sachen verpflichtet, für die er als gesetzlicher Richter zugeteilt ist. Eine spezielle Rechts- oder Sachkenntnis ist für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter keine Voraussetzung.

Der vom Kläger als „Beweisantrag“ bezeichneten Antrag, dass sich das LSG davon überzeuge, dass das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz den Anforderungen, die das BVerfG in der Entscheidung vom 23.07.2014 aufgestellt habe, entspreche, wobei insbesondere die dortigen Randnummern ab ca 100 bis einschließlich 149 zu berücksichtigen und zu prüfen seien, stellt keinen förmlichen Beweisantrag dar. Mit ihm wurde kein Beweismittel zum Beweis einer Tatsache bezeichnet, sondern vielmehr das Gericht aufgefordert, die Vereinbarkeit des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes insbesondere auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG mit Verfassungsrecht zu prüfen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg II in Bezug auf Leistungen für den Regelbedarf für den Zeitraum von Dezember 2017 bis November 2018.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II iVm § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Diese Leistungsvoraussetzungen werden vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Der Beklagte hat insoweit auch - wenngleich aus Sicht des Klägers zu geringe - Leistungen bewilligt.

Der Beklagte hat im Rahmen der Leistungsbewilligung den Regelbedarf in zutreffender Höhe berücksichtigt. Das Alg II wird nach § 19 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II in Höhe der Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung sowie des Regelbedarfs und der Mehrbedarfe erbracht. Als hier maßgeblicher Regelbedarf, der monatlich als Pauschalbetrag berücksichtigt wird (§ 20 Abs. 1 Satz 3 SGB II), wird bei Personen, die alleinstehend sind, ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt (§ 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II). Nach § 20 Abs. 1a Satz 1 SGB II ist dafür die Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) iVm dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des SGB XII (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - RBEG) vom 22.12.2016 (BGBl I 3159) und den §§ 28a und 40 SGB XII maßgeblich. Aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBEG ergibt sich demnach für eine erwachsene Person ein Regelbedarf von 416 € für Dezember 2017 und für Januar bis November 2018 unter Berücksichtigung der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach den §§ 28a und 134 des SGB XII maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des SGB XII für das Jahr 2018 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2018 - RBSFV 2018) vom 08.11.2017 (BGBl I 3767) ein monatlicher Regelbedarf von 416 € (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBEG iVm § 1 RBSFV 2018: 404 € zzgl 1,63%, gerundet auf den vollen Euro-Betrag). Diese Beträge hat der Beklagte berücksichtigt und damit die gesetzlich festgelegte Höhe des Regelbedarfs angesetzt. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe sind beim Kläger nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Regelungen zur Festlegung der Leistungshöhe in Bezug auf den Regelbedarf verfassungswidrig sind. Gerichte sind an das Gesetz gebunden (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz - GG). Bei einem Konflikt zwischen einem einfachen Gesetz und der Verfassung kann sich ein Gericht nicht über das Gesetz stellen, es kann das Gesetz nur gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorlegen. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt ist (vgl auch Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 140/15 - juris). Für eine Verfassungswidrigkeit der die Höhe des Regelbedarfs festlegenden Vorschriften gibt es aber aus Sicht des Senats keine entsprechenden Anhaltspunkte.

Das aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, wobei es der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber bedarf, der die zu erbringenden Leistungen an den jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat; hierfür steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - juris). Der Gestaltungsspielraum besteht sowohl bezüglich der Höhe als auch der Art der Leistungen, wobei aber stets das aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu beachten ist. Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich dabei aber nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz beschränkt sich auf die Prüfung, ob die Leistungen evident unzureichend sind, was nur dann der Fall ist, wenn offensichtlich ist, dass die Gesamtleistungen keinesfalls sicherstellen können, Leistungsberechtigten in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist. Bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums müssen die entsprechenden Bedarfe der Hilfebedürftigen zeit- und realitätsgerecht erfasst werden und auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sein. Es bedarf nicht einer optimalen Bestimmung des Existenzminimums durch Einbeziehung aller denkbaren Faktoren, maßgeblich ist vielmehr, dass für eine menschenwürdige Existenz im Ergebnis Sorge getragen wird. Jenseits der Evidenzkontrolle ist zu prüfen, ob Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind (zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12; Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - beide zitiert nach juris).

Ausgangspunkt für die Ermittlung der Höhe des Regelbedarfs sind nach § 28 Abs. 1 SGB XII die Ergebnisse einer bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Für die Regelbedarfsstufen sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen, für die die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen die Grundlage bildet (§ 28 Abs. 2 SGB XII). Diese ergeben sich aus vom Statistischen Bundesamt vorzunehmenden Sonderauswertungen (§ 28 Abs. 3 Satz 1 SGB XII), wobei nach § 28 Abs. 3 Satz 2 SGB XII Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen sind, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte), und festzulegen ist, welche Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB II beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind (§ 28 Abs. 3 Satz 3 SGB XII). Die Referenzhaushalte werden in §§ 2 bis 4 RBEG bestimmt. Dabei werden Haushalte mit Personen ausgenommen, wenn sie Hilfe zum Lebensunterhalt bzw Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder Alg II bzw Sozialgeld nach dem SGB II beziehen (§ 3 Abs. 1 RBEG). Soweit Leistungsbezieher mit zusätzlichem Erwerbseinkommen nach § 3 Abs. 2 RBEG nicht auszuschließen sind, führt dies nicht zu Zirkelschlüssen, da die sog „Aufstocker“ durch Absetz- und Freibeträge letztlich über dem Fürsorgeniveau liegen. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten (§ 28 Abs. 3 Satz 4 SGB XII). Die in diesen Sonderauswertungen ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach dem SGB XII oder dem SGB II bestreiten (§ 28 Abs. 4 Satz 1 SGB XII). Nach § 28 Abs. 4 Satz 2 SGB XII sind nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach dem SGB XII oder dem SGB II (1.) durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 SGB SGB XII oder § 11 SGB II darstellen oder (2.) nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten. In § 5 RBEG sind für die Einpersonenhaushalte die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der einzelnen Abteilungen aus der Sonderauswertung der EVS 2013 im Einzelnen aufgeführt. Die Summen der sich hieraus ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen (§ 28 Abs. 5 SGB XII).

Das Verfahren zur Ermittlung des Regelbedarfs durch das RBEG entspricht dem des RBEG 2011 (vgl auch BT-Drs 18/9984 S. 32) mit der zugrundeliegenden EVS 2008. Diese grundsätzliche Vorgehensweise hat das BVerfG (Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - juris) im Hinblick auf die EVS 2008 und die daraus ermittelten Regelbedarfe für verfassungsmäßig erachtet. Es wurde dabei insbesondere ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, dass der Gesetzgeber für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert habe. Zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf habe er sich mit dem Statistikmodell auf eine Methode gestützt, die grundsätzlich geeignet ist, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen bedarfsgerecht zu bemessen. Die als Ausgangspunkt herangezogene EVS stelle eine geeignete empirische Datengrundlage dar. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken, soweit von der Orientierung an den so ermittelten Daten durch die Herausnahme und durch Kürzungen einzelner Positionen abgewichen werde. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung ausdrücklich an. Die Ermittlung des Regelbedarfs 2017 und die Fortschreibung für 2018 nach § 1 RBSFV 2018 (zur Verfassungsmäßigkeit der Fortschreibung anhand des angewandten Mischindexes, siehe ebenfalls BVerfG aaO) für Alleinstehende erfolgte nach den gleichen Grundsätzen aufgrund der EVS 2013 samt Sonderauswertung, die demzufolge ebenso nicht gegen Verfassungsrecht verstößt (so auch bereits Beschluss des Senats vom 23.08.2017 - L 11 AS 529/17 NZB - juris).

Zudem ist - als Reaktion auf die Kritik des BVerfG im Beschluss vom 23.07.2014 (aaO), dass es zwar vertretbar sei, ein Kraftfahrzeug im Grundsicherungsrecht nicht als existenznotwendig anzusehen, allerdings ohne Kraftfahrzeug zwangsläufig steigende Aufwendungen für den öffentlichen Personennahverkehr entstehen würden, und der Gesetzgeber deshalb auch mit Blick auf die Lebenshaltungskosten sicherstellen müsse, dass der existenznotwendige Mobilitätsbedarf tatsächlich gedeckt werden könne - im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfes für 2017 auch eine Sonderauswertung hinsichtlich der Verbrauchsausgaben für Mobilität für Haushalte ohne Ausgaben für Kraftstoffe, Autogas, Strom für Elektroauto, Schmiermittel vorgenommen worden (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17.10.2016, BT-Drs 18/9984 S. 42-43). An der zutreffenden Festlegung der für die Mobilität in Ansatz gebrachten Werte in § 5 Abs. 1 Abteilung 7 RBEG (Verkehr) für Einpersonenhaushalte iHv 32,90 € (für 2017 wäre dieser Betrag nach § 7 Abs. 2 Satz 2 RBEG noch um 3,46% und für 2018 nach § 1 RBSFV 2018 um weitere 1,63% zu erhöhen) bestehen daher keine Zweifel, zumal Kosten für eine Monatskarte des ÖPNV nicht in vollem Umfang zu berücksichtigen sind (vgl auch Beschluss des Senats vom 23.08.2017 aaO; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.09.2018 - L 2 AS 1466/17 - juris). Im Übrigen kommt selbst der Paritätische Gesamtverband allein bei den Ausgaben für den ÖPNV zu einem niedrigeren Bedarf als der Gesetzgeber (vgl Der Paritätische, Expertise Regelsätze 2017 Kritische Anmerkungen zur Neuberechnung der Harz IV-Regelsätze durch das Bundesministerium Arbeit und Soziales und Alternativberechnungen der Paritätischen Forschungsstelle, September 2016). Soweit dort allerdings Aufwendungen für Kfz hinzugerechnet werden, steht dem entgegen, dass der Gesetzgeber aufgrund wertender Betrachtung solche Kosten unberücksichtigt lassen kann (vgl dazu BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 aaO; Beschluss des Senats vom 23.08.2017 aaO). Es ist auch nicht erkennbar, dass der Betrag im Falle des Klägers evident unauskömmlich wäre. Der Kläger selbst wohnt in A-Stadt und kann von seiner Unterkunft aus Lebensmittelgeschäfte, Bekleidungsgeschäfte etc fußläufig erreichen (nach maps.google.de zB in zwölf Minuten einen ALDI-Markt oder 13 Minuten zu einem KIK-Bekleidungsgeschäft). Kosten des ÖPNV für gelegentliche Fahrten zu weiter entfernt liegenden Zielen können mit dem im Regelbedarf enthaltenen Betrag ohne weiteres gedeckt werden.

Soweit der Kläger vorbringt, dass der Verweis auf einen internen Ausgleich bei einer punktuellen Unterdeckung problematisch sei, hat sich das BVerfG (aaO Rn 117 ff) mit dieser Thematik ebenfalls auseinandergesetzt. Dem Gesetzgeber steht es demnach offen, auf eine interne Ausgleichsmöglichkeit zu verweisen. Es ergibt sich für den Senat auch nicht, dass im Rahmen der EVS 2013 und den daraus erfolgten Festsetzungen für 2017 bzw Fortschreibungen für 2018 ernsthafte Bedenken aufgetreten wären, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verwiesen hätten (vgl dazu BVerfG aaO Rn 141).

Dies gilt ebenso für eine vom Kläger vorgebrachte Unterdeckung bei den Stromkosten. So betrug der Index der Verbraucherpreise für Strom 2014 125,8, während in den Jahren 2015 (124,8) und 2016 (125,6) der Indexwert sogar geringer war (Statistisches Bundesamt, Preise - Verbraucherpreisindizes für Deutschland Jahresbericht 2017 - Seite 50 f). Im Vergleich zum Vorjahr betrug die Preissteigerung bei Strom 2017 lediglich 1,7% (vgl Zahlen aus Fachserie 17, Reihe 7 des Statistischen Bundesamts - Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Monatsbericht für Dezember 2018 - Seite 23). Eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der Preisentwicklung und des aus der EVS 2013 für die Festsetzung des Regelbedarfs für 2017 abgeleiteten Betrages für den Haushaltsstrom ist daher nicht erkennbar.

Soweit die Höhe der Regelbedarfe aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBEG - diese legten den Regelbedarf für 2017 auf 409 € fest - zum 01.01.2018 um 1,63% erhöht und auf volle Euro gerundet worden sind (§ 1 RBSFV 2018), begegnet dies keinen Bedenken. Die Fortschreibung erfolgte nach § 28a Abs. 2 Satz 1 SGB XII iVm § 7 Abs. 1 RBEG aufgrund der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Dass hier neben der Preisentwicklung auch die Lohn- und Gehälterentwicklung berücksichtigt wird, ist mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 aaO - Rn 137). Nach § 28a Abs. 2 Satz 3 SGB XII wird für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 vom Hundert und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 vom Hundert berücksichtigt. Dies zeigt, dass die Preisentwicklung für regelbedarfsrelevante Güter in verstärktem Maße bei der Fortschreibung berücksichtigt wird. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass im maßgeblichen Zeitraum extrem ungewöhnlich hohe Preissteigerungsraten in bestimmten Bereichen aufgetreten sind, die eines gesonderten Ausgleichs bedurft hätten. Insbesondere die Strompreisentwicklung war nicht ungewöhnlich. So betrug die Preissteigerung 2018 im Vergleich zum Vorjahr 1,3% (vgl Zahlen aus Fachserie 17, Reihe 7 des Statistischen Bundesamts - Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Monatsbericht für Dezember 2018 - Seite 23).

Auch ansonsten vermag der Senat keine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der Regelbedarfsfortschreibung ausgehend von der EVS 2013 und der Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter erkennen. Hierfür gibt es weder Anhaltspunkte noch hat der Kläger entsprechendes vorgetragen.

Da mit den vom Beklagten zugrunde gelegten Regelbedarfen das menschenwürdige Existenzminimum gesichert ist, besteht kein Anspruch auf die Gewährung eines höheren monatlichen Regelbedarfs, wie ihn der Kläger geltend macht.

Ein Verstoß gegen das in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Zitiergebot, wonach der Gesetzgeber bei einer Einschränkung von Grundrechten durch ein Gesetz oder auf Grundlage eines Gesetzes das betroffene Grundrecht unter Angabe des Artikels zu nennen hat, ist hinsichtlich der den Kläger betreffenden Normen nicht verletzt. Es findet nur Anwendung auf Grundrechte, die aufgrund ausdrücklicher Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen (vgl BVerfG, Beschluss vom 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 - mwN - juris). Dazu gehört jedoch das aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht. Zudem erscheint auch fraglich, ob durch die die Leistungsbewilligung regelnden Normen Grundrechte des Klägers eingeschränkt werden, zumal nach obigen Ausführungen damit ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet wird.

Die Berufung des Klägers hatte nach alledem keinen Erfolg und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

für den
Geburtsjahrgang
erfolgt eine
Anhebung
um Monate
auf den Ablauf des Monats,
in dem ein Lebensalter
vollendet wird von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben.

(2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen zuerst mit der sich nach Absatz 3 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (Basisfortschreibung) und das Ergebnis mit der sich nach Absatz 4 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (ergänzende Fortschreibung). Für nachfolgende Fortschreibungen ab dem Jahr 2024 sind jeweils die nicht gerundeten Eurobeträge, die sich aus der Basisfortschreibung des Vorjahres nach Absatz 3 ergeben haben, erneut nach Absatz 3 fortzuschreiben und die sich daraus ergebenden Eurobeträge mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung nach Absatz 4 fortzuschreiben.

(3) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung ergibt sich aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes wird die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 Prozent und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 Prozent berücksichtigt. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.

(4) Maßgeblich für die Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung der sich nach Absatz 3 ergebenden nicht gerundeten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen ist jeweils die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres. § 28 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt das Statistische Bundesamt mit der Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate

1.
für den Zeitraum nach Absatz 3 für
a)
die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und
b)
die durchschnittliche Nettolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,
2.
für den Zeitraum nach Absatz 4 für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.

Einer Person, die am 31. Dezember 2016 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Siebten Kapitel in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung hat, sind die ihr am 31. Dezember 2016 zustehenden Leistungen über den 31. Dezember 2016 hinaus bis zum Abschluss des von Amts wegen zu betreibenden Verfahrens zur Ermittlung und Feststellung des Pflegegrades und des notwendigen pflegerischen Bedarfs nach § 63a in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung weiter zu gewähren. Soweit eine Person zugleich Leistungen nach dem Elften Buch in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung erhält, sind diese anzurechnen. Dies gilt nicht für die Zuschläge nach § 141 Absatz 2 des Elften Buches sowie für den Entlastungsbetrag nach § 45b des Elften Buches. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, geringer sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die nach Satz 1 gewährten höheren Leistungen nicht vom Leistungsbezieher zu erstatten; § 45 des Zehnten Buches bleibt unberührt. Ergibt das Verfahren, dass für die Zeit ab dem 1. Januar 2017 die Leistungen für den notwendigen pflegerischen Bedarf, die nach dem Siebten Kapitel in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren sind, höher sind als die nach Satz 1 gewährten Leistungen, so sind die Leistungen rückwirkend nach den Vorschriften des Siebten Kapitels in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung zu gewähren.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Die Sozialhilfe umfasst:

1.
Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40),
2.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b),
3.
Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52),
4.
Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a),
5.
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69),
6.
Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74)
sowie die jeweils gebotene Beratung und Unterstützung.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Gründe

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Klägerin und Berufungsklägerin -

gegen

Jobcenter ... Land,

vertreten durch den Geschäftsführer, S-platz ..., F. - -

- Beklagter und Berufungsbeklagter -

Der 11. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in Schweinfurt

am 19. Mai 2015

durch den Richter am Bayer. Landessozialgericht Strnischa als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Förster und Breitenbach

für Recht erkannt:

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.05.2012 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 im Hinblick auf einen höheren Regelbedarf.

Die Klägerin bezieht Alg II vom Beklagten. Ihre Miete betrug einschließlich Betriebskosten monatlich 330 € (265 € zzgl. 65 €) und ihr Heizkostenabschlag monatlich 65 € bzw. 94 € (ab Juli 2011) bzw. 88 € (ab Juli 2012). Mit Bescheid vom 08.07.2011 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 28.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 wurden der Klägerin für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.01.2012 Leistungen i. H. v. monatlich 788 € (364 € Regelbedarf und 424 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung) bewilligt. Dagegen hat die Klägerin Klage (S 17 AS 1521/11) beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.03.2012 abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung (L 11 AS 53/15) zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben.

Mit Änderungsbescheid vom 26.11.2011 bewilligte der Beklage im Hinblick auf eine gesetzliche Erhöhung des Regelbedarfs für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.01.2012 Alg II i. H. v. 798 € (374 € Regelbedarf und 424 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 gewährte er mit Bescheid vom 10.01.2012 Leistungen i. H. v. monatlich 798 € (374 € Regelbedarf und 424 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung). Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 26.11.2011 und 10.01.2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 10.02.2012 und 15.02.2012 zurück. Der anerkannte Regelbedarf entspreche den gesetzlichen Grundlagen. Unter Berücksichtigung der neuen Heizkostenabschläge änderte der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.07.2012 mit Änderungsbescheid vom 14.08.2012 auf 792 € (374 € Regelbedarf und 418 € Bedarfe für Unterkunft und Heizung).

Die dagegen eingelegten Klagen (S 17 AS 313/12 und S 17 AS 314/12), mit der die Klägerin einen höheren Regelbedarf geltend gemacht hat, hat das SG verbunden und mit Gerichtsbescheid vom 15.05.2012 abgewiesen. Die Bemessung der Höhe des Regelbedarfs sei nicht verfassungswidrig.

Die Klägerin hat dagegen Berufung beim LSG eingelegt.

Sie beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 15.05.2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012 und des Bescheides vom 10.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.08.2012 zu verurteilen, für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 weitere Leistungen für den Regelbedarf zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.

Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe des in der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.07.2012 berücksichtigten Regelbedarfs (vgl. zur möglichen Beschränkung des Streitgegenstandes zuletzt BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R - und Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - jeweils zitiert nach juris). Für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 ist insofern der Bescheid vom 10.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 14.08.2012 zulässiger Streitgegenstand, da der Beklagte dort über den entsprechenden Bewilligungszeitraum entschieden hat. Unzulässig ist die Klage jedoch im Hinblick auf den Bescheid vom 26.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012. Dieser änderte lediglich die mit Bescheid vom 08.07.2011 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 28.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 u. a. auch für die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.01.2012 erfolgte Bewilligung ab. Damit wurde dieser Bescheid aber kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens S 17 AS 1521/11 (§ 96 Abs. 1 SGG). Eine erneute Klage gegen diesen Bescheid war wegen der bereits anderweitigen Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 96 Rn. 11c).

Der Bescheid vom 10.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 i. d. F. des Änderungsbescheides vom 14.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf höheres Alg II in Bezug auf den Regelbedarf bzw. für Mehrbedarfe für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Diese Leistungsvoraussetzungen werden von der Klägerin im Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 unstreitig erfüllt. Höhere als die vom Beklagten gewährten Leistungen kann die Klägerin im Hinblick auf den Regelbedarf aber nicht beanspruchen.

Das Alg II enthält nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II neben dem Bedarf für Unterkunft und Heizung auch den Regelbedarf und Mehrbedarfe. Als Regelbedarf werden bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich 374 € anerkannt (§ 20 Abs. 1 und 2 Satz 1, Abs. 5 SGB II i. V. m. § 28a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII - i. V. m. der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nr. 2 SGB XII für das Jahr 2012 - RBSFV 2012 - vom 17.10.2011 - BGBl I S 2090). Diese Regelbedarfshöhe hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 zutreffend berücksichtigt. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe sind bei der Klägerin nicht gegeben und auch nicht vorgetragen.

Die Höhe des Regelbedarfs ist nicht verfassungswidrig. Gerichte sind an das Gesetz gebunden (Art 20 Abs. 3, Art 97 Abs. 1 Grundgesetz -GG-). Bei einem Konflikt zwischen einem einfachen Gesetz und der Verfassung kann sich ein Gericht nicht über das Gesetz stellen, es kann das Gesetz nur gemäß Art 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorlegen. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt ist (vgl. Beschluss des Senats vom 08.02.2012 - L 11 AS 49/12 B PKH - juris). Für eine Verfassungswidrigkeit des neuen Regelbedarfsgesetzes gibt es keine entsprechenden Anhaltspunkte.

Das Gericht schließt sich insofern der Auffassung des BVerfG (Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - juris) zur Verfassungsmäßigkeit der Neuermittlung der Regelbedarfe ab 01.01.2011 für Alleinstehende an. Danach erstreckt sich der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Dem Gesetzgeber steht hierbei ein Gestaltungsspielraum zu. Mit den von ihm getroffenen Regelungen zur Festsetzung der Regelbedarfe hat er den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums und die Anpassung der Leistungshöhe gesetzlich gesichert. Weder sind Leistungen evident unzureichend festgesetzt noch liegt ein Verstoß gegen Grundrechte vor. Die Vorgaben für die Bestimmung der Leistungshöhe genügen im streitgegenständlichen Zeitraum den Anforderungen an eine sachangemessene Berechnung der Leistungshöhe und die Vorgaben für die Fortschreibung des Regelbedarfs sind mit der Verfassung vereinbar. Insbesondere hat der Gesetzgeber relevante Bedarfe nicht übersehen und sich auf geeignete empirische Daten gestützt. Er konnte sich an dem Verbrauchsverhalten der unteren Einkommensgruppen orientieren. Der existenzielle Bedarf wurde auch nicht unzutreffend ermittelt. Insbesondere entspricht - jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum - der für den Haushaltsstrom zugrunde gelegte Bedarf den grundgesetzlichen Anforderungen. Auch wenn es bei einzelnen Bedarfen zu punktuellen Unterdeckungen kommen kann, ist dies nicht zu beanstanden, da ein interner Ausgleich stattfinden kann.

Da mit den vom Beklagten zugrunde gelegten Regelbedarfen das menschenwürdige Existenzminimum gesichert ist, besteht kein Anspruch auf die Gewährung eines höheren monatlichen Regelbedarfs, wie ihn die Klägerin geltend macht. Der Gesetzgeber hat insbesondere Bedarfe für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und zum Erwerb für Nahrungsmittel in nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt. Nicht zu prüfen waren im Hinblick auf die Beschränkung des Streitgegenstandes weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte für einen höheren Anspruch in Bezug auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, da der Beklagte diesbezüglich die tatsächlichen Kosten berücksichtigt hat

Die Berufung der Klägerin hatte nach alledem keinen Erfolg und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von November 2006 bis März 2007. Sie richtet sich mittelbar gegen die im Jahr 2006 getroffene Entscheidung des Gesetzgebers, die sogenannte Bedarfsgemeinschaft im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres zu erweitern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil zusammenleben. Danach erhalten diese Kinder, auch wenn sie gegen die Eltern keinen durchsetzbaren Unterhaltsanspruch haben, 80 % der Regelleistung von Alleinstehenden, dabei wird das Einkommen und Vermögen ihrer Eltern bei ihrem Leistungsanspruch berücksichtigt.

I.

2

Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch regelt mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Mit diesen Leistungen sollen vom Gesetzgeber anerkannte, eine menschenwürdige Existenz sichernde Bedarfe abgedeckt werden. Dabei wird leistungsmindernd berücksichtigt, wenn Bedürftige mit Angehörigen in häuslicher Gemeinschaft leben. Dies ist im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (dazu 1) anders ausgestaltet als in der im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) geregelten Sozialhilfe (dazu 2).

3

1. Leistungsberechtigt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sind erwerbsfähige Hilfebedürftige. Dazu gehören nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II und hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

4

Darüber hinaus sind nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II auch diejenigen Personen leistungsberechtigt, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Nach der abschließenden Regelung des § 7 Abs. 3 SGB II können eine Bedarfsgemeinschaft nur Eltern und Kinder - nach der hier angegriffenen Erweiterung auch volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres - sowie Menschen in Ehe und Lebenspartnerschaft oder in ehe- und lebenspartnerschaftsähnlicher Beziehung bilden. Zur Bedarfsgemeinschaft können diese Personen auch gehören, wenn sie nicht erwerbsfähig sind und keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhalten, weil sie beispielsweise nicht nur vorübergehend in einer stationären Einrichtung untergebracht sind, Altersrente oder ähnliche Leistungen beziehen (§ 7 Abs. 4 SGB II) oder sie einen Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch haben (§ 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der damals maßgeblichen Fassung; heute § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II); dann handelt es sich - wie im Ausgangsverfahren angenommen - um eine "gemischte Bedarfsgemeinschaft" (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 R -, juris, Rn. 31, 48). Eine Bedarfsgemeinschaft setzt jedoch stets voraus, dass die Beteiligten zusammenleben.

5

a) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende dient dazu, zur Sicherung des Lebensunterhalts unterschiedliche Bedarfe durch staatliche Leistungen zu decken. Zentral ist die Regelleistung nach § 20 SGB II. Sie wird pauschal gewährt, dient der Sicherung des Lebensunterhalts und umfasst nach dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen § 20 Abs. 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Zudem besteht Anspruch auf Leistungen für etwaige Mehrbedarfe nach § 21 SGB II und auf Leistungen für die tatsächlichen, angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 SGB II. Dazu kommen weitere Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen sowie Vorschüsse, Zuschüsse und Darlehen für besondere Bedarfe. Unter 25-Jährige, die allerdings auch besonderen Sanktionsregeln unterliegen, sind zudem nach § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB II vordringlich in Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln. In dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Bewilligungsabschnitt bis zum 31. Dezember 2010 bestand nach § 24 SGB II binnen zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld auch ein Anspruch auf Zuschläge, um den Übergang in die Grundsicherung abzufedern (aufgehoben durch Art. 15 Nr. 4 Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 9. Dezember 2010, BGBl I S. 1885).

6

Bei der Regelleistung wird nach dem Lebensalter und der Lebenssituation der Bedürftigen unterschieden. So erfolgen Festsetzungen für alleinstehende erwachsene Hilfebedürftige, für Erwachsene, die mit anderen zusammen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, für Familienhaushalte, in denen Erwachsene Kinder versorgen (nach der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung des § 20 Abs. 2 und 3 - heute Abs. 4 - SGB II) und eigenständig für Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre (nach der damaligen Fassung des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II; heute § 23 Nr. 1 SGB II). Die volle Regelleistung erhalten grundsätzlich Alleinstehende und Alleinerziehende; sie wird auch denen zuerkannt, die mit einer oder einem Minderjährigen in ehelicher, lebenspartnerschaftlicher oder ähnlicher Beziehung leben (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Ihre Höhe lag in dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II bei monatlich 345 €.

7

b) Auf Grundsicherungsleistungen bestehen auch im Falle einer Bedarfsgemeinschaft immer individuelle Ansprüche der einzelnen Mitglieder (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R -, juris, Rn. 12). Das Gesetz berücksichtigt allerdings, ob Leistungsberechtigte mit weiteren Personen zusammenleben. Es geht davon aus, dass mit dem Zusammenleben von Angehörigen in häuslicher Gemeinschaft Einsparungen einhergehen und die Beteiligten gemeinsam wirtschaften. Daher wird grundsätzlich das anrechenbare Einkommen und verwertbare Vermögen aller Angehörigen dieser Bedarfsgemeinschaft zugerechnet (§ 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II) und alle individuellen Ansprüche werden mit Blick auf den Gesamtbedarf dieser Bedarfsgemeinschaft berechnet (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Dies wird als "horizontale Berechnungsmethode" bezeichnet (vgl. BSG, Urteile vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 55/07 R -, juris, Rn. 14 ff., und vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 55/08 R -, juris, Rn. 23). Das Einkommen und Vermögen von Kindern wirkt sich allerdings lediglich auf ihre eigene Bedürftigkeit aus, was sich im Umkehrschluss aus § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II ergibt. Leben Kinder außerhalb des elterlichen Haushalts und damit nicht in einer Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern, wird elterliches Einkommen, unabhängig vom Alter des Kindes, nur berücksichtigt (und dann als eigenes Einkommen des Kindes angerechnet), wenn Zahlungen tatsächlich geleistet werden.

8

c) Für als Partnerin oder Partner in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Erwachsene (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II) werden je 90 % der vollen Regelleistung anerkannt (damals nach § 20 Abs. 3 SGB II; heute in § 20 Abs. 4 SGB II). Dies waren in dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum monatlich 311 €. Sonstige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft erhalten 80 % der vollen Regelleistung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II; heute in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II als Leistungsbetrag ausgewiesen). Dies waren im maßgeblichen Zeitraum 276 €. Auch wenn ein Elternteil mit einem volljährigen, aber unter 25-jährigen Kind zusammen lebt, wird davon ausgegangen, dass der Elternteil die volle Regelleistung und das Kind als sonstiger erwerbsfähiger Angehöriger 80 % hiervon erhält (vgl. Saitzek, in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 20 Rn. 26).

9

Erwachsene Kinder, die trotz Bedürftigkeit ohne Zusicherung des Trägers der Grundsicherungsleistung nach dem damals geltenden § 22 Abs. 2a SGB II (heute § 22 Abs. 5 SGB II) aus dem elterlichen Haushalt auszogen, erhielten nach dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum geltenden § 20 Abs. 2a SGB II (heute § 20 Abs. 3 SGB II) weiter nur die auf 80 % abgesenkte Regelleistung. Zudem erhielten sie bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nach § 22 Abs. 2a SGB II keine Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung, wenn dies nicht zugesichert war, und gemäß dem damaligen § 23 Abs. 6 SGB II (heute § 24 Abs. 6 SGB II) keine Leistungen zur Erstausstattung für die Wohnung.

10

2. In der Sozialhilfe - nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - sind die Einstandspflichten zusammenlebender Personen anders geregelt als im Grundsicherungsrecht. Das betrifft insbesondere die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei der Bestimmung des Leistungsanspruchs. Grundsätzlich ist zwar auch in der Sozialhilfe eigenes Einkommen und Vermögen zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Das gilt für die Hilfe zum Lebensunterhalt (insbesondere bei vorübergehender voller Erwerbsminderung) nach § 19 Abs. 1 SGB XII und im Alter oder bei dauerhafter voller Erwerbsminderung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII (jeweils in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003, BGBl I S. 3022). Jedoch hat der Gesetzgeber hier die sogenannte Einsatz- oder Einstandsgemeinschaft normiert. Auch sie dient dazu, das gemeinsame Wirtschaften im häuslichen Näheverhältnis zu berücksichtigen. Doch muss hier anders als in der Bedarfsgemeinschaft das eigene Einkommen und Vermögen nur insoweit für andere eingesetzt werden, wie dies den eigenen notwendigen Lebensunterhalt übersteigt. Dies wird als "vertikale Berechnungsmethode" bezeichnet.

11

Elterliches Einkommen wird bei - dem elterlichen Haushalt angehörenden - minderjährigen unverheirateten Kindern nur in der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch berücksichtigt und auch nur dann, wenn sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht selbst beschaffen können (zum Zeitpunkt des Ausgangsverfahrens nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB XII). Darüber hinaus ist elterliches Einkommen nur im Rahmen der Vermutungsregelung zur Bedarfsdeckung in der Haushaltsgemeinschaft nach dem damaligen § 36 Satz 1 SGB XII (heute § 39 Satz 1 SGB XII) zu berücksichtigen. Im Bereich der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch) findet eine Anrechnung elterlichen Einkommens nicht statt.

II.

12

Der Gesetzgeber hat die im vorliegenden Verfahren zentralen Regelungen im Jahr 2006 mit dem Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl I S. 558) in Kraft gesetzt. Seitdem sind nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 und 4 SGB II auch erwachsene Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, die mit ihren Eltern zusammenleben, im System der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu betrachten. Dies führt nach der damals geltenden Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II zur Absenkung ihrer Grundsicherungsleistungen auf 80 % der Regelleistung. Zudem hat der Gesetzgeber mit der Änderung von § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II die Anrechnung des elterlichen Einkommens und Vermögens auf ihren Bedarf vorgegeben.

13

Die der angegriffenen Entscheidung zugrundeliegenden und mittelbar angegriffenen Regelungen lauten in der damals geltenden Fassung des Art. 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954), Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl I S. 558) und Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl I S. 1706):

§ 7 SGB II

Berechtigte

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,

2. erwerbsfähig sind,

3. hilfebedürftig sind und

4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben

(erwerbsfähige Hilfebedürftige). […]

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. […]

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1. die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen,

2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,

3. als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen

a) der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,

b) der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,

c) eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen,

4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

[…]

§ 9 SGB II

Hilfebedürftigkeit

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht

1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,

2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) 1Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. 2Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus ihrem eigenen Einkommen oder Vermögen beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partners zu berücksichtigen. 3Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

[…]

§ 20 SGB II

Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts

[…]

(2) 1Die monatliche Regelleistung beträgt für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, 345 €. 2Die Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft beträgt 80 vom Hundert der Regelleistung nach Satz 1.

(2a) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 erhalten Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs. 2a umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres 80 vom Hundert der Regelleistung.

(3) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, beträgt die Regelleistung jeweils 90 vom Hundert der Regelleistung nach Absatz 2.

[…]

§ 22 SGB II

Leistungen für Unterkunft und Heizung

[…]

(2a) 1Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden ihnen Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur erbracht, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. 2Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1. der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,

2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder

3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.

3Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen.

[…]

14

Diese Regelungen gehen auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zurück, der im Gesetzgebungsverfahren durch den Ausschuss des Deutschen Bundestages für Arbeit und Soziales vollständig neu gefasst wurde. Der Ausschuss hat zur Begründung ausgeführt, Kinder trügen keine zur allgemeinen Haushaltsführung gehörenden Aufwendungen wie für Versicherungen, Strom oder haushaltstechnische Geräte (Ausschuss für Arbeit und Soziales, Beschlussempfehlung und Bericht vom 15. Februar 2006, BTDrucks 16/688, S. 13 f. zu Nr. 2, Buchstabe b). Zudem sollten auch erwachsene Kinder nicht frühzeitig und ohne sozial hinreichende Sicherung ausziehen (ebd., S. 14 zu Nr. 6, Buchstabe a).

15

Die Regelungen wurden durch nachfolgende Gesetzgebung geschlechtergerecht gefasst und einzelne Absätze innerhalb der Vorschriften neu eingeordnet, bestehen jedoch inhaltlich im Wesentlichen fort. Den nach § 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II geltenden Regelsatz, von dem die hier maßgeblichen Leistungen nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II abgeleitet sind, hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1, 3, 4/09 - (BVerfGE 125, 175) für mit dem Grundgesetz unvereinbar, jedoch bis zu einer Neuregelung für weiter anwendbar erklärt. Die Regelsätze wurden wiederholt erhöht und erwiesen sich nach dem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10, 12/12, 1 BvR 1691/13 - (BVerfGE 137, 34) in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl I S. 453) sowie der bis zu dieser Entscheidung ergangenen weiteren Fassungen und Nachfolgeregelungen als noch mit dem Grundgesetz vereinbar.

III.

16

1. Der im September 1985 geborene, ledige Beschwerdeführer, der über eine abgeschlossene Ausbildung verfügt, war in der Zeit von Juni bis September 2006 als Maler berufstätig und seitdem (erneut) arbeitslos. Im fachgerichtlich zunächst streitigen Zeitraum von Oktober 2006 bis März 2007 lebte er mit seiner ein Jahr jüngeren Schwester und seinem 1961 geborenen Vater zusammen. Der Vater bezog eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer in Höhe von monatlich 615,84 €.

17

a) Auf Antrag des Beschwerdeführers bewilligte der Träger der Grundsicherungsleistung ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für Oktober 2006 bis März 2007. Die Höhe der Leistungen berechnete er ab November 2006 mit monatlich 175,64 €. Dem Beschwerdeführer stünden im Ausgangspunkt 276 € als Regelleistung, 80 € als befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gemäß dem damaligen § 24 SGB II und anteilige 10,92 € als Kosten der Unterkunft und Heizung zu. Er lebe jedoch mit dem Vater in einer Bedarfsgemeinschaft. Dieser gehöre die Schwester nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II nicht an, da sie ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bestreite. Der Vater sei zudem zwar aufgrund seiner Erwerbsunfähigkeit von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ausgeschlossen. Doch müsse der Anteil seiner Rente, der seinen dann fiktiv zu berechnenden Grundsicherungsbedarf nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (vgl. BSG, Urteil vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 58/06 R -, juris, Rn. 40) übersteige, bei der Berechnung des Anspruchs des Beschwerdeführers bedarfsmindernd berücksichtigt werden. Der (fiktive) Bedarf des Vaters liege bei 355,92 €, was sich aus 345 € Regelleistung und 10,92 € anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung ergebe. Damit verbleibe dem Vater nach Bereinigung des monatlichen Rentenzahlbetrags ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 547,20 €. Dies übersteige seinen Bedarf um 191,28 €. Damit stünden dem Beschwerdeführer Leistungen in entsprechend verringerter Höhe zu.

18

b) Das Sozialgericht wies die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage des Beschwerdeführers und seines Vaters ab. Das Landessozialgericht wies die Berufung unter Nichtzulassung der Revision durch Beschluss zurück.

19

c) Das Bundessozialgericht wies die von ihm zugelassene Revision als unbegründet zurück. Der Vater des Beschwerdeführers sei nicht klagebefugt; dem Beschwerdeführer stehe im streitgegenständlichen, in der Revisionsinstanz auf November 2006 bis März 2007 begrenzten Zeitraum kein Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen zu. Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass ihm lediglich 80 % der Regelleistung eines Alleinstehenden zuerkannt worden seien. Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II in der ab dem 1. Juli 2006 geltenden Fassung sei nicht verfassungswidrig. Der Beschwerdeführer weise zwar zu Recht darauf hin, dass angesichts der geringen Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente und dem Schutz des Selbstbehalts seines Vaters nach § 1603 Abs. 1 BGB wohl kein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch gegen diesen bestehe. Der fürsorgerechtliche Gesetzgeber dürfe jedoch bei der Frage, ob der Einsatz staatlicher Mittel gerechtfertigt sei, von den Regelungen des Unterhaltsrechts abweichen und typisierend unterstellen, dass in einem Haushalt zusammenlebende Familienangehörige sich unterstützten. Dies gelte zumal, wenn diese in gerader Linie verwandt seien. In der Wahl der Altersgrenze von 25 Jahren könne kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erkannt werden; dem Gesetzgeber komme hier ein weiter Ermessensspielraum zu. Die mit einem starren Stichtag verbundenen Härten seien grundsätzlich hinzunehmen. Überdies habe der Gesetzgeber mit der Einführung dieser Altersgrenze verfassungsrechtlich legitime Zwecke verfolgt. Er habe insbesondere verhindern wollen, dass Kinder, die im Haushalt der Eltern lebten, mit Erreichen der Volljährigkeit automatisch eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildeten. Eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung sei auch nicht darin zu sehen, dass nur das Einkommen des Elternteils berücksichtigt werde, der mit dem erwachsenen Kind in einem Haushalt lebe, nicht hingegen das Einkommen eines dort nicht lebenden Elternteils.

20

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und von Art. 3 Abs. 1 GG.

21

Er wendet sich gegen zu niedrige Sozialleistungen aufgrund der Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit seinem Vater und greift insbesondere die Revisionsentscheidung des Bundessozialgerichts an. Mittelbar richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die im Ausgangsverfahren maßgeblichen Regelungen der § 7 Abs. 3 Nr. 2 und 4, § 9 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II; sie seien verfassungswidrig, soweit sie zu der Konstruktion einer Bedarfsgemeinschaft zwischen ihm und seinem Vater mit der Folge der Regelleistungskürzung aufgrund der Einkommensanrechnung führten. Sein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sei verletzt. Die ihm gewährten Leistungen seien evident unzureichend. Der Auszahlbetrag von 175,64 € bleibe noch hinter den Leistungen von 184,07 € zurück, die einer alleinstehenden hilfebedürftigen Person nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustünden. Er müsse einen Teil seines Bedarfs mit Mitteln seines Vaters decken, auf die er dem Grunde oder zumindest der Höhe nach keinen Anspruch habe, insbesondere nicht nach bürgerlich-rechtlichem Unterhaltsrecht. Der Rückgriff auf fremde Mittel für die Bedarfsdeckung könne nur dann zugelassen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass diese Mittel ihm auch tatsächlich zur Verfügung stünden. Zudem sei die Höhe der Regelleistung für junge Erwachsene mit 80 % der Regelleistung von Alleinstehenden "gegriffen" und nicht mittels eines sachgerechten und transparenten Verfahrens ermittelt worden. Der Gesetzgeber habe den Bedarf junger Erwachsener und seine Deckung im Haushalt der Familie in keiner Form erfasst.

22

Es verstoße gegen den Gleichheitssatz, unter 25-jährige schlechter zu behandeln als ältere Personen. Die tatsächlichen Lebensverhältnisse änderten sich mit Erreichen dieser Altersgrenze nicht. Nicht einzusehen sei auch, weshalb der Bedarf nach Eintritt der Volljährigkeit bei Erwerbsfähigen geringer sein solle als bei Erwerbsunfähigen. Eine weitere, nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung zeige sich im Vergleich zum Bereich der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Dort gebe es keine vergleichbare Anrechnungsregelung. Ein erwerbsgeminderter junger Erwachsener sei dort nicht Teil einer Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern, obwohl eine allgemeine Fürsorgepflicht der Eltern sogar eher angenommen werden könne.

23

3. Der Vater des Beschwerdeführers hatte zeitgleich Verfassungsbeschwerde eingelegt, mit der er eine Verletzung von Art. 14 GG rügte. Durch die Anrechnung eines Teils seiner Rente auf den Bedarf seines Sohnes werde ihm die Rente insoweit entzogen. Die 3. Kammer des Ersten Senats hat diese Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 1 BvR 371/11 - nicht zur Entscheidung angenommen. Der Vater selbst beantragte im Ausgangsverfahren keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sein Rentenzahlbetrag wurde ungemindert an ihn ausgezahlt.

IV.

24

Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerde für teilweise unzulässig, da der Beschwerdeführer nicht von allen mittelbar angegriffenen Regelungen betroffen und eine Grundrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert dargelegt sei. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet, denn die Höhe der Regelleistung in der Bedarfsgemeinschaft sei transparent und sachgerecht festgestellt worden; bessere Methoden gebe es nicht. Das Existenzminimum sei jedenfalls nicht evident unterschritten. Der Gesetzgeber dürfe im Fürsorgerecht vom Unterhaltsrecht abweichen, sich an der Lebenswirklichkeit orientieren und daher bei der Familiengemeinschaft von einem wechselseitigen Einstandswillen ausgehen. Fehle dieser, habe der Gesetzgeber mit § 22 Abs. 2a SGB II in der damals geltenden Fassung die Möglichkeit eingeräumt, eine eigene Bedarfsgemeinschaft außerhalb des Elternhauses zu begründen.

25

Die für Verfahren aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts haben mitgeteilt, dass die mittelbar angegriffenen Regelungen bisher von ihnen angewandt und nicht für verfassungswidrig gehalten worden seien.

26

Die Niedersächsische Landesregierung, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, der Deutsche Caritasverband, der Deutsche Familiengerichtstag, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundesverband - und der Sozialverband Deutschland gehen davon aus, dass die Verfassungsbeschwerde zulässig und begründet ist. Durch die Erweiterung der Bedarfsgemeinschaft mit der Folge der reduzierten Regelleistung sowie der Anrechnung des elterlichen Einkommens seien das aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums sowie der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.

B.

27

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

I.

28

Das Vorbringen des Beschwerdeführers bedarf allerdings der Auslegung.

29

Das Bundesverfassungsgericht ist bei der Bestimmung des prozessualen Begehrens nicht an die wörtliche Fassung des Antrages gebunden. Bei dessen Auslegung ist insbesondere die Antragsbegründung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 1, 14 <39>; 54, 53 <64 f.>; 68, 1 <68 f.>; 103, 242 <257>; 139, 194 <220 Rn. 97>).

30

Die Verfassungsbeschwerde zielt im Wesentlichen auf die Regelungen in § 7 Abs. 3 Nr. 2, § 9 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II zu den Grundsicherungsleistungen, wenn Eltern in die Bedarfsgemeinschaft mit ihren volljährigen Kindern einbezogen werden. Demgegenüber ist § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Einbeziehung von Kindern in die Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern nicht Gegenstand des Verfahrens. Diese Regelung findet auf den Beschwerdeführer keine Anwendung und auf ihr beruht auch die unmittelbar angegriffene Entscheidung nicht.

II.

31

Die Verfassungsbeschwerde ist hinreichend substantiiert (zu den Substantiierungsanforderungen vgl. BVerfGE 130, 1 <21> m.w.N.). Nach dem Vortrag des Beschwerdeführers erscheint es möglich, dass er in seinem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verletzt ist. Dies kann sich daraus ergeben, dass die für ihn maßgebliche Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht gesondert berechnet wird, aber unter dem sonst für ihn anzusetzenden Regelleistungsbetrag für Alleinstehende liegt. Die Grundrechtsverletzung kann sich zudem daraus ergeben, dass die Grundsicherungsleistung zu Lasten des Beschwerdeführers in der Bedarfsgemeinschaft ungleich verteilt wird und dass ein Teil des Einkommens seines Vaters nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II auf seine Leistungen angerechnet wird, ohne dass ihm ein korrespondierender Unterhaltsanspruch zustünde.

C.

32

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Bedarfsgemeinschaft im Grundsicherungsrecht nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II auf volljährige Kinder zu erweitern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist sowohl mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 1 GG als auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Dies gilt - unabhängig von der Festlegung der Regelleistung selbst (zu § 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II vgl. BVerfGE 125, 175 <221 ff.>) - jedenfalls bei einer aus zwei Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft für die Bestimmung der existenzsichernden Leistungen gemäß dem damals geltenden § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II, auch wenn bei dem erwachsenen Kind eine Regelleistung von 80 % der Regelleistung für Alleinstehende angesetzt und elterliches Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II berücksichtigt wird, obwohl diesem kein Unterhaltsanspruch korrespondiert.

I.

33

Die mittelbar angegriffenen Regelungen und die auf ihnen beruhende Entscheidung des Bundessozialgerichts verletzen den Beschwerdeführer durch die Einbeziehung in eine Bedarfsgemeinschaft mit einem Elternteil nicht in seinem grundrechtlich gesicherten Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG.

34

1. Die im Ausgangsverfahren maßgebliche Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II genügt dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums allerdings insoweit nicht, als sie von der vollen Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung abgeleitet ist. Diese hat das Bundesverfassungsgericht für mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt (vgl. zur Ableitung der Regelleistung für in Bedarfsgemeinschaft zusammenlebende Partnerinnen und Partner BVerfGE 125, 175 <244 f.> sowie zum Sozialgeld a.a.O. <245>). Doch wurde die Vorgabe zur Bestimmung der Regelleistung in § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 9. Februar 2010 nicht für nichtig, sondern für übergangsweise weiter anwendbar erklärt, um die Anspruchsgrundlage für existenzsichernde Leistungen zu erhalten (vgl. BVerfGE 125, 175 <255 f.>). Sie war folglich im entscheidungserheblichen Zeitraum auch der Bestimmung der Höhe der existenzsichernden Leistungen für den Beschwerdeführer zugrunde zu legen. Davon geht auch der Beschwerdeführer selbst aus, der sich mit seiner Verfassungsbeschwerde ausdrücklich nicht gegen die Ableitung der Regelleistung für sonstige erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II von der bis zum 31. Dezember 2010 fortgeltenden vollen Regelleistung wendet.

35

2. Der Beschwerdeführer ist durch die Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit einem Elternteil nicht in seinen Grundrechten verletzt.

36

a) Das Grundgesetz garantiert mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch; das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu sichern. Das Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat. Dem Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 125, 175 <222>; 132, 134 <159 Rn. 62>). Bei dessen Ausfüllung hat er auch völkerrechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 132, 134 <161 f. Rn. 68>; 137, 34 <72 Rn. 74>).

37

aa) Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; 132, 134 <160 Rn. 64>; 137, 34 <72 Rn. 75>).

38

bb) Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums die entsprechenden Bedarfe der Hilfebedürftigen zeit- und realitätsgerecht erfassen. Ihm kommt ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung von Art und Höhe der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums zu. Er hat einen Entscheidungsspielraum bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie bei der wertenden Einschätzung des notwendigen Bedarfs, muss seine Entscheidung jedoch an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen ausrichten (vgl. BVerfGE 125, 175 <224 f.>; 132, 134 <160 f. Rn. 67>; 137, 34 <72 f. Rn. 76>) und die Leistungen zur Konkretisierung des grundrechtlich fundierten Anspruchs müssen tragfähig, also durch realitätsgerechte, schlüssige Berechnungen sachlich differenziert begründet werden können (vgl. BVerfGE 137, 34 <72 ff. Rn. 76 f.>). Die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, dürfen im Ergebnis nicht verfehlt werden (BVerfGE 137, 34 <73 f. Rn. 77>).

39

cc) Der Staat hat im Rahmen seines Auftrags zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins erfüllt werden, wenn einem Menschen die hierfür erforderlichen notwendigen materiellen Mittel weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus seinem Vermögen oder durch Zuwendungen Dritter zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 125, 175 <222>). Auch der soziale Rechtsstaat ist darauf angewiesen, dass Mittel der Allgemeinheit, die zur Hilfe für deren bedürftige Mitglieder bestimmt sind, nur in Fällen in Anspruch genommen werden, in denen wirkliche Bedürftigkeit vorliegt. Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit kann daher grundsätzlich auch das Einkommen und Vermögen von Personen einbezogen werden, von denen in einer Gemeinschaft ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann (vgl. BVerfGE 87, 234 <264 f.>, auch BVerfGE 75, 382 <394 f.>). Das gilt jedenfalls im Rahmen einer Ehe oder einer Lebenspartnerschaft und im Verhältnis einander unterhaltspflichtiger Verwandter, soweit wechselseitige Unterhaltsansprüche bestehen (vgl. BVerfGE 75, 382 <394 f.>). Allerdings ist eine Anrechnung auch dann nicht ausgeschlossen, wenn zivilrechtlich kein (vgl. BVerfGE 9, 20 <30 ff.>) oder nur ein geringerer Unterhaltsanspruch (vgl. BVerfGE 71, 146 <155 f.>) besteht. Die Anrechnung darf nur nicht zu einer Benachteiligung von Ehe und Familie führen (Art. 6 Abs. 1 GG; vgl. BVerfGE 87, 234 <256 ff.>). Maßgebend sind aber insoweit nicht möglicherweise bestehende Rechtsansprüche, sondern die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Hilfebedürftigen, also das tatsächliche Wirtschaften "aus einem Topf" (vgl. BVerfGE 9, 20 <30 ff.>). Nicht angerechnet werden darf, was zu leisten die Verpflichteten außerstande sind (vgl. zum Unterhaltsrecht BVerfGE 28, 324 <352>) oder was sie ohne rechtliche Verpflichtungen erkennbar nicht zu leisten bereit sind (vgl. BVerfGE 71, 146 <156>; 87, 234 <256; 265>). Eine Grenze kann die Anrechnung auch in der Selbstbestimmung der Beteiligten (Art. 2 Abs. 1 GG) und der Freiheit in der Gestaltung des familiären Zusammenlebens (Art. 6 Abs. 1 GG) finden.

40

b) Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums entspricht eine zurückhaltende Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht.

41

aa) Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen vorgibt, beschränkt sich die materielle Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind (vgl. BVerfGE 125, 175 <225 f.>; 132, 134 <165 Rn. 78>; 137, 34 <75 Rn. 81>). Diese Kontrolle bezieht sich im Wege einer Gesamtschau (vgl. BVerfGE 130, 263 <295>) auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienen, diese Höhe zu bestimmen. Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfGE 137, 34 <75 Rn. 81>).

42

bb) Jenseits dieser Evidenzkontrolle überprüft das Bundesverfassungsgericht, ob Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind. Lassen sich die Leistungen nachvollziehbar und sachlich differenziert tragfähig begründen, stehen sie mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang (vgl. BVerfGE 125, 175 <225 f.>; 132, 134 <165 f. Rn. 79>; 137, 34 <75 Rn. 82>).

43

c) Andere Grundrechte vermögen für die Bemessung des Existenzminimums im Sozialrecht grundsätzlich keine weiteren Maßstäbe zu setzen. Entscheidend ist zur Sicherung des nach Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG gewährleisteten Existenzminimums von Verfassungs wegen allein, dass dieses für jede individuelle hilfebedürftige Person ausreichend bemessen ist (vgl. BVerfGE 125, 175 <227>).

44

3. Die angegriffene Entscheidung des Bundessozialgerichts und die mittelbar angegriffenen Regelungen zu den Grundsicherungsleistungen in einer Bedarfsgemeinschaft erwachsener Kinder mit einem Elternteil genügen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen.

45

Mit den der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Regelungen nimmt der Gesetzgeber eine pauschale Bestimmung existenzsichernder Leistungen in Bedarfsgemeinschaften vor, indem er den Bedarf für einen Elternteil mit einem volljährigen, unter 25-jährigen Kind mit insgesamt 180 % des entsprechenden Bedarfs zweier Alleinstehender berechnet, hiervon 100 % auf den Elternteil und 80 % auf das Kind verteilt, zudem elterliches Vermögen berücksichtigt und elterliches Einkommen auf den Bedarf des Kindes anrechnet, auch wenn diesem kein Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil zusteht. Damit ist die anerkannte Leistung zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz nicht evident unterschritten (a). Die Leistungen lassen sich auch nachvollziehbar und sachlich differenziert tragfähig begründen (b). Mit dem Grundgesetz ist es vereinbar, Sozialleistungen an der Bedürftigkeit der Betroffenen zu orientieren und insoweit Einsparungen zu berücksichtigen, die im familiären Zusammenleben typischerweise auftreten (aa). Desgleichen bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Entscheidung des Gesetzgebers, in eine solche Bedarfsgemeinschaft auch erwachsene Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres einzubeziehen (bb). Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn elterliches Einkommen berücksichtigt wird, obwohl keine korrespondierende Unterhaltsverpflichtung besteht. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Elternteil tatsächlich zum Unterhalt beiträgt und das Kind deshalb in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen ist. Dasselbe gilt, wenn dem Kind anderenfalls ein Auszug aus der Wohnung ohne nachteilige Folgen ermöglicht wird (cc).

46

a) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die ihm monatlich ausgezahlten Leistungen in Höhe von 175,64 € seien evident unzureichend, überzeugt dies nicht.

47

aa) Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (BVerfGE 137, 34 <75 Rn. 81>; zu einer solchen Situation BVerfGE 132, 134 <166 ff. Rn. 80 ff.>).

48

bb) Anhaltspunkte für eine derartige oder eine vergleichbare Situation sind hier nicht erkennbar.

49

(1) Der Gesamtbetrag der Leistungen, die für die Existenzsicherung des Beschwerdeführers anerkannt wurden, unterschreitet das zu gewährleistende menschenwürdige Existenzminimum nicht evident. Im Ausgangspunkt wurde ein Bedarf in Höhe von 80 % der Regelleistung für Alleinstehende konkret in Höhe von 276 € anerkannt. Dazu kam der nach der damaligen Rechtslage nach § 24 SGB II anerkannte Zuschlag in Höhe von 80 €. Die Gesamtsumme ist damit höher als die damalige Regelleistung für Alleinstehende. Dass diese im entscheidungserheblichen Zeitraum nicht evident unzureichend war, hat der Senat bereits entschieden (vgl. BVerfGE 125, 175 <227>).

50

(2) Auch im Hinblick auf die Höhe der tatsächlich gewährten Leistungen ist eine evidente Unterdeckung des menschenwürdigen Existenzminimums nicht ersichtlich. Zwar sind dem Beschwerdeführer nicht Leistungen in Höhe des im Ausgangspunkt anerkannten Bedarfs, sondern nur ein geringerer Betrag bewilligt worden. Diese Höhe der Leistungen folgt jedoch aus der teilweisen Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente des Vaters auf den anerkannten Bedarf des Beschwerdeführers, weil der Gesetzgeber mit den angegriffenen Regelungen unterstellt, dass sein Bedarf durch entsprechende Zuwendungen des Vaters gedeckt ist. Die Berücksichtigung des Einkommens des Vaters betrifft insofern nicht die Anerkennung notwendiger Bedarfe zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz, sondern die Ausgestaltung der Leistungen mit Blick auf die Bedürftigkeit. Eine evidente Unterdeckung ist mit Blick auf derartige Anrechnungen nur denkbar, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass auch mit dem angerechneten Einkommen eine menschenwürdige Existenz überhaupt nicht zu sichern wäre. Dafür ist hier jedoch nichts ersichtlich. Der Vater verfügte jedenfalls tatsächlich über hinreichende Mittel, um zur Existenzsicherung seines Sohnes beizutragen. Die Tatsache, dass sein Einkommen die unterhaltsrechtlichen Freibeträge nicht übersteigt, ändert daran nichts, denn diese sind nicht auf das zur menschenwürdigen Existenz Notwendige beschränkt.

51

b) Auch jenseits evidenter Verfassungswidrigkeit kann ein Verfassungsverstoß nicht festgestellt werden, weil sich die Leistungen in ihrer Gesamthöhe nachvollziehbar und sachlich differenziert tragfähig begründen lassen.

52

aa) Die mittelbar angegriffene Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II, die der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde liegt, ist - unbeschadet ihrer Ableitung von einer mit der Verfassung nicht vereinbaren Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II (dazu unter A II, Rn. 15, und C I 1, Rn. 34; vgl. BVerfGE 125, 175) - mit den Anforderungen des Grundgesetzes vereinbar. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz anerkannte Sozialleistungen in Orientierung an der Bedürftigkeit der Betroffenen pauschal um Einsparungen zu kürzen, die im familiären häuslichen Zusammenleben typisch sind.

53

(1) Die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II führt im Ergebnis dazu, dass bei einer Bedarfsgemeinschaft aus einem Elternteil und einem erwachsenen Kind Sozialleistungen, die den existenznotwendigen Bedarf sichern, nur in Höhe von insgesamt 180 % der Regelleistung für Alleinstehende berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber geht davon aus, dies sei durch geringere Kosten und daraus resultierende Einsparungen aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftens zu rechtfertigen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist hinreichend plausibel, dass jedenfalls in einem Haushalt zusammenlebende Familienangehörige umfassend "aus einem Topf" wirtschaften. Das hat zur Folge, dass zwei in einem solchen Näheverhältnis zusammenlebende Personen einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem Doppelten des Bedarfs einer alleinwirtschaftenden Person liegt (vgl. BVerfGE 75, 382 <394>; 87, 234 <256>). Daher kann die familiäre Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft durchaus Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein, sofern damit keine Benachteiligung von Ehe oder Familie einhergeht, die mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar wäre (vgl. BVerfGE 17, 210 <217>; 28, 324 <347>; 69, 188 <205 f.>; 75, 382 <393>). Eine solche Absenkung der Regelleistung aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftens in häuslicher Gemeinschaft ist als Orientierung von Sozialleistungen an der Bedürftigkeit auch im Sinne des sozialen Rechtsstaats gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 9, 20 <35>; 22, 100 <105>).

54

(2) Der Einwand des Beschwerdeführers, die Höhe der Regelleistung für junge Erwachsene sei mit 80 % der Regelleistung von Alleinstehenden schlicht gegriffen und nicht mittels eines sachgerechten und transparenten Verfahrens ermittelt worden, verkennt, dass die Verfassung keine besonderen Vorgaben für das Gesetzgebungsverfahren macht; verlangt ist vielmehr die sachlich differenzierende, im Ergebnis tragfähige Begründbarkeit der festgesetzten Beträge in ihrer Gesamthöhe (zuletzt BVerfGE 137, 34 <74 ff. Rn. 78 ff.>). Davon ist hier unter Berücksichtigung des Entscheidungsspielraumes des Gesetzgebers in der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse (vgl. BVerfGE 137, 34 <72 f. Rn. 76>) auszugehen.

55

Die Annahme, das Hinzutreten eines weiteren Erwachsenen zu einer Bedarfsgemeinschaft führe zu einer regelbedarfsrelevanten Einsparung von 20 %, kann sich zumindest für die Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft in der Gesamtbetrachtung auf eine ausreichende empirische Grundlage stützen. Das Bundesverfassungsgericht hat für Partnerinnen und Partner bereits ausdrücklich gebilligt, dass der Bedarf einer weiteren erwachsenen Person in einer Bedarfsgemeinschaft in einer Höhe von insgesamt 180 % für zwei Personen von dem statistisch ermittelten Bedarf der Alleinstehenden abgeleitet werden darf (vgl. BVerfGE 125, 175 <245>), da die Erhebung nach Haushalten geeignet sei, den tatsächlichen Bedarf auch für solche Lebenssituationen zu ermitteln. Insofern ist die Bestimmung des Regelbedarfs zweier zusammenlebender und gemeinsam wirtschaftender Erwachsener in Höhe von 90 % des im SGB II für eine alleinstehende Person geltenden Regelbedarfs nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 137, 34 <83 Rn. 100>). Nach wie vor fehlen zwar Daten zu den relevanten Haushalten, zum Verwandtschaftsverhältnis oder zum Konsumverhalten in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), die der Gesetzgeber zur Bestimmung des existenzsichernden Bedarfs nutzt (vgl. BVerfGE 125, 175 <232 ff.>). Doch sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum ein erwachsenes Kind, das - wie der Beschwerdeführer - nur mit einem Elternteil zusammen lebt, einen höheren Bedarf haben soll als der hinzutretende Erwachsene in einem Paarhaushalt (vgl. Dudel/Garbuszus/Ott/Werdig, Überprüfung der bestehenden und Entwicklung neuer Verteilungsschlüssel zur Ermittlung von Regelbedarfen auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, 2013, S. 286). Nicht zu entscheiden ist im vorliegenden Verfahren allerdings, ob und gegebenenfalls ab welcher Anzahl hinzutretender Personen eine Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums nicht mehr gewährleistet ist, wenn für jede dieser weiteren Personen eine um 20 % geringere Regelleistung berechnet wird. Die Annahme, dass der familiäre Zweipersonenhaushalt Einsparungen ermöglicht, aufgrund derer eine menschenwürdige Existenz auch mit auf 180 % der Regelleistung verminderten Leistungen gesichert ist, bewegt sich jedenfalls in dem Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers.

56

(3) Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, die Leistungen in der Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft - abweichend von in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partnerinnen und Partnern (vgl. damals § 20 Abs. 3 SGB II) - ungleich zu verteilen. Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II werden in der Bedarfsgemeinschaft aus einem Elternteil und einem erwachsenen Kind diesem nur 80 % der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II gewährt, dem Elternteil hingegen die volle Regelleistung. Auch hier ist der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse und sein Gestaltungsspielraum bei der Art und Höhe der jeweiligen Leistungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 137, 34 <72 f. Rn. 76>). Es erscheint hinreichend plausibel, wenn der Gesetzgeber davon ausgeht, dass Eltern in häuslicher Gemeinschaft auch mit einem erwachsenen Kind regelmäßig den überwiegenden Teil der Kosten von Wohnungsausstattung, Hausrat oder etwa einer Tageszeitung oder anderen Mediendienstleistungen tragen und auf genaue Abrechnungen wie unter Fremden verzichten (BTDrucks 16/688, S. 13 f. zu Nr. 2, Buchstabe b). Daher ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber in der Bedarfsgemeinschaft in § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II für ein Kind einen geringeren Existenzsicherungsbedarf ansetzt als für den Elternteil.

57

bb) Es ist mit den Anforderungen des Grundgesetzes auch vereinbar, dass der Gesetzgeber die Bedarfsgemeinschaft in § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II auf erwachsene Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres ausgeweitet und deren Leistungshöhe nach dem Lebensalter bestimmt hat. Entgegen dem zentralen Einwand des Beschwerdeführers bestehen gegen die Einbeziehung erwachsener Kinder in die Bedarfsgemeinschaft mit einem Elternteil keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

58

(1) Der Anspruch auf existenzsichernde Leistungen ist nach Maßgabe von Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG so auszugestalten, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (vgl. BVerfGE 87, 153 <172>; 91, 93 <111>; 99, 246 <261>; 120, 125 <155 und 166>; 125, 175 <224>; 137, 34 <73 f. Rn. 77>). Der Bedarf muss damit auch für Menschen unterschiedlichen Alters realitätsgerecht bestimmt werden. So dürfen etwa Kinder nicht pauschal als "kleine Erwachsene" behandelt werden, sondern ihr Bedarf ist orientiert an tragfähigen Erkenntnissen sachgerecht zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 125, 175 <245 f., 249 f.>; 137, 34 <93 Rn. 123 f.>). Ein schlichter Verweis auf die Lebenserfahrung genügt für Differenzierungen in der Leistungshöhe nicht. Vielmehr muss der Gesetzgeber, wenn er Sozialleistungen nach dem Lebensalter staffelt, auf die alterstypische Entwicklung (vgl. BVerfGE 40, 121 <135 f.>) Rücksicht nehmen. Dabei hat er auch zu berücksichtigen, dass mit zunehmendem Alter eines Kindes sein Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe an Gewicht zunimmt (vgl. BVerfGE 59, 360 <387 f.>; 88, 87 <97 ff.>); der Gesetzgeber kann die Ausgestaltung der Sozialleistungen insoweit auch dann an den tatsächlichen Umständen orientieren, wenn die Betroffenen die Volljährigkeit erreicht haben und diese Rechte uneingeschränkt genießen.

59

(2) Mit diesen Anforderungen ist die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II zu vereinbaren, wonach auch ein erwachsenes Kind bis zum vollendeten 25. Lebensjahr in einer Bedarfsgemeinschaft mit einem Elternteil geringere Leistungen erhält als ein über 25-jähriges Kind. Diese Altersgrenze der Einbeziehung von Kindern in die Bedarfsgemeinschaft ist sachlich begründbar. Der Gesetzgeber orientiert sich mit dem Ende des 25. Lebensjahres an einem häufigen, jedenfalls nicht untypischen Zeitpunkt des Erreichens ökonomischer Eigenständigkeit sowie am empirisch belegten längeren Verbleib von Kindern im Elternhaus (vgl. Statistisches Bundesamt, Datenreport 2006, Auszug aus Teil II "Lebenssituation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen", S. 545 ff. und "Frauen und Männer in verschiedenen Lebensphasen", 2010, S. 10). Zwar trifft der Einwand des Beschwerdeführers und der Verbände zu, dass sich mit Vollendung des 25. Lebensjahres die Eltern-Kind-Beziehung nicht automatisch wesentlich ändert. Doch gilt dies für jede - auch für die vormalige, auf 18 Jahre gesetzte - Altersgrenze; denn die leibliche und seelische Entwicklung ist nicht an das numerische Alter gebunden, sondern einem individuell sehr unterschiedlichen Prozess unterworfen. Auch trifft es zu, dass die berufliche Ausbildung nicht immer mit einem bestimmten Lebensalter in dem Sinne abgeschlossen ist, dass Menschen dann ökonomisch auf eigenen Füßen stünden (vgl. zur Volljährigkeitsgrenze von damals 21 Jahren BVerfGE 44, 1 <19 f.>). Doch liegt es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, eine Regelung zur Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen in Orientierung an der konkreten Bedürftigkeit der Leistungsberechtigten auf diese typisierende Einschätzung der tatsächlichen Verhältnisse zu gründen, die auch im Übrigen nicht sachwidrig erscheint. So trägt der Gesetzgeber mit der Grenze der Vollendung des 25. Lebensjahres auch dem Einwand der Verbände Rechnung, dass der Einstandswille von Eltern mit dem Alter ihrer Kinder abnimmt.

60

cc) Die angegriffene Entscheidung des Bundessozialgerichts und die ihr zugrundeliegenden Regelungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums, soweit sie bei der Bestimmung der Leistungshöhe unterstellen, sein Vater werde ihn in der Bedarfsgemeinschaft unterhalten, auch wenn es an einem korrespondierenden, rechtlich durchsetzbaren Unterhaltsanspruch fehlt.

61

(1) Der Beschwerdeführer hat keinen Unterhaltsanspruch nach §§ 1601 ff. BGB gegen seinen Vater, weil er eine Ausbildung abgeschlossen hat und der Vater nicht über Mittel in für die Unterhaltspflicht maßgeblicher Höhe verfügt. Damit besteht das Risiko einer Unterdeckung in der familiären Zwei-Personen-Bedarfsgemeinschaft, wenn der Vater sich ernsthaft weigert, zur Existenzsicherung des Kindes beizutragen, elterliches Einkommen und Vermögen aber gleichwohl nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II bedarfsmindernd berücksichtigt wird. Folglich hat der Einwand, der Beschwerdeführer könne nur auf Leistungen verwiesen werden, die ihm auch tatsächlich zur Verfügung stünden, durchaus Gewicht. Existenzsichernde Leistungen müssen durch einen Anspruch gesichert sein (vgl. BVerfGE 125, 175 <223 f.>) und der Gesetzgeber muss dafür Sorge tragen, dass der existenzielle Bedarf tatsächlich gesichert ist und so die Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz nicht verfehlt wird (vgl. BVerfGE 137, 34 <73 f. Rn. 77>). Daher müssen auftretende Unterdeckungen entweder ausgeglichen werden können oder es muss ein gesonderter Anspruch auf Ausgleich im Bedarfsfall bestehen (vgl. BVerfGE 137, 34 <76 Rn. 84>).

62

(2) Doch spricht es nicht grundsätzlich gegen die Anrechnung elterlichen Einkommens und Vermögens auf die Leistungen zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz, dass das Kind nicht immer einen konkreten durchsetzbaren Unterhaltsanspruch in Höhe des angerechneten Einkommens hat. Die Anforderung, das Existenzminimum müsse durch einen Anspruch gesichert sein, bezieht sich auf das Erfordernis eines Parlamentsgesetzes zur Bestimmung der existenzsichernden Leistungen, weil diese nicht der freien Entscheidung der Verwaltung überlassen bleiben dürfen. Ein solches Gesetz ist hier mit dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und speziell mit den Regelungen in §§ 7, 9 und 20 SGB II vorhanden. Indem die gesetzlichen Bestimmungen zur Höhe des Anspruchs eine Anrechnung des elterlichen Einkommens vorsehen, wird der gesetzliche Anspruch auf Existenzsicherung nicht beseitigt, sondern nur der individuelle Leistungsanspruch gegen den Träger der Grundsicherung in Anknüpfung an die tatsächlichen Umstände beschränkt.

63

Dies begegnet auch in der Sache keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber ist zur Bereitstellung von Mitteln zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz nur in dem Umfang verpflichtet, in dem die hierfür erforderlichen materiellen Mittel nicht aus eigener Erwerbstätigkeit, eigenem Vermögen oder durch Zuwendungen Dritter zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 125, 175 <222>). Er geht hier plausibel begründbar davon aus, dass die (ergänzende) Existenzsicherung durch Grundsicherungsleistungen nur in einem Umfang erforderlich ist, in dem sie nicht durch Mitglieder einer häuslichen und familiären Gemeinschaft erfolgt, weil anzunehmen ist, dass diese in besonderer Weise füreinander einstehen und bereit sind, ihren Lebensunterhalt auch jenseits zwingender rechtlicher Verpflichtungen gegenseitig zu sichern. Im Verhältnis zwischen Eltern und (volljährigen) Kindern im gemeinsamen Haushalt wird der Beschwerdeführer also nicht auf im Belieben Dritter stehende Almosen verwiesen, sondern auf Mittel innerhalb der Familie, bei denen der Gesetzgeber davon ausgehen darf, dass sie in familiärer Verbundenheit und Solidarität tatsächlich erbracht werden. Diese Einkommensanrechnung verletzt auch nicht die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden (vgl. BVerfGE 61, 319 <347>; 99, 216 <231>; 133, 59 <84>), denn der Gesetzgeber knüpft hier für wirtschaftliche Rechtsfolgen - ohne die Familie zu diskriminieren - lediglich an die familiäre Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft an (vgl. BVerfGE 17, 210 <217>; 28, 324 <347>; 69, 188 <205 f.>; 75, 382 <393>). Grundsätzlich bestimmt § 3 Abs. 3 SGB II, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Hier kann der Gesetzgeber davon ausgehen, dass einander nahestehende Menschen zur Sicherung ihrer Existenz typischerweise ihre vorhandenen Mittel - wie hier die Erwerbsunfähigkeitsrente des Vaters - miteinander teilen (vgl. BVerfGE 87, 234 <264 f.>).

64

(3) Entscheidend ist damit, dass eine Unterdeckung tatsächlich verhindert wird. Das ist vorliegend der Fall, weil das Kind im Fall der Verweigerung der Existenzsicherung durch den Vater entweder nicht in die Bedarfsgemeinschaft einbezogen und folglich kein Einkommen und Vermögen angerechnet wird, oder aber ein Auszug aus der häuslichen Gemeinschaft ohne leistungsrechtlich nachteilige Folge möglich ist.

65

(a) Stehen Eltern und Kinder im konkreten Fall tatsächlich nicht füreinander ein, greift die Fiktion einer Bedarfsgemeinschaft zwischen ihnen nicht. Zwar setzt die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft nach der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II ausdrücklich keinen Einstandswillen voraus; gefordert wird jedoch nicht etwa nur das bloße Zusammenwohnen, sondern die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Haushalt. Von einer solchen kann nur ausgegangen werden, wenn Menschen tatsächlich füreinander einstehen. Der Gesetzgeber darf sich von der plausiblen Annahme leiten lassen, dass eine verwandtschaftliche Bindung in der Kernfamilie, also zwischen Eltern und Kindern, grundsätzlich so eng ist, dass ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann und regelmäßig "aus einem Topf" gewirtschaftet wird (vgl. BVerfGE 75, 382 <394>; 87, 234 <256; 265>). Weigern sich Eltern aber ernsthaft, für ihre nicht unterhaltsberechtigten Kinder einzustehen, fehlt es an einem gemeinsamen Haushalt und damit auch an der Voraussetzung einer Bedarfsgemeinschaft; eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nach § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II scheidet dann aus (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2012 - B 14 AS 17/11 R -, juris, Rn. 29).

66

(b) Das in der damals maßgeblichen Fassung des § 22 Abs. 2a SGB II (heute § 22 Abs. 5 SGB II) normierte Erfordernis, vor einem Umzug, mit dem ein Kind sich aus der Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern löst, die Zustimmung des Leistungsträgers zur Berücksichtigung der künftigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung einzuholen, steht der Anrechnung elterlichen Einkommens ebenfalls nicht entgegen. Dabei ist hier nicht zu entscheiden, ob es verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist, Bedürftigen bei Auszug aus der Wohnung einer Bedarfsgemeinschaft ohne Zustimmung des Leistungsträgers weiter nur 80 % der existenzsichernden Regelleistung für Alleinstehende und keinerlei Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen, obgleich der existenznotwendige Bedarf stets zu sichern ist (vgl. BVerfGE 137, 34 <73 f. Rn. 77>). Der Beschwerdeführer will ausdrücklich nicht ausziehen und hat diese Regelung auch nicht mittelbar angegriffen. Die Vorgabe des (damaligen) § 22 Abs. 2a SGB II ist aber insofern zu berücksichtigen, als sie Teil der hier mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen gesetzgeberischen Entscheidung ist, auch erwachsene Kinder als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern oder einem Elternteil zu betrachten, und damit die Möglichkeit eines Kindes beschränkt wird, die volle Regelleistung ohne Anrechnung elterlichen Einkommens und Vermögens zu erlangen. Die Erweiterung der Bedarfsgemeinschaft in § 7 Abs. 3 Nr. 2 und 4 SGB II auf volljährige Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres wurde zusammen mit dem Umzugsvorbehalt (damals) in § 22 Abs. 2a SGB II normiert, denn der Gesetzgeber wollte damit unerwünschte Anreizeffekte verhindern (vgl. BTDrucks 16/688, S. 14 zu Nr. 5, Buchstabe c und Nr. 6, Buchstabe a). Die Regelungen sollten ausweislich der Ausführungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag den Anreiz vermindern, durch Auszug in eine eigene Wohnung einen Anspruch auf die Regelleistung in voller Höhe zu erlangen (BTDrucks 16/688, S. 13 f.). Der Gesetzgeber mutet es den Betroffenen daher zu, bei einem Umzug ohne Zusicherung des Leistungsträgers bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres auch in einem eigenen Haushalt lediglich 80 % der Regelleistung für Alleinstehende und keine Leistungen für Unterkunft und Heizung zu erhalten. Zur Begründung heißt es, dass der Leistungsausschluss regelmäßig nur von kürzerer Dauer sei, da Jugendliche nach § 3 Abs. 2 SGB II unverzüglich in eine Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit zu vermitteln seien (BTDrucks 16/688, S. 14).

67

Die Norm statuiert lediglich einen Vorbehalt, kein Verbot. In Fällen, in denen das Existenzminimum durch die Familie tatsächlich nicht gewährleistet wird, ist daher auch die Zustimmung zum Umzug im Wege der Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II - heute nach § 22 Abs. 5 SGB II - zu erteilen. Wenn es unüberbrückbare Zerwürfnisse zwischen Eltern und Kindern gibt oder die Eltern ernsthaft eine über die Unterhaltspflichten hinausgehende Unterstützung verweigern, trägt die Annahme wechselseitigen Einstehens füreinander offensichtlich nicht mehr. Die Vorschrift ist auch nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2012 - B 14 AS 17/11 R -, juris, Rn. 30; Berlit, in: Münder, SGB II, 5. Auflage 2013, § 22 Rn. 149 ff.; Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 186 ff.) so zu verstehen, dass an die Erteilung der Zusicherung auch unter angemessener Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts des erwachsenen Kindes keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden dürfen. Damit wird die Möglichkeit, die Bedarfsgemeinschaft im Fall tatsächlich fehlender Unterstützung zu verlassen und dann Ansprüche auf Existenzsicherung in voller Höhe und auch hinsichtlich der Kosten für eine eigene Wohnung geltend zu machen, zwar erschwert, aber nicht verstellt. Verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen wäre das nur, wenn das Nachsuchen um die vorherige Zusicherung des Leistungsträgers unzumutbar wäre. Dafür ist nichts ersichtlich. Auch das Wissen um Missstände in Familien verwehrt es dem Gesetzgeber nicht, sich am Regelfall zu orientieren, dass Mitglieder einer Familie füreinander einstehen. Zudem kann der Verbleib im elterlichen Haushalt über die Volljährigkeit hinaus als Indiz für die dort erfahrene (auch finanzielle) Unterstützung verstanden werden (oben C I 3 b bb (2), Rn. 59). Schließlich ist das Zusicherungserfordernis, das dazu dient, die eigene Bedürftigkeit nicht zu vergrößern, wenn sie zumutbar geringer gehalten werden kann, als Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts des Kindes zu rechtfertigen.

II.

68

Die unterschiedliche Ausgestaltung der Leistungen zur Existenzsicherung für unter- und über 25-jährige Kinder in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern oder einem Elternteil sowie zwischen im elterlichen Haushalt lebenden volljährigen Kindern im Zweiten Buch und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ist mit den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

69

1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (stRspr; BVerfGE 139, 285 <309 Rn. 70 f.>). Ein solches Merkmal ist das Lebensalter (vgl. BVerfGE 60, 123 <133 f.>; 88, 87 <96 ff.>). Umgekehrt erweitern sich mit abnehmender Prüfungsstrenge die Gestaltungs- und Bewertungsspielräume des Gesetzgebers bei steigender "Typisierungstoleranz" (vgl. BVerfGE 133, 377 <413 Rn. 88>). Diese ist im Bereich der leistenden Massenverwaltung besonders groß.

70

2. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts und die mittelbar angegriffenen Regelungen genügen diesen Anforderungen.

71

a) Die mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Regelung über die Zugehörigkeit von erwachsenen Kindern zur Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern oder eines Elternteils in § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II berührt das Selbstbestimmungsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 GG und das Grundrecht auf freie Gestaltung des familiären Zusammenlebens aus Art. 6 Abs. 1 GG. Zudem knüpft der Gesetzgeber an das Lebensalter als individuell unverfügbares Merkmal an. Daher genügt zur Rechtfertigung der Unterscheidung zwischen unter- und über 25-jährigen Kindern nicht die schlichte Willkürfreiheit. Die Regelung hält jedoch auch strengeren Rechtfertigungsanforderungen stand. Sie verfolgt ein legitimes Ziel und ist zu dessen Erreichung geeignet, erforderlich und angemessen.

72

Der Gesetzgeber bezieht erwachsene Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in die Bedarfsgemeinschaft ein, weil er damit das legitime Ziel verfolgt, Ansprüche auf Sozialleistungen in Schonung der Solidargemeinschaft an der konkreten Bedürftigkeit der leistungsberechtigten Personen auszurichten. Dafür ist die Orientierung am Zusammenleben und am Lebensalter geeignet, denn die Annahme, dass zusammenlebende Eltern und Kinder über das 18. Lebensjahr hinaus "aus einem Topf" wirtschaften, ist plausibel. Diese Berücksichtigung von Einsparungen durch gemeinsames Haushalten ist auch angezeigt, weil dies nicht notwendige Leistungen vermeidet. Ein milderes Mittel, das hier gleiche Effekte für die Schonung der Solidargemeinschaft erzielen könnte wie die Reduzierung der Regelleistung und die Berücksichtigung von Vermögen und Einkommen des Elternteils auf grundsätzlich anerkannte existenzsichernde Leistungen bis zu einer bestimmten Altersgrenze, ist nicht ersichtlich. Die Ungleichbehandlung zwischen über und unter 25-jährigen Kindern im elterlichen Haushalt ist auch zumutbar. Kommt es zu einer ernstlichen Verweigerung der Unterstützung, scheiden Kinder bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres aus der Bedarfsgemeinschaft mit der Folge aus, dass ihnen die volle Regelleistung zusteht und eine Einkommensanrechnung nicht stattfindet; sie dürfen dann ohne Anspruchsverluste ausziehen.

73

b) Die Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers im Vergleich mit Personen, die Ansprüche aus anderen Sicherungssystemen haben, ist im Lichte der allgemeinen Anforderungen aus Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls zu rechtfertigen.

74

Der Gesetzgeber hat Leistungen zur Existenzsicherung für Eltern und Kinder in unterschiedlichen Leistungssystemen unterschiedlich ausgestaltet. Er behandelt hier den Beschwerdeführer im System des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit den Regeln der Bedarfsgemeinschaft zu seinem Nachteil anders als ein volljähriges Kind in der Einstandsgemeinschaft, wie sie im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch normiert ist. Dort wird Einkommen und Vermögen nicht über das 18. Lebensjahr hinaus angerechnet. Die Zielgruppen der jeweiligen Sicherungssysteme unterscheiden sich in einem Maße voneinander, das es bereits fraglich erscheinen lässt, ob überhaupt vergleichbare Sachverhalte vorliegen; jedenfalls sind unterschiedliche Anrechnungsregeln sachlich gerechtfertigt. Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch erfasst Hilfebedürftige, die entweder insbesondere vorübergehend (Drittes Kapitel) oder dauerhaft voll erwerbsgemindert (Viertes Kapitel), deren Möglichkeiten, sich selbst zu unterhalten, also deutlich eingeschränkt sind. Deshalb hat der Gesetzgeber entschieden, dass Einkommen der Eltern nicht auf Leistungen an entsprechend erwerbsgeminderte, volljährige Kinder anzurechnen ist, die noch bei ihren Eltern wohnen, um so ihre Selbstständigkeit zu stärken. Demgegenüber zielt das Zweite Buch Sozialgesetzbuch auf Bedürftige, die ihren Lebensunterhalt grundsätzlich selbst sichern könnten. Die Leistungen zur Existenzsicherung werden vorübergehend gewährt und sie werden durch Leistungen zur Vermittlung in Arbeit ergänzt. Diese Unterschiede genügen, um auch unterschiedliche Anrechnungsregeln sachlich zu begründen.

D.

75

Soweit der angegriffene Satz von 80 % der Regelleistung (§ 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II) von der bis zum 31. Dezember 2010 fortgeltenden vollen Regelleistung abgeleitet ist, bezieht er sich zwar auf einen Ausgangspunkt, der den Anforderungen des Grundgesetzes nicht entsprach (vgl. BVerfGE 125, 175 <227 ff.>). Die volle Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II galt jedoch trotz Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz bis zur Neuregelung fort (vgl. BVerfGE 125, 175 <255 f.>). Das Bundessozialgericht musste die Vorschrift damit auch insoweit seiner Entscheidung zugrunde legen. Die dann rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene volle Regelleistung ist verfassungsgemäß (vgl. BVerfGE 137, 34 <36 f.>).

76

Im Übrigen sind die mittelbar angegriffenen Vorschriften der § 7 Abs. 3 Nr. 2, § 9 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 2 Satz 2 (heute § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2) SGB II mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG) und, soweit daneben von Bedeutung, dem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, soweit es sich um eine Bedarfsgemeinschaft aus einem Elternteil und einem Kind handelt, diese tatsächlich zusammen leben und wirtschaften und auch ein Auszug für erwachsene Kinder ohne nachteilige Folgen möglich ist, falls in der Gemeinschaft aufgrund ernsthafter Weigerung tatsächlich keine menschenwürdige Existenz gesichert ist. Die Verfassungsbeschwerde ist daher zurückzuweisen.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Von den Haushalten nach § 2 sind vor der Bestimmung der Referenzhaushalte diejenigen Haushalte auszuschließen, in denen Leistungsberechtigte leben, die im Erhebungszeitraum eine der folgenden Leistungen bezogen haben:

1.
Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,
2.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,
3.
Bürgergeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
4.
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

(2) Nicht auszuschließen sind Haushalte, in denen Leistungsberechtigte leben, die im Erhebungszeitraum zusätzlich zu den Leistungen nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 Erwerbseinkommen bezogen haben.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Von den Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe der Einpersonenhaushalte nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 werden für die Ermittlung des Regelbedarfs folgende Verbrauchsausgaben der einzelnen Abteilungen aus der Sonderauswertung für Einpersonenhaushalte der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018 für den Regelbedarf berücksichtigt (regelbedarfsrelevant):

Abteilung 1 und 2 (Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren)150,93 Euro
Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe)36,09 Euro
Abteilung 4 (Wohnungsmieten, Energie und Wohnungsinstandhaltung)36,87 Euro
Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung)26,49 Euro
Abteilung 6 (Gesundheitspflege)16,60 Euro
Abteilung 7 (Verkehr)39,01 Euro
Abteilung 8 (Post und Telekommunikation)38,89 Euro
Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung und Kultur)42,44 Euro
Abteilung 10 (Bildungswesen)1,57 Euro
Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen)11,36 Euro
Abteilung 12 (Andere Waren und Dienstleistungen)34,71 Euro

(2) Die Summe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte nach Absatz 1 beträgt 434,96 Euro.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben.

(2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen zuerst mit der sich nach Absatz 3 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (Basisfortschreibung) und das Ergebnis mit der sich nach Absatz 4 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (ergänzende Fortschreibung). Für nachfolgende Fortschreibungen ab dem Jahr 2024 sind jeweils die nicht gerundeten Eurobeträge, die sich aus der Basisfortschreibung des Vorjahres nach Absatz 3 ergeben haben, erneut nach Absatz 3 fortzuschreiben und die sich daraus ergebenden Eurobeträge mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung nach Absatz 4 fortzuschreiben.

(3) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung ergibt sich aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes wird die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 Prozent und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 Prozent berücksichtigt. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.

(4) Maßgeblich für die Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung der sich nach Absatz 3 ergebenden nicht gerundeten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen ist jeweils die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres. § 28 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt das Statistische Bundesamt mit der Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate

1.
für den Zeitraum nach Absatz 3 für
a)
die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und
b)
die durchschnittliche Nettolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,
2.
für den Zeitraum nach Absatz 4 für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.

(1) Liegen die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor, wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt.

(2) Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Absatz 2 sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen.

(3) Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach diesem Buch und dem Zweiten Buch beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten.

(4) Die in Sonderauswertungen nach Absatz 3 ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach diesem oder dem Zweiten Buch bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach diesem Buch oder dem Zweiten Buch

1.
durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 oder § 11 des Zweiten Buches darstellen oder
2.
nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten.

(5) Die Summen der sich nach Absatz 4 ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die nach Satz 1 für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich nach § 28a Absatz 2 ergebenden Veränderungsrate entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung nach Satz 2 ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (Anlage).

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 06.04.2017 - S 10 AS 15/17 - wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wird abgelehnt.

Gründe

I.

Streitig ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.10.2016 bis 28.02.2017.

Der Kläger stand im Leistungsbezug des Beklagten (zuletzt bis 30.09.2016). Seit 01.09.2016 bezieht er monatlich eine Witwenrente in Höhe von zunächst 547,33 € und eine Hinterbliebenenrente in Höhe von zunächst 215,30 €. Am 31.08.2016 erhielt er eine Hinterbliebenenrentennachzahlung in Höhe von 859,07 €. Wegen einer Umschulungsmaßnahme bewilligte der Beklagte bis 31.08.2016 einen Mehrbedarf für behinderte Leistungsberechtigte. Eine Verlängerung der Förderung der betrieblichen Umschulung zur Ablegung einer erforderlich gewordenen Wiederholungsprüfung lehnte die Agentur für Arbeit ab (Bescheid vom 13.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2016).

Den Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab 01.10.2016 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2016 für die Zeit bis 28.02.2017 ab. Unter Berücksichtigung der laufenden Renteneinkünfte und des - so der Beklagte zuletzt - bis Februar 2017 anzurechnenden, auf sechs Monate ab September 2016 aufzuteilenden einmaligen Einkommens aus der Rentennachzahlung bestehe keine Hilfebedürftigkeit des Klägers. Ein Mehrbedarf für behinderte Leistungsberechtigte stehe ihm nur bis 31.08.2016 zu. Für die Zeit ab 01.03.2017 stellte der Kläger einen erneuten Weiterbewilligungsantrag, aufgrund dessen ihm mit Bescheid vom 19.04.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.05.2017 für einen Monat Alg II bewilligt, im Übrigen aber abgelehnt wurde. Dagegen hat der Kläger Widerspruch erhoben.

Gegen den Bescheid vom 21.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Er begehre Alg II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für behinderte Leistungsberechtigte und eines höheren Regelbedarfes sowie höherer Unterkunftskosten. Der Regelbedarf sei um die sogenannte „Autofahrerkomponente“ zu erhöhen. Für Verkehr seien im Regelbedarf 25,45 € bzw. ab 2017 25,77 € vorgesehen. Eine Monatskarte im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) koste ihn unter Berücksichtigung seines Wohnortes aber 59,40 €.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.04.2017 abgewiesen. Ein Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II stehe dem Kläger nach dem 31.08.2016 nicht mehr zu, wie das Bayer. Landessozialgericht (LSG) bereits im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens des Klägers (L 11 AS 822/16 B ER) entschieden habe. Selbst unter Berücksichtigung sämtlicher vom Kläger geltend gemachter Unterkunftskosten bestehe daher nach zutreffender (aufgeteilter) Anrechnung des einmaligen Einkommens aus der Witwerrentennachzahlung und unter Berücksichtigung der laufenden Rentenzahlung keine Hilfebedürftigkeit. Ein Freibetrag in Höhe von 100,00 € sei für Einkommen aus Erwerbstätigkeit, nicht aber für Renteneinkünfte zu berücksichtigen. Eine Erhöhung des Regelbedarfes um die vom Kläger als „Autofahrerkomponente“ bezeichneten Mehrkosten für eine Monatskarte komme nicht in Betracht, zumal seine Auffassung auch nicht durch das von ihm angesprochene Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) oder sonstige juristische Literatur bestätigt werde.

Dagegen hat der Kläger Berufung zum LSG erhoben. Er begehre für die Zeit vom 01.10.2016 bis 31.12.2016 einen um 141,40 € und für die Zeit vom 01.01.2017 bis 28.02.2017 einen um 143,15 € höheren Regelbedarf. Nach Hinweis des Senates auf die mit diesem vom Kläger selbst beschränkten Antrag fehlende Zulässigkeit der Berufung mangels Erreichens des Wertes des Beschwerdegegenstandes hin hat der Kläger mit Schreiben vom 01.07.2017 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Seiner Auffassung nach sei der Zeitraum vom 01.09.2016 bis 28.02.2017, also sechs Monate, streitig, so dass der Beschwerdewert überschritten werde. Im Übrigen sei der Beklagte angehalten, Bewilligungsbescheide für 12 Monate ergehen zu lassen. Die Entscheidung habe vorliegend grundsätzliche Bedeutung. Für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde begehre er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Der Senat hat die vom Kläger entsprechend der vom SG erteilten Rechtsmittelbelehrungerhobene Berufung zwischenzeitlich mit Beschluss vom 22.08.2017 (L 11 AS 357/17) verworfen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akte des Beklagten, die Akte des Verfahrens L 11 AS 357/17, L 11 AS 822/16 B ER und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht.

Streitgegenstand ist nämlich allein der Zeitraum vom 01.10.2016 bis 28.02.2017. Nur diesen Zeitraum erfasst der angegriffene Bescheid vom 21.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2016, lediglich für diesen Zeitraum hat der Kläger höhere Leistungen beim SG begehrt und auch - entsprechend der vom SG unter Berücksichtigung der erstinstanzlich geltend gemachten Begehren - zutreffend erteilten Rechtsmittelbelehrung Berufung eingelegt. Nicht Streitgegenstand sind Leistungen für September 2016; allein der Verteilzeitraum für das einmalige Einkommen beginnt ab September 2016 zu laufen. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), denn Streitgegenstand sind nicht Leistungen für die Zeit vom Oktober 2016 bis September 2017 (12-Monatszeitraum, § 41 Abs. 3 SGB II). Zum einen hat der Kläger zunächst für die Zeit ab 01.03.2017 einen weiterten Weiterbewilligungsantrag gestellt, über den mit Bescheid vom 19.04.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 03.05.2017 entschieden worden ist; dagegen hat der Kläger Widerspruch erhoben. Zum anderen aber ist vorliegend keine Leistungsbewilligung vom Beklagten ausgesprochen worden, vielmehr die Leistung abgelehnt worden. Eine Leistungsablehnung aber hat - auch nicht in der Regel - nicht für einen Zeitraum von 12 Monaten zu erfolgen.

Für den damit allein streitigen Zeitraum vom 01.10.2016 bis 28.02.2017 hat der Kläger zudem seinen Anspruch auf die Erhöhung des Regelbedarfes beschränkt. Nicht mehr geltend gemacht hat er mit der Berufung bzw. Nichtzulassungsbeschwerde höhere Unterkunftskosten sowie die Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für behinderte Leistungsberechtigte. Als höheren Regelbedarf macht der Kläger für die Zeit vom 01.10.2016 bis 31.12.2016 einen Betrag in Höhe von 141,40 € und für die Zeit vom 01.01.2017 bis 28.02.2017 in Höhe von 143,15 € geltend. Somit übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht 750,00 € (vgl. zum ganzen auch: Beschluss des Senates vom 22.08.2017 - L 11 AS 357/17) .

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12.Aufl, § 144 RdNr. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).

Der Kläger macht allein eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Für Verfahrensfehler oder eine Abweichung des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung finden sich auch keine Anhaltspunkte.

Nach Auffassung des Klägers sei der Regelbedarf in Höhe von 404,00 € bzw. 409,00 € ab 01.01.2017 für einen alleinstehenden Leistungsberechtigten verfassungswidrig zu niedrig festgelegt. Für eine Monatskarte im ÖPNV müsse er wesentlich mehr Geld aufwenden als im Regelbedarf enthalten sei und der für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke berücksichtigte Regelbedarf sei zu niedrig, insbesondere wenn alle sonstigen Bedarfe bereits „auf Kante genäht“ seien.

Nach Auffassung des Senats bestehen keine Hinweise auf eine Verfassungswidrigkeit der für 2016 und 2017 festgelegten Regelbedarfe eines alleinstehenden Leistungsbeziehers, wobei das BVerfG die Prüfung auf eine Evidenzkontrolle hinsichtlich der fortgeschriebenen Regelbedarfe (hier somit bezüglich des Regelbedarfes für 2016) beschränkt hat (vgl. Kraus in Hauck/Noftz SGB II § 20 Rn. 187, Stand: November 2016). Hinsichtlich des für 2016 festgelegten Regelbedarfes in Höhe von 404,00 € monatlich aufgrund einer erfolgten Fortschreibung - das Ergebnis der bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichproben (EVS) 2013 lag noch nicht vor - gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 SGB II iVm § 28a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sieht der Senat keine Hinweise für eine evidente Unterdeckung. Die Art und Weise der Fortschreibung hat das BVerfG u.a. mit seinem Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - (veröffentlicht in Juris) nicht für verfassungswidrig gehalten, obwohl bereits damals mehrere Sozialverbände Kritik an der Ermittlung der Regelbedarfe äußerten. Das BVerfG hat dabei die Kontrolle bei der (bloßen) Fortschreibung auf eine Evidenzkontrolle beschränkt (vgl. Kraus a.a.O.). Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der im Rahmen der Fortschreibung festgelegten Regelbedarfe für 2016 bestehen im Rahmen einer Evidenzkontrolle von Seiten des Senats daher nicht (vgl. dazu u.a. Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 53/15 - für die Regelbedarfe 2011und 2012; Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 140/15 - für den Regelbedarf 2012; LSG NRW, Urteil vom 22.09.2016 - L 7 AS 162/15 - für den Regelbedarf 2013 und 2014; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.05.2016 - L 9 AS 5116/15 - für den Regelbedarf 2014; LSG NRW, Beschluss vom 01.12.2016 - L 19 AS 2235/16 B - alle veröffentlicht in Juris).

Der Regelbedarf für 2017 (§ 20 Abs. 1, Abs. 1a SGB II iVm § 28 SGB XII iVm dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII - Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG) vom 22.12.2016 - ist auf 409,00 € aufgrund der EVS 2013 samt Sonderauswertungen festgelegt worden. Auch an der Festlegung dieses Regelbedarfes bestehen von Seiten des Senats keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dabei ist nicht auf die Teilbeträge für die einzelnen Abteilungen allein abzustellen. Entscheidend ist vielmehr, dass auch durch einen internen Ausgleich zwischen den einzelnen Positionen die Existenz sowie die Teilhabe gesichert werden kann. Nachdem jedoch aufgrund der Kritik des BVerfG im Beschluss vom 23.07.2014 a.a.O. im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfes für 2017 auch eine Sonderauswertung hinsichtlich der Verbrauchsausgaben für Mobilität für Haushalte ohne Ausgaben für Kraftstoffe, Autogas, Strom für Elektroauto, Schmiermittel vorgenommen worden ist (vgl. Gesetz-entwurf der Bundesregierung vom 17.10.2016, BT-Drs 18/9984 Seite 42-43), bestehen keine Zweifel an der zutreffenden Festlegung der für die Mobilität festgelegten Werte. Nicht entscheidend ist dabei, ob gerade der Kläger mit dem entsprechenden Betrag auskommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser auf die Kosten für eine Monatskarte des ÖPNV zur nächstgrößeren Stadt abstellt, obwohl in seiner Wohnortgemeinde (auch größere) Einkaufsmöglichkeiten bestehen sowie Ärzte und Kultureinrichtungen vorhanden sind (vgl. dazu www…), so dass es nicht erforderlich ist, täglich in die nächstgrößere Stadt zu fahren. Insbesondere aber ist zu berücksichtigen, dass selbst der Paritätische Gesamtverband allein bei den Ausgaben für den ÖPNV zu einem niedrigeren Bedarf als der Gesetzgeber kommt (vgl. Der Paritätische, Expertise Regelsätze 2017 Kritische Anmerkungen zur Neuberechnung der Harz IV-Regelsätze durch das Bundesministerium Arbeit und Soziales und Alternativberechnungen der Paritätischen Forschungsstelle, September 2016), allerdings Aufwendungen für Kfz hinzurechnet, die der Gesetzgeber jedoch aufgrund wertender Betrachtung unberücksichtigt lassen kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 a.a.O.).

Hinsichtlich der Höhe der Regelbedarfe für die Abteilung 1 (Nahrungsmittel und nichtalkoholische Getränke) macht der Kläger einen Betrag von insgesamt 240,00 € (entspricht 8,00 € pro Tag) bzw. eine Erhöhung um 35% geltend. Für diese Forderung gibt es jedoch keinerlei Grundlage. Selbst der Paritätische Gesamtverband kommt für 2017 bei Abteilung 1 unter Anwendung eines anderen Ansatzes hinsichtlich der Größe der Referenzgruppe lediglich zu einen um 3,06 € monatlich höheren Wert und bereits bei der Feststellung des Regelbedarfes von 2011 ist vom Paritätischen Gesamtverband ein geringfügig höherer Wert angenommen worden (vgl. Der Paritätische, Expertise Die Regelsatzberechnung der Bundesregierung sowie Vorschlag des Paritätischen Gesamtverbandes für bedarfsdeckende Regelsätze, 22.10.2010). Diese damalige Kritik aber hat das BVerfG nicht zu einer Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfes für 2011 kommen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 a.a.O.).

Dazu, dass die jeweiligen Abteilungen zur Ermittlung des Regelbedarfes „auf Kante genäht“ seien - so bereits der Vorwurf zur Ermittlung der Regelbedarfe 2011, vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 a.a.O. Rn. 58 - und der Regelbedarf daher insgesamt verfassungswidrig sei, weil er einen Ausgleich untereinander nicht mehr ermögliche, kam das BVerfG bereits in seiner damaligen Entscheidung nicht.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen (§§ 114 ff Zivilprozessordnung).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.