Arbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 24. Jan. 2014 - 13 Ca 5224/13

ECLI:ECLI:DE:ARBGD:2014:0124.13CA5224.13.00
bei uns veröffentlicht am24.01.2014

Tenor

1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.346,00 € brutto zu zahlen.

2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 95% und die Beklagte zu 5%.

4.Streitwert: 79.398,00 €

5.Die Berufung wird zugelassen.


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Bis zu zwei Jahre Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung sind zu gewähren, wenn eine Beamtin oder ein Beamter

1.
ein freiwilliges soziales Jahr nach § 3 oder § 6 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
2.
ein freiwilliges ökologisches Jahr nach § 4 oder § 6 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder
3.
einen Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz
ableistet.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. September 2008 - 3 Sa 653/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

2

Der Kläger war seit dem 1. Februar 2000 bei der zum T-Konzern gehörenden Beklagten in H im Bereich „Asset Management“ beschäftigt. Nach konzerninternen Umstrukturierungen wurden im Frühjahr 2007 die bisher sowohl in H als auch in K angesiedelten Arbeitsbereiche „Asset Management“ in K zusammengefasst. Der Umzug von Hannover nach K fand im Mai 2007 statt.

3

Bereits Ende 2006 wurde zwischen dem bei der T AG errichteten Konzernbetriebsrat und der T AG ein „Interessenausgleich zur Neuordnung des Bereichs Asset Management“ geschlossen. Danach sollten den in H beschäftigten Arbeitnehmern vor etwaigen Änderungskündigungen Angebote zur Weiterbeschäftigung in K gemacht werden. Der Kläger nahm am 10. Januar 2007 ein solches Angebot an und wurde ab Ende Mai 2007 in K weiterbeschäftigt.

4

Am 12. Juni 2007 schlossen die T AG und der bei ihr gebildete Konzernbetriebsrat zum Ausgleich bzw. zur Milderung der den Arbeitnehmern durch die Umstrukturierungsmaßnahmen entstehenden Nachteile einen Sozialplan (SP). Dieser sieht in § 3 ua. vor, dass Arbeitnehmer keine Sozialplanleistungen beanspruchen können, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung beendet wird, sofern sie nicht durch den Arbeitgeber veranlasst ist. § 11 SP normiert im Einzelnen die Berechnung der Abfindungszahlungen und bestimmt dann in § 11 Nr. 5 SP eine „Abfindung wegen Arbeitsaufgabe nach Arbeitsplatzwechsel“. Im ersten Absatz dieser Vorschrift ist geregelt, dass ein Arbeitnehmer, der ein Arbeitsangebot an einem wegen der weiten Entfernung nach den Vorschriften des Sozialplans örtlich unzumutbaren Arbeitsort angenommen hat, eine Abfindung verlangen kann, wenn er das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum Ablauf von sechs Monaten nach Verlegung des individuellen Arbeitsortes unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen kündigt oder es durch Aufhebungsvertrag endet. Im zweiten Absatz des § 11 Nr. 5 SP heißt es dann:

        

„Für Mitarbeiter, die zur A Asset Management GmbH, zur A Investment GmbH oder zur A Immobilien Management GmbH nach K gewechselt sind, gilt der vorangehende Satz mit der Maßgabe, dass Anspruch auf die Abfindung alle Arbeitnehmer haben, die spätestens bis zum Ablauf des 30.09.2007 eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2007 (bei einer vom Arbeitnehmer einzuhaltenden Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monats- oder Quartalsende) bzw. mit Wirkung zum Ablauf des 31.03.2008 (bei einer vom Arbeitnehmer einzuhaltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monats- oder Quartalsende) erklären und deren Arbeitsverhältnis aufgrund dieser Kündigung endet.“

5

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Juni 2007 zum 31. Oktober 2007.

6

Mit seiner Klage verlangt er die Zahlung einer Sozialplanabfindung iHv. 40.800,43 Euro. Er hat die Auffassung vertreten, der Abfindungsanspruch sei nicht durch die bereits zum 31. Oktober 2007 erklärte Kündigung ausgeschlossen. Das Wort „spätestens“ in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP gelte für beide Datumsangaben in dieser Bestimmung. Eine andere Auslegung verstoße gegen § 75 Abs. 1 BetrVG und sei daher unwirksam. Unabhängig davon sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihm die Voraussetzungen einer abfindungsunschädlichen Eigenkündigung zu erläutern.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 40.800,43 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2007 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, dem Abfindungsanspruch stehe entgegen, dass der Kläger vor dem 31. Dezember 2007 ausgeschieden sei.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

11

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Sozialplanabfindung.

12

1. Der Abfindungsanspruch ist allerdings nicht bereits nach § 3 Nr. 2 Buchst. e SP ausgeschlossen. Diese allgemeine Vorschrift über die Folgen einer Eigenkündigung für Leistungen aus dem Sozialplan wird vorliegend durch die speziellere Regelung des § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP verdrängt. Darin sind die Auswirkungen von Eigenkündigung auf Abfindungsleistungen für die Arbeitnehmer geregelt, die - wie der Kläger - zur Beklagten nach K gewechselt sind.

13

2.Die Voraussetzungen des § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP für die Zahlung einer Sozialplanabfindung liegen nicht vor. Der Kläger hat zwar sein Arbeitsverhältnis am 27. Juni 2007 und damit vor Ablauf des 30. September 2007 gekündigt. Die Kündigung erfolgte jedoch nicht mit Wirkung zum 31. Dezember 2007, sondern bereits zum 31. Oktober 2007.

14

a) Sozialpläne sind entgegen der Auffassung der Revision als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wegen ihrer aus § 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG folgenden normativen Wirkung nicht wie privatrechtliche Rechtsgeschäfte nach §§ 133, 157 BGB, sondern wie Tarifverträge und Gesetze objektiv auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Der Sozialplanzweck ist aus Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelung zu erschließen und bestimmt sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen einer Betriebspartei. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er im Sozialplan seinen Niederschlag gefunden hat (st. Rspr. vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 14 mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31).

15

b) Nach dem Wortlaut des § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP werden von dieser Norm nur die Arbeitnehmer erfasst, die spätestens bis zum Ablauf des 30. September 2007 eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum Ablauf des 31. Dezember 2007 erklärt haben. Es müssen damit zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Die Kündigung muss zum einen bis zum 30. September 2007 ausgesprochen worden sein, zum andern muss sie mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 erfolgt sein. Entgegen der Auffassung des Klägers bezieht sich das Adverb „spätestens“ nach allgemeinem Sprachgebrauch lediglich auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung und nicht auch auf den Beendigungszeitpunkt des 31. Dezember 2007. Aus der in dem Klammerzusatz enthaltenen Benennung der Kündigungsfrist ergibt sich nichts anderes. Ausgehend vom spätesten Kündigungszeitpunkt, dem 30. September 2007, erläutern die dort genannten Kündigungsfristen lediglich wann das Arbeitsverhältnis im Falle einer Kündigung endet.

16

c) Die Systematik des § 11 Nr. 5 SP bestätigt das Ergebnis der grammatikalischen Auslegung. Nach § 11 Nr. 5 Abs. 1 SP hat ein Arbeitnehmer nur dann Anspruch auf eine Abfindung, wenn er das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum Ablauf von sechs Monaten nach Verlegung des individuellen Arbeitsortes und nach Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen kündigt. Dieser Grundsatz wird in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP auf die Ende Mai 2007 nach K gewechselten Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der für sie geltenden Kündigungsfristen übertragen. Da diese Beschäftigten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans am 12. Juni 2007 bereits in Köln tätig waren, musste für diesen Personenkreis in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP eine gesonderte Regelung getroffen werden. In beiden Fällen des § 11 Nr. 5 Abs. 1 und 2 SP hat die Kündigung jedoch zu einem festen Endtermin zu erfolgen.

17

d) Das sich aus Wortlaut und Systematik des § 11 Nr. 5 SP ergebende Normverständnis wird durch den sich aus dem Gesamtzusammenhang der Sozialplanvorschriften erschließenden objektiven Zweck des § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP bestätigt.

18

aa) Ziel dieser Regelung ist, den Arbeitnehmern, die das Angebot eines Wechsels auf einen räumlich weit entfernt liegenden und damit nach § 4 Nr. 1 Buchst. d SP regional unzumutbaren Arbeitsplatz angenommen haben, die Möglichkeit zu eröffnen, die Arbeitsbedingungen am neuen Arbeitsort zu erproben, um für sich entscheiden zu können, ob sie an dem neuen Arbeitsort weiter arbeiten wollen. Es hält sich dabei im Rahmen des den Betriebsparteien durch § 112 Abs. 1 BetrVG eingeräumten Beurteilungsspielraums, wenn sie Arbeitnehmern, die ein nach den Regelungen des Sozialplans örtlich nicht zumutbares Arbeitsangebot annehmen, die Möglichkeit einer ernsthaften Erprobung der neuen Lebensverhältnisse eröffnen, hierfür eine Erprobungsfrist bestimmen und für den Fall, dass sich ein Arbeitnehmer am Ende dieser Erprobungsfrist gegen eine Fortsetzung der Tätigkeit am neuen Arbeitsort entscheidet, einen Abfindungsanspruch gewähren. Kündigt der Arbeitnehmer unter Beachtung der in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP genannten Termine, soll er nach der Regelungssystematik des Sozialplans den Arbeitnehmern gleichgestellt werden, die ein solches Angebot von vornherein nicht angenommen haben, betriebsbedingt gekündigt wurden und deshalb eine Sozialplanabfindung erhalten. Durch die in § 11 Nr. 5 Abs. 3 SP enthaltene Sonderregelung zur Berechnung der Abfindung unter Anrechnung der nach § 6 Nr. 2 SP erhaltenen „Leistungen bei räumlicher Veränderung des Arbeitsplatzes“ wird sichergestellt, dass die Abfindung für beide Personengruppen gleich hoch ist.

19

bb) Mit der Festlegung eines Beendigungszeitpunkts haben die Betriebsparteien zugleich bestimmt, dass bei einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihrer Auffassung nach keine auszugleichenden wirtschaftlichen Nachteile bestehen, weil der Arbeitnehmer in diesem Fall die eingeräumte Erprobungszeit typischerweise wegen der Aufnahme einer anderen Beschäftigung vorzeitig abgebrochen hat. Insoweit knüpft § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP an die allgemeine Regelung der Folgen von Eigenkündigungen für Leistungen aus dem Sozialplan in § 3 Nr. 2 Buchst. e SP an. Auch dieser Bestimmung liegt die Einschätzung der Betriebsparteien zugrunde, dass nur dann, wenn der Arbeitnehmer nach einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber eine Eigenkündigung erklärt, ausgleichsbedürftige wirtschaftliche Nachteile bestehen.

20

3. Die in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP vorgenommene Differenzierung und Gruppenbildung ist wirksam. Sie hält einer Rechtskontrolle am Maßstab des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus § 75 Abs. 1 BetrVG stand.

21

a) Sozialpläne haben eine zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar, sondern sollen die künftigen Nachteile ausgleichen, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume. Diese beziehen sich auf die Beurteilung der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile und die Ausgestaltung des Ausgleichs oder der Abmilderung der von ihnen prognostizierten Nachteile(BAG 11. November 2008 - 1 AZR 475/07 - Rn. 19 f., AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 196 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 30). Hierbei haben die Betriebsparteien einen weiten Ermessensspielraum. Sie können dabei typisierend nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden und sind nicht gehalten, alle denkbaren Nachteile zu entschädigen. Bei der Ausgestaltung des Sozialplans haben die Betriebsparteien allerdings - wie auch sonst bei Betriebsvereinbarungen - den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beachten. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 19. Februar 2008 -  1 AZR 1004/06  - Rn. 25, BAGE 125, 366).

22

b) Daran gemessen ist die in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP vorgenommene Gruppenbildung nicht zu beanstanden. Die Betriebsparteien durften auch den Arbeitnehmern, die ein nach den Regelungen des Sozialplans regional unzumutbares Arbeitsangebot angenommen haben, eine Erprobungszeit einräumen, in der die Beschäftigten ernsthaft prüfen konnten, ob sie an dem neuen Arbeitsort dauerhaft weiter arbeiten wollen. Die Betriebsparteien mussten diese Erprobungszeit allerdings zeitlich begrenzen, weil sie den Arbeitnehmern im Falle einer Eigenkündigung eine Abfindung nach dem Sozialplan gewähren wollten und hierfür ein zeitlicher Zusammenhang zu der Betriebsänderung bestehen muss. Dieser zeitliche Zusammenhang ist bei den in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP festgelegten Fristen unter Berücksichtigung der in K Ende Mai erfolgten Arbeitsaufnahme gewahrt. Die Entscheidung, in K weiter zu arbeiten oder das Arbeitsverhältnis zu kündigen, mussten die Arbeitnehmer etwa viereinhalb Monate nach dem Arbeitsplatzwechsel treffen. Soweit der Sozialplan in Form einer Stichtagsregelung weiter vorsieht, dass Arbeitnehmer, die aufgrund einer vor dem 30. September 2007 erklärten Eigenkündigung vor dem 31. Dezember 2007 bzw. bei längeren Kündigungsfristen vor dem 31. März 2008 ausscheiden, keine Abfindung erhalten, hält sich auch diese Einschätzung der Betriebsparteien im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessensspielraums. Sie durften im Rahmen einer typisierenden Betrachtung davon ausgehen, dass die Arbeitnehmer in diesem Fall eine anderweitige Beschäftigung gefunden haben und daher keine ausgleichsbedürftigen Nachteile vorliegen.

23

4. Die Annahme der Beklagten und des Landesarbeitsgerichts, die in § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP erfolgte Gruppenbildung sei gerechtfertigt, weil es sich bei der nach dieser Vorschrift gewährten Leistung um eine Sonderzahlung handele, welche einen Anreiz zur Unterstützung des Unternehmens bei der Aufbauarbeit am neuen Standort K geben sollte, und nicht um eine Abfindung zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG, ist demgegenüber unzutreffend.

24

a) Dagegen spricht schon, dass die Leistung als „Abfindung“ bezeichnet ist. Sie ist auch nicht in einer besonderen Vorschrift geregelt, sondern in § 11 SP normiert, der unter der Überschrift „Abfindung“ die Berechnung der Abfindung im Einzelnen regelt. In § 11 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 SP wird dann ausdrücklich auf die in den vorangehenden Absätzen des § 11 SP geregelte Abfindung Bezug genommen; § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP wiederum baut unmittelbar auf dem ersten Absatz des § 11 Nr. 5 SP auf und modifiziert diese Vorschrift für einen bestimmten Arbeitsplatzwechsel in zeitlicher Hinsicht. In § 11 Nr. 5 Abs. 3 SP ist schließlich die Berechnung der Abfindung und die Anrechnung bereits bezogener Leistungen geregelt.

25

b) Der Gesamtzusammenhang des § 11 SP macht damit deutlich, dass die Betriebsparteien mit der Leistung nach § 11 Nr. 5 SP nicht besondere Anreize für einen Arbeitsplatzwechsel nach K geben wollten, sondern einen Anspruch auf Abfindung iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG geregelt haben. Der von der Beklagten der Regelung unterstellten Zwecksetzung steht im Übrigen entgegen, dass die Leistungen nach § 11 Nr. 5 SP keine Motivation für einen Arbeitsplatzwechsel sein konnten, weil dieser bereits im Mai 2007 erfolgte und damit vor Abschluss des Sozialplans vom 12. Juni 2007.

26

II. Der Kläger kann die begehrte Abfindung auch nicht als Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB verlangen. Die Beklagte hat weder vertragliche noch gesetzliche Pflichten verletzt. Sie traf im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Klägers aufgrund seiner Eigenkündigung keine besondere Aufklärungspflicht. Die Beklagte musste dem Kläger nicht von sich aus den Inhalt des § 11 Nr. 5 Abs. 2 SP erläutern. Dass sie ihm falsche Auskünfte erteilt hat, behauptet der Kläger nicht.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Federlin    

        

    Brunner    

                 

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 1. April 2009 - 9 Sa 1020/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

2

Der zum Zeitpunkt der Klageerhebung 46-jährige Kläger war seit dem Jahr 1992 bei der Beklagten in deren Betrieb in K beschäftigt. Bei der Beklagten gilt seit dem Jahre 2001 eine Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV 2001), wonach betriebsbedingte Änderungskündigungen der Zustimmung des Betriebsrats unterliegen.

3

Im Dezember 2006 informierte die Beklagte ihre Mitarbeiter über die „endgültige und bindende“ Entscheidung ihrer Gesellschafter, ua. die am Standort K ausgeübten Tätigkeiten an andere Standorte zu verlagern. Am 26. Februar 2007 fand ein Abteilungstreffen statt, in dem der Vorgesetzte des Klägers mitteilte, dass ein Erhalt des Standortes K nicht verhandelbar sei.

4

Zwischen der Beklagten und ihrem Gesamtbetriebsrat fanden ab Juli 2007 Gespräche über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans statt. Zeitgleich verhandelte die Beklagte mit ver.di über den Abschluss eines Firmentarifvertrags über die geplante Standortverlagerung.

5

Anfang September 2007 stellte eine Einigungsstelle das Scheitern der Verhandlungen über einen Interessenausgleich mit dem Gesamtbetriebsrat fest. Dies teilte die Beklagte ihren Arbeitnehmern in einer Informationsschrift vom 6. September 2007 mit. In dieser wies sie gleichzeitig darauf hin, dass sie nunmehr die Möglichkeit habe, die Standortkonsolidierung zum 30. September 2008 umzusetzen. Zu den Verhandlungen mit ver.di über den Abschluss eines Tarifsozialplans heißt es in dem Schreiben:

        

„Gestern Abend stimmten beide Seiten der Aufnahme von Verhandlungen mit dem Ziel zu, einen Tarifsozialplan/Sozialplan zur Betriebsänderung der Standortschließung abzuschließen. …“

6

Am 15. Oktober 2007 wurde zwischen der Beklagten und ver.di ua. der dann am 18. Oktober 2007 unterzeichnete Entwurf ua. eines Tarifsozialplans endverhandelt. Nach Abschnitt III Nr. 7.1 Tarifsozialplan erhalten ua. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer im Zeitraum vom 15. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 ausgesprochenen Eigenkündigung beendet wird, eine Abfindung, die sich nach Abschnitt III Nr. 7.3 Tarifsozialplan berechnet. Die Beklagte vereinbarte - ebenfalls am 18. Oktober 2007 - mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung (GBV Sozialplan). Nach deren Nr. 2 sollten die Regelungen des Tarifsozialplans für alle Arbeitnehmer der Beklagten Anwendung finden. In Nr. 3 GBV Sozialplan ist bestimmt, dass Ansprüche aus dem Tarifsozialplan mit Ansprüchen aus der GBV Sozialplan verrechnet werden. Am selben Tag schloss die Beklagte mit den örtlichen Betriebsräten eine „Betriebsvereinbarung zur Umsetzung personeller Einzelmaßnahmen der Standortkonsolidierung“ (BV Umsetzung). In dieser verzichteten die örtlichen Betriebsräte auf das Zustimmungserfordernis zum Ausspruch von Änderungskündigungen gemäß der GBV 2001.

7

Der Kläger hat sein Arbeitsverhältnis bereits mit Schreiben vom 26. September 2007 gekündigt. Er hält die auf Eigenkündigungen bezogene Stichtagsregelung im Tarifsozialplan wegen eines Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz für unwirksam. Auch werde er wegen seines Alters benachteiligt. Ältere Arbeitnehmer hätten wegen ihrer längeren Kündigungsfristen und dem Kündigungstermin zum Ende eines Kalendervierteljahres weniger Möglichkeiten, ihr Arbeitsverhältnis bis zur Umsetzung der Betriebsänderung am 1. Oktober 2008 zu beenden.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 133.649,75 Euro brutto zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

12

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Abfindung aus Nr. 2 GBV Sozialplan iVm. Abschnitt III Nr. 7.1, Nr. 7.3 Tarifsozialplan.

13

Nach seinem Wortlaut bestimmt Nr. 2 GBV Sozialplan ua. die Anwendung der Regelungen des Tarifsozialplans für alle Arbeitnehmer der Beklagten. Mit dieser Formulierung haben die Betriebsparteien die Regelungen des Tarifsozialplans in Bezug genommen und zum Inhalt der GBV Sozialplan gemacht. Der Kläger fällt zwar in den persönlichen Geltungsbereich der GBV Sozialplan. Bei Abschluss der Vereinbarung am 18. Oktober 2007 war er Arbeitnehmer der Beklagten iSd. Nr. 1 GBV Sozialplan. Der Kläger erfüllt aber nicht die Anspruchsvoraussetzungen nach Abschnitt III Nr. 7.1 Tarifsozialplan iVm. § 2 GBV Sozialplan. Sein Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund einer zwischen dem 15. Oktober 2007 und dem 30. September 2008 ausgesprochenen Eigenkündigung geendet. Der Kläger hat sein Arbeitsverhältnis schon am 26. September 2007 gekündigt.

14

II. Die Stichtagsregelung in Abschnitt III Nr. 7.1 Tarifsozialplan ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.

15

1. Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 1. Februar 2011 - 1 AZR 417/09 - Rn. 17).

16

2. Vorliegend haben die Betriebsparteien eine Gruppenbildung vorgenommen, indem sie den Anspruch auf eine Sozialplanabfindung nur für solche von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer vorgesehen haben, die ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer nach dem 15. Oktober 2007 ausgesprochenen Eigenkündigung beendet haben. Damit haben sie diejenigen Mitarbeiter ausgenommen, die vor dem Abschluss der Tarifsozialplanverhandlungen ihr Arbeitsverhältnis selbst gekündigt haben. Diese Gruppenbildung ist sachlich gerechtfertigt.

17

a) Sie ist am Zweck des Sozialplans ausgerichtet, der keine Entschädigung für geleistete Dienste gewähren, sondern konkret absehbare oder eingetretene betriebsänderungsbedingte Nachteile ausgleichen soll (BAG 20. April 2010 - 1 AZR 988/08 - Rn. 21, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 208 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 37). Die Betriebsparteien können zur Herstellung von Rechtssicherheit ein Verfahren oder einen Stichtag bestimmen und auf diese Weise festlegen, ob eine Eigenkündigung durch die konkrete Betriebsänderung veranlasst wurde oder nicht. Dazu kann die Ausgleichspflicht an einen Zeitpunkt anknüpfen, in dem die Art und Weise der durchzuführenden Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer feststeht. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise dürfen die Betriebsparteien in einem solchen Fall davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die auf eigene Veranlassung ihr Arbeitsverhältnis beenden, bevor das Ausmaß einer sie treffenden Betriebsänderung konkret absehbar und der Umfang der daran knüpfenden wirtschaftlichen Nachteile prognostizierbar ist, ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Betriebsänderung beenden.

18

b) Der in § 2 GBV Sozialplan iVm. Abschnitt III Nr. 7.1 Tarifsozialplan bestimmte Stichtag ist danach nicht zu beanstanden. Vor dem 15. Oktober 2007 stand für die betroffenen Arbeitnehmer der Zeitpunkt und der Umfang der betriebsändernden Maßnahmen noch nicht fest. Erst nach der Unterzeichnung der BV Umsetzung konnte die Beklagte betriebsbedingte Änderungskündigungen aussprechen und die geplante Standortkonsolidierung umsetzen.

19

aa) Die Beklagte war bis zum Scheitern der mit dem Gesamtbetriebsrat über den Abschluss eines Interessenausgleichs geführten Verhandlungen betriebsverfassungsrechtlich nicht berechtigt, die geplanten betriebsändernden Maßnahmen umzusetzen. Aus diesem Grund waren die bereits im Dezember 2006 und Februar 2007 verlautbarten Ankündigungen der Beklagten oder einzelner ihrer Mitarbeiter über die von ihren Gesellschaftern getroffenen Beschlüsse und ihrer Verhandelbarkeit nicht geeignet, die vor dem Stichtag ausgesprochenen Eigenkündigungen als durch die Betriebsänderung veranlasst anzusehen. Jedoch stand auch nach dem Scheitern des Interessenausgleichs wegen der von der Beklagten Anfang September angekündigten Verhandlungen über den Abschluss eines Tarifsozialplans weder der Umfang der betriebsändernden Maßnahmen noch der Zeitpunkt ihrer Umsetzung fest. Nach dem Inhalt ihrer gegenüber den Arbeitnehmern verlautbarten Schreiben sollten Gegenstand der Verhandlungen auch die für eine Übergangszeit am Standort K verbleibenden Arbeitsplätze sein. Daneben wäre die Beklagte aufgrund der Regelungen in der GBV 2001 zumindest bis zum 31. Dezember 2011 an der Umsetzung der geplanten Standortverlagerung gehindert gewesen. Hierzu hätte es des Ausspruchs von betriebsbedingten Änderungskündigungen gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern bedurft, die nach der GBV 2001 dem Zustimmungserfordernis der örtlichen Betriebsräte nach § 102 Abs. 6 BetrVG unterlagen. Es ist weder ersichtlich noch von dem Kläger vorgetragen, dass die Beklagte die in § 3 GBV 2001 vereinbarten Kündigungsbeschränkungen vor dem 15. Oktober 2007 in Frage gestellt hat oder mit der Erteilung der Zustimmung durch die örtlichen Betriebsräte rechnen konnte.

20

bb) Unschädlich ist, dass der in Abschnitt III Nr. 7.1 Tarifsozialplan festgelegte Stichtag nicht taggenau mit dem Abschluss des Tarifsozialplans bzw. der BV Umsetzung übereinstimmt. Am 15. Oktober 2007 waren die endgültige Fassung ua. des Tarifsozialplans, der Protokollnotiz und der freiwilligen Tarifvereinbarung abschließend ausgehandelt. Dass bis zur Unterzeichnung weitere Verhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien stattfanden, ist weder festgestellt noch vom Kläger behauptet worden. Vor diesem Hintergrund orientierte sich die Festlegung des Stichtags am gegebenen Sachverhalt und war sachlich vertretbar.

21

III. Die Stichtagsregelung ist entgegen der erstmalig in der Revision vom Kläger geäußerten Ansicht nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

22

1. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 2 AGG gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

23

2. Eine unmittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhende Benachteiligung ist nicht gegeben, weil die in Abschnitt III Nr. 7.1 Tarifsozialplan enthaltene Stichtagsregelung nicht unmittelbar an das Merkmal des Alters anknüpft. Eine mittelbare Benachteiligung liegt nicht vor, weil der Kläger gegenüber jüngeren Arbeitnehmern mit kürzeren Kündigungsfristen nicht weniger günstig behandelt wird. Bei einer Eigenkündigung kommt es für den Abfindungsanspruch auf den Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses nicht an. Eine Abfindung erhalten alle Arbeitnehmer, die im Zeitraum vom 15. Oktober 2007 bis zum 30. September 2008 ihr Arbeitsverhältnis durch eine Eigenkündigung beenden.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Rath    

        

    Olaf Kunz    

        

        

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. Februar 2009 - 9 Sa 1655/08 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente des Klägers.

2

Der Kläger ist 1947 geboren. Er war in der Zeit vom 1. August 1974 bis zum 30. Juni 2002 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin tätig.

3

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch Vereinbarung vom 11. Januar 2001 aufgehoben. Nr. 8 dieser Vereinbarung lautet:

        

„8.     

Nach Beendigung des Anspruchs auf Frühpensionsleistung wird das Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld nach Maßgabe der jeweils geltenden Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R S bzw. ihres jeweiligen Rechtsnachfolgers und der 51er-Regelung gezahlt.“

4

Seit dem 1. April 2007 erhält der Kläger neben einer gesetzlichen Altersrente Leistungen der betrieblichen Altersversorgung von der Beklagten. Die Parteien hatten vor dem 1. Januar 1999 arbeitsvertraglich die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der als Betriebsvereinbarung abgeschlossenen Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft vom 9. Februar 1989 (künftig: Ruhegeldrichtlinien 1989) bzw. nach Maßgabe der Richtlinien in der jeweils geltenden Fassung vereinbart. Die Ruhegeldrichtlinien 1989 lauten auszugsweise wie folgt:

        

„…    

        

§ 5 Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens

        

…       

        

(5)     

Die R-Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung wird für Pensionsfälle ab 1992 höchstens um die Inflationsrate angepaßt, soweit diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen der Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter liegt. Übersteigt die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen, verbleibt es bei der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den Prozentsatz der Erhöhung dieser Nettovergütungen.

                 

Sollte die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten gesetzlich von der bruttolohnbezogenen auf die nettolohnbezogene Rentendynamisierung umgestellt werden, tritt im Rahmen der beschriebenen Anpassung an die Stelle der Erhöhung der Nettovergütungen die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten.

        

(6)     

Die Inflationsrate wird nach der Veränderung des durch das Statistische Bundesamt jährlich ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalten mit mittlerem Einkommen berechnet. Die Nettovergütung wird auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16 des jeweiligen Vergütungstarifvertrages (auf der Basis des Manteltarifvertrages vom 21.07.1977/28.09.1982) unter Berücksichtigung der Steuerklasse III/0 abzüglich sämtlicher Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) ermittelt.

        

(7)     

Die Anpassung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung erfolgt auf der Basis des bisherigen Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes, ohne daß die Erstberechnung des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes nachvollzogen wird.

        

(8)     

Stichtag für die Anpassung der Betriebsrenten ist jeweils der Zeitpunkt der Anpassung der gesetzlichen Sozialversicherungsrenten.

        

(9)     

§ 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 bleibt unberührt. Dabei sind zwischenzeitlich nach den vorstehenden Absätzen erfolgte Anhebungen der Betriebsrenten zu berücksichtigen.

        

…“    

        
5

Im Jahr 2006 schlossen nahezu alle konzernverbundenen Unternehmen des R-Konzerns, auch die Beklagte, inhaltsgleich formulierte Betriebsvereinbarungen, mit denen die Anpassungsregelungen für die Betriebsrenten neu gefasst wurden. Die Beklagte schloss diese Betriebsvereinbarung (künftig: BV 2006) mit ihrem Gesamtbetriebsrat. Sie lautet ua. wie folgt:

        

„…    

        

1. Präambel

        

Die Betriebsparteien stimmen darin überein, dass eine Harmonisierung der Regelwerke zur betrieblichen Altersversorgung des R-Konzerns im Hinblick auf die jeweiligen Ruhegeldanpassungsregelungen unumgänglich geworden ist. Insoweit sollen die Regelungen zur Anpassung der laufenden betrieblichen Altersversorgungsleistungen vereinheitlicht werden.

        

Zu diesem Zweck wird die in § 5 Absätze 5 bis 9 der ‚Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R Aktiengesellschaft’ vom 09. Februar 1989 (RL 02/89) vorgesehene Bestimmung zur Anpassung der Betriebsrente mit nachstehender Betriebsvereinbarung ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens geändert.

        

…       

        

3. Neufassung des § 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89

        

§ 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89 wird in allen bis zum Inkrafttreten dieser Betriebsvereinbarung geltenden Fassungen durch folgende Regelung ersetzt:

        

‚Das Unternehmen verpflichtet sich, jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 1 % anzupassen. Steigen die Verbraucherpreise in einem Jahr um 4,75 % oder mehr oder in drei aufeinander folgenden Jahren um 11,5 % oder mehr, verpflichten sich die Betriebsparteien, über eine einmalige Neuregelung der Anpassung zu verhandeln mit dem Ziel, eine Entwertung der Renten zu verhindern.’

        

Im Übrigen bleiben die Regelungen der RL 02/89 unberührt.

        

4. Teilunwirksamkeit

        

Die Unwirksamkeit einzelner Bestandteile berührt die Wirksamkeit der übrigen Regelungen dieser Betriebsvereinbarung nicht.

        

Die Betriebsparteien verpflichten sich, in diesem Fall anstelle der unwirksamen Regelung eine solche zu vereinbaren, die wirksam ist und dem Inhalt der unwirksamen Regelung unter Beachtung des von den Betriebsparteien Gewollten möglichst nahe kommt.

        

5. Inkrafttreten

        

Die vorliegende Betriebsvereinbarung tritt mit Wirkung zum 01.07.2007 in Kraft.

        

…“    

6

Die Beklagte passte das Ruhegeld des Klägers zum 1. Juli 2007 entsprechend der BV 2006 um 1 % an. Dagegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Klage gewandt.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch die BV 2006 sei in Bezug auf sein Ruhegeld die in den Ruhegeldrichtlinien 1989 enthaltene Anpassungsregelung nicht wirksam abgelöst worden. Die Beklagte sei daher verpflichtet, sein Ruhegeld zum 1. Juli 2007 nach den Ruhegeldrichtlinien 1989 an den Kaufkraftverlust anzupassen.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Prüfung einer Anpassung des betrieblichen Ruhegeldes des Klägers durch die Beklagte gemäß § 5 Abs. 5 bis Abs. 9 der Gesamtbetriebsvereinbarung „Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der R AG, E“ idF vom 9. Februar 1989 zu erfolgen hat.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Sie hat die Ansicht vertreten, die Betriebsparteien seien zur Änderung der Anpassungsregelung mit Wirkung für den Kläger berechtigt gewesen. Für die Änderung bestünden ausreichende Gründe.

11

Im R-Konzern bestehe ein erhebliches Interesse daran, die unterschiedlichen Rentenanpassungsregelungen in den konzernangehörigen Unternehmen zu vereinheitlichen. Die Beklagte sei gegründet worden, um die Personaldienstleistungen im R-Konzern zusammenzufassen. Das komme auch den Betriebsrentnern zugute, da sie nunmehr eine einheitliche Ansprechpartnerin hätten. Dazu sei es erforderlich, die Komplexität von Regelungen und Abläufen zu verringern. Durch die Neuregelung seien insgesamt 113 unterschiedliche Anpassungsbestimmungen nach den im Konzern geltenden Versorgungsordnungen vereinheitlicht worden.

12

Zwischenzeitlich sei zudem die R Pensionsfonds AG geschaffen worden. Diese stehe neben der Beklagten für die Betriebsrenten ein. Die R-AG habe diesen Pensionsfonds mit nahezu 5 Milliarden Euro ausgestattet. Der notwendige Kapitalbedarf hätte nicht, zumindest aber ungleich schwerer ermittelt werden können, wenn die Anpassungsregelungen nicht konzernweit vereinheitlicht worden wären. Um das Zusammenspiel von Vermögen und Verpflichtung, wie von der Aufsichtsbehörde gefordert, zu kalkulieren, sei es erforderlich, die Höhe der künftigen Ausgaben möglichst exakt zu prognostizieren. Durch den Pensionsfonds werde die Insolvenzsicherung für die Betriebsrentner verbessert, da er nach dem Grundsatz der Kapitaldeckung finanziert sei und die 1 %ige Erhöhung nach der BV 2006 leisten müsse, nicht jedoch der gesetzliche Träger der Insolvenzsicherung.

13

Angesichts des Versorgungsniveaus sei die mit der Änderung der Anpassung verbundene Eingriffsintensität gering. Ein Eingriff erfolge lediglich in künftige Steigerungen der Betriebsrente. Auch eine Gefahr der Entwertung des Ruhegeldanspruchs bestehe nicht, da dem Kläger eine sichere, von externen Bezugsgrößen unabhängige Betriebsrentenanpassung von 1 % jährlich zustehe. Damit werde die Anpassung sowohl für die Betriebsrentner als auch für die Arbeitgeber kalkulierbar. Für den Fall einer hohen Teuerungsrate sei in der BV 2006 zudem eine Verhandlungspflicht vereinbart worden. Die Neuregelung betreffe auch ältere Versorgungszusagen, die bislang keine Anpassung vorgesehen hätten. Außerdem sei es den Betriebsparteien darum gegangen, die Rentenerhöhung von externen Bezugsgrößen zu entkoppeln.

14

Die BV 2006 verstoße nicht gegen die Übergangsregelung des § 30c Abs. 1 BetrAVG. Aus der Bestimmung über die Teilunwirksamkeit in Nr. 4 der BV 2006 ergebe sich im Übrigen, dass die Betriebsparteien auf jeden Fall die in den Ruhegeldrichtlinien 1989 bestimmte Anpassungsregelung hätten beseitigen wollen. Diese könne deshalb auch bei einem Verstoß der BV 2006 gegen die Übergangsregelung nicht wieder in Kraft treten. Vielmehr verbleibe es dann bei der gesetzlichen Anpassungsregelung in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG neben der „1 %-Regelung“.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte das Ziel der Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen.

17

A. Die Revision ist nicht aus prozessualen Gründen teilweise erfolgreich. Die Klage ist zulässig. Die Voraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Der Antrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich des Inhalts der Verpflichtung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers anzupassen. Da die Beklagte ihre Verpflichtung bestreitet, hat der Kläger ein Feststellungsinteresse. Der Vorrang der Leistungsklage steht nicht entgegen. Die Feststellungsklage ermöglicht eine sachgemäße einfache Erledigung der Streitpunkte, so dass prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 18. November 2003 - 3 AZR 655/02 - zu A der Gründe mwN).

18

B. Die Klage ist begründet.

19

Die Beklagte ist verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers weiterhin nach § 5 Abs. 5 bis Abs. 9 der Ruhegeldrichtlinien 1989 anzupassen. Es kann dahinstehen, ob die BV 2006 auf den Kläger Anwendung findet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Betriebspartner nicht berechtigt, für ausgeschiedene Arbeitnehmer Rechte und Pflichten zu begründen oder einzuschränken (vgl. etwa 13. Mai 1997 - 1 AZR 75/97 - zu I 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 65 = EzA BetrVG 1972 § 77 Ruhestand Nr. 1). Es kann offenbleiben, ob an dieser im Schrifttum (vgl. etwa Fitting BetrVG 25. Aufl. § 77 Rn. 39 mwN) zunehmend kritisierten Rechtsprechung, für die aus Sicht des Senats die besseren Gründe sprechen dürften, für Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung festzuhalten ist (zuletzt offengelassen von BAG 14. Dezember 2010 - 3 AZR 799/08 - Rn. 19 mwN). Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob sich jedenfalls aus der arbeitsvertraglichen Verweisung auf die Ruhegeldrichtlinien in ihrer jeweils geltenden Fassung ergibt, dass der Kläger an die von den Betriebsparteien geschaffenen Regelungen gebunden ist (vgl. zu dynamischen Verweisungsklauseln: BAG 23. September 1997 - 3 AZR 529/96 - zu I 3 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14, für dynamische Verweisung auf eine Regelung durch Dienstvereinbarung). Die von den Betriebsparteien in der BV 2006 getroffene Regelung verstößt gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG. Dies hat entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Folge, dass die Betriebsrenten um 1 % jährlich, jedenfalls aber nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG anzupassen sind. Eine derartige Ergänzung der BV 2006 kommt nicht in Betracht. Denkbar erscheint allenfalls ein Rückgriff allein auf die gesetzlichen Regelungen. Auch dies ist jedoch rechtlich nicht möglich. Denn ein Wechsel von der Anpassungsregelung in den Ruhegeldrichtlinien 1989 zur gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG bedürfte im Streitfall jedenfalls tragfähiger Gründe. Solche liegen nicht vor.

20

I. Nach § 30c Abs. 1 BetrAVG gilt § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG, nach dem die in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG vorgesehene Anpassungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen, nur für laufende Leistungen, die auf Zusagen beruhen, die nach dem 31. Dezember 1998 erteilt wurden. Maßgebend ist dabei das Datum der Versorgungszusage. Es kommt nicht darauf an, ob die Anpassung um eins vom Hundert nach dem 31. Dezember 1998 vereinbart wurde oder der Versorgungsberechtigte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 30c Abs. 1 BetrAVG am 1. Januar 1999 (Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2998, Art. 8 Nr. 17 und Nr. 21, Art. 33 Abs. 1) bereits laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezog. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift.

21

1. Mit dem Begriff der Zusage in § 30c Abs. 1 BetrAVG ist entsprechend dem allgemeinen betriebsrentenrechtlichen Sprachgebrauch die Versorgungszusage und nicht die Vereinbarung der Anpassung der Betriebsrente um eins vom Hundert pro Jahr gemeint. Auch eine Einschränkung dahingehend, dass es sich um laufende Leistungen handeln muss, die bei Inkrafttreten der Übergangsregelung des § 30c Abs. 1 BetrAVG bereits bezogen wurden, findet sich im Gesetz nicht.

22

a) § 30c Abs. 1 BetrAVG ist eine Übergangsregelung zu § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG. Diese Regelung legt nicht fest, dass der Arbeitgeber eine Anpassung in Höhe von mindestens eins vom Hundert „zusagt“, sondern dass er sich zu einer solchen Anpassung „verpflichtet“. Es hätte in § 30c Abs. 1 BetrAVG also der Begriff der Verpflichtung verwendet werden müssen, wäre auf die Vereinbarung der Anpassung um eins vom Hundert und nicht auf die Versorgungszusage abzustellen.

23

b) Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf Leistungen, die bei Inkrafttreten der Übergangsregelung bereits bezogen wurden, folgt nicht daraus, dass § 30c Abs. 1 BetrAVG die Anwendbarkeit von § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG auf „laufende Leistungen“ beschränkt, die auf nach dem 31. Dezember 1998 erteilten Zusagen beruhen. Der Begriff der laufenden Leistungen findet sich in § 16 BetrAVG. § 30c Abs. 1 BetrAVG nimmt daher den Begriff der laufenden Leistungen, wie er in § 16 BetrAVG gebraucht wird, auf. Nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der „laufenden Leistungen“ der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Diese Verpflichtung gilt nach Abs. 2 der Vorschrift als erfüllt, wenn die Anpassung nicht geringer ist als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes für Deutschland oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens im Prüfungszeitraum. Die Verpflichtung entfällt nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet, die „laufenden Leistungen“ jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen. Mit „laufenden Leistungen“ sind daher die periodisch fällig werdenden Rentenzahlungen unabhängig von ihrem Beginn gemeint.

24

2. Diese Auslegung entspricht dem Sprachgebrauch der weiteren im BetrAVG enthaltenen Übergangsregelungen, insbesondere derjenigen in § 30g BetrAVG. Dort ist in Abs. 1 Satz 1 von Anwartschaften die Rede, „die auf Zusagen beruhen“, die nach dem dort genannten Stichtag erteilt worden sind. Mit dem Begriff „Zusage“ ist in dieser Bestimmung unzweifelhaft die Versorgungszusage gemeint. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit derselben Redewendung in § 30c Abs. 1 BetrAVG etwas anderes gemeint hat. Soweit es für die Anwendung einer Regelung auf den Zeitpunkt der Zahlung „laufender Leistungen“ ankommen soll, wird dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt. So wird in § 30g Abs. 2 BetrAVG auf „laufende Leistungen“, die vor dem dort genannten Stichtag „erstmals gezahlt worden sind“, abgestellt. Eine derartige Formulierung findet sich in § 30c Abs. 1 BetrAVG nicht.

25

3. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes stützt dieses Ergebnis.

26

Im Gesetzentwurf zum Rentenreformgesetz 1999 (BT-Drucks. 13/8011) war der spätere § 30c Abs. 1 BetrAVG noch als § 30b Abs. 1 enthalten(Art. 8 Nr. 21 der Entwurfsfassung). In der Begründung zu dieser Bestimmung heißt es, dass § 16 Abs. 3 Nr. 1, wie er später Gesetz geworden ist, „nur für ab Inkrafttreten erteilte Zusagen gilt“(BT-Drucks. 13/8011 S. 74). Auch die Begründung der Neuregelung in § 16 Abs. 3 Nr. 1 verweist darauf, die Neuregelung solle nur gelten, „wenn der Arbeitgeber bei Neuzusagen eine jährliche Dynamisierung der Betriebsrenten zusagt, die nicht geringer als eins vom Hundert der laufenden Leistungen sein darf“(BT-Drucks. 13/8011 S. 73, ähnlich die allgemeine Begründung S. 52, wonach die Verpflichtung zur Anpassung künftig als erfüllt gelten soll, „wenn der Arbeitgeber sich bei Neuzusagen verpflichtet, die Betriebsrenten jährlich um ein Prozent anzupassen“).

27

4. Schließlich spricht auch eine am Zweck orientierte Auslegung der Übergangsregelung in § 30c Abs. 1 BetrAVG für dieses Ergebnis.

28

Die Übergangsregelung dient fiskalischen Zwecken. Es soll verhindert werden, dass durch die mit der Anpassung um ein Prozent mögliche Bildung steuerlicher Rückstellungen Einnahmeausfälle der öffentlichen Hand entstehen (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto Betriebsrentengesetz 5. Aufl. § 30c Rn. 1). Das wäre aber der Fall, wenn entsprechende Anpassungsvereinbarungen für bereits vor dem 1. Januar 1999 erteilte Versorgungszusagen möglich wären. Aus diesem Grund und wegen verfassungsrechtlicher Bedenken hat es die Bundesregierung später abgelehnt, eine Gesetzesinitiative zur Ausdehnung der „Ein-Prozent-Anpassung“ auf sog. Altfälle, dh. auf vor dem 1. Januar 1999 erteilte Versorgungszusagen, zu ergreifen (BT-Drucks. 16/3273 S. 4).

29

5. Bei einer Auslegung des Begriffs der Zusage in § 30c Abs. 1 BetrAVG dahingehend, dass damit die Vereinbarung der Anpassung um eins vom Hundert gemeint ist, hätte § 30c BetrAVG wohl keinen Anwendungsbereich. Vor der Einführung der Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG gab es keinen Anlass, entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Dies konnte daher frühestens seit der Veröffentlichung des Rentenreformgesetzes 1999 im Dezember 1997 in Betracht gezogen werden. Gründe dafür, dass gerade Vereinbarungen, die im Zeitraum von Dezember 1997 bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 1999 von § 30c Abs. 1 BetrAVG erfasst sein sollten, sind nicht ersichtlich.

30

II. Danach verstößt die BV 2006 gegen § 30c Abs. 1 BetrAVG, da nach ihr die Betriebsrenten künftig um eins vom Hundert angepasst werden sollen, obwohl die von ihr erfassten Versorgungszusagen vor dem 1. Januar 1999 erteilt wurden. Rechtsfolge dieses Verstoßes ist, dass weiterhin die Bestimmungen des § 5 Abs. 5 bis Abs. 9 der Ruhegeldrichtlinien 1989 anzuwenden sind.

31

1. Es kann dahinstehen, ob von einer Teilnichtigkeit der BV 2006 ausgegangen werden kann, wie die Beklagte unter Hinweis auf die darin enthaltene „salvatorische Klausel“ sowie die Verhandlungen der Betriebsparteien meint, und/oder ob eine ergänzende Auslegung der BV 2006 vorzunehmen ist. Jedenfalls kommt eine Auslegung dahingehend, es solle die Regelung in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG als Auffangregelung neben eine Mindestanpassung um eins vom Hundert jährlich treten, nicht in Betracht. Das folgt schon daraus, dass die Ruhegeldrichtlinien 1989 in § 5 Abs. 9 eine Verweisung auf die gesetzliche Anpassung als Auffangregelung zu der in § 5 Abs. 5 bis Abs. 8 bestimmten Anpassung vorsehen. Durch die BV 2006 wurde § 5 Abs. 5 bis Abs. 9 der Ruhegeldrichtlinien 1989 umfassend, einschließlich des Verweises auf die gesetzliche Regelung, ersetzt. Das schließt es aus, anzunehmen, die Betriebsparteien hätten eine Auffangregelung, die neben die „1 %-Regelung“ tritt, gewollt. Denkbar erscheint allenfalls, die BV 2006 in die Ablösung der Altregelung einerseits und ein Ersetzen von § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG durch die „1 %-Regelung“ entsprechend der gesetzlichen, in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG vorgesehenen Möglichkeit andererseits aufzuteilen. Folge wäre, dass wegen der Unwirksamkeit der Ersetzung durch die „1 %-Regelung“ allein auf die gesetzlichen Bestimmungen in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG zurückzugreifen wäre. Diese Rechtsfolge könnte allerdings nur eintreten, wenn es für den Wechsel von der Anpassungsregelung in den Ruhegeldrichtlinien 1989 zur Anpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG Gründe gäbe, die vorliegen müssten, wenn die Betriebsparteien statt der von ihnen in der BV 2006 getroffenen Regelung die Ablösung der in den Ruhegeldrichtlinien 1989 bestimmten Anpassungsregelung durch die gesetzliche Regelung vereinbart hätten. Solche Gründe liegen nicht vor. Der Gesetzesverstoß eröffnete den Betriebsparteien keine weitergehenden Gestaltungsmöglichkeiten.

32

2. Für einen Wechsel von der Anpassungsregelung in den Ruhegeldrichtlinien 1989 zur gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG bedarf es nach Eintritt des Versorgungsfalls tragfähiger Gründe.

33

a) Die zugunsten der Beklagten unterstellte Regelungskompetenz der Betriebsparteien für Versorgungsempfänger ermöglicht nicht jede Änderung der Versorgungsregelungen. Vielmehr sind die Betriebsparteien bei Einschnitten in Versorgungsrechte an die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebunden. Diese Grundsätze hat der Senat durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (st. Rspr. seit 17. April 1985 - 3 AZR 72/83 - zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57). Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind danach entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtige Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (BAG 9. Dezember 2008 - 3 AZR 384/07 - AP BetrAVG § 9 Nr. 22 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 47). Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und im Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag darf nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich - wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen - dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, also noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe.

34

b) Dieses Schema ist allerdings auf Eingriffe in Versorgungsanwartschaften, nicht auf Eingriffe in laufende Leistungen zugeschnitten. Bei Veränderungen der Versorgungsordnung nach Eintritt des Versorgungsfalls ist jedoch auf die diesem Prüfungsschema zugrunde liegenden Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zurückzugreifen (vgl. etwa BAG 14. Dezember 2010 - 3 AZR 799/08 - Rn. 32; 9. November 1999 - 3 AZR 432/98 - zu B I 3 c der Gründe, BAGE 92, 358, jeweils mwN). In laufende Versorgungsleistungen darf daher nur eingegriffen werden, wenn tragfähige Gründe vorliegen (vgl. BAG 9. November 1999 - 3 AZR 432/98 - zu B I 3 der Gründe, BAGE 92, 358; 31. Juli 2007 - 3 AZR 189/06 - Rn. 38, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 79). Das bedeutet, dass nach Eintritt des Versorgungsfalls in der Regel nur noch geringfügige Verschlechterungen gerechtfertigt sein können (BAG 14. Dezember 2010 - 3 AZR 799/08 - Rn. 32; 12. Oktober 2004 - 3 AZR 557/03 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 112, 155). Auch für geringfügige Eingriffe bedarf es sachlich nachvollziehbarer, Willkür ausschließender Gründe (BAG 23. September 1997 - 3 AZR 529/96 - zu II 3 a der Gründe, AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 14; 16. Juli 1996 - 3 AZR 398/95 - zu II 2 d der Gründe, BAGE 83, 293). Liegt ein mehr als geringfügiger Eingriff vor, müssen darüber hinausgehende Gründe bestehen. Sie müssen die konkrete Verschlechterung der Versorgungsordnung ausnahmsweise unter Berücksichtigung des durch die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erworbenen Bestandsinteresses einerseits und der Schwere des Eingriffs andererseits aufgrund ganz erheblich überwiegender Interessen des Arbeitgebers tragen. Dies beruht darauf, dass der Arbeitnehmer die den Versorgungsanspruch begründende Gegenleistung bereits vollständig erbracht hat und er nach Eintritt des Versorgungsfalls nicht mehr die Möglichkeit hat, etwaige Versorgungslücken durch Eigenvorsorge zu schließen.

35

c) Auch Eingriffe in eine Anpassungsregelung können die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten. Ob mehr als geringfügige Eingriffe vorliegen, hängt von den Nachteilen ab, die dem Versorgungsberechtigten durch die konkrete Änderung entstehen (BAG 9. November 1999 - 3 AZR 432/98 - zu B I 3 c der Gründe, BAGE 92, 358). Dem Urteil des Senats vom 27. August 1996 (- 3 AZR 466/95 - zu IV 2 c cc der Gründe, BAGE 84, 38) kann nichts Gegenteiliges entnommen werden. Der Senat hat auch dort geprüft, wie schwerwiegend sich die Änderung der Anpassungsregelung im konkreten Fall darstellte. Mehr als geringfügig sind danach solche Eingriffe in eine Anpassungsregelung, die dem Versorgungsempfänger - hätte er mit ihnen gerechnet - während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses vernünftigerweise hätten Anlass geben können, sie durch eine weitergehende private Absicherung auszugleichen.

36

3. Danach genügen für den Wechsel von der Anpassungsregel in § 5 Abs. 5 bis Abs. 9 der Ruhegeldrichtlinien 1989 zur Anpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG sachlich nachvollziehbare Gründe nicht. Der Eingriff ist mehr als geringfügig. Während die Ruhegeldrichtlinien 1989 den Versorgungsberechtigten ein Recht auf Anpassung ihrer Versorgungsbezüge allein nach der Preissteigerungsrate, begrenzt auf die Entwicklung der Nettoeinkommen aktiver Arbeitnehmer, geben, sind bei der Anpassung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG auch wirtschaftliche Belange der Beklagten zu berücksichtigen. Dieser Eingriff übersteigt die Geringfügigkeitsgrenze. Tragfähige Gründe, die diesen Eingriff rechtfertigen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

37

a) Nach § 5 Abs. 5 der Ruhegeldrichtlinien 1989 ist die Beklagte verpflichtet, jeweils zu dem in § 5 Abs. 8 genannten Stichtag die laufenden Betriebsrenten um die Inflationsrate anzupassen, jedoch begrenzt auf die Erhöhung der Nettovergütung der aktiven R-Mitarbeiter, beides berechnet nach den in § 5 Abs. 6 genannten Werten. Die Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf entsprechende Anpassung. Das folgt - entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Ansicht - aus der Auslegung der Richtlinien.

38

Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 der Ruhegeldrichtlinien 1989 wird die Betriebsrente „höchstens um die Inflationsrate angepaßt, soweit diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen der Nettovergütungen der aktiven R-Mitarbeiter liegt“. Satz 2 der Bestimmung ordnet an, dass es bei der Anhebung der Betriebsrenten um den Prozentsatz der Erhöhung dieser Nettovergütungen „verbleibt“, soweit die Inflationsrate diese Erhöhung „übersteigt“.

39

Wollte man die Formulierung „höchstens“ in § 5 Abs. 5 Satz 1 der Ruhegeldrichtlinien 1989 dahingehend auslegen, dass auch dann eine hinter der Steigerung der Inflationsrate zurückbleibende Erhöhung der Betriebsrenten in Betracht kommt, wenn die Inflationsrate geringer ist als die Erhöhung der Nettovergütungen, wäre dies mit § 5 Abs. 5 Satz 2 der Ruhegeldrichtlinien 1989 nicht zu vereinbaren. Danach „verbleibt“ es bei der Anhebung der Betriebsrenten um den Prozentsatz der Erhöhung der Nettovergütungen, wenn die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen übersteigt. In diesem Fall besteht daher ein Anspruch auf die Erhöhung der Betriebsrente um den Prozentsatz der Steigerung der Nettovergütungen, wohingegen keine zwingende Erhöhung der Betriebsrenten vorzunehmen wäre, wenn die Inflationsrate niedriger ist als die Steigerung der Nettovergütungen. Es kann nicht angenommen werden, dass die Betriebspartner eine solche, unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbare Regelung treffen wollten. Aus der Formulierung „verbleibt“ in § 5 Abs. 5 Satz 2 der Ruhegeldrichtlinien 1989 ergibt sich vielmehr, dass auch Satz 1 eine zwingende Erhöhung vorsieht, in diesem Fall aber lediglich um die Inflationsrate und nicht um den Prozentsatz der Steigerung der Nettovergütungen. Das Wort „höchstens“ in Satz 1 hat deshalb ausschließlich eine klarstellende Funktion. Es verdeutlicht, dass nicht die Steigerung der Nettovergütungen aktiver Arbeitnehmer, sondern die Inflationsrate für die - als zwingend vorausgesetzte - Erhöhung maßgeblich ist, falls diese geringer ist als die Steigerung der Nettoeinkommen aktiver Arbeitnehmer.

40

b) Die Ablösung der Anpassungsregelung in den Ruhegeldrichtlinien 1989 durch eine Anpassung nach der gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG würde bewirken, dass - anders als nach den Ruhegeldrichtlinien 1989 - auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers bei der Anpassungsprüfung zu berücksichtigen ist. Die Ruhegeldrichtlinien 1989 gewähren bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen einen Anpassungsanspruch. Demgegenüber ordnet § 16 Abs. 1 BetrAVG lediglich eine Anpassung der Betriebsrenten nach billigem Ermessen an. Dabei ist nach der gesetzlichen Regelung auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

41

Ein derartiger Eingriff in die Anpassungsregelung ist nicht nur geringfügig. Vielmehr wird damit der Versorgungsberechtigte dem Risiko ausgesetzt, dass der Wert seiner Betriebsrente sinkt, weil sie nicht mehr an die Kaufkraftentwicklung oder die Entwicklung der Nettovergütungen angepasst wird, sondern aufgrund einer ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers eine Anpassung unterbleibt. Ein derartiges, nicht langfristig vorhersehbares und einschätzbares Risiko könnte einen aktiven Arbeitnehmer veranlassen, den potenziellen zusätzlichen Versorgungsbedarf anderweitig abzusichern.

42

c) Gründe, die ausnahmsweise einen derartigen mehr als geringfügigen Eingriff rechtfertigen könnten, hat die Beklagte nicht vorgebracht.

43

Die Beklagte hat für den von den Betriebsparteien vorgenommenen Eingriff im Wesentlichen auf Praktikabilitätserwägungen abgestellt. Dabei hat sie sich vor allem auf das Interesse an einer Vereinheitlichung der Anpassungsregelungen im Konzern und die Konzentration der Personalverwaltung der Konzerngesellschaften bei der Beklagten sowie die Gründung der R Pensionsfonds AG und die Berechnung der Kapitalausstattung dieser Gesellschaft berufen. Es kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen derartige Gesichtspunkte überhaupt einen Eingriff in Versorgungsregelungen für bereits im Ruhestand befindliche Versorgungsempfänger rechtfertigen können. Insbesondere kann offenbleiben, inwieweit die von der Beklagten vorgenommene konzernweite Betrachtung zulässig ist. Eine Änderung der Anpassungsregelungen einer Versorgungsordnung dahingehend, dass von einer an der Inflationsrate und der Steigerung der Nettoeinkommen aktiver Arbeitnehmer orientierten Anpassungspflicht abgewichen wird und erstmals die wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners bei der Anpassungsentscheidung berücksichtigt werden kann, bedarf jedenfalls solcher Gründe, die gerade diesen Eingriff tragen. Es muss daher ein innerer Zusammenhang zwischen der Regelung, die erstmals auch die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers ermöglicht, und den Gründen für die Anpassung bestehen. Derartige Gründe hat die Beklagte nicht dargelegt. Praktikabilitätserwägungen sind nicht geeignet, die Betriebsrenten der Gefahr einer Wertminderung auszusetzen.

44

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Heuser    

        

    Bialojahn    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 21. Juli 2009 - 1 Sa 142/09 - aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine betriebliche Zusatzrente iHv. 77,33 Euro monatlich zu zahlen.

2

Der 1938 geborene Kläger war vom 1. September 1957 bis zum 30. November 1995 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der T AG (T) und deren volkseigenen Rechtsvorgängern beschäftigt.

3

Zum 1. Januar 1954 trat im Gebiet der ehemaligen DDR die Anordnung zur Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (AO 54, GBl. 1954 S. 301) in Kraft. Diese bestimmte ua.:

        

㤠1

        

(1)     

Zur Verbesserung der Rentenversorgung der Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben wird ab 1. Januar 1954 eine Zusatzrentenversorgung eingeführt.

        

…       

        
        

§ 2

        

Arbeiter und Angestellte, die in einem dieser Betriebe beschäftigt sind oder beschäftigt waren, erhalten bei Erfüllung der Voraussetzungen eine Zusatzrente nach Maßgabe folgender Bestimmungen.

        

…       

        

§ 7

        

(1)     

Angestellte, die eine zusätzliche Altersversorgung erhalten, haben keinen Anspruch auf die Gewährung der Zusatzrente. Ob ein Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung besteht, regelt sich nach den Bestimmungen der Verordnung vom 17. August 1950 über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (GBl. S. 844) oder nach der Verordnung vom 12. Juli 1951 über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. S. 675).“

4

Eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem für die technische Intelligenz setzte seinerzeit die Erteilung einer formellen Versorgungszusage voraus, die dem Kläger nicht erteilt worden war.

5

Der Einigungsvertrag vom 31. August 1990 bestimmte in Anlage II Kap. VIII Sachgebiet H - Gesetzliche Rentenversicherung Abschnitt III Nr. 4 zur Anwendbarkeit der AO 54, dass folgendes Recht der Deutschen Demokratischen Republik in Kraft bleibt:

        

„4. Anordnung über die Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (GBl. Nr. 30 S. 301) mit folgenden Maßgaben:

        

a)    

Die Anordnung ist bis zum 31. Dezember 1991 anzuwenden.

        

b)    

Von der Anordnung kann für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abgewichen werden.

        

…“    

        
6

Das System der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz wurde aufgrund des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets vom 25. Juli 1991 (AAÜG, BGBl. I S. 1606) gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AAÜG iVm. Anlage 1 Nr. 1 in die gesetzliche Rentenversicherung überführt.

7

Am 20. Juli 1990/9. Oktober 1990/8. November 1990 schloss der Arbeitgeberverband energie- und versorgungswirtschaftlicher Unternehmen eV (AVEU) ua. mit der Gewerkschaft Bergbau, Energie, Wasserwirtschaft und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr einen Tarifvertrag über die betriebliche Zusatzrentenversorgung der Tarifgruppe Energie (TVV Energie), der in § 2 ua. bestimmt:

        

„Arbeitnehmer erhalten bei Erfüllung der Voraussetzungen eine betriebliche Zusatzrente nach folgenden Bestimmungen:

        

(1)     

Der Anspruch besteht, wenn der Arbeitnehmer

                 

a)    

noch beschäftigt oder wegen Invalidität oder Überschreitung der Altersgrenze aus dem Betrieb ausgeschieden ist und

                 

b)    

eine 20jährige ununterbrochene Beschäftigungsdauer im Betrieb sowie

                 

c)    

den Bezug einer Alters-, Invaliden- oder Unfallvollrente

                 

nachweist.

        

(2)     

Die monatliche Zusatzrente beträgt 5 Prozent des monatlichen Nettodurchschnittsverdienstes der letzten 5 Arbeitsjahre.

        

(3)     

Die betriebliche Zusatzrente wird auch Arbeitnehmern gewährt, die in den Vorruhestand treten, wenn sie eine 20jährige ununterbrochene Beschäftigungsdauer nachweisen können.

        

(4)     

Arbeitnehmer, die eine zusätzliche Altersversorgung erhalten, haben keinen Anspruch auf Gewährung einer betrieblichen Zusatzrente.

        

…“    

8

Am 16. Oktober 1992 schlossen die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag über die Ablösung des Tarifvertrags über die betriebliche Zusatzrentenversorgung der Tarifgruppe Energie des AVEU (TVV Energie) (im Folgenden TV Ablösung) ab. Dieser lautet auszugsweise:

        

㤠2

        

Schließung der betrieblichen Zusatzrentenversorgung

        

Die aus dem TVV Energie folgende betriebliche Zusatzrentenversorgung wird mit Wirkung ab dem 01.01.1993 geschlossen. Die tarifliche Nachwirkung des gekündigten TVV Energie wird mit Ablauf des 31.12.1992 beendet.

        

§ 3

        

Fortzahlung laufender Rentenleistungen

        

Soweit Arbeitnehmern bzw. ehemaligen Arbeitnehmern der Mitgliedsunternehmen der Tarifgruppe Energie bereits bis zum 31.12.1992 Rentenleistungen aus dem TVV Energie gezahlt wurden, bleiben diese über den 31.12.1992 hinaus unberührt. Eine Dynamisierung dieser Leistungen bleibt auch für die Zukunft ausgeschlossen, § 16 i.V.m. § 17 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BetrAVG.

        

§ 4

        

Anwartschaften aufgrund erfüllter Wartezeit

        

Arbeitnehmer, die spätestens mit Ablauf des 31.12.1992 eine 20jährige Unternehmenszugehörigkeit aufweisen, haben eine Anwartschaft auf 5 % der Bemessungsgrundlage nach § 6 dieses Vertrages, soweit die Leistungsvoraussetzungen des TVV Energie i.d.F. des § 7 dieses Vertrages ab dem 01.01.1993 eintreten.

        

…       

        

§ 7

        

Leistungsvoraussetzungen

        

1.    

Die Leistungsvoraussetzungen des TVV Energie gelten ausschließlich nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

        

…“    

        
9

Der Kläger schied aufgrund Aufhebungsvertrags vom 10./31. März 1995 zum 30. November 1995 aus dem Arbeitsverhältnis aus und nahm die damals bestehende Möglichkeit des Vorruhestandes in Anspruch. Der Aufhebungsvertrag bestimmt in § 5 ua.:

        

„Eine betriebliche Zusatzrente wird Herrn S nach dem ‚Tarifvertrag über die betriebliche Zusatzrentenversorgung’ gültig ab 01.01.1993, bei Eintritt in den Ruhestand gewährt, soweit die dafür geltenden Leistungsvoraussetzungen erfüllt werden.“

10

Unter dem 15. November 1995 schrieb die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Kläger wie folgt an:

        

„Sehr geehrter Herr S,

        

auf der Grundlage des Tarifvertrages vom 16.10.1992 über die Ablösung des Tarifvertrages über die betriebliche Zusatzrentenversorgung der Tarifgruppe Energie des AVEU (TVV Energie) vom 20.07.1990/09.10.1990/ 08.11.1990 haben Sie eine unverfallbare Anwartschaft auf eine betriebliche Zusatzrente erworben.

        

…       

        

Die Zahlung der betrieblichen Zusatzrente erfolgt, wenn die Voraussetzungen gemäß § 7 des o.g. Tarifvertrages erfüllt sind.

        

…“    

11

Zum 1. Dezember 1998 trat der Kläger in den Ruhestand. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte an ihn ab diesem Zeitpunkt eine betriebliche Zusatzrente iHv. 151,24 DM (= 77,33 Euro) monatlich.

12

Mit Urteilen vom 24. März 1998 (- B 4 RA 27/97 R - SozR 3-8570 § 5 Nr. 3) sowie vom 30. Juni 1998 (- B 4 RA 11/98 R -) entschied das Bundessozialgericht, dass eine Überführung von Anwartschaften auf Zusatzversorgung nach dem Zusatzversorgungssystem für die technische Intelligenz in die gesetzliche Rentenversicherung nach den Bestimmungen des AAÜG nicht von einer formellen Versorgungszusage abhängt, sondern es ausreicht, dass eine entgeltliche Beschäftigung iSv. § 1 Satz 1 Nr. 1 Regelung 1 SGB VI ausgeübt wurde, deretwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war.

13

Der Kläger beantragte bei der gesetzlichen Rentenversicherung die Einbeziehung von Anwartschaftszeiten aus der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz.

14

Mit Urteil vom 21. Januar 2003 (- 3 AZR 35/02 - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 63) entschied das Bundesarbeitsgericht, dass eine „zusätzliche Altersversorgung“ iSd. § 2 Abs. 4 TVV Energie auch eine nach § 2 Abs. 2 Satz 1 AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung überführte Versorgungsanwartschaft aus der Zugehörigkeit zur technischen Intelligenz ist. Das Urteil betraf einen Versorgungsempfänger, bei dem der Versorgungsfall vor dem 31. Dezember 1992 eingetreten war und sich die Ansprüche nach § 3 TV Ablösung richteten. In einem obiter dictum führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass auch bei Versorgungsfällen nach dem 31. Dezember 1992 iSd. § 4 TV Ablösung der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 4 TVV Energie Anwendung finde. Dieser sei durch § 7 TV Ablösung nicht aufgehoben worden. Die Entscheidung wurde der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Sommer des Jahres 2003 bekannt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt empfahl auch der Arbeitgeberverband, dem die Rechtsvorgängerin der Beklagten angehörte, die Zahlung der Zusatzrente an die Versorgungsempfänger einzustellen, deren Anwartschaften aus der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in die gesetzliche Rentenversicherung überführt wurden.

15

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten zahlte dem Kläger die Zusatzrente - wie auch allen anderen vergleichbaren Versorgungsempfängern - zunächst weiter. Zumindest sechs Betriebsrentnern, bei denen der Versorgungsfall erst nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eingetreten war, gewährte sie eine Zusatzrente.

16

Mit Schreiben vom 28. April 2005 teilte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit, sie gehe davon aus, dass ihm in der gesetzlichen Rentenversicherung nachträglich Zeiten in einem DDR-Zusatzversorgungssystem zuerkannt worden seien und deshalb nach den tariflichen Regelungen der Anspruch auf die Zusatzrente entfallen sei. Zum 31. Mai 2005 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Zahlung der Zusatzrente an den Kläger - wie in nahezu allen anderen vergleichbaren Fällen - ein. Lediglich bei einigen Versorgungsempfängern der früheren T G GmbH, die erst im Juni/Juli 2005 mit der T zur Beklagten fusioniert hatte, wurde die Rente noch bis November 2005 weitergezahlt.

17

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, ihm die Zusatzrente auch über den 31. Mai 2005 hinaus weiterzuzahlen. Die Beklagte habe ihm sowohl mit dem Aufhebungsvertrag als auch mit dem Schreiben vom 15. November 1995 vertraglich eine unwiderrufliche Versorgungszusage erteilt. Zumindest bestehe ein Anspruch aus betrieblicher Übung sowie nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte habe trotz Kenntnis der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts sowie des Bundessozialgerichts über Jahre hinweg die Zusatzrente weitergezahlt, obschon keine Zahlungsverpflichtung bestanden habe. Hierdurch habe die Beklagte einen eigenständigen Zahlungsgrund geschaffen.

18

Es habe sich unter den betroffenen Versorgungsempfängern auf Studiengruppen- und Klassentreffen, Geburtstagsfeiern sowie auf Treffen mit früheren Mitarbeitern anderer Unternehmen, die ihrerseits die Zahlung der Zusatzrente teilweise schon eingestellt hätten, herumgesprochen, dass die Beklagte nicht mehr zur Zahlung verpflichtet sei. Zudem habe im Oktober 2003 im Haus der Gewerkschaften in C eine Aussprache über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts stattgefunden, an der rund 20 Kollegen verschiedener Energieversorgungsunternehmen teilgenommen hätten. Es sei deshalb davon auszugehen gewesen, dass die Beklagte die Zusatzrente weiterhin habe zahlen wollen. Zumindest aufgrund der Zahlung der Zusatzrente an die Mitarbeiter, die erst nach Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2003 (- 3 AZR 35/02 - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 63) in den Ruhestand traten, sei eine betriebliche Übung entstanden. Er könne Gleichbehandlung mit diesen verlangen.

19

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger über den 30. November 2008 hinaus eine betriebliche Zusatzrente iHv. monatlich 77,33 Euro zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.247,86 Euro nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils monatlich 77,33 Euro ab 1. Juli 2005, 1. August 2005, 1. September 2005, 1. Oktober 2005, 1. November 2005, 1. Dezember 2005, 1. Januar 2006, 1. Februar 2006, 1. März 2006, 1. April 2006, 1. Mai 2006, 1. Juni 2006, 1. Juli 2006, 1. August 2006, 1. September 2006, 1. Oktober 2006, 1. November 2006, 1. Dezember 2006, 1. Januar 2007, 1. Februar 2007, 1. März 2007, 1. April 2007, 1. Mai 2007, 1. Juni 2007, 1. Juli 2007, 1. August 2007, 1. September 2007, 1. Oktober 2007, 1. November 2007, 1. Dezember 2007, 1. Januar 2008, 1. Februar 2008, 1. März 2008, 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008, 1. Juli 2008, 1. August 2008, 1. September 2008, 1. Oktober 2008 und 1. November 2008 zu zahlen.

20

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

21

Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zusatzrente zu. Eine betriebliche Übung sei nicht entstanden. Hierzu sei erforderlich, dass der Wille, die Zusatzrente trotz fehlender tariflicher Verpflichtung als freiwillige Leistung erbringen zu wollen, nach außen hervorgetreten sei. Dies sei nicht der Fall. Ihre Rechtsvorgängerin habe sich lediglich tarifgerecht verhalten wollen. Die Zahlung der Zusatzrente sei erst zum 31. Mai 2005 eingestellt worden, weil rund 5.000 Akten ehemaliger Mitarbeiter hätten überprüft werden müssen, von denen ca. 2.000 eine Rente erhalten hätten. Die Rentenbescheide seien zumeist nur unvollständig in den Akten gewesen; in der Regel sei nur die erste Seite vorhanden gewesen. Wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung sei zunächst die Prüfung vollständig abgeschlossen und die Rentenzahlung sodann bei allen Versorgungsempfängern zum gleichen Zeitpunkt eingestellt worden. Im Übrigen werde bestritten, dass der Kläger bereits vor dem 28. April 2005 Kenntnis von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gehabt habe.

22

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Bei der Verkündung des Urteils des Landesarbeitsgerichts am 21. Juli 2009 ist eine Entscheidung über die Zulassung der Revision im Tenor unterblieben. Die Beklagte hat mit einem am 24. Juli 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt, die Revision zuzulassen. Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28. Juli 2009 die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass dem Kläger weder ein einzelvertraglicher noch ein tarifvertraglicher Anspruch auf Zahlung der Zusatzrente zusteht. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann aber nicht entschieden werden, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der Zusatzrente aus betrieblicher Übung zusteht. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 ZPO) und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 ZPO).

24

A. Die Revision ist zulässig. Sie ist aufgrund der nachträglichen Zulassungsentscheidung des Landesarbeitsgerichts statthaft.

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I. Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ArbGG findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nur statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts zugelassen ist. Hierbei ist gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG die Entscheidung, ob die Revision zugelassen wird oder nicht, in den Urteilstenor aufzunehmen. Durch die Neuregelung in § 64 Abs. 3a ArbGG hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Mai 2000 durch das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz) vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 333) den bis dahin in Literatur und Rechtsprechung bestehenden Streit, ob die Zulassung auch in den Entscheidungsgründen oder in der Rechtsmittelbelehrung erfolgen kann (vgl. zum früheren Streitstand BAG 11. Dezember 1998 - 6 AZB 48/97 - BAGE 90, 273) geklärt. Sowohl die positive als auch die negative Entscheidung über die Zulassung der Revision muss im Tenor des Urteils enthalten sein (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 251/04 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 114, 313).

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Ist eine Entscheidung über die Zulassung der Revision im Tenor unterblieben, können die Parteien gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2, § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragen. Über diesen Antrag kann die Kammer nach § 64 Abs. 3a Satz 3 ArbGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Bei dieser Entscheidung müssen, da es sich um eine § 320 Abs. 1 ZPO vergleichbare Auslassung in der Urteilsformel handelt, dieselben Richter wie am Urteil selbst mitwirken(so auch GK-ArbGG/Vossen Stand Juli 2011 § 64 Rn. 62b; GMP/Germelmann 7. Aufl. § 64 Rn. 33; Breinlinger in Düwell/Lipke ArbGG 2. Aufl. § 64 Rn. 21; Hauck/Biebl in Hauck/Helml/Biebl ArbGG 4. Aufl. § 64 Rn. 9; aA Schwab/Weth/Schwab ArbGG 3. Aufl. § 64 Rn. 56). Ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist sie durch Beschluss zu treffen, § 53 Abs. 1 ArbGG(Schwab/Weth/Schwab § 64 Rn. 57).

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II. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Ergänzungsantrag wurde von der Beklagten mit am 24. Juli 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz und damit innerhalb der Frist von zwei Wochen ab Verkündung des Urteils am 21. Juli 2009 gestellt. Über diesen Antrag der Beklagten hat die Kammer in derselben Besetzung wie in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2009 nach Gewährung rechtlichen Gehörs entschieden.

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B. Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht erkannt, dass dem Kläger weder aus einer einzelvertraglichen Vereinbarung noch aufgrund tarifvertraglicher Regelungen ein Anspruch auf Zahlung der Zusatzrente zusteht. Aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt sich auch kein Anspruch auf die Zusatzrente. Rechtsfehlerhaft hat das Landesarbeitsgericht jedoch einen Anspruch aus betrieblicher Übung bejaht. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht beurteilt werden, ob eine betriebliche Übung entstanden ist, die die Beklagte zur Zahlung der begehrten Zusatzrente verpflichtet. Hierzu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen und tatrichterlicher Würdigungen durch das Landesarbeitsgericht.

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I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Feststellungsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Zusatzrente für die Zeit nach dem 30. November 2008 begehrt.

30

1. Der Feststellungsantrag ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr, wie vorliegend, auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 653/07 - Rn. 12, EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6).

31

2. Der Feststellungsantrag weist auch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse auf. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger auf künftige Leistungen klagen könnte. Zwar hat eine Leistungsklage in der Regel Vorrang vor einer Feststellungsklage. Für eine Feststellungsklage kann allerdings trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage ein Feststellungsinteresse bestehen, wenn durch sie der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann (BAG 18. September 2007 - 3 AZR 391/06 - Rn. 11). So verhält es sich hier. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte dem Grunde nach zur Zahlung der Zusatzrente verpflichtet ist; über deren Höhe besteht kein Streit. Durch die Klärung dieser Vorfrage wird der Streit der Parteien insgesamt beigelegt.

32

II. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist. Dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen und tatrichterlicher Würdigungen durch das Landesarbeitsgericht.

33

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte nicht aufgrund einer individualvertraglichen Vereinbarung zur Zahlung der Zusatzrente an den Kläger verpflichtet ist. Weder mit dem Schreiben vom 15. November 1995 noch in dem Aufhebungsvertrag vom 10./31. März 1995 wurde dem Kläger eine entsprechende eigenständige Versorgungszusage erteilt. Beiden Schriftstücken ist vielmehr zu entnehmen, dass die Zahlung der Zusatzrente davon abhängt, dass die Voraussetzungen des Tarifvertrags über die betriebliche Zusatzversorgung erfüllt sind.

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2. Der Kläger hat auch keinen tarifvertraglichen Anspruch auf die Zusatzrente nach § 4 TV Ablösung. Dies gilt unabhängig davon, ob der Tarifvertrag nach § 4 Abs. 1 TVG für das Arbeitsverhältnis des Klägers normativ galt - wozu das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen hat - oder ob der Tarifvertrag kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme wirkte. Dem Anspruch des Klägers steht jedenfalls § 2 Abs. 4 TVV Energie entgegen. Danach haben Arbeitnehmer, die eine zusätzliche Altersversorgung erhalten, keinen Anspruch auf Gewährung einer betrieblichen Zusatzrente. Der Kläger unterfällt diesem Ausschlusstatbestand, da seine Rentenanwartschaft nach dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 AAÜG iVm. Anlage 1 Nr. 1 in die gesetzliche Rentenversicherung überführt wurde. Hierbei handelt es sich um eine zusätzliche Altersversorgung iSv. § 2 Abs. 4 TVV Energie. Diese Bestimmung wurde durch den TV Ablösung nicht aufgehoben. Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen.

35

a) Tarifverträge sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wegen ihres normativen Charakters objektiv wie Gesetze auszulegen. Es kommt in erster Linie auf den aus dem Wortlaut zu ermittelnden Wortsinn und den Gesamtzusammenhang der tariflichen Bestimmungen sowie den hieraus erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung an. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden hat. Soweit hiernach kein eindeutiges Auslegungsergebnis möglich ist, können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie etwa eine regelmäßige Anwendungspraxis oder die Normgeschichte herangezogen werden. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einer gesetzeskonformen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch handhabbaren Regelung führt (vgl. etwa BAG 29. September 2004 - 1 ABR 29/03 - zu B III 2 b aa der Gründe mwN, BAGE 112, 87).

36

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat § 7 TV Ablösung die Ansprüche aus dem TVV Energie nicht erweitert und den Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 4 TVV Energie nicht aufgehoben. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen. Zwar enthält der TV Ablösung selbst keinen § 2 Abs. 4 TVV Energie entsprechenden Ausschlusstatbestand. Dies ist aber auch nicht erforderlich. § 4 TV Ablösung gewährt Arbeitnehmern, die spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 1992 eine 20jährige Unternehmenszugehörigkeit aufweisen, einen Anspruch auf eine Zusatzrente, soweit die Leistungsvoraussetzungen des TVV Energie idF des § 7 TV Ablösung ab dem 1. Januar 1993 eintreten. § 7 TV Ablösung bestimmt, dass die Leistungsvoraussetzungen des TVV Energie ausschließlich nach der Maßgabe der folgenden Vorschriften gelten. Hieraus ergibt sich, dass sich die Leistungsvoraussetzungen nach wie vor nach dem TVV Energie richten und diese lediglich in § 7 TV Ablösung modifiziert werden. Demnach stellt auch das Nichteingreifen des Ausschlusstatbestandes des § 2 Abs. 4 TVV Energie weiterhin eine Leistungsvoraussetzung für den Erhalt der Zusatzrente dar(vgl. BAG 21. Januar 2003 - 3 AZR 35/02 - zu 2 a bb der Gründe, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 63).

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c) Unter dem Begriff der „zusätzlichen Altersversorgung“ iSd. § 2 Abs. 4 TVV Energie ist auch eine Rentenanwartschaft nach dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz zu verstehen, die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 AAÜG iVm. Anlage 1 Nr. 1 in die gesetzliche Rentenversicherung überführt wurde. Dies ergibt sich daraus, dass die Vorschriften des TVV Energie wörtlich oder zumindest inhaltlich der AO 54 entsprechen, die einen Anspruch auf Zusatzrente ausschloss, wenn der Angestellte eine zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz beanspruchen konnte. Zwar haben die Tarifvertragsparteien § 7 Abs. 1 Satz 2 AO 54, wonach sich die Frage, ob ein Anspruch auf zusätzliche Altersversorgung besteht, ua. nach der Verordnung vom 17. August 1950 über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben beantwortet, nicht in den TVV Energie übernommen. Diese Abweichung beruht aber auf der sich damals abzeichnenden Wiedervereinigung Deutschlands und dem Umstand, dass seinerzeit noch nicht feststand, wie die in der AO 54 erwähnten Zusatzversorgungen zur Herstellung der Rechtseinheit überführt würden. Mit § 2 Abs. 4 TVV Energie sollte ebenso wie mit § 7 Abs. 1 AO 54 eine zweifache Begünstigung vermieden werden. Dass in § 2 Abs. 4 TVV Energie bestimmte Versorgungssysteme und Durchführungswege - anders als in der AO 54 - nicht ausdrücklich genannt werden, ist insoweit unerheblich(vgl. BAG 21. Januar 2003 - 3 AZR 35/02 - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 63).

38

3. Dem Kläger steht der Anspruch auf Zahlung der Zusatzrente auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu.

39

a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 184 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 87; 21. Juni 2000 - 5 AZR 806/98 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 612 Nr. 60 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 83). Stellt der Arbeitgeber hingegen nur einzelne Arbeitnehmer unabhängig von abstrakten Differenzierungsmerkmalen in Einzelfällen besser, können sich andere Arbeitnehmer hierauf zur Begründung gleichartiger Ansprüche nicht berufen (BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - mwN, aaO).

40

b) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass eine Gruppe mit ihm vergleichbarer Versorgungsempfänger die Zusatzrente über den 31. Mai 2005 hinaus von der Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. der Beklagten erhalten hat. Die Beklagte hat zwar an die Versorgungsempfänger der früheren T G GmbH die Zusatzrente noch bis November 2005 bezahlt. Die T G GmbH wurde jedoch erst im Sommer 2005 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, bei der der Kläger beschäftigt war, zur jetzigen Beklagten fusioniert. Eine Einstellung der Leistungen an diese Gruppe durch die Beklagte konnte daher nicht bereits zum 31. Mai 2005 erfolgen. Im Übrigen handelt es sich auch deshalb nicht um vergleichbare Gruppen, weil die Versorgungsempfänger unterschiedlichen Unternehmen angehörten.

41

4. Ob der Kläger einen Anspruch auf Zusatzrente nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung hat, kann auf Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen vom Senat nicht beurteilt werden. Hierzu bedarf es weiterer Sachverhaltsaufklärung seitens des Landesarbeitsgerichts.

42

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung ausdrücklich als Rechtsquelle anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.

43

Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn die Leistungsempfänger aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung auch künftig gewährt (BAG 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11, AP BetrAVG § 1b Nr. 11 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10; 29. April 2003 - 3 AZR 247/02 - zu I 1 der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 4). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Leistungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss deshalb danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 80 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 8; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 35, BAGE 118, 360; 28. Juli 2004 - 10 AZR 19/04 - zu II 1 a der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2).

44

b) Ob ausgehend hiervon eine betriebliche Übung entstanden ist, die die Beklagte zur Zahlung der Zusatzrente verpflichtet, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

45

aa) Ursprünglich hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Rentenzahlungen auf eine vermeintliche tarifvertragliche Verpflichtung hin geleistet. Hiervon gingen auch die Versorgungsempfänger aus. Solange dies der Fall war, konnte keine betriebliche Übung entstehen. Die Entstehung einer betrieblichen Übung ist nicht nur dann ausgeschlossen, wenn für die vom Arbeitgeber erbrachten Leistungen tatsächlich eine anderweitige Rechtsgrundlage besteht, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer vermeintlichen Verpflichtung die Leistung erbringt und die Arbeitnehmer den Irrtum des Arbeitgebers teilen (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 317/09 - Rn. 21, AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 9 = EzA TVG § 4 Brot- und Backwarenindustrie Nr. 2; 29. April 2003 - 3 AZR 247/02 - zu I 1 der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 4; 23. April 2002 - 3 AZR 224/01 - zu B III 1 b der Gründe, BAGE 101, 122; 22. Januar 2002 - 3 AZR 554/00 - zu III der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 77 Ruhestand Nr. 2).

46

bb) Ob eine betriebliche Übung entstanden ist, als die Rechtsvorgängerin der Beklagten spätestens im Sommer 2003 ihren rechtlichen Irrtum hinsichtlich des Umfangs ihrer tarifvertraglichen Pflicht zur Zahlung der Zusatzrente erkannte und diese dennoch ohne einen Vorbehalt oder einen Hinweis auf eine rechtliche Überprüfung an den Kläger und andere Versorgungsempfänger weiterzahlte, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung setzt voraus, dass aus dem Verhalten des Arbeitgebers auf dessen Bindungswillen geschlossen werden durfte. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Kläger oder zumindest die Mehrheit der betroffenen Versorgungsempfänger ebenfalls Kenntnis von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2003 erlangt hätten und außerdem aus dem Verhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten hätten schließen können, dass diese nicht mehr auf eine vermeintliche tarifvertragliche Verpflichtung leistet, sondern die Zahlung der Zusatzrente unabhängig davon erbringen wollte. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht bislang keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen.

47

(1) Eine betriebliche Übung bezieht sich grundsätzlich auf eine Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern, ohne dass individuelle Besonderheiten die vertraglichen Beziehungen gestalten. Das Institut der betrieblichen Übung enthält ein kollektives Element (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 11, AP BGB § 151 Nr. 5; 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BAGE 118, 16). Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann auch dann entstehen, wenn die Leistung nur an einen Teil der Arbeitnehmer gezahlt wird und diese Zahlungen den übrigen Arbeitnehmern nicht mitgeteilt werden. Auf die Kenntnis des einzelnen Arbeitnehmers kommt es insoweit nicht an (BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 88 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 12). Dies beruht darauf, dass begünstigende Leistungen der Belegschaft erfahrungsgemäß bekannt werden (BAG 17. November 2009 - 9 AZR 765/08 - Rn. 26, aaO; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 80 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 8; 28. Juni 2006 - 10 AZR 385/05 - Rn. 36, BAGE 118, 360). Hierdurch wird allerdings nicht darauf verzichtet, dass die Leistungsgewährung für jeden Arbeitnehmer, der Ansprüche aus betrieblicher Übung geltend macht, erkennbar war. Vielmehr wird dessen Kenntnis von der Leistung aufgrund eines Erfahrungssatzes fingiert. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 27, BAGE 127, 185; 28. Mai 2008 - 10 AZR 274/07 - Rn. 15, aaO). Die Annahme einer Willenserklärung setzt voraus, dass das Angebot dem Empfänger zugegangen ist. Dies kann bei einer aus einem Verhalten abgeleiteten konkludenten Willenserklärung nur der Fall sein, wenn der Erklärungsempfänger dieses Verhalten zur Kenntnis nehmen konnte. § 151 BGB ersetzt den Zugang der Annahmeerklärung beim Antragenden, nicht aber die Annahme selbst.

48

(2) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Erfahrungssatz, wonach begünstigende Leistungen der Belegschaft bekannt werden, grundsätzlich auch bei Leistungen an Versorgungsempfänger greifen kann. Zwar gehören diese dem Betrieb nicht mehr unmittelbar an. Ein arbeitstäglicher Austausch im Kollegenkreis findet damit nicht mehr statt. Die im Laufe des Erwerbslebens im Betrieb und Unternehmen geknüpften persönlichen Beziehungen werden jedoch durch den Renteneintritt nicht vollständig gelöst. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass ehemalige Betriebsangehörige untereinander Kontakt halten und sich nicht zuletzt über den Betrieb und auch über ihre Betriebsrenten austauschen. Es ist deshalb erfahrungsgemäß davon auszugehen, dass begünstigende Leistungen des Arbeitgebers an Versorgungsempfänger auch in deren Kreisen allgemein bekannt werden.

49

(3) Dieser Erfahrungssatz ist grundsätzlich auch nicht auf Fälle der erstmaligen Gewährung zusätzlicher Leistungen beschränkt, bei denen im Verhalten des Arbeitgebers erkennbar eine Veränderung eintritt. Auch bei Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen bei dauerhaft in gleichbleibender Höhe erbrachten Zahlung der Arbeitgeber einen Irrtum über seine Zahlungspflicht erkennt, die monatlichen Zahlungen jedoch der Höhe nach unverändert bleiben, kann ein solcher Erfahrungssatz greifen. Hier tritt zwar - anders als bei der erstmaligen Erbringung zusätzlicher Leistungen - keine ohne weiteres wahrnehmbare Veränderung im äußeren Verhalten des Arbeitgebers ein. Ändern kann sich aber uU die Motivation für die Zahlung. Der Arbeitgeber kann sich in einem solchen Fall entscheiden, die Leistung künftig unabhängig von der bisherigen - vermeintlichen - Zahlungspflicht zu erbringen. Eine betriebliche Übung kann in einem solchen Fall jedoch nur entstehen, wenn die Änderung in der Motivation den Leistungsempfängern erkennbar wird. Dies erfordert, dass der Irrtum des Arbeitgebers und die Weitergewährung der Leistungen in Kenntnis der fehlenden Verpflichtung in den Kreisen der Begünstigten bekannt wird. Neben der eigenen Kenntnis des Betroffenen kann auch die Kenntnis des überwiegenden Teils der gleichfalls Begünstigten zur Begründung einer betrieblichen Übung ausreichend sein.

50

(4) Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann weder eine entsprechende Kenntnis des Klägers selbst noch eine Kenntnis vergleichbarer Versorgungsempfänger von der fehlenden Zahlungsverpflichtung der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Weitergewährung der Zusatzrente in Kenntnis der fehlenden Verpflichtung angenommen werden.

51

(a) Das Landesarbeitsgericht hat keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, dass den Versorgungsempfängern die fehlende Verpflichtung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Zahlung der Zusatzrente bekannt war.

52

(aa) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, dass mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2003 (- 3 AZR 35/02 - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 63)eine erhebliche Unruhe unter den Beteiligten eingetreten sei. Es sei eine bekannte und offenkundige Tatsache, dass die verrenteten Mitarbeiter der Energieversorgungsunternehmen miteinander kommunizierten und alle relevanten Daten und Informationen über ihre Altersversorgung austauschten. Nicht zufällig liefen die Mandate fast aller Kläger bei einer Prozessbevollmächtigten zusammen. Wenn die Verbände sich über die Rechtslage austauschten und auch die Beklagte selbst das Wissen um die geänderte Rechtslage kurz nach der Veröffentlichung der Gründe der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts einräume, könne auch von einem ausreichenden Informationsstand der Versorgungsempfänger ausgegangen werden. Ebenso sei zu unterstellen, dass die Tatsache, dass die meisten Energieversorger angesichts der geänderten Rechtsprechung die Zahlung der Zusatzrente eingestellt hatten, sehr schnell bekannt geworden sei und sich nach aller Erfahrung nur wie ein Lauffeuer unter den Betroffenen verbreitet haben könne.

53

(bb) Diese Würdigung beruht - wie die Revision zu Recht rügt - auf unzureichenden Tatsachenfeststellungen. Zwar ist eine vom Berufungsgericht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO vorgenommene Würdigung nach ständiger Rechtsprechung revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt(BAG 26. April 2007 - 8 AZR 695/05 - AP InsO § 125 Nr. 4) und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände in sich widerspruchsfrei berücksichtigt worden sind (BAG 31. Mai 2007 - 2 AZR 276/06 - BAGE 123, 1). Neben dem Parteivorbringen darf das Gericht bei seiner Würdigung auch offenkundige Tatsachen iSv. § 291 ZPO verwerten. Offenkundig ist eine Tatsache dann, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde - auch durch Information aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen - wahrnehmbar ist. Offenkundig kann eine Tatsache auch dann sein, wenn der Richter sie aus seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit kennt („gerichtskundige Tatsachen“). Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn die zur Entscheidung berufenen Richter sich nicht erst durch Vorlegung von Akten uä. informieren müssen. Keine Gerichtskundigkeit begründet die Sachkunde, die das Gericht aus ähnlichen Verfahren gewonnen haben will (BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 25, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 10).

54

Offenkundige oder gerichtskundige Tatsachen sind seitens des Gerichts in die mündliche Verhandlung einzuführen, um den in Art. 103 Abs. 1 GG normierten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs vor Gericht zu sichern. Nur solche Tatsachen, Beweisergebnisse und Äußerungen anderer dürfen zugrunde gelegt werden, zu denen die Parteien Stellung nehmen konnten (BAG 11. September 1997 - 8 AZR 4/96 - BAGE 86, 278; vgl. auch BVerfG 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1581/79 - BVerfGE 55, 95).

55

(cc) Das Landesarbeitsgericht hat ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2009 und des Urteils vom selben Tag in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt, woraus es seine „allgemeine Erfahrung“ herleitet und der Beklagten die Möglichkeit genommen, sich hierzu zu äußern. Auch aus dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, auf welche Erkenntnisquelle sich das Landesarbeitsgericht stützt. Es wird ohne Begründung davon ausgegangen, dass unter den Versorgungsempfängern aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine erhebliche Unruhe eingetreten sei. Weshalb aus der Kenntnis der Verbände und der Rechtsvorgängerin der Beklagten von dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts auf die Kenntnis auch der Betriebsrentner geschlossen werden soll, erschließt sich nicht. Während sich Personalabteilungen und Arbeitgeberverbände ständig mit der Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beschäftigen, findet eine solche berufsmäßige Befassung in Kreisen der Versorgungsempfänger nicht statt. Auch ist nicht erkennbar, auf welche Weise die Einstellung der Zahlungen durch andere Energieversorger - möglicherweise in anderen Bundesländern - den Versorgungsempfängern der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Kenntnis gelangt sein soll. Der vom Landesarbeitsgericht gegebene Hinweis darauf, dass die Mandate fast aller Kläger bei derselben Prozessbevollmächtigten zusammenlaufen, besagt in diesem Zusammenhang nichts. Dies mag zwar für einen regen Austausch der Versorgungsempfänger sprechen. Daraus kann jedoch nicht auf einen Austausch über die fehlende tarifvertragliche Zahlungsverpflichtung für die Zeit vor Ankündigung der Einstellung der Rentenzahlung zum 31. Mai 2005, die für alle Versorgungsempfänger der Rechtsvorgängerin der Beklagten Ende April 2005 erfolgte, geschlossen werden. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Mandatierung der Prozessbevollmächtigten bereits vor der Ankündigung der Einstellung der Rentenzahlung erfolgt ist.

56

(b) Das Landesarbeitsgericht hat außerdem nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine betriebliche Übung durch die Weiterzahlung der Zusatzrente nur entstanden sein kann, wenn die Versorgungsempfänger davon ausgehen konnten, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Zahlungen leistete, obwohl sie wusste, dass den einzelnen konkreten Zahlungsempfängern die Zusatzrente nach dem Tarifvertrag nicht zustand. Nur dann war aus Sicht der Versorgungsempfänger die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten trotz der fehlenden tariflichen Verpflichtung die Zusatzrente weiterhin dauerhaft leisten wollte. Dazu hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen.

57

Insoweit genügt es nicht, dass zwischen dem Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Sommer 2003 und der Einstellung der Zahlungen zum 31. Mai 2005 nahezu zwei Jahre lagen. Allein aus dem Zeitablauf konnten die Versorgungsempfänger nicht ohne weiteres schließen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Zusatzrente auf Dauer weitergewähren wollte, ohne hierzu nach dem Tarifvertrag verpflichtet zu sein. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten musste zunächst prüfen, bei welchen Versorgungsempfängern die tariflichen Voraussetzungen für die Zusatzrente nicht vorlagen. Um dies zu ermitteln, war nach dem Vorbringen der Beklagten eine Vielzahl von Akten zu sichten. Dieses Vorbringen hat das Landesarbeitsgericht zwar für unschlüssig gehalten und gemeint, hierbei handele es sich um eine Schutzbehauptung, wie sich aus dem an die Versorgungsempfänger gerichteten Schreiben vom 28. April 2005 ergebe; danach sei die Zahlung der Zusatzrente eingestellt worden, weil davon ausgegangen werde, dass einem Rentenantrag stattgegeben worden sei. Zudem müsse angenommen werden, dass die Versorgungsempfänger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten datentechnisch erfasst gewesen seien, so dass eine Überprüfung in kurzer Zeit möglich gewesen sein müsse. Diese Würdigung ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Allein wegen des Wortlauts des Schreibens vom 28. April 2005 kann das Vorbringen der Beklagten nicht als Schutzbehauptung angesehen werden. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass sich die Durchsicht der Akten als schwierig und zeitaufwendig erwiesen habe, da die Akten teilweise in schlechtem Zustand und überdies zum Teil unvollständig gewesen seien. Dieses Vorbringen hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt.

58

(c) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, zumindest aufgrund der Zahlung der Zusatzrente an die nach dem Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in den Ruhestand getretenen Versorgungsempfänger („Neurentner“) sei eine betriebliche Übung entstanden, tragen die von ihm getroffenen Feststellungen diese Würdigung ebenfalls nicht. Es fehlt an Tatsachenfeststellungen dazu, dass diese Versorgungsempfänger Kenntnis davon hatten, dass die Beklagte zur Zahlung der Zusatzrente tariflich nicht verpflichtet war und woraus sie schließen konnten, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Zahlungen erbringen wollte ohne hierzu tariflich verpflichtet zu sein.

59

c) Die rechtsfehlerhafte Würdigung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

60

aa) Im Rahmen der neuen Verhandlung wird das Landesarbeitsgericht zunächst aufzuklären haben, ob und ggf. zu welchem konkreten Zeitpunkt dem Kläger bekannt wurde, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht aufgrund des Tarifvertrags zur Zahlung der Zusatzrente verpflichtet ist, dass auch die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihrerseits ihren rechtlichen Irrtum erkannt hatte und weiterhin Zahlungen an Versorgungsempfänger leistete, von denen sie wusste, dass ihnen ein Anspruch nach dem Tarifvertrag nicht zustand. Nur dann kann das Verhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten aus Sicht des Klägers dahingehend verstanden worden sein, dass sie sich durch die Weiterzahlung selbständig vertraglich verpflichten wollte. Aufschluss über die eigene Kenntnis des Klägers könnte das Landesarbeitsgericht durch die Verwertung der vom Kläger in seiner Klageschrift vom 12. November 2008 genannten - bislang nicht in den Akten befindlichen - Widerspruchsschreiben vom 20. Mai 2005 und 29. September 2005 erhalten.

61

bb) Sollte dem Kläger der Nachweis einer eigenen Kenntnis dieser Umstände nicht gelingen, so kann er zur Kenntnis von der fehlenden Zahlungsverpflichtung seitens der überwiegenden Mehrheit der betroffenen Betriebsrentner Vortrag halten. Dazu wird er sein Vorbringen zur Kenntniserlangung durch ein Treffen im Gewerkschaftshaus in C im Oktober 2003 ebenso zu präzisieren haben wie zu dem behaupteten Kenntnisaustausch bei Geburtstagsfeiern und Zusammenkünften ehemaliger Kollegen auf Studiengruppen- und Klassentreffen. Für die Feststellung des Kenntnisstandes der überwiegenden Anzahl der betroffenen Versorgungsempfänger könnte auch von Bedeutung sein, mit welchen Begründungen diese der Einstellung der Zahlungen durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten widersprochen und auf welcher Grundlage sie ihre Forderungen gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. die Beklagte geltend gemacht haben. Sollten sie selbst ihren Anspruch auf den Tarifvertrag gestützt haben, spräche dies gegen die Annahme, dass sie die Weiterzahlung der Zusatzrente als anspruchsbegründend angesehen haben. Dies könnte der Entstehung einer betrieblichen Übung entgegenstehen. Sollte sich ergeben, dass der überwiegenden Mehrheit der betroffenen Versorgungsempfänger das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2003 gar nicht bekannt war oder zwar bekannt war, aber allgemein davon ausgegangen wurde, dass es ihren tariflichen Ansprüchen nicht entgegenstand, scheidet ein Anspruch aus betrieblicher Übung aus.

62

cc) Soweit das Landesarbeitsgericht für das Entstehen einer betrieblichen Übung auf die ab Sommer 2003 in den Ruhestand getretenen „Neurentner“ abstellen will, wird es zu prüfen haben, ob diese von der fehlenden Verpflichtung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Zahlung der Zusatzrente Kenntnis hatten. In diesem Zusammenhang könnten die an die „Neurentner“ gerichteten Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten anlässlich der erstmaligen Zahlung der Zusatzrente Bedeutung haben. Soweit die Rechtsvorgängerin der Beklagten dort auf eine tarifliche Verpflichtung verwiesen haben sollte, könnte dies der Entstehung einer betrieblichen Übung entgegenstehen. Sollte die Rechtsvorgängerin der Beklagten jedoch darauf hingewiesen haben, dass eine tarifvertragliche Grundlage für die Zusatzrente nicht besteht und sie gleichwohl die Zusatzrente zahle, könnte dies für die Begründung einer betrieblichen Übung sprechen, die dann auch zu Gunsten des Klägers wirken könnte.

63

dd) Das Landesarbeitsgericht wird auch zu klären haben, ob die Versorgungsempfänger aus anderen Umständen als der bloßen Weiterzahlung der Zusatzrente schließen konnten, dass diese unabhängig vom Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen gewährt werden sollte. Hierzu hat der Kläger vorgetragen, das frühere Vorstandsmitglied S habe eine entsprechende Entscheidung zu Gunsten der Versorgungsempfänger getroffen. Insoweit wird dem Kläger Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben sein.

64

C. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

        

        

    Möller    

        

    Schepers    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 2010 - 9 Sa 428/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von Gas- und Stromkosten iHv. 25 vH freizustellen.

2

Der im Dezember 1948 geborene Kläger war seit dem 1. März 1976 bei der Wuppertaler Stadtwerke AG (im Folgenden: WSW AG) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich ua. nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen; daneben fanden die für die Angestellten des Arbeitgebers geltenden sonstigen Tarifverträge und betrieblichen Vereinbarungen Anwendung.

3

Am 26. September 1975 hatte der damalige Vorstand der WSW AG eine allgemeine Regelung zu einem Werkstarif für Energieleistungen erlassen. Diese Vorstandsverfügung bestimmte auszugsweise:

        

„Neufassung der Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 vom 26.9.1975

        

Betrifft : Werkstarif

        

0       

Bezugsberechtigte

                 

00    

Für den gemessenen Haushaltsbezug von elektrischer Energie und Gas wird auf Antrag eine Ermäßigung eingeräumt:

                          

000     

vollbeschäftigten Betriebsangehörigen,

                          

001     

ehemaligen Betriebsangehörigen,

                          

002     

Witwen ehemaliger Betriebsangehöriger für die Dauer des Witwenstandes,

                          

…       

        
        

1       

Voraussetzungen für die Gewährung des Werkstarifs sind:

                 

10    

der eigene Haushalt,

                 

11    

die ununterbrochene Beschäftigungszeit bei den WSW / BEV bzw. - vor dem 1.4.1948 - den Städt. Werken Wuppertal der

                          

110     

Betriebsangehörigen von mindestens 6 Monaten,

                          

111     

ehemaligen Betriebsangehörigen von mindestens 5 Jahren bis zu ihrer Inruhesetzung,

                 

12    

der Bestand der Ehe während der aktiven Betriebszugehörigkeit des verstorbenen Ehemannes.

        

…       

        
        

3       

Wohnen außerhalb des Versorgungsbereichs der WSW

                 

Bezugsberechtigte, die nicht im Versorgungsbereich der WSW wohnen, erhalten - sofern ihr Verbrauch an elektrischer Energie und Gas von ihrem Versorgungsunternehmen im Währungsgebiet der Deutschen Mark zu einem höheren Preis abgerechnet wird, als er nach dem Werkstarif zur Verrechnung kommen würde - den Unterschiedsbetrag zwischen dem von ihnen bezahlten Rechnungsbetrag und dem nach dem Werkstarif zu verrechnenden Betrag erstattet.

        

…       

        
        

5       

Tarife

                 

Ab 1.1.1976 erhalten die Bezugsberechtigten 25 % Rabatt auf die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie und Gas sowie auf Sondervertragspreise für Raumheizung und sonstigen Haushaltsbedarf.

        

6       

Besitzstand

                 

Hinsichtlich der auf dieser Verfügung beruhenden Ansprüche wird kein Besitzstand begründet.

        

7       

Kündigung

                 

Der Anspruch auf Werkstarif kann - auch mit Wirkung gegenüber ehemaligen Betriebsangehörigen - unter Aufheben oder Ändern dieser Verfügung mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Jahresende gekündigt werden.

        

8       

Die Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 (alte Fassung) wird am 31.12.1975 ungültig.“

4

Ab dem 1. Januar 2005 fand auf das Arbeitsverhältnis des Klägers der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) Anwendung. Dieser bestimmt in § 2 Abs. 1:

        

„Der Arbeitsvertrag wird schriftlich unter Angabe der Entgeltgruppe abgeschlossen. Nebenabreden sind schriftlich zu vereinbaren.“

5

Im Jahr 2007 wurden die mit der Erstellung zentraler Dienstleistungen befassten Organisationseinheiten der WSW AG abgespalten und im Wege der Aufnahme nach §§ 123 ff. UmwG auf die Beklagte übertragen. Diese ist weder Erzeuger noch Lieferant von Strom und Gas. Im Zuge der zum 1. Januar 2007 erfolgten Umwandlung wies die WSW AG den Kläger darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergehen und diese in seinen Arbeitsvertrag eintreten werde.

6

Im Zuge der Umstrukturierung der WSW AG schlossen die WSW AG und die der WSW-Unternehmensgruppe, zu der auch die Beklagte zählt, einerseits und die Gewerkschaft ver.di andererseits den Tarifvertrag zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der WSW Unternehmensgruppe vom 10. November 2006 (im Folgenden: TV-SR). Dieser bestimmt ua.:

        

Präambel

        

Die Wuppertaler Stadtwerke AG, ein einheitliches und sich mehrheitlich im Eigentum der Stadt Wuppertal befindliches Versorgungs- und Verkehrsunternehmen, wird durch eine grundlegende Umstrukturierung in mehrere Unternehmen geteilt. Dieser Tarifvertrag wird zur Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb der WSW-Unternehmensgruppe abgeschlossen.

                 
        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten der diesen Tarifvertrag abschließenden oder beitretenden Unternehmen, sofern der Geltungsbereich für einzelne Regelungen dieses Tarifvertrages nachstehend nicht abweichend festgelegt wird.

        

(2) Der § 4 I dieses Tarifvertrages gilt nur für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 2 III.

        

(3) Der Tarifvertrag bindet und verpflichtet die ihn abschließenden und die ihm beitretenden Unternehmen und Parteien.

        

§ 2     

        

Definitionen

        

(1) Der Begriff ‚WSW-Unternehmensgruppe’ im Sinne dieses Tarifvertrags meint folgende bestehende, sich in Gründung befindliche bzw. zu gründende Unternehmen:

        

WSW Holding GmbH (Arbeitstitel),

        

WSW Verkehr GmbH (Arbeitstitel),

        

Wuppertaler Stadtwerke AG und die

        

WSW Netz GmbH.

        

(2) ‚Stichtag’ im Sinne dieses Tarifvertrages ist:

        

       

für die WSW Holding GmbH und die WSW Verkehr GmbH der Tag, an dem die ersten Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Wuppertaler Stadtwerke AG durch Betriebsübergang auf eines der beiden Unternehmen übergehen.

        

       

für die Wuppertaler Stadtwerke AG der Tag, auf den der spätere der beiden oben genannten Stichtage fällt.

        

(3) Der Begriff ‚heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer’ im Sinne dieses Tarifvertrags meint alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, die

        

       

am jeweiligen Stichtag in einem Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe stehen werden und

        

       

am Vortag des oben genannten Stichtages in einem Arbeitsverhältnis mit der Wuppertaler Stadtwerke AG standen.

        

Die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sind ausgeschlossen.

        

§ 3     

        

Tarifbindung

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe führen die bei der Wuppertaler Stadtwerke AG am Vortag des Stichtages geltenden Tarifverträge - ausdrücklich einschließlich des Tarifvertrages ‚Tarifvertrag vom 17. Januar 2005 zur Einführung des TV-V bei der Wuppertaler Stadtwerke AG (WSW AG)’ - in ihrer jeweils gültigen Fassung weiter und erklären ihren Willen, den Abschluss identischer Tarifverträge beim Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen zu beantragen. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) erklärt sich schon jetzt zum Abschluss dieser Tarifverträge bereit.

        

(2) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen beantragen, sofern dadurch die Regelungen in Absatz 1 keine Einschränkungen erfahren.

        

§ 4     

        

Kündigungsschutz

        

(1) Der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen ist gegenüber allen heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bis zum 31.12.2020 unzulässig. Ausnahmsweise ist der Ausspruch betriebsbedingter Beendigungskündigungen gegenüber allen heutigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jedoch auch innerhalb des Zeitraums bis zum 31.12.2020 zulässig, wenn sich die jeweilige betriebliche Geschäftsgrundlage (durch z. B. drohenden Verlust von Leistungen, Genehmigungen oder Aufträgen) so ändert, dass das jeweilige Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe zu Maßnahmen greifen muss, die es zur Anzeige gemäß § 17 I KSchG verpflichtet.

        

…       

        

§ 5     

        

Materielle Sicherung

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten zum Stichtag in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG bestehenden und im Zuge des Betriebsübergangs jeweils auf die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe übergegangenen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ein. Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung der Eingruppierung und Einstufung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und keine Streichung von Entgeltbestandteilen und auch keine andere Veränderung des derzeitigen Entgelts vorgenommen.

        

(2) Die zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen werden für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag ihr Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe beginnen, werden die bis zum Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG gewährten betrieblichen Sozialleistungen bis zu einer Neuregelung in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe fortgeführt.

        

§ 6     

        

Immaterielle Sicherung

        

Im Zuge des jeweiligen Betriebsübergangs wird keine Veränderung des Tätigkeitsbereichs, des Arbeitsinhaltes und des Arbeitsortes der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorgenommen. Eventuelle spätere Veränderungen in den vorgenannten Bereichen erfolgen auf der Grundlage der dann in dem jeweiligen Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe geltenden Regelwerke.

        

§ 7     

        

Betriebsvereinbarungen

        

(1) Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe treten in die am Vortag des Stichtages bei der Wuppertaler Stadtwerke AG geltenden Betriebsvereinbarungen ein.

        

…       

        

§ 8     

        

Zusatzversorgung

        

Die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe werden die Ansprüche aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß § 18 TV-V, auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Altersvorsorge nach Maßgabe des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) oder des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) in ihrer jeweils geltenden Fassung, erfüllen.“

7

Am 24. September 2007 beschlossen der Vorstand der WSW AG und die Geschäftsführungen der Beklagten und der WSW mobil GmbH, dass künftig neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der WSW-Unternehmensgruppe angestellt werden, sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ab dem 1. Oktober 2007 ihr Arbeitsverhältnis beenden und anschließend in den Ruhestand wechseln, Energierabatte iHv. 15 vH erhalten, wenn die Energie von der WSW AG bezogen wird.

8

Der Kläger schied mit Ablauf des 31. Dezember 2008 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus und befindet sich seit dem 1. Januar 2009 im Ruhestand. Bis zum 31. Dezember 2008 gewährte ihm die Beklagte einen Energiekostenrabatt iHv. 25 vH; seit dem 1. Januar 2009 erhält er nur noch einen Rabatt iHv. 15 vH.

9

Gegen diese Absenkung des Energiekostenrabatts hat sich der Kläger gewandt und von der Beklagten weiterhin die Freistellung von den abgerechneten Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH begehrt.

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe aufgrund betrieblicher Übung ein Energiekostenrabatt für Strom und Gas iHv. 25 vH zu. Der Entstehung einer betrieblichen Übung stehe das Schriftformerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT und des § 2 Abs. 1 Satz 2 TV-V nicht entgegen. Bei der Vereinbarung des Personalrabatts handele es sich nicht um eine Nebenabrede. Die Zusage übertariflicher Sonderleistungen gehöre zu den vertraglichen Hauptpflichten. Im Übrigen stelle sich die Berufung der Beklagten auf die fehlende Schriftform als unzulässige Rechtsausübung dar. Die Vorstandsverfügung vom 26. September 1975 stehe der Begründung von Ansprüchen aus betrieblicher Übung nicht entgegen. Diese Verfügung sei ihm nicht bekannt. Im Übrigen sei ihm gegenüber ein Widerruf nicht erklärt worden. Schließlich stehe ihm der Anspruch auch aufgrund § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR zu.

11

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn von Forderungen der Wuppertaler Stadtwerke AG freizustellen, soweit diese vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2009 mehr als 75 % der gemessenen Energiekosten (Gas und Strom) gegenüber ihm abgerechnet hat;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn auf Lebenszeit, nach seinem Tod seine Witwe auf Lebenszeit, in Höhe von 25 % von den Kosten der Energielieferung (Gas und Strom) durch die WSW AG oder einen Nachfolge-Versorgungsbetrieb freizustellen,

        

hilfsweise,

        

die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Energiepreisvergünstigung von 25 % entsprechend den bisherigen Bedingungen bei der Energielieferung durch die WSW AG zu gewähren.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit den Hauptanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht mit den Hauptanträgen entsprochen. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR Anspruch darauf, dass die Beklagte ihn auf Lebenszeit und ggf. nach seinem Tod seine Witwe auf deren Lebenszeit - jedenfalls für die Dauer ihres Witwenstands - von den Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH der anfallenden Kosten freistellt.

15

I. Die Klage ist zulässig.

16

1. Die Hauptanträge bedürfen der Auslegung.

17

a) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Dabei sind die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen (BAG 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26). Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat vielmehr den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. etwa BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 25, EzTöD 650 TV-Ärzte/VKA § 16 Entgeltgruppe III Nr. 13; BGH 12. Februar 2003 - XII ZR 324/98 - zu II 1 a der Gründe mwN, WM 2003, 1919).

18

b) Mit den Hauptanträgen begehrt der Kläger trotz der Formulierung als (unbezifferte) Leistungsanträge die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von den Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2009 (Hauptantrag zu 1) und für die Zeit ab dem 1. November 2009 bis zu seinem Tod sowie ggf. für die Dauer des Witwenstands seiner Ehefrau (Hauptantrag zu 2) freizustellen. Dieses Verständnis seiner Anträge hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.

19

2. In dieser Auslegung sind die Hauptanträge zulässig.

20

a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Klage muss sich dabei nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen. Es reicht, wenn sie sich auf einzelne sich daraus ergebende Rechte oder Folgen beschränkt, sofern dafür ein Feststellungsinteresse besteht (BAG 13. Dezember 2011 - 3 AZR 852/09 - Rn. 14).

21

b) Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihn von den Forderungen der WSW AG oder eines Nachfolge-Versorgungsunternehmens aus dem Bezug von Strom und Gas iHv. 25 vH der tatsächlich angefallenen Kosten in der Zeit ab dem 1. Januar 2009 freizustellen. Hierbei handelt es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. Da die Beklagte die vom Kläger begehrte Freistellungsverpflichtung leugnet, steht dem Kläger auch ein Feststellungsinteresse zur Seite. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der auftretenden Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 286/09 - Rn. 17; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 31, AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11). Dies ist hier der Fall.

22

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat nach § 5 Abs. 2 TV-SR Anspruch auf die begehrte Freistellung von den Kosten für Strom und Gas. Bis zum 1. Januar 2007 gewährte die WSW AG als Rechtsvorgängerin der Beklagten allen Arbeitnehmern, die in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt des Versorgungsfalls in einem Arbeitsverhältnis zu ihr standen, auch für die Dauer des Ruhestands und darüber hinaus nach ihrem Tod deren Witwen einen Energiekostenrabatt iHv. 25 vH der gemessenen Verbrauchskosten für Strom und Gas. Hierbei handelt es sich um eine betriebliche Sozialleistung iSv. § 5 Abs. 2 TV-SR. Nach dieser Tarifbestimmung ist es unerheblich, ob auf deren Gewährung in der Vergangenheit ein Rechtsanspruch bestanden hat. Entscheidend ist allein die tatsächliche Gewährung. Es kann deshalb dahinstehen, ob bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine betriebliche Übung auf die Gewährung eines Energiekostenrabatts entstanden ist.

23

1. Der TV-SR ist auf das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme anzuwenden. Nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags vom 10. Februar 1976 finden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die für Angestellte des Arbeitgebers geltenden Tarifverträge Anwendung. Hierzu zählt auch der TV-SR. Dieser gilt nach § 2 Abs. 1 TV-SR für die Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe, zu der auch die Beklagte gehört.

24

2. § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR erfasst auch den von der WSW AG an ihre Mitarbeiter und Betriebsrentner gewährten Energiekostenrabatt als betriebliche Sozialleistung. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.

25

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa BAG 11. Juli 2012 - 10 AZR 236/11 - Rn. 12; 16. Juni 2010 - 4 AZR 944/08 - Rn. 18; 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, BAGE 132, 162; 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe mwN, BAGE 113, 291).

26

b) Danach erfasst § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR auch den von der Rechtsvorgängerin der Beklagten spätestens seit 1975 tatsächlich gewährten Energiekostenrabatt, ohne dass es darauf ankäme, ob hierauf ein Rechtsanspruch, etwa in Gestalt einer betrieblichen Übung, bestanden hat.

27

aa) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR. Danach werden die von der WSW AG zum Vortag des Stichtags gewährten betrieblichen Sozialleistungen für heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe, somit auch im Unternehmen der Beklagten, fortgeführt.

28

Bei dem Energiekostenrabatt handelt es sich um eine betriebliche Sozialleistung. Diese soll nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR „heutigen“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von der Beklagten weitergewährt werden. Nach der Definition in § 2 Abs. 3 TV-SR sind heutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am Stichtag(§ 2 Abs. 2 TV-SR), dem 1. Januar 2007, in einem Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe stehen und am Vortrag des Stichtags, dem 31. Dezember 2006, in einem Arbeitsverhältnis mit der WSW AG gestanden haben. Diese Arbeitnehmer sollen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR den Energiekostenrabatt auch weiterhin erhalten. Davon zu unterscheiden sind diejenigen Arbeitnehmer, die erst nach dem Stichtag in ein Arbeitsverhältnis mit einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe eintreten. Diesen Arbeitnehmern werden die bis zum Stichtag gewährten Sozialleistungen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TV-SR nur bis zu einer Neuregelung in der WSW-Unternehmensgruppe weiter gewährt. Die „heutigen“ Arbeitnehmer mussten nach der Tarifbestimmung nicht mit einer Neuregelung rechnen. Da der Energiekostenrabatt von der WSW AG nicht nur während des aktiven Arbeitsverhältnisses, sondern auch im Ruhestand gewährt wurde, ist der Rabatt den „heutigen“ Arbeitnehmern auch dann weiterzugewähren, wenn sie in den Ruhestand treten.

29

Nach dem Tarifwortlaut kommt es für die Weitergewährung der betrieblichen Sozialleistung nicht darauf an, ob hierauf ein Rechtsanspruch bestand. Mit der Formulierung „gewährte betriebliche Sozialleistungen“ haben die Tarifvertragsparteien allein darauf abgestellt, dass die Sozialleistung von der WSW AG tatsächlich erbracht wurde.

30

bb) Für diese Auslegung sprechen auch der Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen und ihr Sinn und Zweck.

31

Der TV-SR dient nach seiner Präambel der Sicherung der sozialen Rechte der Arbeitnehmer im Zuge der grundlegenden Umstrukturierung der WSW AG und der damit verbundenen Schaffung der WSW-Unternehmensgruppe. Diese Sicherung soll nach § 4 TV-SR den kündigungsrechtlichen Bestandsschutz gewährleisten und nach § 5 Abs. 1 TV-SR die Sicherung des Arbeitsentgelts einschließlich der Eingruppierung und Einstufung umfassen. Durch § 5 Abs. 2 TV-SR sollen die gewährten betrieblichen Sozialleistungen gesichert werden und mit § 6 TV-SR werden die bisherigen Tätigkeitsbereiche, Arbeitsinhalte und Arbeitsorte weitgehend gegen Veränderungen geschützt. Schließlich enthält § 8 TV-SR Regelungen zur zusätzlichen Altersversorgung. Die tarifliche Regelung bezweckt damit, wie sich etwa aus § 6 TV-SR ergibt, eine über den Schutz aus § 613a BGB hinausgehende Absicherung der von der Umstrukturierung betroffenen Arbeitnehmer. Diesen sollten ihre bisherigen (Rechts-)Positionen und die ihnen tatsächlich gewährten Leistungen erhalten bleiben und durch den Tarifvertrag rechtlich abgesichert werden. Zu diesen tatsächlich gewährten Leistungen gehört auch der Energiekostenrabatt, der auch im Ruhestand weitergewährt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien bei den gewährten betrieblichen Sozialleistungen zwischen Leistungen an aktive Arbeitnehmer und an Versorgungsempfänger unterschieden haben, sind nicht ersichtlich. Ob auf den Energiekostenrabatt bereits gegenüber der WSW AG ein Rechtsanspruch - ggf. aus betrieblicher Übung - bestand, ist daher ebenso unerheblich wie der Umstand, dass die Beklagte selbst weder Gas noch Strom produziert oder liefert.

32

c) Der Kläger kann daher von der Beklagten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 TV-SR auch während seines Ruhestands, nach seinem Tod seine Witwe für die Dauer des Witwenstands, Freistellung von den anfallenden Kosten für Strom und Gas iHv. 25 vH verlangen. Er stand am 1. Januar 2007 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, einem Unternehmen der WSW-Unternehmensgruppe. Am Vortrag dieses Stichtags war er Arbeitnehmer der WSW AG. Somit erfüllt er die tariflichen Voraussetzungen für die Weitergewährung des Energiekostenrabatts in der bisherigen Höhe.

33

III. Der Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an, denn er ist erkennbar nur für den Fall der Abweisung der Hauptanträge gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

34

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Lohre     

        

    C. Reiter     

                 

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.