Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Mai 2012 - 9 S 2246/11

bei uns veröffentlicht am24.05.2012

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. Juli 2011 - 12 K 5233/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Befreiung von Prüfungsfächern in der Wiederholungsprüfung der Fortbildungsprüfung zum anerkannten Abschluss geprüfter Industriefachwirt/geprüfte Industriefachwirtin.
Die 1983 geborene Klägerin war seit dem Abschluss ihrer Lehre als Industriekauffrau tätig. Am 07.07.2009 brachte sie ihren Sohn zur Welt. Ab Mai 2009 bis Ende August 2009 befand sie sich im Mutterschutz. Anschließend nahm sie Elternzeit in Anspruch, die am 06.07.2012 enden wird.
Im Frühjahr 2006 unterzog sich die Klägerin dem wirtschaftszweigübergreifenden Teil der Fortbildungsprüfung zum anerkannten Abschluss geprüfte Industriefachwirtin. Im Prüfungsfach „Volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen“ erzielte sie 23 Punkte (Note 6 = ungenügend), im Prüfungsfach „Elektronische Datenverarbeitung, Informations- und Kommunikationstechniken“ 63 Punkte (Note 4 = ausreichend). Mit Schreiben vom 20.06.2006 teilte ihr die Beklagte mit, dass sie die Fortbildungsprüfung nicht bestanden habe. Hierfür müssten im wirtschaftszweigübergreifenden Teil im Durchschnitt mindestens ausreichende Leistungen (mindestens 50 Punkte) erbracht werden und kein Prüfungsfach dürfe mit ungenügend bewertet sein. Im wirtschaftszweigspezifischen Teil müssten in jedem Prüfungsfach mindestens ausreichende Leistungen (mindestens 50 Punkte) erbracht werden. Die Fortbildungsprüfung könne zweimal wiederholt werden. In der Wiederholungsprüfung könne sie von der Prüfung in einem Prüfungsteil bzw. -fach befreit werden, wenn sie darin in einer vorangegangenen Prüfung mindestens 50 Punkte erreicht habe und sich innerhalb von zwei Jahren zur Wiederholungsprüfung anmelde.
Im Frühjahr 2007 legte die Klägerin den wirtschaftszweigspezifischen Teil der Prüfung ab. In den Prüfungsfächern „Betriebliche Organisation und Unternehmensführung“, „Personalwirtschaft“, „Materialwirtschaft“ und „Absatzwirtschaft“ erzielte sie jeweils über 50 Punkte, in den Prüfungsfächern „Jahresabschluss, Finanzierung und Steuern“ und „Kosten und Leistungsrechnung“ erreichte sie indes lediglich 20 bzw. 2 Punkte (jeweils Note 6 = ungenügend). Mit Schreiben vom 20.04.2007 teilte ihr die Beklagte die Prüfungsergebnisse mit.
Am 25.02.2009 meldete sich die Klägerin zur ersten Wiederholungsprüfung Frühjahr 2009 an. Im Fach „Volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen“ erzielte sie 60 Punkte (Note 4 = ausreichend), an den Terminen für die Fächer „Jahresabschluss, Finanzierung und Steuern“ und „Kosten- und Leistungsrechnung“ nahm sie krankheitsbedingt und entschuldigt nicht teil. Mit Schreiben vom 22.10.2009 teilte ihr die Beklagte mit, dass die Frist für die Befreiung von Prüfungsteilen in der Wiederholungsprüfung bis zur Prüfung im Frühjahr 2010 verlängert werde.
An der Wiederholungsprüfung im März 2010 nahm die Klägerin unentschuldigt nicht teil. Mit Bescheid vom 12.05.2010 teilte die Beklagte der Klägerin die Prüfungsergebnisse mit. Wegen der unentschuldigten Nichtteilnahme wurden die Prüfungsleistungen der Klägerin in den Fächern „Jahresabschluss, Finanzierung und Steuern“, „Kosten- und Leistungsrechnung“ und für das „situationsbezogene Fachgespräch“ jeweils mit 0 Punkten bewertet. Damit sei die Fortbildungsprüfung nicht bestanden worden. Wegen Fristablaufs könnten bereits abgeschlossene Prüfungsleistungen in einer weiteren Wiederholungsprüfung nicht mehr angerechnet werden.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie machte geltend, bei der Bemessung der Frist für die Anrechnung von Prüfungsleistungen in der Wiederholungsprüfung müssten Mutterschafts- und Elternzeiten berücksichtigt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine Verlängerung der Zwei-Jahres-Frist sei nicht möglich. Die Befreiungsmöglichkeit stelle eine Ausnahme vom Grundsatz dar, dass das für die Prüfung erforderliche Wissen komplett zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen müsse. Diverse andere Prüfungsordnungen sähen keinerlei Anrechnungsmöglichkeit vor.
Am 07.02.2011 trat die Klägerin vom Prüfungstermin im Frühjahr 2011 wegen der laufenden Elternzeit und der Betreuungsbedürftigkeit des Sohnes zurück. Gleichzeitig meldete sie sich für den Prüfungstermin Herbst 2011 an und stellte den Antrag, die bisher erbrachten ausreichenden Prüfungsleistungen anzurechnen.
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Mit Bescheid vom 09.06.2011 ließ die Beklagte die Klägerin zur Zweiten Wiederholungsprüfung im Herbst 2011 zu und entschied, dass die im Fach „Volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen“ abgelegte Prüfung angerechnet werde, dass im Übrigen aber keine Anrechnung früherer Prüfungsleistungen stattfinde. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 20.06.2011 Widerspruch.
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Bereits am 22.12.2010 hatte die Klägerin Klage erhoben und beantragt, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, sie für die Prüfung im Herbst 2011 von den Prüfungsteilen „EDV, Informations- und Kommunikationstechniken“, „Betriebliche Organisation und Unternehmensführung“, „Personalwirtschaft“, „Materialwirtschaft“, „Absatzwirtschaft“ zu befreien, hilfsweise über den Antrag auf Befreiung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, in der Prüfungsordnung fehle eine Regelung zur Berücksichtigung von Zeiten der Mutterschaft und Elternzeit. Andere Prüfungsordnungen enthielten eine solche Regelung. Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG müssten Prüfungsordnungen für Studierende Schutzbestimmungen entsprechend dem Mutterschutzgesetz und den Fristen über Elternzeit vorsehen und deren Inanspruchnahme ermöglichen. Dies müsse erst recht bei der hier einschlägigen Qualifikation von Arbeitnehmern außerhalb des Hochschulbereichs gelten. Die Regelung in der Prüfungsordnung über die befristete Anrechnung von Prüfungsleistungen ohne Berücksichtigung von Mutterschutz- und Elternzeit verstoße gegen Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 bis 4 und Art. 12 GG. Insbesondere verletze sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
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Mit Urteil vom 11.07.2011 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Befreiung von weiteren Prüfungsteilen (richtig: Prüfungsfächern), weil die in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. bzw. § 26 Abs. 2 PrO-IHK vorgesehene Zwei-Jahres-Frist verstrichen sei. Daran ändere auch die von der Beklagten vorgenommene Verlängerung der Zwei-Jahres-Frist bis zur Prüfung im Frühjahr 2010 nichts, da dieser Zeitraum ebenfalls abgelaufen sei. Der Zeitraum einer möglichen Befreiung habe sich auch nicht deshalb bis zur Anmeldung für den Prüfungstermin Herbst 2011 verlängert, weil sich die Klägerin ab Mai 2009 im Mutterschutz und im Anschluss daran ab Ende August 2009 in Elternzeit befunden habe. Selbst bei einer Verlängerung um die Zeit des Mutterschutzes wäre die Frist zum Zeitpunkt der Anmeldung am 07.02.2011 schon längst abgelaufen. Die Frist habe sich aber auch nicht dadurch verlängert, dass sich die Klägerin in Elternzeit befunden habe. Es gebe keine Vorschrift, aus der sich herleiten ließe, dass die Elternzeit berücksichtigt werden müsste oder könnte. § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. bzw. § 26 Abs. 2 PrO-IHK selbst enthielten insoweit keine Regelung. § 46 Abs. 2 BBiG beziehe sich lediglich auf die Zulassungsvoraussetzungen der Abschlussprüfung. Im Übrigen handle es sich bei § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. bzw. § 26 Abs. 2 PrO-IHK um Regelungen des materiellen Prüfungsrechts. Die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen müssten zum Zeitpunkt der Prüfung vorliegen und seien für diesen Zeitpunkt festzustellen. Lägen die Teilprüfungen zeitlich auseinander, liege es nahe, dass die notwendige Qualifikation, die bei Ablegung der früheren Prüfungsteile vorhanden gewesen sei, bei Ablegung der späteren Prüfungsteile nicht mehr in diesem Umfang vorhanden sei. Die Regelung in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. bzw. § 26 Abs. 2 PrO-IHK gehe pauschalierend davon aus, dass innerhalb des dort genannten Zeitraums die früher gezeigte Qualifikation noch in ausreichendem Maße vorhanden sei. Bei derartigen Regelungen des materiellen Prüfungsrechts könne sich ein Prüfling nicht auf Mutterschutz oder vergleichbare Schutzbestimmungen berufen, weil dies dem Grundsatz der Chancengleichheit widerspreche. Regelungen zur einschlägigen Problematik in anderen Prüfungsordnungen könnten nicht herangezogen werden. Eine andere Entscheidung werde nicht durch Art. 6 Abs. 4 GG veranlasst. Danach habe auch der Hilfsantrag keinen Erfolg.
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Gegen das am 30.07.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.08.2011 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - am 27.10.2011 begründet. Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und trägt im Wesentlichen vor: In zahlreichen anderen Regelungsbereichen, etwa des öffentlichen Dienstes und der Hochschule, sähen Prüfungsordnungen die Berücksichtigung von Zeiten des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots und der Elternzeit vor. Vor diesem Hintergrund könne sich die Beklagte auf das Fehlen einer entsprechenden Regelung über die Anrechnung von Mutterschutz- und Elternzeiten in der einschlägigen Prüfungsordnung nicht berufen. Im Lichte der Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 bis 4 und Art. 12 GG müsse eine Berücksichtigung erfolgen, die Ablehnung der Anrechnung sei unverhältnismäßig. Bei der IHK-Fortbildungsprüfung könnten nicht höhere Anforderungen gestellt werden als bei Hochschulen, deren Besuch Abitur voraussetze. Die vorliegende Lücke in der Prüfungsordnung sei jedenfalls verfassungskonform von der Rechtsprechung zu schließen. Diese Lückenschließung könne nur dazu führen, dass es ihr während der Elternzeit nicht zuzumuten sei, die fehlenden Klausuren zu schreiben. Art. 6 Abs. 4 GG sei als wertentscheidende Grundsatznorm bei der Gesetzesauslegung und -anwendung zu beachten. Der Schutz- und Fürsorgeanspruch für werdende Mütter und Mütter nach Art. 6 Abs. 4 GG beschränke sich nicht auf die zur Erholung erforderliche Zeit nach der Geburt, sondern beziehe sich auch auf spätere Lebensphasen, sofern mutterschaftsbedingte Belastungen ausgeglichen werden sollen. Der Gesetzgeber lasse in Erfüllung von Art. 6 Abs. 4 GG gerade allen Müttern im Regelfall drei Jahre Zeit, sich zu entscheiden, ob sie Familie oder Beruf in den Vordergrund rücken wollten. Der irreführende Verweis auf die „Chancengleichheit im Prüfungsrecht“ sei nicht geeignet, den Mutterschutz auszuhebeln. Dies gelte hier umso mehr, als es nicht um Studiengänge mit Abitur gehe, sondern um die Weiterqualifizierung von Mitarbeitern, die allesamt bereits über einen Arbeitsplatz verfügten. Dass die Prüfungsordnung insoweit in einem wesentlichen Punkt keine Regelung enthalte, könne nicht zu ihren Lasten gehen. Der Grundsatz der Chancengleichheit könne bei bloßen Fortbildungsmaßnahmen dem Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 4 GG jedenfalls nicht vorgehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei eine Regelung möglich, die allen Prüfungsteilnehmern eine Verlängerung der Prüfungszeit im Falle von Elternzeit im Wiederholungsfalle ermögliche. Insoweit bestünden auch keine Nachweis- bzw. Abgrenzungsschwierigkeiten. Fehl gehe auch die Annahme, in der Prüfungsordnung müsse eine absolute „Höchstfrist“ für alle Prüfungsteilnehmer festgelegt werden. Hier passe der Grundsatz der Chancengleichheit überhaupt nicht. Regelungslücken müssten bei einem verfassungsrechtlichen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber zum Schutz der Mütter zu Lasten der Prüfungsbehörde gehen. Wenn sich der Gesetzgeber zur Elternzeit bekenne und diesen Zeitraum nicht verkürze, müsse die Praxis der Prüfungsordnungen entsprechend reagieren
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Die Klägerin beantragt, sachdienlich gefasst,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11.07.2011 - 12 K 5233/10 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 12.05.2010 und 20.04.2012 sowie ihres Widerspruchsbescheids vom 30.11.2010 zu verpflichten, die Klägerin in der nächsten Wiederholungsprüfung von den Prüfungsfächern „EDV, Informations- und Kommunikationstechniken“, „Betriebliche Organisation und Unternehmensführung“, „Personalwirtschaft“, „Materialwirtschaft“ und „Absatzwirtschaft“ zu befreien,
hilfsweise,
über den Antrag auf Befreiung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die allein maßgebliche Regelung des § 9 Abs. 2 IndFachwirtPrV a.F. sehe keine Verlängerung der zweijährigen Befreiungsfrist vor. Dies gelte unabhängig davon, ob eine Verlängerung wegen Mutterschutz oder Elternzeit begehrt werde. Neben dieser Regelung seien keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften aus dem Bildungsbereich anwendbar, die unter bestimmten Voraussetzungen Mutterschutzzeiten oder Elternzeit berücksichtigten. Für den Prüfungstermin Herbst 2012 sei eine Befreiung von den 2006 und 2007 bestandenen Prüfungsfächern nur möglich, wenn die zweijährige Befreiungsfrist entgegen dem eindeutigen Wortlaut im Wege der verfassungskonformen Auslegung um die gesamte dreijährige Elternzeit der Klägerin verlängert werden müsste. Eine Verlängerung um die Mutterschutzzeiten reiche dagegen nicht aus. Die zweijährige Befreiungsfrist sei indes nicht deshalb verfassungswidrig, weil sie keine Verlängerung bei Inanspruchnahme von Elternzeit vorsehe. Die befristete Befreiungsmöglichkeit diene der Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit. Deshalb sei der damit verbundene Eingriff in die Berufsausübung durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Chancengleichheit könne nur erreicht werden, wenn eine Höchstfrist für alle Prüfungsteilnehmer gelte. Die Befristung auf zwei Jahre sei ein langer Zeitraum, der unterschiedslos und ohne Angabe besonderer Gründe von allen Prüfungsteilnehmern ausgeschöpft werden könne. Eine Verlängerungsmöglichkeit sehe die Prüfungsordnung aufgrund des Ausnahmecharakters der Befreiung, des ohnehin langen Zeitraums und mit Blick auf die Chancengleichheit nicht vor. Die Normierung einer Befreiungsmöglichkeit in besonderen Fällen, und zwar bei Verhinderung durch Krankheit oder Mutterschutz, würde zu Nachweis- und Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Zwar habe die Klägerin auf verschiedene Ausbildungsgesetze und Prüfungsordnungen hingewiesen, die im Unterschied zu § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. besondere Regelungen für die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten und Elternzeit enthielten. Diese Regelungen ließen sich indes nicht zur Begründung einer Verlängerung der Befreiung wegen Elternzeit heranziehen. Die Regelungen seien im Rahmen der IndFachwirtPrV nicht anwendbar und bezögen sich auf Sachverhalte, die mit der Fortbildungsprüfung zum geprüften Industriefachwirt nicht vergleichbar seien. Auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 GG liege nicht vor. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend darauf abgestellt, dass Elternzeit sowohl von der Mutter als auch vom Vater genommen werden könne und daher nicht in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 4 GG falle. Die Befristung der Befreiung verstoße auch nicht gegen das Schutz- und Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 und 2 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge aus dieser Bestimmung zwar die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Aus dem Verfassungsauftrag ließen sich aber keine konkreten Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme ableiten, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen sei.
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Unter dem 16.04.2012 hat sich die Klägerin zur Wiederholung der IHK-Fortbildungsprüfung für den Prüfungstermin Herbst 2012 angemeldet und die Befreiung in den Prüfungsfächern beantragt, in denen ihre Leistungen ausreichend waren. Mit Bescheid vom 20.04.2012 hat die Beklagte die Klägerin für die Herbstprüfung 2012 zugelassen und bestätigt, dass sie den Prüfungsbereich „Volks- und betriebswirtschaftliche Grundlagen“ nicht erneut ablegen müsse. Eine Anrechnung der Prüfungsbereiche „Elektronische Datenverarbeitung, Informations- und Kommunikationstechniken“, „Betriebliche Organisation und Unternehmensführung“, „Personalwirtschaft“, „Materialwirtschaft“ sowie „Absatzwirtschaft“ sei nicht möglich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
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Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das angegriffene Urteil ist zu Recht ergangen und daher nicht zu ändern. Die Klage der Klägerin hat weder mit dem Hauptantrag (1.) noch mit dem Hilfsantrag (2.) Erfolg.
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1. Bei sachdienlicher Auslegung begehrt die Klägerin mit dem Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin in der nächsten Wiederholungsprüfung von bereits bestandenen Prüfungsleistungen zu befreien und die Bescheide der Beklagten vom 12.05.2010 und vom 20.04.2012 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen. Die Einbeziehung des Bescheids vom 20.04.2012 erfolgt aus Gründen der Klarstellung, da die Beklagte darin die Ablehnung der begehrten Befreiung bezogen auf die anstehende Herbstprüfung 2012 wiederholt hat. Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Insbesondere kann der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden, nachdem sie sich zur Herbstprüfung 2012 angemeldet (und die Beklagte sie zugelassen) hat.
24 
Der Hauptantrag ist indes nicht begründet. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Klägerin von der Beklagten die beantragte Befreiung von Prüfungsfächern in der Wiederholungsprüfung nicht verlangen kann. Die dieses Begehren ablehnenden Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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a) Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 9 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Industriefachwirt/Geprüfte Industriefachwirtin in der bis zum 31.08.2009 gültigen Fassung vom 15.04.1999 - IndFachwirtPrV a.F. - (BGBl. I S. 711). Die gleich lautenden Regelungen in der Fassung vom 25.08.2009 (BGBl. I S. 2960) - § 8 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV 2009 - und in der Neufassung vom 25.06.2010 (BGBl. I S. 833) - § 8 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV - sind nicht anwendbar, weil nach den Übergangsregelungen des § 9 IndFachwirtPrV 2009 und § 10 Abs. 1 Satz 1 IndFachwirtPrV bis zum Ablauf des 31.08.2009 begonnene Prüfungsverfahren bis zum 31.12.2013 nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt werden können. Einen Antrag auf Durchführung der Wiederholungsprüfung nach der Neufassung der Verordnung hat die Klägerin nicht gestellt (vgl. § 10 Abs. 2 IndFachwirtPrV). Der noch auf der Grundlage des § 46 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 24.08.1976 (BGBl. I S. 2525 - BBiG a.F. -) erlassene, bundeseinheitlich speziell für die Fortbildungsprüfung mit dem Ziel des anerkannten Abschlusses Geprüfter Industriefachwirt/Geprüfte Industriefachwirtin geltende § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. geht der im wesentlichen gleich lautenden Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Fortbildungsprüfungen und AEVO-Prüfungen der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart in der Fassung vom 21.01.2009 (PrO-IHK) in der Anwendung vor (zum Vorrang von auf der Grundlage des § 46 Abs. 2 BBiG a.F. bzw. nunmehr § 53 BBiG erlassenen bundeseinheitlichen Fortbildungsordnungen gegenüber Fortbildungsprüfungsregelungen der zuständigen Stellen nach § 71 BBiG vgl. auch § 54 Satz 1 BBiG sowie BT-Drs. 15/3980, S. 54, zu § 54 BBiG; vgl. auch Wohlgemuth/Proyer, in: Wohlgemuth/Lakies u.a., Berufsbildungsgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 54 Rn. 4 f.; Knopp/Kraege-loh, Berufsbildungsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2005, § 54 Rn. 2).
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Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F wird der Prüfungsteilnehmer mit dem Antrag auf Wiederholung der Prüfung von einzelnen Prüfungsteilen und Prüfungsfächern befreit, wenn er darin in einer vorangegangenen Prüfung mindestens ausreichende Leistungen erbracht hat und er sich innerhalb von zwei Jahren, gerechnet vom Tage der Beendigung der nicht bestandenen Prüfung an, zur Wiederholungsprüfung angemeldet hat.
27 
Unstreitig erfüllt die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht. Denn die vorangegangenen Prüfungen, in denen die Klägerin ausreichende Leistungen in den streitgegenständlichen Prüfungsfächern er-bracht hat, waren bereits im Juni 2006 bzw. April 2007 abgeschlossen, sodass die zweijährige Befreiungsfrist im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung zur Wiederholungsprüfung Herbst 2012 (16.04.2012) offensichtlich abgelaufen war. Dass die Beklagte die Frist unter dem 22.10.2009 bis zur Prüfung im Frühjahr 2010 verlängert hatte, führt - ungeachtet der Frage, ob eine derartige Verlängerung rechtlich möglich war - zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Zeitraum ist ebenfalls verstrichen.
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Auch die Berücksichtigung des Zeitraums, in dem sich die Klägerin in Mutterschutz befand (Mai bis August 2009), könnte ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst wenn die Befreiungsfrist - über die von der Beklagten unter dem 22.10.2009 vorgenommene Verlängerung bis zur Prüfung im Frühjahr 2010 hinaus - zusätzlich um die Zeit des Mutterschutzes verlängert worden wäre, hätte sie jedenfalls bereits im Jahr 2010 und damit lange vor der Anmeldung im April 2012 geendet.
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Die Befreiungsfrist hat sich aber auch nicht dadurch verlängert, dass die Klägerin im Zeitraum von Ende August 2009 bis 06.07.2012 Elternzeit in Anspruch genommen hat.
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Mit der Normierung der Zwei-Jahres-Frist bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. in eindeutiger Weise, bis zu welchem Zeitpunkt ein Prüfungsteilnehmer in der Wiederholungsprüfung von der Pflicht zur erneuten Erbringung ausreichender Prüfungsleistungen befreit wird. Dass hierbei eine von ihm in Anspruch genommene Elternzeit fristverlängernd zu berücksichtigen wäre, kann dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnommen werden. Hierfür geben aber auch weder der systematische Gesamtzusammenhang der Vorschrift noch ihr Sinn und Zweck einen Anhalt.
31 
Vorschriften, die im Zusammenhang mit der Fortbildungsprüfung stehen und denen sich Anhaltspunkte für die Berücksichtigung von Elternzeit bei der Bemessung der Befreiungsfrist entnehmen ließen, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin auf hochschul- und ausbildungsrechtliche Vorschriften Bezug nimmt, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Berücksichtigung von Elternzeit vorsehen (vgl. etwa § 16 Satz 3 HRG, § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG, § 63 Abs. 1 Satz 5 Kunsthochschulgesetz Saar, § 5 Abs. 1 Satz 1 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst Mecklenburg-Vorpommern), beziehen sich diese weder auf die einschlägige Fortbildungsprüfung noch auf die allein erhebliche Frage der Befreiung von in einer vor-angegangenen Prüfung erbrachten ausreichenden Prüfungsleistungen im Rahmen einer Wiederholungsprüfung. Dies gilt auch für den - gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 BBiG für Fortbildungsprüfungen entsprechend geltenden - § 46 Abs. 2 BBiG. Danach darf Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, bei der Entscheidung über die Zulassung (zur Abschlussprüfung) hieraus kein Nachteil erwachsen (vgl. Wohlgemuth, a.a.O., § 46 Rn. 12). Dass das Berufsbildungsgesetz eine Schutzvorschrift zugunsten von Aus- bzw. Fortzubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, ausschließlich im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Zulassung zur Prüfung vorsieht, spricht in systematischer Hinsicht dagegen, Elternzeit im Rahmen der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. zu berücksichtigen. Denn die dort normierte Anrechnung setzt voraus, dass der Wiederholer zur Prüfung bereits zugelassen ist.
32 
Aber auch Sinn und Zweck der Regelung legen ihren abschließenden Charakter nahe. Nach § 1 Abs. 2 IndFachwirtPrV a.F. ist durch die Prüfung festzustellen, ob der Prüfungsteilnehmer die notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen hat, bestimmte Aufgaben eines Industriefachwirtes in Industriebetrieben wahrzunehmen. Die Prüfung gliedert sich in einen wirtschaftszweigübergreifenden, einen wirtschaftszweigspezifischen sowie einen berufs- und arbeitspädagogischen Teil (§ 3 Abs. 1 IndFachwirtPrV a.F.). Die einzelnen Prüfungsteile können in beliebiger Reihenfolge an verschiedenen Prüfungsterminen geprüft werden; dabei ist mit dem letzten Prüfungsteil spätestens zwei Jahre nach dem ersten Prüfungstag des ersten Prüfungsteils zu beginnen (vgl. § 3 Abs. 2 IndFachwirtPrV a.F.). Der (Erst-)Prüfling muss somit seine Leistungen in einem Prüfungsteil hinsichtlich aller zu prüfenden Prüfungsfächer in einem Prüfungstermin bzw. einer Prüfungskampagne unter Beweis stellen, was dem prüfungsrechtlichen Grundsatz entspricht, wonach ein Prüfungsteilnehmer nach seinen in der Prüfung gezeigten tatsächlichen Leistungen zu beurteilen ist und nicht nach einem in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegenden Leistungsstand (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.03.1968 - VII C 46.67 -, Juris, und vom 13.12.1979 - 7 C 43/78 -, DVBl 1980, 597). § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. modifiziert insoweit die Bestehensvoraussetzungen zugunsten des Wiederholers und lässt die Anrechnung einzelner in der Erstprüfung erbrachter ausreichender Prüfungsleistungen in der Wiederholungsprüfung zu, was der Sache nach zu einer zeitlichen Streckung des Prüfungsteils führt. Mit der Begrenzung dieser zeitlichen Streckung auf einen Zeitraum von zwei Jahren gibt der Verordnungsgeber zu erkennen, dass nach seiner Einschätzung innerhalb dieses Zeitraums die in der Erstprüfung in einem Prüfungsteil gezeigten Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen noch in einem für die Feststellung der Qualifikation eines Industriefachwirts ausreichendem Maße vorhanden sind, dass indes bei einer Überschreitung dieses Zeitraums hinreichende Rückschlüsse auf das Vorliegen des erforderlichen Leistungs- und Kenntnisstandes nicht mehr erlaubt sind. Dies spricht ebenso gegen die Möglichkeit einer erweiternden Auslegung der Vorschrift wie ein weiterer Aspekt: Durch die Anrechnung von ausreichenden Leistungen in der Erstprüfung eines Prüfungsteils werden die Wiederholer gegenüber den Teilnehmern an der Erstprüfung bessergestellt (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 774). Da die Chancengleichheit am ehesten gewahrt wird, wenn alle Prüflinge ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich aller Prüfungsfächer gleichzeitig - und nicht „abgeschichtet“ - in einem kurzen Zeitraum unter Beweis stellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.05.1991 - 7 B 43/91 -, DVBl. 1991, 959), handelt es sich bei § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit um eine die Wiederholer begünstigende Ausnahmeregelung.
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Insgesamt hat der Senat deshalb keine Zweifel daran, dass die Bestimmung die Möglichkeit der Befreiung von bereits erbrachten ausreichenden Prüfungsleistungen in der Wiederholungsprüfung abschließend regelt und für die Annahme einer Regelungslücke kein Raum bleibt. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann der Norm mithin auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung ein Anspruch auf Berücksichtigung von Elternzeit entnommen werden. Denn eine verfassungskonforme Auslegung ist dort nicht statthaft, wo sie zu dem Gesetzeswortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Normgebers in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.10.1985 - 1 BvL 44/83 -, BVerfGE 71, 81, 105, und vom 15.10.1996 - 1 BvL 44, 48/92 -, BVerfGE 95, 64, 93; Löwer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts III, 3. Aufl. 2005, § 70 Rn. 126). Den Gerichten ist es verwehrt, im Wege der Auslegung einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Regelung einen entgegengesetzten Sinn zu geben oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.1994 - 1 BvR 1299/89 und 1 BvL 6/90 -, BVerfGE 90, 263, 275).
34 
Nach alledem fehlt es bereits an der Rechtsgrundlage für die begehrte Berücksichtigung von Elternzeit bei der Befreiung von ausreichenden Prüfungsleistungen. Bereits aus diesem Grund kann die unmittelbar auf die entsprechende Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage keinen Erfolg haben. Denn Bestimmungen des Prüfungsrechts, die - wie Regelungen des Prüfungsverfahrens und der Bestehensvoraussetzungen - die Berufswahl und die spätere Berufsausübung berühren, unterstehen dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, der eine Regelung durch Gesetz oder durch eine auf hinreichender gesetzlicher Grundlage beruhende untergesetzliche Rechtsnorm verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. -, BVerfGE 80, 1, 21 f.; Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. -, BVerfGE 84, 34, 45; Senatsurteil vom 24.04.1995 - 9 S 2226/93 -, VBlBW 1995, 325; Senatsbeschluss vom 09.08.2011 - 9 S 1687/11 -, Juris; BayVGH, Urteil vom 19.03.2004 - 7 BV 03.1953 -, Juris; Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 19 ff., 25 ff., 34 ff.). An einer solchen normativen Grundlage fehlt es hier. Einer Entscheidung, ob unter dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes eine verordnungsrechtliche Regelung in der IndFachwirtPrV überhaupt ausreichen würde oder ob nicht vielmehr wegen der gravierenden Beeinträchtigung der Chancengleichheit eine formell-gesetzliche Regelung im Berufsbildungsgesetz erforderlich wäre, bedarf es nicht.
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b) Unabhängig davon bestand aber auch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, die in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. geregelte Zwei-Jahres-Frist um den Zeitraum in Anspruch genommener Elternzeit zu verlängern.
36 
Eine derartige Verpflichtung folgt zunächst nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Im Bereich der berufsbezogenen Ausbildung dient das Grundrecht in erster Linie der Abwehr ungerechtfertigter hoheitlicher Regelungen bzw. sonstiger belastender Maßnahmen (vgl. Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 93, 97; vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2002 - 6 C 11/01 -, BVerwGE 116, 49, 52). Um einen derartigen Eingriff in das Grundrecht geht es hier nicht, weil § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. eine den Wiederholer begünstigende Prüfungserleichterung darstellt und die Klägerin die Erweiterung dieser Begünstigung begehrt. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung hierzu ergibt sich auch nicht aus den in der Rechtsprechung anerkannten, in Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes an die Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens zu stellenden verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 1529/84 und 138/87 -, BVerfGE 84, 59, 72 f.; BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 - 6 C 1/93 -, BVerwGE 95, 237, 243; Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 25 ff.). Schließlich begründet Art. 12 Abs. 1 GG nur ausnahmsweise und unter sehr engen Voraussetzungen auch den Normgeber treffende Schutzpflichten (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.01.1995 - 1 BvF 1/90 u.a. -, BVerfGE 92, 26, 46; Beschluss vom 27.01.1998 - 1 BvL15/87 -, BVerfGE 97, 169, 175 ff.; BVerwGE 116, 49, 52; Mann, a.a.O., Art. 12 Rn. 21). Insoweit ist indes eine nähere Prüfung entbehrlich. Denn der maßgebliche Grund für das Begehren auf Berücksichtigung der Elternzeit fällt in den spezielleren Schutzbereich der familienbezogenen Schutz- und Förderungspflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG (dazu noch unten), sodass eine aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Schutzpflicht bereits nicht zur Anwendung kommt.
37 
Entgegen der Ansicht der Klägerin vermag diese auch aus Art. 6 Abs. 4 GG für ihr Begehren nichts herzuleiten. Danach hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass aus Art. 6 Abs. 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.07.1992 - 1 BvL 51/86 u.a. -, BVerfGE 87,1, 42; Beschluss vom 12.03.1996 - 1 BvR 609/90, 692/90 -, BVerfGE 94, 241, 259; 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 10.03.2010 - 1 BvL 11/07 -, Juris; 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 17.11.2010 - 1 BvR 1883/10 -, NJW 2011, 1663; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 6 Rn. 53). Der Anspruch auf Elternzeit in § 15 Abs. 1 BEEG knüpft aber - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - weder an die Mutterschaft an noch betrifft er ausschließlich Mütter. Die der Mutter durch die Betreuung und Erziehung von Kindern entstehenden Belastungen eröffnen den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht, da sie Väter gleichermaßen treffen können (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O.).
38 
Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Berücksichtigung von Elternzeit folgt auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 GG.
39 
Diese Bestimmung enthält neben ihrer Abwehrfunktion eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern (vgl. BVerfG, BVerfGE 87, 1, 35; Urteil vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 -, BVerfGE 103, 242, 257 f.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus diesem Schutz- und Förderungsgebot die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. Urteile vom 22.05.1993 - 2 BvF 2/90 u.a. -, BVerfGE 88, 203, 258 f.; Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057, 1226, 980/91 -, BVerfGE 99, 216, 234; Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241, 263 f.). Die Kinderbetreuung ist eine Leistung, die auch im Interesse der Gemeinschaft liegt und deren Anerkennung verlangt (vgl. BVerfGE 87, 1, 38 f.; 88, 203, 258 f.; 99, 216, 234). Der Staat hat dementsprechend dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl. BVerfGE 99, 216, 234; vgl. zu dieser Zweckrichtung des BEEG Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit, Handkommentar, 2. Aufl. 2010, § 15 BEEG Rn. 8 ff.).
40 
Allerdings ist der Staat nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen, und lassen sich aus dem Verfassungsauftrag konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten (vgl. BVerfGE 87, 1, 35 f.; Urteil vom 12.02.2003 - 1 BvR 624/01 -, BVerfGE 107, 205, 213; Beschluss vom 08.06.2004 - 2 BvL 5/00 -, BVerfGE 110, 412, 445; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10.03.2010, a.a.O.). Vielmehr kann der Normgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990 - 1 BvL 20 u.a. -, BVerfGE 82, 60, 81; 87, 1, 36; 103, 242, 259 f.; 107, 205, 213; 110, 412, 445). Dabei hat er die gegenläufigen privaten und öffentlichen Belange und Interessen in einer Güterabwägung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 82, 60, 81 f.; Urteil vom 28.01.1992 - 1 BvR 1025/82 u.a. -, BVerfGE 85, 191, 212; 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 02.04.1996 - 2 BvR 169/33 -, NVwZ 1997, 54).
41 
Nach diesen Maßstäben war eine Verlängerung der Zwei-Jahres-Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. um die von einem Prüfungsteilnehmer in Anspruch genommene Elternzeit ersichtlich verfassungsrechtlich nicht geboten.
42 
Dies gilt schon deshalb, weil der Normgeber bei der Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Chancengleichheit zu beachten hatte. Nach diesem mit Verfassungsrang ausge-statteten, das gesamte Prüfungsverfahren prägenden Grundsatz müssen für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.06.1974 - 1 BvL 11/73 -, BVerfGE 37, 342, 353 f.; Beschluss vom 13.11.1979 - 1 BvR 1022/78 -, BVerfGE 52, 380, 388; Beschluss vom 06.12.1988 - 1 BvL 5, 6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218 f.; Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. -, BVerfGE 84, 34, 52 ff.; BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 17.90 -, BVerwGE 87, 258, 261).
43 
Ausgehend hiervon war der Normgeber auch im Zusammenhang mit der Regelung der befristeten Prüfungserleichterung für Wiederholer kraft Verfassungsrechts gehalten, dem Grundsatz der Chancengleichheit der Prüfungsteilnehmer maßgebliche Bedeutung beizumessen. Dass diesem Grundsatz bei der hier einschlägigen Fortbildungsprüfung nur ein wesentlich eingeschränkter Stellenwert zuzuerkennen wäre, lässt sich - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht feststellen. Allgemeines Ziel der Prüfung ist die berufliche Fortbildung, die es ermöglicht, die berufliche Handlungsfähigkeit an die gewandelten Erfordernisse der Arbeitswelt anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder im Hinblick auf qualitativ höherwertige Berufstätigkeiten zu erweitern und beruflich aufzusteigen (Aufstiegsfortbildung; vgl. § 1 Abs. 4 BBiG sowie Knopp/Kraegeloh, a.a.O., § 1 Rn. 4). Hierzu sind im Rahmen der Fortbildungsprüfung entsprechende Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen nachzuweisen (vgl. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 IndFachwirtPrV a.F.). Danach ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass auch die Ergebnisse von Fortbildungsprüfungen Auswirkungen auf die Chancen der Prüfungsteilnehmer im Berufsleben und damit auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der beruflichen Betätigung haben. Deshalb besteht auch hier ein „natürliches Konkurrenzverhältnis“ der Prüflinge untereinander (vgl. BVerfGE 37, 342, 353 f.), das ihre weitgehende Gleichbehandlung verlangt.
44 
Wie dargelegt, wird die Chancengleichheit am ehesten gewahrt, wenn alle Prüflinge ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich aller Prüfungsfächer gleichzeitig in einem kurzen Zeitraum unter Beweis stellen. Mit der dem Wiederholer in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. eingeräumten Möglichkeit des „Abschichtens“ der Erbringung der Prüfungsleistungen über einen längeren Zeitraum geht deshalb bereits eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit im Verhältnis zu den Erstprüflingen einher. Dass es schwieriger ist, das gesamte für einen Prüfungsteil erforderliche Wissen in einem kurzen Zeitraum präsent zu haben, als mit zeitlichen Abständen nur über das für einzelne Prüfungsfächer erforderliche Wissen verfügen zu müssen, liegt auf der Hand. Insoweit nimmt der Verordnungsgeber mit der für alle Wiederholer gleichermaßen geltenden Befristung der Befreiungsmöglichkeit auf zwei Jahre einen Ausgleich vor zwischen dem Anspruch der Prüfungsteilnehmer auf Wahrung der Chancengleichheit und dem Interesse der Wiederholer, keinen unverhältnismäßigen Prüfungsanforderungen ausgesetzt zu werden (zu letzterem vgl. Pietzcker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Prüfungen, 1975, S. 98; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 57).
45 
Die von der Klägerin verlangte Neuregelung würde indes das Ausmaß der Beeinträchtigung der Chancengleichheit erheblich erhöhen. Eine Verlängerung der Zwei-Jahres-Frist um die Elternzeit für diejenigen Wiederholer, die Elternzeit in Anspruch nehmen, würde die bereits vorhandenen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Erstprüflingen wesentlich vertiefen. Vor allem aber würden nun auch Wettbewerbsvorteile gegenüber den „normalen“ Wiederholern begründet. Die bislang einheitlich für alle Wiederholer geltenden Bestehensvoraussetzungen würden zugunsten einer Teilgruppe modifiziert aus Gründen, die allein in ihrem persönlichen Bereich liegen (vgl. bereits zur Problematik der Anerkennung von außerhalb des Prüfungszwecks liegenden Gesichtspunkten im objektivierten Verfahren der Leistungsmessung Senatsurteil vom 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148). Das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung zeigt sich im Fall der Klägerin. Diese könnte auf der Basis der begehrten Neuregelung die Anrechnung einer bereits vor weit über sechs Jahren erbachten Prüfungsleistung erreichen.
46 
Demnach würde die begehrte Regelung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Chancengleichheit führen. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie (u.a.) auf die Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG verweist, die Hochschulen zur Berücksichtigung der Elternzeit verpflichtet (vgl. auch § 16 Abs. 3 HRG). Danach müssen Prüfungsordnungen Schutzbestimmungen entsprechend (…) den Fristen der gesetzlichen Bestimmungen über die Elternzeit vorsehen und deren Inanspruchnahme ermöglichen; sie müssen flexible Fristen ermöglichen, wenn Studierende Familienpflichten wahrzunehmen haben (vgl. etwa § 8 Abs. 3 der Studien- und Prüfungsordnung der Universität Heidelberg für den Bachelor-Studiengang Biochemie vom 13.02.2012, Mitteilungsblatt des Rektors vom 29.02.2012, S. 185: „Bei seiner Entscheidung, ob die Überschreitung einer Frist für die Anmeldung oder Ablegung von Prüfungen vom Prüfling zu vertreten ist, hat der Prüfungsausschuss die Schutzbestimmungen … entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen über die Elternzeit zu beachten und deren Inanspruchnahme zu ermöglichen“). Diese Norm berührt das Interesse an der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen nicht in vergleichbarer Weise. Sie ist darauf gerichtet zu verhindern, dass ein Studierender, der wegen der während des Studiums notwendig werdenden Betreuung von Kindern bzw. der Inanspruchnahme von Elternzeit vorgeschriebene Prüfungsfristen überschreitet, seinen Prüfungsanspruch endgültig verliert (vgl. LT-Drs. 14/3390, S. 94, sowie § 34 Abs. 2 und Abs. 3 LHG; vgl. auch Reich, Hochschulrahmengesetz, 10. Aufl. 2007, § 16 Rn. 5). Als Mittel hierfür dient die Verschiebung von Prüfungen oder die Verlängerung von Prüfungsfristen (vgl. Waldeyer, in: Hailbronner/Geis , Hochschulrecht in Bund und Ländern, Stand: September 2004, § 16 HRG Rn. 39, 47). § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG regelt nicht innerhalb einer begonnenen Prüfung geltende Bestehensvoraussetzungen, die Bestimmung bezieht sich vielmehr auf die gedanklich vorgelagerte Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Prüfung (spätestens) abzulegen ist (vgl. Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rn. 214 ff.). Anders als § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. betrifft sie somit nicht die eigentlichen Leistungsanforderungen und damit auch nicht den unmittelbaren Wettbewerb zwischen den Prüflingen.
47 
Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme nicht fern, eine Verlängerung der in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. normierten Zwei-Jahres-Frist um eine in Anspruch genommene Elternzeit bereits für mit der Chancengleichheit unvereinbar anzusehen (in diesem Sinne wohl BVerwG, Urt. v. 15.03.1968 - VII C 46.67 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 33, zum Gesichtspunkt des Schwangerschafts- bzw. Mutterschutzes). Dies kann indes dahinstehen. Denn jedenfalls bestehen keinerlei Zweifel an der Berechtigung des Normgebers, im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bei der Abwägung der konkurrierenden privaten und öffentlichen Belange dem Grundsatz der Chancengleichheit den Vorrang einzuräumen und eine maßvolle, einheitlich für alle Wiederholer geltende Maximal-Frist von zwei Jahren vorzusehen (zur Bedeutung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers vgl. auch BGH, Urteil vom 21.11.2011 - NotZ (Brfg) 3/11 -, NJW 2012, 531, im Hinblick auf ein Begehren auf Wiederbestellung des Anwaltsnotars bei mehr als einjähriger Amtsniederlegung wegen Kinderbetreuung).
48 
Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen, dass der Normgeber zugunsten der geltenden Regelung weitere Gesichtspunkte ins Feld führen kann.
49 
Die klare zeitliche Begrenzung der Befreiungsmöglichkeit dient nämlich - neben der Vermeidung von Abgrenzungsproblemen - auch dem Ziel sicherzustellen, dass der Zweck der Fortbildungsprüfung tatsächlich erreicht werden kann. Liegt die Erstprüfung, in der der Wiederholer einzelne Prüfungsleistungen bestanden hat, zu lange zurück, besteht die Gefahr, dass die damals erbrachten Leistungen im Zeitpunkt der Wiederholungsprüfung keine ausreichenden Schlüsse mehr auf das Vorliegen der erforderlichen Qualifikation eines Industriefachwirts zulassen und mit der Prüfungserleichterung letztlich der Zweck der Fortbildungsprüfung verfehlt wird. Auch diesem Gesichtspunkt und damit dem öffentlichen Interesse an qualifizierten Fachkräften in einer sich wandelnden Arbeitswelt (vgl. den Gesetzentwurf zum Berufsbildungsreformgesetz, BT-Drs. 15/3980, S. 38) trägt die bestehende Regelung Rechnung.
50 
Das Unterlassen des Normgebers ist aber auch deshalb nicht zu beanstanden, weil die mit der bestehenden Regelung verbundenen Nachteile für Prüfungsteilnehmer, die Kinder betreuen und Elternzeit in Anspruch nehmen, begrenzt sind. Bereits der Zeitraum von zwei Jahren ermöglicht die Berücksichtigung von Zeiten der Inanspruchnahme durch Kinderbetreuung bei Prüfungswiederholern. Auch ist der besondere Charakter der Fortbildungsprüfung in Rechnung zu stellen. Wird diese - wie wohl im Regelfall - berufsbegleitend abgelegt, kann die Prüfungsvorbereitung nur außerhalb der normalen Arbeitszeit erfolgen. Gemessen daran dürfte sich die Situation eines Prüfungsteilnehmers, der Kinder zu betreuen hat, nicht wesentlich ungünstiger darstellen. Vor allem aber besteht der Nachteil für den Prüfungsteilnehmer, der die Prüfung nicht innerhalb der Zwei-Jahres-Frist wiederholen kann, allein in dem Verlust einer Prüfungserleichterung mit der Folge, dass nunmehr auch in der Erstprüfung bereits bestandene Prüfungsfächer in der Wiederholungsprüfung nochmals abgelegt werden müssen. Letztlich werden somit lediglich die für den Erstprüfling geltenden Prüfungsbedingungen und damit die volle Chancengleichheit der Prüfungsteilnehmer wiederhergestellt.
51 
Das begrenzte Ausmaß dieses Nachteils wird deutlich, wenn die bereits erwähnte hochschulrechtliche Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG gegenübergestellt wird, die die grundrechtlichen Belange des Prüfungsteilnehmers weit massiver betrifft. Die bei Überschreitung von Prüfungsfristen drohende Sanktion des Verlusts des Prüfungsanspruchs (vgl. § 34 Abs. 2 und Abs. 3 LHG sowie Kalous, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 647, 661) kann den Zugang zu einem bestimmten Beruf endgültig versperren und ist deshalb mit Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, weil sie das Vertretenmüssen der Fristüberschreitung voraussetzt (vgl. Senatsurteil vom 07.07.1980 - 9 S 111/79 -, DÖV 1981, 84; Nds. OVG, Urt. v. 20.12.1994 - 10 L 1179/92 -, Juris; OVG NRW, Urteil vom 25.01.1978 - XVI A 1957/77 -, DÖV 1979, 418; siehe dazu auch Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rn. 215 m.w.N.). § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG dient insoweit der Vermeidung einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Grundrechts des Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG. Mit dieser Situation ist die Lage des Teilnehmers an einer Fortbildungsprüfung bei Überschreitung der Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. nicht vergleichbar. Diesem steht die Wiederholungsprüfung ohne zeitliche Begrenzung offen.
52 
2. Auch der auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung gerichtete Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Denn es liegen, wie dargelegt, bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. nicht vor. Im Übrigen eröffnet die Regelung kein Ermessen.
53 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
54 
Beschluss vom 24. Mai 2012
55 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 3, 52 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
21 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).
22 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht gemäß § 124 Abs. 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist unbegründet. Das angegriffene Urteil ist zu Recht ergangen und daher nicht zu ändern. Die Klage der Klägerin hat weder mit dem Hauptantrag (1.) noch mit dem Hilfsantrag (2.) Erfolg.
23 
1. Bei sachdienlicher Auslegung begehrt die Klägerin mit dem Hauptantrag die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin in der nächsten Wiederholungsprüfung von bereits bestandenen Prüfungsleistungen zu befreien und die Bescheide der Beklagten vom 12.05.2010 und vom 20.04.2012 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 30.11.2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen. Die Einbeziehung des Bescheids vom 20.04.2012 erfolgt aus Gründen der Klarstellung, da die Beklagte darin die Ablehnung der begehrten Befreiung bezogen auf die anstehende Herbstprüfung 2012 wiederholt hat. Mit diesem Inhalt ist die Klage zulässig. Insbesondere kann der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden, nachdem sie sich zur Herbstprüfung 2012 angemeldet (und die Beklagte sie zugelassen) hat.
24 
Der Hauptantrag ist indes nicht begründet. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Klägerin von der Beklagten die beantragte Befreiung von Prüfungsfächern in der Wiederholungsprüfung nicht verlangen kann. Die dieses Begehren ablehnenden Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. Abs. 5 Satz 1 VwGO).
25 
a) Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 9 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluss Geprüfter Industriefachwirt/Geprüfte Industriefachwirtin in der bis zum 31.08.2009 gültigen Fassung vom 15.04.1999 - IndFachwirtPrV a.F. - (BGBl. I S. 711). Die gleich lautenden Regelungen in der Fassung vom 25.08.2009 (BGBl. I S. 2960) - § 8 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV 2009 - und in der Neufassung vom 25.06.2010 (BGBl. I S. 833) - § 8 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV - sind nicht anwendbar, weil nach den Übergangsregelungen des § 9 IndFachwirtPrV 2009 und § 10 Abs. 1 Satz 1 IndFachwirtPrV bis zum Ablauf des 31.08.2009 begonnene Prüfungsverfahren bis zum 31.12.2013 nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt werden können. Einen Antrag auf Durchführung der Wiederholungsprüfung nach der Neufassung der Verordnung hat die Klägerin nicht gestellt (vgl. § 10 Abs. 2 IndFachwirtPrV). Der noch auf der Grundlage des § 46 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 24.08.1976 (BGBl. I S. 2525 - BBiG a.F. -) erlassene, bundeseinheitlich speziell für die Fortbildungsprüfung mit dem Ziel des anerkannten Abschlusses Geprüfter Industriefachwirt/Geprüfte Industriefachwirtin geltende § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. geht der im wesentlichen gleich lautenden Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Fortbildungsprüfungen und AEVO-Prüfungen der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart in der Fassung vom 21.01.2009 (PrO-IHK) in der Anwendung vor (zum Vorrang von auf der Grundlage des § 46 Abs. 2 BBiG a.F. bzw. nunmehr § 53 BBiG erlassenen bundeseinheitlichen Fortbildungsordnungen gegenüber Fortbildungsprüfungsregelungen der zuständigen Stellen nach § 71 BBiG vgl. auch § 54 Satz 1 BBiG sowie BT-Drs. 15/3980, S. 54, zu § 54 BBiG; vgl. auch Wohlgemuth/Proyer, in: Wohlgemuth/Lakies u.a., Berufsbildungsgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 54 Rn. 4 f.; Knopp/Kraege-loh, Berufsbildungsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2005, § 54 Rn. 2).
26 
Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F wird der Prüfungsteilnehmer mit dem Antrag auf Wiederholung der Prüfung von einzelnen Prüfungsteilen und Prüfungsfächern befreit, wenn er darin in einer vorangegangenen Prüfung mindestens ausreichende Leistungen erbracht hat und er sich innerhalb von zwei Jahren, gerechnet vom Tage der Beendigung der nicht bestandenen Prüfung an, zur Wiederholungsprüfung angemeldet hat.
27 
Unstreitig erfüllt die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht. Denn die vorangegangenen Prüfungen, in denen die Klägerin ausreichende Leistungen in den streitgegenständlichen Prüfungsfächern er-bracht hat, waren bereits im Juni 2006 bzw. April 2007 abgeschlossen, sodass die zweijährige Befreiungsfrist im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung zur Wiederholungsprüfung Herbst 2012 (16.04.2012) offensichtlich abgelaufen war. Dass die Beklagte die Frist unter dem 22.10.2009 bis zur Prüfung im Frühjahr 2010 verlängert hatte, führt - ungeachtet der Frage, ob eine derartige Verlängerung rechtlich möglich war - zu keiner anderen Beurteilung. Dieser Zeitraum ist ebenfalls verstrichen.
28 
Auch die Berücksichtigung des Zeitraums, in dem sich die Klägerin in Mutterschutz befand (Mai bis August 2009), könnte ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst wenn die Befreiungsfrist - über die von der Beklagten unter dem 22.10.2009 vorgenommene Verlängerung bis zur Prüfung im Frühjahr 2010 hinaus - zusätzlich um die Zeit des Mutterschutzes verlängert worden wäre, hätte sie jedenfalls bereits im Jahr 2010 und damit lange vor der Anmeldung im April 2012 geendet.
29 
Die Befreiungsfrist hat sich aber auch nicht dadurch verlängert, dass die Klägerin im Zeitraum von Ende August 2009 bis 06.07.2012 Elternzeit in Anspruch genommen hat.
30 
Mit der Normierung der Zwei-Jahres-Frist bestimmt § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. in eindeutiger Weise, bis zu welchem Zeitpunkt ein Prüfungsteilnehmer in der Wiederholungsprüfung von der Pflicht zur erneuten Erbringung ausreichender Prüfungsleistungen befreit wird. Dass hierbei eine von ihm in Anspruch genommene Elternzeit fristverlängernd zu berücksichtigen wäre, kann dem Wortlaut der Bestimmung nicht entnommen werden. Hierfür geben aber auch weder der systematische Gesamtzusammenhang der Vorschrift noch ihr Sinn und Zweck einen Anhalt.
31 
Vorschriften, die im Zusammenhang mit der Fortbildungsprüfung stehen und denen sich Anhaltspunkte für die Berücksichtigung von Elternzeit bei der Bemessung der Befreiungsfrist entnehmen ließen, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin auf hochschul- und ausbildungsrechtliche Vorschriften Bezug nimmt, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Berücksichtigung von Elternzeit vorsehen (vgl. etwa § 16 Satz 3 HRG, § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG, § 63 Abs. 1 Satz 5 Kunsthochschulgesetz Saar, § 5 Abs. 1 Satz 1 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst Mecklenburg-Vorpommern), beziehen sich diese weder auf die einschlägige Fortbildungsprüfung noch auf die allein erhebliche Frage der Befreiung von in einer vor-angegangenen Prüfung erbrachten ausreichenden Prüfungsleistungen im Rahmen einer Wiederholungsprüfung. Dies gilt auch für den - gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 BBiG für Fortbildungsprüfungen entsprechend geltenden - § 46 Abs. 2 BBiG. Danach darf Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, bei der Entscheidung über die Zulassung (zur Abschlussprüfung) hieraus kein Nachteil erwachsen (vgl. Wohlgemuth, a.a.O., § 46 Rn. 12). Dass das Berufsbildungsgesetz eine Schutzvorschrift zugunsten von Aus- bzw. Fortzubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, ausschließlich im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Zulassung zur Prüfung vorsieht, spricht in systematischer Hinsicht dagegen, Elternzeit im Rahmen der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. zu berücksichtigen. Denn die dort normierte Anrechnung setzt voraus, dass der Wiederholer zur Prüfung bereits zugelassen ist.
32 
Aber auch Sinn und Zweck der Regelung legen ihren abschließenden Charakter nahe. Nach § 1 Abs. 2 IndFachwirtPrV a.F. ist durch die Prüfung festzustellen, ob der Prüfungsteilnehmer die notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen hat, bestimmte Aufgaben eines Industriefachwirtes in Industriebetrieben wahrzunehmen. Die Prüfung gliedert sich in einen wirtschaftszweigübergreifenden, einen wirtschaftszweigspezifischen sowie einen berufs- und arbeitspädagogischen Teil (§ 3 Abs. 1 IndFachwirtPrV a.F.). Die einzelnen Prüfungsteile können in beliebiger Reihenfolge an verschiedenen Prüfungsterminen geprüft werden; dabei ist mit dem letzten Prüfungsteil spätestens zwei Jahre nach dem ersten Prüfungstag des ersten Prüfungsteils zu beginnen (vgl. § 3 Abs. 2 IndFachwirtPrV a.F.). Der (Erst-)Prüfling muss somit seine Leistungen in einem Prüfungsteil hinsichtlich aller zu prüfenden Prüfungsfächer in einem Prüfungstermin bzw. einer Prüfungskampagne unter Beweis stellen, was dem prüfungsrechtlichen Grundsatz entspricht, wonach ein Prüfungsteilnehmer nach seinen in der Prüfung gezeigten tatsächlichen Leistungen zu beurteilen ist und nicht nach einem in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegenden Leistungsstand (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.03.1968 - VII C 46.67 -, Juris, und vom 13.12.1979 - 7 C 43/78 -, DVBl 1980, 597). § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. modifiziert insoweit die Bestehensvoraussetzungen zugunsten des Wiederholers und lässt die Anrechnung einzelner in der Erstprüfung erbrachter ausreichender Prüfungsleistungen in der Wiederholungsprüfung zu, was der Sache nach zu einer zeitlichen Streckung des Prüfungsteils führt. Mit der Begrenzung dieser zeitlichen Streckung auf einen Zeitraum von zwei Jahren gibt der Verordnungsgeber zu erkennen, dass nach seiner Einschätzung innerhalb dieses Zeitraums die in der Erstprüfung in einem Prüfungsteil gezeigten Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen noch in einem für die Feststellung der Qualifikation eines Industriefachwirts ausreichendem Maße vorhanden sind, dass indes bei einer Überschreitung dieses Zeitraums hinreichende Rückschlüsse auf das Vorliegen des erforderlichen Leistungs- und Kenntnisstandes nicht mehr erlaubt sind. Dies spricht ebenso gegen die Möglichkeit einer erweiternden Auslegung der Vorschrift wie ein weiterer Aspekt: Durch die Anrechnung von ausreichenden Leistungen in der Erstprüfung eines Prüfungsteils werden die Wiederholer gegenüber den Teilnehmern an der Erstprüfung bessergestellt (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. 774). Da die Chancengleichheit am ehesten gewahrt wird, wenn alle Prüflinge ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich aller Prüfungsfächer gleichzeitig - und nicht „abgeschichtet“ - in einem kurzen Zeitraum unter Beweis stellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.05.1991 - 7 B 43/91 -, DVBl. 1991, 959), handelt es sich bei § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit um eine die Wiederholer begünstigende Ausnahmeregelung.
33 
Insgesamt hat der Senat deshalb keine Zweifel daran, dass die Bestimmung die Möglichkeit der Befreiung von bereits erbrachten ausreichenden Prüfungsleistungen in der Wiederholungsprüfung abschließend regelt und für die Annahme einer Regelungslücke kein Raum bleibt. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann der Norm mithin auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung ein Anspruch auf Berücksichtigung von Elternzeit entnommen werden. Denn eine verfassungskonforme Auslegung ist dort nicht statthaft, wo sie zu dem Gesetzeswortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Normgebers in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 22.10.1985 - 1 BvL 44/83 -, BVerfGE 71, 81, 105, und vom 15.10.1996 - 1 BvL 44, 48/92 -, BVerfGE 95, 64, 93; Löwer, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts III, 3. Aufl. 2005, § 70 Rn. 126). Den Gerichten ist es verwehrt, im Wege der Auslegung einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Regelung einen entgegengesetzten Sinn zu geben oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.04.1994 - 1 BvR 1299/89 und 1 BvL 6/90 -, BVerfGE 90, 263, 275).
34 
Nach alledem fehlt es bereits an der Rechtsgrundlage für die begehrte Berücksichtigung von Elternzeit bei der Befreiung von ausreichenden Prüfungsleistungen. Bereits aus diesem Grund kann die unmittelbar auf die entsprechende Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage keinen Erfolg haben. Denn Bestimmungen des Prüfungsrechts, die - wie Regelungen des Prüfungsverfahrens und der Bestehensvoraussetzungen - die Berufswahl und die spätere Berufsausübung berühren, unterstehen dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, der eine Regelung durch Gesetz oder durch eine auf hinreichender gesetzlicher Grundlage beruhende untergesetzliche Rechtsnorm verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. -, BVerfGE 80, 1, 21 f.; Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. -, BVerfGE 84, 34, 45; Senatsurteil vom 24.04.1995 - 9 S 2226/93 -, VBlBW 1995, 325; Senatsbeschluss vom 09.08.2011 - 9 S 1687/11 -, Juris; BayVGH, Urteil vom 19.03.2004 - 7 BV 03.1953 -, Juris; Niehues/Fischer, a.a.O., Rn. 19 ff., 25 ff., 34 ff.). An einer solchen normativen Grundlage fehlt es hier. Einer Entscheidung, ob unter dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes eine verordnungsrechtliche Regelung in der IndFachwirtPrV überhaupt ausreichen würde oder ob nicht vielmehr wegen der gravierenden Beeinträchtigung der Chancengleichheit eine formell-gesetzliche Regelung im Berufsbildungsgesetz erforderlich wäre, bedarf es nicht.
35 
b) Unabhängig davon bestand aber auch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, die in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. geregelte Zwei-Jahres-Frist um den Zeitraum in Anspruch genommener Elternzeit zu verlängern.
36 
Eine derartige Verpflichtung folgt zunächst nicht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Im Bereich der berufsbezogenen Ausbildung dient das Grundrecht in erster Linie der Abwehr ungerechtfertigter hoheitlicher Regelungen bzw. sonstiger belastender Maßnahmen (vgl. Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 93, 97; vgl. BVerwG, Urteil vom 22.02.2002 - 6 C 11/01 -, BVerwGE 116, 49, 52). Um einen derartigen Eingriff in das Grundrecht geht es hier nicht, weil § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. eine den Wiederholer begünstigende Prüfungserleichterung darstellt und die Klägerin die Erweiterung dieser Begünstigung begehrt. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung hierzu ergibt sich auch nicht aus den in der Rechtsprechung anerkannten, in Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes an die Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens zu stellenden verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 1529/84 und 138/87 -, BVerfGE 84, 59, 72 f.; BVerwG, Urteil vom 16.03.1994 - 6 C 1/93 -, BVerwGE 95, 237, 243; Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 25 ff.). Schließlich begründet Art. 12 Abs. 1 GG nur ausnahmsweise und unter sehr engen Voraussetzungen auch den Normgeber treffende Schutzpflichten (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.01.1995 - 1 BvF 1/90 u.a. -, BVerfGE 92, 26, 46; Beschluss vom 27.01.1998 - 1 BvL15/87 -, BVerfGE 97, 169, 175 ff.; BVerwGE 116, 49, 52; Mann, a.a.O., Art. 12 Rn. 21). Insoweit ist indes eine nähere Prüfung entbehrlich. Denn der maßgebliche Grund für das Begehren auf Berücksichtigung der Elternzeit fällt in den spezielleren Schutzbereich der familienbezogenen Schutz- und Förderungspflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG (dazu noch unten), sodass eine aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Schutzpflicht bereits nicht zur Anwendung kommt.
37 
Entgegen der Ansicht der Klägerin vermag diese auch aus Art. 6 Abs. 4 GG für ihr Begehren nichts herzuleiten. Danach hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass aus Art. 6 Abs. 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl. BVerfG, Urteil vom 07.07.1992 - 1 BvL 51/86 u.a. -, BVerfGE 87,1, 42; Beschluss vom 12.03.1996 - 1 BvR 609/90, 692/90 -, BVerfGE 94, 241, 259; 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 10.03.2010 - 1 BvL 11/07 -, Juris; 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 17.11.2010 - 1 BvR 1883/10 -, NJW 2011, 1663; Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 6 Rn. 53). Der Anspruch auf Elternzeit in § 15 Abs. 1 BEEG knüpft aber - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - weder an die Mutterschaft an noch betrifft er ausschließlich Mütter. Die der Mutter durch die Betreuung und Erziehung von Kindern entstehenden Belastungen eröffnen den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht, da sie Väter gleichermaßen treffen können (vgl. Jarass/Pieroth, a.a.O.).
38 
Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung zur Berücksichtigung von Elternzeit folgt auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 GG.
39 
Diese Bestimmung enthält neben ihrer Abwehrfunktion eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern (vgl. BVerfG, BVerfGE 87, 1, 35; Urteil vom 03.04.2001 - 1 BvR 1629/94 -, BVerfGE 103, 242, 257 f.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt aus diesem Schutz- und Förderungsgebot die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. Urteile vom 22.05.1993 - 2 BvF 2/90 u.a. -, BVerfGE 88, 203, 258 f.; Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvR 1057, 1226, 980/91 -, BVerfGE 99, 216, 234; Beschluss vom 18.06.2008 - 2 BvL 6/07 -, BVerfGE 121, 241, 263 f.). Die Kinderbetreuung ist eine Leistung, die auch im Interesse der Gemeinschaft liegt und deren Anerkennung verlangt (vgl. BVerfGE 87, 1, 38 f.; 88, 203, 258 f.; 99, 216, 234). Der Staat hat dementsprechend dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl. BVerfGE 99, 216, 234; vgl. zu dieser Zweckrichtung des BEEG Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit, Handkommentar, 2. Aufl. 2010, § 15 BEEG Rn. 8 ff.).
40 
Allerdings ist der Staat nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen, und lassen sich aus dem Verfassungsauftrag konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten (vgl. BVerfGE 87, 1, 35 f.; Urteil vom 12.02.2003 - 1 BvR 624/01 -, BVerfGE 107, 205, 213; Beschluss vom 08.06.2004 - 2 BvL 5/00 -, BVerfGE 110, 412, 445; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10.03.2010, a.a.O.). Vielmehr kann der Normgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.05.1990 - 1 BvL 20 u.a. -, BVerfGE 82, 60, 81; 87, 1, 36; 103, 242, 259 f.; 107, 205, 213; 110, 412, 445). Dabei hat er die gegenläufigen privaten und öffentlichen Belange und Interessen in einer Güterabwägung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 82, 60, 81 f.; Urteil vom 28.01.1992 - 1 BvR 1025/82 u.a. -, BVerfGE 85, 191, 212; 3. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 02.04.1996 - 2 BvR 169/33 -, NVwZ 1997, 54).
41 
Nach diesen Maßstäben war eine Verlängerung der Zwei-Jahres-Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. um die von einem Prüfungsteilnehmer in Anspruch genommene Elternzeit ersichtlich verfassungsrechtlich nicht geboten.
42 
Dies gilt schon deshalb, weil der Normgeber bei der Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Chancengleichheit zu beachten hatte. Nach diesem mit Verfassungsrang ausge-statteten, das gesamte Prüfungsverfahren prägenden Grundsatz müssen für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.06.1974 - 1 BvL 11/73 -, BVerfGE 37, 342, 353 f.; Beschluss vom 13.11.1979 - 1 BvR 1022/78 -, BVerfGE 52, 380, 388; Beschluss vom 06.12.1988 - 1 BvL 5, 6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218 f.; Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u.a. -, BVerfGE 84, 34, 52 ff.; BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 17.90 -, BVerwGE 87, 258, 261).
43 
Ausgehend hiervon war der Normgeber auch im Zusammenhang mit der Regelung der befristeten Prüfungserleichterung für Wiederholer kraft Verfassungsrechts gehalten, dem Grundsatz der Chancengleichheit der Prüfungsteilnehmer maßgebliche Bedeutung beizumessen. Dass diesem Grundsatz bei der hier einschlägigen Fortbildungsprüfung nur ein wesentlich eingeschränkter Stellenwert zuzuerkennen wäre, lässt sich - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht feststellen. Allgemeines Ziel der Prüfung ist die berufliche Fortbildung, die es ermöglicht, die berufliche Handlungsfähigkeit an die gewandelten Erfordernisse der Arbeitswelt anzupassen (Anpassungsfortbildung) oder im Hinblick auf qualitativ höherwertige Berufstätigkeiten zu erweitern und beruflich aufzusteigen (Aufstiegsfortbildung; vgl. § 1 Abs. 4 BBiG sowie Knopp/Kraegeloh, a.a.O., § 1 Rn. 4). Hierzu sind im Rahmen der Fortbildungsprüfung entsprechende Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen nachzuweisen (vgl. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 IndFachwirtPrV a.F.). Danach ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass auch die Ergebnisse von Fortbildungsprüfungen Auswirkungen auf die Chancen der Prüfungsteilnehmer im Berufsleben und damit auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der beruflichen Betätigung haben. Deshalb besteht auch hier ein „natürliches Konkurrenzverhältnis“ der Prüflinge untereinander (vgl. BVerfGE 37, 342, 353 f.), das ihre weitgehende Gleichbehandlung verlangt.
44 
Wie dargelegt, wird die Chancengleichheit am ehesten gewahrt, wenn alle Prüflinge ihre Leistungsfähigkeit hinsichtlich aller Prüfungsfächer gleichzeitig in einem kurzen Zeitraum unter Beweis stellen. Mit der dem Wiederholer in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. eingeräumten Möglichkeit des „Abschichtens“ der Erbringung der Prüfungsleistungen über einen längeren Zeitraum geht deshalb bereits eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit im Verhältnis zu den Erstprüflingen einher. Dass es schwieriger ist, das gesamte für einen Prüfungsteil erforderliche Wissen in einem kurzen Zeitraum präsent zu haben, als mit zeitlichen Abständen nur über das für einzelne Prüfungsfächer erforderliche Wissen verfügen zu müssen, liegt auf der Hand. Insoweit nimmt der Verordnungsgeber mit der für alle Wiederholer gleichermaßen geltenden Befristung der Befreiungsmöglichkeit auf zwei Jahre einen Ausgleich vor zwischen dem Anspruch der Prüfungsteilnehmer auf Wahrung der Chancengleichheit und dem Interesse der Wiederholer, keinen unverhältnismäßigen Prüfungsanforderungen ausgesetzt zu werden (zu letzterem vgl. Pietzcker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Prüfungen, 1975, S. 98; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 57).
45 
Die von der Klägerin verlangte Neuregelung würde indes das Ausmaß der Beeinträchtigung der Chancengleichheit erheblich erhöhen. Eine Verlängerung der Zwei-Jahres-Frist um die Elternzeit für diejenigen Wiederholer, die Elternzeit in Anspruch nehmen, würde die bereits vorhandenen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Erstprüflingen wesentlich vertiefen. Vor allem aber würden nun auch Wettbewerbsvorteile gegenüber den „normalen“ Wiederholern begründet. Die bislang einheitlich für alle Wiederholer geltenden Bestehensvoraussetzungen würden zugunsten einer Teilgruppe modifiziert aus Gründen, die allein in ihrem persönlichen Bereich liegen (vgl. bereits zur Problematik der Anerkennung von außerhalb des Prüfungszwecks liegenden Gesichtspunkten im objektivierten Verfahren der Leistungsmessung Senatsurteil vom 17.07.1990 - 9 S 707/89 -, VBlBW 1991, 148). Das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung zeigt sich im Fall der Klägerin. Diese könnte auf der Basis der begehrten Neuregelung die Anrechnung einer bereits vor weit über sechs Jahren erbachten Prüfungsleistung erreichen.
46 
Demnach würde die begehrte Regelung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Chancengleichheit führen. Dies verkennt die Klägerin, wenn sie (u.a.) auf die Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG verweist, die Hochschulen zur Berücksichtigung der Elternzeit verpflichtet (vgl. auch § 16 Abs. 3 HRG). Danach müssen Prüfungsordnungen Schutzbestimmungen entsprechend (…) den Fristen der gesetzlichen Bestimmungen über die Elternzeit vorsehen und deren Inanspruchnahme ermöglichen; sie müssen flexible Fristen ermöglichen, wenn Studierende Familienpflichten wahrzunehmen haben (vgl. etwa § 8 Abs. 3 der Studien- und Prüfungsordnung der Universität Heidelberg für den Bachelor-Studiengang Biochemie vom 13.02.2012, Mitteilungsblatt des Rektors vom 29.02.2012, S. 185: „Bei seiner Entscheidung, ob die Überschreitung einer Frist für die Anmeldung oder Ablegung von Prüfungen vom Prüfling zu vertreten ist, hat der Prüfungsausschuss die Schutzbestimmungen … entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen über die Elternzeit zu beachten und deren Inanspruchnahme zu ermöglichen“). Diese Norm berührt das Interesse an der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen nicht in vergleichbarer Weise. Sie ist darauf gerichtet zu verhindern, dass ein Studierender, der wegen der während des Studiums notwendig werdenden Betreuung von Kindern bzw. der Inanspruchnahme von Elternzeit vorgeschriebene Prüfungsfristen überschreitet, seinen Prüfungsanspruch endgültig verliert (vgl. LT-Drs. 14/3390, S. 94, sowie § 34 Abs. 2 und Abs. 3 LHG; vgl. auch Reich, Hochschulrahmengesetz, 10. Aufl. 2007, § 16 Rn. 5). Als Mittel hierfür dient die Verschiebung von Prüfungen oder die Verlängerung von Prüfungsfristen (vgl. Waldeyer, in: Hailbronner/Geis , Hochschulrecht in Bund und Ländern, Stand: September 2004, § 16 HRG Rn. 39, 47). § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG regelt nicht innerhalb einer begonnenen Prüfung geltende Bestehensvoraussetzungen, die Bestimmung bezieht sich vielmehr auf die gedanklich vorgelagerte Frage, bis zu welchem Zeitpunkt eine Prüfung (spätestens) abzulegen ist (vgl. Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rn. 214 ff.). Anders als § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. betrifft sie somit nicht die eigentlichen Leistungsanforderungen und damit auch nicht den unmittelbaren Wettbewerb zwischen den Prüflingen.
47 
Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme nicht fern, eine Verlängerung der in § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. normierten Zwei-Jahres-Frist um eine in Anspruch genommene Elternzeit bereits für mit der Chancengleichheit unvereinbar anzusehen (in diesem Sinne wohl BVerwG, Urt. v. 15.03.1968 - VII C 46.67 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 33, zum Gesichtspunkt des Schwangerschafts- bzw. Mutterschutzes). Dies kann indes dahinstehen. Denn jedenfalls bestehen keinerlei Zweifel an der Berechtigung des Normgebers, im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bei der Abwägung der konkurrierenden privaten und öffentlichen Belange dem Grundsatz der Chancengleichheit den Vorrang einzuräumen und eine maßvolle, einheitlich für alle Wiederholer geltende Maximal-Frist von zwei Jahren vorzusehen (zur Bedeutung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers vgl. auch BGH, Urteil vom 21.11.2011 - NotZ (Brfg) 3/11 -, NJW 2012, 531, im Hinblick auf ein Begehren auf Wiederbestellung des Anwaltsnotars bei mehr als einjähriger Amtsniederlegung wegen Kinderbetreuung).
48 
Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen, dass der Normgeber zugunsten der geltenden Regelung weitere Gesichtspunkte ins Feld führen kann.
49 
Die klare zeitliche Begrenzung der Befreiungsmöglichkeit dient nämlich - neben der Vermeidung von Abgrenzungsproblemen - auch dem Ziel sicherzustellen, dass der Zweck der Fortbildungsprüfung tatsächlich erreicht werden kann. Liegt die Erstprüfung, in der der Wiederholer einzelne Prüfungsleistungen bestanden hat, zu lange zurück, besteht die Gefahr, dass die damals erbrachten Leistungen im Zeitpunkt der Wiederholungsprüfung keine ausreichenden Schlüsse mehr auf das Vorliegen der erforderlichen Qualifikation eines Industriefachwirts zulassen und mit der Prüfungserleichterung letztlich der Zweck der Fortbildungsprüfung verfehlt wird. Auch diesem Gesichtspunkt und damit dem öffentlichen Interesse an qualifizierten Fachkräften in einer sich wandelnden Arbeitswelt (vgl. den Gesetzentwurf zum Berufsbildungsreformgesetz, BT-Drs. 15/3980, S. 38) trägt die bestehende Regelung Rechnung.
50 
Das Unterlassen des Normgebers ist aber auch deshalb nicht zu beanstanden, weil die mit der bestehenden Regelung verbundenen Nachteile für Prüfungsteilnehmer, die Kinder betreuen und Elternzeit in Anspruch nehmen, begrenzt sind. Bereits der Zeitraum von zwei Jahren ermöglicht die Berücksichtigung von Zeiten der Inanspruchnahme durch Kinderbetreuung bei Prüfungswiederholern. Auch ist der besondere Charakter der Fortbildungsprüfung in Rechnung zu stellen. Wird diese - wie wohl im Regelfall - berufsbegleitend abgelegt, kann die Prüfungsvorbereitung nur außerhalb der normalen Arbeitszeit erfolgen. Gemessen daran dürfte sich die Situation eines Prüfungsteilnehmers, der Kinder zu betreuen hat, nicht wesentlich ungünstiger darstellen. Vor allem aber besteht der Nachteil für den Prüfungsteilnehmer, der die Prüfung nicht innerhalb der Zwei-Jahres-Frist wiederholen kann, allein in dem Verlust einer Prüfungserleichterung mit der Folge, dass nunmehr auch in der Erstprüfung bereits bestandene Prüfungsfächer in der Wiederholungsprüfung nochmals abgelegt werden müssen. Letztlich werden somit lediglich die für den Erstprüfling geltenden Prüfungsbedingungen und damit die volle Chancengleichheit der Prüfungsteilnehmer wiederhergestellt.
51 
Das begrenzte Ausmaß dieses Nachteils wird deutlich, wenn die bereits erwähnte hochschulrechtliche Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG gegenübergestellt wird, die die grundrechtlichen Belange des Prüfungsteilnehmers weit massiver betrifft. Die bei Überschreitung von Prüfungsfristen drohende Sanktion des Verlusts des Prüfungsanspruchs (vgl. § 34 Abs. 2 und Abs. 3 LHG sowie Kalous, in: Haug, Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2009, Rn. 647, 661) kann den Zugang zu einem bestimmten Beruf endgültig versperren und ist deshalb mit Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, weil sie das Vertretenmüssen der Fristüberschreitung voraussetzt (vgl. Senatsurteil vom 07.07.1980 - 9 S 111/79 -, DÖV 1981, 84; Nds. OVG, Urt. v. 20.12.1994 - 10 L 1179/92 -, Juris; OVG NRW, Urteil vom 25.01.1978 - XVI A 1957/77 -, DÖV 1979, 418; siehe dazu auch Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rn. 215 m.w.N.). § 34 Abs. 1 Satz 2 LHG dient insoweit der Vermeidung einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Grundrechts des Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG. Mit dieser Situation ist die Lage des Teilnehmers an einer Fortbildungsprüfung bei Überschreitung der Frist des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. nicht vergleichbar. Diesem steht die Wiederholungsprüfung ohne zeitliche Begrenzung offen.
52 
2. Auch der auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung gerichtete Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Denn es liegen, wie dargelegt, bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 IndFachwirtPrV a.F. nicht vor. Im Übrigen eröffnet die Regelung kein Ermessen.
53 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
54 
Beschluss vom 24. Mai 2012
55 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 3, 52 Abs. 2 GKG).

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 125


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung. (2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann

Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit


Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 1 Ziele und Begriffe der Berufsbildung


(1) Berufsbildung im Sinne dieses Gesetzes sind die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. (2) Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Gru

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG | § 15 Anspruch auf Elternzeit


(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Elternzeit, wenn sie1.a)mit ihrem Kind,b)mit einem Kind, für das sie die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Absatz 3 oder 4 erfüllen, oderc)mit einem Kind, das sie in Vollzeitpflege nach § 33 d

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 56 Fortbildungsprüfungen


(1) Für die Durchführung von Prüfungen im Bereich der beruflichen Fortbildung errichtet die zuständige Stelle Prüfungsausschüsse. § 37 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 39 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 3 und die §§ 40 bis 42, 46 und 4

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 46 Entscheidung über die Zulassung


(1) Über die Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss. (2) Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, darf bei de

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 53 Fortbildungsordnungen der höherqualifizierenden Berufsbildung


(1) Als Grundlage für eine einheitliche höherqualifizierende Berufsbildung kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie oder mit dem sonst zuständigen Fachministerium nach A

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 71 Zuständige Stellen


(1) Für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung ist die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes. (2) Für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen ist die Industrie- und Handelskammer zuständige Stelle im S

Berufsbildungsgesetz - BBiG 2005 | § 54 Fortbildungsprüfungsregelungen der zuständigen Stellen


(1) Sofern für einen Fortbildungsabschluss weder eine Fortbildungsordnung noch eine Anpassungsfortbildungsordnung erlassen worden ist, kann die zuständige Stelle Fortbildungsprüfungsregelungen erlassen. Wird im Fall des § 71 Absatz 8 als zuständige S

Hochschulrahmengesetz - HRG | § 16 Prüfungsordnungen


Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. Prüfungsanforderung und -verfahren sind so zu gestalten, daß die Abschlußprüfung innerhalb der Regelstudienzeit

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Mai 2012 - 9 S 2246/11 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Mai 2012 - 9 S 2246/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 10. März 2010 - 1 BvL 11/07

bei uns veröffentlicht am 10.03.2010

Gründe 1 Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass für die Bestimmung der
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 24. Mai 2012 - 9 S 2246/11.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 06. Aug. 2012 - 9 S 1904/11

bei uns veröffentlicht am 06.08.2012

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Februar 2011 - 7 K 1535/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

Referenzen

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Über die Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss.

(2) Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, darf bei der Entscheidung über die Zulassung hieraus kein Nachteil erwachsen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Über die Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss.

(2) Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, darf bei der Entscheidung über die Zulassung hieraus kein Nachteil erwachsen.

(1) Als Grundlage für eine einheitliche höherqualifizierende Berufsbildung kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie oder mit dem sonst zuständigen Fachministerium nach Anhörung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Abschlüsse der höherqualifizierenden Berufsbildung anerkennen und hierfür Prüfungsregelungen erlassen (Fortbildungsordnungen).

(2) Die Fortbildungsordnungen haben festzulegen:

1.
die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses,
2.
die Fortbildungsstufe,
3.
das Ziel, den Inhalt und die Anforderungen der Prüfung,
4.
die Zulassungsvoraussetzungen für die Prüfung und
5.
das Prüfungsverfahren.

(3) Abweichend von Absatz 1 werden Fortbildungsordnungen

1.
in den Berufen der Landwirtschaft, einschließlich der ländlichen Hauswirtschaft, durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung erlassen und
2.
in Berufen der Hauswirtschaft durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung erlassen.

(1) Für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung ist die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen ist die Industrie- und Handelskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(3) Für die Berufsbildung in Berufen der Landwirtschaft, einschließlich der ländlichen Hauswirtschaft, ist die Landwirtschaftskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(4) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Rechtspflege sind jeweils für ihren Bereich die Rechtsanwalts-, Patentanwalts- und Notarkammern und für ihren Tätigkeitsbereich die Notarkassen zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung sind jeweils für ihren Bereich die Wirtschaftsprüferkammern und die Steuerberaterkammern zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(6) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Gesundheitsdienstberufe sind jeweils für ihren Bereich die Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte- und Apothekerkammern zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(7) Soweit die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung und die berufliche Umschulung in Betrieben zulassungspflichtiger Handwerke, zulassungsfreier Handwerke und handwerksähnlicher Gewerbe durchgeführt wird, ist abweichend von den Absätzen 2 bis 6 die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(8) Soweit Kammern für einzelne Berufsbereiche der Absätze 1 bis 6 nicht bestehen, bestimmt das Land die zuständige Stelle.

(9) Zuständige Stellen können vereinbaren, dass die ihnen jeweils durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben im Bereich der Berufsbildung durch eine von ihnen für die Beteiligten wahrgenommen werden. Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung durch die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden.

(1) Sofern für einen Fortbildungsabschluss weder eine Fortbildungsordnung noch eine Anpassungsfortbildungsordnung erlassen worden ist, kann die zuständige Stelle Fortbildungsprüfungsregelungen erlassen. Wird im Fall des § 71 Absatz 8 als zuständige Stelle eine Landesbehörde bestimmt, so erlässt die zuständige Landesregierung die Fortbildungsprüfungsregelungen durch Rechtsverordnung. Die Ermächtigung nach Satz 2 kann durch Rechtsverordnung auf die von ihr bestimmte zuständige Stelle übertragen werden.

(2) Die Fortbildungsprüfungsregelungen haben festzulegen:

1.
die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses,
2.
das Ziel, den Inhalt und die Anforderungen der Prüfungen,
3.
die Zulassungsvoraussetzungen für die Prüfung und
4.
das Prüfungsverfahren.

(3) Bestätigt die zuständige oberste Landesbehörde,

1.
dass die Fortbildungsprüfungsregelungen die Voraussetzungen des § 53b Absatz 2 und 3 sowie des § 53a Absatz 2 erfüllen, so beginnt die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses mit den Wörtern „Geprüfter Berufsspezialist für“ oder „Geprüfte Berufsspezialistin für“,
2.
dass die Fortbildungsprüfungsregelungen die Voraussetzungen des § 53c Absatz 2 und 3 erfüllen, so beginnt die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses mit den Wörtern „Bachelor Professional in“,
3.
dass die Fortbildungsprüfungsregelungen die Voraussetzungen des § 53d Absatz 2 und 3 erfüllen, so beginnt die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses mit den Wörtern „Master Professional in“.
Der Abschlussbezeichnung nach Satz 1 ist in Klammern ein Zusatz beizufügen, aus dem sich zweifelsfrei die zuständige Stelle ergibt, die die Fortbildungsprüfungsregelungen erlassen hat. Die Fortbildungsprüfungsregelungen können vorsehen, dass dieser Abschlussbezeichnung eine weitere Abschlussbezeichnung vorangestellt wird.

(4) Eine Abschlussbezeichnung, die in einer von der zuständigen obersten Landesbehörde bestätigten Fortbildungsprüfungsregelung enthalten ist, darf nur führen, wer die Prüfung bestanden hat.

Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. Prüfungsanforderung und -verfahren sind so zu gestalten, daß die Abschlußprüfung innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgelegt werden kann. Prüfungsordnungen müssen die Inanspruchnahme der Schutzfristen des § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Fristen der landesrechtlichen Regelungen über die Elternzeit ermöglichen. Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen. Die Genehmigung einer Prüfungsordnung ist zu versagen, wenn sie eine mit § 11 oder § 19 unvereinbare Regelstudienzeit vorsieht. Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Prüfungsordnung anderen Vorschriften über die Regelstudienzeit nicht entspricht. Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann die Änderung einer geltenden Prüfungsordnung insbesondere verlangen, wenn diese den Anforderungen der Sätze 2 bis 6 nicht entspricht.

(1) Für die Durchführung von Prüfungen im Bereich der beruflichen Fortbildung errichtet die zuständige Stelle Prüfungsausschüsse. § 37 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 39 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 3 und die §§ 40 bis 42, 46 und 47 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Der Prüfling ist auf Antrag von der Ablegung einzelner Prüfungsbestandteile durch die zuständige Stelle zu befreien, wenn

1.
er eine andere vergleichbare Prüfung vor einer öffentlichen oder einer staatlich anerkannten Bildungseinrichtung oder vor einem staatlichen Prüfungsausschuss erfolgreich abgelegt hat und
2.
die Anmeldung zur Fortbildungsprüfung innerhalb von zehn Jahren nach der Bekanntgabe des Bestehens der Prüfung erfolgt.

(1) Über die Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss.

(2) Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, darf bei der Entscheidung über die Zulassung hieraus kein Nachteil erwachsen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Gründe

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass für die Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden Recht ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen ist, wenn der Anspruchsberechtigte innerhalb von zwei Jahren vor Entstehung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ein Kind unter drei Jahren betreut hat und keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist, vor der Geburt des Kindes jedoch ein gegenüber dem fiktiven Arbeitsentgelt höheres Bruttoarbeitsentgelt bezogen hat.

I.

2

1. Die Höhe des Arbeitslosengeldes regelt § 129 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB II). Das Arbeitslosengeld beträgt danach

3

1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 des Einkommensteuer-gesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),

4

2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz)

5

des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Die Regelungen zur Bestimmung des Bemessungsentgelts sind mit Wirkung zum 1. Januar 2005 geändert worden.

6

a) Nach § 132 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (SGB III a.F.) war das Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende beitragspflichtige Entgelt. Für seine Berechnung war das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F.). Der Bemessungszeitraum umfasste nach § 130 Abs. 1 SGB III a.F. die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten waren und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruches abgerechnet waren. Enthielt der Bemessungszeitraum weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, so verlängerte er sich nach § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. um weitere Entgeltabrechnungszeiträume, bis 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt erreicht waren. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes blieben u.a. Zeiten außer Betracht, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat, soweit wegen der Betreuung oder Erziehung eines Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gemindert war, oder - für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 - nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a SGB III Versicherungspflicht wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld oder der Erziehung eines Kindes bestand (§ 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.).

7

Nach der Rechtsprechung war auch nach der damaligen Rechtslage zwischen dem Bemessungszeitraum, d.h. den berücksichtigungsfähigen Entgeltabrechnungszeiträumen, sofern sie die erforderliche Mindestzahl von 39 Arbeitswochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthielten, und dem Bemessungsrahmen, d.h. grundsätzlich die letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, zu unterscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 13; BSGE 100, 295 <300 Rn. 26>, jeweils m.w.N.). Dass nach § 131 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. bestimmte Zeiten "außer Betracht" blieben, hatte zur Folge, dass sie als Entgeltabrechnungszeiträume innerhalb des Bemessungsrahmens nicht berücksichtigt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 18). Waren im Bemessungsrahmen ohne die außer Betracht bleibenden Zeiten weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt vorhanden, verlängerte sich der Bemessungszeitraum um weitere Entgeltabrechnungszeiträume bis 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt vorhanden waren (vgl. BSGE 100, 295 <300 Rn. 27> m.w.N.). In der Sache konnte damit nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F. der Bemessungszeitraum um die ersten 24 Lebensmonate bei leiblichen Kindern oder für die Dauer von maximal zwei Jahren bei angenommenen Kindern (vgl. § 4 Abs. 1 BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) oder für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 um die Zeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des betreuten Kindes bzw. die gesetzlichen Mutterschutzfristen (§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG i.V.m. § 200 Abs. 1 RVO) hinaus geschoben werden und so in Zeiträume hineinreichen, in denen ein Anspruch auf ungemindertes Arbeitsentgelt bestand oder die wöchentliche Arbeitszeit nicht reduziert war (vgl. BTDrucks 14/7347, S. 73 zu Art. 1 Nr. 43).

8

Die Ausdehnung des Bemessungszeitraums unterlag jedoch einer absoluten Grenze, die sich aus § 133 Abs. 4 SGB III a.F. ergab. Danach war das Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs nicht festgestellt werden konnte. Damit hatte auch bis zum 31. Dezember 2004 eine fiktive Bemessung zu erfolgen, falls sich innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kein ausreichend langer Bemessungszeitraum mit mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt ohne die Zeiten erziehungsbedingter Minderung der Arbeitszeit bzw. des Arbeitsentgelts feststellen ließ (vgl. BSGE 100, 295 <299 f. Rn. 24, 27>; LSG NRW, Urteil vom 10. März 2003 - L 12 AL 83/03 -, juris, Rn. 28; BTDrucks 14/7347, S. 73 zu Art. 1 Nr. 43).

9

Eine ähnliche Regelung enthielt bereits das bis zum 31. Dezember 1997 geltende Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach § 112 Abs. 7 2. Alt AFG war von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung von dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts in Betracht kam, wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Entstehung des Anspruchs länger als drei Jahre zurück lag.

10

b) Durch Art. 1 Nr. 71 und 72 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2848) ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 (Art. 124 Abs. 3 des Gesetzes) das Recht der Bestimmung des Bemessungsentgelts reformiert worden. Die hier maßgeblichen Regelungen erhielten folgenden Wortlaut:

11

§ 130

12

Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen

13

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

14

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

15

16

3. Zeiten, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen hat, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,

17

18

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

19

1. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder

20

21

§ 131

22

Bemessungsentgelt

23

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

24

25

§ 132

26

Fiktive Bemessung

27

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

28

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

29

1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,

30

2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,

31

3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,

32

4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.

33

Die Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung wird in § 18 SGB IV definiert und durch eine auf der Grundlage von § 17 Abs. 2 SGB IV erlassenen Rechtsverordnung (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung) im Voraus für jedes Kalenderjahr für die alten Bundesländer einerseits und das Beitrittsgebiet andererseits (Bezugsgröße Ost, § 18 Abs. 2 SGB IV) bestimmt.

34

2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens war vom 1. Dezember 2000 bis zum 14. Januar 2003 versicherungspflichtig in den alten Bundesländern als Buchhalterin beschäftigt. Ab dem 15. Januar 2003 befand sie sich im Mutterschutz und bezog Mutterschaftsgeld bis zum 23. April 2003. Am 22. Februar 2003 brachte sie ihr Kind zur Welt. Anschließend bezog sie bis zum 21. Februar 2005 Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und sodann, nachdem sie zwischenzeitlich nach Sachsen umgezogen war, bis zum 21. November 2005 Erziehungsgeld nach dem Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetz. Nach Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses meldete sie sich zum 11. Januar 2006 bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens arbeitslos. Diese bewilligte der Klägerin des Ausgangsverfahrens ab dem 11. Januar 2006 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 25,85 Euro. Bei der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes legte sie, wie sie später im Widerspruchsbescheid erläuterte, ein fiktives Bemessungsentgelt ausgehend von der Qualifikationsgruppe 3 und der Bezugsgröße (Ost) zugrunde. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage macht die Klägerin des Ausgangsverfahrens sinngemäß geltend, als Bemessungsentgelt für die Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes müsse das zuletzt vor der Geburt ihres Kindes bezogene Bruttoarbeitsentgelt zugrunde gelegt werden.

35

3. Mit Beschluss vom 12. September 2007 hat das Sozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

36

a) Verstößt § 130 SGB III der ab 1.1.2005 maßgebenden Fassung gegen Art 6 Abs 4 GG oder Art 3 GG, soweit aufgrund dieser Regelung eine fiktive Bemessung nach § 132 SGB III und nicht eine Bemessung aufgrund real erwirtschafteter Sozialversicherungsbeiträge zu erfolgen hat, wenn ein Elternteil ein Kind unter drei Jahren mehr als 580 Tage Vollzeit betreut und erzieht statt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen?

37

b) Widerspricht die Regelung des § 132 SGB III dem Gleichheitsgebot, soweit betreuende Eltern, deren Bemessungsentgelt auf der Grundlage des real erzielten Arbeitseinkommens höher wäre, durch diese Berechnung schlechter gestellt werden, wohingegen betreuende Eltern, deren Realeinkommen niedriger war, sogar bessergestellt werden?

38

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfassungsmäßigkeit der genannten Vorschriften sei entscheidungserheblich. Gemäß § 132 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung sei ein fiktives Bemessungsentgelt zugrunde zu legen, weil für die Klägerin auch in dem nach § 130 Abs. 3 SGB III erweiterten Bemessungsrahmen vom 11. Januar 2004 bis zum 10. Januar 2006 kein Tag mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen sei. Die Beklagte habe die Klägerin auch im Sinne von § 132 Abs. 2 SGB III zutreffend in die Qualifikationsgruppe 3 eingeordnet. Anders wäre die Situation dann, wenn sich die alleinerziehende Klägerin durchgerungen hätte, ihr Kind im Bemessungsrahmen mindestens 150 Tage in eine Fremdbetreuung zu geben und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen. Denn hätte sie sich innerhalb des zweijährigen Bemessungsrahmens (730 Tage) höchstens 580 Tage ganz der Pflege ihres Kindes gewidmet, wäre nicht nur keine fiktive Berechnung gemäß § 132 SGB III vorzunehmen, sondern die Klägerin würde darüber hinaus gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III privilegiert. Zwar dürfte entgegen der Auffassung der Beklagten die Anwendung der Bezugsgröße West zutreffend sein. Aber selbst wenn in diesem Punkt eine zugunsten der Klägerin von den Bescheiden der Beklagten abweichende Entscheidung erginge, bliebe es dabei, dass die fiktive Bemessung nach § 132 SGB III sie erheblich schlechter stelle als eine Berechnung auf der Grundlage ihres tatsächlich erwirtschafteten Arbeitsentgeltes, was eine gegenüberstellende Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes auf der Grundlage der Bezugsgröße Ost, der Bezuggröße West und des im Zeitraum vom 15. Januar 2002 bis zum 14. Januar 2003 bezogenen Bruttoarbeitsentgelts zeige.

39

Das Gericht sei von der Verfassungswidrigkeit der §§ 130, 132 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung überzeugt, weil das an sich zu begrüßende Bestreben des Gesetzgebers, die Regelungen über das Bemessungsentgelt zu vereinfachen, mit den im Grundgesetz verankerten Grundwerten kollidiere. Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG schütze die Familie zunächst und zuvörderst als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft. Dem liege die Erkenntnis zugrunde, dass die leibliche und seelische Entwicklung der Kinder in der Familie und in der elterlichen Erziehung eine wesentliche Grundlage finde und gerade die ersten Lebensjahre das Fundament für die gesamte weitere Entwicklung des Kindes bildeten und deshalb besonders schützenswert seien. Unvereinbar mit dieser verfassungsrechtlich geschützten Grunderkenntnis sei es, dass ein Elternteil, der sich entschließe, sich nach der Geburt des Kindes uneingeschränkt seinem Kind zu widmen, finanziell benachteiligt werde gegenüber anderen Eltern, die sich entschlössen, neben ihrer Betreuungsleistung im aufgezeigten Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen, und hierdurch - wie dargestellt - eine doppelte Privilegierung erführen.

40

Dies lasse sich auch nicht unter der Annahme rechtfertigen, ein Ausstieg aus dem Erwerbsleben führe zu einer Erschwerung des Wiedereinstieges. Denn selbst wenn dies zuträfe, wäre dies in diesem konkreten Zusammenhang, in dem die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit der Betreuung eines Kleinkindes diene, kein sachlicher Grund, der eine Schlechterstellung zu rechtfertigen vermöge. Dies werde im vorliegenden Fall der alleinerziehenden Klägerin, die als Mutter überdies auch gemäß Art. 6 Abs. 4 GG einen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft habe und sich in einer nicht einfachen Lebenssituation befinde, besonders deutlich. Führe auch die Pauschalisierung in § 132 SGB III dazu, dass nicht jeder Leistungsempfänger in der Lebenssituation der Klägerin benachteiligt werde, so kompensiere dies nicht den dargestellten Eingriff. Denn die finanzielle Benachteiligung der Klägerin werde hierdurch nicht beseitigt, sondern eine Ungleichbehandlung geschaffen, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Hieran ändere sich auch nichts durch Wägung der im Prinzip zutreffenden Annahme, dass der Anspruch einer Mutter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft nicht dazu führe, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Denn diese Erkenntnis greife vorliegend zu kurz. Jede Familie, in der ein Kind heranwachse, verdiene die Fürsorge der Gemeinschaft und müsse sich mit Erfolg dagegen wehren können - jedenfalls im Rahmen des Sozialrechtes -, dass eine Vollzeitbetreuung in ihrer Bedeutung nicht nur nicht anerkannt werde, sondern mit einer Diskriminierung einhergehe.

II.

41

Die Vorlage ist unzulässig.

42

1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>). Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht in den Gründen seiner Entscheidung ausführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist.

43

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügt ein Vorlagebeschluss dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nur, wenn ihm zum Einen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 105, 61 <67> stRspr). Zum Anderen muss das vorlegende Gericht die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <78>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>). Es muss deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist. Dabei muss es sich intensiv mit der einfachen Rechtslage auseinandersetzen, auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen und die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen ebenso verarbeiten wie die Entstehungsgeschichte der betreffenden Norm (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 80, 96 <100>; 86, 52 <57>; 86, 71 <77 f.>; 89, 329 <337>; 92, 277 <312>; 105, 48 <56>).

44

2. Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht. Jedenfalls hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften nicht den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BVerfGG entsprechend dargelegt. Es meint sinngemäß, einem Elternteil, das sich entschließe, sich nach der Geburt uneingeschränkt seinem Kind zu widmen, dürften hieraus keine Nachteile im Hinblick auf die Höhe des Arbeitslosengeldes entstehen, und hält es dementsprechend für verfassungsrechtlich geboten, dass sich das Arbeitslosengeld für ein Elternteil, das ein Kind unter drei Jahren Vollzeit betreut hat und deswegen innerhalb von zwei Jahren vor der Erfüllung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, im Falle der Klägerin sogar noch darüber hinaus, keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, nach dem zuletzt vor der Geburt des Kindes bezogenen Bruttoarbeitsentgelt richtet. Eine nachvollziehbare und verfassungsrechtlich fundierte Begründung für dieses Ergebnis enthält der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss jedoch nicht.

45

a) Das vorlegende Gericht stützt sich wesentlich auf eine angeblich aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 2 GG folgende "verfassungsrechtlich geschützte Grunderkenntnis", wonach gerade die ersten Lebensjahre das Fundament für die gesamte weitere Entwicklung des Kindes bildeten und deshalb besonders schützenswert seien. Aus welchem normativen Gehalt des Art. 6 GG sich eine solche "Grunderkenntnis" ergeben soll und welche konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen hieraus abgeleitet werden können sollen, legt es jedoch nicht dar. Auf die verschiedenen, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten grundrechtlichen Gewährleistungsgehalte des Art. 6 Abs. 1 GG (Freiheitsrecht, Benachteiligungsverbot, Schutz- und Förderungsgebot; vgl. hierzu bereits BVerfGE 6, 55 <71 ff.> und zusammenfassend BVerfGE 99, 216 <232>) geht das Sozialgericht nicht ein. Keine Erwähnung findet auch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach zwar aus dem Schutz und Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG die Aufgabe des Staates folgt, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. BVerfGE 99, 216 <234>), der Staat jedoch nicht gehalten ist, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen, und sich aus dem Verfassungsauftrag konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten lassen (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 110, 412 <445>).

46

b) Darüber hinaus erschließt sich nicht, welche Bedeutung Art. 6 Abs. 4 GG, auf den der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss ergänzend verweist, für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Vorschriften im konkreten Fall zukommen soll. Die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach aus Art. 6 Abs. 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 94, 241 <259>), erwähnt das Sozialgericht ebenso wenig wie die daraus in der Literatur gezogene Schlussfolgerung, Belastungen, die der Mutter durch die Betreuung und Erziehung des Kindes entstünden, eröffneten den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht, da sie auch Väter gleichermaßen treffen könnten (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 6 Rn. 53 m.w.N.). Im Falle der Klägerin des Ausgangsverfahrens sind es auch nicht die Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG, die dazu führen, dass gemäß § 132 Abs. 1 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt anzusetzen ist. Diese lagen vielmehr außerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens nach § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB III (anders insoweit der dem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Aachen vom 23. Juli 2007 - S 21 AL 38/06 -, juris, Rn. 2, 44 ff. , zugrunde liegende Sachverhalt).

47

c) Schließlich genügen auch die Ausführungen zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, den das vorlegende Gericht in seiner Begründung allerdings nicht ausdrücklich als verfassungsrechtlichen Maßstab nennt, den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BVerfGG nicht.

48

Die der ersten Vorlagefrage zugrunde liegende Auffassung des vorlegenden Gerichts, andere Eltern, die ihr Kind während eines zweijährigen, d.h. 730 Tage umfassenden, erweiterten Bemessungsrahmen für mindestens 150 Tage in eine Fremdbetreuung gäben und einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgingen, würden gegenüber Eltern, die sich wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens in diesem Zeitraum für mehr als 580 Tage ganz der Pflege ihres Kindes widmeten, "doppelt" privilegiert , da bei ihnen nicht nur keine fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III erfolge, sondern sie auch in den Genuss der Regelung des § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III kämen, ist nicht vollständig nachvollziehbar. Eine Bemessung auf der Grundlage des real erzielten Arbeitsentgelts erfolgt sicherlich dann, wenn ein Elternteil innerhalb des ggf. auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens für mindestens 150 Tage eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgeübt hat, ohne dass in dieser Zeit das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes gemindert war. Geht ein dem Grunde nach Arbeitslosengeldberechtigter jedoch während des gesamten erweiterten Bemessungsrahmens oder zumindest für mehr als 580 Tage wegen der Betreuung seines Kindes lediglich einer versicherungspflichtigen Teilzeittätigkeit nach, kann die Regelung des § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III durchaus zu einer fiktiven Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III führen. Die Regelung des § 130 Abs. 2 SGB III bewirkt nämlich nach verbreitet vertretener Auffassung ebenso wie die entsprechende Vorschrift des § 131 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F., dass die genannten Zeiten so behandelt werden, als handele es sich nicht um Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III (vgl. SG Aachen, Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 23. Juli 2007 - S 21 AL 38/06 -, juris, Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2008 - L 3 AL 4581/06 -, juris, Rn. 25; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 130 Rn. 45 ; Behrend, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 Rn. 80 ; zur früheren Rechtslage vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 18), mit der Folge, dass es an den erforderlichen 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt fehlen kann. Ob § 130 Abs. 2 SGB III teleologisch zu reduzieren ist, wenn seine Anwendung und die damit einhergehende fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III zu einer für den Arbeitslosen ungünstigen Berechnung führt, ist umstritten (dafür z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2008 - L 3 AL 4581/06 -, juris, Rn. 27; Rolfs, in: Gagel, SGB III, § 130 Rn. 43 ; Behrend, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 Rn. 61 ; dagegen z.B. Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 130 Rn. 46 ).

49

Das vorlegende Gericht befasst sich darüber hinaus nicht hinreichend damit, ob die von ihm festgestellte Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Dies gilt vor allem in Bezug auf die zweite Vorlagefrage. Insoweit beschränken sich die Ausführungen auf die nicht weiter begründete Behauptung, durch die Pauschalierung in § 132 SGB III, die - so das Sozialgericht sinngemäß - manche betreuenden Eltern gegenüber einer Bemessung auf der Grundlage des zuletzt bezogenen Arbeitsentgelts besser stelle, werde eine Ungleichbehandlung geschaffen, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Aber auch die der ersten Vorlagefrage zugrunde liegenden Erwägungen lassen eine sorgfältige Prüfung, ob ein sachlicher Grund für die festgestellte Ungleichbehandlung besteht, nicht erkennen. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht insoweit entwickelt hat (vgl. hierzu z.B. BVerfGE 87, 1 <36 f.>; 110, 412 <431 ff.>), werden weder genannt noch geprüft.

50

Vor allem setzt sich das vorlegende Gericht nicht damit auseinander, dass auch frühere Regelungen (§ 112 Abs. 7 2. Alt. AFG; § 133 Abs. 4 SGB III a.F.) eine fiktive Bestimmung des Bemessungsentgelts vorsahen, wenn die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung im Zeitpunkt der Entstehung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld schon längere Zeit zurück lag, und befasst sich nicht mit dem Sinn und Zweck des Ansatzes eines fiktiven Bemessungsentgelts. Dieser erschließt sich aus der Funktion des Arbeitslosengeldes als Lohnersatzleistung: Das Arbeitslosengeld soll das Arbeitsentgelt ersetzen, das der Arbeitslose wegen der Arbeitslosigkeit aktuell, also in einer potentiellen neuen Beschäftigung nicht erzielt (sog. Entgeltausfallprinzip; vgl. BTDrucks 13/5062, S. 6; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 1993 - 1 BvR 1754/92 -, juris, Rn. 6). Dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt misst das Gesetz dabei grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne bei, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeigt, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 2. Februar 1995 - 11 RAr 21/94 -, juris, Rn. 23). Bereits unter der Geltung des AFG nahm der Gesetzgeber jedoch an, dass diese Indizwirkung in Frage gestellt wird, wenn aufgrund längerer Arbeitsunterbrechungen der Bemessungszeitraum immer weiter ausgedehnt und das Arbeitslosengeld nach einem Arbeitsentgelt aus einer Zeit bemessen werden müsste, die länger als drei Jahre zurück liegt: Bei noch länger zurück liegenden Bemessungsentgelten sei die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, dass der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft verdienen könne (vgl. BTDrucks 8/1053, S. 13 zu Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b). Diese Überlegungen lagen der Regelung des § 133 Abs. 4 SGB III a.F. ebenfalls zugrunde (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10. März 2004 - L 12 AL 83/03 -, juris, Rn. 26; Pawlak, in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 11 Rn. 20 f.) und sind ebenso für die aktuelle Regelung des § 132 Abs. 1 SGB III maßgeblich (vgl. BSGE 100, 295 <305 ff. Rn. 40 ff.>). Ob vor diesem Hintergrund auch im Falle der Klägerin des Ausgangsverfahrens der Ansatz eines fiktiven Bemessungsentgelts gerechtfertigt sein könnte, erörtert das vorlegende Gericht nicht.

51

Schließlich setzt sich das vorlegende Gericht nicht damit auseinander, dass Art. 3 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung von staatlichen Leistungen für eine familienpolitische Förderung durch Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub entschieden hat, nicht verpflichtet, diese Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Regelungen uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGK 4, 215 <218 f.>). In seine Erwägungen bezieht es auch nicht ein, dass Eltern, die, wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens, wegen der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder unter drei Jahren keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, in der Arbeitslosenversicherung seit dem 1. Januar 2003 immerhin dadurch begünstigt werden, dass sie während der Erziehungszeit gemäß § 26 Abs. 2a SGB III in einem Versicherungspflichtverhältnis stehen und so die Anwartschaftszeit nach §§ 123, 124 SGB III für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllen können.

52

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Elternzeit, wenn sie

1.
a)
mit ihrem Kind,
b)
mit einem Kind, für das sie die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Absatz 3 oder 4 erfüllen, oder
c)
mit einem Kind, das sie in Vollzeitpflege nach § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch aufgenommen haben,
in einem Haushalt leben und
2.
dieses Kind selbst betreuen und erziehen.
Nicht sorgeberechtigte Elternteile und Personen, die nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c Elternzeit nehmen können, bedürfen der Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils.

(1a) Anspruch auf Elternzeit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch, wenn sie mit ihrem Enkelkind in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen und

1.
ein Elternteil des Kindes minderjährig ist oder
2.
ein Elternteil des Kindes sich in einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde und die Arbeitskraft des Elternteils im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt.
Der Anspruch besteht nur für Zeiten, in denen keiner der Elternteile des Kindes selbst Elternzeit beansprucht.

(2) Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 3 Absatz 2 und 3 des Mutterschutzgesetzes wird für die Elternzeit der Mutter auf die Begrenzung nach den Sätzen 1 und 2 angerechnet. Bei mehreren Kindern besteht der Anspruch auf Elternzeit für jedes Kind, auch wenn sich die Zeiträume im Sinne der Sätze 1 und 2 überschneiden. Bei einem angenommenen Kind und bei einem Kind in Vollzeit- oder Adoptionspflege kann Elternzeit von insgesamt bis zu drei Jahren ab der Aufnahme bei der berechtigten Person, längstens bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes genommen werden; die Sätze 2 und 4 sind entsprechend anwendbar, soweit sie die zeitliche Aufteilung regeln. Der Anspruch kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(3) Die Elternzeit kann, auch anteilig, von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c entsprechend.

(4) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin darf während der Elternzeit nicht mehr als 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sein. Eine im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignete Tagespflegeperson darf bis zu fünf Kinder in Tagespflege betreuen, auch wenn die wöchentliche Betreuungszeit 32 Stunden übersteigt. Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder selbstständige Tätigkeit nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung des Arbeitgebers. Dieser kann sie nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen.

(5) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung beantragen. Der Antrag kann mit der schriftlichen Mitteilung nach Absatz 7 Satz 1 Nummer 5 verbunden werden. Über den Antrag sollen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb von vier Wochen einigen. Lehnt der Arbeitgeber den Antrag ab, so hat er dies dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin innerhalb der Frist nach Satz 3 mit einer Begründung mitzuteilen. Unberührt bleibt das Recht, sowohl die vor der Elternzeit bestehende Teilzeitarbeit unverändert während der Elternzeit fortzusetzen, soweit Absatz 4 beachtet ist, als auch nach der Elternzeit zu der Arbeitszeit zurückzukehren, die vor Beginn der Elternzeit vereinbart war.

(6) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann gegenüber dem Arbeitgeber, soweit eine Einigung nach Absatz 5 nicht möglich ist, unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner oder ihrer Arbeitszeit beanspruchen.

(7) Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gelten folgende Voraussetzungen:

1.
Der Arbeitgeber beschäftigt, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
2.
das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen besteht ohne Unterbrechung länger als sechs Monate,
3.
die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang von nicht weniger als 15 und nicht mehr als 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats verringert werden,
4.
dem Anspruch stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen und
5.
der Anspruch auf Teilzeit wurde dem Arbeitgeber
a)
für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes sieben Wochen und
b)
für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes 13 Wochen
vor Beginn der Teilzeittätigkeit schriftlich mitgeteilt.
Der Antrag muss den Beginn und den Umfang der verringerten Arbeitszeit enthalten. Die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit soll im Antrag angegeben werden. Falls der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit ablehnt, muss die Ablehnung innerhalb der in Satz 5 genannten Frist und mit schriftlicher Begründung erfolgen. Hat ein Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit
1.
in einer Elternzeit zwischen der Geburt und dem vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes nicht spätestens vier Wochen nach Zugang des Antrags oder
2.
in einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes nicht spätestens acht Wochen nach Zugang des Antrags
schriftlich abgelehnt, gilt die Zustimmung als erteilt und die Verringerung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers als festgelegt. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 5 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht innerhalb der in Satz 5 genannten Fristen die gewünschte Verteilung schriftlich abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers als festgelegt. Soweit der Arbeitgeber den Antrag auf Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit rechtzeitig ablehnt, kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Klage vor dem Gericht für Arbeitssachen erheben.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Berufsbildung im Sinne dieses Gesetzes sind die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung.

(2) Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen.

(3) Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.

(4) Die berufliche Fortbildung soll es ermöglichen,

1.
die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Anpassungsfortbildung zu erhalten und anzupassen oder
2.
die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Fortbildung der höherqualifizierenden Berufsbildung zu erweitern und beruflich aufzusteigen.

(5) Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. Prüfungsanforderung und -verfahren sind so zu gestalten, daß die Abschlußprüfung innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgelegt werden kann. Prüfungsordnungen müssen die Inanspruchnahme der Schutzfristen des § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Fristen der landesrechtlichen Regelungen über die Elternzeit ermöglichen. Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen. Die Genehmigung einer Prüfungsordnung ist zu versagen, wenn sie eine mit § 11 oder § 19 unvereinbare Regelstudienzeit vorsieht. Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Prüfungsordnung anderen Vorschriften über die Regelstudienzeit nicht entspricht. Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann die Änderung einer geltenden Prüfungsordnung insbesondere verlangen, wenn diese den Anforderungen der Sätze 2 bis 6 nicht entspricht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Über die Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss.

(2) Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, darf bei der Entscheidung über die Zulassung hieraus kein Nachteil erwachsen.

(1) Als Grundlage für eine einheitliche höherqualifizierende Berufsbildung kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie oder mit dem sonst zuständigen Fachministerium nach Anhörung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Abschlüsse der höherqualifizierenden Berufsbildung anerkennen und hierfür Prüfungsregelungen erlassen (Fortbildungsordnungen).

(2) Die Fortbildungsordnungen haben festzulegen:

1.
die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses,
2.
die Fortbildungsstufe,
3.
das Ziel, den Inhalt und die Anforderungen der Prüfung,
4.
die Zulassungsvoraussetzungen für die Prüfung und
5.
das Prüfungsverfahren.

(3) Abweichend von Absatz 1 werden Fortbildungsordnungen

1.
in den Berufen der Landwirtschaft, einschließlich der ländlichen Hauswirtschaft, durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung erlassen und
2.
in Berufen der Hauswirtschaft durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung erlassen.

(1) Für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung ist die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen ist die Industrie- und Handelskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(3) Für die Berufsbildung in Berufen der Landwirtschaft, einschließlich der ländlichen Hauswirtschaft, ist die Landwirtschaftskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(4) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Rechtspflege sind jeweils für ihren Bereich die Rechtsanwalts-, Patentanwalts- und Notarkammern und für ihren Tätigkeitsbereich die Notarkassen zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(5) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung sind jeweils für ihren Bereich die Wirtschaftsprüferkammern und die Steuerberaterkammern zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(6) Für die Berufsbildung der Fachangestellten im Bereich der Gesundheitsdienstberufe sind jeweils für ihren Bereich die Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte- und Apothekerkammern zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(7) Soweit die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung und die berufliche Umschulung in Betrieben zulassungspflichtiger Handwerke, zulassungsfreier Handwerke und handwerksähnlicher Gewerbe durchgeführt wird, ist abweichend von den Absätzen 2 bis 6 die Handwerkskammer zuständige Stelle im Sinne dieses Gesetzes.

(8) Soweit Kammern für einzelne Berufsbereiche der Absätze 1 bis 6 nicht bestehen, bestimmt das Land die zuständige Stelle.

(9) Zuständige Stellen können vereinbaren, dass die ihnen jeweils durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben im Bereich der Berufsbildung durch eine von ihnen für die Beteiligten wahrgenommen werden. Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung durch die zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden.

(1) Sofern für einen Fortbildungsabschluss weder eine Fortbildungsordnung noch eine Anpassungsfortbildungsordnung erlassen worden ist, kann die zuständige Stelle Fortbildungsprüfungsregelungen erlassen. Wird im Fall des § 71 Absatz 8 als zuständige Stelle eine Landesbehörde bestimmt, so erlässt die zuständige Landesregierung die Fortbildungsprüfungsregelungen durch Rechtsverordnung. Die Ermächtigung nach Satz 2 kann durch Rechtsverordnung auf die von ihr bestimmte zuständige Stelle übertragen werden.

(2) Die Fortbildungsprüfungsregelungen haben festzulegen:

1.
die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses,
2.
das Ziel, den Inhalt und die Anforderungen der Prüfungen,
3.
die Zulassungsvoraussetzungen für die Prüfung und
4.
das Prüfungsverfahren.

(3) Bestätigt die zuständige oberste Landesbehörde,

1.
dass die Fortbildungsprüfungsregelungen die Voraussetzungen des § 53b Absatz 2 und 3 sowie des § 53a Absatz 2 erfüllen, so beginnt die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses mit den Wörtern „Geprüfter Berufsspezialist für“ oder „Geprüfte Berufsspezialistin für“,
2.
dass die Fortbildungsprüfungsregelungen die Voraussetzungen des § 53c Absatz 2 und 3 erfüllen, so beginnt die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses mit den Wörtern „Bachelor Professional in“,
3.
dass die Fortbildungsprüfungsregelungen die Voraussetzungen des § 53d Absatz 2 und 3 erfüllen, so beginnt die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses mit den Wörtern „Master Professional in“.
Der Abschlussbezeichnung nach Satz 1 ist in Klammern ein Zusatz beizufügen, aus dem sich zweifelsfrei die zuständige Stelle ergibt, die die Fortbildungsprüfungsregelungen erlassen hat. Die Fortbildungsprüfungsregelungen können vorsehen, dass dieser Abschlussbezeichnung eine weitere Abschlussbezeichnung vorangestellt wird.

(4) Eine Abschlussbezeichnung, die in einer von der zuständigen obersten Landesbehörde bestätigten Fortbildungsprüfungsregelung enthalten ist, darf nur führen, wer die Prüfung bestanden hat.

Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. Prüfungsanforderung und -verfahren sind so zu gestalten, daß die Abschlußprüfung innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgelegt werden kann. Prüfungsordnungen müssen die Inanspruchnahme der Schutzfristen des § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Fristen der landesrechtlichen Regelungen über die Elternzeit ermöglichen. Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen. Die Genehmigung einer Prüfungsordnung ist zu versagen, wenn sie eine mit § 11 oder § 19 unvereinbare Regelstudienzeit vorsieht. Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Prüfungsordnung anderen Vorschriften über die Regelstudienzeit nicht entspricht. Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann die Änderung einer geltenden Prüfungsordnung insbesondere verlangen, wenn diese den Anforderungen der Sätze 2 bis 6 nicht entspricht.

(1) Für die Durchführung von Prüfungen im Bereich der beruflichen Fortbildung errichtet die zuständige Stelle Prüfungsausschüsse. § 37 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 Satz 1 sowie § 39 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 und 3 und die §§ 40 bis 42, 46 und 47 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Der Prüfling ist auf Antrag von der Ablegung einzelner Prüfungsbestandteile durch die zuständige Stelle zu befreien, wenn

1.
er eine andere vergleichbare Prüfung vor einer öffentlichen oder einer staatlich anerkannten Bildungseinrichtung oder vor einem staatlichen Prüfungsausschuss erfolgreich abgelegt hat und
2.
die Anmeldung zur Fortbildungsprüfung innerhalb von zehn Jahren nach der Bekanntgabe des Bestehens der Prüfung erfolgt.

(1) Über die Zulassung zur Abschlussprüfung entscheidet die zuständige Stelle. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, so entscheidet der Prüfungsausschuss.

(2) Auszubildenden, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, darf bei der Entscheidung über die Zulassung hieraus kein Nachteil erwachsen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Gründe

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass für die Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden Recht ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen ist, wenn der Anspruchsberechtigte innerhalb von zwei Jahren vor Entstehung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ein Kind unter drei Jahren betreut hat und keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist, vor der Geburt des Kindes jedoch ein gegenüber dem fiktiven Arbeitsentgelt höheres Bruttoarbeitsentgelt bezogen hat.

I.

2

1. Die Höhe des Arbeitslosengeldes regelt § 129 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB II). Das Arbeitslosengeld beträgt danach

3

1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 4 und 5 des Einkommensteuer-gesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),

4

2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz)

5

des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Die Regelungen zur Bestimmung des Bemessungsentgelts sind mit Wirkung zum 1. Januar 2005 geändert worden.

6

a) Nach § 132 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (SGB III a.F.) war das Bemessungsentgelt das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende beitragspflichtige Entgelt. Für seine Berechnung war das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F.). Der Bemessungszeitraum umfasste nach § 130 Abs. 1 SGB III a.F. die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten waren und beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruches abgerechnet waren. Enthielt der Bemessungszeitraum weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, so verlängerte er sich nach § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. um weitere Entgeltabrechnungszeiträume, bis 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt erreicht waren. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes blieben u.a. Zeiten außer Betracht, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat, soweit wegen der Betreuung oder Erziehung eines Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gemindert war, oder - für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 - nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2a SGB III Versicherungspflicht wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld oder der Erziehung eines Kindes bestand (§ 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.).

7

Nach der Rechtsprechung war auch nach der damaligen Rechtslage zwischen dem Bemessungszeitraum, d.h. den berücksichtigungsfähigen Entgeltabrechnungszeiträumen, sofern sie die erforderliche Mindestzahl von 39 Arbeitswochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthielten, und dem Bemessungsrahmen, d.h. grundsätzlich die letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen Versicherungspflicht bestand, zu unterscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 13; BSGE 100, 295 <300 Rn. 26>, jeweils m.w.N.). Dass nach § 131 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. bestimmte Zeiten "außer Betracht" blieben, hatte zur Folge, dass sie als Entgeltabrechnungszeiträume innerhalb des Bemessungsrahmens nicht berücksichtigt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 18). Waren im Bemessungsrahmen ohne die außer Betracht bleibenden Zeiten weniger als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt vorhanden, verlängerte sich der Bemessungszeitraum um weitere Entgeltabrechnungszeiträume bis 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt vorhanden waren (vgl. BSGE 100, 295 <300 Rn. 27> m.w.N.). In der Sache konnte damit nach § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F. der Bemessungszeitraum um die ersten 24 Lebensmonate bei leiblichen Kindern oder für die Dauer von maximal zwei Jahren bei angenommenen Kindern (vgl. § 4 Abs. 1 BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) oder für die Zeit ab dem 1. Januar 2003 um die Zeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des betreuten Kindes bzw. die gesetzlichen Mutterschutzfristen (§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG i.V.m. § 200 Abs. 1 RVO) hinaus geschoben werden und so in Zeiträume hineinreichen, in denen ein Anspruch auf ungemindertes Arbeitsentgelt bestand oder die wöchentliche Arbeitszeit nicht reduziert war (vgl. BTDrucks 14/7347, S. 73 zu Art. 1 Nr. 43).

8

Die Ausdehnung des Bemessungszeitraums unterlag jedoch einer absoluten Grenze, die sich aus § 133 Abs. 4 SGB III a.F. ergab. Danach war das Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat, wenn ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs nicht festgestellt werden konnte. Damit hatte auch bis zum 31. Dezember 2004 eine fiktive Bemessung zu erfolgen, falls sich innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld kein ausreichend langer Bemessungszeitraum mit mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt ohne die Zeiten erziehungsbedingter Minderung der Arbeitszeit bzw. des Arbeitsentgelts feststellen ließ (vgl. BSGE 100, 295 <299 f. Rn. 24, 27>; LSG NRW, Urteil vom 10. März 2003 - L 12 AL 83/03 -, juris, Rn. 28; BTDrucks 14/7347, S. 73 zu Art. 1 Nr. 43).

9

Eine ähnliche Regelung enthielt bereits das bis zum 31. Dezember 1997 geltende Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Nach § 112 Abs. 7 2. Alt AFG war von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung von dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufs und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarkts in Betracht kam, wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Entstehung des Anspruchs länger als drei Jahre zurück lag.

10

b) Durch Art. 1 Nr. 71 und 72 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I S. 2848) ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 (Art. 124 Abs. 3 des Gesetzes) das Recht der Bestimmung des Bemessungsentgelts reformiert worden. Die hier maßgeblichen Regelungen erhielten folgenden Wortlaut:

11

§ 130

12

Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen

13

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

14

(2) Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht

15

16

3. Zeiten, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen hat, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,

17

18

(3) Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

19

1. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder

20

21

§ 131

22

Bemessungsentgelt

23

(1) Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

24

25

§ 132

26

Fiktive Bemessung

27

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

28

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

29

1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,

30

2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,

31

3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,

32

4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.

33

Die Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung wird in § 18 SGB IV definiert und durch eine auf der Grundlage von § 17 Abs. 2 SGB IV erlassenen Rechtsverordnung (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung) im Voraus für jedes Kalenderjahr für die alten Bundesländer einerseits und das Beitrittsgebiet andererseits (Bezugsgröße Ost, § 18 Abs. 2 SGB IV) bestimmt.

34

2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens war vom 1. Dezember 2000 bis zum 14. Januar 2003 versicherungspflichtig in den alten Bundesländern als Buchhalterin beschäftigt. Ab dem 15. Januar 2003 befand sie sich im Mutterschutz und bezog Mutterschaftsgeld bis zum 23. April 2003. Am 22. Februar 2003 brachte sie ihr Kind zur Welt. Anschließend bezog sie bis zum 21. Februar 2005 Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und sodann, nachdem sie zwischenzeitlich nach Sachsen umgezogen war, bis zum 21. November 2005 Erziehungsgeld nach dem Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetz. Nach Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses meldete sie sich zum 11. Januar 2006 bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens arbeitslos. Diese bewilligte der Klägerin des Ausgangsverfahrens ab dem 11. Januar 2006 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 25,85 Euro. Bei der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes legte sie, wie sie später im Widerspruchsbescheid erläuterte, ein fiktives Bemessungsentgelt ausgehend von der Qualifikationsgruppe 3 und der Bezugsgröße (Ost) zugrunde. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage macht die Klägerin des Ausgangsverfahrens sinngemäß geltend, als Bemessungsentgelt für die Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes müsse das zuletzt vor der Geburt ihres Kindes bezogene Bruttoarbeitsentgelt zugrunde gelegt werden.

35

3. Mit Beschluss vom 12. September 2007 hat das Sozialgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:

36

a) Verstößt § 130 SGB III der ab 1.1.2005 maßgebenden Fassung gegen Art 6 Abs 4 GG oder Art 3 GG, soweit aufgrund dieser Regelung eine fiktive Bemessung nach § 132 SGB III und nicht eine Bemessung aufgrund real erwirtschafteter Sozialversicherungsbeiträge zu erfolgen hat, wenn ein Elternteil ein Kind unter drei Jahren mehr als 580 Tage Vollzeit betreut und erzieht statt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen?

37

b) Widerspricht die Regelung des § 132 SGB III dem Gleichheitsgebot, soweit betreuende Eltern, deren Bemessungsentgelt auf der Grundlage des real erzielten Arbeitseinkommens höher wäre, durch diese Berechnung schlechter gestellt werden, wohingegen betreuende Eltern, deren Realeinkommen niedriger war, sogar bessergestellt werden?

38

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfassungsmäßigkeit der genannten Vorschriften sei entscheidungserheblich. Gemäß § 132 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung sei ein fiktives Bemessungsentgelt zugrunde zu legen, weil für die Klägerin auch in dem nach § 130 Abs. 3 SGB III erweiterten Bemessungsrahmen vom 11. Januar 2004 bis zum 10. Januar 2006 kein Tag mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen sei. Die Beklagte habe die Klägerin auch im Sinne von § 132 Abs. 2 SGB III zutreffend in die Qualifikationsgruppe 3 eingeordnet. Anders wäre die Situation dann, wenn sich die alleinerziehende Klägerin durchgerungen hätte, ihr Kind im Bemessungsrahmen mindestens 150 Tage in eine Fremdbetreuung zu geben und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen. Denn hätte sie sich innerhalb des zweijährigen Bemessungsrahmens (730 Tage) höchstens 580 Tage ganz der Pflege ihres Kindes gewidmet, wäre nicht nur keine fiktive Berechnung gemäß § 132 SGB III vorzunehmen, sondern die Klägerin würde darüber hinaus gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III privilegiert. Zwar dürfte entgegen der Auffassung der Beklagten die Anwendung der Bezugsgröße West zutreffend sein. Aber selbst wenn in diesem Punkt eine zugunsten der Klägerin von den Bescheiden der Beklagten abweichende Entscheidung erginge, bliebe es dabei, dass die fiktive Bemessung nach § 132 SGB III sie erheblich schlechter stelle als eine Berechnung auf der Grundlage ihres tatsächlich erwirtschafteten Arbeitsentgeltes, was eine gegenüberstellende Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes auf der Grundlage der Bezugsgröße Ost, der Bezuggröße West und des im Zeitraum vom 15. Januar 2002 bis zum 14. Januar 2003 bezogenen Bruttoarbeitsentgelts zeige.

39

Das Gericht sei von der Verfassungswidrigkeit der §§ 130, 132 SGB III in der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Fassung überzeugt, weil das an sich zu begrüßende Bestreben des Gesetzgebers, die Regelungen über das Bemessungsentgelt zu vereinfachen, mit den im Grundgesetz verankerten Grundwerten kollidiere. Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG schütze die Familie zunächst und zuvörderst als Lebens- und Erziehungsgemeinschaft. Dem liege die Erkenntnis zugrunde, dass die leibliche und seelische Entwicklung der Kinder in der Familie und in der elterlichen Erziehung eine wesentliche Grundlage finde und gerade die ersten Lebensjahre das Fundament für die gesamte weitere Entwicklung des Kindes bildeten und deshalb besonders schützenswert seien. Unvereinbar mit dieser verfassungsrechtlich geschützten Grunderkenntnis sei es, dass ein Elternteil, der sich entschließe, sich nach der Geburt des Kindes uneingeschränkt seinem Kind zu widmen, finanziell benachteiligt werde gegenüber anderen Eltern, die sich entschlössen, neben ihrer Betreuungsleistung im aufgezeigten Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen, und hierdurch - wie dargestellt - eine doppelte Privilegierung erführen.

40

Dies lasse sich auch nicht unter der Annahme rechtfertigen, ein Ausstieg aus dem Erwerbsleben führe zu einer Erschwerung des Wiedereinstieges. Denn selbst wenn dies zuträfe, wäre dies in diesem konkreten Zusammenhang, in dem die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit der Betreuung eines Kleinkindes diene, kein sachlicher Grund, der eine Schlechterstellung zu rechtfertigen vermöge. Dies werde im vorliegenden Fall der alleinerziehenden Klägerin, die als Mutter überdies auch gemäß Art. 6 Abs. 4 GG einen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft habe und sich in einer nicht einfachen Lebenssituation befinde, besonders deutlich. Führe auch die Pauschalisierung in § 132 SGB III dazu, dass nicht jeder Leistungsempfänger in der Lebenssituation der Klägerin benachteiligt werde, so kompensiere dies nicht den dargestellten Eingriff. Denn die finanzielle Benachteiligung der Klägerin werde hierdurch nicht beseitigt, sondern eine Ungleichbehandlung geschaffen, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Hieran ändere sich auch nichts durch Wägung der im Prinzip zutreffenden Annahme, dass der Anspruch einer Mutter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft nicht dazu führe, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Denn diese Erkenntnis greife vorliegend zu kurz. Jede Familie, in der ein Kind heranwachse, verdiene die Fürsorge der Gemeinschaft und müsse sich mit Erfolg dagegen wehren können - jedenfalls im Rahmen des Sozialrechtes -, dass eine Vollzeitbetreuung in ihrer Bedeutung nicht nur nicht anerkannt werde, sondern mit einer Diskriminierung einhergehe.

II.

41

Die Vorlage ist unzulässig.

42

1. Ein Gericht kann eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 86, 71 <76>). Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht in den Gründen seiner Entscheidung ausführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist.

43

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genügt ein Vorlagebeschluss dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nur, wenn ihm zum Einen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 105, 61 <67> stRspr). Zum Anderen muss das vorlegende Gericht die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <78>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>). Es muss deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist. Dabei muss es sich intensiv mit der einfachen Rechtslage auseinandersetzen, auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen und die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen ebenso verarbeiten wie die Entstehungsgeschichte der betreffenden Norm (vgl. BVerfGE 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 80, 96 <100>; 86, 52 <57>; 86, 71 <77 f.>; 89, 329 <337>; 92, 277 <312>; 105, 48 <56>).

44

2. Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht. Jedenfalls hat das vorlegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Vorschriften nicht den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BVerfGG entsprechend dargelegt. Es meint sinngemäß, einem Elternteil, das sich entschließe, sich nach der Geburt uneingeschränkt seinem Kind zu widmen, dürften hieraus keine Nachteile im Hinblick auf die Höhe des Arbeitslosengeldes entstehen, und hält es dementsprechend für verfassungsrechtlich geboten, dass sich das Arbeitslosengeld für ein Elternteil, das ein Kind unter drei Jahren Vollzeit betreut hat und deswegen innerhalb von zwei Jahren vor der Erfüllung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, im Falle der Klägerin sogar noch darüber hinaus, keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, nach dem zuletzt vor der Geburt des Kindes bezogenen Bruttoarbeitsentgelt richtet. Eine nachvollziehbare und verfassungsrechtlich fundierte Begründung für dieses Ergebnis enthält der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss jedoch nicht.

45

a) Das vorlegende Gericht stützt sich wesentlich auf eine angeblich aus Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 2 GG folgende "verfassungsrechtlich geschützte Grunderkenntnis", wonach gerade die ersten Lebensjahre das Fundament für die gesamte weitere Entwicklung des Kindes bildeten und deshalb besonders schützenswert seien. Aus welchem normativen Gehalt des Art. 6 GG sich eine solche "Grunderkenntnis" ergeben soll und welche konkreten verfassungsrechtlichen Anforderungen hieraus abgeleitet werden können sollen, legt es jedoch nicht dar. Auf die verschiedenen, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten grundrechtlichen Gewährleistungsgehalte des Art. 6 Abs. 1 GG (Freiheitsrecht, Benachteiligungsverbot, Schutz- und Förderungsgebot; vgl. hierzu bereits BVerfGE 6, 55 <71 ff.> und zusammenfassend BVerfGE 99, 216 <232>) geht das Sozialgericht nicht ein. Keine Erwähnung findet auch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach zwar aus dem Schutz und Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG die Aufgabe des Staates folgt, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. BVerfGE 99, 216 <234>), der Staat jedoch nicht gehalten ist, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen, und sich aus dem Verfassungsauftrag konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten lassen (vgl. BVerfGE 87, 1 <35 f.>; 110, 412 <445>).

46

b) Darüber hinaus erschließt sich nicht, welche Bedeutung Art. 6 Abs. 4 GG, auf den der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss ergänzend verweist, für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der vorgelegten Vorschriften im konkreten Fall zukommen soll. Die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach aus Art. 6 Abs. 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden können (vgl. BVerfGE 87, 1 <42>; 94, 241 <259>), erwähnt das Sozialgericht ebenso wenig wie die daraus in der Literatur gezogene Schlussfolgerung, Belastungen, die der Mutter durch die Betreuung und Erziehung des Kindes entstünden, eröffneten den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht, da sie auch Väter gleichermaßen treffen könnten (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 6 Rn. 53 m.w.N.). Im Falle der Klägerin des Ausgangsverfahrens sind es auch nicht die Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG, die dazu führen, dass gemäß § 132 Abs. 1 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt als Bemessungsentgelt anzusetzen ist. Diese lagen vielmehr außerhalb des erweiterten Bemessungsrahmens nach § 130 Abs. 3 Satz 1 SGB III (anders insoweit der dem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Aachen vom 23. Juli 2007 - S 21 AL 38/06 -, juris, Rn. 2, 44 ff. , zugrunde liegende Sachverhalt).

47

c) Schließlich genügen auch die Ausführungen zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, den das vorlegende Gericht in seiner Begründung allerdings nicht ausdrücklich als verfassungsrechtlichen Maßstab nennt, den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BVerfGG nicht.

48

Die der ersten Vorlagefrage zugrunde liegende Auffassung des vorlegenden Gerichts, andere Eltern, die ihr Kind während eines zweijährigen, d.h. 730 Tage umfassenden, erweiterten Bemessungsrahmen für mindestens 150 Tage in eine Fremdbetreuung gäben und einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgingen, würden gegenüber Eltern, die sich wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens in diesem Zeitraum für mehr als 580 Tage ganz der Pflege ihres Kindes widmeten, "doppelt" privilegiert , da bei ihnen nicht nur keine fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III erfolge, sondern sie auch in den Genuss der Regelung des § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III kämen, ist nicht vollständig nachvollziehbar. Eine Bemessung auf der Grundlage des real erzielten Arbeitsentgelts erfolgt sicherlich dann, wenn ein Elternteil innerhalb des ggf. auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens für mindestens 150 Tage eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgeübt hat, ohne dass in dieser Zeit das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes gemindert war. Geht ein dem Grunde nach Arbeitslosengeldberechtigter jedoch während des gesamten erweiterten Bemessungsrahmens oder zumindest für mehr als 580 Tage wegen der Betreuung seines Kindes lediglich einer versicherungspflichtigen Teilzeittätigkeit nach, kann die Regelung des § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III durchaus zu einer fiktiven Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III führen. Die Regelung des § 130 Abs. 2 SGB III bewirkt nämlich nach verbreitet vertretener Auffassung ebenso wie die entsprechende Vorschrift des § 131 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F., dass die genannten Zeiten so behandelt werden, als handele es sich nicht um Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III (vgl. SG Aachen, Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 23. Juli 2007 - S 21 AL 38/06 -, juris, Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2008 - L 3 AL 4581/06 -, juris, Rn. 25; Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 130 Rn. 45 ; Behrend, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 Rn. 80 ; zur früheren Rechtslage vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 68/03 R -, juris, Rn. 18), mit der Folge, dass es an den erforderlichen 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt fehlen kann. Ob § 130 Abs. 2 SGB III teleologisch zu reduzieren ist, wenn seine Anwendung und die damit einhergehende fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 SGB III zu einer für den Arbeitslosen ungünstigen Berechnung führt, ist umstritten (dafür z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. September 2008 - L 3 AL 4581/06 -, juris, Rn. 27; Rolfs, in: Gagel, SGB III, § 130 Rn. 43 ; Behrend, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 130 Rn. 61 ; dagegen z.B. Valgolio, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 130 Rn. 46 ).

49

Das vorlegende Gericht befasst sich darüber hinaus nicht hinreichend damit, ob die von ihm festgestellte Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Dies gilt vor allem in Bezug auf die zweite Vorlagefrage. Insoweit beschränken sich die Ausführungen auf die nicht weiter begründete Behauptung, durch die Pauschalierung in § 132 SGB III, die - so das Sozialgericht sinngemäß - manche betreuenden Eltern gegenüber einer Bemessung auf der Grundlage des zuletzt bezogenen Arbeitsentgelts besser stelle, werde eine Ungleichbehandlung geschaffen, die sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Aber auch die der ersten Vorlagefrage zugrunde liegenden Erwägungen lassen eine sorgfältige Prüfung, ob ein sachlicher Grund für die festgestellte Ungleichbehandlung besteht, nicht erkennen. Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe, die das Bundesverfassungsgericht insoweit entwickelt hat (vgl. hierzu z.B. BVerfGE 87, 1 <36 f.>; 110, 412 <431 ff.>), werden weder genannt noch geprüft.

50

Vor allem setzt sich das vorlegende Gericht nicht damit auseinander, dass auch frühere Regelungen (§ 112 Abs. 7 2. Alt. AFG; § 133 Abs. 4 SGB III a.F.) eine fiktive Bestimmung des Bemessungsentgelts vorsahen, wenn die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung im Zeitpunkt der Entstehung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld schon längere Zeit zurück lag, und befasst sich nicht mit dem Sinn und Zweck des Ansatzes eines fiktiven Bemessungsentgelts. Dieser erschließt sich aus der Funktion des Arbeitslosengeldes als Lohnersatzleistung: Das Arbeitslosengeld soll das Arbeitsentgelt ersetzen, das der Arbeitslose wegen der Arbeitslosigkeit aktuell, also in einer potentiellen neuen Beschäftigung nicht erzielt (sog. Entgeltausfallprinzip; vgl. BTDrucks 13/5062, S. 6; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 15. Februar 1993 - 1 BvR 1754/92 -, juris, Rn. 6). Dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt misst das Gesetz dabei grundsätzlich Indizwirkung in dem Sinne bei, dass es typisierend das Arbeitsentgelt anzeigt, das der Arbeitslose, hätte er Arbeit, auch aktuell erzielen könnte (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 2. Februar 1995 - 11 RAr 21/94 -, juris, Rn. 23). Bereits unter der Geltung des AFG nahm der Gesetzgeber jedoch an, dass diese Indizwirkung in Frage gestellt wird, wenn aufgrund längerer Arbeitsunterbrechungen der Bemessungszeitraum immer weiter ausgedehnt und das Arbeitslosengeld nach einem Arbeitsentgelt aus einer Zeit bemessen werden müsste, die länger als drei Jahre zurück liegt: Bei noch länger zurück liegenden Bemessungsentgelten sei die Vermutung nicht mehr gerechtfertigt, dass der Arbeitslose dieses Bemessungsentgelt auch in Zukunft verdienen könne (vgl. BTDrucks 8/1053, S. 13 zu Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b). Diese Überlegungen lagen der Regelung des § 133 Abs. 4 SGB III a.F. ebenfalls zugrunde (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10. März 2004 - L 12 AL 83/03 -, juris, Rn. 26; Pawlak, in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 11 Rn. 20 f.) und sind ebenso für die aktuelle Regelung des § 132 Abs. 1 SGB III maßgeblich (vgl. BSGE 100, 295 <305 ff. Rn. 40 ff.>). Ob vor diesem Hintergrund auch im Falle der Klägerin des Ausgangsverfahrens der Ansatz eines fiktiven Bemessungsentgelts gerechtfertigt sein könnte, erörtert das vorlegende Gericht nicht.

51

Schließlich setzt sich das vorlegende Gericht nicht damit auseinander, dass Art. 3 Abs. 1 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Gesetzgeber, der sich im Rahmen seines Ermessens bei der Ausgestaltung von staatlichen Leistungen für eine familienpolitische Förderung durch Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub entschieden hat, nicht verpflichtet, diese Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialrechtlichen Regelungen uneingeschränkt zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGK 4, 215 <218 f.>). In seine Erwägungen bezieht es auch nicht ein, dass Eltern, die, wie die Klägerin des Ausgangsverfahrens, wegen der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder unter drei Jahren keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, in der Arbeitslosenversicherung seit dem 1. Januar 2003 immerhin dadurch begünstigt werden, dass sie während der Erziehungszeit gemäß § 26 Abs. 2a SGB III in einem Versicherungspflichtverhältnis stehen und so die Anwartschaftszeit nach §§ 123, 124 SGB III für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllen können.

52

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Elternzeit, wenn sie

1.
a)
mit ihrem Kind,
b)
mit einem Kind, für das sie die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Absatz 3 oder 4 erfüllen, oder
c)
mit einem Kind, das sie in Vollzeitpflege nach § 33 des Achten Buches Sozialgesetzbuch aufgenommen haben,
in einem Haushalt leben und
2.
dieses Kind selbst betreuen und erziehen.
Nicht sorgeberechtigte Elternteile und Personen, die nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c Elternzeit nehmen können, bedürfen der Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils.

(1a) Anspruch auf Elternzeit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch, wenn sie mit ihrem Enkelkind in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen und

1.
ein Elternteil des Kindes minderjährig ist oder
2.
ein Elternteil des Kindes sich in einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde und die Arbeitskraft des Elternteils im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt.
Der Anspruch besteht nur für Zeiten, in denen keiner der Elternteile des Kindes selbst Elternzeit beansprucht.

(2) Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 3 Absatz 2 und 3 des Mutterschutzgesetzes wird für die Elternzeit der Mutter auf die Begrenzung nach den Sätzen 1 und 2 angerechnet. Bei mehreren Kindern besteht der Anspruch auf Elternzeit für jedes Kind, auch wenn sich die Zeiträume im Sinne der Sätze 1 und 2 überschneiden. Bei einem angenommenen Kind und bei einem Kind in Vollzeit- oder Adoptionspflege kann Elternzeit von insgesamt bis zu drei Jahren ab der Aufnahme bei der berechtigten Person, längstens bis zur Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes genommen werden; die Sätze 2 und 4 sind entsprechend anwendbar, soweit sie die zeitliche Aufteilung regeln. Der Anspruch kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(3) Die Elternzeit kann, auch anteilig, von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und c entsprechend.

(4) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin darf während der Elternzeit nicht mehr als 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sein. Eine im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignete Tagespflegeperson darf bis zu fünf Kinder in Tagespflege betreuen, auch wenn die wöchentliche Betreuungszeit 32 Stunden übersteigt. Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder selbstständige Tätigkeit nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung des Arbeitgebers. Dieser kann sie nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen.

(5) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung beantragen. Der Antrag kann mit der schriftlichen Mitteilung nach Absatz 7 Satz 1 Nummer 5 verbunden werden. Über den Antrag sollen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb von vier Wochen einigen. Lehnt der Arbeitgeber den Antrag ab, so hat er dies dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin innerhalb der Frist nach Satz 3 mit einer Begründung mitzuteilen. Unberührt bleibt das Recht, sowohl die vor der Elternzeit bestehende Teilzeitarbeit unverändert während der Elternzeit fortzusetzen, soweit Absatz 4 beachtet ist, als auch nach der Elternzeit zu der Arbeitszeit zurückzukehren, die vor Beginn der Elternzeit vereinbart war.

(6) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann gegenüber dem Arbeitgeber, soweit eine Einigung nach Absatz 5 nicht möglich ist, unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner oder ihrer Arbeitszeit beanspruchen.

(7) Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gelten folgende Voraussetzungen:

1.
Der Arbeitgeber beschäftigt, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
2.
das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen besteht ohne Unterbrechung länger als sechs Monate,
3.
die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang von nicht weniger als 15 und nicht mehr als 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats verringert werden,
4.
dem Anspruch stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen und
5.
der Anspruch auf Teilzeit wurde dem Arbeitgeber
a)
für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes sieben Wochen und
b)
für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes 13 Wochen
vor Beginn der Teilzeittätigkeit schriftlich mitgeteilt.
Der Antrag muss den Beginn und den Umfang der verringerten Arbeitszeit enthalten. Die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit soll im Antrag angegeben werden. Falls der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit ablehnt, muss die Ablehnung innerhalb der in Satz 5 genannten Frist und mit schriftlicher Begründung erfolgen. Hat ein Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit
1.
in einer Elternzeit zwischen der Geburt und dem vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes nicht spätestens vier Wochen nach Zugang des Antrags oder
2.
in einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes nicht spätestens acht Wochen nach Zugang des Antrags
schriftlich abgelehnt, gilt die Zustimmung als erteilt und die Verringerung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers als festgelegt. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach Absatz 5 Satz 2 erzielt und hat der Arbeitgeber nicht innerhalb der in Satz 5 genannten Fristen die gewünschte Verteilung schriftlich abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers als festgelegt. Soweit der Arbeitgeber den Antrag auf Verringerung oder Verteilung der Arbeitszeit rechtzeitig ablehnt, kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Klage vor dem Gericht für Arbeitssachen erheben.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Berufsbildung im Sinne dieses Gesetzes sind die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung.

(2) Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen.

(3) Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.

(4) Die berufliche Fortbildung soll es ermöglichen,

1.
die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Anpassungsfortbildung zu erhalten und anzupassen oder
2.
die berufliche Handlungsfähigkeit durch eine Fortbildung der höherqualifizierenden Berufsbildung zu erweitern und beruflich aufzusteigen.

(5) Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Hochschulprüfungen werden auf Grund von Prüfungsordnungen abgelegt, die der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen. Prüfungsanforderung und -verfahren sind so zu gestalten, daß die Abschlußprüfung innerhalb der Regelstudienzeit vollständig abgelegt werden kann. Prüfungsordnungen müssen die Inanspruchnahme der Schutzfristen des § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Fristen der landesrechtlichen Regelungen über die Elternzeit ermöglichen. Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen. Die Genehmigung einer Prüfungsordnung ist zu versagen, wenn sie eine mit § 11 oder § 19 unvereinbare Regelstudienzeit vorsieht. Die Genehmigung kann insbesondere versagt werden, wenn die Prüfungsordnung anderen Vorschriften über die Regelstudienzeit nicht entspricht. Die nach Landesrecht zuständige Stelle kann die Änderung einer geltenden Prüfungsordnung insbesondere verlangen, wenn diese den Anforderungen der Sätze 2 bis 6 nicht entspricht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.