Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 04. Juli 2014 - 27 L 1578/13
Tenor
- 1.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
- 2.
Der Streitwert wird auf 375.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der zulässige Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Ziffern 1 – 3 der Untersagungsanordnung der Bezirksregierung E vom 19. Juli 2013 (Az.: 27 K 6686/13) anzuordnen,
4ist unbegründet.
5Die Kammer macht von dem ihr durch § 80 Abs. 5 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingeräumten Ermessen, der Klage aufschiebende Wirkung zu geben, Gebrauch, wenn das Interesse des Antragstellers, von Vollziehungsmaßnahmen (vorerst) verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung des Verwaltungsaktes überwiegt. In diese Interessenabwägung ist im Besonderen die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des zu vollziehenden Verwaltungsakts einzubeziehen, die zugleich im Übrigen die Gewichtung der Interessen zu beeinflussen vermag.
6Die Ermessensentscheidung der Kammer fällt in Bezug auf die Ziffern 1 - 3 der Ordnungsverfügung der Bezirksregierung E vom 19. Juli 2013,
7„1. es wird Ihnen untersagt, im Internet öffentliches Glücksspiel i. S. d. § 3 GlüStV in Nordrhein-Westfalen zu veranstalten und hierfür zu werben, insbesondere mit den unter der Domain www.p.de aufrufbaren Angeboten.
82. Die Anordnung zu Ziffer 1 ist innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
93. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 10.000 Euro (zehntausend Euro) angedroht.“,
10zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung spricht Vieles dafür, dass sich die Ordnungsverfügung vom 19. Juli 2013 (in der Fassung des Schriftsatzes der Bezirksregierung E vom 14. April 2014) im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird (1). Auch im Übrigen lässt sich ein Überwiegen des privaten Aufschubinteresses der Antragstellerin gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung nicht feststellen (2).
111. Sowohl die Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 19. Juli 2013 (a) als auch die Nebenentscheidungen in den Ziffern 2 und 3 (b) dürften sich als rechtmäßig erweisen.
12Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung ist wegen ihrer Dauerwirkung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblich, mithin hier im Eilverfahren die zum Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer.
13Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. November 2007 – 1 BvR 2218/06 –, juris (Rn. 38); BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 12.12 –, juris (Rn. 25); BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 – 8 C 13.09 –, juris (Rn. 21), OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 – 13 B 1215/07 –, juris (Rn. 3).
14a) Es spricht bei summarischer Prüfung Überwiegendes für die formelle (aa) und materielle (bb) Rechtmäßigkeit der Untersagungsanordnung in Ziffer 1 der Verfügung.
15aa) Die formelle Rechtmäßigkeit der Ziffer 1 der Ordnungsverfügung unterliegt keinen durchgreifenden Bedenken.
16Gemäß § 1 Abs. 2 des Telemedienzuständigkeitsgesetzes (TMZ-Gesetz) ist die Bezirksregierung E die landesweit zuständige Aufsichtsbehörde für die Überwachung und Untersagung von Glücksspielen im Internet und der Werbung hierfür im Internet.
17Die Regelung in Ziffer 1 der Verfügung genügt auch dem Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – VwVfG NRW).
18Schließlich ergibt sich – entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin – eine formelle Rechtswidrigkeit der Ordnungsverfügung auch nicht daraus, dass der Antragstellerin nicht eine beantragte Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten (vgl. § 29 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW) gewährt worden ist. Bis zum Erlass der streitbefangenen – am 22. Juli 2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten – Verfügung ist die Akteneinsicht nicht beantragt worden. Dem Akteneinsichtnahmeantrag der Antragstellerin vom 5. August 2013 hat der Antragsgegner entsprochen und den Verwaltungsvorgang nach Klageerhebung sodann unter dem 23. August 2013 dem Gericht vorgelegt. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Verwaltungsvorgang nicht vollständig war, liegen nicht vor. Diese ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Bezirksregierung E im weiteren Verfahrensverlauf – nämlich mit Schriftsatz vom 11. November 2013 – weitere Unterlagen zur Registrierung eines Spielers mit einer Anschrift aus Nordrhein-Westfalen auf dem Internetportal der Antragstellerin übersandt hat. Denn diese sind ihr selbst erst mit E-Mail vom 29. August 2013 von X. zugeleitet worden. Eine Unvollständigkeit der Akten ergibt sich auch nicht – wie weiter ausführlich geltend gemacht – hinsichtlich der Anlagen zur E-Mail von X. an die Bezirksregierung E vom 16. April 2013. Sämtliche dieser Anlagen sind im Verwaltungsvorgang enthalten. Bei dem zuerst genannten Mailfooter handelt es sich um den unteren Teil der E-Mail mit den Kontaktdaten von X. , die so genannte Signatur. Das zweite Dokument ist das angefügte Schreiben von X. an die Bezirksregierung E vom 16. April 2013 (Bl. 2 des Verwaltungsvorgangs). Bei der dritten Anlage handelt es sich um die Anzeige der Antragstellerin in der Bild-Zeitung vom 9. April 2013 (Bl. 3 des Verwaltungsvorgangs). Die vierte Anlage ist offensichtlich der Auszug aus den auf ihrer Webseite abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Bl. 4 des Verwaltungsvorgangs). Vor diesem Hintergrund geht auch der weitere Akteneinsichtnahmeantrag der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ins Leere.
19bb) Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung spricht Überwiegendes für die materielle Rechtmäßigkeit der Untersagungsanordnung in Ziffer 1 der Verfügung. Sie ist durch die Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 1 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des GlüStV, die in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt, gedeckt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 GlüStV sind erfüllt (1) und Ermessensfehler nicht gegeben (2).
20(1) Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 S. 2 i.V.m. S. 1 GlüStV kann die zuständige Behörde die Anordnungen erlassen, die im Einzelfall erforderlich sind, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Insbesondere kann sie gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Diese Anforderungen sind sowohl hinsichtlich der Veranstaltung ((a)) als auch ihrer Bewerbung ((b)) erfüllt.
21(a) Bei den von der Antragstellerin unter der Domain „www.p.de“ bzw. www.p1.de angebotenen entgeltlichen Online-Casinospielen handelt es sich unstreitig um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 GlüStV.
22Die Veranstaltung dieser Glücksspiele erfolgt auch in Nordrhein-Westfalen, was zudem die Verbandskompetenz des Antragsgegners eröffnet. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 4 GlüStV. Danach wird ein Glücksspiel dort veranstaltet und vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Auf den Wohnsitz bzw. Sitz des Anbieters (Veranstalter oder Vermittler) kommt es ebenso wenig an wie auf den Ort, an dem die Veranstaltung oder die Vermittlung des Glücksspiels technisch durchgeführt wird. Entsprechend den von der Kammer hinsichtlich ausländischer Anbieter und des insoweit geltenden Territorialitätsprinzips des Völkerrechts festgestellten Grundsätzen
23vgl. z.B. VG Düsseldorf, Urteil vom 15. November 2011 – 27 K 6026/09 –, juris (Rn. 30 ff.),
24ist hierfür maßgeblich, ob mit dem Angebot zielgerichtet auf Märkte im Inland eingewirkt wird, sich der Internetauftritt also bestimmungsgemäß hier auswirken soll. Das Glücksspielangebot der Antragstellerin ist gezielt auf Spieler in ganz Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen als dem bevölkerungsreichsten Bundesland und nicht nur in Schleswig-Holstein ausgerichtet. Dies ergibt sich ohne weiteres aus ihrem Internetauftritt unter www.onlinecasino-deutschland.de bzw. www.p1.de. Auffällig ist insoweit bereits der das gesamte Bundesgebiet erfassende Firmenname der Antragstellerin sowie der Umstand, dass auf der Webseite der Klägerin mehrfach die deutsche Nationalflagge (und nur zweimal das schleswig-holsteinische Landeswappen) präsentiert und Deutschland zahlreich, Schleswig-Holstein dagegen nur selten und an eher untergeordneter Stelle genannt wird. Eindeutig tritt die Ausrichtung des Angebots der Antragstellerin auf das gesamte Bundesgebiet in dem mit der deutschen Flagge geschmückten Werbeslogan „Spielspaß Made in Germany Legal, Sicher, Fair“ sowie in der folgenden Feststellung auf der Homepage zu Tage: „Kostenlos spielen oder echtes Geld gewinnen in Deutschlands erstem legalem Online-Casino Seit Ende 2012 ist es soweit: Auch in Deutschland ist das Spielen um echte Einsätze im Internet endlich legal!“. Der folgende Hinweis auf eine zu Grunde liegende Gesetzesnovelle des Landes Schleswig-Holstein und die Behörde, die der Antragstellerin eine entsprechende Lizenz erteilt hat (Innenministerium/Glücksspielaufsicht des Landes Schleswig-Holstein) ist erkennbar von der Absicht getragen, nicht offensichtlich unwahres zu behaupten, ohne aber dem durchschnittlichen Internetnutzer deutlich zu machen, dass sich ihre Lizenz vom Geltungsbereich her lediglich auf ein einziges Bundesland beschränkt. Dies wird insbesondere deutlich, wenn die Antragstellerin von der durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilten Genehmigung als einer „offiziellen deutschen Konzession“ spricht. Gleiches gilt für den folgenden Hinweis, dass die Nutzung des Onlinecasinos nur für Teilnehmer(innen) ab 18 Jahren erlaubt und im Geltungsbereich des Glücksspielgesetzes zulässig ist, ohne den insoweit üblichen Gesetzeszusatz „des Landes Schleswig-Holstein“ zu verwenden. Bei alledem wird die Ausrichtung des Angebotes der Antragstellerin auf das gesamte Bundesgebiet nicht dadurch infrage gestellt, dass in der nachgeordneten Ziffer 3.5 ihrer über eine Unterseite aufrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Sätzen 4 bis 6 festgestellt wird: „Für alle Bundesländer, mit Ausnahme von Schleswig-Holstein besteht gegenwärtig keine Konzession für das Online-Glücksspiel. Die Teilnahme am Glücksspiel ist Spielern mit Wohnsitz in diesen Bundesländern untersagt. Spieler, die sich von diesen Bundesländern aus am Online-Glücksspiel beteiligen, betreiben illegales Glücksspiel.“ Dies alles macht deutlich, dass die Antragstellerin ganz bewusst die Beschränkung des Geltungsbereichs ihrer Lizenz verschleiert und mit ihrem Glücksspielangebot potentielle Spieler in ganz Deutschland anspricht. Dasselbe Ansinnen tritt auch in der von X. an den Beklagten weitergeleiteten Anzeige der Antragstellerin in der Bild-Zeitung vom 9. April 2013 deutlich zu Tage. Dies ergibt sich insbesondere aus der Einleitung der Anzeige mit den Feststellungen: „Endlich: Legaler Spielspaß – made in Germany. Jetzt startet das erste offizielle Onlinecasino Deutschlands – mit offizieller Konzession, staatlich kontrolliert und mit gesicherter Gewinnauszahlung. Legal und sicher: Online Casino-Deutschland ist das erste Onlinecasino in Deutschland mit einer offiziellen staatlichen Lizenz und bietet Ihnen als Spieler maximale Sicherheit.“ Die Erwähnung Deutschlands bzw. Germany an vier Stellen zu Beginn ihrer Anzeige, ohne auch nur ein einziges Mal Schleswig-Holstein als den ausschließlichen Geltungsbereich ihrer Lizenz zu nennen, macht überdeutlich, dass die Antragstellerin mit dieser Anzeige und ihrem Angebot potentielle Kunden in ganz Deutschland anspricht. Ansonsten hätte es nahe gelegen, sich mit der Anzeige ausdrücklich an Leser in Schleswig-Holstein zu wenden.
25Außerdem spricht auch alles dafür, dass die Antragstellerin Personen in Nordrhein-Westfalen tatsächlich die Möglichkeit bietet, an ihrem Glücksspielangebot teilzunehmen. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Antragstellerin bis Oktober 2013 490 Spielerkonten nach Durchlaufen einer bis zu 14-tägigen Überprüfungsprozedur als aus Nordrhein-Westfalen stammend geschlossen haben sollte, so ist bereits nicht erkennbar, dass es sich dabei tatsächlich um alle vorläufig registrierten Spieler handelt, hinsichtlich derer Anhaltspunkte auf eine Herkunft aus Nordrhein-Westfalen bestehen. Jedenfalls aber stellt auch die Antragstellerin nicht in Abrede, dass einem Spieler in Nordrhein-Westfalen zumindest bis zum Abschluss der Überprüfungsprozedur eine Spielteilnahme möglich ist. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin wirksame Maßnahmen zur Überprüfung einer bewusst falschen Adresseingabe (aus Schleswig-Holstein) im Rahmen des Registrierungsprozesses getroffen hat. Angesichts der unstreitigen zumindest vorläufigen Registrierung zweier Spieler (namens T. D. und F. T1. ) auf der Gewinnspielseite der Antragstellerin mit einer Adresse in Nordrhein-Westfalen, wobei hinsichtlich eines Spielers sogar bereits eine Einzahlung auf dessen Echtgeldkonto erfolgreich durchgeführt worden war, bedarf es keines Nachweises einer konkreten Spielteilnahme, da § 3 Abs. 4 GlüStV allein auf deren Möglichkeit abstellt.
26Vor diesem Hintergrund greift auch der Einwand der Antragstellerin, der Antragsgegner habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, nicht durch. Zu Unrecht wirft die Antragstellerin dem Antragsgegner in diesem Zusammenhang auch vor, er stelle im Untersagungsbescheid rechtsfehlerhaft darauf ab, ob der betreffende Spieler seinen Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen hat. Der Untersagungsanordnung der Bezirksregierung E vom 19. Juli 2013 ist vielmehr eindeutig zu entnehmen, dass sie sich gegen die Möglichkeit des Aufrufs der Glücksspielangebote unter www.p.de aus Nordrhein-Westfalen heraus wendet. Dies ergibt sich bereits ohne weiteres aus dem Tenor der Ziffer 1 der Anordnung, mit der die Veranstaltung und Bewerbung öffentlichen Glücksspiels im Internet in Nordrhein-Westfalen untersagt wird. Auch in der Begründung stellt die Bezirksregierung E anknüpfend an § 3 Abs. 4 GlüStV auf die Aufrufbarkeit des Angebotes im Land Nordrhein-Westfalen bzw. den Aufenthalt des Internetnutzers innerhalb/außerhalb von Nordrhein-Westfalen ab. Der Wohnsitz des Spielers wird dagegen im Bescheid ausschließlich im Hinblick auf die entsprechenden Formulierungen der Antragstellerin in ihren eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen erwähnt.
27Die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele durch die Antragstellerin erfolgt auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV insoweit allgemein erforderliche Erlaubnis. Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV ist anwendbar, insbesondere – unabhängig von der Anwendbarkeit der staatlichen Glücksspielmonopole – verfassungs- und unionsrechtskonform.
28Vgl. zur Begründung hinsichtlich der Veranstaltung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 186 i.V.m. 86 ff.) und hinsichtlich der Werbung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 3027/11 –, juris (Rn. 133), jeweils m.w.N.
29Eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen im Internet in Nordrhein-Westfalen besitzt die Antragstellerin nicht. Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein nach dem insoweit noch weitergeltenden Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpG SH) erteilte Genehmigung entfaltet hinsichtlich der Möglichkeit der Spielteilnahme aus Nordrhein-Westfalen heraus keine Legalisierungswirkung. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Genehmigung nach dem GlSpG SH – wie von der Antragstellerin behauptet – die Spielteilnahme von Personen mit Wohnsitz bzw. gewöhnlichem Aufenthalt in Schleswig-Holstein auch außerhalb dieses Bundeslandes erfasst. Denn die Frage der Zulässigkeit der Teilnahme an Glücksspielen durch Personen, die sich im betreffenden Zeitpunkt in Nordrhein-Westfalen aufhalten, unterliegt nach dem Territorialitätsprinzip der ausschließlichen Regelungsbefugnis durch den nordrhein-westfälischen Gesetzgeber.
30Die Einschätzung der Antragstellerin, dass es sich bei den von ihr angebotenen Online-Spielen deshalb nicht um unerlaubte Glücksspiele im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV handelt und somit die spezielle Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüStV nicht einschlägig ist, weil dies die – hier nach § 4 Abs. 4 GlüStV ausgeschlossene – Möglichkeit der Erlaubniserlangung voraussetze, geht fehl. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV, der eine Veranstaltung ohne Erlaubnis als unerlaubtes Glücksspiel legaldefiniert, unabhängig davon, ob eine Erlaubnis im konkreten Fall überhaupt erteilt werden kann. Hierfür spricht auch die Systematik des Gesetzes, nach der der allgemeine Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV den in dieser Vorschrift getroffenen allgemeinen Bestimmungen vorangestellt und im folgenden durch spezielle Regelungen zur Erlaubnisfähigkeit – wie etwa auch das grundsätzliche Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV – ausgestaltet wird. Im übrigen käme man bei einer anderen Sichtweise zu dem abwegigen Ergebnis, dass außerhalb des Fernsehens, des Internets und der Telekommunikationsanlagen Werbung für grundsätzlich erlaubnisfähiges, im konkreten Fall aber nicht erlaubtes Glücksspiel im Internet verboten ist, während Werbung für grundsätzlich nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel im Internet erlaubt wäre (vgl. § 5 Abs. 5 GlüStV).
31(b) Darüber hinaus hat die Antragstellerin (im Internet) auch für unerlaubtes öffentliches Glücksspiel (im Internet) geworben, was nach § 5 Abs. 5 GlüStV verboten ist. Angesichts des beschriebenen Inhalts der Startseite des Internetangebotes der Antragstellerin ist eindeutig, dass sie sich mit den dortigen Aufforderungen zur Spielteilnahme, d.h. der Werbung für ihr eigenes Angebot (etwa in Form der Anpreisung eines Willkommens-Bonus mit Verlinkung zur Registrierung über einen Button „Jetzt anmelden & Bonus holen“ sowie einer entsprechenden Verlinkung über den Button „Sofort Spielen“) an potentielle Kunden in ganz Deutschland und damit auch in Nordrhein-Westfalen und nicht nur an solche in Schleswig-Holstein wendet. Dass etwas anderes – wie von der Antragstellerin geltend gemacht – hinsichtlich der Werbung der Antragstellerin in überregionalen Zeitungsannoncen gilt, ist nach obigen Ausführungen nicht ersichtlich, kann aber hier letztlich dahinstehen, da der Antragstellerin mit der angegriffenen Verfügung entsprechend der eingeschränkten Zuständigkeit der Bezirksregierung E (vgl. § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz) allein die Werbung im Internet untersagt worden ist.
32(2) Ermessensfehler in Bezug auf die Anordnung in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 19. Juli 2013 dürften nicht gegeben sein. Das dem Antragsgegner durch § 9 Abs. 1 S. 2 und 3 GlüStV eröffnete Ermessen ist zulasten der Antragstellerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet und die Werbung hierfür im Internet untersagt werden musste ((a)). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu ((b)). Mit der Untersagung wird von der Antragstellerin auch nichts rechtlich oder tatsächlich Unmögliches verlangt ((c)).
33(a) Die Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich hinsichtlich der Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels aus § 284 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB), hinsichtlich der Werbung für öffentliches Glücksspiel aus § 284 Abs. 4 StGB, weil die Antragstellerin öffentliche Glücksspiele in Nordrhein-Westfalen ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet und für solche unerlaubten öffentlichen Glücksspiele wirbt und damit die genannten objektiven Straftatbestände verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Antragsgegners auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt wie gesehen anwendbar ist und der Antragstellerin das Fehlen der Erlaubnis mangels Erlaubnisfähigkeit ihrer Glücksspielveranstaltung und -werbung auch entgegengehalten werden kann.
34Vgl. hierzu hinsichtlich der Veranstaltung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 189 ff.) und hinsichtlich der Werbung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 3027/11 –, juris (Rn. 137 ff.).
35Dies folgt bereits daraus, dass das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV grundsätzlich verboten ist und der in § 4 Abs. 5 GlüStV vorgesehene Erlaubnisvorbehalt für Lotterien und Sportwetten hinsichtlich der Antragstellerin nicht einschlägig ist, da diese Online-Casinospiele anbietet. Die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV ist – wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV alter Fassung –
36vgl. hierzu ausführlich VG Düsseldorf, Urteil vom 15. November 2011 – 27 K 6026/09 –, juris (Rn. 112 ff.),
37nicht nur verfassungs-, sondern auch unionsrechtskonform.
38Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 191 ff. i.V.m. 102 ff.).
39Dabei ist bereits zweifelhaft, ob das unionsrechtliche Kohärenzgebot überhaupt auf die Antragstellerin Anwendung findet. Denn es ist fraglich, ob ein für die Anwendbarkeit des Unionsrechts grundsätzlich erforderlicher grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist. Zweifel sind insofern angebracht, weil es sich bei der Antragstellerin um ein in der Bundesrepublik Deutschland ansässiges Unternehmen handelt, der vorliegende Sachverhalt mithin – für sich betrachtet – keinen „grenzüberschreitenden Bezug“ aufweist.
40Vgl. zu einer solchen Konstellation: Bayerischer VGH, Beschluss vom 9. Mai 2014 – 22 CS 14.568 –, juris (Rn. 22).
41Jedenfalls aber ist die mit dem Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verbundene Beschränkung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) gerechtfertigt. Sie dient zwingenden Gründen des Allgemeininteresses (Verbraucherschutz, Betrugsvorbeugung und Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen, vgl. § 1 GlüStV), erweist sich als geeignet, die Verwirklichung der angeführten legitimen Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt, nicht über das hinausgeht, was zu deren Erreichung erforderlich und auch unterschiedslos anwendbar ist.
42Vgl. zu diesen Anforderungen: EuGH, Urteil vom 8. September 2010 – Rs. C-46/08 < Carmen Media > –, juris (Rn. 55 ff.); EuGH, Urteil vom 6. November 2003 – Rs. C-243/01
und zu ihrer Erfüllung: OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 191 i.V.m. 109 ff.) mit weiterer Begründung.
44Insbesondere ergibt sich eine Inkohärenz auch nicht aus der allein in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens durch das GlSpG SH. Denn der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 12. Juni 2014 (Rs. C-156/13
abrufbar unter: http://curia.europa.eu/jcms/jcms/j_6/,
46entschieden, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer der Mehrheit der Gliedstaaten eines föderal strukturierten Mitgliedstaats gemeinsamen Regelung, die die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet grundsätzlich verbietet, während ein einzelner Gliedstaat für einen begrenzten Zeitraum neben den restriktiven Rechtsvorschriften der übrigen Gliedstaaten bestehende weniger strenge Rechtsvorschriften beibehalten hat, dann nicht entgegensteht, wenn diese gemeinsame Regelung den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit – wie hier – genügt. Zum einen kann die betreffende Verteilung der Zuständigkeiten in einem Bundesstaat wie der Bundesrepublik Deutschland insoweit auch durch das Unionsrecht nicht infrage gestellt werden, da sie unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) steht. Zum andern ist insoweit zu berücksichtigen, dass eine etwaige Beeinträchtigung der Kohärenz durch diese unterschiedliche Regelung zeitlich und räumlich auf ein Bundesland begrenzt war (Rn. 33 ff.).
47Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 191 i.V.m. 147 ff.).
48Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die nach dem GlSpG SH erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung dieses Gesetzes im Übrigen für sechs Jahre weiter gelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze vom 1. Februar 2013 [GVOBl. Schl.-H. 2013, S. 64] i.V.m. § 4 Abs. 3 S. 1 GlSpG SH).
49Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 197).
50Dabei handelt es sich entgegen den Ausführungen der Antragstellerin auch tatsächlich um eine befristete Übergangszeit. Denn nach Ablauf dieser sechs Jahre dürfte die vorübergehende Fortgeltung des GlSpG SH erschöpft sein. Letztere gilt nämlich ausdrücklich nur, soweit auf der Grundlage des GlSpG SH bereits Genehmigungen erteilt worden sind. Sie endet daher im Einzelfall, sobald die betreffende Genehmigung mit Ablauf der Frist des § 4 Abs. 3 S. 1 GlSpG SH ausläuft. Da es sich bei einer in § 4 Abs. 3 S. 2 GlSpG SH geregelten Anschlussgenehmigung um eine erneute Genehmigungserteilung und nicht nur um eine bloße Verlängerung handelt, dürfte insoweit das GlSpG SH nicht mehr fortgelten.
51Vgl. in diesem Sinne auch den Innenminister des Landes Schleswig-Holstein in der Sitzung des dortigen Landtages vom 24. August 2012, Plenarprotokoll 18/6 S. 296: „Das heißt auch, dass die bereits erfolgten Glücksspielgenehmigungen für die erteilte Laufzeit ihre Gültigkeit behalten“.
52Schließlich führt es nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV, dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele, dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ GlüStV und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
53Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn.193 ff.).
54Die Annahme einer allgemein höheren Gefährlichkeit der Automaten- und Casinospiele –
55so auch Windoffer, „Der neue Glücksspielstaatsvertrag: Ein wichtiger Beitrag zur Gesamtkohärenz des deutschen Regulierungsregimes“, GewArch 2012, 388 (390); die Begründung des GlüStV spricht insoweit sogar von einem „herausragenden Suchtpotential“, Bayerische LT-Drs. 16/11995 S. 20; vgl. aber auch das Neunzehnte Hauptgutachten der Monopolkommission 2010/2011, BT-Drs. 17/10365, S. 58, das von einer lediglich vergleichbaren Suchtgefahr ausgeht,
56wie sie auch von der Antragstellerin (im Internet) veranstaltet werden – dürfte sich entgegen deren Einschätzung durch entsprechende Studien stützen lassen. So kommen etwa Meyer u.a. in ihrer „Einschätzung des Gefährdungspotentials von Glücksspielen“ zum Ergebnis, dass Glücks- und Geldspielautomaten ein sehr hohes und Poker und Roulette ein hohes Gefährdungspotential besitzen, während Sportwetten (mit Ausnahme der nach § 21 Abs. 4 GlüStV nur sehr begrenzt erlaubnisfähigen Live-Wetten)
57vgl. hierzu Hecker/Ruttig in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht – Kommentar, 2. Aufl., § 21 GlüStV Rn. 53 ff.; Bolay/Pfütze in: Streinz/Liesching/Hambach, Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien – Kommentar, § 21 GlüStV Rn. 49 ff.,
58und Lotto nur einen geringen bis mittleren Risikowert aufweisen.
59Vgl. Meyer u.a. in: Sucht, 56 (6), 2010, S. 405 (411 f.), abrufbar unter: http://gerhard.meyer.uni-bremen.de/index_dateien/Sucht_6_2010__Messinstrument.pdf.
60Dass etwas anderes gelten soll, wenn die betreffenden Casino- bzw. Automatenspiele im Internet angeboten werden, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen spricht einiges dafür, dass es sich bei Online-Casinospielen in der Regel um Spiele mit hoher Ereignisfrequenz handelt, die auch in Bezug auf Lotterien und Sportwetten nicht erlaubnisfähig sind (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Inkohärenz nicht vorliegen dürfte.
61Vgl.VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 – 6 S 88/13 –, juris (Rn. 32)
62(b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsanordnung nicht ermessensfehlerhaft. Denn die vom Antragsgegner angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Antragstellerin und deren – bereits im Hinblick auf das insoweit geltende Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV – fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung Düsseldorf überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
63Vgl. hierzu hinsichtlich der Veranstaltung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 230 ff.) und hinsichtlich der Werbung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2019/11 –, S. 44 ff. der Entscheidungsgründe.
64Insbesondere scheidet ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Durchsetzung der Verbote der Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels im Internet (§ 4 Abs. 1 und 4 GlüStV) und der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel (§ 5 Abs. 5 GlüStV) von vornherein aus. Dies ergibt sich im Hinblick auf die Werbung im Internet für die staatlichen Glücksspielanbieter daraus, dass es sich hierbei – anders als bei der Werbung der Antragstellerin für ihr eigenes Glücksspielangebot – um erlaubtes bzw. übergangsweise zulässiges Glücksspiel (vgl. § 29 Abs. 1 S. 3 GlüStV) handelt. Daneben schreitet der Antragsgegner zwar aktuell auch gegen die Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels im Internet durch private Anbieter sowie die Werbung hierfür – soweit ersichtlich – nicht ein. Gleichwohl ist seine Untersagungsverfügung gegenüber der Antragstellerin sachlich gerechtfertigt, ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht ersichtlich. Wie gerichtsbekannt ist, hat die Bezirksregierung E bereits auf der Grundlage des alten Glücksspielstaatsvertrages gegen zahlreiche Glücksspielveranstalter im Internet und für Glücksspiel im Internet Werbende (auch gegen viele der übrigen schleswig-holsteinischen Lizenznehmer) Untersagungsverfügungen erlassen. Aufgrund der derzeit noch nicht abschließend geklärten Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der insoweit noch anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor grundsätzlich etwaige weitere Veranstalter und Werbungen ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden.
65Vgl. hierzu hinsichtlich der Veranstaltung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 239) und hinsichtlich der Werbung OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2019/11 –, S. 45 f. der Entscheidungsgründe.
66Angesichts der umfangreichen und im Hinblick auf den Geltungsbereich ihrer Lizenz irreführenden Bewerbung ihres Glücksspielangebotes auf der eigenen Internetseite (aber auch in überregionalen Zeitungsannoncen) ist das Vorgehen speziell gegen die Antragstellerin trotz der nachvollziehbaren Zurückhaltung beim Erlass neuer Untersagungsanordnungen im übrigen sachlich begründet.
67(c) Schließlich wird mit der Untersagungsanordnung des Antragsgegners von der Antragstellerin weder rechtlich noch tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Antragstellerin hat zwar eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Online-Casinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Online-Angebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber auf ihrer Internetseite Verfahren der Geolokalisation einsetzen, um eine Spielteilnahme und einen Aufruf der Werbung hierfür aus Nordrhein-Westfalen hinreichend sicher auszuschließen.
68Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 174 ff.); OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 3027/11 –, juris (Rn. 163 ff.).
69Auf die konkrete Treffsicherheit dieser Methode kommt es nicht an. Denn der Antragsgegner kann – entgegen des Hinweises in der Begründung der Untersagungsanordnung vom 19. Juli 2013, „dass das Risiko, dass das Angebot noch in Nordrhein-Westfalen erscheint, obwohl die Methode der Geolokalisation eingerichtet wurde, zu (…) zu Lasten (der Antragstellerin) geht“ – nur das verlangen, was durch eine Lokalisierung nach dem Stand der Technik sichergestellt wird.
70Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 3027/11 –, juris (Rn. 167).
71Die Feststellung, ob die Antragstellerin diesen Anforderungen gerecht geworden ist, mithin ein Verstoß gegen die Untersagungsanordnung vorliegt, bleibt einem etwaigen Vollstreckungsverfahren und der sich gegebenenfalls auch insoweit anschließenden gerichtlichen Überprüfung vorbehalten.
72Die von der Antragstellerin unter Bezugnahme auf jüngere Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Ansbach
73vgl. z.B. Urteil vom 28. Januar 2014 – AN 4 12.01016 – , juris (Rn. 30 ff.),
74gegen die Eignung der Geolokalisationstechnik erhobenen Einwände greifen nicht durch. Letztere wird insbesondere nicht durch Umgehungsmöglichkeiten wie etwa Anonymisierungsprogramme ernsthaft infrage gestellt.
75Vgl. hierzu bereits ausführlich OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2010 – 13 B 676/10 –, juris (Rn. 56 ff.).
76Gleiches dürfte hinsichtlich des Zugriffs auf Internetseiten von mobilen Geräten aus gelten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in die aktuelle Version der Sprache zur Programmierung von Internetseiten (HTML5) sogar eine spezielle Funktion zur Geolokalisierung aufgenommen worden ist, mit der sich ein Zugriff nur dann erlauben lässt, wenn der Nutzer eine Anfrage zur Positionsbestimmung mittels eines eingebauten GPS-Moduls bzw. einer vom Gerät erstellten Liste der WLANs und/oder Mobilfunkstationen der Umgebung einschließlich ihrer Empfangsstärke zustimmt.
77Vgl. http://www.pcwelt.de/tipps/So_funktioniert_die_HTML5-Lokalisierung-Standortbasierte_Dienste_nutzen_-_oder_nicht-8211783.html.
78Angesichts dieser und ähnlicher Techniken boomt der Markt standortbezogener Dienste geradezu.
79Vgl. zu solchen Diensten mittels Smartphone-App: Pressemeldung der GETTINGS GmbH vom 18. September 2013, „Standortbasierte Dienste boomen in Deutschland“, abrufbar unter: http://www.gettings.de/presse.
80Zudem werden die von der Antragstellerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
81Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 241); OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 3027/11 –, juris (Rn. 168).
82b) Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 2 (aa) und der Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 (bb) der Untersagungsanordnung vom 19. Juli 2013 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
83aa) Der von der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung erhobene Einwand, eine solche sei in Bezug auf die Beachtung von Unterlassungspflichten gemäß § 63 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) nicht erforderlich und damit unangemessen, geht offensichtlich fehl. Nach § 63 Abs. 1 S. 2 VwVG NRW ist dem Betroffenen in der Androhung eines Zwangsmittels zur Erfüllung der Verpflichtung eine angemessene Frist zu bestimmen; eine Frist braucht nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung kann die Behörde lediglich im Falle der Unterlassung auf eine Fristsetzung verzichten, sie muss es aber nicht. Setzt sie zu Gunsten des Betroffenen dennoch eine Frist, so ist diese mithin nicht automatisch unangemessen.
84Die der Antragstellerin zur Erfüllung der Ziffer 1 der Verfügung in deren Ziffer 2 gesetzte Frist von vier Wochen nach Bekanntgabe, d.h. angesichts der Zustellung des angegriffenen Bescheides am 22. Juli 2013 bis zum Ablauf des 20. August 2013, dürfte angemessen sein.
85Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. Mai 2010 – 10 CS 09.2672 –, juris (Rn. 25) hinsichtlich der Anschaffung, Erprobung und endgültigen Implementierung einer Geolokalisation.
86Die Antragstellerin musste für die von ihr angebotenen Spielarten seit Jahren von dem Verbot der Veranstaltung von Glücksspiel im Internet nach dem Glücksspielstaatsvertrag Kenntnis haben und wusste seit ihrer Anhörung vom 25. April 2013 davon, dass die Bezirksregierung E von ihr die Unterlassung der Veranstaltung von Glücksspiel im Internet und die Werbung hierfür im Internet in Nordrhein-Westfalen erwartet.
87Vgl. insoweit ebenfalls auf die Anhörung (wie auch auf eine faktische Verlängerung der Umsetzungsfrist durch eine Aufschiebung des Beginns von Vollstreckungsmaßnahmen) abstellend: OVG NRW, Beschluss vom 2. Juli 2010 – 13 B 646/10 –, juris (Rn. 43).
88Dass es ihr trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich war, bis zum 20. August 2013 geeignete Maßnahmen zu ergreifen, hat sie weder substantiiert dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich.
89bb) Die Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 55 Abs. 1, 60, 63 VwVG NRW. Die Untersagungsanordnung in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung stellt einen sofort vollstreckbaren, mit Zwangsmitteln durchsetzbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 55 Abs. 1 VwVG NRW dar. Die Bezirksregierung E hat mit dem Zwangsgeld das richtige Zwangsmittel ausgewählt. Es bestehen keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit des angedrohten Betrags. Konkrete Anhaltspunkte diesbezüglich hat auch die Antragstellerin nicht vorgetragen.
90Ihr Einwand, die Androhung sei zu unbestimmt, da sie sich auf mehrere Verhaltenspflichten beziehe, ohne klarzustellen, ob sie bereits beim Verstoß gegen eine Einzelanordnung oder nur beim Verstoß gegen alle Verpflichtungen eingreife, geht fehl. Die Androhung knüpft ausdrücklich an jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2 und damit die nicht fristgerechte Umsetzung der Anordnung zu Ziffer 1 des Bescheides vom 19. Juli 2013 an. Unter Ziffer 1 wird der Antragstellerin untersagt, im Internet in NRW öffentliches Glücksspiel zu veranstalten und hierfür zu werben. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass sowohl eine entsprechende Glückssspielveranstaltung als auch eine Bewerbung eines solchen Angebotes für sich genommen einen Verstoß gegen die Anordnung zu Ziffer 1 darstellt und für den Fall des Ablaufs der Frist der Ziffer 2 mit Zwangsgeld bedroht ist.
912. Vor diesem Hintergrund geht auch die vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der (vorläufigen) Fortsetzung der ihr untersagten Tätigkeit muss auch unter Berücksichtigung des nach eigenen Angaben drohenden Verlustes eines Marktvorteils und Investitionsaufwandes hinter dem öffentlichen Interesse, die von dieser Tätigkeit im Internet ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit (insbesondere Suchtgefahren und Gefahren für den Jugendschutz) zu unterbinden, zurücktreten.
92Vgl. zur Gefährlichkeit der Glücksspiels speziell im Internet: OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 – 13 A 2018/11 –, juris (Rn. 116 ff.); so schon OVG NRW, Beschluss vom 30. Juli 2008– 4 B 2056/07 –, juris (Rn. 63 ff.).
93Entgegen der Einschätzung der Antragstellerin ist das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Internetverbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass auch das vorübergehend geltende GlSpG SH u.a. darauf ausgerichtet ist, einen wirksamen Jugendschutz zu gewährleisten und Suchtgefahren bei Glücksspielen vorzubeugen (vgl. § 1 Nr. 3 und 4 GlSpG SH), nicht auf die Verteidigung der im GlüStV festgeschriebenen Monopolstrukturten reduziert. Zum einen existiert im streitbefangenen Bereich der Online-Casinospiele kein solches Monopol, sondern ein absolutes Verbot. Zum anderen hat sich Nordrhein-Westfalen ebenso wie die übrigen Bundesländer und inzwischen auch wieder Schleswig-Holstein insoweit für ein höheres Schutzniveau entschieden, um die genannten öffentlichen Interessen weitergehender schützen zu können.
94Diese Schutzzwecke sind im Hinblick auf die grundsätzliche Vereinbarkeit des Verbots der Veranstaltung von Glücksspiel im Internet und der Werbung hierfür im Internet mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen als legitim anzusehen und zugleich geeignet, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Untersagungsverfügung zu begründen, mit der dieses Verbot durchgesetzt wird.
95Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. März 2009 – 1 BvR 2410/08 –, juris (Rn. 49), zur sofortigen Vollziehbarkeit des Verbots unerlaubter Sportwettvermittlung.
96Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
97Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. Bei der Bemessung der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache hat sich das Gericht für das vorläufige Rechtsschutzverfahren an deren eigenen Angaben im Klageverfahren orientiert und den insoweit von der Antragstellerin genannten Betrag von gut 750.000 € entsprechend Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zur Hälfte angesetzt. Die Höhe des in der Untersagungsanordnung vom 19. Juli 2013 zugleich angedrohten Zwangsgeldes bleibt gemäß Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs bei der Streitwertfestsetzung unberücksichtigt.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 04. Juli 2014 - 27 L 1578/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Satz 1 gilt bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Soweit nach den §§ 17 und 18 eine Vertretung stattfindet, haben nur die Vertreter Anspruch auf Akteneinsicht.
(2) Die Behörde ist zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt, das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen.
(3) Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt. Im Einzelfall kann die Einsicht auch bei einer anderen Behörde oder bei einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfolgen; weitere Ausnahmen kann die Behörde, die die Akten führt, gestatten.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 geändert.
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin betreibt die Internetseite www. … .org. Hierauf warb sie in der Vergangenheit für Sportwetten der Anbieter c. e. K. (www. … .de) und der E. T. GmbH E1. bzw. J. Ltd. A. /N. (www. … .de). Aktuell wird auf der Internetseite www. … .org für den Sportwettenanbieter d. (www. … .de) geworben.
3Nach Anhörung mit Schreiben vom 15. März 2004 untersagte die Bezirksregierung E. der Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten, die nicht nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz genehmigt worden sind, zu werben. Ihr wurde aufgegeben, die Werbung für das Glücksspiel innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. aus, die Werbung für unerlaubte Sportwetten verstoße gegen die Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Bei den über die vorgenannte Internetseite abrufbaren Sportwetten handele es sich um Glücksspiele, die nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz - allein darauf komme es an - nicht erlaubt worden seien. Eine solche Erlaubnis könne auch nicht erteilt werden, weil Träger des Wettunternehmens nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des Privatrechts sein könne, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehörten. Sei die Durchführung der Sportwetten rechtswidrig, gelte dies auch für die Werbung.
4Das Verwaltungsgericht Köln hat dem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Klägerin mit Beschluss vom 11. August 2006 (6 L 701/06) teilweise stattgegeben. Auf die Beschwerde der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 22. November 2006 den Beschluss geändert und den Antrag insgesamt abgelehnt (13 B 1796/06).
5Den gegen die Ordnungsverfügung am 30. Dezember 2004 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 zurück. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des Senats vom 22. November 2006.
6Die Klägerin hat hiergegen am 3. Februar 2007 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Bezirksregierung E. sei für den Erlass der Verfügung nicht zuständig. Sie dürfe keinen Hoheitsakt erlassen, der - wie hier - in seinen tatsächlichen Auswirkungen die Hoheitsbefugnisse anderer Bundesländer oder Staaten berühre und darin eingreife. Die in Rede stehenden Ermächtigungsgrundlagen seien mit Unionsrecht nicht zu vereinbaren. Das Vorgehen des Landes sei inkohärent. Dies ergebe sich zum einen aus der fehlenden Gesamtkohärenz der Sportwettpolitik, die auf das Internetverbot durchschlage, zum anderen auch aus der fehlenden inneren Kohärenz des Onlineverbots. Eine Glücksspielpolitik, die Spielsuchbekämpfung nicht systematisch und kohärent verfolge, sondern in suchtgefährdenden Bereichen eine Politik verfolge, die private Anbieter zulasse und Angebotsausweitung betreibe, sei nicht geeignet, das von ihr geltend gemachte Suchtbekämpfungsziel zu erreichen.
7Die Klägerin hat beantragt,
8- 9
1. die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 aufzuheben,
- 11
2. festzustellen, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages rechtswidrig waren.
Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und geltend gemacht, dass die eingetretene neue Rechtslage (TMG/RStV) nichts an der rechtlichen Bewertung ändere.
15Das Verwaltungsgericht hat am 24. November 2011 das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu 2. abgetrennt (6 K 6508/11) und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung beurteile sich als Dauerverwaltungsakt nach der Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, mithin nach § 9 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 3 GlüStV. Die Untersagungsanordnung sei formell und materiell rechtmäßig. Sie sei hinreichend bestimmt. Bei verständiger Würdigung werde der Klägerin die Werbung für private Sportwettenanbieter im Internet lediglich insoweit untersagt, als dass Angebote in NRW abrufbar seien. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten seien erfüllt. Die Klägerin habe im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben. Ermessensfehler seien nicht gegeben. Insbesondere werde von der Klägerin nicht etwas Unzumutbares verlangt. Die Ordnungsverfügung überlasse es der Klägerin, wie sie die Untersagung technisch umsetze. Jedenfalls der auf das gesamte Bundesgebiet bezogene Einsatz der Methode der Geolokalisation sei nach dem Stand der Technik geeignet, das gesetzliche Verbot der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel im Internet in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen. Die Regelung des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoße weder gegen Art. 12 GG noch gegen Unionsrecht. Dabei hänge das Werbeverbot im Internet - ebenso wie das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV - nicht von der Gültigkeit und dem Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols ab. Sowohl das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV als auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, die in der vorliegenden Konstellation mittelbar über das in § 5 Abs. 4 GlüStV enthaltene Verbot der Werbung für unerlaubte und aufgrund ihres Vertriebsweges auch nicht erlaubnisfähige Glücksspiele zur Anwendung kämen, verstießen nicht gegen das Verfassungsrecht und seien zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Einzelne nicht geahndete Verstöße gegen das Werbeverbot könnten Zweifel an der tatsächlichen Verfolgung der mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht begründen. Im Übrigen sei auf das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 - 27 K 8790/08 - zu verweisen.
16Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, auf § 5 Abs. 3 GlüStV könne die Untersagungsverfügung schon deshalb nicht gestützt werden, weil das Internetwerbeverbot aufgrund der tatsächlichen Anwendung der Werberegelung die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit verletze. Die Regelung in § 5 Abs. 3 GlüStV sei zur Erreichung der in § 1 GlüStV angeführten Gemeinwohlziele nicht geeignet. Insofern sei die von den Glücksspielaufsichtsbehörden (zumindest) geduldete, unzulässige Werbepraxis der Landeslotteriegesellschaften, die Träger des Glücksspielmonopols seien, entscheidend. Es liege ein strukturelles Defizit bei der Umsetzung der Regelung zur Glücksspielwerbung vor. Seit dem 1. Januar 2012 bestehe zudem eine regionale Inkohärenz wegen der Änderung der Rechtslage in Schleswig-Holstein, die ein Verbot der Werbung für Glücksspiele im Internet nicht mehr vorsehe. Letztendlich stütze die Untersagungsverfügung ausschließlich das Monopol, das aber nicht zu rechtfertigen sei. Die Untersagungsverfügung sei ausschließlich auf die fehlende Erlaubnis gestützt, die zu erreichen ihr - der Klägerin - gar nicht möglich gewesen sei. Ausführungen zu den Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 GlüStV enthalte die Untersagungsverfügung nicht. Die der Klägerin untersagte Werbung sei mittlerweile ‑ auch im Internet - erlaubnisfähig. Dies gelte für Schleswig-Holstein sowie für alle anderen Bundesländer. Trotz dieser weiteren Änderung der Rechtslage werde die Untersagungsanordnung nach wie vor auf die im Jahre 2004 geltende Monopolregelung gestützt. Ein Nachschieben von Ermessenserwägungen sei verwaltungsverfahrensrechtlich für die Vergangenheit nicht möglich. Im Übrigen könne ihr - der Klägerin - während des laufenden Konzessionsverfahrens eine fehlende Erlaubnis nicht entgegengehalten werden. Zwangsgelder seien angedroht, aber nicht entrichtet worden.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 zu ändern und
191. den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 mit Wirkung ex nunc aufzuheben,
202. festzustellen, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom
21a) 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014
22b) 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012
23rechtswidrig war.
24Der Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus: Ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft worden und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien X. und X1. sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Überwachung gegenüber den Monopolisten sei deutlich einfacher, schneller und effektiver, als es die Überwachung gegenüber Privaten sei, die über Jahre hinweg vor den Gerichten streitig ausgetragen werde. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht mit Blick auf eine fehlerhafte oder unterlassene Ermessensausübung rechtswidrig. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Sogar der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen könne zulässig sein, soweit die Begründung der Untersagung (nur) für die Zukunft geändert werde. Die streitgegenständliche Verfügung sei nicht auf das Monopol gestützt worden, sondern auf die fehlende Erlaubnis, das Verbot der Werbung im Internet und den Straftatbestand des § 284 StGB. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV gestützt, und zwar auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV und § 5 Abs. 3 GlüStV, wonach Werbung im Internet grundsätzlich verboten (mit Erlaubnisvorbehalt) sowie Werbung für unerlaubtes Glücksspiel verboten sei. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Der beworbene Anbieter verfüge über keine Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel. Darüber hinaus sei das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV. Der beworbene Veranstalter biete unzulässigerweise auch Live- und Ereigniswetten, die gemäß § 21 Abs. 4 GlüStV nicht genehmigungsfähig seien, und nicht erlaubnisfähige Casinospiele an (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Er - der Beklagte - sei nicht verpflichtet, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Es bestehe auch kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
30Die Klägerin hat ihr Klagebegehren umgestellt. Sie verfolgt ihren in erster Instanz gestellten Anfechtungsantrag nicht weiter, die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2004 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Sie begehrt im Wege der Klageänderung im Berufungsverfahren die Feststellung, dass die Untersagungsverfügung zu unterschiedlichen Zeitpunkten rechtswidrig war. Mit Wirkung ex nunc begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheids vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007.
31Die Klage ist mit den gestellten Feststellungsanträgen zulässig, jedoch nur teilweise begründet (A.). Die Klage auf Aufhebung der Verfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007, mit der der Klägerin untersagt worden ist, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten zu werben, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Mit Wirkung ex nunc ist die Untersagungsverfügung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (B.).
32A. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 und vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war, ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.
33I. Die Klägerin kann ihren Anfechtungsantrag im Hinblick auf den bereits abgelaufenen Zeitraum - teilweise - auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umstellen. Hierin liegt keine (unzulässige) Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO. Eine Klageänderung liegt nur dann vor, wenn der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens nachträglich durch eine Erklärung des Klägers gegenüber dem Gericht geändert wird.
34Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 19. Auflage 2013, § 91, Rn. 2; Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3 Auflage 2010, § 91 Rn. 5 ff.
35Eine Änderung des Streitgegenstands liegt nicht vor. Der in der Vergangenheit liegende Zeitraum ist bereits Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage gewesen, soweit mit dieser die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) (GlüStV a. F.) am 1. Januar 2008 zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wurde. Die Zeit davor, d.h. die Zeit seit dem Erlass des Verwaltungsakts im Jahre 2004 bis zum Inkrafttreten des GlüStV a. F., für die die Untersagungsverfügung des Beklagten ebenfalls Geltung beansprucht hat, hat die Klägerin zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens gemacht (damaliger Klageantrag zu 2.), über das das Verwaltungsgericht nach Abtrennung gesondert entschieden hat (6 K 6508/11).
36Hinsichtlich der beantragten Zeiträume ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Das ist der Fall, wenn das ursprüngliche Anfechtungsbegehren zulässig war, sich dieses Begehren während des Rechtsstreits erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Juni 2000 - 10 A 696/96 -, juris.
38Diese Voraussetzungen liegen vor.
39Das zulässige Anfechtungsbegehren der Klägerin hat sich erledigt. Soweit sich die Untersagung für die bereits abgelaufenen Zeiträume - fortlaufend - erledigt hat, ist die Klägerin durch die Untersagungsverfügung nicht mehr beschwert. Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 12.12 -, juris.
41Das ist hier nicht der Fall, weil die Untersagungsverfügung nicht die Rechtsgrundlage für eine noch rückgängig zu machende Vollstreckung des Beklagten bildet. Das in der Untersagungsverfügung des Beklagten angedrohte Zwangsgeld ist nicht festgesetzt worden.
42Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Untersagung in der Vergangenheit rechtswidrig gewesen ist. Diese Feststellung ist geeignet, einen Schadensersatzprozess zu erleichtern und zu fördern, den die Klägerin im Falle einer rechtswidrigen Untersagung ihrer Werbung gegen den Beklagten anhängig machen kann. Das Präjudizinteresse ist zu bejahen, wenn die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen in einem Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 26.
44Ein finanzieller Schaden kommt hier in Betracht, weil die Klägerin der Untersagungsanordnung in der Vergangenheit - zumindest zeitweise - nachgekommen ist und ihr in dieser Zeit Werbeeinnahmen der beworbenen Wettveranstalter entgangen sind, die sie beabsichtigt, im Rahmen eines Haftungsprozesses gegen den Beklagten geltend zu machen.
45Das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW) ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen. Ob die landesrechtliche Anspruchsnorm nur die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe betrifft und eine Entschädigung wegen legislativen Unrechts einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) davon ausnimmt, ist nicht hinreichend klar und muss gegebenenfalls in einem zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Der Erfolg einer darauf gestützten Staatshaftungsklage ist jedenfalls deshalb nicht offensichtlich ausgeschlossen.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 29.
47Ein Ersatzanspruch gemäß § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NRW scheidet zudem nicht offensichtlich deshalb aus, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend zu machenden Schaden wäre. Die für die Haftungsansprüche entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten sind nicht dergestalt offensichtlich auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen, dass die Ursächlichkeit zu verneinen ist, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 30.
49II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist teilweise begründet. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig (1.). In der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 ist die Untersagung hingegen rechtmäßig gewesen, so dass die begehrte Feststellung nicht getroffen werden kann (2.).
501. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die glücksspielrechtliche Untersagung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Rechtslage zu messen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 ‑, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
52a) Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist formell rechtmäßig ergangen.
53aa) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - Glücksspielstaatsvertrag AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
54Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielwerbung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin lediglich verlangt worden ist, die Werbung in Nordrhein-Westfalen einzustellen. Eine entsprechende räumliche Beschränkung der Untersagung lässt sich hinreichend deutlich aus der Begründung des Bescheids entnehmen, wonach es u.a. heißt, dass sich die Zuständigkeit des Beklagten auf Nordrhein-Westfalen beschränkt.
55b) Die Untersagungsverfügung genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW - VwVfG NRW -). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
56Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris, und vom 20. April 2005
57- 4 C 18.03 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar 14. Auflage 2013, § 37 Rn. 12.
58Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungsätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
60Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
62Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors verfügte Untersagung. Der Verfügung lässt sich nach ihrem Gesamtinhalt und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sowie der auch der Klägerin bekannten Umstände, die die Klägerin zum Erlass der Untersagung veranlasst haben, mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass ausschließlich die Werbung für private Glücksspielangebote - hier in der Form von Sportwetten - untersagt worden ist.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1796/06 -, juris.
64b) Das Werbeverbot in Ziffer 1 des Bescheids war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 materiell rechtswidrig.
65Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, das unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
66aa) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor. Die Klägerin hat zum einen gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, weil sie im Internet für öffentliches Glücksspiel geworben hat (1). Zum anderen hat sie für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben, was nach § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verboten ist (2).
67Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen unionsrechtswidrig war,
68vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
69lässt den Bestand und die Gültigkeit des Verbots der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet ebenso wie des Verbots der Werbung für unerlaubte Glücksspiele unberührt. Denn diese sind nicht „monopolakzessorisch“. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet
70nur eine bestimmte Art und Weise des Werbens. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. knüpft an den Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. an, der seinerseits unabhängig von Gültigkeit und Bestand des Sportwettenmonopols anwendbar, mit dem Verfassungsrecht vereinbar und unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
71Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 ‑, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2011 - 6 S 2577/10 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
72(1) Die Klägerin hat gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen. Sie hat unter der Domain www. … .org (auch) in Nordrhein-Westfalen für Sportwetten und damit für Glücksspiel i. S. v. § 3 Abs. 1 GlüStV a. F. geworben, in dem sie auf ihrer Webseite auf das (auch) in Nordrhein-Westfalen abrufbare Glücksspielangebot der Firmen e. K. und J. Ltd. hingewiesen hat. Die auf der Internetseite der Klägerin platzierten Banner für die Firmen e. K. und J. Ltd. stellten Werbung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV a. F. dar. Mit der Darstellung der markanten Schriftzüge der Wettanbieter sollte zur entgeltpflichtigen Teilnahme an deren Glücksspielangeboten aufgefordert werden, zumal die Hinweise mit dem Zusatz „Hier wetten!“ versehen und mit der jeweiligen Internetseite des Wettanbieters verlinkt waren.
73Das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist anwendbar. Es ist mit dem nationalen Verfassungsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen Unionsrecht.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, im Nachgang BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30. September 2013 - 1 BvR 3196/11 -, juris; OVG des Saarlandes, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
75Die mit dem Internetwerbeverbot verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) ist gerechtfertigt. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber unionsrechtlich legitime Ziele des Gemeinwohls. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. dient der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, m. w. N.
77Das Internetwerbeverbot genügt auch dem Kohärenzgebot. Durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nur gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung der zu ihrer Rechtfertigung angeführten Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie tatsächlich zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen. Der Mitgliedstaat muss zum einen die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wirklichkeit andere Ziele - namentlich solcher finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten. Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen. Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird.
78Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris, und - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris, m. w. N.
79Diesen Anforderungen genügt das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben. Mit dem Werbeverbot und dessen Anwendung - etwa gegenüber der Klägerin - werden die angeführten Gemeinwohlziele tatsächlich verfolgt. Die Erreichbarkeit dieser Ziele wird auch nicht durch andere Regelungen oder deren tatsächliche Handhabung in anderen Glücksspielbereichen konterkariert.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris m. w. N.
81Hiervon ausgehend führt die von der Klägerin gerügte unterbliebene oder unzureichende Durchsetzung des Internetwerbeverbots gegenüber dem deutschen Lotto- und Toto-Block und sämtlichen Landeslottogesellschaften im Sinne eines strukturellen Vollzugsdefizits nicht zur Inkohärenz des gesetzlichen Verbots.
82So aber Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
83Sie stellt nur seine einheitliche und diskriminierungsfreie Anwendung und damit die Rechtmäßigkeit der Durchsetzung im Einzelfall in Frage. Durch die inkonsequente oder fehlende Durchsetzung einer Verbotsnorm wird ihre Eignung zur Zielerreichung nicht aufgehoben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - klar gefasst und ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht in ihr selbst angelegt ist.
84(2) Desweiteren hat die Klägerin gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verstoßen, indem sie im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben hat. Bei den auf den Internetseiten www. … .de und www. … .de abrufbaren Sportwetten, für die die Klägerin geworben hat bzw. für die sie die Werbung (wieder) aufnehmen wollte, handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren - soweit sie im Internet veranstaltet wurden - auch unerlaubt, da die Firmen nicht über die für die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet erforderliche Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde verfügten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F.). Eine etwaige maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
85Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 (Biasci u.a.) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
86Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
87Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.09 -, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
88bb) Die Verstöße gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. und § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. rechtfertigten die Untersagung des Beklagten nicht. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eingeräumte Ermessen war nicht dahingehend reduziert, dass zwingend die Untersagung der Internetwerbung der Klägerin hätte verfügt werden müssen (1). Die Untersagung war wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ermessensfehlerhaft (2). Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt (3).
89(1) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin nicht auf die verfügte Untersagung reduziert.
90Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich nicht aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), der die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel unter Strafe stellt. Der Verstoß gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist nicht strafbewehrt. Hinsichtlich des Verstoßes gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. führte § 284 Abs. 4 StGB ebenfalls nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Aus dem Straftatbestand des unerlaubten Glücksspiels ergab sich eine Ermessensreduzierung nur dann, wenn dem Wettanbieter das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden konnte. Das setzt voraus, dass ihm die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon wegen des Erlaubnisvorbehalts, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden. Diese Voraussetzung war in Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren nicht für Private geöffnet wurde.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
92Hiervon ausgehend konnte den von der Klägerin beworbenen Wettanbietern das Fehlen einer Erlaubnis nur insoweit entgegengehalten werden, als sie im Internet Sportwetten veranstalteten. Insoweit fehlte es wegen des verfassungs- und unionsrechtskonformen, nicht monopolakzessorischen Veranstaltungsverbots im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F.,
93vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -,
94an der materiellen Erlaubnisfähigkeit. Wegen des akzessorischen Werbeverbots durfte die Klägerin für das im Internet veranstaltete Glücksspiel auch nicht werben und die Aufsichtsbehörde ihr dies untersagen. Dies hat sie jedoch nicht getan, sondern ein umfassendes Werbeverbot ausgesprochen. Das Werbeverbot des Beklagten umfasste nicht nur im Internet veranstaltete Sportwetten, sondern auch das terrestrische Glücksspielangebot der Werbepartner der Klägerin. Die untersagte Werbung differenzierte auch nicht nach dem Vertriebsweg, auf den die Klägerin zudem keinerlei Einfluss hat. Insoweit durfte das Fehlen einer Erlaubnis des beworbenen Veranstalters auch der Klägerin nicht entgegengehalten werden.
95bb) Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist ermessensfehlerhaft ergangen.
96Die Untersagung, für unerlaubtes Glücksspiel in Form von nicht nach dem nordrhein-westfälischen Recht genehmigte Sportwetten zu werben (vgl. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F.), hat der Beklagte mit der fehlenden Erlaubnisfähigkeit des beworbenen Sportwettenangebots wegen des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen begründet. Dieses war aber unionsrechtswidrig,
97vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12.-, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
98so dass die fehlende Erlaubnis dem Veranstalter allein aus diesem Grund nicht entgegengehalten werden durfte.
99Zur Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. hat die Untersagung die gesetzlichen Grenzen des dem Beklagten eingeräumten Ermessens (§ 114 Satz 1 VwGO) überschritten, weil sie mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar gewesen ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
100Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106/91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
101Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
102Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
103Hiergegen hat der Beklagte verstoßen. Er hat Private benachteiligt, indem er ihnen gegenüber jegliche Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel untersagt hat, während er bei Verstößen des Deutschen Lotto- und Totoblocks, der Landeslottogesellschaften und der Spielbanken gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. nicht eingeschritten ist. Diese haben im Internet systematisch gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen (a), ohne dass die zuständigen Aufsichtsbehörden hiergegen konsequent vorgegangen sind (b). Sachliche Gründe, die allein ein Einschreiten gegenüber den privaten Betreibern von Internetseiten rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich (c).
104(a) Sämtliche staatlichen Glücksspielanbieter haben in der Vergangenheit Internetseiten betrieben, die Werbung für öffentliches Glücksspiel beinhalteten. Damit haben sie regelmäßig gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, wonach Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - ausnahmslos - verboten ist. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02 -, juris) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst.
105Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13 - 15.09 -, juris, Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, Baden-Württemberg, LT-Drs.14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 5 GlüStV Rn. 33.
106Ob damit vom Begriff der (unzulässigen) Werbung auch die - rein sachliche - Information und Aufklärung über das Glücksspiel umfasst ist, ist nicht entscheidungserheblich. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. könnte nach seinem Wortlaut jegliche Werbung - auch die nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige - untersagen, wofür sich auch die Systematik des § 5 GlüStV a. F. anführen ließe.
107vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2011- 6 S 2577/10 -, juris.
108Selbst wenn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. (nur) die an sich gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige Werbung im Internet untersagen sollte, hat der Beklagte in der Vergangenheit dieses Verbot nicht konsequent gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern durchgesetzt, die systematisch unzulässige Werbung im Internet betrieben haben. Hierzu hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, Rn. 55 – 57, bereits ausgeführt:
109„Ein aus der Sicht des durchschnittlichen Empfängers zur Teilnahme motivierender, optisch hervorgehobener Hinweis auf die Höhe der jeweiligen Jackpots findet sich auch auf der Internet-Startseite des Deutschen Lotto- und Totoblocks (www.lotto.de). Hiermit wird zugleich gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen.
110Die Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung eines Teils der Wetteinsätze, etwa in den "Lotto-Hilft"-Kampagnen, gehen ebenfalls regelmäßig deutlich über eine Kanalisierung vorhandener Wettleidenschaften hinaus. Sie stellen unzulässige Imagewerbung dar. Beispielhaft sei die Werbung von Lotto Hessen genannt, das - ebenfalls unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GlüStV - auf seiner Internetseite (www.lotto-hessen.de/c/lottohelps) mit dem Slogan wirbt: "Lotto hilft Hessen. Sie unterstützen unser Land." Damit wird die Teilnahme am Glücksspiel zum wünschenswerten Verhalten aufgewertet, das im Allgemeininteresse liegt; so lautet auch ein Satz im weiteren Text: "Sie haben also nicht nur die Chance auf Gewinne, sondern leisten konkrete Hilfe." Ferner belegt solche Werbung, dass die Beschaffung von Finanzmitteln für soziale Tätigkeiten nicht bloße Nebenfolge, sondern ein - die Beeinträchtigung der Grundfreiheiten nicht rechtfertigender - Grund der restriktiven Politik ist. Auch auf den Internetseiten anderer Landeslotteriegesellschaften findet sich unzulässige Imagewerbung. Westlotto stellt mit dem Werbeslogan "Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann." (www.westlotto.com/de/main/frderung/foerderung_1.html) das Glücksspiel als positiv zu beurteilendes, sozial verantwortliches Handeln dar. Gleiches gilt für die Werbung von Lotto Bremen: "Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut" bzw. "40 Jahre Glücksspirale, 40 Jahre gute Taten", die zudem noch mit der Ankündigung einer Jubiläums-Sonderauslosung verknüpft wird (www.lotto-bremen.de/newsdetail.php?id=96). Auch Lotto Niedersachsen verleiht dem Glücksspiel ein positives Image, weckt Sympathien für das Wetten und verknüpft dies noch mit Anreizen zum Mitspielen, indem Glücksphantasien hervorgerufen werden. "Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden. Neben den vielen glücklichen Gewinnern und Millionären, die Lotto Niedersachsen jedes Jahr "macht", ist ein großer Teil der erwirtschafteten Gelder zweckgebunden für den Sport, die allgemeine Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben, zur Förderung im Bereich Kunst und Kultur sowie für den Umweltschutz und andere Zwecke des Gemeinwohls verwendet worden." An detaillierte Ausführungen zur gemeinnützigen Verwendung der Erlöse schließen sich Angaben zur Zahl der Lotto-Spieler, zur Hoffnung auf Millionengewinne und auch darüber an, dass "im vergangenen Jahr acht Mitspieler durch die Produkte von Lotto Niedersachen zu Millionären" wurden (www.lotto-niedersachsen.de/s/managed_html/100335/index.html).
111Die zum Zwecke der weiteren Verbreitung vielfach herausgegebenen Pressemitteilungen der Monopolträger über glückliche Millionäre sind aus Sicht eines durchschnittlichen Empfängers der Botschaft ebenfalls als Motivierung zum Wetten zu verstehen, zumal wenn sie mit der Angabe des vergleichsweise geringen Spieleinsatzes des "Glückspilzes" verbunden sind. Beispielhaft sei eine Mitteilung von Lotto Mecklenburg-Vorpommern angeführt: "Neuer Lotto Millionär im Land. Nordwestmecklenburger gewinnt über 2,37 Mio. Euro. ... Bundesweit war der Glückspilz der einzige Spielteilnehmer, der alle sieben Endziffern richtig hatte. .. Sein Einsatz waren 26 Euro... Mit ihm haben wir den 39. Lotto-Millionär im Land zu verzeichnen." (www.lottomv.de; Pressemitteilung vom 22. September 2011). Auch Lotto Sachsen-Anhalt beschränkt sich nicht auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten, wenn es in einer Pressemitteilung fragt: "Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?" und seine Ausführungen zu Gewinnen in den vergangenen 20 Jahren mit Hinweisen auf die Finanzierung gemeinnütziger Vorhaben in Höhe von 152 Millionen Euro beschließt (www.lottosachsenanhalt.de/s/managed_html/2174/index.html, Pressemitteilung vom 12. September 2011).“
112Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris.
113Dies deckt sich mit den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen über die Werbepraxis der staatlichen Monopolträger, die insgesamt in den Blick zu nehmen ist. Die staatlichen Landeslotterieunternehmen verfolgten eine sogenannteDachmarkenstrategie, die die Vermarktung der Dachmarke Lotto in den Mittelpunkt der Werbeaktivitäten stellte. Mit der Verwendung dieser Dachmarke wurde letztlich für alle vom Deutschen Lotto- und Totoblock vertriebenen Produkte geworben.
114Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10, 12 und 17.12 -, juris.
115Danach wiesen im Jahre 2011 gefertigte Internetauszüge der Landeslottogesellschaften zahlreiche Werbeslogans und Werbeaussagen auf: „Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann“ (Westlotto), „Sie unterstützen unser Land“ (Lotto Hessen), „Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden.“ (Lotto Niedersachsen), „Der Lotto-Jackpot ist auch in der neunten Ziehung in Folge nicht geknackt worden und steht am Samstag bei rund 20 Millionen - das ist der zweithöchste Betrag in diesem Jahr.“ (Lotto Rheinland-Pfalz), „Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?“ (Lotto Sachsen-Anhalt) und „Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut“ (Lotto Bremen). In allen Fällen handelte es sich um eindeutige Werbebotschaften, die darauf abzielten, die Teilnahme an dem jeweiligen Glücksspiel zu fördern. Lotto-Links fanden sich zudem als Werbebanner auf zahlreichen fremden Informationsportalen.
116Hierbei hat es sich um keine Einzelfälle gehandelt. Vielmehr wurde der Vertriebsweg Internet gezielt von den staatlichen Glücksspielanbietern für ihre Werbung genutzt, um neue Spielinteressenten zu gewinnen. Lassen sich diese Feststellungen zu unzulässiger Werbung für das Jahr 2011 treffen, gilt dies erst recht für den Zeitraum vor Ergehen der Urteile des EuGH vom 8. September 2010 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010, in dem die Werbepraxis eher noch intensiver war.
117Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. September 2011 - 4 A 17/08 -, juris.
118Dass sich diese Werbepraxis im Internet danach im Jahr 2012 grundlegend geändert hat, ist nicht erkennbar. Die bisher einschlägigen Werberichtlinien galten auch in dieser Zeit fort und sind erst durch die Werberichtlinie gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 GlüStV vom 7. Dezember 2012 abgelöst worden, die daher den hier streitgegenständlichen Zeitraum (bis zum 30. November 2012) nicht betrifft. Die vom Beklagten angeführten Maßnahmen im Jahr 2012 hatten nur punktuelle Auswirkungen auf einzelne Werbeaussagen der Landeslottogesellschaft im Internet, führten aber nicht zur Beendigung der Werbung im Internet.
119(b) Die Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot sind von den Aufsichtsbehörden nicht systematisch unterbunden worden.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2011 - 13 B 1135/11 -, juris.
121Soweit der Beklagte darauf verweist, dass in der Vergangenheit die Einhaltung der rechtlichen Regelungen auf kooperativem Wege oder Erlasswege bei den staatlichen Glücksspielanbietern erreicht worden sei, widerspricht dies den tatsächlichen Feststellungen des Senats. Die insoweit vom Beklagten vorgelegten Schreiben belegen an keiner Stelle, dass in der Vergangenheit ein konkreter Internetwerbeauftritt eines Anbieters beanstandet und auf eine Intervention des Beklagten hin geändert worden ist. Soweit auf die Vorgaben der Rechtsprechung zur Werbung für Glücksspiel hingewiesen wurde (vgl. Schreiben des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 2010), wurden die Glücksspielanbieter damit lediglich gebeten, die Vorgaben des EuGH zu beachten und ihr Werbekonzept und ihre Werbung entsprechend anzupassen. Weiter heißt es dort: „Denken Sie hierbei auch an (Image-) Werbung im Internet, in der Kundenzeitschrift oder sonstigen Werbeaussagen im öffentlichen Raum.“ Eine Denkhilfe ist aber keine staatliche Aufsicht. Dass die werberechtlichen Verstöße aufsichtsbehördliche Konsequenzen nach sich gezogen hätten, ist an keiner Stelle erkennbar. Ansonsten hätten die zahlreichen, bereits aufgeführten Verstöße gegen das Internetwerbeverbot nicht über Jahre stattgefunden.
122Selbst nach der erfolgten Präzisierung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Monopolwerbung durch die Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 und den daran anknüpfenden Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2010, wonach es fehlerhaft war, nur den gezielten Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel für rechtswidrig zu halten, statt auf den objektiven Aussagegehalt abzustellen,
123vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 15.09 -,
124fand dies keinen Niederschlag in den Werberichtlinien der Glücksspielaufsicht der Länder, die eine Imagewerbung für zulässig hielten (unter 5.2.1d der Werberichtlinien, Stand 23. Mai 2011) und lediglich die „gezielte“ Aufforderung, Anreizung oder Ermunterung zur Teilnahme am Glücksspiel für unzulässig erklärten.
125Bereits mit Beschlüssen vom 5. November 2009 - 13 B 724/09 und 13 B 829/09 - hatte der Senat gegenüber dem Beklagten angemahnt, auch gegen die unzulässige Internetwerbung von Westlotto einzuschreiten. Dem ist die Bezirksregierung E. nicht gefolgt. Auf der Internet-Startseite der Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG - X. - (www.westlotto.de) wurde im Jahre 2011unter den optisch mittels farblicher Unterlegung hervorgehobenen Überschriften „Jackpot am Samstag“ und „Jackpot Spiel 77“ auf die Höhe der aktuellen Jackpots beim Lotto „6 aus 49“ und beim „Spiel 77“ hingewiesen. Hiermit wurde regelmäßig nicht nur gegen das Internetwerbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV a. F., sondern auch gegen die Regelungen in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. verstoßen. Denn ein durchschnittlicher Betrachter der Internetseite wird durch den Hinweis auf einen bei der nächsten Ziehung möglichen (Millionen-)Gewinn zur Teilnahme am Spiel motiviert.
126Auch die punktuellen Maßnahmen im Jahr 2012 ließen eine am (generellen) Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. orientierte Unterbindung der Internetwerbung nicht erkennen.
127Das aufgezeigte Vollzugsdefizit im Bereich der Internetwerbung im Lotteriebereich wirkte sich auf einen erheblichen Teil des gesamten Glücksspielmarktes aus. In den Jahren 2008 und 2009 betrug der Anteil des Lotto- und Totoblocks am gesamten Glücksspielmarkt mit einem Umsatz von 7 Millionen Euro annähernd 30 %, der zwar in den Jahren 2010 und 2011 auf knapp 21 % zurückging, damit aber immer noch einen Anteil von 1/5 am Markt hielt.
128Vgl. www.dhs.de/datenfakten/gluecksspiel.html
129(c) Sachliche Gründe, die es rechtfertigen könnten, gegen die erheblichen Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot nicht einzuschreiten, während den privaten Betreibern von Internetwerbung die Werbung vollständig untersagt wurde, sind nicht ersichtlich und hat der Beklagte auch nicht vorgetragen.
130Hierzu auch Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
131Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bei der Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der E. Lotto- und Totoblock, die Landeslottogesellschaften und die Spielbanken - im Gegensatz zu den privaten Anbietern - für erlaubtes terrestrisches Glücksspiel geworben haben. Hierauf kommt es bei einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots nicht an. Denn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt - anders als § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. - bei dem Verbot der Werbung auf den Vertriebsweg Internet, nicht aber darauf ab, ob das beworbene Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt ist.
132(3) Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt. Es fehlt bereits an Erwägungen des Beklagten, die die ungleiche Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. gegenüber den privaten Anbietern in der Vergangenheit rechtfertigen könnten. Er bestreitet weiterhin ein strukturelles Vollzugsdefizit gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern, das aber - wie aufgezeigt - bestanden hat. Ob sich die Vollzugspraxis auf der Grundlage der neuen Werberichtlinien geändert hat, kann dahinstehen. Die neuen Werberichtlinien stammen erst vom 7. Dezember 2012 und betreffen daher nicht den hier streitgegenständlichen Zeitraum. Dasselbe gilt im Hinblick auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Januar 2014 ausdrücklich erklärt hat, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV zu stützen, handelt es sich um eine Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage, nicht aber um eine Ergänzung der Ermessenserwägungen für zurückliegende Zeiträume, was die Klägerin auch in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigen dürfte, weil die Untersagung in der Vergangenheit mit dem Sportwettenmonopol begründet worden ist.
133Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 47.12 -, juris.
1342. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 rechtmäßig gewesen.
135Für diesen Zeitraum beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1361. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. lagen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Werbung für öffentliches Glücksspiel ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. im Internet verboten. Außerdem ist gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. Werbung für unerlaubte Glücksspiele verboten.
137Die Klägerin hat mit ihrer Werbung gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. verstoßen. Es handelte sich bei den auf der Internetseite der Klägerin geschalteten Bannern für die Glücksspielangebote der Firmen C. e.K. oder D. um Werbung. Die Banner beinhalteten den markanten Schriftzug der Unternehmen, den diese als ihre Werbeauftritte benutzten. Damit sollte zur Teilnahme an dessen Glücksspielangebot aufgefordert werden, die durch eine direkte Verlinkung mit der jeweiligen Internetseite des Veranstalters vereinfacht wurde. Bei den von der Klägerin im Internet beworbenen Sportwetten hat es sich auch um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F. gehandelt, da für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Über eine Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV n. F., im Internet für Glücksspiel werben zu dürfen, verfügte die Klägerin nicht.
138Die Klägerin hat zudem für unerlaubte Glücksspiele in Form von Sportwetten i. S. v. § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. geworben, weil die beworbenen Glücksspielanbieter (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen verfügten. Die dem beworbenen Veranstalter C. aufgrund des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen ebenso wenig wie gegebenenfalls durch ausländische Lotterie- und Glücksspielbehörden erteilte Lizenzen. Dass der Firma D. Genehmigungen nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein vom 20. Oktober 2011 (GlSpielG SH) für Sportwetten und Casinospiele durch das Innenministerium Schleswig-Holstein erteilt worden sind, berechtigte diese Firma nicht, in Nordrhein-Westfalen Sportwetten im Internet zu veranstalten.
139Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, sowie den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 (Stanleybet u.a.) -, juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gambelli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) ‑, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 - 3 M 244/13 -, juris.
141Dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 nach dem GlSpielG SH Genehmigungen für Sportwetten und Casinospiele erteilt worden sind, die trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des GlSpielG SH für sechs Jahre weitergelten, führt nicht zur unionsrechtlichen Inkohärenz des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. Auch das GlSpielG SH sah eine Genehmigungspflicht vor (vgl. § 4 Abs. 1 GlSpielG SH) und ging nicht davon aus, dass öffentliche Glücksspiele erlaubnisfrei sein sollten.
142b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend die Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten untersagt werden musste.
143Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin für unerlaubtes öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten (im Internet) geworben und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht hat. Dieser Umstand verengte den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis für das Glücksspielangebot ihres Werbepartners auch entgegengehalten werden konnte.
144Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; und - 8 C 39.12 -, juris.
145Hinsichtlich des Angebots von Sportwetten konnte dem Veranstalter und damit in Folge auch der Klägerin, die hierfür unerlaubt geworben hat, die fehlende Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
146Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, m. w. N.
147Über eine Sportwettenkonzession verfügten die beworbenen Veranstalter nicht, was ihnen - und damit auch der Klägerin - auch entgegengehalten werden konnte. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nach dem GlüStV n. F. nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden.
148Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
149Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
150Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
151Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 - C (2011) 5319 - und vom 20. März 2012 - 2011/0188/D - zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrag.
152Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
153Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
154Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
155Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV, Rn. 8.
156Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
157Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
159Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
160Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
161Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
162Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
163Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
164Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
165Der Erlass einer auf § 5 Abs. 5 GlüStV n. F., § 284 Abs. 4 StGB und damit auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis der Veranstalter gestützten Untersagungsverfügung schied auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben war oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden konnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden musste.
166Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
167Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Veranstalter für deren Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar gewesen, was auch der Klägerin entgegenzuhalten war. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Wettanbieter die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllen, weil die Veranstalter im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anboten. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit konnte die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass verschiedene Sportwettenanbieter dort die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht und/oder eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinespielen bzw. Onlinewetten durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres Internetangebots in Nordrhein-Westfalen im hier maßgeblichen Zeitraum. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen gewesen wäre, hätte der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden können. Es war völlig ungewiss, ob der einzelne Bewerber eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist. Eine solche zahlenmäßige Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zu beanstanden. Danach steht es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, u. a. grundsätzlich frei, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen auf die Zahl der Veranstalter festzulegen.
168Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 – Rs. C212/08 (Zeturf), juris, und vom 8. September 2010 – Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
169c) Der Beklagte hat mit der Untersagungsverfügung von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Werbung im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten untersagt. Die Untersagung konnte tatsächlich umgesetzt werden. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kam hierfür das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite in Betracht. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
170Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O. unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
171Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um ihren Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%-iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
172Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑10 CS 08.2399 -, juris.
173Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es ohnehin nicht an. Der Beklagte kann nur das verlangen, was durch eine Lokalisierung nach dem Stand der Technik sichergestellt wird.
174Soweit beworbene Glücksspielanbieter Genehmigungen für Onlineglücksspiel des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, konnte die Klägerin die Geolokalisation - wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch war. Soweit Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestanden, wären hiervon Nutzer aus Schleswig-Holstein nicht betroffen gewesen, so dass eine Sperrung einer dort an sich zulässigen Werbung aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen war.
175Dass die Klägerin die räumliche Beschränkung der Werbung im Internet technisch nur mit erheblichem Kontroll- und Kostenaufwand beherrschen können will, verpflichtete den Beklagten nicht dazu, von einer Durchsetzung des in § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. verbindlich vorgegebenen und strafrechtlich nach § 284 Abs. 4 StGB sanktionierten Werbeverbots abzusehen. Es liegt vielmehr allein im Verantwortungsbereich der Klägerin als Werberin für Internetglücksspiel, dass die fraglichen Inhalte (allein) in Nordrhein-Westfalen nicht mehr erreichbar sind.
176Trägt der Verstoß der Klägerin gegen § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. damit bereits die Untersagung des Beklagten, kommt es auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. und dort insbesondere auf die Frage der Werbepraxis der staatlichen bzw. staatlich konzessionierten Glücksspielanbieter im Rahmen einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots durch den Beklagten in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 nicht mehr an.
177B. Die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist rechtmäßig, soweit sie Regelungswirkung ex nunc beansprucht.
178Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
179Dass die Untersagungsverfügung auf der Grundlage des GlüStV n. F. rechtmäßig ist, ist bereits im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ‑ soweit diese die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 betrifft - ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.
180Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in der Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
181Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
182Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
183Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.
(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig oder - 2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 geändert.
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin betreibt die Internetseite www. … .org. Hierauf warb sie in der Vergangenheit für Sportwetten der Anbieter c. e. K. (www. … .de) und der E. T. GmbH E1. bzw. J. Ltd. A. /N. (www. … .de). Aktuell wird auf der Internetseite www. … .org für den Sportwettenanbieter d. (www. … .de) geworben.
3Nach Anhörung mit Schreiben vom 15. März 2004 untersagte die Bezirksregierung E. der Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten, die nicht nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz genehmigt worden sind, zu werben. Ihr wurde aufgegeben, die Werbung für das Glücksspiel innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. aus, die Werbung für unerlaubte Sportwetten verstoße gegen die Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Bei den über die vorgenannte Internetseite abrufbaren Sportwetten handele es sich um Glücksspiele, die nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz - allein darauf komme es an - nicht erlaubt worden seien. Eine solche Erlaubnis könne auch nicht erteilt werden, weil Träger des Wettunternehmens nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des Privatrechts sein könne, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehörten. Sei die Durchführung der Sportwetten rechtswidrig, gelte dies auch für die Werbung.
4Das Verwaltungsgericht Köln hat dem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Klägerin mit Beschluss vom 11. August 2006 (6 L 701/06) teilweise stattgegeben. Auf die Beschwerde der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 22. November 2006 den Beschluss geändert und den Antrag insgesamt abgelehnt (13 B 1796/06).
5Den gegen die Ordnungsverfügung am 30. Dezember 2004 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 zurück. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des Senats vom 22. November 2006.
6Die Klägerin hat hiergegen am 3. Februar 2007 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Bezirksregierung E. sei für den Erlass der Verfügung nicht zuständig. Sie dürfe keinen Hoheitsakt erlassen, der - wie hier - in seinen tatsächlichen Auswirkungen die Hoheitsbefugnisse anderer Bundesländer oder Staaten berühre und darin eingreife. Die in Rede stehenden Ermächtigungsgrundlagen seien mit Unionsrecht nicht zu vereinbaren. Das Vorgehen des Landes sei inkohärent. Dies ergebe sich zum einen aus der fehlenden Gesamtkohärenz der Sportwettpolitik, die auf das Internetverbot durchschlage, zum anderen auch aus der fehlenden inneren Kohärenz des Onlineverbots. Eine Glücksspielpolitik, die Spielsuchbekämpfung nicht systematisch und kohärent verfolge, sondern in suchtgefährdenden Bereichen eine Politik verfolge, die private Anbieter zulasse und Angebotsausweitung betreibe, sei nicht geeignet, das von ihr geltend gemachte Suchtbekämpfungsziel zu erreichen.
7Die Klägerin hat beantragt,
8- 9
1. die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 aufzuheben,
- 11
2. festzustellen, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages rechtswidrig waren.
Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und geltend gemacht, dass die eingetretene neue Rechtslage (TMG/RStV) nichts an der rechtlichen Bewertung ändere.
15Das Verwaltungsgericht hat am 24. November 2011 das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu 2. abgetrennt (6 K 6508/11) und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung beurteile sich als Dauerverwaltungsakt nach der Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, mithin nach § 9 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 3 GlüStV. Die Untersagungsanordnung sei formell und materiell rechtmäßig. Sie sei hinreichend bestimmt. Bei verständiger Würdigung werde der Klägerin die Werbung für private Sportwettenanbieter im Internet lediglich insoweit untersagt, als dass Angebote in NRW abrufbar seien. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten seien erfüllt. Die Klägerin habe im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben. Ermessensfehler seien nicht gegeben. Insbesondere werde von der Klägerin nicht etwas Unzumutbares verlangt. Die Ordnungsverfügung überlasse es der Klägerin, wie sie die Untersagung technisch umsetze. Jedenfalls der auf das gesamte Bundesgebiet bezogene Einsatz der Methode der Geolokalisation sei nach dem Stand der Technik geeignet, das gesetzliche Verbot der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel im Internet in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen. Die Regelung des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoße weder gegen Art. 12 GG noch gegen Unionsrecht. Dabei hänge das Werbeverbot im Internet - ebenso wie das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV - nicht von der Gültigkeit und dem Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols ab. Sowohl das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV als auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, die in der vorliegenden Konstellation mittelbar über das in § 5 Abs. 4 GlüStV enthaltene Verbot der Werbung für unerlaubte und aufgrund ihres Vertriebsweges auch nicht erlaubnisfähige Glücksspiele zur Anwendung kämen, verstießen nicht gegen das Verfassungsrecht und seien zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Einzelne nicht geahndete Verstöße gegen das Werbeverbot könnten Zweifel an der tatsächlichen Verfolgung der mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht begründen. Im Übrigen sei auf das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 - 27 K 8790/08 - zu verweisen.
16Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, auf § 5 Abs. 3 GlüStV könne die Untersagungsverfügung schon deshalb nicht gestützt werden, weil das Internetwerbeverbot aufgrund der tatsächlichen Anwendung der Werberegelung die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit verletze. Die Regelung in § 5 Abs. 3 GlüStV sei zur Erreichung der in § 1 GlüStV angeführten Gemeinwohlziele nicht geeignet. Insofern sei die von den Glücksspielaufsichtsbehörden (zumindest) geduldete, unzulässige Werbepraxis der Landeslotteriegesellschaften, die Träger des Glücksspielmonopols seien, entscheidend. Es liege ein strukturelles Defizit bei der Umsetzung der Regelung zur Glücksspielwerbung vor. Seit dem 1. Januar 2012 bestehe zudem eine regionale Inkohärenz wegen der Änderung der Rechtslage in Schleswig-Holstein, die ein Verbot der Werbung für Glücksspiele im Internet nicht mehr vorsehe. Letztendlich stütze die Untersagungsverfügung ausschließlich das Monopol, das aber nicht zu rechtfertigen sei. Die Untersagungsverfügung sei ausschließlich auf die fehlende Erlaubnis gestützt, die zu erreichen ihr - der Klägerin - gar nicht möglich gewesen sei. Ausführungen zu den Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 GlüStV enthalte die Untersagungsverfügung nicht. Die der Klägerin untersagte Werbung sei mittlerweile ‑ auch im Internet - erlaubnisfähig. Dies gelte für Schleswig-Holstein sowie für alle anderen Bundesländer. Trotz dieser weiteren Änderung der Rechtslage werde die Untersagungsanordnung nach wie vor auf die im Jahre 2004 geltende Monopolregelung gestützt. Ein Nachschieben von Ermessenserwägungen sei verwaltungsverfahrensrechtlich für die Vergangenheit nicht möglich. Im Übrigen könne ihr - der Klägerin - während des laufenden Konzessionsverfahrens eine fehlende Erlaubnis nicht entgegengehalten werden. Zwangsgelder seien angedroht, aber nicht entrichtet worden.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 zu ändern und
191. den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 mit Wirkung ex nunc aufzuheben,
202. festzustellen, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom
21a) 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014
22b) 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012
23rechtswidrig war.
24Der Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus: Ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft worden und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien X. und X1. sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Überwachung gegenüber den Monopolisten sei deutlich einfacher, schneller und effektiver, als es die Überwachung gegenüber Privaten sei, die über Jahre hinweg vor den Gerichten streitig ausgetragen werde. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht mit Blick auf eine fehlerhafte oder unterlassene Ermessensausübung rechtswidrig. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Sogar der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen könne zulässig sein, soweit die Begründung der Untersagung (nur) für die Zukunft geändert werde. Die streitgegenständliche Verfügung sei nicht auf das Monopol gestützt worden, sondern auf die fehlende Erlaubnis, das Verbot der Werbung im Internet und den Straftatbestand des § 284 StGB. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV gestützt, und zwar auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV und § 5 Abs. 3 GlüStV, wonach Werbung im Internet grundsätzlich verboten (mit Erlaubnisvorbehalt) sowie Werbung für unerlaubtes Glücksspiel verboten sei. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Der beworbene Anbieter verfüge über keine Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel. Darüber hinaus sei das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV. Der beworbene Veranstalter biete unzulässigerweise auch Live- und Ereigniswetten, die gemäß § 21 Abs. 4 GlüStV nicht genehmigungsfähig seien, und nicht erlaubnisfähige Casinospiele an (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Er - der Beklagte - sei nicht verpflichtet, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Es bestehe auch kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
30Die Klägerin hat ihr Klagebegehren umgestellt. Sie verfolgt ihren in erster Instanz gestellten Anfechtungsantrag nicht weiter, die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2004 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Sie begehrt im Wege der Klageänderung im Berufungsverfahren die Feststellung, dass die Untersagungsverfügung zu unterschiedlichen Zeitpunkten rechtswidrig war. Mit Wirkung ex nunc begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheids vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007.
31Die Klage ist mit den gestellten Feststellungsanträgen zulässig, jedoch nur teilweise begründet (A.). Die Klage auf Aufhebung der Verfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007, mit der der Klägerin untersagt worden ist, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten zu werben, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Mit Wirkung ex nunc ist die Untersagungsverfügung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (B.).
32A. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 und vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war, ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.
33I. Die Klägerin kann ihren Anfechtungsantrag im Hinblick auf den bereits abgelaufenen Zeitraum - teilweise - auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umstellen. Hierin liegt keine (unzulässige) Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO. Eine Klageänderung liegt nur dann vor, wenn der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens nachträglich durch eine Erklärung des Klägers gegenüber dem Gericht geändert wird.
34Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 19. Auflage 2013, § 91, Rn. 2; Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3 Auflage 2010, § 91 Rn. 5 ff.
35Eine Änderung des Streitgegenstands liegt nicht vor. Der in der Vergangenheit liegende Zeitraum ist bereits Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage gewesen, soweit mit dieser die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) (GlüStV a. F.) am 1. Januar 2008 zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wurde. Die Zeit davor, d.h. die Zeit seit dem Erlass des Verwaltungsakts im Jahre 2004 bis zum Inkrafttreten des GlüStV a. F., für die die Untersagungsverfügung des Beklagten ebenfalls Geltung beansprucht hat, hat die Klägerin zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens gemacht (damaliger Klageantrag zu 2.), über das das Verwaltungsgericht nach Abtrennung gesondert entschieden hat (6 K 6508/11).
36Hinsichtlich der beantragten Zeiträume ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Das ist der Fall, wenn das ursprüngliche Anfechtungsbegehren zulässig war, sich dieses Begehren während des Rechtsstreits erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Juni 2000 - 10 A 696/96 -, juris.
38Diese Voraussetzungen liegen vor.
39Das zulässige Anfechtungsbegehren der Klägerin hat sich erledigt. Soweit sich die Untersagung für die bereits abgelaufenen Zeiträume - fortlaufend - erledigt hat, ist die Klägerin durch die Untersagungsverfügung nicht mehr beschwert. Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 12.12 -, juris.
41Das ist hier nicht der Fall, weil die Untersagungsverfügung nicht die Rechtsgrundlage für eine noch rückgängig zu machende Vollstreckung des Beklagten bildet. Das in der Untersagungsverfügung des Beklagten angedrohte Zwangsgeld ist nicht festgesetzt worden.
42Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Untersagung in der Vergangenheit rechtswidrig gewesen ist. Diese Feststellung ist geeignet, einen Schadensersatzprozess zu erleichtern und zu fördern, den die Klägerin im Falle einer rechtswidrigen Untersagung ihrer Werbung gegen den Beklagten anhängig machen kann. Das Präjudizinteresse ist zu bejahen, wenn die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen in einem Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 26.
44Ein finanzieller Schaden kommt hier in Betracht, weil die Klägerin der Untersagungsanordnung in der Vergangenheit - zumindest zeitweise - nachgekommen ist und ihr in dieser Zeit Werbeeinnahmen der beworbenen Wettveranstalter entgangen sind, die sie beabsichtigt, im Rahmen eines Haftungsprozesses gegen den Beklagten geltend zu machen.
45Das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW) ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen. Ob die landesrechtliche Anspruchsnorm nur die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe betrifft und eine Entschädigung wegen legislativen Unrechts einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) davon ausnimmt, ist nicht hinreichend klar und muss gegebenenfalls in einem zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Der Erfolg einer darauf gestützten Staatshaftungsklage ist jedenfalls deshalb nicht offensichtlich ausgeschlossen.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 29.
47Ein Ersatzanspruch gemäß § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NRW scheidet zudem nicht offensichtlich deshalb aus, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend zu machenden Schaden wäre. Die für die Haftungsansprüche entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten sind nicht dergestalt offensichtlich auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen, dass die Ursächlichkeit zu verneinen ist, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 30.
49II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist teilweise begründet. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig (1.). In der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 ist die Untersagung hingegen rechtmäßig gewesen, so dass die begehrte Feststellung nicht getroffen werden kann (2.).
501. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die glücksspielrechtliche Untersagung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Rechtslage zu messen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 ‑, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
52a) Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist formell rechtmäßig ergangen.
53aa) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - Glücksspielstaatsvertrag AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
54Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielwerbung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin lediglich verlangt worden ist, die Werbung in Nordrhein-Westfalen einzustellen. Eine entsprechende räumliche Beschränkung der Untersagung lässt sich hinreichend deutlich aus der Begründung des Bescheids entnehmen, wonach es u.a. heißt, dass sich die Zuständigkeit des Beklagten auf Nordrhein-Westfalen beschränkt.
55b) Die Untersagungsverfügung genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW - VwVfG NRW -). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
56Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris, und vom 20. April 2005
57- 4 C 18.03 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar 14. Auflage 2013, § 37 Rn. 12.
58Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungsätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
60Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
62Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors verfügte Untersagung. Der Verfügung lässt sich nach ihrem Gesamtinhalt und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sowie der auch der Klägerin bekannten Umstände, die die Klägerin zum Erlass der Untersagung veranlasst haben, mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass ausschließlich die Werbung für private Glücksspielangebote - hier in der Form von Sportwetten - untersagt worden ist.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1796/06 -, juris.
64b) Das Werbeverbot in Ziffer 1 des Bescheids war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 materiell rechtswidrig.
65Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, das unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
66aa) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor. Die Klägerin hat zum einen gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, weil sie im Internet für öffentliches Glücksspiel geworben hat (1). Zum anderen hat sie für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben, was nach § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verboten ist (2).
67Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen unionsrechtswidrig war,
68vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
69lässt den Bestand und die Gültigkeit des Verbots der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet ebenso wie des Verbots der Werbung für unerlaubte Glücksspiele unberührt. Denn diese sind nicht „monopolakzessorisch“. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet
70nur eine bestimmte Art und Weise des Werbens. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. knüpft an den Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. an, der seinerseits unabhängig von Gültigkeit und Bestand des Sportwettenmonopols anwendbar, mit dem Verfassungsrecht vereinbar und unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
71Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 ‑, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2011 - 6 S 2577/10 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
72(1) Die Klägerin hat gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen. Sie hat unter der Domain www. … .org (auch) in Nordrhein-Westfalen für Sportwetten und damit für Glücksspiel i. S. v. § 3 Abs. 1 GlüStV a. F. geworben, in dem sie auf ihrer Webseite auf das (auch) in Nordrhein-Westfalen abrufbare Glücksspielangebot der Firmen e. K. und J. Ltd. hingewiesen hat. Die auf der Internetseite der Klägerin platzierten Banner für die Firmen e. K. und J. Ltd. stellten Werbung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV a. F. dar. Mit der Darstellung der markanten Schriftzüge der Wettanbieter sollte zur entgeltpflichtigen Teilnahme an deren Glücksspielangeboten aufgefordert werden, zumal die Hinweise mit dem Zusatz „Hier wetten!“ versehen und mit der jeweiligen Internetseite des Wettanbieters verlinkt waren.
73Das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist anwendbar. Es ist mit dem nationalen Verfassungsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen Unionsrecht.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, im Nachgang BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30. September 2013 - 1 BvR 3196/11 -, juris; OVG des Saarlandes, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
75Die mit dem Internetwerbeverbot verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) ist gerechtfertigt. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber unionsrechtlich legitime Ziele des Gemeinwohls. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. dient der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, m. w. N.
77Das Internetwerbeverbot genügt auch dem Kohärenzgebot. Durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nur gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung der zu ihrer Rechtfertigung angeführten Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie tatsächlich zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen. Der Mitgliedstaat muss zum einen die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wirklichkeit andere Ziele - namentlich solcher finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten. Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen. Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird.
78Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris, und - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris, m. w. N.
79Diesen Anforderungen genügt das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben. Mit dem Werbeverbot und dessen Anwendung - etwa gegenüber der Klägerin - werden die angeführten Gemeinwohlziele tatsächlich verfolgt. Die Erreichbarkeit dieser Ziele wird auch nicht durch andere Regelungen oder deren tatsächliche Handhabung in anderen Glücksspielbereichen konterkariert.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris m. w. N.
81Hiervon ausgehend führt die von der Klägerin gerügte unterbliebene oder unzureichende Durchsetzung des Internetwerbeverbots gegenüber dem deutschen Lotto- und Toto-Block und sämtlichen Landeslottogesellschaften im Sinne eines strukturellen Vollzugsdefizits nicht zur Inkohärenz des gesetzlichen Verbots.
82So aber Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
83Sie stellt nur seine einheitliche und diskriminierungsfreie Anwendung und damit die Rechtmäßigkeit der Durchsetzung im Einzelfall in Frage. Durch die inkonsequente oder fehlende Durchsetzung einer Verbotsnorm wird ihre Eignung zur Zielerreichung nicht aufgehoben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - klar gefasst und ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht in ihr selbst angelegt ist.
84(2) Desweiteren hat die Klägerin gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verstoßen, indem sie im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben hat. Bei den auf den Internetseiten www. … .de und www. … .de abrufbaren Sportwetten, für die die Klägerin geworben hat bzw. für die sie die Werbung (wieder) aufnehmen wollte, handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren - soweit sie im Internet veranstaltet wurden - auch unerlaubt, da die Firmen nicht über die für die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet erforderliche Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde verfügten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F.). Eine etwaige maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
85Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 (Biasci u.a.) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
86Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
87Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.09 -, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
88bb) Die Verstöße gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. und § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. rechtfertigten die Untersagung des Beklagten nicht. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eingeräumte Ermessen war nicht dahingehend reduziert, dass zwingend die Untersagung der Internetwerbung der Klägerin hätte verfügt werden müssen (1). Die Untersagung war wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ermessensfehlerhaft (2). Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt (3).
89(1) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin nicht auf die verfügte Untersagung reduziert.
90Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich nicht aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), der die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel unter Strafe stellt. Der Verstoß gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist nicht strafbewehrt. Hinsichtlich des Verstoßes gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. führte § 284 Abs. 4 StGB ebenfalls nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Aus dem Straftatbestand des unerlaubten Glücksspiels ergab sich eine Ermessensreduzierung nur dann, wenn dem Wettanbieter das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden konnte. Das setzt voraus, dass ihm die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon wegen des Erlaubnisvorbehalts, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden. Diese Voraussetzung war in Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren nicht für Private geöffnet wurde.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
92Hiervon ausgehend konnte den von der Klägerin beworbenen Wettanbietern das Fehlen einer Erlaubnis nur insoweit entgegengehalten werden, als sie im Internet Sportwetten veranstalteten. Insoweit fehlte es wegen des verfassungs- und unionsrechtskonformen, nicht monopolakzessorischen Veranstaltungsverbots im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F.,
93vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -,
94an der materiellen Erlaubnisfähigkeit. Wegen des akzessorischen Werbeverbots durfte die Klägerin für das im Internet veranstaltete Glücksspiel auch nicht werben und die Aufsichtsbehörde ihr dies untersagen. Dies hat sie jedoch nicht getan, sondern ein umfassendes Werbeverbot ausgesprochen. Das Werbeverbot des Beklagten umfasste nicht nur im Internet veranstaltete Sportwetten, sondern auch das terrestrische Glücksspielangebot der Werbepartner der Klägerin. Die untersagte Werbung differenzierte auch nicht nach dem Vertriebsweg, auf den die Klägerin zudem keinerlei Einfluss hat. Insoweit durfte das Fehlen einer Erlaubnis des beworbenen Veranstalters auch der Klägerin nicht entgegengehalten werden.
95bb) Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist ermessensfehlerhaft ergangen.
96Die Untersagung, für unerlaubtes Glücksspiel in Form von nicht nach dem nordrhein-westfälischen Recht genehmigte Sportwetten zu werben (vgl. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F.), hat der Beklagte mit der fehlenden Erlaubnisfähigkeit des beworbenen Sportwettenangebots wegen des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen begründet. Dieses war aber unionsrechtswidrig,
97vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12.-, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
98so dass die fehlende Erlaubnis dem Veranstalter allein aus diesem Grund nicht entgegengehalten werden durfte.
99Zur Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. hat die Untersagung die gesetzlichen Grenzen des dem Beklagten eingeräumten Ermessens (§ 114 Satz 1 VwGO) überschritten, weil sie mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar gewesen ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
100Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106/91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
101Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
102Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
103Hiergegen hat der Beklagte verstoßen. Er hat Private benachteiligt, indem er ihnen gegenüber jegliche Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel untersagt hat, während er bei Verstößen des Deutschen Lotto- und Totoblocks, der Landeslottogesellschaften und der Spielbanken gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. nicht eingeschritten ist. Diese haben im Internet systematisch gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen (a), ohne dass die zuständigen Aufsichtsbehörden hiergegen konsequent vorgegangen sind (b). Sachliche Gründe, die allein ein Einschreiten gegenüber den privaten Betreibern von Internetseiten rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich (c).
104(a) Sämtliche staatlichen Glücksspielanbieter haben in der Vergangenheit Internetseiten betrieben, die Werbung für öffentliches Glücksspiel beinhalteten. Damit haben sie regelmäßig gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, wonach Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - ausnahmslos - verboten ist. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02 -, juris) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst.
105Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13 - 15.09 -, juris, Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, Baden-Württemberg, LT-Drs.14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 5 GlüStV Rn. 33.
106Ob damit vom Begriff der (unzulässigen) Werbung auch die - rein sachliche - Information und Aufklärung über das Glücksspiel umfasst ist, ist nicht entscheidungserheblich. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. könnte nach seinem Wortlaut jegliche Werbung - auch die nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige - untersagen, wofür sich auch die Systematik des § 5 GlüStV a. F. anführen ließe.
107vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2011- 6 S 2577/10 -, juris.
108Selbst wenn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. (nur) die an sich gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige Werbung im Internet untersagen sollte, hat der Beklagte in der Vergangenheit dieses Verbot nicht konsequent gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern durchgesetzt, die systematisch unzulässige Werbung im Internet betrieben haben. Hierzu hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, Rn. 55 – 57, bereits ausgeführt:
109„Ein aus der Sicht des durchschnittlichen Empfängers zur Teilnahme motivierender, optisch hervorgehobener Hinweis auf die Höhe der jeweiligen Jackpots findet sich auch auf der Internet-Startseite des Deutschen Lotto- und Totoblocks (www.lotto.de). Hiermit wird zugleich gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen.
110Die Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung eines Teils der Wetteinsätze, etwa in den "Lotto-Hilft"-Kampagnen, gehen ebenfalls regelmäßig deutlich über eine Kanalisierung vorhandener Wettleidenschaften hinaus. Sie stellen unzulässige Imagewerbung dar. Beispielhaft sei die Werbung von Lotto Hessen genannt, das - ebenfalls unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GlüStV - auf seiner Internetseite (www.lotto-hessen.de/c/lottohelps) mit dem Slogan wirbt: "Lotto hilft Hessen. Sie unterstützen unser Land." Damit wird die Teilnahme am Glücksspiel zum wünschenswerten Verhalten aufgewertet, das im Allgemeininteresse liegt; so lautet auch ein Satz im weiteren Text: "Sie haben also nicht nur die Chance auf Gewinne, sondern leisten konkrete Hilfe." Ferner belegt solche Werbung, dass die Beschaffung von Finanzmitteln für soziale Tätigkeiten nicht bloße Nebenfolge, sondern ein - die Beeinträchtigung der Grundfreiheiten nicht rechtfertigender - Grund der restriktiven Politik ist. Auch auf den Internetseiten anderer Landeslotteriegesellschaften findet sich unzulässige Imagewerbung. Westlotto stellt mit dem Werbeslogan "Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann." (www.westlotto.com/de/main/frderung/foerderung_1.html) das Glücksspiel als positiv zu beurteilendes, sozial verantwortliches Handeln dar. Gleiches gilt für die Werbung von Lotto Bremen: "Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut" bzw. "40 Jahre Glücksspirale, 40 Jahre gute Taten", die zudem noch mit der Ankündigung einer Jubiläums-Sonderauslosung verknüpft wird (www.lotto-bremen.de/newsdetail.php?id=96). Auch Lotto Niedersachsen verleiht dem Glücksspiel ein positives Image, weckt Sympathien für das Wetten und verknüpft dies noch mit Anreizen zum Mitspielen, indem Glücksphantasien hervorgerufen werden. "Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden. Neben den vielen glücklichen Gewinnern und Millionären, die Lotto Niedersachsen jedes Jahr "macht", ist ein großer Teil der erwirtschafteten Gelder zweckgebunden für den Sport, die allgemeine Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben, zur Förderung im Bereich Kunst und Kultur sowie für den Umweltschutz und andere Zwecke des Gemeinwohls verwendet worden." An detaillierte Ausführungen zur gemeinnützigen Verwendung der Erlöse schließen sich Angaben zur Zahl der Lotto-Spieler, zur Hoffnung auf Millionengewinne und auch darüber an, dass "im vergangenen Jahr acht Mitspieler durch die Produkte von Lotto Niedersachen zu Millionären" wurden (www.lotto-niedersachsen.de/s/managed_html/100335/index.html).
111Die zum Zwecke der weiteren Verbreitung vielfach herausgegebenen Pressemitteilungen der Monopolträger über glückliche Millionäre sind aus Sicht eines durchschnittlichen Empfängers der Botschaft ebenfalls als Motivierung zum Wetten zu verstehen, zumal wenn sie mit der Angabe des vergleichsweise geringen Spieleinsatzes des "Glückspilzes" verbunden sind. Beispielhaft sei eine Mitteilung von Lotto Mecklenburg-Vorpommern angeführt: "Neuer Lotto Millionär im Land. Nordwestmecklenburger gewinnt über 2,37 Mio. Euro. ... Bundesweit war der Glückspilz der einzige Spielteilnehmer, der alle sieben Endziffern richtig hatte. .. Sein Einsatz waren 26 Euro... Mit ihm haben wir den 39. Lotto-Millionär im Land zu verzeichnen." (www.lottomv.de; Pressemitteilung vom 22. September 2011). Auch Lotto Sachsen-Anhalt beschränkt sich nicht auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten, wenn es in einer Pressemitteilung fragt: "Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?" und seine Ausführungen zu Gewinnen in den vergangenen 20 Jahren mit Hinweisen auf die Finanzierung gemeinnütziger Vorhaben in Höhe von 152 Millionen Euro beschließt (www.lottosachsenanhalt.de/s/managed_html/2174/index.html, Pressemitteilung vom 12. September 2011).“
112Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris.
113Dies deckt sich mit den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen über die Werbepraxis der staatlichen Monopolträger, die insgesamt in den Blick zu nehmen ist. Die staatlichen Landeslotterieunternehmen verfolgten eine sogenannteDachmarkenstrategie, die die Vermarktung der Dachmarke Lotto in den Mittelpunkt der Werbeaktivitäten stellte. Mit der Verwendung dieser Dachmarke wurde letztlich für alle vom Deutschen Lotto- und Totoblock vertriebenen Produkte geworben.
114Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10, 12 und 17.12 -, juris.
115Danach wiesen im Jahre 2011 gefertigte Internetauszüge der Landeslottogesellschaften zahlreiche Werbeslogans und Werbeaussagen auf: „Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann“ (Westlotto), „Sie unterstützen unser Land“ (Lotto Hessen), „Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden.“ (Lotto Niedersachsen), „Der Lotto-Jackpot ist auch in der neunten Ziehung in Folge nicht geknackt worden und steht am Samstag bei rund 20 Millionen - das ist der zweithöchste Betrag in diesem Jahr.“ (Lotto Rheinland-Pfalz), „Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?“ (Lotto Sachsen-Anhalt) und „Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut“ (Lotto Bremen). In allen Fällen handelte es sich um eindeutige Werbebotschaften, die darauf abzielten, die Teilnahme an dem jeweiligen Glücksspiel zu fördern. Lotto-Links fanden sich zudem als Werbebanner auf zahlreichen fremden Informationsportalen.
116Hierbei hat es sich um keine Einzelfälle gehandelt. Vielmehr wurde der Vertriebsweg Internet gezielt von den staatlichen Glücksspielanbietern für ihre Werbung genutzt, um neue Spielinteressenten zu gewinnen. Lassen sich diese Feststellungen zu unzulässiger Werbung für das Jahr 2011 treffen, gilt dies erst recht für den Zeitraum vor Ergehen der Urteile des EuGH vom 8. September 2010 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010, in dem die Werbepraxis eher noch intensiver war.
117Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. September 2011 - 4 A 17/08 -, juris.
118Dass sich diese Werbepraxis im Internet danach im Jahr 2012 grundlegend geändert hat, ist nicht erkennbar. Die bisher einschlägigen Werberichtlinien galten auch in dieser Zeit fort und sind erst durch die Werberichtlinie gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 GlüStV vom 7. Dezember 2012 abgelöst worden, die daher den hier streitgegenständlichen Zeitraum (bis zum 30. November 2012) nicht betrifft. Die vom Beklagten angeführten Maßnahmen im Jahr 2012 hatten nur punktuelle Auswirkungen auf einzelne Werbeaussagen der Landeslottogesellschaft im Internet, führten aber nicht zur Beendigung der Werbung im Internet.
119(b) Die Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot sind von den Aufsichtsbehörden nicht systematisch unterbunden worden.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2011 - 13 B 1135/11 -, juris.
121Soweit der Beklagte darauf verweist, dass in der Vergangenheit die Einhaltung der rechtlichen Regelungen auf kooperativem Wege oder Erlasswege bei den staatlichen Glücksspielanbietern erreicht worden sei, widerspricht dies den tatsächlichen Feststellungen des Senats. Die insoweit vom Beklagten vorgelegten Schreiben belegen an keiner Stelle, dass in der Vergangenheit ein konkreter Internetwerbeauftritt eines Anbieters beanstandet und auf eine Intervention des Beklagten hin geändert worden ist. Soweit auf die Vorgaben der Rechtsprechung zur Werbung für Glücksspiel hingewiesen wurde (vgl. Schreiben des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 2010), wurden die Glücksspielanbieter damit lediglich gebeten, die Vorgaben des EuGH zu beachten und ihr Werbekonzept und ihre Werbung entsprechend anzupassen. Weiter heißt es dort: „Denken Sie hierbei auch an (Image-) Werbung im Internet, in der Kundenzeitschrift oder sonstigen Werbeaussagen im öffentlichen Raum.“ Eine Denkhilfe ist aber keine staatliche Aufsicht. Dass die werberechtlichen Verstöße aufsichtsbehördliche Konsequenzen nach sich gezogen hätten, ist an keiner Stelle erkennbar. Ansonsten hätten die zahlreichen, bereits aufgeführten Verstöße gegen das Internetwerbeverbot nicht über Jahre stattgefunden.
122Selbst nach der erfolgten Präzisierung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Monopolwerbung durch die Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 und den daran anknüpfenden Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2010, wonach es fehlerhaft war, nur den gezielten Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel für rechtswidrig zu halten, statt auf den objektiven Aussagegehalt abzustellen,
123vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 15.09 -,
124fand dies keinen Niederschlag in den Werberichtlinien der Glücksspielaufsicht der Länder, die eine Imagewerbung für zulässig hielten (unter 5.2.1d der Werberichtlinien, Stand 23. Mai 2011) und lediglich die „gezielte“ Aufforderung, Anreizung oder Ermunterung zur Teilnahme am Glücksspiel für unzulässig erklärten.
125Bereits mit Beschlüssen vom 5. November 2009 - 13 B 724/09 und 13 B 829/09 - hatte der Senat gegenüber dem Beklagten angemahnt, auch gegen die unzulässige Internetwerbung von Westlotto einzuschreiten. Dem ist die Bezirksregierung E. nicht gefolgt. Auf der Internet-Startseite der Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG - X. - (www.westlotto.de) wurde im Jahre 2011unter den optisch mittels farblicher Unterlegung hervorgehobenen Überschriften „Jackpot am Samstag“ und „Jackpot Spiel 77“ auf die Höhe der aktuellen Jackpots beim Lotto „6 aus 49“ und beim „Spiel 77“ hingewiesen. Hiermit wurde regelmäßig nicht nur gegen das Internetwerbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV a. F., sondern auch gegen die Regelungen in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. verstoßen. Denn ein durchschnittlicher Betrachter der Internetseite wird durch den Hinweis auf einen bei der nächsten Ziehung möglichen (Millionen-)Gewinn zur Teilnahme am Spiel motiviert.
126Auch die punktuellen Maßnahmen im Jahr 2012 ließen eine am (generellen) Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. orientierte Unterbindung der Internetwerbung nicht erkennen.
127Das aufgezeigte Vollzugsdefizit im Bereich der Internetwerbung im Lotteriebereich wirkte sich auf einen erheblichen Teil des gesamten Glücksspielmarktes aus. In den Jahren 2008 und 2009 betrug der Anteil des Lotto- und Totoblocks am gesamten Glücksspielmarkt mit einem Umsatz von 7 Millionen Euro annähernd 30 %, der zwar in den Jahren 2010 und 2011 auf knapp 21 % zurückging, damit aber immer noch einen Anteil von 1/5 am Markt hielt.
128Vgl. www.dhs.de/datenfakten/gluecksspiel.html
129(c) Sachliche Gründe, die es rechtfertigen könnten, gegen die erheblichen Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot nicht einzuschreiten, während den privaten Betreibern von Internetwerbung die Werbung vollständig untersagt wurde, sind nicht ersichtlich und hat der Beklagte auch nicht vorgetragen.
130Hierzu auch Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
131Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bei der Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der E. Lotto- und Totoblock, die Landeslottogesellschaften und die Spielbanken - im Gegensatz zu den privaten Anbietern - für erlaubtes terrestrisches Glücksspiel geworben haben. Hierauf kommt es bei einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots nicht an. Denn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt - anders als § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. - bei dem Verbot der Werbung auf den Vertriebsweg Internet, nicht aber darauf ab, ob das beworbene Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt ist.
132(3) Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt. Es fehlt bereits an Erwägungen des Beklagten, die die ungleiche Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. gegenüber den privaten Anbietern in der Vergangenheit rechtfertigen könnten. Er bestreitet weiterhin ein strukturelles Vollzugsdefizit gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern, das aber - wie aufgezeigt - bestanden hat. Ob sich die Vollzugspraxis auf der Grundlage der neuen Werberichtlinien geändert hat, kann dahinstehen. Die neuen Werberichtlinien stammen erst vom 7. Dezember 2012 und betreffen daher nicht den hier streitgegenständlichen Zeitraum. Dasselbe gilt im Hinblick auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Januar 2014 ausdrücklich erklärt hat, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV zu stützen, handelt es sich um eine Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage, nicht aber um eine Ergänzung der Ermessenserwägungen für zurückliegende Zeiträume, was die Klägerin auch in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigen dürfte, weil die Untersagung in der Vergangenheit mit dem Sportwettenmonopol begründet worden ist.
133Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 47.12 -, juris.
1342. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 rechtmäßig gewesen.
135Für diesen Zeitraum beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1361. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. lagen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Werbung für öffentliches Glücksspiel ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. im Internet verboten. Außerdem ist gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. Werbung für unerlaubte Glücksspiele verboten.
137Die Klägerin hat mit ihrer Werbung gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. verstoßen. Es handelte sich bei den auf der Internetseite der Klägerin geschalteten Bannern für die Glücksspielangebote der Firmen C. e.K. oder D. um Werbung. Die Banner beinhalteten den markanten Schriftzug der Unternehmen, den diese als ihre Werbeauftritte benutzten. Damit sollte zur Teilnahme an dessen Glücksspielangebot aufgefordert werden, die durch eine direkte Verlinkung mit der jeweiligen Internetseite des Veranstalters vereinfacht wurde. Bei den von der Klägerin im Internet beworbenen Sportwetten hat es sich auch um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F. gehandelt, da für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Über eine Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV n. F., im Internet für Glücksspiel werben zu dürfen, verfügte die Klägerin nicht.
138Die Klägerin hat zudem für unerlaubte Glücksspiele in Form von Sportwetten i. S. v. § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. geworben, weil die beworbenen Glücksspielanbieter (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen verfügten. Die dem beworbenen Veranstalter C. aufgrund des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen ebenso wenig wie gegebenenfalls durch ausländische Lotterie- und Glücksspielbehörden erteilte Lizenzen. Dass der Firma D. Genehmigungen nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein vom 20. Oktober 2011 (GlSpielG SH) für Sportwetten und Casinospiele durch das Innenministerium Schleswig-Holstein erteilt worden sind, berechtigte diese Firma nicht, in Nordrhein-Westfalen Sportwetten im Internet zu veranstalten.
139Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, sowie den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 (Stanleybet u.a.) -, juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gambelli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) ‑, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 - 3 M 244/13 -, juris.
141Dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 nach dem GlSpielG SH Genehmigungen für Sportwetten und Casinospiele erteilt worden sind, die trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des GlSpielG SH für sechs Jahre weitergelten, führt nicht zur unionsrechtlichen Inkohärenz des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. Auch das GlSpielG SH sah eine Genehmigungspflicht vor (vgl. § 4 Abs. 1 GlSpielG SH) und ging nicht davon aus, dass öffentliche Glücksspiele erlaubnisfrei sein sollten.
142b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend die Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten untersagt werden musste.
143Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin für unerlaubtes öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten (im Internet) geworben und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht hat. Dieser Umstand verengte den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis für das Glücksspielangebot ihres Werbepartners auch entgegengehalten werden konnte.
144Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; und - 8 C 39.12 -, juris.
145Hinsichtlich des Angebots von Sportwetten konnte dem Veranstalter und damit in Folge auch der Klägerin, die hierfür unerlaubt geworben hat, die fehlende Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
146Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, m. w. N.
147Über eine Sportwettenkonzession verfügten die beworbenen Veranstalter nicht, was ihnen - und damit auch der Klägerin - auch entgegengehalten werden konnte. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nach dem GlüStV n. F. nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden.
148Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
149Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
150Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
151Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 - C (2011) 5319 - und vom 20. März 2012 - 2011/0188/D - zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrag.
152Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
153Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
154Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
155Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV, Rn. 8.
156Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
157Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
159Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
160Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
161Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
162Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
163Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
164Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
165Der Erlass einer auf § 5 Abs. 5 GlüStV n. F., § 284 Abs. 4 StGB und damit auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis der Veranstalter gestützten Untersagungsverfügung schied auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben war oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden konnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden musste.
166Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
167Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Veranstalter für deren Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar gewesen, was auch der Klägerin entgegenzuhalten war. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Wettanbieter die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllen, weil die Veranstalter im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anboten. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit konnte die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass verschiedene Sportwettenanbieter dort die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht und/oder eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinespielen bzw. Onlinewetten durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres Internetangebots in Nordrhein-Westfalen im hier maßgeblichen Zeitraum. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen gewesen wäre, hätte der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden können. Es war völlig ungewiss, ob der einzelne Bewerber eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist. Eine solche zahlenmäßige Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zu beanstanden. Danach steht es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, u. a. grundsätzlich frei, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen auf die Zahl der Veranstalter festzulegen.
168Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 – Rs. C212/08 (Zeturf), juris, und vom 8. September 2010 – Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
169c) Der Beklagte hat mit der Untersagungsverfügung von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Werbung im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten untersagt. Die Untersagung konnte tatsächlich umgesetzt werden. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kam hierfür das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite in Betracht. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
170Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O. unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
171Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um ihren Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%-iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
172Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑10 CS 08.2399 -, juris.
173Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es ohnehin nicht an. Der Beklagte kann nur das verlangen, was durch eine Lokalisierung nach dem Stand der Technik sichergestellt wird.
174Soweit beworbene Glücksspielanbieter Genehmigungen für Onlineglücksspiel des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, konnte die Klägerin die Geolokalisation - wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch war. Soweit Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestanden, wären hiervon Nutzer aus Schleswig-Holstein nicht betroffen gewesen, so dass eine Sperrung einer dort an sich zulässigen Werbung aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen war.
175Dass die Klägerin die räumliche Beschränkung der Werbung im Internet technisch nur mit erheblichem Kontroll- und Kostenaufwand beherrschen können will, verpflichtete den Beklagten nicht dazu, von einer Durchsetzung des in § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. verbindlich vorgegebenen und strafrechtlich nach § 284 Abs. 4 StGB sanktionierten Werbeverbots abzusehen. Es liegt vielmehr allein im Verantwortungsbereich der Klägerin als Werberin für Internetglücksspiel, dass die fraglichen Inhalte (allein) in Nordrhein-Westfalen nicht mehr erreichbar sind.
176Trägt der Verstoß der Klägerin gegen § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. damit bereits die Untersagung des Beklagten, kommt es auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. und dort insbesondere auf die Frage der Werbepraxis der staatlichen bzw. staatlich konzessionierten Glücksspielanbieter im Rahmen einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots durch den Beklagten in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 nicht mehr an.
177B. Die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist rechtmäßig, soweit sie Regelungswirkung ex nunc beansprucht.
178Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
179Dass die Untersagungsverfügung auf der Grundlage des GlüStV n. F. rechtmäßig ist, ist bereits im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ‑ soweit diese die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 betrifft - ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.
180Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in der Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
181Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
182Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
183Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 20.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2012 - 3 K 3316/11 - geändert.
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 14.11.2011 wird mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Gründe
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Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 geändert.
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin betreibt die Internetseite www. … .org. Hierauf warb sie in der Vergangenheit für Sportwetten der Anbieter c. e. K. (www. … .de) und der E. T. GmbH E1. bzw. J. Ltd. A. /N. (www. … .de). Aktuell wird auf der Internetseite www. … .org für den Sportwettenanbieter d. (www. … .de) geworben.
3Nach Anhörung mit Schreiben vom 15. März 2004 untersagte die Bezirksregierung E. der Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten, die nicht nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz genehmigt worden sind, zu werben. Ihr wurde aufgegeben, die Werbung für das Glücksspiel innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. aus, die Werbung für unerlaubte Sportwetten verstoße gegen die Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Bei den über die vorgenannte Internetseite abrufbaren Sportwetten handele es sich um Glücksspiele, die nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz - allein darauf komme es an - nicht erlaubt worden seien. Eine solche Erlaubnis könne auch nicht erteilt werden, weil Träger des Wettunternehmens nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des Privatrechts sein könne, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehörten. Sei die Durchführung der Sportwetten rechtswidrig, gelte dies auch für die Werbung.
4Das Verwaltungsgericht Köln hat dem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Klägerin mit Beschluss vom 11. August 2006 (6 L 701/06) teilweise stattgegeben. Auf die Beschwerde der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 22. November 2006 den Beschluss geändert und den Antrag insgesamt abgelehnt (13 B 1796/06).
5Den gegen die Ordnungsverfügung am 30. Dezember 2004 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 zurück. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des Senats vom 22. November 2006.
6Die Klägerin hat hiergegen am 3. Februar 2007 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Bezirksregierung E. sei für den Erlass der Verfügung nicht zuständig. Sie dürfe keinen Hoheitsakt erlassen, der - wie hier - in seinen tatsächlichen Auswirkungen die Hoheitsbefugnisse anderer Bundesländer oder Staaten berühre und darin eingreife. Die in Rede stehenden Ermächtigungsgrundlagen seien mit Unionsrecht nicht zu vereinbaren. Das Vorgehen des Landes sei inkohärent. Dies ergebe sich zum einen aus der fehlenden Gesamtkohärenz der Sportwettpolitik, die auf das Internetverbot durchschlage, zum anderen auch aus der fehlenden inneren Kohärenz des Onlineverbots. Eine Glücksspielpolitik, die Spielsuchbekämpfung nicht systematisch und kohärent verfolge, sondern in suchtgefährdenden Bereichen eine Politik verfolge, die private Anbieter zulasse und Angebotsausweitung betreibe, sei nicht geeignet, das von ihr geltend gemachte Suchtbekämpfungsziel zu erreichen.
7Die Klägerin hat beantragt,
8- 9
1. die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 aufzuheben,
- 11
2. festzustellen, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages rechtswidrig waren.
Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und geltend gemacht, dass die eingetretene neue Rechtslage (TMG/RStV) nichts an der rechtlichen Bewertung ändere.
15Das Verwaltungsgericht hat am 24. November 2011 das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu 2. abgetrennt (6 K 6508/11) und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung beurteile sich als Dauerverwaltungsakt nach der Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, mithin nach § 9 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 3 GlüStV. Die Untersagungsanordnung sei formell und materiell rechtmäßig. Sie sei hinreichend bestimmt. Bei verständiger Würdigung werde der Klägerin die Werbung für private Sportwettenanbieter im Internet lediglich insoweit untersagt, als dass Angebote in NRW abrufbar seien. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten seien erfüllt. Die Klägerin habe im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben. Ermessensfehler seien nicht gegeben. Insbesondere werde von der Klägerin nicht etwas Unzumutbares verlangt. Die Ordnungsverfügung überlasse es der Klägerin, wie sie die Untersagung technisch umsetze. Jedenfalls der auf das gesamte Bundesgebiet bezogene Einsatz der Methode der Geolokalisation sei nach dem Stand der Technik geeignet, das gesetzliche Verbot der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel im Internet in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen. Die Regelung des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoße weder gegen Art. 12 GG noch gegen Unionsrecht. Dabei hänge das Werbeverbot im Internet - ebenso wie das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV - nicht von der Gültigkeit und dem Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols ab. Sowohl das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV als auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, die in der vorliegenden Konstellation mittelbar über das in § 5 Abs. 4 GlüStV enthaltene Verbot der Werbung für unerlaubte und aufgrund ihres Vertriebsweges auch nicht erlaubnisfähige Glücksspiele zur Anwendung kämen, verstießen nicht gegen das Verfassungsrecht und seien zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Einzelne nicht geahndete Verstöße gegen das Werbeverbot könnten Zweifel an der tatsächlichen Verfolgung der mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht begründen. Im Übrigen sei auf das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 - 27 K 8790/08 - zu verweisen.
16Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, auf § 5 Abs. 3 GlüStV könne die Untersagungsverfügung schon deshalb nicht gestützt werden, weil das Internetwerbeverbot aufgrund der tatsächlichen Anwendung der Werberegelung die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit verletze. Die Regelung in § 5 Abs. 3 GlüStV sei zur Erreichung der in § 1 GlüStV angeführten Gemeinwohlziele nicht geeignet. Insofern sei die von den Glücksspielaufsichtsbehörden (zumindest) geduldete, unzulässige Werbepraxis der Landeslotteriegesellschaften, die Träger des Glücksspielmonopols seien, entscheidend. Es liege ein strukturelles Defizit bei der Umsetzung der Regelung zur Glücksspielwerbung vor. Seit dem 1. Januar 2012 bestehe zudem eine regionale Inkohärenz wegen der Änderung der Rechtslage in Schleswig-Holstein, die ein Verbot der Werbung für Glücksspiele im Internet nicht mehr vorsehe. Letztendlich stütze die Untersagungsverfügung ausschließlich das Monopol, das aber nicht zu rechtfertigen sei. Die Untersagungsverfügung sei ausschließlich auf die fehlende Erlaubnis gestützt, die zu erreichen ihr - der Klägerin - gar nicht möglich gewesen sei. Ausführungen zu den Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 GlüStV enthalte die Untersagungsverfügung nicht. Die der Klägerin untersagte Werbung sei mittlerweile ‑ auch im Internet - erlaubnisfähig. Dies gelte für Schleswig-Holstein sowie für alle anderen Bundesländer. Trotz dieser weiteren Änderung der Rechtslage werde die Untersagungsanordnung nach wie vor auf die im Jahre 2004 geltende Monopolregelung gestützt. Ein Nachschieben von Ermessenserwägungen sei verwaltungsverfahrensrechtlich für die Vergangenheit nicht möglich. Im Übrigen könne ihr - der Klägerin - während des laufenden Konzessionsverfahrens eine fehlende Erlaubnis nicht entgegengehalten werden. Zwangsgelder seien angedroht, aber nicht entrichtet worden.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 zu ändern und
191. den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 mit Wirkung ex nunc aufzuheben,
202. festzustellen, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom
21a) 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014
22b) 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012
23rechtswidrig war.
24Der Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus: Ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft worden und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien X. und X1. sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Überwachung gegenüber den Monopolisten sei deutlich einfacher, schneller und effektiver, als es die Überwachung gegenüber Privaten sei, die über Jahre hinweg vor den Gerichten streitig ausgetragen werde. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht mit Blick auf eine fehlerhafte oder unterlassene Ermessensausübung rechtswidrig. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Sogar der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen könne zulässig sein, soweit die Begründung der Untersagung (nur) für die Zukunft geändert werde. Die streitgegenständliche Verfügung sei nicht auf das Monopol gestützt worden, sondern auf die fehlende Erlaubnis, das Verbot der Werbung im Internet und den Straftatbestand des § 284 StGB. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV gestützt, und zwar auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV und § 5 Abs. 3 GlüStV, wonach Werbung im Internet grundsätzlich verboten (mit Erlaubnisvorbehalt) sowie Werbung für unerlaubtes Glücksspiel verboten sei. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Der beworbene Anbieter verfüge über keine Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel. Darüber hinaus sei das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV. Der beworbene Veranstalter biete unzulässigerweise auch Live- und Ereigniswetten, die gemäß § 21 Abs. 4 GlüStV nicht genehmigungsfähig seien, und nicht erlaubnisfähige Casinospiele an (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Er - der Beklagte - sei nicht verpflichtet, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Es bestehe auch kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
30Die Klägerin hat ihr Klagebegehren umgestellt. Sie verfolgt ihren in erster Instanz gestellten Anfechtungsantrag nicht weiter, die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2004 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Sie begehrt im Wege der Klageänderung im Berufungsverfahren die Feststellung, dass die Untersagungsverfügung zu unterschiedlichen Zeitpunkten rechtswidrig war. Mit Wirkung ex nunc begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheids vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007.
31Die Klage ist mit den gestellten Feststellungsanträgen zulässig, jedoch nur teilweise begründet (A.). Die Klage auf Aufhebung der Verfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007, mit der der Klägerin untersagt worden ist, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten zu werben, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Mit Wirkung ex nunc ist die Untersagungsverfügung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (B.).
32A. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 und vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war, ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.
33I. Die Klägerin kann ihren Anfechtungsantrag im Hinblick auf den bereits abgelaufenen Zeitraum - teilweise - auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umstellen. Hierin liegt keine (unzulässige) Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO. Eine Klageänderung liegt nur dann vor, wenn der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens nachträglich durch eine Erklärung des Klägers gegenüber dem Gericht geändert wird.
34Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 19. Auflage 2013, § 91, Rn. 2; Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3 Auflage 2010, § 91 Rn. 5 ff.
35Eine Änderung des Streitgegenstands liegt nicht vor. Der in der Vergangenheit liegende Zeitraum ist bereits Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage gewesen, soweit mit dieser die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) (GlüStV a. F.) am 1. Januar 2008 zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wurde. Die Zeit davor, d.h. die Zeit seit dem Erlass des Verwaltungsakts im Jahre 2004 bis zum Inkrafttreten des GlüStV a. F., für die die Untersagungsverfügung des Beklagten ebenfalls Geltung beansprucht hat, hat die Klägerin zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens gemacht (damaliger Klageantrag zu 2.), über das das Verwaltungsgericht nach Abtrennung gesondert entschieden hat (6 K 6508/11).
36Hinsichtlich der beantragten Zeiträume ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Das ist der Fall, wenn das ursprüngliche Anfechtungsbegehren zulässig war, sich dieses Begehren während des Rechtsstreits erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Juni 2000 - 10 A 696/96 -, juris.
38Diese Voraussetzungen liegen vor.
39Das zulässige Anfechtungsbegehren der Klägerin hat sich erledigt. Soweit sich die Untersagung für die bereits abgelaufenen Zeiträume - fortlaufend - erledigt hat, ist die Klägerin durch die Untersagungsverfügung nicht mehr beschwert. Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 12.12 -, juris.
41Das ist hier nicht der Fall, weil die Untersagungsverfügung nicht die Rechtsgrundlage für eine noch rückgängig zu machende Vollstreckung des Beklagten bildet. Das in der Untersagungsverfügung des Beklagten angedrohte Zwangsgeld ist nicht festgesetzt worden.
42Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Untersagung in der Vergangenheit rechtswidrig gewesen ist. Diese Feststellung ist geeignet, einen Schadensersatzprozess zu erleichtern und zu fördern, den die Klägerin im Falle einer rechtswidrigen Untersagung ihrer Werbung gegen den Beklagten anhängig machen kann. Das Präjudizinteresse ist zu bejahen, wenn die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen in einem Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 26.
44Ein finanzieller Schaden kommt hier in Betracht, weil die Klägerin der Untersagungsanordnung in der Vergangenheit - zumindest zeitweise - nachgekommen ist und ihr in dieser Zeit Werbeeinnahmen der beworbenen Wettveranstalter entgangen sind, die sie beabsichtigt, im Rahmen eines Haftungsprozesses gegen den Beklagten geltend zu machen.
45Das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW) ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen. Ob die landesrechtliche Anspruchsnorm nur die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe betrifft und eine Entschädigung wegen legislativen Unrechts einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) davon ausnimmt, ist nicht hinreichend klar und muss gegebenenfalls in einem zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Der Erfolg einer darauf gestützten Staatshaftungsklage ist jedenfalls deshalb nicht offensichtlich ausgeschlossen.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 29.
47Ein Ersatzanspruch gemäß § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NRW scheidet zudem nicht offensichtlich deshalb aus, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend zu machenden Schaden wäre. Die für die Haftungsansprüche entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten sind nicht dergestalt offensichtlich auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen, dass die Ursächlichkeit zu verneinen ist, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 30.
49II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist teilweise begründet. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig (1.). In der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 ist die Untersagung hingegen rechtmäßig gewesen, so dass die begehrte Feststellung nicht getroffen werden kann (2.).
501. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die glücksspielrechtliche Untersagung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Rechtslage zu messen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 ‑, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
52a) Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist formell rechtmäßig ergangen.
53aa) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - Glücksspielstaatsvertrag AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
54Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielwerbung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin lediglich verlangt worden ist, die Werbung in Nordrhein-Westfalen einzustellen. Eine entsprechende räumliche Beschränkung der Untersagung lässt sich hinreichend deutlich aus der Begründung des Bescheids entnehmen, wonach es u.a. heißt, dass sich die Zuständigkeit des Beklagten auf Nordrhein-Westfalen beschränkt.
55b) Die Untersagungsverfügung genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW - VwVfG NRW -). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
56Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris, und vom 20. April 2005
57- 4 C 18.03 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar 14. Auflage 2013, § 37 Rn. 12.
58Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungsätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
60Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
62Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors verfügte Untersagung. Der Verfügung lässt sich nach ihrem Gesamtinhalt und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sowie der auch der Klägerin bekannten Umstände, die die Klägerin zum Erlass der Untersagung veranlasst haben, mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass ausschließlich die Werbung für private Glücksspielangebote - hier in der Form von Sportwetten - untersagt worden ist.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1796/06 -, juris.
64b) Das Werbeverbot in Ziffer 1 des Bescheids war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 materiell rechtswidrig.
65Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, das unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
66aa) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor. Die Klägerin hat zum einen gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, weil sie im Internet für öffentliches Glücksspiel geworben hat (1). Zum anderen hat sie für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben, was nach § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verboten ist (2).
67Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen unionsrechtswidrig war,
68vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
69lässt den Bestand und die Gültigkeit des Verbots der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet ebenso wie des Verbots der Werbung für unerlaubte Glücksspiele unberührt. Denn diese sind nicht „monopolakzessorisch“. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet
70nur eine bestimmte Art und Weise des Werbens. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. knüpft an den Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. an, der seinerseits unabhängig von Gültigkeit und Bestand des Sportwettenmonopols anwendbar, mit dem Verfassungsrecht vereinbar und unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
71Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 ‑, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2011 - 6 S 2577/10 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
72(1) Die Klägerin hat gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen. Sie hat unter der Domain www. … .org (auch) in Nordrhein-Westfalen für Sportwetten und damit für Glücksspiel i. S. v. § 3 Abs. 1 GlüStV a. F. geworben, in dem sie auf ihrer Webseite auf das (auch) in Nordrhein-Westfalen abrufbare Glücksspielangebot der Firmen e. K. und J. Ltd. hingewiesen hat. Die auf der Internetseite der Klägerin platzierten Banner für die Firmen e. K. und J. Ltd. stellten Werbung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV a. F. dar. Mit der Darstellung der markanten Schriftzüge der Wettanbieter sollte zur entgeltpflichtigen Teilnahme an deren Glücksspielangeboten aufgefordert werden, zumal die Hinweise mit dem Zusatz „Hier wetten!“ versehen und mit der jeweiligen Internetseite des Wettanbieters verlinkt waren.
73Das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist anwendbar. Es ist mit dem nationalen Verfassungsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen Unionsrecht.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, im Nachgang BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30. September 2013 - 1 BvR 3196/11 -, juris; OVG des Saarlandes, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
75Die mit dem Internetwerbeverbot verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) ist gerechtfertigt. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber unionsrechtlich legitime Ziele des Gemeinwohls. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. dient der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, m. w. N.
77Das Internetwerbeverbot genügt auch dem Kohärenzgebot. Durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nur gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung der zu ihrer Rechtfertigung angeführten Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie tatsächlich zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen. Der Mitgliedstaat muss zum einen die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wirklichkeit andere Ziele - namentlich solcher finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten. Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen. Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird.
78Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris, und - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris, m. w. N.
79Diesen Anforderungen genügt das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben. Mit dem Werbeverbot und dessen Anwendung - etwa gegenüber der Klägerin - werden die angeführten Gemeinwohlziele tatsächlich verfolgt. Die Erreichbarkeit dieser Ziele wird auch nicht durch andere Regelungen oder deren tatsächliche Handhabung in anderen Glücksspielbereichen konterkariert.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris m. w. N.
81Hiervon ausgehend führt die von der Klägerin gerügte unterbliebene oder unzureichende Durchsetzung des Internetwerbeverbots gegenüber dem deutschen Lotto- und Toto-Block und sämtlichen Landeslottogesellschaften im Sinne eines strukturellen Vollzugsdefizits nicht zur Inkohärenz des gesetzlichen Verbots.
82So aber Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
83Sie stellt nur seine einheitliche und diskriminierungsfreie Anwendung und damit die Rechtmäßigkeit der Durchsetzung im Einzelfall in Frage. Durch die inkonsequente oder fehlende Durchsetzung einer Verbotsnorm wird ihre Eignung zur Zielerreichung nicht aufgehoben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - klar gefasst und ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht in ihr selbst angelegt ist.
84(2) Desweiteren hat die Klägerin gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verstoßen, indem sie im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben hat. Bei den auf den Internetseiten www. … .de und www. … .de abrufbaren Sportwetten, für die die Klägerin geworben hat bzw. für die sie die Werbung (wieder) aufnehmen wollte, handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren - soweit sie im Internet veranstaltet wurden - auch unerlaubt, da die Firmen nicht über die für die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet erforderliche Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde verfügten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F.). Eine etwaige maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
85Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 (Biasci u.a.) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
86Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
87Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.09 -, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
88bb) Die Verstöße gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. und § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. rechtfertigten die Untersagung des Beklagten nicht. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eingeräumte Ermessen war nicht dahingehend reduziert, dass zwingend die Untersagung der Internetwerbung der Klägerin hätte verfügt werden müssen (1). Die Untersagung war wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ermessensfehlerhaft (2). Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt (3).
89(1) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin nicht auf die verfügte Untersagung reduziert.
90Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich nicht aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), der die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel unter Strafe stellt. Der Verstoß gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist nicht strafbewehrt. Hinsichtlich des Verstoßes gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. führte § 284 Abs. 4 StGB ebenfalls nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Aus dem Straftatbestand des unerlaubten Glücksspiels ergab sich eine Ermessensreduzierung nur dann, wenn dem Wettanbieter das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden konnte. Das setzt voraus, dass ihm die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon wegen des Erlaubnisvorbehalts, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden. Diese Voraussetzung war in Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren nicht für Private geöffnet wurde.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
92Hiervon ausgehend konnte den von der Klägerin beworbenen Wettanbietern das Fehlen einer Erlaubnis nur insoweit entgegengehalten werden, als sie im Internet Sportwetten veranstalteten. Insoweit fehlte es wegen des verfassungs- und unionsrechtskonformen, nicht monopolakzessorischen Veranstaltungsverbots im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F.,
93vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -,
94an der materiellen Erlaubnisfähigkeit. Wegen des akzessorischen Werbeverbots durfte die Klägerin für das im Internet veranstaltete Glücksspiel auch nicht werben und die Aufsichtsbehörde ihr dies untersagen. Dies hat sie jedoch nicht getan, sondern ein umfassendes Werbeverbot ausgesprochen. Das Werbeverbot des Beklagten umfasste nicht nur im Internet veranstaltete Sportwetten, sondern auch das terrestrische Glücksspielangebot der Werbepartner der Klägerin. Die untersagte Werbung differenzierte auch nicht nach dem Vertriebsweg, auf den die Klägerin zudem keinerlei Einfluss hat. Insoweit durfte das Fehlen einer Erlaubnis des beworbenen Veranstalters auch der Klägerin nicht entgegengehalten werden.
95bb) Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist ermessensfehlerhaft ergangen.
96Die Untersagung, für unerlaubtes Glücksspiel in Form von nicht nach dem nordrhein-westfälischen Recht genehmigte Sportwetten zu werben (vgl. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F.), hat der Beklagte mit der fehlenden Erlaubnisfähigkeit des beworbenen Sportwettenangebots wegen des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen begründet. Dieses war aber unionsrechtswidrig,
97vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12.-, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
98so dass die fehlende Erlaubnis dem Veranstalter allein aus diesem Grund nicht entgegengehalten werden durfte.
99Zur Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. hat die Untersagung die gesetzlichen Grenzen des dem Beklagten eingeräumten Ermessens (§ 114 Satz 1 VwGO) überschritten, weil sie mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar gewesen ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
100Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106/91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
101Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
102Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
103Hiergegen hat der Beklagte verstoßen. Er hat Private benachteiligt, indem er ihnen gegenüber jegliche Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel untersagt hat, während er bei Verstößen des Deutschen Lotto- und Totoblocks, der Landeslottogesellschaften und der Spielbanken gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. nicht eingeschritten ist. Diese haben im Internet systematisch gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen (a), ohne dass die zuständigen Aufsichtsbehörden hiergegen konsequent vorgegangen sind (b). Sachliche Gründe, die allein ein Einschreiten gegenüber den privaten Betreibern von Internetseiten rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich (c).
104(a) Sämtliche staatlichen Glücksspielanbieter haben in der Vergangenheit Internetseiten betrieben, die Werbung für öffentliches Glücksspiel beinhalteten. Damit haben sie regelmäßig gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, wonach Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - ausnahmslos - verboten ist. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02 -, juris) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst.
105Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13 - 15.09 -, juris, Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, Baden-Württemberg, LT-Drs.14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 5 GlüStV Rn. 33.
106Ob damit vom Begriff der (unzulässigen) Werbung auch die - rein sachliche - Information und Aufklärung über das Glücksspiel umfasst ist, ist nicht entscheidungserheblich. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. könnte nach seinem Wortlaut jegliche Werbung - auch die nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige - untersagen, wofür sich auch die Systematik des § 5 GlüStV a. F. anführen ließe.
107vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2011- 6 S 2577/10 -, juris.
108Selbst wenn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. (nur) die an sich gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige Werbung im Internet untersagen sollte, hat der Beklagte in der Vergangenheit dieses Verbot nicht konsequent gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern durchgesetzt, die systematisch unzulässige Werbung im Internet betrieben haben. Hierzu hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, Rn. 55 – 57, bereits ausgeführt:
109„Ein aus der Sicht des durchschnittlichen Empfängers zur Teilnahme motivierender, optisch hervorgehobener Hinweis auf die Höhe der jeweiligen Jackpots findet sich auch auf der Internet-Startseite des Deutschen Lotto- und Totoblocks (www.lotto.de). Hiermit wird zugleich gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen.
110Die Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung eines Teils der Wetteinsätze, etwa in den "Lotto-Hilft"-Kampagnen, gehen ebenfalls regelmäßig deutlich über eine Kanalisierung vorhandener Wettleidenschaften hinaus. Sie stellen unzulässige Imagewerbung dar. Beispielhaft sei die Werbung von Lotto Hessen genannt, das - ebenfalls unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GlüStV - auf seiner Internetseite (www.lotto-hessen.de/c/lottohelps) mit dem Slogan wirbt: "Lotto hilft Hessen. Sie unterstützen unser Land." Damit wird die Teilnahme am Glücksspiel zum wünschenswerten Verhalten aufgewertet, das im Allgemeininteresse liegt; so lautet auch ein Satz im weiteren Text: "Sie haben also nicht nur die Chance auf Gewinne, sondern leisten konkrete Hilfe." Ferner belegt solche Werbung, dass die Beschaffung von Finanzmitteln für soziale Tätigkeiten nicht bloße Nebenfolge, sondern ein - die Beeinträchtigung der Grundfreiheiten nicht rechtfertigender - Grund der restriktiven Politik ist. Auch auf den Internetseiten anderer Landeslotteriegesellschaften findet sich unzulässige Imagewerbung. Westlotto stellt mit dem Werbeslogan "Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann." (www.westlotto.com/de/main/frderung/foerderung_1.html) das Glücksspiel als positiv zu beurteilendes, sozial verantwortliches Handeln dar. Gleiches gilt für die Werbung von Lotto Bremen: "Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut" bzw. "40 Jahre Glücksspirale, 40 Jahre gute Taten", die zudem noch mit der Ankündigung einer Jubiläums-Sonderauslosung verknüpft wird (www.lotto-bremen.de/newsdetail.php?id=96). Auch Lotto Niedersachsen verleiht dem Glücksspiel ein positives Image, weckt Sympathien für das Wetten und verknüpft dies noch mit Anreizen zum Mitspielen, indem Glücksphantasien hervorgerufen werden. "Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden. Neben den vielen glücklichen Gewinnern und Millionären, die Lotto Niedersachsen jedes Jahr "macht", ist ein großer Teil der erwirtschafteten Gelder zweckgebunden für den Sport, die allgemeine Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben, zur Förderung im Bereich Kunst und Kultur sowie für den Umweltschutz und andere Zwecke des Gemeinwohls verwendet worden." An detaillierte Ausführungen zur gemeinnützigen Verwendung der Erlöse schließen sich Angaben zur Zahl der Lotto-Spieler, zur Hoffnung auf Millionengewinne und auch darüber an, dass "im vergangenen Jahr acht Mitspieler durch die Produkte von Lotto Niedersachen zu Millionären" wurden (www.lotto-niedersachsen.de/s/managed_html/100335/index.html).
111Die zum Zwecke der weiteren Verbreitung vielfach herausgegebenen Pressemitteilungen der Monopolträger über glückliche Millionäre sind aus Sicht eines durchschnittlichen Empfängers der Botschaft ebenfalls als Motivierung zum Wetten zu verstehen, zumal wenn sie mit der Angabe des vergleichsweise geringen Spieleinsatzes des "Glückspilzes" verbunden sind. Beispielhaft sei eine Mitteilung von Lotto Mecklenburg-Vorpommern angeführt: "Neuer Lotto Millionär im Land. Nordwestmecklenburger gewinnt über 2,37 Mio. Euro. ... Bundesweit war der Glückspilz der einzige Spielteilnehmer, der alle sieben Endziffern richtig hatte. .. Sein Einsatz waren 26 Euro... Mit ihm haben wir den 39. Lotto-Millionär im Land zu verzeichnen." (www.lottomv.de; Pressemitteilung vom 22. September 2011). Auch Lotto Sachsen-Anhalt beschränkt sich nicht auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten, wenn es in einer Pressemitteilung fragt: "Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?" und seine Ausführungen zu Gewinnen in den vergangenen 20 Jahren mit Hinweisen auf die Finanzierung gemeinnütziger Vorhaben in Höhe von 152 Millionen Euro beschließt (www.lottosachsenanhalt.de/s/managed_html/2174/index.html, Pressemitteilung vom 12. September 2011).“
112Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris.
113Dies deckt sich mit den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen über die Werbepraxis der staatlichen Monopolträger, die insgesamt in den Blick zu nehmen ist. Die staatlichen Landeslotterieunternehmen verfolgten eine sogenannteDachmarkenstrategie, die die Vermarktung der Dachmarke Lotto in den Mittelpunkt der Werbeaktivitäten stellte. Mit der Verwendung dieser Dachmarke wurde letztlich für alle vom Deutschen Lotto- und Totoblock vertriebenen Produkte geworben.
114Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10, 12 und 17.12 -, juris.
115Danach wiesen im Jahre 2011 gefertigte Internetauszüge der Landeslottogesellschaften zahlreiche Werbeslogans und Werbeaussagen auf: „Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann“ (Westlotto), „Sie unterstützen unser Land“ (Lotto Hessen), „Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden.“ (Lotto Niedersachsen), „Der Lotto-Jackpot ist auch in der neunten Ziehung in Folge nicht geknackt worden und steht am Samstag bei rund 20 Millionen - das ist der zweithöchste Betrag in diesem Jahr.“ (Lotto Rheinland-Pfalz), „Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?“ (Lotto Sachsen-Anhalt) und „Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut“ (Lotto Bremen). In allen Fällen handelte es sich um eindeutige Werbebotschaften, die darauf abzielten, die Teilnahme an dem jeweiligen Glücksspiel zu fördern. Lotto-Links fanden sich zudem als Werbebanner auf zahlreichen fremden Informationsportalen.
116Hierbei hat es sich um keine Einzelfälle gehandelt. Vielmehr wurde der Vertriebsweg Internet gezielt von den staatlichen Glücksspielanbietern für ihre Werbung genutzt, um neue Spielinteressenten zu gewinnen. Lassen sich diese Feststellungen zu unzulässiger Werbung für das Jahr 2011 treffen, gilt dies erst recht für den Zeitraum vor Ergehen der Urteile des EuGH vom 8. September 2010 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010, in dem die Werbepraxis eher noch intensiver war.
117Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. September 2011 - 4 A 17/08 -, juris.
118Dass sich diese Werbepraxis im Internet danach im Jahr 2012 grundlegend geändert hat, ist nicht erkennbar. Die bisher einschlägigen Werberichtlinien galten auch in dieser Zeit fort und sind erst durch die Werberichtlinie gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 GlüStV vom 7. Dezember 2012 abgelöst worden, die daher den hier streitgegenständlichen Zeitraum (bis zum 30. November 2012) nicht betrifft. Die vom Beklagten angeführten Maßnahmen im Jahr 2012 hatten nur punktuelle Auswirkungen auf einzelne Werbeaussagen der Landeslottogesellschaft im Internet, führten aber nicht zur Beendigung der Werbung im Internet.
119(b) Die Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot sind von den Aufsichtsbehörden nicht systematisch unterbunden worden.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2011 - 13 B 1135/11 -, juris.
121Soweit der Beklagte darauf verweist, dass in der Vergangenheit die Einhaltung der rechtlichen Regelungen auf kooperativem Wege oder Erlasswege bei den staatlichen Glücksspielanbietern erreicht worden sei, widerspricht dies den tatsächlichen Feststellungen des Senats. Die insoweit vom Beklagten vorgelegten Schreiben belegen an keiner Stelle, dass in der Vergangenheit ein konkreter Internetwerbeauftritt eines Anbieters beanstandet und auf eine Intervention des Beklagten hin geändert worden ist. Soweit auf die Vorgaben der Rechtsprechung zur Werbung für Glücksspiel hingewiesen wurde (vgl. Schreiben des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 2010), wurden die Glücksspielanbieter damit lediglich gebeten, die Vorgaben des EuGH zu beachten und ihr Werbekonzept und ihre Werbung entsprechend anzupassen. Weiter heißt es dort: „Denken Sie hierbei auch an (Image-) Werbung im Internet, in der Kundenzeitschrift oder sonstigen Werbeaussagen im öffentlichen Raum.“ Eine Denkhilfe ist aber keine staatliche Aufsicht. Dass die werberechtlichen Verstöße aufsichtsbehördliche Konsequenzen nach sich gezogen hätten, ist an keiner Stelle erkennbar. Ansonsten hätten die zahlreichen, bereits aufgeführten Verstöße gegen das Internetwerbeverbot nicht über Jahre stattgefunden.
122Selbst nach der erfolgten Präzisierung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Monopolwerbung durch die Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 und den daran anknüpfenden Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2010, wonach es fehlerhaft war, nur den gezielten Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel für rechtswidrig zu halten, statt auf den objektiven Aussagegehalt abzustellen,
123vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 15.09 -,
124fand dies keinen Niederschlag in den Werberichtlinien der Glücksspielaufsicht der Länder, die eine Imagewerbung für zulässig hielten (unter 5.2.1d der Werberichtlinien, Stand 23. Mai 2011) und lediglich die „gezielte“ Aufforderung, Anreizung oder Ermunterung zur Teilnahme am Glücksspiel für unzulässig erklärten.
125Bereits mit Beschlüssen vom 5. November 2009 - 13 B 724/09 und 13 B 829/09 - hatte der Senat gegenüber dem Beklagten angemahnt, auch gegen die unzulässige Internetwerbung von Westlotto einzuschreiten. Dem ist die Bezirksregierung E. nicht gefolgt. Auf der Internet-Startseite der Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG - X. - (www.westlotto.de) wurde im Jahre 2011unter den optisch mittels farblicher Unterlegung hervorgehobenen Überschriften „Jackpot am Samstag“ und „Jackpot Spiel 77“ auf die Höhe der aktuellen Jackpots beim Lotto „6 aus 49“ und beim „Spiel 77“ hingewiesen. Hiermit wurde regelmäßig nicht nur gegen das Internetwerbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV a. F., sondern auch gegen die Regelungen in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. verstoßen. Denn ein durchschnittlicher Betrachter der Internetseite wird durch den Hinweis auf einen bei der nächsten Ziehung möglichen (Millionen-)Gewinn zur Teilnahme am Spiel motiviert.
126Auch die punktuellen Maßnahmen im Jahr 2012 ließen eine am (generellen) Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. orientierte Unterbindung der Internetwerbung nicht erkennen.
127Das aufgezeigte Vollzugsdefizit im Bereich der Internetwerbung im Lotteriebereich wirkte sich auf einen erheblichen Teil des gesamten Glücksspielmarktes aus. In den Jahren 2008 und 2009 betrug der Anteil des Lotto- und Totoblocks am gesamten Glücksspielmarkt mit einem Umsatz von 7 Millionen Euro annähernd 30 %, der zwar in den Jahren 2010 und 2011 auf knapp 21 % zurückging, damit aber immer noch einen Anteil von 1/5 am Markt hielt.
128Vgl. www.dhs.de/datenfakten/gluecksspiel.html
129(c) Sachliche Gründe, die es rechtfertigen könnten, gegen die erheblichen Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot nicht einzuschreiten, während den privaten Betreibern von Internetwerbung die Werbung vollständig untersagt wurde, sind nicht ersichtlich und hat der Beklagte auch nicht vorgetragen.
130Hierzu auch Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
131Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bei der Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der E. Lotto- und Totoblock, die Landeslottogesellschaften und die Spielbanken - im Gegensatz zu den privaten Anbietern - für erlaubtes terrestrisches Glücksspiel geworben haben. Hierauf kommt es bei einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots nicht an. Denn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt - anders als § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. - bei dem Verbot der Werbung auf den Vertriebsweg Internet, nicht aber darauf ab, ob das beworbene Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt ist.
132(3) Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt. Es fehlt bereits an Erwägungen des Beklagten, die die ungleiche Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. gegenüber den privaten Anbietern in der Vergangenheit rechtfertigen könnten. Er bestreitet weiterhin ein strukturelles Vollzugsdefizit gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern, das aber - wie aufgezeigt - bestanden hat. Ob sich die Vollzugspraxis auf der Grundlage der neuen Werberichtlinien geändert hat, kann dahinstehen. Die neuen Werberichtlinien stammen erst vom 7. Dezember 2012 und betreffen daher nicht den hier streitgegenständlichen Zeitraum. Dasselbe gilt im Hinblick auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Januar 2014 ausdrücklich erklärt hat, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV zu stützen, handelt es sich um eine Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage, nicht aber um eine Ergänzung der Ermessenserwägungen für zurückliegende Zeiträume, was die Klägerin auch in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigen dürfte, weil die Untersagung in der Vergangenheit mit dem Sportwettenmonopol begründet worden ist.
133Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 47.12 -, juris.
1342. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 rechtmäßig gewesen.
135Für diesen Zeitraum beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1361. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. lagen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Werbung für öffentliches Glücksspiel ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. im Internet verboten. Außerdem ist gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. Werbung für unerlaubte Glücksspiele verboten.
137Die Klägerin hat mit ihrer Werbung gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. verstoßen. Es handelte sich bei den auf der Internetseite der Klägerin geschalteten Bannern für die Glücksspielangebote der Firmen C. e.K. oder D. um Werbung. Die Banner beinhalteten den markanten Schriftzug der Unternehmen, den diese als ihre Werbeauftritte benutzten. Damit sollte zur Teilnahme an dessen Glücksspielangebot aufgefordert werden, die durch eine direkte Verlinkung mit der jeweiligen Internetseite des Veranstalters vereinfacht wurde. Bei den von der Klägerin im Internet beworbenen Sportwetten hat es sich auch um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F. gehandelt, da für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Über eine Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV n. F., im Internet für Glücksspiel werben zu dürfen, verfügte die Klägerin nicht.
138Die Klägerin hat zudem für unerlaubte Glücksspiele in Form von Sportwetten i. S. v. § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. geworben, weil die beworbenen Glücksspielanbieter (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen verfügten. Die dem beworbenen Veranstalter C. aufgrund des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen ebenso wenig wie gegebenenfalls durch ausländische Lotterie- und Glücksspielbehörden erteilte Lizenzen. Dass der Firma D. Genehmigungen nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein vom 20. Oktober 2011 (GlSpielG SH) für Sportwetten und Casinospiele durch das Innenministerium Schleswig-Holstein erteilt worden sind, berechtigte diese Firma nicht, in Nordrhein-Westfalen Sportwetten im Internet zu veranstalten.
139Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, sowie den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 (Stanleybet u.a.) -, juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gambelli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) ‑, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 - 3 M 244/13 -, juris.
141Dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 nach dem GlSpielG SH Genehmigungen für Sportwetten und Casinospiele erteilt worden sind, die trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des GlSpielG SH für sechs Jahre weitergelten, führt nicht zur unionsrechtlichen Inkohärenz des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. Auch das GlSpielG SH sah eine Genehmigungspflicht vor (vgl. § 4 Abs. 1 GlSpielG SH) und ging nicht davon aus, dass öffentliche Glücksspiele erlaubnisfrei sein sollten.
142b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend die Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten untersagt werden musste.
143Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin für unerlaubtes öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten (im Internet) geworben und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht hat. Dieser Umstand verengte den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis für das Glücksspielangebot ihres Werbepartners auch entgegengehalten werden konnte.
144Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; und - 8 C 39.12 -, juris.
145Hinsichtlich des Angebots von Sportwetten konnte dem Veranstalter und damit in Folge auch der Klägerin, die hierfür unerlaubt geworben hat, die fehlende Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
146Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, m. w. N.
147Über eine Sportwettenkonzession verfügten die beworbenen Veranstalter nicht, was ihnen - und damit auch der Klägerin - auch entgegengehalten werden konnte. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nach dem GlüStV n. F. nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden.
148Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
149Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
150Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
151Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 - C (2011) 5319 - und vom 20. März 2012 - 2011/0188/D - zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrag.
152Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
153Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
154Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
155Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV, Rn. 8.
156Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
157Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
159Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
160Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
161Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
162Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
163Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
164Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
165Der Erlass einer auf § 5 Abs. 5 GlüStV n. F., § 284 Abs. 4 StGB und damit auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis der Veranstalter gestützten Untersagungsverfügung schied auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben war oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden konnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden musste.
166Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
167Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Veranstalter für deren Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar gewesen, was auch der Klägerin entgegenzuhalten war. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Wettanbieter die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllen, weil die Veranstalter im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anboten. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit konnte die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass verschiedene Sportwettenanbieter dort die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht und/oder eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinespielen bzw. Onlinewetten durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres Internetangebots in Nordrhein-Westfalen im hier maßgeblichen Zeitraum. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen gewesen wäre, hätte der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden können. Es war völlig ungewiss, ob der einzelne Bewerber eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist. Eine solche zahlenmäßige Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zu beanstanden. Danach steht es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, u. a. grundsätzlich frei, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen auf die Zahl der Veranstalter festzulegen.
168Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 – Rs. C212/08 (Zeturf), juris, und vom 8. September 2010 – Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
169c) Der Beklagte hat mit der Untersagungsverfügung von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Werbung im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten untersagt. Die Untersagung konnte tatsächlich umgesetzt werden. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kam hierfür das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite in Betracht. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
170Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O. unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
171Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um ihren Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%-iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
172Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑10 CS 08.2399 -, juris.
173Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es ohnehin nicht an. Der Beklagte kann nur das verlangen, was durch eine Lokalisierung nach dem Stand der Technik sichergestellt wird.
174Soweit beworbene Glücksspielanbieter Genehmigungen für Onlineglücksspiel des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, konnte die Klägerin die Geolokalisation - wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch war. Soweit Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestanden, wären hiervon Nutzer aus Schleswig-Holstein nicht betroffen gewesen, so dass eine Sperrung einer dort an sich zulässigen Werbung aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen war.
175Dass die Klägerin die räumliche Beschränkung der Werbung im Internet technisch nur mit erheblichem Kontroll- und Kostenaufwand beherrschen können will, verpflichtete den Beklagten nicht dazu, von einer Durchsetzung des in § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. verbindlich vorgegebenen und strafrechtlich nach § 284 Abs. 4 StGB sanktionierten Werbeverbots abzusehen. Es liegt vielmehr allein im Verantwortungsbereich der Klägerin als Werberin für Internetglücksspiel, dass die fraglichen Inhalte (allein) in Nordrhein-Westfalen nicht mehr erreichbar sind.
176Trägt der Verstoß der Klägerin gegen § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. damit bereits die Untersagung des Beklagten, kommt es auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. und dort insbesondere auf die Frage der Werbepraxis der staatlichen bzw. staatlich konzessionierten Glücksspielanbieter im Rahmen einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots durch den Beklagten in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 nicht mehr an.
177B. Die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist rechtmäßig, soweit sie Regelungswirkung ex nunc beansprucht.
178Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
179Dass die Untersagungsverfügung auf der Grundlage des GlüStV n. F. rechtmäßig ist, ist bereits im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ‑ soweit diese die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 betrifft - ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.
180Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in der Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
181Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
182Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
183Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 geändert.
Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin betreibt die Internetseite www. … .org. Hierauf warb sie in der Vergangenheit für Sportwetten der Anbieter c. e. K. (www. … .de) und der E. T. GmbH E1. bzw. J. Ltd. A. /N. (www. … .de). Aktuell wird auf der Internetseite www. … .org für den Sportwettenanbieter d. (www. … .de) geworben.
3Nach Anhörung mit Schreiben vom 15. März 2004 untersagte die Bezirksregierung E. der Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten, die nicht nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz genehmigt worden sind, zu werben. Ihr wurde aufgegeben, die Werbung für das Glücksspiel innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht. Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. aus, die Werbung für unerlaubte Sportwetten verstoße gegen die Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Bei den über die vorgenannte Internetseite abrufbaren Sportwetten handele es sich um Glücksspiele, die nach dem nordrhein-westfälischen Sportwettengesetz - allein darauf komme es an - nicht erlaubt worden seien. Eine solche Erlaubnis könne auch nicht erteilt werden, weil Träger des Wettunternehmens nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des Privatrechts sein könne, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehörten. Sei die Durchführung der Sportwetten rechtswidrig, gelte dies auch für die Werbung.
4Das Verwaltungsgericht Köln hat dem vorläufigen Rechtsschutzantrag der Klägerin mit Beschluss vom 11. August 2006 (6 L 701/06) teilweise stattgegeben. Auf die Beschwerde der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 22. November 2006 den Beschluss geändert und den Antrag insgesamt abgelehnt (13 B 1796/06).
5Den gegen die Ordnungsverfügung am 30. Dezember 2004 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 zurück. Zur Begründung verwies sie auf den Beschluss des Senats vom 22. November 2006.
6Die Klägerin hat hiergegen am 3. Februar 2007 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Bezirksregierung E. sei für den Erlass der Verfügung nicht zuständig. Sie dürfe keinen Hoheitsakt erlassen, der - wie hier - in seinen tatsächlichen Auswirkungen die Hoheitsbefugnisse anderer Bundesländer oder Staaten berühre und darin eingreife. Die in Rede stehenden Ermächtigungsgrundlagen seien mit Unionsrecht nicht zu vereinbaren. Das Vorgehen des Landes sei inkohärent. Dies ergebe sich zum einen aus der fehlenden Gesamtkohärenz der Sportwettpolitik, die auf das Internetverbot durchschlage, zum anderen auch aus der fehlenden inneren Kohärenz des Onlineverbots. Eine Glücksspielpolitik, die Spielsuchbekämpfung nicht systematisch und kohärent verfolge, sondern in suchtgefährdenden Bereichen eine Politik verfolge, die private Anbieter zulasse und Angebotsausweitung betreibe, sei nicht geeignet, das von ihr geltend gemachte Suchtbekämpfungsziel zu erreichen.
7Die Klägerin hat beantragt,
8- 9
1. die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 aufzuheben,
- 11
2. festzustellen, dass die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2007 vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages rechtswidrig waren.
Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und geltend gemacht, dass die eingetretene neue Rechtslage (TMG/RStV) nichts an der rechtlichen Bewertung ändere.
15Das Verwaltungsgericht hat am 24. November 2011 das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu 2. abgetrennt (6 K 6508/11) und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung beurteile sich als Dauerverwaltungsakt nach der Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, mithin nach § 9 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 3 GlüStV. Die Untersagungsanordnung sei formell und materiell rechtmäßig. Sie sei hinreichend bestimmt. Bei verständiger Würdigung werde der Klägerin die Werbung für private Sportwettenanbieter im Internet lediglich insoweit untersagt, als dass Angebote in NRW abrufbar seien. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten seien erfüllt. Die Klägerin habe im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben. Ermessensfehler seien nicht gegeben. Insbesondere werde von der Klägerin nicht etwas Unzumutbares verlangt. Die Ordnungsverfügung überlasse es der Klägerin, wie sie die Untersagung technisch umsetze. Jedenfalls der auf das gesamte Bundesgebiet bezogene Einsatz der Methode der Geolokalisation sei nach dem Stand der Technik geeignet, das gesetzliche Verbot der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel im Internet in Nordrhein-Westfalen durchzusetzen. Die Regelung des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoße weder gegen Art. 12 GG noch gegen Unionsrecht. Dabei hänge das Werbeverbot im Internet - ebenso wie das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV - nicht von der Gültigkeit und dem Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols ab. Sowohl das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV als auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, die in der vorliegenden Konstellation mittelbar über das in § 5 Abs. 4 GlüStV enthaltene Verbot der Werbung für unerlaubte und aufgrund ihres Vertriebsweges auch nicht erlaubnisfähige Glücksspiele zur Anwendung kämen, verstießen nicht gegen das Verfassungsrecht und seien zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Einzelne nicht geahndete Verstöße gegen das Werbeverbot könnten Zweifel an der tatsächlichen Verfolgung der mit dem Werbeverbot verfolgten Ziele nicht begründen. Im Übrigen sei auf das den Beteiligten bekannte Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 - 27 K 8790/08 - zu verweisen.
16Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, auf § 5 Abs. 3 GlüStV könne die Untersagungsverfügung schon deshalb nicht gestützt werden, weil das Internetwerbeverbot aufgrund der tatsächlichen Anwendung der Werberegelung die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit verletze. Die Regelung in § 5 Abs. 3 GlüStV sei zur Erreichung der in § 1 GlüStV angeführten Gemeinwohlziele nicht geeignet. Insofern sei die von den Glücksspielaufsichtsbehörden (zumindest) geduldete, unzulässige Werbepraxis der Landeslotteriegesellschaften, die Träger des Glücksspielmonopols seien, entscheidend. Es liege ein strukturelles Defizit bei der Umsetzung der Regelung zur Glücksspielwerbung vor. Seit dem 1. Januar 2012 bestehe zudem eine regionale Inkohärenz wegen der Änderung der Rechtslage in Schleswig-Holstein, die ein Verbot der Werbung für Glücksspiele im Internet nicht mehr vorsehe. Letztendlich stütze die Untersagungsverfügung ausschließlich das Monopol, das aber nicht zu rechtfertigen sei. Die Untersagungsverfügung sei ausschließlich auf die fehlende Erlaubnis gestützt, die zu erreichen ihr - der Klägerin - gar nicht möglich gewesen sei. Ausführungen zu den Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 GlüStV enthalte die Untersagungsverfügung nicht. Die der Klägerin untersagte Werbung sei mittlerweile ‑ auch im Internet - erlaubnisfähig. Dies gelte für Schleswig-Holstein sowie für alle anderen Bundesländer. Trotz dieser weiteren Änderung der Rechtslage werde die Untersagungsanordnung nach wie vor auf die im Jahre 2004 geltende Monopolregelung gestützt. Ein Nachschieben von Ermessenserwägungen sei verwaltungsverfahrensrechtlich für die Vergangenheit nicht möglich. Im Übrigen könne ihr - der Klägerin - während des laufenden Konzessionsverfahrens eine fehlende Erlaubnis nicht entgegengehalten werden. Zwangsgelder seien angedroht, aber nicht entrichtet worden.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. November 2011 zu ändern und
191. den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 mit Wirkung ex nunc aufzuheben,
202. festzustellen, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom
21a) 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014
22b) 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012
23rechtswidrig war.
24Der Beklagte beantragt,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus: Ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft worden und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien X. und X1. sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Überwachung gegenüber den Monopolisten sei deutlich einfacher, schneller und effektiver, als es die Überwachung gegenüber Privaten sei, die über Jahre hinweg vor den Gerichten streitig ausgetragen werde. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht mit Blick auf eine fehlerhafte oder unterlassene Ermessensausübung rechtswidrig. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Sogar der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen könne zulässig sein, soweit die Begründung der Untersagung (nur) für die Zukunft geändert werde. Die streitgegenständliche Verfügung sei nicht auf das Monopol gestützt worden, sondern auf die fehlende Erlaubnis, das Verbot der Werbung im Internet und den Straftatbestand des § 284 StGB. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV gestützt, und zwar auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV und § 5 Abs. 3 GlüStV, wonach Werbung im Internet grundsätzlich verboten (mit Erlaubnisvorbehalt) sowie Werbung für unerlaubtes Glücksspiel verboten sei. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Der beworbene Anbieter verfüge über keine Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel. Darüber hinaus sei das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV. Der beworbene Veranstalter biete unzulässigerweise auch Live- und Ereigniswetten, die gemäß § 21 Abs. 4 GlüStV nicht genehmigungsfähig seien, und nicht erlaubnisfähige Casinospiele an (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Er - der Beklagte - sei nicht verpflichtet, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Es bestehe auch kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
29Die zulässige Berufung der Klägerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
30Die Klägerin hat ihr Klagebegehren umgestellt. Sie verfolgt ihren in erster Instanz gestellten Anfechtungsantrag nicht weiter, die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2004 mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben. Sie begehrt im Wege der Klageänderung im Berufungsverfahren die Feststellung, dass die Untersagungsverfügung zu unterschiedlichen Zeitpunkten rechtswidrig war. Mit Wirkung ex nunc begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheids vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007.
31Die Klage ist mit den gestellten Feststellungsanträgen zulässig, jedoch nur teilweise begründet (A.). Die Klage auf Aufhebung der Verfügung vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007, mit der der Klägerin untersagt worden ist, im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten zu werben, ist zulässig, jedoch nicht begründet. Mit Wirkung ex nunc ist die Untersagungsverfügung rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (B.).
32A. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass der Bescheid der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 und vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig war, ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.
33I. Die Klägerin kann ihren Anfechtungsantrag im Hinblick auf den bereits abgelaufenen Zeitraum - teilweise - auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umstellen. Hierin liegt keine (unzulässige) Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO. Eine Klageänderung liegt nur dann vor, wenn der Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens nachträglich durch eine Erklärung des Klägers gegenüber dem Gericht geändert wird.
34Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 19. Auflage 2013, § 91, Rn. 2; Schmid, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 3 Auflage 2010, § 91 Rn. 5 ff.
35Eine Änderung des Streitgegenstands liegt nicht vor. Der in der Vergangenheit liegende Zeitraum ist bereits Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage gewesen, soweit mit dieser die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) (GlüStV a. F.) am 1. Januar 2008 zur gerichtlichen Überprüfung gestellt wurde. Die Zeit davor, d.h. die Zeit seit dem Erlass des Verwaltungsakts im Jahre 2004 bis zum Inkrafttreten des GlüStV a. F., für die die Untersagungsverfügung des Beklagten ebenfalls Geltung beansprucht hat, hat die Klägerin zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens gemacht (damaliger Klageantrag zu 2.), über das das Verwaltungsgericht nach Abtrennung gesondert entschieden hat (6 K 6508/11).
36Hinsichtlich der beantragten Zeiträume ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Das ist der Fall, wenn das ursprüngliche Anfechtungsbegehren zulässig war, sich dieses Begehren während des Rechtsstreits erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Juni 2000 - 10 A 696/96 -, juris.
38Diese Voraussetzungen liegen vor.
39Das zulässige Anfechtungsbegehren der Klägerin hat sich erledigt. Soweit sich die Untersagung für die bereits abgelaufenen Zeiträume - fortlaufend - erledigt hat, ist die Klägerin durch die Untersagungsverfügung nicht mehr beschwert. Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 12.12 -, juris.
41Das ist hier nicht der Fall, weil die Untersagungsverfügung nicht die Rechtsgrundlage für eine noch rückgängig zu machende Vollstreckung des Beklagten bildet. Das in der Untersagungsverfügung des Beklagten angedrohte Zwangsgeld ist nicht festgesetzt worden.
42Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Untersagung in der Vergangenheit rechtswidrig gewesen ist. Diese Feststellung ist geeignet, einen Schadensersatzprozess zu erleichtern und zu fördern, den die Klägerin im Falle einer rechtswidrigen Untersagung ihrer Werbung gegen den Beklagten anhängig machen kann. Das Präjudizinteresse ist zu bejahen, wenn die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen in einem Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 26.
44Ein finanzieller Schaden kommt hier in Betracht, weil die Klägerin der Untersagungsanordnung in der Vergangenheit - zumindest zeitweise - nachgekommen ist und ihr in dieser Zeit Werbeeinnahmen der beworbenen Wettveranstalter entgangen sind, die sie beabsichtigt, im Rahmen eines Haftungsprozesses gegen den Beklagten geltend zu machen.
45Das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b Ordnungsbehördengesetz NRW (OBG NRW) ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen. Ob die landesrechtliche Anspruchsnorm nur die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe betrifft und eine Entschädigung wegen legislativen Unrechts einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) davon ausnimmt, ist nicht hinreichend klar und muss gegebenenfalls in einem zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Der Erfolg einer darauf gestützten Staatshaftungsklage ist jedenfalls deshalb nicht offensichtlich ausgeschlossen.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 29.
47Ein Ersatzanspruch gemäß § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NRW scheidet zudem nicht offensichtlich deshalb aus, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend zu machenden Schaden wäre. Die für die Haftungsansprüche entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten sind nicht dergestalt offensichtlich auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen, dass die Ursächlichkeit zu verneinen ist, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, Rn. 30.
49II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist teilweise begründet. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 rechtswidrig (1.). In der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 ist die Untersagung hingegen rechtmäßig gewesen, so dass die begehrte Feststellung nicht getroffen werden kann (2.).
501. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die glücksspielrechtliche Untersagung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Rechtslage zu messen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 ‑, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
52a) Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist formell rechtmäßig ergangen.
53aa) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - Glücksspielstaatsvertrag AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
54Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielwerbung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin lediglich verlangt worden ist, die Werbung in Nordrhein-Westfalen einzustellen. Eine entsprechende räumliche Beschränkung der Untersagung lässt sich hinreichend deutlich aus der Begründung des Bescheids entnehmen, wonach es u.a. heißt, dass sich die Zuständigkeit des Beklagten auf Nordrhein-Westfalen beschränkt.
55b) Die Untersagungsverfügung genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW - VwVfG NRW -). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
56Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris, und vom 20. April 2005
57- 4 C 18.03 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar 14. Auflage 2013, § 37 Rn. 12.
58Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungsätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
59Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
60Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
61Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
62Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors verfügte Untersagung. Der Verfügung lässt sich nach ihrem Gesamtinhalt und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte sowie der auch der Klägerin bekannten Umstände, die die Klägerin zum Erlass der Untersagung veranlasst haben, mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass ausschließlich die Werbung für private Glücksspielangebote - hier in der Form von Sportwetten - untersagt worden ist.
63Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2006 - 13 B 1796/06 -, juris.
64b) Das Werbeverbot in Ziffer 1 des Bescheids war in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 materiell rechtswidrig.
65Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, das unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
66aa) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor. Die Klägerin hat zum einen gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, weil sie im Internet für öffentliches Glücksspiel geworben hat (1). Zum anderen hat sie für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben, was nach § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verboten ist (2).
67Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen unionsrechtswidrig war,
68vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
69lässt den Bestand und die Gültigkeit des Verbots der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet ebenso wie des Verbots der Werbung für unerlaubte Glücksspiele unberührt. Denn diese sind nicht „monopolakzessorisch“. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet
70nur eine bestimmte Art und Weise des Werbens. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. knüpft an den Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. an, der seinerseits unabhängig von Gültigkeit und Bestand des Sportwettenmonopols anwendbar, mit dem Verfassungsrecht vereinbar und unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
71Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 ‑, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; OVG NRW, Urteile vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. November 2011 - 6 S 2577/10 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
72(1) Die Klägerin hat gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen. Sie hat unter der Domain www. … .org (auch) in Nordrhein-Westfalen für Sportwetten und damit für Glücksspiel i. S. v. § 3 Abs. 1 GlüStV a. F. geworben, in dem sie auf ihrer Webseite auf das (auch) in Nordrhein-Westfalen abrufbare Glücksspielangebot der Firmen e. K. und J. Ltd. hingewiesen hat. Die auf der Internetseite der Klägerin platzierten Banner für die Firmen e. K. und J. Ltd. stellten Werbung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV a. F. dar. Mit der Darstellung der markanten Schriftzüge der Wettanbieter sollte zur entgeltpflichtigen Teilnahme an deren Glücksspielangeboten aufgefordert werden, zumal die Hinweise mit dem Zusatz „Hier wetten!“ versehen und mit der jeweiligen Internetseite des Wettanbieters verlinkt waren.
73Das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist anwendbar. Es ist mit dem nationalen Verfassungsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen Unionsrecht.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, im Nachgang BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30. September 2013 - 1 BvR 3196/11 -, juris; OVG des Saarlandes, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
75Die mit dem Internetwerbeverbot verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) ist gerechtfertigt. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber unionsrechtlich legitime Ziele des Gemeinwohls. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. dient der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, m. w. N.
77Das Internetwerbeverbot genügt auch dem Kohärenzgebot. Durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses sind Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nur gerechtfertigt, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung der zu ihrer Rechtfertigung angeführten Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie tatsächlich zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beitragen. Der Mitgliedstaat muss zum einen die Gemeinwohlziele, denen die die Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wirklichkeit andere Ziele - namentlich solcher finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten. Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen. Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird.
78Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris, und - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris, m. w. N.
79Diesen Anforderungen genügt das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben. Mit dem Werbeverbot und dessen Anwendung - etwa gegenüber der Klägerin - werden die angeführten Gemeinwohlziele tatsächlich verfolgt. Die Erreichbarkeit dieser Ziele wird auch nicht durch andere Regelungen oder deren tatsächliche Handhabung in anderen Glücksspielbereichen konterkariert.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris m. w. N.
81Hiervon ausgehend führt die von der Klägerin gerügte unterbliebene oder unzureichende Durchsetzung des Internetwerbeverbots gegenüber dem deutschen Lotto- und Toto-Block und sämtlichen Landeslottogesellschaften im Sinne eines strukturellen Vollzugsdefizits nicht zur Inkohärenz des gesetzlichen Verbots.
82So aber Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
83Sie stellt nur seine einheitliche und diskriminierungsfreie Anwendung und damit die Rechtmäßigkeit der Durchsetzung im Einzelfall in Frage. Durch die inkonsequente oder fehlende Durchsetzung einer Verbotsnorm wird ihre Eignung zur Zielerreichung nicht aufgehoben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie - wie hier - klar gefasst und ein strukturelles Vollzugsdefizit nicht in ihr selbst angelegt ist.
84(2) Desweiteren hat die Klägerin gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. verstoßen, indem sie im Internet für unerlaubte öffentliche Glücksspiele geworben hat. Bei den auf den Internetseiten www. … .de und www. … .de abrufbaren Sportwetten, für die die Klägerin geworben hat bzw. für die sie die Werbung (wieder) aufnehmen wollte, handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren - soweit sie im Internet veranstaltet wurden - auch unerlaubt, da die Firmen nicht über die für die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet erforderliche Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde verfügten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F.). Eine etwaige maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
85Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 (Biasci u.a.) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
86Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
87Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.09 -, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
88bb) Die Verstöße gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. und § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. rechtfertigten die Untersagung des Beklagten nicht. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eingeräumte Ermessen war nicht dahingehend reduziert, dass zwingend die Untersagung der Internetwerbung der Klägerin hätte verfügt werden müssen (1). Die Untersagung war wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ermessensfehlerhaft (2). Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt (3).
89(1) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin nicht auf die verfügte Untersagung reduziert.
90Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich nicht aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), der die Werbung für unerlaubtes Glücksspiel unter Strafe stellt. Der Verstoß gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. ist nicht strafbewehrt. Hinsichtlich des Verstoßes gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. führte § 284 Abs. 4 StGB ebenfalls nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null. Aus dem Straftatbestand des unerlaubten Glücksspiels ergab sich eine Ermessensreduzierung nur dann, wenn dem Wettanbieter das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden konnte. Das setzt voraus, dass ihm die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon wegen des Erlaubnisvorbehalts, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden. Diese Voraussetzung war in Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren nicht für Private geöffnet wurde.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
92Hiervon ausgehend konnte den von der Klägerin beworbenen Wettanbietern das Fehlen einer Erlaubnis nur insoweit entgegengehalten werden, als sie im Internet Sportwetten veranstalteten. Insoweit fehlte es wegen des verfassungs- und unionsrechtskonformen, nicht monopolakzessorischen Veranstaltungsverbots im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F.,
93vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2014 - 13 A 2018/11 -,
94an der materiellen Erlaubnisfähigkeit. Wegen des akzessorischen Werbeverbots durfte die Klägerin für das im Internet veranstaltete Glücksspiel auch nicht werben und die Aufsichtsbehörde ihr dies untersagen. Dies hat sie jedoch nicht getan, sondern ein umfassendes Werbeverbot ausgesprochen. Das Werbeverbot des Beklagten umfasste nicht nur im Internet veranstaltete Sportwetten, sondern auch das terrestrische Glücksspielangebot der Werbepartner der Klägerin. Die untersagte Werbung differenzierte auch nicht nach dem Vertriebsweg, auf den die Klägerin zudem keinerlei Einfluss hat. Insoweit durfte das Fehlen einer Erlaubnis des beworbenen Veranstalters auch der Klägerin nicht entgegengehalten werden.
95bb) Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist ermessensfehlerhaft ergangen.
96Die Untersagung, für unerlaubtes Glücksspiel in Form von nicht nach dem nordrhein-westfälischen Recht genehmigte Sportwetten zu werben (vgl. § 5 Abs. 4 GlüStV a. F.), hat der Beklagte mit der fehlenden Erlaubnisfähigkeit des beworbenen Sportwettenangebots wegen des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen begründet. Dieses war aber unionsrechtswidrig,
97vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12.-, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
98so dass die fehlende Erlaubnis dem Veranstalter allein aus diesem Grund nicht entgegengehalten werden durfte.
99Zur Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. hat die Untersagung die gesetzlichen Grenzen des dem Beklagten eingeräumten Ermessens (§ 114 Satz 1 VwGO) überschritten, weil sie mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar gewesen ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
100Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106/91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
101Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
102Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
103Hiergegen hat der Beklagte verstoßen. Er hat Private benachteiligt, indem er ihnen gegenüber jegliche Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel untersagt hat, während er bei Verstößen des Deutschen Lotto- und Totoblocks, der Landeslottogesellschaften und der Spielbanken gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. nicht eingeschritten ist. Diese haben im Internet systematisch gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen (a), ohne dass die zuständigen Aufsichtsbehörden hiergegen konsequent vorgegangen sind (b). Sachliche Gründe, die allein ein Einschreiten gegenüber den privaten Betreibern von Internetseiten rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich (c).
104(a) Sämtliche staatlichen Glücksspielanbieter haben in der Vergangenheit Internetseiten betrieben, die Werbung für öffentliches Glücksspiel beinhalteten. Damit haben sie regelmäßig gegen § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. verstoßen, wonach Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet - ausnahmslos - verboten ist. Dabei geht der Gesetzgeber in Anlehnung an Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung (Abl. Nr. L 250 S. 17) und an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02 -, juris) von einem Werbebegriff aus, der „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern“, umfasst.
105Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13 - 15.09 -, juris, Begründung zu § 5 Glücksspielstaatsvertrag, Baden-Württemberg, LT-Drs.14/1930, S. 36; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 5 GlüStV Rn. 33.
106Ob damit vom Begriff der (unzulässigen) Werbung auch die - rein sachliche - Information und Aufklärung über das Glücksspiel umfasst ist, ist nicht entscheidungserheblich. § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. könnte nach seinem Wortlaut jegliche Werbung - auch die nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige - untersagen, wofür sich auch die Systematik des § 5 GlüStV a. F. anführen ließe.
107vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2011- 6 S 2577/10 -, juris.
108Selbst wenn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. (nur) die an sich gemäß § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. zulässige Werbung im Internet untersagen sollte, hat der Beklagte in der Vergangenheit dieses Verbot nicht konsequent gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern durchgesetzt, die systematisch unzulässige Werbung im Internet betrieben haben. Hierzu hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, Rn. 55 – 57, bereits ausgeführt:
109„Ein aus der Sicht des durchschnittlichen Empfängers zur Teilnahme motivierender, optisch hervorgehobener Hinweis auf die Höhe der jeweiligen Jackpots findet sich auch auf der Internet-Startseite des Deutschen Lotto- und Totoblocks (www.lotto.de). Hiermit wird zugleich gegen das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV verstoßen.
110Die Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung eines Teils der Wetteinsätze, etwa in den "Lotto-Hilft"-Kampagnen, gehen ebenfalls regelmäßig deutlich über eine Kanalisierung vorhandener Wettleidenschaften hinaus. Sie stellen unzulässige Imagewerbung dar. Beispielhaft sei die Werbung von Lotto Hessen genannt, das - ebenfalls unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GlüStV - auf seiner Internetseite (www.lotto-hessen.de/c/lottohelps) mit dem Slogan wirbt: "Lotto hilft Hessen. Sie unterstützen unser Land." Damit wird die Teilnahme am Glücksspiel zum wünschenswerten Verhalten aufgewertet, das im Allgemeininteresse liegt; so lautet auch ein Satz im weiteren Text: "Sie haben also nicht nur die Chance auf Gewinne, sondern leisten konkrete Hilfe." Ferner belegt solche Werbung, dass die Beschaffung von Finanzmitteln für soziale Tätigkeiten nicht bloße Nebenfolge, sondern ein - die Beeinträchtigung der Grundfreiheiten nicht rechtfertigender - Grund der restriktiven Politik ist. Auch auf den Internetseiten anderer Landeslotteriegesellschaften findet sich unzulässige Imagewerbung. Westlotto stellt mit dem Werbeslogan "Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann." (www.westlotto.com/de/main/frderung/foerderung_1.html) das Glücksspiel als positiv zu beurteilendes, sozial verantwortliches Handeln dar. Gleiches gilt für die Werbung von Lotto Bremen: "Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut" bzw. "40 Jahre Glücksspirale, 40 Jahre gute Taten", die zudem noch mit der Ankündigung einer Jubiläums-Sonderauslosung verknüpft wird (www.lotto-bremen.de/newsdetail.php?id=96). Auch Lotto Niedersachsen verleiht dem Glücksspiel ein positives Image, weckt Sympathien für das Wetten und verknüpft dies noch mit Anreizen zum Mitspielen, indem Glücksphantasien hervorgerufen werden. "Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden. Neben den vielen glücklichen Gewinnern und Millionären, die Lotto Niedersachsen jedes Jahr "macht", ist ein großer Teil der erwirtschafteten Gelder zweckgebunden für den Sport, die allgemeine Förderung wohlfahrtspflegerischer Aufgaben, zur Förderung im Bereich Kunst und Kultur sowie für den Umweltschutz und andere Zwecke des Gemeinwohls verwendet worden." An detaillierte Ausführungen zur gemeinnützigen Verwendung der Erlöse schließen sich Angaben zur Zahl der Lotto-Spieler, zur Hoffnung auf Millionengewinne und auch darüber an, dass "im vergangenen Jahr acht Mitspieler durch die Produkte von Lotto Niedersachen zu Millionären" wurden (www.lotto-niedersachsen.de/s/managed_html/100335/index.html).
111Die zum Zwecke der weiteren Verbreitung vielfach herausgegebenen Pressemitteilungen der Monopolträger über glückliche Millionäre sind aus Sicht eines durchschnittlichen Empfängers der Botschaft ebenfalls als Motivierung zum Wetten zu verstehen, zumal wenn sie mit der Angabe des vergleichsweise geringen Spieleinsatzes des "Glückspilzes" verbunden sind. Beispielhaft sei eine Mitteilung von Lotto Mecklenburg-Vorpommern angeführt: "Neuer Lotto Millionär im Land. Nordwestmecklenburger gewinnt über 2,37 Mio. Euro. ... Bundesweit war der Glückspilz der einzige Spielteilnehmer, der alle sieben Endziffern richtig hatte. .. Sein Einsatz waren 26 Euro... Mit ihm haben wir den 39. Lotto-Millionär im Land zu verzeichnen." (www.lottomv.de; Pressemitteilung vom 22. September 2011). Auch Lotto Sachsen-Anhalt beschränkt sich nicht auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten, wenn es in einer Pressemitteilung fragt: "Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?" und seine Ausführungen zu Gewinnen in den vergangenen 20 Jahren mit Hinweisen auf die Finanzierung gemeinnütziger Vorhaben in Höhe von 152 Millionen Euro beschließt (www.lottosachsenanhalt.de/s/managed_html/2174/index.html, Pressemitteilung vom 12. September 2011).“
112Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris.
113Dies deckt sich mit den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen über die Werbepraxis der staatlichen Monopolträger, die insgesamt in den Blick zu nehmen ist. Die staatlichen Landeslotterieunternehmen verfolgten eine sogenannteDachmarkenstrategie, die die Vermarktung der Dachmarke Lotto in den Mittelpunkt der Werbeaktivitäten stellte. Mit der Verwendung dieser Dachmarke wurde letztlich für alle vom Deutschen Lotto- und Totoblock vertriebenen Produkte geworben.
114Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10, 12 und 17.12 -, juris.
115Danach wiesen im Jahre 2011 gefertigte Internetauszüge der Landeslottogesellschaften zahlreiche Werbeslogans und Werbeaussagen auf: „Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann“ (Westlotto), „Sie unterstützen unser Land“ (Lotto Hessen), „Lotto Niedersachsen ist ein Gewinn für alle: für das Land, für den Sport, Soziales und Gemeinwohl, für unsere Senioren, für die Kultur, für unsere Kunden.“ (Lotto Niedersachsen), „Der Lotto-Jackpot ist auch in der neunten Ziehung in Folge nicht geknackt worden und steht am Samstag bei rund 20 Millionen - das ist der zweithöchste Betrag in diesem Jahr.“ (Lotto Rheinland-Pfalz), „Kommt der 80. Lottomillionär noch im Jubiläumsmonat?“ (Lotto Sachsen-Anhalt) und „Lotto Bremen informiert: 40 Jahre Glücksspirale - Die Lotterie die Gutes tut“ (Lotto Bremen). In allen Fällen handelte es sich um eindeutige Werbebotschaften, die darauf abzielten, die Teilnahme an dem jeweiligen Glücksspiel zu fördern. Lotto-Links fanden sich zudem als Werbebanner auf zahlreichen fremden Informationsportalen.
116Hierbei hat es sich um keine Einzelfälle gehandelt. Vielmehr wurde der Vertriebsweg Internet gezielt von den staatlichen Glücksspielanbietern für ihre Werbung genutzt, um neue Spielinteressenten zu gewinnen. Lassen sich diese Feststellungen zu unzulässiger Werbung für das Jahr 2011 treffen, gilt dies erst recht für den Zeitraum vor Ergehen der Urteile des EuGH vom 8. September 2010 und des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010, in dem die Werbepraxis eher noch intensiver war.
117Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. September 2011 - 4 A 17/08 -, juris.
118Dass sich diese Werbepraxis im Internet danach im Jahr 2012 grundlegend geändert hat, ist nicht erkennbar. Die bisher einschlägigen Werberichtlinien galten auch in dieser Zeit fort und sind erst durch die Werberichtlinie gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 GlüStV vom 7. Dezember 2012 abgelöst worden, die daher den hier streitgegenständlichen Zeitraum (bis zum 30. November 2012) nicht betrifft. Die vom Beklagten angeführten Maßnahmen im Jahr 2012 hatten nur punktuelle Auswirkungen auf einzelne Werbeaussagen der Landeslottogesellschaft im Internet, führten aber nicht zur Beendigung der Werbung im Internet.
119(b) Die Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot sind von den Aufsichtsbehörden nicht systematisch unterbunden worden.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. November 2011 - 13 B 1135/11 -, juris.
121Soweit der Beklagte darauf verweist, dass in der Vergangenheit die Einhaltung der rechtlichen Regelungen auf kooperativem Wege oder Erlasswege bei den staatlichen Glücksspielanbietern erreicht worden sei, widerspricht dies den tatsächlichen Feststellungen des Senats. Die insoweit vom Beklagten vorgelegten Schreiben belegen an keiner Stelle, dass in der Vergangenheit ein konkreter Internetwerbeauftritt eines Anbieters beanstandet und auf eine Intervention des Beklagten hin geändert worden ist. Soweit auf die Vorgaben der Rechtsprechung zur Werbung für Glücksspiel hingewiesen wurde (vgl. Schreiben des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. Oktober 2010), wurden die Glücksspielanbieter damit lediglich gebeten, die Vorgaben des EuGH zu beachten und ihr Werbekonzept und ihre Werbung entsprechend anzupassen. Weiter heißt es dort: „Denken Sie hierbei auch an (Image-) Werbung im Internet, in der Kundenzeitschrift oder sonstigen Werbeaussagen im öffentlichen Raum.“ Eine Denkhilfe ist aber keine staatliche Aufsicht. Dass die werberechtlichen Verstöße aufsichtsbehördliche Konsequenzen nach sich gezogen hätten, ist an keiner Stelle erkennbar. Ansonsten hätten die zahlreichen, bereits aufgeführten Verstöße gegen das Internetwerbeverbot nicht über Jahre stattgefunden.
122Selbst nach der erfolgten Präzisierung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Monopolwerbung durch die Entscheidungen des EuGH vom 8. September 2010 und den daran anknüpfenden Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. November 2010, wonach es fehlerhaft war, nur den gezielten Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel für rechtswidrig zu halten, statt auf den objektiven Aussagegehalt abzustellen,
123vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 15.09 -,
124fand dies keinen Niederschlag in den Werberichtlinien der Glücksspielaufsicht der Länder, die eine Imagewerbung für zulässig hielten (unter 5.2.1d der Werberichtlinien, Stand 23. Mai 2011) und lediglich die „gezielte“ Aufforderung, Anreizung oder Ermunterung zur Teilnahme am Glücksspiel für unzulässig erklärten.
125Bereits mit Beschlüssen vom 5. November 2009 - 13 B 724/09 und 13 B 829/09 - hatte der Senat gegenüber dem Beklagten angemahnt, auch gegen die unzulässige Internetwerbung von Westlotto einzuschreiten. Dem ist die Bezirksregierung E. nicht gefolgt. Auf der Internet-Startseite der Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG - X. - (www.westlotto.de) wurde im Jahre 2011unter den optisch mittels farblicher Unterlegung hervorgehobenen Überschriften „Jackpot am Samstag“ und „Jackpot Spiel 77“ auf die Höhe der aktuellen Jackpots beim Lotto „6 aus 49“ und beim „Spiel 77“ hingewiesen. Hiermit wurde regelmäßig nicht nur gegen das Internetwerbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV a. F., sondern auch gegen die Regelungen in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV a. F. verstoßen. Denn ein durchschnittlicher Betrachter der Internetseite wird durch den Hinweis auf einen bei der nächsten Ziehung möglichen (Millionen-)Gewinn zur Teilnahme am Spiel motiviert.
126Auch die punktuellen Maßnahmen im Jahr 2012 ließen eine am (generellen) Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. orientierte Unterbindung der Internetwerbung nicht erkennen.
127Das aufgezeigte Vollzugsdefizit im Bereich der Internetwerbung im Lotteriebereich wirkte sich auf einen erheblichen Teil des gesamten Glücksspielmarktes aus. In den Jahren 2008 und 2009 betrug der Anteil des Lotto- und Totoblocks am gesamten Glücksspielmarkt mit einem Umsatz von 7 Millionen Euro annähernd 30 %, der zwar in den Jahren 2010 und 2011 auf knapp 21 % zurückging, damit aber immer noch einen Anteil von 1/5 am Markt hielt.
128Vgl. www.dhs.de/datenfakten/gluecksspiel.html
129(c) Sachliche Gründe, die es rechtfertigen könnten, gegen die erheblichen Verstöße der staatlichen Glücksspielanbieter gegen das Internetwerbeverbot nicht einzuschreiten, während den privaten Betreibern von Internetwerbung die Werbung vollständig untersagt wurde, sind nicht ersichtlich und hat der Beklagte auch nicht vorgetragen.
130Hierzu auch Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
131Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bei der Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. folgt insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der E. Lotto- und Totoblock, die Landeslottogesellschaften und die Spielbanken - im Gegensatz zu den privaten Anbietern - für erlaubtes terrestrisches Glücksspiel geworben haben. Hierauf kommt es bei einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots nicht an. Denn § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. stellt - anders als § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. - bei dem Verbot der Werbung auf den Vertriebsweg Internet, nicht aber darauf ab, ob das beworbene Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt ist.
132(3) Den Ermessensfehler hat der Beklagte nicht geheilt. Es fehlt bereits an Erwägungen des Beklagten, die die ungleiche Durchsetzung des Internetwerbeverbots in § 5 Abs. 3 GlüStV a. F. gegenüber den privaten Anbietern in der Vergangenheit rechtfertigen könnten. Er bestreitet weiterhin ein strukturelles Vollzugsdefizit gegenüber den staatlichen Glücksspielanbietern, das aber - wie aufgezeigt - bestanden hat. Ob sich die Vollzugspraxis auf der Grundlage der neuen Werberichtlinien geändert hat, kann dahinstehen. Die neuen Werberichtlinien stammen erst vom 7. Dezember 2012 und betreffen daher nicht den hier streitgegenständlichen Zeitraum. Dasselbe gilt im Hinblick auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 4 GlüStV a. F. Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Januar 2014 ausdrücklich erklärt hat, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV zu stützen, handelt es sich um eine Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage, nicht aber um eine Ergänzung der Ermessenserwägungen für zurückliegende Zeiträume, was die Klägerin auch in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigen dürfte, weil die Untersagung in der Vergangenheit mit dem Sportwettenmonopol begründet worden ist.
133Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 47.12 -, juris.
1342. Die Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 rechtmäßig gewesen.
135Für diesen Zeitraum beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt nach § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1361. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. lagen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Werbung für öffentliches Glücksspiel ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. im Internet verboten. Außerdem ist gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. Werbung für unerlaubte Glücksspiele verboten.
137Die Klägerin hat mit ihrer Werbung gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. verstoßen. Es handelte sich bei den auf der Internetseite der Klägerin geschalteten Bannern für die Glücksspielangebote der Firmen C. e.K. oder D. um Werbung. Die Banner beinhalteten den markanten Schriftzug der Unternehmen, den diese als ihre Werbeauftritte benutzten. Damit sollte zur Teilnahme an dessen Glücksspielangebot aufgefordert werden, die durch eine direkte Verlinkung mit der jeweiligen Internetseite des Veranstalters vereinfacht wurde. Bei den von der Klägerin im Internet beworbenen Sportwetten hat es sich auch um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F. gehandelt, da für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Über eine Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV n. F., im Internet für Glücksspiel werben zu dürfen, verfügte die Klägerin nicht.
138Die Klägerin hat zudem für unerlaubte Glücksspiele in Form von Sportwetten i. S. v. § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. geworben, weil die beworbenen Glücksspielanbieter (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten in Nordrhein-Westfalen verfügten. Die dem beworbenen Veranstalter C. aufgrund des Gewerbegesetzes der Deutschen Demokratischen Republik vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen ebenso wenig wie gegebenenfalls durch ausländische Lotterie- und Glücksspielbehörden erteilte Lizenzen. Dass der Firma D. Genehmigungen nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein vom 20. Oktober 2011 (GlSpielG SH) für Sportwetten und Casinospiele durch das Innenministerium Schleswig-Holstein erteilt worden sind, berechtigte diese Firma nicht, in Nordrhein-Westfalen Sportwetten im Internet zu veranstalten.
139Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, sowie den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten.
140Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 (Stanleybet u.a.) -, juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gambelli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) ‑, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 - 3 M 244/13 -, juris.
141Dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 nach dem GlSpielG SH Genehmigungen für Sportwetten und Casinospiele erteilt worden sind, die trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des GlSpielG SH für sechs Jahre weitergelten, führt nicht zur unionsrechtlichen Inkohärenz des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. Auch das GlSpielG SH sah eine Genehmigungspflicht vor (vgl. § 4 Abs. 1 GlSpielG SH) und ging nicht davon aus, dass öffentliche Glücksspiele erlaubnisfrei sein sollten.
142b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend die Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten untersagt werden musste.
143Eine Ermessensreduzierung auf Null ergab sich aus § 284 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin für unerlaubtes öffentliches Glücksspiel in der Form von Sportwetten (im Internet) geworben und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht hat. Dieser Umstand verengte den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis für das Glücksspielangebot ihres Werbepartners auch entgegengehalten werden konnte.
144Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; und - 8 C 39.12 -, juris.
145Hinsichtlich des Angebots von Sportwetten konnte dem Veranstalter und damit in Folge auch der Klägerin, die hierfür unerlaubt geworben hat, die fehlende Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
146Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, m. w. N.
147Über eine Sportwettenkonzession verfügten die beworbenen Veranstalter nicht, was ihnen - und damit auch der Klägerin - auch entgegengehalten werden konnte. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nach dem GlüStV n. F. nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden.
148Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
149Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
150Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
151Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 - C (2011) 5319 - und vom 20. März 2012 - 2011/0188/D - zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrag.
152Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
153Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
154Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
155Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV, Rn. 8.
156Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
157Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
158Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
159Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
160Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
161Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
162Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
163Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
164Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
165Der Erlass einer auf § 5 Abs. 5 GlüStV n. F., § 284 Abs. 4 StGB und damit auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis der Veranstalter gestützten Untersagungsverfügung schied auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben war oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden konnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden musste.
166Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
167Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Veranstalter für deren Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar gewesen, was auch der Klägerin entgegenzuhalten war. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Wettanbieter die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllen, weil die Veranstalter im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anboten. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit konnte die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass verschiedene Sportwettenanbieter dort die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht und/oder eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinespielen bzw. Onlinewetten durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres Internetangebots in Nordrhein-Westfalen im hier maßgeblichen Zeitraum. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen gewesen wäre, hätte der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden können. Es war völlig ungewiss, ob der einzelne Bewerber eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist. Eine solche zahlenmäßige Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zu beanstanden. Danach steht es einem Mitgliedstaat, der das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, u. a. grundsätzlich frei, eine Erlaubnisregelung zu schaffen und dabei Beschränkungen auf die Zahl der Veranstalter festzulegen.
168Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 – Rs. C212/08 (Zeturf), juris, und vom 8. September 2010 – Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
169c) Der Beklagte hat mit der Untersagungsverfügung von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Werbung im Internet für unerlaubtes Glücksspiel in Form von Sportwetten untersagt. Die Untersagung konnte tatsächlich umgesetzt werden. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kam hierfür das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite in Betracht. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
170Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , a. a. O. unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
171Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um ihren Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%-iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
172Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑10 CS 08.2399 -, juris.
173Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es ohnehin nicht an. Der Beklagte kann nur das verlangen, was durch eine Lokalisierung nach dem Stand der Technik sichergestellt wird.
174Soweit beworbene Glücksspielanbieter Genehmigungen für Onlineglücksspiel des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein erhalten haben, konnte die Klägerin die Geolokalisation - wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch war. Soweit Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestanden, wären hiervon Nutzer aus Schleswig-Holstein nicht betroffen gewesen, so dass eine Sperrung einer dort an sich zulässigen Werbung aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen war.
175Dass die Klägerin die räumliche Beschränkung der Werbung im Internet technisch nur mit erheblichem Kontroll- und Kostenaufwand beherrschen können will, verpflichtete den Beklagten nicht dazu, von einer Durchsetzung des in § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. verbindlich vorgegebenen und strafrechtlich nach § 284 Abs. 4 StGB sanktionierten Werbeverbots abzusehen. Es liegt vielmehr allein im Verantwortungsbereich der Klägerin als Werberin für Internetglücksspiel, dass die fraglichen Inhalte (allein) in Nordrhein-Westfalen nicht mehr erreichbar sind.
176Trägt der Verstoß der Klägerin gegen § 5 Abs. 5 GlüStV n. F. damit bereits die Untersagung des Beklagten, kommt es auf den Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV n. F. und dort insbesondere auf die Frage der Werbepraxis der staatlichen bzw. staatlich konzessionierten Glücksspielanbieter im Rahmen einer einheitlichen Durchsetzung des Internetwerbeverbots durch den Beklagten in der Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 nicht mehr an.
177B. Die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 10. Dezember 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2007 ist rechtmäßig, soweit sie Regelungswirkung ex nunc beansprucht.
178Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV, GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
179Dass die Untersagungsverfügung auf der Grundlage des GlüStV n. F. rechtmäßig ist, ist bereits im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ‑ soweit diese die Zeit vom 1. Dezember 2012 bis zum 24. Februar 2014 betrifft - ausgeführt worden. Hierauf wird verwiesen.
180Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung in der Untersagungsverfügung vom 10. Dezember 2004 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
181Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
182Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
183Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage die Rechtmäßigkeit der Bescheide seit dem 1. Dezember 2012 betrifft. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Veranstaltung von Glücksspielen im Internet.
2Die Klägerin bietet unter der Domain www. … .com entgeltliche Sportwetten, Casino- und Pokerspiele an. Sie hat ihren Sitz auf Malta und verfügt über eine Lizenz der maltesischen Lotterie- und Glücksspielbehörde zur Veranstaltung von Online-Spielen. Bei Aufruf von www. … .com aus Deutschland erscheint die Seite in deutscher Sprache und mit deutscher Flagge.
3Die Bezirksregierung E. hörte die Klägerin unter dem 10. Januar 2008 zum Erlass einer Untersagungsverfügung hinsichtlich der Veranstaltung und Vermittlung von unerlaubtem Glücksspiel an. Mit Schreiben vom 3. Februar 2008 nahm die Klägerin hierzu Stellung.
4Unter dem 3. Juni 2008 erließ die Bezirksregierung E. gegenüber der Klägerin eine - mit einfacher Post übersandte - Untersagungsanordnung mit folgendem Inhalt:
5„1. Das Angebot auf den von Ihnen betriebenen Internetauftritten, insbesondere www. … .com ist so einzuschränken, dass die von Ihnen angebotenen Glücksspiele nicht für Spieler im Bundesland Nordrhein-Westfalen veranstaltet werden.
6Dazu wird Ihnen aufgegeben,
7a) vor der Annahme von Glücksspielwünschen der Spieler diese zu befragen, ob der Aufenthaltsort zur Zeit der aktiven Spielteilnahme im Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt,
8b) die Annahme von Glücksspielwünschen zu verweigern, wenn der Spieler die Frage offensichtlich wahrheitswidrig verneint,
9c) Spieler von der Teilnahme an Glücksspielen auszuschließen und die Spieler-Registrierung zu löschen, sobald Ihnen nachträglich bekannt wird, dass der Spieler von NRW aus spielt.
10Zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben von Spielern mit dem „Standort NRW“
11d) sind mit Hilfe der technischen Methode der Geolokalisation nach dem Stand der Technik Spieler aus dem Bundesland NRW von der Teilnahme an Ihrem Glücksspielangebot auszuschließen.
12e) Soweit die Ergebnisse von a) und d) auseinanderfallen, ist entweder der Spieler vom Netz auszuschließen oder mit Hilfe der Handy- oder Festnetzortung der Standort des Spielers zu verifizieren. Nach Maßgabe des dann gefundenen Standortes ist über die Teilnahme des Spielers zu entscheiden.
132. Ihnen wird untersagt, unter Verstoß gegen Ziffer 1 abgeschlossene Verträge zu erfüllen, insbesondere an die Spielinteressenten bzw. Spieler aus NRW Gewinne auszuzahlen.
143. Ihnen wird aufgegeben, auf allen von Ihnen gehaltenen Internetseiten, insbesondere der Internetadresse www. … .com, in sämtlichen Rubriken über allgemeine und/oder besondere Geschäfts- und Teilnahmebedingungen gleich welcher Art einen wörtlichen oder sinngemäßen Hinweis („Disclaimer“) einzufügen, dass
15a) Ihnen die Vermittlung von Glücksspielen im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch ordnungsbehördliche Verfügung verboten wurde,
16b) Ihr Glücksspielangebot nicht für das Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt,
17c) die Teilnahme an Glücksspielen vom Bundesland Nordrhein-Westfalen aus unzulässig ist und entsprechende Aufträge von Spielinteressenten nicht ausgeführt werden,
18d) Sie Verträge nicht erfüllen und insbesondere keine Gewinnauszahlungen vornehmen dürfen, wenn der Spieler sein Angebot von einem Ort im Bundesland Nordrhein-Westfalen abgegeben hat.
194. Die Anordnungen zu Ziffern 1. bis 3. sind innerhalb von vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erfüllen.
205. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 4 wird hiermit ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 50.000 Euro (fünfzigtausend Euro) angedroht.
216. Für diese Untersagungsanordnung wird eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10.000 (zehntausend) Euro erhoben.“
22Zur Begründung führte die Bezirksregierung E. im Wesentlichen aus: Auf der genannten Internetseite würden öffentliche Glücksspiele in Form von Sportwetten veranstaltet. Dieses Angebot sei unzulässig, weil 1. ein Glücksspiel ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen für Spieler in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und 2. das Glücksspiel im Internet veranstaltet werde. Bei den Angeboten handele es sich um Glücksspiel, denn im Rahmen eines Spiels werde für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn hänge ganz oder überwiegend vom Zufall ab. Das Glücksspiel sei auch öffentlich, weil für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit bestehe. Öffentliche Glücksspiele dürften nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sei verboten (§ 4 Abs. 1 GlüStV). Insbesondere sei das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten, § 4 Abs. 4 GlüStV.
23Das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das zu sperrende Angebot verstoße sowohl gegen strafrechtliche Vorschriften (§ 284 StGB) als auch gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages, der das staatliche Glücksspielmonopol festschreibe, wonach das Veranstalten ohne Erlaubnis verboten sei. Die unter Ziffer 1 a) bis e) auferlegten Pflichten zur Feststellung des aktuellen Aufenthaltsorts, zur Annahmeverweigerung, zur Löschung der Spielerdaten und zum Spielerausschluss seien erforderlich, weil nach dem derzeitigen Stand der Technik anders ein Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen über das Internet mit Teilnehmern, die sich im Bundesland Nordrhein-Westfalen aufhielten, nicht erreicht werden könne. Die geforderte Geolokalisation weise einen Wirkungsgrad von 90 bis 99 % auf. Dies sichere eine Überprüfung ohne Beteiligung des Spielers. Da jedoch mit Fehlaussagen zu rechnen sei, sei im Bedarfsfall, also soweit die Aussage des Spielers und die Geolokalisation zu unterschiedlichen Standorten des Spielers gelangten, der Spieler auszuschließen oder zur Absicherung der Standortbestimmung die Handy- oder Festnetzortung erforderlich. Mit der Anordnung unter Ziffer 2 sollten Anreize, gegen die vorstehenden Anordnungen zu verstoßen, ausgeschlossen werden. Die Hinweispflicht gemäß Ziffer 3 solle gewährleisten, dass die Durchsetzung des geltenden Straf- und Ordnungsrechts auch nach außen erkennbar sei. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig. Die Geeignetheit ergebe sich schon daraus, dass nach der Untersagung mit Einstellung der Veranstaltung von unerlaubtem Glücksspiel der Straftatbestand nicht mehr erfüllt und der Rechtsordnung auch in Bezug auf das Glücksspielrecht Geltung verschafft werde. Die Maßnahme sei auch das mildeste Mittel, um illegales Glücksspiel zu unterbinden; andere mildere Mittel, die gleich geeignet seien, seien nicht ersichtlich. Die Untersagung stehe auch in keinem erkennbaren Missverhältnis zum erzielten Erfolg.
24Die Klägerin hat hiergegen am 11. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
25Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob die Bezirksregierung E. die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 auf.
26Mit Bescheid vom 22. Mai 2009 änderte die Bezirksregierung E. zudem Ziffer 6 ihres Bescheides vom 3. Juni 2008 dahingehend ab, dass eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300 Euro erhoben wurde.
27Einen vorläufigen Rechtsschutzantrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Mai 2009 (27 L 1147/08) ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 8. Dezember 2009 (13 B 819/09) zurück.
28Mit Schriftsätzen vom 17. und 30. Juni 2011 haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des über den Betrag von 300 Euro hinausgehenden Teils der ursprünglich festgesetzten Verwaltungsgebühr sowie der aufgehobenen Zwangsgeldandrohung in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
29Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage vorgetragen: Ihr sei die Untersagungsverfügung nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Der Bescheid sei mit normaler Post übermittelt worden, obschon dieser wegen der ursprünglich enthaltenen Zwangsgeldandrohung hätte zugestellt werden müssen. Dass die Bezirksregierung E. die Androhung später aufgehoben habe, könne den Zustellungsfehler nicht heilen, da jedenfalls zum Zeitpunkt des Eingriffs in die territoriale Integrität Maltas ein auf den gesamten Bescheid bezogener Zustellungswille der Bezirksregierung E. bestanden habe. Der maltesische Botschafter in Berlin habe in seinem Schreiben vom 7. Juli 2011 klargestellt, dass die Republik Malta keine verwaltungsrechtliche Auslandszustellung unmittelbar durch die Post toleriere. Eine Heilung nach § 8 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) scheide aus. Auf den völkerrechtlichen Verstoß könne sich die Klägerin auch berufen.
30Die Untersagung sei materiell rechtswidrig. Sie sei ermessensfehlerhaft. Als milderes Mittel hätten Auflagen zur Gestaltung des Internetauftritts ausgereicht. Eine vollständige Abschaltung des Internetauftritts sei unverhältnismäßig. Die Geolokalisation stelle kein geeignetes Mittel dar, um der Verbotsverfügung nachzukommen. Mit den derzeit allgemein verfügbaren technischen Mitteln der Geolokalisation sei es für den Betreiber einer Internetseite nicht möglich, die Angebote für Nutzer aus bestimmten Bundesländern oder auch für Nutzerzugriffe aus einem bestimmten Staat mit mehr als 90%iger Sicherheit auszuschließen. Schließlich sei das deutsche Glücksspielmonopol unionrechts- und verfassungswidrig. Pferdewetten und Automatenspiele in Spielhallen als auch Casinospiele dürften in Deutschland von privaten Unternehmen angeboten werden. Die deutschen Behörden betrieben vor allem im Bereich der Spielbanken, aber auch hinsichtlich TV-Gewinnspielen und Spielhallen eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung oder duldeten sie, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Grunde alle anderen Glücksspielbereiche ein höheres Suchtpotential aufwiesen als die monopolisierten Sportwetten und Lotterien. Schließlich erfolge keine Beschränkung der Werbung auf eine reine Kanalisierung. Insoweit sei bereits ein normatives Defizit des GlüStV festzustellen, da er es lediglich verbiete, gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel aufzufordern, anzureizen oder zu ermuntern. Bloße Imagewerbung, Sponsoring und Formen der Verharmlosung des Glücksspiels, wie sie alle Blockgesellschaften flächendeckend praktizierten, seien hingegen nach den gesetzlichen Regelungen ohne Weiteres zulässig. Zudem werde die Werbung der Monopolanbieter nicht den Anforderungen an einer Werbung gerecht, die sich strikt auf das beschränke, was erforderlich sei, um Spieler vom illegalen Spiel abzuhalten und dem legalen Spiel zuzuführen. Das Monopol sei daher nicht gerechtfertigt. Die Unionsrechtswidrigkeit des Monopols erstrecke sich auch auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV. Es fehle für ein entsprechendes Erlaubnisverfahren an objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzten. Die Sportwettenveranstaltung dürfe daher zur Zeit erlaubnisfrei ausgeübt werden. Jedenfalls könne dem Betreiber nicht die fehlende Erlaubnis entgegen gehalten werden.
31Abgesehen davon sei das Internetverbot nicht kohärent. Dies folge bereits daraus, dass das allgemeine Internetverbot nur ein Bestandteil einer vermeintlich insgesamt auf Suchtbekämpfung angelegten Politik sei. Aber auch innerhalb des Internetbereichs seien die bestehenden Regelungen inkohärent. Insgesamt könne nicht davon ausgegangen werden, dass das Internetverbot als regulatorische Insel inmitten einer im Übrigen inkohärenten und zudem unionsrechtswidrig fiskalisch ausgerichteten deutschen Glücksspielpolitik isoliert fortgelten könne.
32Die Klägerin hat beantragt,
33den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 aufzuheben.
34Der Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Zur Begründung hat er auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Die eingewandten Zustellungsmängel seien nach Aufhebung der Zwangsgeldandrohung gegenstandslos. Die Klägerin biete unerlaubtes Glücksspiel an, da sie zur Veranstaltung von Glücksspiel im Internet gegenüber Nutzern aus NRW eine Erlaubnis der zuständigen Behörden benötige, die sie nicht besitze. Eine möglicherweise nach maltesischem Recht erteilte Lizenz entfalte keine Rechtswirkung in NRW. Eine technische Unmöglichkeit in der Umsetzung der Anordnung liege nicht vor. Es sei geklärt, dass die Geolokalisation ein tauglicher und zielgenauer Ansatz zur Ermittlung des Standortes des Internetnutzers sei. Die gegebenen Unsicherheiten dieser Methode seien hinnehmbar, da das Ordnungsrecht keine 100%-ige Verhinderung der Gefahr fordere.
37Mit Urteil vom 12. Juli 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die von der Klägerin geltend gemachte völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Ordnungsverfügung liege nicht vor. Die einfache Bekanntgabe im Ausland sei in allen Staaten unabhängig von ihrer Zustimmung völkerrechtlich zulässig. Eine Zustellung des Verwaltungsakts sei nicht erforderlich gewesen. Nachdem der Beklagte die Zwangsgeldandrohung aufgehoben habe, habe das Zustellungserfordernis in § 63 Abs. 6 VwVG NRW im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage wegen der Dauerwirkung der angegriffenen Ordnungsverfügung grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht bestanden. Der Klägerin sei durch die klaren und unmissverständlichen Formulierungen im Tenor und in der Bescheidbegründung in der Lage, zu erkennen, auf welche Weise die Untersagungsverfügung umgesetzt werden sollte. Die Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 9 Abs. 1 GlüStV seien erfüllt. Die Klägerin habe in NRW öffentliche Glücksspiele im Internet veranstaltet, was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten sei. Die Veranstaltung sei auch ohne die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis erfolgt, die ihr wegen des Verbots in § 4 Abs. 4 GlüStV auch nicht erteilt werden könne. Soweit die Klägerin das auf Nordrhein-Westfalen bezogene Veranstaltungsverbot über den Weg des Ausschlusses von Internetnutzern mittels Geolokalisation wähle, werde von ihr nicht etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt. Bei unterstellter Unionsrechtswidrigkeit der Monopolregelungen könne eine Erlaubnis zwar nicht bereits unter Verweis auf diese abgelehnt werden. Dies ändere aber nichts daran, dass im Streitfall eine Erlaubnis aus den Gründen des generellen Verbotes des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erteilt werden könne und demgemäß das nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auszuübende Ermessen wegen der Strafbarkeit verbotenen Glücksspiels (§ 284 Abs. 1 StGB) regelmäßig zu Lasten des Glücksspielveranstalters auf Null reduziert sei.
38Das auf das Internet bezogene Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße nicht gegen Verfassungsrecht und sei zugleich unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine etwaige Unionrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols erfasse das Internetverbot - wie auch die Verbote des § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV - nicht. Insbesondere werde das Internetverbot dem vom EuGH in der Rechtssache Gambelli entwickelten Kohärenzgebot gerecht. Auch der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, bei dessen Nichterfüllung das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele unerlaubtes Glücksspiel im Sinne der § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 9 Abs. 1 GlüStV darstelle, sei sowohl verfassungsrechtlich unbedenklich als auch mit Unionsrecht vereinbar, da er von diesem Monopol unabhängig bestehe.
39Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt die Klägerin weiterhin eine völkerrechtswidrige Bekanntgabe der Untersagungsverfügung und macht ergänzend geltend, das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols unanwendbar. Es genüge nicht den Maßstäben des Kohärenzgebotes. Dabei sei im Falle eines Dauerverwaltungsaktes - wie hier - nunmehr auf den seit dem 1. Juli 2012 in Kraft getretenen 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag abzustellen. Das darin enthaltene Verbot der Online-Veranstaltung von Lotterien sei im Hinblick auf die liberalen Regelungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, das auf ein solches Verbot vollständig verzichte, mit dem aus dem Unionsrecht folgenden Kohärenzgebot unvereinbar. Mit dem Glücksspieländerungsstaatsvertrag bestehe eine völlig veränderte Gesetzeslage. Zusätzlich verschärfe sich die Inkohärenz dadurch, dass auch in den übrigen 15 Bundesländern die Veranstaltung und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nach wie vor flächendeckend stattfinde. Darüber hinaus erweise sich das Internetverbot aber auch deshalb als inkohärent und unionsrechtswidrig, weil es an einem Nachweis für die angeblich vom Internet im Vergleich zu anderen Vertriebsmöglichkeiten ausgehenden größeren Gefahren für die zu schützenden Allgemeininteressen fehle.
40Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führe dazu, dass alle das Monopol betreffenden nationalen Regelungen unanwendbar seien. Diese Rechtsfolge erstrecke sich nicht nur auf das Internetverbot, sondern auch auf die formelle Seite des Erlaubnisvorbehalts, weshalb die streitbefangene Untersagungsverfügung auch nicht unabhängig von der Unanwendbarkeit des Internetverbots und des staatlichen Sportwettenmonopols mit der Begründung aufrechterhalten werden könne, sie - die Klägerin - besitze nicht die gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten und könne eine solche auch nicht erhalten. Ein Erlaubnissystem, das seinerseits den Anforderungen an Diskriminierungsfreiheit und Verhältnismäßigkeit gerecht werde, existiere bis heute nicht. Die angefochtene Untersagungsverfügung enthalte keine inhaltliche Erwägung zu etwaigen individuellen Erlaubnisvoraussetzungen. Die Untersagung sei allein auf § 4 Abs. 1 GlüStV gestützt worden. Da sich diese Begründung nicht aufrechterhalten lasse, gebe es nichts mehr, was noch „ergänzt“ werden könne.
41Mit Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 28. Juli 2010 hat der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro festgesetzt, die Gegenstand des Verfahrens 13 A 1037/12 sind. Die Zwangsgelder sind mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 21. Juli 2011 in der Fassung vom 8. September 2011 beigetrieben worden und am 10. Januar 2012 beim Beklagten eingegangen.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 2011 zu ändern und den Bescheid der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 in Ansehung seiner Vollstreckung und ex nunc aufzuheben.
44Der Beklagte beantragt,
45die Berufung zurückzuweisen.
46Sie hält an der angefochtene Untersagungsverfügung fest und führt ergänzend aus, ein strukturelles Überwachungsdefizit mit der Folge der Inkohärenz sei nicht zu besorgen. Die Struktur der staatlichen Überwachung des Glücksspiels sei ausgeprägt und effektiv. Aus Anlass der neueren Rechtsprechung sei die bisherige Linie verschärft und es seien eine Reihe von Maßnahmen - insbesondere im Hinblick auf die Werbung - ergriffen worden. Dabei seien WestLotto und Westspiel sehr kooperativ, so dass es keiner Ordnungsverfügungen bedürfe. Die Werberichtlinien seien vollständig überarbeitet worden, um den Vorgaben der Rechtsprechung und der EU-Kommission gerecht zu werden. Das Internetverbot sei unabhängig von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wirksam. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Sie sei nicht auf das damalige Monopol, sondern auf die fehlende Erlaubnis und das Internetverbot gestützt worden. Wesentliche Ermessenerwägungen könnten auch noch nachgeschoben werden. Ergänzend werde die Untersagungsverfügung nunmehr auch auf die neuen Vorschriften des GlüStV, den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV gestützt. An den der Untersagungsverfügung zugrunde liegenden Tatsachen habe sich nichts geändert, so dass die bisherigen Erwägungen aufrechterhalten blieben: Die Klägerin dürfe zwar grundsätzlich für den Fall der Erlangung einer Konzession Sportwetten im Internet veranstalten. Dies gelte aber nur für Ergebniswetten. Die Klägerin biete aber darüber hinaus nicht erlaubnisfähiges Glücksspiel an, nämlich Ereigniswetten (Live-Wetten, vgl. § 21 Abs. 4 GlüStV), Casino- und Pokerspiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Im Falle der Klägerin liege kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis vor, da die Erlaubnis nach §§ 4, 4a GlüStV hohen und im Detail geregelten Voraussetzungen unterliege und zudem zahlenmäßig beschränkt sei. Der Überprüfung dieser Voraussetzungen diene das noch laufende Konzessionserteilungsverfahren in Hessen.
47Am 19. Dezember 2012 hat die Klägerin eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
49E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
50Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
51Die Anfechtungsklage ist zulässig (A.), jedoch nicht begründet (B.). Die angefochtene Verfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009, mit der der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet im Bundesland Nordrhein-Westfalen untersagt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
52A. Die Anfechtungsklage ist zulässig.
53Sie ist insbesondere statthaft. Gemäß § 42 Abs. 1 VwGO kann durch die Anfechtungsklage die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt werden. Mit der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 liegt ein wirksamer und damit anfechtbarer Verwaltungsakt vor, der sowohl für die Vergangenheit in Ansehung seiner Vollstreckung als auch für die Gegenwart Regelungswirkung hat.
54I. Die angefochtene Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. hat äußere Wirksamkeit durch ihre Bekanntgabe an die Klägerin erlangt, vgl. § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW). Die hier erfolgte einfache Bekanntgabe des Verwaltungsakts per Post auf Malta - dem Sitz der Klägerin - ist wirksam und verstößt nicht gegen das Völkerrecht. Die einfache Bekanntgabe im Ausland ist - wie sich auch aus § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW sowie dem von der Klägerin angeführten § 122 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) ergibt - in allen Staaten unabhängig von deren Zustimmung völkerrechtlich zulässig, weil die deutsche Behörde in diesem Fall - anders als bei der förmlichen Zustellung - nicht selbst im Ausland tätig wird. Der Umstand, dass ein Verwaltungsakt im Ausland zugeht, begründet vielmehr lediglich im Inland die Wirksamkeit der Verfügung (vgl. §§ 41, 43 VwVfG NRW).
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 218, m. w. N.; s. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11 -, juris (zu §184 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
56Im Übrigen wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel gegenüber der Klägerin mit der tatsächlichen Kenntniserlangung geheilt. Wenn § 8 Landeszustellungsgesetz - LZG NRW - schon für zustellungsbedürftige Verwaltungsakte bei fehlendem Zustellungsnachweis oder der Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften als Zustellungszeitpunkt denjenigen des tatsächlichen Empfangs gelten lässt, so gilt dies entsprechend für den hier zu beurteilenden - weniger formstrengen - Grundfall der Bekanntgabe gemäß § 41 VwVfG NRW.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 2.92 -, juris; Stelkens, a.a.O, § 41 Rn. 232; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 11. Auflage 2010, § 41 Rn. 28; Knack/Henneke, VwVfG, Kommentar 9. Auflage 2010, § 41 Rn. 64.
58Die Klägerin hat vom Inhalt der Verfügung vom 3. Juni 2008 nachweislich Kenntnis erlangt. Schon im Juli 2008 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Angelegenheit „Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008“ bei dem Beklagten.
59Soweit die Klägerin sinngemäß einwendet, eine nationale Zustellungsvorschrift ‑ hier in entsprechender Anwendung - könne einen durch den Bekanntgabemangel auf fremdem Territorium begründeten Völkerrechtsverstoß nicht heilen, kann sie sich hierauf als Privatrechtssubjekt nicht berufen. Das Völkerrecht, zu dem auch die Pflicht zur Achtung der Gebietshoheit anderer Staaten gehört, beschränkt sich im Grundsatz auf das Verhältnis zwischen souveränen Staaten. Zwar sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts nach Art. 25 Abs. 2 GG Bestandteil des Bundesrechts und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets. Jedoch kann letzteres nur angenommen werden, wenn die völkerrechtliche Vorschrift die Begründung subjektiver Rechte des Bürgers vorsieht. Dies ist bei dem Erfordernis der Zustimmung eines Staates, auf dessen Staatsgebiet Hoheitsakte vorgenommen werden sollen, nicht der Fall. Es handelt sich hierbei um eine ausschließlich staatsgerichtete, eine dem Schutz der Souveränität als solche dienende Norm. Daraus allein erwachsen einem Privatrechtssubjekt des betreffenden Staates aber nicht schon inhaltlich subjektive Rechte.
60Vgl. BVerfG, Urteil 22. März 1983 - 2 BvR 475/78 ‑, BVerfGE 63, 343.
61Die unterbliebene Zustellung der später aufgehobenen, nicht mehr streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung gemäß § 63 Abs. 6 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW - ändert nichts an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des Grundverwaltungsakts. Nach § 63 Abs. 6 Satz 2 VwVG NRW ist die Androhung zwar auch dann zuzustellen, wenn sie - wie hier - mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt verbunden ist und für ihn keine Zustellung vorgeschrieben ist. Daraus folgt indessen nicht, dass die fehlende Zustellung der Zwangsgeldandrohung auch den Grundverwaltungsakt, für den keine Zustellung vorgeschrieben ist, erfasst. Die mangels Zustellungswillens unterbliebene Zustellung der Zwangsgeldandrohung hat vielmehr lediglich deren Unwirksamkeit zur Folge,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 1993 - 20 B 3082/92 -, NVwZ-RR 1994, 365, 366,
63nicht aber auch die Unwirksamkeit des Grundverwaltungsakts. Dass der Beginn der Rechtsbehelfsfristen hinsichtlich des Grundverwaltungsakts und der Androhung auseinanderfallen können, ist rechtlich unbedenklich. § 63 Abs. 6 VwVG NRW lässt sich nicht entnehmen, dass ein solches Auseinanderfallen der Rechtsbehelfsfristen unzulässig ist.
64Vgl. auch Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 9. Aufl. 2011, § 13 VwVG Rn. 10; a. A. Sadler, VwVG/ VwZG, Kommentar, 8. Aufl. 2011, § 13, Rn. 166.
65II. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels zuvor angedrohter Zwangsgeldfestsetzungen im Juni und Juli 2010 in Höhe von 150.000 Euro bis zur endgültigen Zahlung am 10. Januar 2012 zulässig. Für diesen Zeitraum hat sich die Untersagung für ihren in der Vergangenheit liegenden Geltungszeitraum nicht erledigt, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Veranstaltungsverbot vorliegt.
66Glücksspielrechtliche Untersagungen als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung erledigen sich zwar grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum, so dass Rechtsschutz für die Vergangenheit nur auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hin gewährt werden kann. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, m. w. N.
68Das ist hier der Fall, weil die Untersagung die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die in der Vergangenheit erfolgte Vollstreckung der Untersagung durch den Beklagten, die erst mit der Beitreibung der beiden festgesetzten Zwangsgelder von 50.000 Euro und 100.000 Euro jeweils am 10. Januar 2012 endete. Diese Vollstreckungsmaßnahmen können bei einer Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden.
69Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 -, juris.
70Da der Anfechtungsantrag hier ursprünglich ohne nähere zeitliche Beschränkung gestellt worden ist, ist die Rechtmäßigkeit des Dauerverwaltungsakts in der Vergangenheit auch Gegenstand der Anfechtungsklage. Einer Klageänderung bedurfte es deshalb nicht.
71III. Für die Gegenwart (und Zukunft) beansprucht die Verfügung des Beklagten weiterhin Rechtswirkungen, was aus dem Charakter der Untersagung des Veranstaltens von Glücksspiel im Internet als Dauerverwaltungsakt folgt.
72B. Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet.
73I. Die angegriffene Untersagungsverfügung ist in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels Zwangsgeldfestsetzungen bis zum 10. Januar 2012 rechtmäßig gewesen.
74Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 beurteilt sich - soweit es um ihre Regelungswirkung für die Vergangenheit geht - nach der alten Rechtslage und damit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV in der zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV a.F.) i. V. m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 trifft zwar eine unbefristete Regelung, die auch für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung für die Zukunft beansprucht und insoweit nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Rechtslage zu beurteilen ist. Wird die Regelung jedoch - wie hier - zeitabschnittsweise zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, bestimmt sich ihre Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb ihres Wirksamkeitszeitraums.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und Beschluss vom 5. Januar 2012 - 8 B 62.11 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
761. Die Untersagungsverfügung der Bezirksregierung E. vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist formell rechtmäßig ergangen.
77a) Der Beklagte ist gemäß § 18 Abs. 2 b) des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag Ausführungsgesetz NRW - GlüStV AG NRW a. F.), § 1 Abs. 2 Telemedienzuständigkeitsgesetz (TMZ-Gesetz) für den Erlass der Untersagung örtlich und sachlich zuständig gewesen.
78Dagegen kann nicht eingewandt werden, die Behörde verbiete hier die Glücksspielvermittlung im Internet auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und überschreite damit ihre Verbandskompetenz. Nach dem - in Ziffer 1 des Bescheidtenors eindeutig formulierten - Regelungsinhalt der Untersagungsanordnung vom 3. Juni 2008 wird der Klägerin das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet lediglich in Nordrhein-Westfalen untersagt. Auch ist der Begründung der Untersagungsverfügung zu entnehmen, dass lediglich vom Gebiet des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen aus Spielangebote der Seite www.....com im Internet nicht mehr aufrufbar sein dürfen. Damit beansprucht der Bescheid keine Geltung für das Veranstalten von Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes.
79b) Die Untersagungsverfügung vom 3. Juni 2008 genügt dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmtheitsgebot (§ 37 Abs. 1 VwVfG NRW). Dieses erfordert, dass die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung ausreichend bestimmt und eindeutig ist.
80Vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335, und vom 20. April 2005 ‑ 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1395/08 -, NJW 2008, 3656, und - 13 B 1397/08 -, juris, sowie vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris; Kopp/ Ramsauer, a. a. O., § 37 Rn. 12.
81Die Untersagungsverfügung des Beklagten ist insbesondere nicht in sich widersprüchlich, als Ziffer 1 Satz 1 scheinbar ein generelles Veranstaltungsverbot formuliert, während der Klägerin zu deren Umsetzung anschließend Handlungsgebote auferlegt werden. Richtig ist zwar, dass Ziffer 1 Satz 1 bei isolierter Betrachtung auch dahingehend verstanden werden könnte, dass die Klägerin jeden (auch den erschlichenen) Zugang zu ihrem Glücksangebot im Internet auszuschließen hat. Ein derartiger Bedeutungsgehalt kommt der Regelung indessen nicht zu. Eine Auslegung des Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregeln der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dass von der Klägerin nicht verlangt wird, die Teilnahme an ihrem Glücksspielangebot im Internet von Nordrhein-Westfalen aus mit Sicherheit auszuschließen. Aufgegeben wird ihr vielmehr nur, die in den Ziffern 1 bis 3 im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen und somit den Spielzugang von Nordrhein-Westfalen aus maßgeblich einzuschränken. Das folgt aus der Begründung des Bescheids, wonach sich der Beklagte bewusst ist, dass sich auch bei Umsetzung der aufgegebenen Maßnahmen einige mehr oder weniger technisch begabte Spielinteressenten den Zugang zum Internet-Glücksspielangebot der Klägerin werden erschleichen können und damit ein Ausschluss sämtlicher Spielinteressenten derzeit nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Der Beklagte hat in der Ordnungsverfügung aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er im Falle eines erschlichenen Zugangs nicht von einer der Klägerin zurechenbaren Glücksspielveranstaltung ausgeht und solche erschlichenen Zugänge keine Zwangsmaßnahmen gegen die Klägerin nach sich ziehen werden (sofern die in den Ziffern 1 bis 3 genannten Maßnahmen zuvor umgesetzt worden sind).
82Die in der Verfügung des Beklagten getroffene Regelung ist auch hinreichend verständlich. Davon ist auszugehen, wenn der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde aufgrund der Entscheidungssätze und der Begründung des Verwaltungsakts sowie der sonst für die Betroffenen erkennbaren Umstände ersehen können, was genau durch den Verwaltungsakt gefordert wird und gegebenenfalls zu vollstrecken ist. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -, juris, m. w. N.
84Demnach ist ein Verwaltungsakt nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem Glücksspielsektor nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befassten Behörden den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können.
85Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2009 - 13 B 894/09 -, juris, und vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris.
86Diesen Anforderungen genügt die in Ziffer 1 des Bescheidtenors für Nordrhein-Westfalen verfügte Untersagung. Die Klägerin und die mit dem Vollzug der Anordnung betrauten Bediensteten des Beklagten sind auf der Grundlage des Tenors und der Begründung des Bescheids sowie der ihnen sonst bekannten Umstände, insbesondere der aussagekräftigen und im Bescheid in Bezug genommenen Definition in § 3 Abs. 1 GlüStV a. F., in der Lage, bestimmen zu können, welche von der Klägerin über das Internet vermittelten Spiele Glücksspiele und damit von der Untersagungsverfügung umfasst sind.
87Vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2009 - 13 B 991/09 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 819/09 -.
882. Die Untersagungsverfügung des Beklagten war auch materiell rechtmäßig.
89Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß § 18 Abs. 2 b) GlüStV AG NRW a. F., § 1 Abs. 2 TMZ-Gesetz die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
90a) Diese Tatbestandsvoraussetzungen für ein Einschreiten des Beklagten lagen vor.
91Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten und sonstigen Spielen handelte es sich um Glücksspiele im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. Diese waren auch unerlaubt. Die Klägerin verfügte nicht über die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F., § 4 Abs. 1 GlüStV AG NRW a. F. erforderliche Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes für das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele. Eine maltesische Glücksspielkonzession musste der Beklagte mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung nicht als eine solche Erlaubnis anerkennen.
92Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 ‑ Rs. C-660/11 u.a. (Biasci) -, juris; und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, juris; BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
93Auch die einigen Glücksspielveranstaltern aufgrund des Gewerbegesetzes der DDR vom 6. März 1990 (GBl. DDR I S. 138) erteilten Gewerbegenehmigungen galten in Nordrhein-Westfalen nicht.
94Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 und 8 C 14.8 C 14.09 - Rn. 57 bzw. 53, juris; allgemein dazu etwa BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 -, BVerfGE 79, 127, 158.
95Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. selbst ist unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen verfassungskonform und verstößt auch nicht gegen das Unionsrecht. Er dient nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes sowie der Kriminalitätsbekämpfung, auf die auch der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 3. Juni 2008 Bezug nimmt. Er genügt den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich zulässige Regelung, weil das zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses (Suchtvorbeugung und -bekämpfung, Jugend- und Spielerschutz sowie Kriminalitätsbekämpfung) im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 Abs. 2 bis 4 GlüStV a. F. i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV AG NRW a. F.).
96Vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 3. Juni 2010 - Rs. C 203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, juris; BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris, und Beschluss vom 22. März 2011- 4 B 48/11 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
97Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und Veranstaltens von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. greifen zwar in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ein, sind aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Insbesondere ist der Erlaubnisvorbehalt geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu erreichen (vgl. § 1 GlüStV a. F.), und insoweit auch verhältnismäßig.
98Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 27. Januar 2012 - 10 CS 11.2158 -, juris.
99Der Umstand, dass das in § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV a. F. verankerte Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen die unionsrechtliche Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit verletzt,
100vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -, juris,
101steht der Annahme nicht entgegen, dass die Klägerin unerlaubte öffentliche Glücksspiele veranstaltet hat. Denn der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. ist nicht "monopolakzessorisch", sondern unabhängig von Gültigkeit und Bestand des staatlichen Glücksspielmonopols allgemein geltendes Recht.
102Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Bay.VGH, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris.
103b) Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV a. F. eröffnete Untersagungsermessen war zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden musste. Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), weil die Klägerin gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. verstoßen und damit den objektiven Tatbestand des § 284 StGB erfüllt hat, indem sie öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde veranstaltet hat.
104Der Klägerin konnte das Fehlen einer Erlaubnis auch entgegengehalten werden. Dies setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden.
105Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
106Nach diesen Maßstäben lagen hier die Voraussetzungen für eine Ermessensre-duzierung auf Null vor, obschon das Erlaubnisverfahren in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht für private Anbieter geöffnet wurde. Denn die Veranstaltungstätigkeit der Klägerin war aus materiell-rechtlichen Gründen – monopol-unabhängig - nicht und auch nicht mit Nebenbestimmungen erlaubnisfähig.
107Vgl. zu einer Ermessensreduzierung wegen materieller Unzulässigkeit der Betätigung auch BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 8 C 13.09. -, juris (zu § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV a. F.)
108Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet verstieß gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. Danach ist das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Das Internetverbot richtet sich nicht nur an die in § 10 Abs. 2 GlüStV a. F. genannten Träger des staatlichen Glücksspielmonopols, sondern erfasst gemäß § 2 GlüStV a. F. alle vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten öffentlichen Glücksspiele,
109vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris,
110also auch die von der Klägerin angebotenen Spiele.
111aa) Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist mit Unionsrecht vereinbar.
112Die Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols in Nordrhein-Westfalen in der Zeit bis zum Inkrafttreten des neuen GlüStV (d. h. in Nordrhein-Westfalen bis zum 30. November 2012)
113vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 -, - 8 C 12.12 - und - 8 C 17.12 -,
114lässt den Bestand und die Gültigkeit des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. unberührt. Denn dieses ist nicht „monopolakzessorisch“. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs. Nach der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag enthält § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. das „generelle" Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet und erstreckt sich auf alle Arten - und damit auch auf alle Anbieter - der im Staatsvertrag geregelten Glücksspiele, insbesondere auf Lotterien, Sportwetten und den Bereich der Spielbanken. Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV a. F. ist es nach der Regelungsabsicht des Normgebers geboten, den Vertriebsweg Internet für Glücksspiele grundsätzlich zu versagen.
115Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
116Mit diesem Regelungsgegenstand bleibt das Internetverbot als Bestandteil des GlüStV a. F. auch bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols anwendbar, da es aus sich heraus eine sinnvolle und handhabbare Regelung darstellt, die der erkennbaren Absicht des Normgebers entspricht.
117Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
118Das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist nicht wegen der Verletzung der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit unanwendbar. Das Verbot beschränkt den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union (Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -), indem es Wettunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten hindert, Spielinteressenten gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel über das Internet zu ermöglichen. Die Klägerin, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als dem, in dem die Leistung angeboten wird, erbringt solche grenzüberschreitenden Dienstleistungen. Die Beschränkung ist nur gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen der Art. 51, 52 AEUV i. V. m. Art. 62 AEUV oder zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die staatlichen Maßnahmen geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
119Vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01 (Gambelli u.a.) -, juris, und vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, juris.
120Dem wird das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. gerecht.
121Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris.
122Hierfür ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum („ausreichendes Ermessen“) zusteht. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.
123Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris.
124Das Internetverbot verfolgt unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele. Es dient - wie alle Beschränkungen im GlüStV a. F. - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV a. F.), dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV a. F.), der Begrenzung des Glücksspielangebots, der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV a. F.) und der Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV a. F.).
125Dem Internetverbot fehlt auch nicht die Eignung, zur Erreichung dieser Ziele beizutragen. Eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel über das Internet verboten wird, ist grundsätzlich geeignet, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen von übermäßigen Spielausgaben und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Angebot solcher Spiele über herkömmliche Kanäle zulässig bleibt.
126Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
127Denn die über das Internet angebotenen Glücksspiele weisen schon wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotenzial für Jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht.
128Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
129Neben dem fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen der für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugang zu den dort angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können.
130Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
131Dass bislang aus Sicht der Klägerin keine empirischen und unbestreitbaren Nachweise dafür erbracht worden sind, dass die zu schützenden Gemeinwohlinteressen durch das Veranstalten von Glücksspiel im Internet konkret gefährdet werden bzw. dass mit dieser Vertriebsform ein besonderes Suchtrisiko verbunden ist, lässt die Geeignetheit einer Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspiel im Internet verboten wird, nicht von vornherein entfallen. Der Mitgliedstaat muss, auch wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren wie etwa für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abwarten zu müssen, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen - wie hier in § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a. F. und § 11 GlüStV a. F. vorgesehen - Rechnung getragen werden.
132Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Juli 2011 - 8 C 11.10 -, juris, vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09 -, juris.
133Auch der EuGH hat nicht verlangt, dass ein empirischer Nachweis für die Gefährlichkeit des Internetvertriebs erbracht werden muss, sondern hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der eine beschränkende Maßnahme im Glücksspielsektor rechtfertigen möchte, nicht eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen hat, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
134Vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris, und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412; so auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
135Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. genügt auch den Anforderungen des Kohärenzgebots. Eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn die restriktive Maßnahme zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beiträgt.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß u.a.) -, NVwZ 2010, 1409, 1412, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
137Dieses Gebot erfordert allerdings nicht, dass das gesamte Glücksspielrecht in jeder Hinsicht in sich konsistent und systematisch ist. Erforderlich ist lediglich, dass die betreffende restriktive Regelung dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
138Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris.
139Gegenstand der Prüfung nach den Maßstäben des Kohärenzgebotes ist daher nicht das gesamte Glücksspielrecht, sondern die konkrete streitbefangene Beschränkung.
140Vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 6 S 1685/10 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 11. November 2010 - 11 MC 429/10 -, juris.
141Die Beschränkung liegt hier im Verbot eines bestimmten Vertriebskanals, nämlich des Internets. Inwieweit die Wetttätigkeiten über andere Vertriebswege, insbesondere den terrestrischen, konsistent und systematisch begrenzt werden, ist für die Frage der Beachtung des Kohärenzgebotes durch das Internetverbot unbeachtlich.
142Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris.
143Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH in der Sache „Zeturf“ (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 -). Der Gerichtshof hat dort im Zusammenhang mit einem generellen Monopol für Pferdewetten in Frankreich zwar ausgeführt, dass eine Beschränkung der Tätigkeit der Wettannahme grundsätzlich unabhängig davon geprüft werden sollte, auf welchem Wege die Wetten abgeschlossen werden. Hat der nationale Gesetzgeber eine Unterscheidung zwischen online angebotenen Wetten und solchen, die über traditionelle Vertriebskanäle angeboten werden, nicht für erforderlich gehalten, und eine allgemeine Ausschließlichkeitsregelung für Pferdewetten vorgesehen, so kommt es für die unionsrechtliche Zulässigkeit auf den gesamten Markt für Pferdewetten an (Rn. 77). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr zwischen den verschiedenen Vertriebskanälen unterschieden, indem er (nur) einen - nämlich den Vertriebskanal Internet - generell verboten hat. Dem lag die Annahme zugrunde, dass Glücksspiele im Internet ein erheblich höheres Gefährdungspotential als traditionelle Vertriebskanäle haben und mit ihnen nicht austauschbar sind.
144Vgl. Erläuterungen zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22.
145Insoweit hat auch der EuGH in dem genannten Urteil nochmals betont, dass der Absatz von Glücksspiel über das Internet gegenüber den klassischen Vertriebswegen andere und größere Gefahren in sich bergen kann (Rn. 78 ff.), und daran festgehalten, dass es dem einzelnen Mitgliedstaat obliege zu beurteilen, ob spezifische Gefahren des Glücksspielvertriebs im Internet besondere Beschränkungen dieses Vertriebswegs erfordern (Rn. 82 f.).
146So auch BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; OVG Saarland, Urteil vom 26. November 2013 - 3 A 106/12 -, juris.
147Hiervon ausgehend ist das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. kohärent. Das Verbot des Veranstaltens von Glücksspielen im Internet galt für alle unter den Glücksspielstaatsvertrag fallenden Glücksspiele und damit auch für die damals dem Staatsmonopol unterliegenden Glücksspiele. Die Regelung war demnach konsequent und in sich widerspruchsfrei an der Spielsucht- und Betrugsbekämpfung durch Internetglücksspiel ausgerichtet. Für die praktische Handhabung galt nichts anderes.
148Die Erreichbarkeit der verfolgten Ziele wurde auch nicht durch die Regelungen und deren praktische Anwendung im Bereich der Pferdewetten konterkariert. Auch Pferdewetten durften nicht über das Internet vertrieben werden.
149Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris.
150Die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes erforderlichen Erlaubnisse durften Buchmachern nur für die Örtlichkeit erteilt werden, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden. Eine solche örtlichkeitsbezogene Erlaubnis erstreckte sich nicht auf die Entgegennahme und Vermittlung von Pferderennwetten im oder über das Internet.
151Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2012 ‑ 13 E 64/12 -, juris.
152Ein etwaiges Vollzugsdefizit im Bereich der Pferdewetten konterkarierte nicht die Eignung des Internetverbots im gesamten sonstigen Glücksspielbereich in der Vergangenheit, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen. Gemessen am sonstigen Glücksspielbereich ist der Bereich der Pferdewetten so geringfügig gewesen, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den von Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch auszuschließen gewesen sind.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris, BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09 -, juris; Deiseroth, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, jurisPR-BVerwG 17/2011 Anm. 6.
154Eine Inkohärenz ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der - zeitweise - in Schleswig-Holstein erfolgten Liberalisierung des Glücksspielwesens. Zum 1. Januar 2012 trat dort das neue Glücksspielgesetz in Kraft. Danach ist ein Verbot des Veranstaltens öffentlicher Glücksspiele im Internet - so wie bisher - nicht mehr vorgesehen gewesen. Auch Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen oder im Internet ist danach grundsätzlich zulässig gewesen. Inzwischen ist am 9. Februar 2013 auch in Schleswig-Holstein der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft getreten, der in 14 Bundesländern bereits seit dem 1. Juli 2012 und in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 gilt.
155Vgl. Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein Nr. 3 vom 7. Februar 2013, S. 51 ff.
156Gleichzeitig wurde das Glücksspielgesetz vom 1. Januar 2012 aufgehoben.
157Die zwischenzeitliche Liberalisierung des Glücksspiels - auch im Internet - galt daher im hier maßgeblichen Zeitraum (bis zum 10. Januar 2012) nur zehn Tage. Mangels einer tatsächlichen Umsetzung dieser Liberalisierung, etwa durch Erteilung von Erlaubnissen in diesem Zeitraum, lassen sich erhebliche Auswirkungen der schleswig-holsteinischen Regelungen auf die Verfolgung der Ziele des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. im Hinblick auf die in allen übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen schon nicht feststellen.
158Im Übrigen hält der Senat auch in Ansehung des Berufungsvorbringens der Klägerin an seiner bereits im Beschluss vom 20. April 2012 - 13 E 64/12 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass die Rechtslage nach dem Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein (GlSpielG SH) nicht zur Folge hatte, dass die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht (mehr) beitragen konnte und ihre Eignung zur Zielerreichung damit aufgehoben wurde. Von der Neuregelung in Schleswig-Holstein wurde nur ein relativ kleiner Anteil an der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland erfasst, da sie auf Spieler aus Schleswig-Holstein begrenzt war. Denn gemäß § 3 Abs. 9 Sätze 3 und 4 GlSpielG SH ist bei Online-Glücksspielen Ort des Vertriebs der Ort, wo der Spieler seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Damit besteht kein Anlass zu der Annahme, dass der durch das Internetverbot in der Mehrzahl der Bundesländer praktizierte Schutz vor den beschriebenen Internetgefahren seinen Sinn verloren hatte.
159Ferner kann das Unionsrecht nicht dazu führen, dass die in allen (übrigen) Bundesländern geltenden und im Übrigen unionsrechtskonformen Beschränkungen hinfällig werden und sämtliche Glücksspieltätigkeiten erlaubt sind, nur weil in einem (kleinen) Bundesland zeitweise ein liberalerer Regulierungsansatz verfolgt wird.
160Vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, S. 9; s. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 2012 - 6 S 3335/11 -, juris.
161Die unterschiedliche Ausgestaltung des Glücksspielrechts ist Ausfluss der bundesstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, auf die die Union grundsätzlich Rücksicht zu nehmen hat, vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. Die interne Kompetenzordnung wird hier auch nicht als Rechtfertigung für die Verletzung unionsrechtlicher Verpflichtungen herangezogen. Vielmehr gebietet es die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit schon nicht, dass alle Bundesländer gleichförmige glücksspielrechtliche Regelungen erlassen.
162Vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 -, juris, und vom 30. Oktober 2013 - I ZR 203/12 -, juris; Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 9. Juli 2013 in der Rechtssache C-156/13, Rn. 15 ff.
163Von einer Vorlage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV sieht der Senat ab. Eine Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht nicht. Der Senat sieht auch keinen weiteren Klärungsbedarf.
164Für die Gültigkeit von § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist es weiterhin unerheblich, dass nunmehr nach dem GlüStV n. F., der in Nordrhein-Westfalen ab dem 1. Dezember 2012 gilt, das Veranstalten von Sportwetten im Internet abweichend vom generellen Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. erlaubt werden kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n. F.). Hieraus folgt nicht, dass die alte Regelung unverhältnismäßig gewesen ist. Wenn die Länder nach einer Evaluierung (vgl. § 27 GlüStV a. F.) zu dem Ergebnis kommen, dass zur Schaffung einer den Spielerschutz gewährleistenden Alternative,
165vgl. Landtag NRW, Gesetzentwurf der Landesregierung Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV), LT Drs. 16/17, S. 40; Erläuterung zu § 4 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011, in: Bayerischer Landtag Drs. 16/11995, S. 22,
166unter bestimmten - engen - Voraussetzungen das Veranstalten von Sportwetten im Internet nicht den mit dem GlüStV a. F. verfolgten Zielen zuwiderläuft, so bewegt sich dies innerhalb ihres Beurteilungsspielraums.
167Vgl. EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08 (Zeturf) -, juris.
168Die Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. ist auch erforderlich im unionsrechtlichen Sinne. Angesichts der mit dem Glücksspiel über das Internet einhergehenden Sucht- und Kriminalitätsgefahren und der konsequenten Ausrichtung des vom Land Nordrhein-Westfalen zu verantwortenden Glücksspielrechts an der Bekämpfung dieser Risiken ist es nicht zu beanstanden, wenn das Land im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und des ihm einzuräumenden Bewertungsspielraums die Glücksspielmöglichkeit über das Internet und die Werbung hierfür generell verbietet. Eine gleich geeignete, die Glücksspieldienstleister aber weniger belastende Reglung ist nicht ersichtlich.
169Die Regelung verletzt schließlich nicht das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV. Denn das Verbot, Glücksspiel im Internet zu veranstalten, gilt unterschiedslos sowohl für in Deutschland als auch für in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Wirtschaftsteilnehmer.
170Vgl. BVerwG, Urteile vom 1. Juni 2011 - 8 C 2.10 ‑, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 14.09. -, juris; Bay. VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
171bb) Das Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Veranstalter von Glücksspiel im Internet ist durch überragend wichtige Gemeinwohlziele, nämlich den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glücksspielsucht und vor der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität verfassungsrechtlich gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig.
172Ausführlich hierzu BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 -, NVwZ 2008, 1338, m. w. N; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 30/10 -, juris.
173Das Verbot der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV a. F.) ist insbesondere zur Zweckerreichung geeignet. Durch die Beschneidung der Möglichkeiten des Internet-Glücksspiels werden die Umstände der Teilnahme für den Einzelnen erschwert und wird ihm der Vorgang des Spielens bewusster gemacht. Hierdurch kann einem Abgleiten in problematisches Spielverhalten entgegenwirkt werden. Darüber hinaus bestehen nach wie vor erhebliche Bedenken, ob sich bei einer Teilnahme an Glücksspielen per Internet der im Rahmen der Suchtprävention besonders wichtige Jugendschutz effektiv verwirklichen lässt.
174Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 -; BVerfGE 115, 276, 315.
175Auch zur Vermeidung derartiger Präventionslücken ist das Internetverbot das geeignete Mittel.
176Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184, 10 CS 09.1185 -, juris.
177Die Eignung des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Internet seinem Wesen nach grenzüberschreitend ist und die gesetzlichen Vorgaben angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten bei der ordnungsbehördlichen Kontrolle des Internets unter Umständen nicht in jedem Einzelfall umgesetzt werden können. Daraus kann die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden Bestimmungen schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil sie jedenfalls einen maßgeblichen Beitrag zur Bekämpfung der Glücksspielsucht leisten können. Dies reicht für die Eignung aus. Zum einen ist davon auszugehen, dass sich seriöse Anbieter rechtstreu verhalten und dem Verbot Folge leisten werden. Zum anderen sind auch etwa erforderlich werdende Vollstreckungsmaßnahmen nicht von vornherein als aussichtslos einzuordnen. Den Ordnungsbehörden stehen neben den allgemeinen verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 5 GlüStV a. F. durchaus wirkungsvolle Mittel zur Verfügung, um das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. durchzusetzen (z.B. die Inanspruchnahme der an der Zahlungsabwicklung beteiligten Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a. F.).
178Vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 (Markus Stoß) -, juris; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 22. Juli 2009 - 10 CS 09.1184 und 10 CS 09.1185 -, juris.
179Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist schließlich angemessen. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verankerte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet ist angesichts des erheblichen Gefährdungspotenzials von Glücksspielen über das hier fragliche Medium nicht unangemessen. Wie bereits ausgeführt, können die Besonderheiten des Glücksspiels im Internet, namentlich dessen Bequemlichkeit und Abstraktheit, problematisches Spielverhalten in entscheidender Weise begünstigen. Deshalb dient der Ausschluss einer solchen Möglichkeit unmittelbar der Spielsuchtprävention und somit einem Gemeinwohlbelang von überragendem Rang, der auch einen derart schwerwiegenden Eingriff wie den vorliegenden zu rechtfertigen vermag.
180Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris, m. w. N.
181c) Durch die Untersagungsverfügung wird von der Klägerin weder rechtlich oder tatsächlich Unmögliches (vgl. § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW) noch Unzumutbares verlangt. Der Klägerin wird die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Internet untersagt. Die hierzu aufgegebenen Maßnahmen sind tatsächlich umsetzbar. Ein 100%-ig sicherer Ausschluss von Spielern aus Nordrhein-Westfalen ist von ihr nicht verlangt worden. Der Beklagte hat schon in seiner Verfügung deutlich gemacht, dass er die Klägerin schon dann nicht mehr als Veranstalterin von Internetglücksspiel in Nordrhein-Westfalen ansieht, wenn sie die in den Ziffern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen (fristgerecht) umsetzt. Neben der gänzlichen Entfernung des Angebots aus dem Netz kommt hierfür - worauf der Beklagte in seiner Verfügung auch hingewiesen hat - das Verfahren der Geolokalisation ihrer Internetseite,
182vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 2. Juli 2010 - 13 B 646/10 -, juris, und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 -, juris,
183oder aber eine mehrstufige Verfahrensweise mit einem (auf Nordrhein-Westfalen bezogenen) Disclaimer, dem Einsatz der Geolokalisation und ggf. einer nachgeschalteten Handyortung oder Festnetzlokalisation in Betracht.
184Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris, und Beschluss vom 5. November 2007 - 6 S 2223/07 -, juris.
185Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Geolokalisation um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Klägerin innerhalb oder außerhalb Nordrhein-Westfalens handelt.
186Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 2. Juli 2010 ‑ 13 B 646/10 - und vom 8. Dezember 2009 - 13 B 958/09 - , juris, unter Hinweis auf TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008 und Stellungnahme vom 22. April 2009, Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008 sowie "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008 sowie zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: Bay. VGH, Beschlüsse vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 -; vom 19. Mai 2010, vom 12. März 2010 - 10 CS 09. 1734 -, juris und vom 22. November 2008 - 10 CS 08.2399 -, ZfWG 2008, 455 = NVwZ-RR 2009, 202; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 16. März 2009 - 1 S 224.08 ‑, juris.
187Aus dem Gutachten von Prof. Dr. U. I. „Geolokalisation und Glücksspielrecht“ vom 24. April 2008 ergibt sich, dass es verschiedene technische Methoden gibt, Internetnutzer in einem bestimmten Bundesland zu orten. Zu diesem Zweck werden die sog. IP-Adressen (Internet-Protokoll-Adressen) ausgewertet, die Datenübertragungswege („routing“ / „tracing“) festgestellt und die Datenübertragungsgeschwindigkeiten („pings“) gemessen. Auf Geolokalisation spezialisierte Softwareunternehmen können mit Hilfe von Zusatzinformationen (Adressdatenbanken, Enttarnungsprogrammen etc.) in enorm hoher Geschwindigkeit in vielen Fällen den Standort eines Internetnutzers einem bestimmten Land zuordnen. Die von diesen Softwareunternehmen entwickelten Programme erlauben es, Internetnutzer in bestimmten Ländern mit einem auf sie zugeschnittenen Angebot zu versorgen oder sie von bestimmter Werbung auszuschließen. Diese „geo targeting“-Technologie wird etwa von Google verwendet, um den Kunden in den verschiedenen europäischen Ländern jeweils auf ihr Herkunftsland zugeschnittene Werbeangebote zu unterbreiten. Daher ist mit Hilfe dieser Technologie grundsätzlich auch eine räumliche Beschränkung von Online-Wettangeboten und Online-Werbung möglich. Ob ein Nutzer vom Bundesgebiet ins Internet geht oder nicht, kann danach mit 99%iger Trefferwahrscheinlichkeit bestimmt werden.
188Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Bay.VGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2012 - 10 CS 10.1682 -, juris, und vom 20. November 2008 ‑ 10 CS 08.2399 -, juris. |
Auf die konkrete Treffsicherheit kommt es hier ohnehin nicht an. Der Beklagte hat nur das verlangt, was durch eine Lokalisierung „nach dem Stand der Technik“ sichergestellt wird.
190Darüber hinaus wäre ein räumlich beschränktes Veranstaltungsverbot für die Klägerin auch dann nicht unzumutbar gewesen, wenn sie dieser Anordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 10. Januar 2012 nur durch eine vollständige - bundesweite - Sperrung bzw. Lokalisation aller Nutzer, die aus Deutschland auf das Online-Angebot zugreifen, hätte nachkommen können. Denn die Klägerin war - unabhängig von der Reichweite der nordrhein-westfälischen Untersagungsverfügung - ohnehin kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. verpflichtet, das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland zu unterlassen. Für Schleswig-Holstein galt keine Ausnahme, weil der Klägerin in dieser Zeit keine Erlaubnis zum Veranstalten von Onlineglücksspielen erteilt worden ist. Auf die Frage der technischen Realisierbarkeit einer territorial auf Nordrhein-Westfalen beschränkten Internet-Vertriebs-Abschaltung kommt es damit - jedenfalls unter der Geltung des GlüStV a. F. - nicht an.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 ‑, juris; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2008 - 13 B 1215/07 -, juris; Bay.VGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 CS 11.1290 ‑, juris.
192Die geltend gemachten datenschutzrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Methode der Geolokalisation teilt der Senat nicht. Soweit bei der Anwendung der Geolokalisationstechnologie Daten der Internetnutzer verwendet werden, werden datenschutzrechtliche Vorschriften (wie etwa solche des TMG oder BDSG) nicht verletzt. Bei der Geolokalisation werden personenbezogene Daten nicht unzulässig erhoben oder verwendet; sie werden insbesondere weder gespeichert, verändert noch übermittelt (vgl. §§ 12 TMG, 28 Abs. 1 BDSG), sondern allein für die jeweils aktuelle Internetkommunikation benötigt (vgl. §§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 TMG). Für die Anwendung der Geolokalisationstechnologie ist die Verwendung der IP-Adressen der jeweiligen Nutzer notwendig. Diese sind Voraussetzung für jede erfolgreiche Kommunikation im Internet. Die Verbindungsaufnahme erfolgt mit der IP-Adresse des Nutzers (diese entspricht der "Telefonnummer des Anrufers"). Die Abfrage der Geolokalisation geschieht durch "Verwerfen" der IP-Adresse (wie etwa bei der Nichtannahme eines Telefonanrufs mit einer bestimmten Telefonnummer). Eine Speicherung oder ein sonstiger Vorgang von datenschutzrechtlicher Bedeutung wird durch die Geolokalisation damit von vornherein nicht ausgelöst. Der mit der "Verwerfung" der IP-Adresse verbundene Ausschluss der Nutzung durch den Aufrufenden war zur Wahrung des berechtigten Interesses des Internetglücksspielanbieters erforderlich (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Denn die Annahme einer Verbindung eines Aufrufs aus Nordrhein-Westfalen durch den Veranstalter von Online-Glücksspiel verstieß gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. vorgegebene Veranstaltungsverbot.
193II. Die angefochtene Untersagungsverfügung des Beklagten vom 3. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 13. August 2008 und 22. Mai 2009 ist ebenfalls rechtmäßig, soweit sie Wirkung ex nunc beansprucht.
194Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt beurteilt sich - soweit es um seine Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Rechtslage. Rechtsgrundlage ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GlüStV in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüStV n. F.) in der in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Dezember 2012 geltenden Fassung i. V. m. §§ 1 ff. des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags (Ausführungsgesetz NRW Glücksspielstaatsvertrag - AG GlüStV NRW) vom 13. November 2012.
1951. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n. F. liegen vor. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n. F. kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes - das ist hier gemäß §§ 19 Abs. 3, 20 Abs. 2 GlüStV AG NRW n. F. die Bezirksregierung E. - die erforderlichen Anordnungen erlassen, um darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Sie kann insbesondere gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. Bei den von der Klägerin im Internet angebotenen Sportwetten und sonstigen Onlinespielen handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV n. F., da bei ihnen für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Das Veranstalten der Glücksspiele ist zudem unerlaubt, weil das Veranstalten sonstigen Glücksspiels im Internet nach wie vor verboten ist und die Klägerin (derzeit) nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen verfügt.
196Die ihr am 19. Dezember 2012 durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erteilte Genehmigung berechtigt die Klägerin nicht, in Nordrhein-Westfalen Glücksspiele zu veranstalten.
197Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. ist anwendbar. Er war schon in seiner alten Fassung verfassungs- und unionsrechtskonform und bestand unabhängig von der Anwendbarkeit des Sportwettenmonopols. Für die aktuelle Rechtslage gilt nichts anderes. Zusammen mit einem Konzessionsverfahren kann ein Erlaubnisvorbehalt zulässig sein, um die im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser Tätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen.
198Vgl. EuGH, Urteile vom 12. September 2013 - Rs. C-660/11 und 8/12 (Biasci) -, juris, vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 - und - C-209/11 -, (Stanleybet u.a.), juris, vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92 (Schindler) -, Slg. 1994, I-1039, Rn. 61, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 (Placanica) -, Slg. 2007, I-1891, Rn. 48, vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01(Gam-belli) -, Slg. 2003, I-13031, Rn. 63, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07 (Liga Portuguesa) -, Rn. 57 ff., vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Betfair) -, Rn. 30 ff., vom 8. Juli 2010 - Rs. C-447 u. 448/08 (Sjöberg) -, Rn. 42 f., und vom 8. September 2010 ‑ Rs. C-316/07 u.a. (Markus Stoß u.a.) -, Rn. 76 ff.; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8. November 2013 ‑ 3 M 244/13 -, juris.
1992. Das dem Beklagten durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n. F. eröffnete Ermessen ist zu Lasten der Klägerin dahingehend reduziert, dass zwingend das Veranstalten des öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden muss (a). Jedenfalls lässt § 40 VwVfG NRW eine Ermessensausübung im Sinne der hier verfügten Untersagung zu (b).
200a) Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich aus § 284 Abs. 1 StGB, weil die Klägerin öffentliche Glücksspiele ohne Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde in Nordrhein-Westfalen veranstaltet und damit den objektiven Straftatbestand verwirklicht. Dieser Umstand verengt den Ermessensspielraum des Beklagten auf die verfügte Untersagung, weil der Erlaubnisvorbehalt anwendbar ist und der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis auch entgegengehalten werden kann.
201Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 ‑ 8 C 17.12 -, juris, und - 8 C 39.12 -, juris.
202aa) Das sonstige Glücksspiel, das die Klägerin neben den Sportwetten im Internet anbietet, ist weiterhin offensichtlich nicht erlaubnisfähig, weil es gegen das - generelle - Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. verstößt (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 b) AG GlüStV NRW n. F.). Die Erlaubnismöglichkeit nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. besteht hierfür nicht. Die Beschränkung in § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. ist - wie die wortgleiche Vorgängerregelung in § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. - ihrerseits unionsrechts- und verfassungskonform.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 4.10 ‑, juris; BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris.
204Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich gelten als etwa Automaten- und Casinospiele,
205vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris; Windoffer, GewArch 2012, 388 (390),
206dient der „besseren Erreichung der Ziele des § 1“ (GlüStV n. F.) und knüpft die Erlaubniserteilung an strenge Voraussetzungen.
207Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 928/08 -, juris (zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV a. F.)
208Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, dass in Schleswig-Holstein in der Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 8. Februar 2013 abweichende Regelungen galten. Dieser Umstand betrifft allein die Vergangenheit und ließ - wie ausgeführt - schon dort die Geeignetheit des Internetverbots nicht entfallen. Dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz vom 20. Oktober 2011 erteilten Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen und Sportwettenlizenzen trotz Aufhebung des Glücksspielgesetzes im Übrigen für sechs Jahre weitergelten (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze in Verbindung mit §§ 4 Abs. 3, 19, 22 GlSpielG SH), führt gegenwärtig ebenfalls nicht dazu, dass das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Ziele nicht beitragen kann. Abgesehen davon, dass sie auf Schleswig-Holstein begrenzt sind, wären sie als vorübergehende „Fehlentwicklung“ unionsrechtlich hinnehmbar.
209bb) Auch hinsichtlich des Angebots von Sportwetten kann der Klägerin das Fehlen der Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. entgegengehalten werden. Dies folgt allerdings nicht mehr allein aus dem Umstand, dass gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele im Internet (ohnehin) verboten wäre. Vom Internetverbot kann nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV n. F. dispensiert werden. Für die Inhaber einer Konzession für Sportwetten wird das Internetverbot nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV n. F. entsprechend gelockert.
210Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12. -, juris, m. w. N.
211Über eine Sportwettenkonzession verfügt die Klägerin aber nicht, was ihr auch entgegengehalten werden kann. Die Erlangung der erforderlichen Erlaubnis ist nicht rechtlich oder faktisch unmöglich. Die Veranstalter und Vermittler von Sportwetten können nunmehr nach §§ 4 ff. GlüStV n. F. eine Erlaubnis erhalten. Gemäß § 10a GlüStV n. F. dürfen Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden. Die Klägerin nimmt auch am laufenden Konzessionsverfahren in Hessen teil.
212Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmung, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot sind zu beachten. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen.
213Vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - Rs. C-203/08 (Sporting Exchange) -, juris, vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08 (Engelmann) -, juris, vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08 (Carmen Media) -, juris, vom 16. Februar 2012 - Rs. C-72/10 (Costa und Cifone) -, juris, und vom 24. Januar 2013 - Rs C-186/11 (Stanleybet) -, juris.
214Diesen Anforderungen wird durch die im Rahmen des GlüStV n. F. gemäß der Richtlinie 98/34/EG, geändert durch Richtlinie 98/48/EG, notifizierten §§ 4a bis 4e GlüStV n. F., insbesondere durch das in § 4b GlüStV n. F. geregelte Verfahren, Rechnung getragen.
215Vgl. Stellungnahmen der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 – C(2011) 5319 – und vom 20. März 2012 – 2011/0188/D – zur Notifizierung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags.
216Nach § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV n. F. wird die Konzession nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt. Danach ist die Konzession unter Beachtung der Erfordernisse, die sich aus Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) ergeben, zu erteilen.
217Vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/11995, S. 24; Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 6.
218Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV n. F. geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV n. F.). Insgesamt ist die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend (vgl. § 4b GlüStV n. F.). Ob das Konzessionsverfahren beim Innenministerium des Landes Hessen nach diesen Kriterien verläuft bzw. ob eine auf dieser Grundlage erteilte bzw. abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann der Bewerber gerichtlich überprüfen lassen.
219Vgl. Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, Kommentar, 2. Auflage 2013, § 4b GlüStV Rn. 8.
220Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Verfahrens durch das hessische Innenministerium betreffen in diesem Sinne allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, wenn diese nicht entsprechend der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben im GlüStV n. F. ergangen ist.
221Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und der Vermittler - wie hier - möglich ist und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung steht.
222Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
223Entgegen der Auffassung der Klägerin führt auch die - aus ihrer Sicht überlange - Dauer des Konzessionsverfahrens beim hessischen Innenministerium nicht dazu, dass anzunehmen wäre, die Erlangung einer Konzession sei unmöglich. Die Verfahrensdauer begründet nicht die Annahme systematischer Rechtsmängel der normativen Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens. Sie kann sich auch daraus ergeben, dass bislang alle Bewerber die Erteilungsvoraussetzungen in § 4a GlüStV n. F. nicht erfüllen und die Möglichkeit einer Nachbesserung ihrer Bewerbung erhalten sollen. Zudem kann die Klägerin Verzögerungs- bzw. Untätigkeitsrügen gerichtlich - im Wege einer Untätigkeitsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO - geltend machen, so dass dem Bewerber hiergegen Rechtsschutz zur Verfügung steht.
224Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Dezember 2013 ‑ 5 K 1244/12. WI -, juris, und Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 5 L 970/13.Wi -, juris.
225Dass in der Zwischenzeit der staatliche Lottoblock nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. den Wettbetrieb aufrechterhält, verpflichtet den Beklagten ebenfalls nicht, von der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts abzusehen. § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. ist eine Übergangsregelung. Es wird auch nicht etwa ein unionsrechtswidriges Monopol während der Überlegungen zur Reform der Glücksspielregulierung fortgeführt. Der Gesetzgeber hat die Regelungen vielmehr reformiert und sich für eine begrenzte Liberalisierung entschieden. Er hat das Glücksspiel nicht gänzlich freigegeben, sondern sich aus Gründen der Gefahrenabwehr für ein Konzessionsverfahren entschieden, in dessen Übergangszeit (bis zu einem Jahr nach dessen Abschluss) das staatliche Wettangebot aufrechterhalten wird. So verlangt auch das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle.
226Vgl. EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/112 u.a. Stanleybet -, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
227Hinzu kommt, dass - anders als bei den terrestrischen Angeboten in den Wettbüros - das Glücksspielangebot im Internet schon in der Vergangenheit wegen des Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. aus monopolunabhängigen Gründen für alle Anbieter nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Einen Anspruch auf vorübergehende Duldung dieser unerlaubten - hier in der Vergangenheit auch nicht erlaubnisfähigen - Tätigkeit ohne nähere Prüfung und unter Hinnahme strafrechtlicher Verstöße vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.
228Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris; anders zu den Wettbüros: OVG NRW, Beschluss vom 20. Dezember 2013 - 4 B 574/13 -; OVG Saarland, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 3 B 268/12 -, juris; VG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2013 - 4 E 331/12 -.
229Der Erlass einer auf das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis gestützten Untersagungsverfügung scheidet auch nicht deshalb aus, weil die materielle Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltungstätigkeit dem Grunde nach offensichtlich gegeben ist oder aber mit Nebenbestimmungen gesichert werden könnte, so dass die Erlaubnis sogleich erteilt werden müsste.
230Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 ‑, juris, vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris, und vom 24. November 2010 - 8 C 13.09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2012 - 4 A 2847/08 -, juris; Sächs. OVG Beschluss vom 4. Januar 2011 - 3 B 507/09 -, juris.
231Für den Beklagten ist ein Erlaubnisanspruch der Klägerin für ihr Sportwettenangebot im Internet nicht offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar. Es hätte zumindest einer weiteren Prüfung bedurft, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4a Abs. 4 GlüStV n. F. erfüllt, da sie im Internet auch unzulässige Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n. F.) und Casinospiele (§ 4 Abs. 4 GlüStV n. F.) anbietet. Eine nähere Prüfung der Erlaubnisfähigkeit kann die Bezirksregierung E. auch nicht vornehmen, weil nicht das beklagte Land, sondern gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV n. F. das Land Hessen für die Erteilung der Konzessionen und damit auch für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen zuständig ist. Dass die Klägerin nach ihren Angaben die zweite Stufe des Konzessionsverfahrens erreicht hat und zudem am 19. Dezember 2012 eine Genehmigung für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen durch das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein erhalten hat, belegt nicht die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit ihres derzeitigen Internetangebots in Nordrhein-Westfalen. Aber auch wenn von der materiellen Erlaubnisfähigkeit auszugehen wäre, könnte ihr das Fehlen der Erlaubnis entgegengehalten werden. Es ist völlig ungewiss, ob die Klägerin eine Konzession erhält, da die Höchstzahl der Konzessionen für Sportwetten gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV n. F. auf 20 begrenzt ist.
232b) Selbst wenn man keine Ermessensreduzierung auf Null annimmt, ist die Untersagungsverfügung derzeit rechtmäßig.
233Die Begründung der Untersagung im Bescheid vom 3. Juni 2008 ist allerdings ermessensfehlerhaft. Sie trägt die Verfügung nicht (mehr), weil es das von der Bezirksregierung E. angeführte (generelle) Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. so nicht mehr gibt. Diese Begründung hat die Bezirksregierung E. aber im Hinblick auf die neue Rechtslage in formell ordnungsgemäßer Weise durch Gesichtspunkte ergänzt, die das Wesen des Verwaltungsakts nicht verändern und materiell nicht zu beanstanden sind. Ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zulässig ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht und dem Verwaltungsverfahrensrecht. § 114 Satz 2 VwGO regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen veränderte Ermessungserwägungen im Prozess zu berücksichtigen sind.
234Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris.
235aa) Das Nachschieben der Ermessenserwägungen genügt den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des § 37 VwVfG NRW. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darf durch die Änderung der Begründung des Verwaltungsakts im gerichtlichen Verfahren der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden. Wird die Änderung erst in einem laufenden Verwaltungsprozess erklärt, so muss die Behörde unmissverständlich deutlich machen, dass es sich nicht nur um prozessuales Verteidigungsvorbringen handelt, sondern um eine Änderung des Verwaltungsakts selbst. Außerdem muss deutlich werden, welche der bisherigen Erwägungen weiterhin aufrechterhalten und welche durch die neuen Erwägungen gegenstandslos werden. Andernfalls wäre dem Betroffenen keine sachgemäße Rechtsverteidigung möglich.
236Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, und vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 -, juris.
237Das Vorbringen des Beklagten genügt diesen Anforderungen. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2014 ausdrücklich erklärt, die Untersagungsverfügung nunmehr auch ergänzend auf die neuen Vorschriften des GlüStV, auf den Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs. 1 GlüStV n. F.- wobei kein offensichtlicher Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis vorliege - und auf das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV n. F. zu stützen. Hieraus wird hinreichend deutlich, dass es um die Ergänzung der Begründung des Verwaltungsakts selbst geht und nicht nur um ein prozessuales Verteidigungsvorbringen des Beklagten. Einer Erklärung, welche Erklärungen in der „alten“ Verfügung damit gegenstandslos werden, bedurfte es nicht, weil es hier um die Anpassung der Verfügung an die nunmehr geltende Rechtslage ging. Der Beklagte musste auch nicht näher eingrenzen, ob die Verfügung auch für zurückliegende Zeiträume auf die neuen Vorschriften gestützt wird, was die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigen könnte. Denn unter der Geltung des GlüStV n. F. sind vorliegend keine in der Vergangenheit liegenden Zeiträume streitgegenständlich.
238bb) Mit diesen nachträglichen Erwägungen wird auch nicht das Wesen des Verwaltungsakts verändert. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Der Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen kann zulässig sein, soweit die Begründung der glücksspielrechtlichen Untersagung (nur) für die Zukunft geändert wird. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung muss eine solche Untersagung einer Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung tragen. Sie ist deshalb auf eine Anpassung an jeweils neue Umstände angelegt und wird dadurch nicht zwangsläufig in ihrem Wesen verändert. So wie die Behörde die Untersagung mit neuer Begründung neu erlassen könnte, kann sie das Verbot auch mit geänderter Begründung für die Zukunft aufrechterhalten.
239Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 -, juris, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung; Posser/Wolf, VwGO, Kommentar, 2. Auflage 2014, § 114 VwGO Rn. 40 ff. ; Wolf, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, Kommentar, 3. Auflage 2010, § 114 Rn. 205.
240Hiervon ausgehend ist eine Wesensänderung zu verneinen. Die Bezirksregierung E. hat die Begründung des Verwaltungsakts, der immer noch auf dasselbe Ziel wie in der Vergangenheit gerichtet ist, lediglich durch materiell-rechtliche Gründe ergänzt, die bereits bei seinem Erlass am 3. Juni 2008 angelegt waren. Die Untersagung dient nach wie vor im Hinblick auf den Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 GlüStV n. F. - damit der Gefahrenabwehr - und nicht etwa des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols. Schon bei Erlass hatte die Bezirksregierung E. mit dem Hinweis auf § 4 Abs. 4 GlüStV a. F. auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit abgestellt. Diese Begründung hat sie dadurch ergänzt, dass auch jetzt keine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit gegeben ist. Die Rechtsverteidigung der Klägerin wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da die Ergänzung (nur) die glücksspielrechtliche Untersagung mit Wirkung ex nunc betrifft.
241cc) Die vom Beklagten angeführte formelle Illegalität der Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel im Internet durch die Klägerin und deren fehlende offensichtliche Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen die durch ihn verfügte Untersagung. Die Bezirksregierung E. überschreitet damit nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 VwVfG NRW).
242Das Verhältnismäßigkeitsgebot verpflichtet den Beklagten nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar ist. Dann ist die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigen dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall ist die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts ist also nicht auf Fälle beschränkt, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, juris.
244Aus den bereits ausgeführten Gründen fehlt es hier an einer offensichtlichen Erlaubnisfähigkeit bzw. kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin in Hessen eine Konzession erteilt wird.
245Auch die unionsgerichtliche Rechtsprechung schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit bzw. bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nicht aus.
246Der Beklagte überschreitet zudem mit seinem Festhalten an der „alten“ Untersagungsverfügung nicht mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG sein Untersagungsermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass die zuständige Behörde bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einschreitet; sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit sie anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss sie hierfür sachliche Gründe angeben.
247Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992 ‑ 7 B 106.91-, juris; Bay.VGH, Urteil vom 26. Juni 2012 - 10 BV 09.2259 -, juris.
248Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
249Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 - , juris.
250Der Beklagte schreitet zwar aktuell gegen andere Sportwettenveranstalter im Internet nicht ein. Gleichwohl liegt hierin kein strukturelles Vollzugsdefizit, das seinem Festhalten an der Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin entgegenstünde. Der Beklagte ist mit den bereits ergangenen Untersagungsverfügungen nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gegen alle ihm derzeit bekannten Veranstalter von Sportwetten im Internet vorgegangen, während die staatlichen Anbieter keine Sportwetten im Internet veranstalten. Ferner unterscheiden sich etwaige „Neufälle“ auch von den bereits bei Gericht anhängigen „Altfällen“, zu denen auch das vorliegende Verfahren zu zählen ist: Aufgrund der derzeit unsicheren Rechtslage ist es aus Sicht der Behörde sachgerecht, diese zunächst im Rahmen der bereits anhängigen Gerichtsverfahren klären zu lassen, bevor etwaige weitere Veranstalter ermittelt und neue Untersagungsverfügungen ausgesprochen werden. Auch weil sich einige davon durch die Erteilung einer Sportwettenkonzession erledigen werden, ist es nicht sachwidrig, den Ausgang des Konzessionsverfahrens abzuwarten, bevor neue Untersagungsverfügungen ergehen.
251Die Untersagung des Beklagten ist im Übrigen geeignet, notwendig und auch angemessen, um die Klärung der Erlaubnisfähigkeit im Konzessionsverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die formell illegale Tätigkeit objektive Straftatbestände und ungeprüfte Gefahren verwirklicht werden. Als milderes Mittel kommt eine Duldung unter Nebenbestimmungen nicht in Betracht, da die Glücksspielveranstaltung im Internet gerade nicht offensichtlich erlaubnisfähig ist.
252c) Letztlich wird mit der Untersagungsverfügung des Beklagten - soweit es um die Regelungswirkung für die Gegenwart und Zukunft geht - von der Klägerin nicht etwas rechtlich oder tatsächlich Unmögliches gefordert. Die Klägerin hat zwar seit dem 19. Dezember 2012 eine Genehmigung des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Onlinecasinospielen, so dass ihr eine bundesweite Sperrung aller Nutzer, die aus Deutschland auf ihr Onlineangebot zugreifen, nicht zumutbar sein dürfte. Sie kann aber die Geolokalisation ‑ wie bereits ausgeführt - auf Nordrhein-Westfalen beschränken, selbst wenn dann die Treffsicherheit nicht mehr so hoch sein sollte. Zudem werden die von der Klägerin geltend gemachten Ungenauigkeiten insbesondere in den Grenzbereichen der einzelnen Bundesländer bestehen. Nutzer aus Schleswig-Holstein wären hiervon nicht betroffen, so dass eine Sperrung dieser an sich berechtigten Spieler aufgrund technischer Ungenauigkeiten in Grenzgebieten zu Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen werden kann.
253Die Rechtmäßigkeit der Fristsetzung in Ziffer 4 und der Gebührenfestsetzung in Ziffer 6 der Verfügung vom 3. Juni 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. Mai 2009 unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 der Verfügung ist nicht mehr streitgegenständlich, nachdem der Beklagte diese mit Bescheid vom 13. August 2008 aufgehoben hat.
254Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
255Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
256Die Revision ist zuzulassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Bescheide mit Wirkung ex nunc gerichtet ist. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.