Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 18. Okt. 2010 - 1 S 2029/10

bei uns veröffentlicht am18.10.2010

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. August 2010 - 2 K 1720/10 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
1. Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13.08.2010, mit dem ihre Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Einberufung einer Sondersitzung des Gemeinderats abgelehnt wurden, ist zwar fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) sowie begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und auch sonst zulässig.
Dies gilt auch hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren erstmals gestellten Hilfsanträge. Zwar handelt es sich insoweit um eine im Beschwerdeverfahren mit Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO im Regelfall unzulässige Antragserweiterung. Nach diesen Vorschriften muss sich die Beschwerdebegründung mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandersetzen und hat der Verwaltungsgerichtshof nur die dargelegten Gründe zu prüfen. Mit dieser der Entlastung der Oberverwaltungsgerichte dienenden Qualifizierung der Beschwerdebegründung einerseits und der Beschränkung des Prüfungsumfangs andererseits in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine Antragsänderung oder -erweiterung in der Beschwerdeinstanz regelmäßig nicht vereinbar (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.01.2006 - 11 S 1455/05 - VBlBW 2006, 285 m.w.N.). Eine Ausnahme hiervon ist jedoch aus Gründen effektiven Rechtsschutzes zu machen, soweit es um eine sachdienliche Antragserweiterung geht, mit der der Beschwerdeführer einer Änderung der Sachlage Rechnung trägt, die vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingetreten ist und daher noch in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden kann (vgl. zu letzterem Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 42; Bader in Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 146 Rn. 36; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.01.2006 - 6 S 1860/05 - VBlBW 2006, 323). Es wäre ein Wertungswiderspruch, einerseits neues Vorbringen bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist zuzulassen, andererseits aber eine hierauf bezogene sachdienliche Antragserweiterung auszuschließen. Auch der Beschleunigungs- und Vereinfachungseffekt des § 146 Abs. 4 VwGO würde konterkariert, wenn in dieser Konstellation die ursprünglichen Anträge im Beschwerdeverfahren weiterverfolgt werden müssten und der Beschwerdeführer bezüglich neuer Anträge darauf verwiesen würde, ein zusätzliches erstinstanzliches Eilrechtsschutzverfahren einzuleiten. Bereits die einengenden Voraussetzungen des § 91 VwGO - die freilich erfüllt sein müssen - tragen dazu bei, dass sich das Beschwerdegericht nicht mit Änderungen des Streitgegenstandes befassen muss, bei denen die Einleitung eines neuen Gerichtsverfahrens besser ist (so auch Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 146 Rn. 94).
Daran gemessen ist die Antragserweiterung hier zuzulassen. Die Haupt- wie die in der Beschwerdeinstanz erstmals gestellten Hilfsanträge zielen auf Einberufung einer Sondersitzung des Gemeinderats der Stadt Ettlingen zur Fusion der Sparkassen Ettlingen und Karlsruhe. Die antragstellenden Gemeinderäte streben eine rechtliche Überprüfung der Beschlüsse der Trägerversammlung der Sparkasse Ettlingen zur Fusion der Sparkassen unter dem Gesichtspunkt der Mitwirkung eines befangenen Amtsträgers bei der Beschlussfassung an. Der Hauptantrag ist darauf gerichtet, dass die Stadt Ettlingen beim Regierungspräsidium Karlsruhe einen Antrag auf Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) der aufsichtsrechtlichen Genehmigung der Fusion stellt. Nach dem Hilfsantrag soll, nachdem - nach Ergehen der erstinstanzlichen Entscheidung - das Regierungspräsidium in Kenntnis des von den Antragstellern unterbreiteten Sachverhalts eine Befangenheit der Vorsitzenden der Trägerversammlung verneint und die Fusion der Sparkassen zum 01.11.2010 mit Bescheid vom 18.08.2010 erneut genehmigt hat, die Stadt Ettlingen veranlasst werden, gegen diese aufsichtsrechtliche Genehmigung den zulässigen Rechtsbehelf einzulegen. Mit diesem Hilfsantrag werden keine neuen Rechtsfragen aufgeworfen, die sich nicht bereits bezogen auf den Hauptantrag stellen. Der Streitstoff bleibt in entscheidungserheblicher Hinsicht identisch. Im Kern geht es darum, ob die Frage der Rechtswidrigkeit der Fusionsbeschlüsse der Trägerversammlung wegen der möglichen Befangenheit der Antragsgegnerin als Vorsitzende der Trägerversammlung in die Befassungskompetenz des Gemeinderats fällt. Die Antragserweiterung ist daher sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO.
2. Die Beschwerden haben jedoch keinen Erfolg. Die von den Antragstellern vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten keine andere Entscheidung. Den Antragstellern fehlt bereits die erforderliche Antragsbefugnis, weil eine Befassungskompetenz des Gemeinderats mit der Frage der Rechtswidrigkeit der Fusionsbeschlüsse der Trägerversammlung der Sparkasse Ettlingen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt denkbar ist.
Der kommunalverfassungsrechtliche Organstreit ist dadurch gekennzeichnet, dass Gemeindeorgane oder Organteile über Bestand und Reichweite zwischen- oder innerorganschaftlicher Rechte streiten. Nach dem die Verwaltungsgerichtsordnung beherrschenden Prinzip des subjektiven Rechtsschutzes ist auch in einem Kommunalverfassungsstreit eine Klage oder ein Antrag nur zulässig, wenn und soweit der jeweilige Kläger oder Antragsteller sich auf eine Rechtsposition berufen kann, die ihm durch das Gesetz eingeräumt ist (§ 42 Abs. 2 VwGO entspr.). Eine Klage, die auf die Feststellung einer allein objektiv-rechtlichen Überschreitung oder Unterschreitung von Kompetenzen eines Organs gerichtet ist und nicht dem weiteren Erfordernis genügt, dass der Kläger oder Antragsteller durch rechtswidriges Organhandeln in einer ihm gesetzlich eingeräumten Rechtsposition verletzt sein kann, bleibt auch im Gewand des kommunalverfassungsrechtlichen Organstreits eine unzulässige Popularklage (Senatsurteil vom 24.02.1992 - 1 S 2242/91 - VBlBW 1992, 375). Dies gilt auch für eine Leistungsklage, bei der ein Organ die Verurteilung eines anderen Organs erreichen will, seine Kompetenzen in einem bestimmten Sinn auszuüben (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 05.02.2002 - 11 K 1851/01 - VBlBW 2002, 536 m.w.N.).
Vorliegend machen die Antragsteller geltend, dass sie in ihrem Recht aus § 34 Abs. 1 Satz 3 GemO verletzt sind. Nach dieser Vorschrift hat der Bürgermeister unverzüglich den Gemeinderat einzuberufen, wenn es ein Viertel der Gemeinderäte unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes beantragt.
§ 34 Abs. 1 Satz 3 GemO schützt nicht lediglich ein Interesse der Allgemeinheit, sondern vermittelt dem in dieser Vorschrift festgelegten Quorum von Gemeinderatsmitgliedern eine subjektive Rechtsposition. Dies gilt indes nur unter der in § 34 Abs. 1 Satz 5 GemO normierten Voraussetzung, dass die Verhandlungsgegenstände zum Aufgabengebiet des Gemeinderats gehören. Dies ist der Fall, wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, die in die Zuständigkeit der Gemeinde fällt (Verbandszuständigkeit). Des Weiteren muss der zu behandelnde Tagesordnungspunkt zum Zuständigkeitsbereich des Gemeinderats gehören (Organzuständigkeit). Zweck des § 34 Abs. 1 Satz 5 GemO ist es zu verhindern, dass der für die Einberufung der Gemeinderatssitzungen verantwortliche Bürgermeister gezwungen wird, zu Verhandlungsgegenständen Sitzungen einzuberufen, die der Zuständigkeit des Gemeinderats entzogen sind, weil es sich um Angelegenheiten entweder des Bürgermeisters oder fremder Aufgabenträger handelt (Senatsurteil vom 29.05.1984 - 1 S 474/84 - VBlBW 1984, 312 <313>).
Hier haben die Antragsteller offensichtlich keinen Anspruch auf Einberufung einer Gemeinderatssitzung zu dem Thema Genehmigung der Sparkassenfusion, weil dieser Verhandlungsgegenstand eindeutig nicht zum Aufgabengebiet des Gemeinderats gehört. Das Gesetz geht von einer weitgehenden Trennung von Sparkassenrecht und Kommunalrecht aus. Die Sparkassen sind rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts (§ 1 SpG), die das Recht der Selbstverwaltung besitzen (Art. 71 Abs. 1 Satz 3 LV) und die ihre durch das Sparkassengesetz (§ 6 SpG) und ihre Satzung (§ 7 SpG) zugewiesenen Aufgaben in eigener Verantwortung durch ihre Organe (§ 11 SpG: Verwaltungsrat, Kreditausschuss und Vorstand) erfüllen. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Bürgermeister, der gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SpG Vorsitzender des Verwaltungsrats ist, seine Rechtsstellung nicht aus der Gemeindeordnung, sondern allein aus dem Sparkassengesetz herleitet und dass es sich bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als geborener Verwaltungsratsvorsitzender nicht um eine Angelegenheit der Gemeinde und ihrer Verwaltung, sondern um eine eigene Angelegenheit der Sparkasse handelt (Urt. v. 25.09.1989 - 1 S 3239/88 - VBlBW 1990, 20 <21>). Auch die Fusion von Sparkassen mit mehreren Trägern ist im Sparkassengesetz abschließend geregelt, ohne dass insoweit den Gemeinderäten der Trägergemeinden Rechte eingeräumt sind. Zwar erfolgt die Vereinigung mehrerer Sparkassen nach § 3 Abs. 1 SpG grundsätzlich durch übereinstimmende Beschlüsse der Hauptorgane der Träger, d.h. der Gemeinderäte. Dies gilt allerdings nicht bei Sparkassen mit mehreren Trägern, wie dies bei der Sparkasse Ettlingen der Fall ist. Hier nimmt die Versammlung der Träger die im Sparkassengesetz dem Hauptorgan des Trägers übertragenen Aufgaben wahr (§ 8 Abs. 6 Satz 2 SpG). Die Versammlung der Träger besteht aus den gesetzlichen Vertretern der Träger, d.h. aus den Bürgermeistern (§ 8 Abs. 7 Satz 1 SpG). Vorsitzender der Trägerversammlung ist regelmäßig der Bürgermeister der Gemeinde, in der die Sparkasse ihren Sitz hat (§ 8 Abs. 8 Satz 1 SpG). Die Bürgermeister haben als geborene Mitglieder die Aufgaben in der Trägerversammlung in eigener Zuständigkeit wahrzunehmen. Eine Weisungsbefugnis der Gemeinderäte besteht nach dem Sparkassenrecht nicht. Da die Sparkassen nicht zu den privatrechtlichen Unternehmen im Sinne des § 104 GemO zählen, besteht nach dem Kommunalrecht ebenfalls keine Weisungsbefugnis. Eine entsprechende Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 3 GemO oder des § 13 Abs. 5 GKZ kommt nicht in Betracht, da das Sparkassengesetz, wie die Entstehungsgeschichte des heutigen § 8 Abs. 6 SpG verdeutlicht, keine planwidrige Regelungslücke enthält. Bis 1971 bedurfte auch die Vereinigung von Sparkassen mit mehreren Trägern entsprechender Beschlüsse der Hauptorgane der damaligen Gewährträger, also der Gemeinderäte. Durch § 37 des Kreisreformgesetzes vom 26.07.1971 (GBl. S. 314) erhielt der damalige § 7 Abs. 6 SpG folgende, dem heutigen § 8 Abs. 6 SpG vergleichbare Fassung:
„Sparkassen mit mehreren Gewährträgern haben eine Versammlung der Gewährträger. Die Versammlung der Gewährträger nimmt die in diesem Gesetz dem Hauptorgan des Gewährträgers übertragenen Aufgaben wahr. Ein Beschluß nach § 3 Abs. 1 Satz 1 bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Gewährträgerversammlung…“.
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Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (§ 38 Nr. 1) sollten zur Erleichterung des Zusammenschlusses von Sparkassen mit mehreren Gewährträgern nicht mehr übereinstimmende Beschlüsse der Hauptorgane aller Gewährträger notwendig sein, sondern die Vereinigung von der Gewährträgerversammlung mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden können. Diese gesetzliche Änderung der Zuständigkeit würde unterlaufen, wenn dennoch bindende Beschlüsse der einzelnen Gemeinderäte dem Beschluss der Trägerversammlung vorausgehen könnten oder gar müssten, die dann in der Trägerversammlung von den gesetzlichen Vertretern der Trägergemeinden nur noch zusammenzutragen wären (Klüpfer/Gaberdiel, SpG, Kommentar, 5. Aufl., § 8 Anm. VIII 4.). Ebenso würde die auch im Wortlaut des Gesetzes eindeutig zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers konterkariert, wenn man den Gemeinderäten der Trägergemeinden ein Recht einräumen würde, im Nachhinein die Rechtmäßigkeit einer Sparkassenfusion und/oder ihrer Genehmigung durch die Rechtsaufsicht (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 49 Abs. 1 SpG) gerichtlich überprüfen zu lassen. Die rechtsaufsichtliche Genehmigung des Sparkassenzusammenschlusses, deren Rückgängigmachung und/oder Anfechtung die Antragsteller betreiben wollen, betrifft sie nicht in ihren Rechten. Sie ist vielmehr eine Entscheidung auf der Ebene des vom Kommunalrecht zu unterscheidenden Sparkassenrechts und gehört jedenfalls dann nicht zum Aufgabengebiet des Gemeinderats, wenn es sich um eine Sparkasse mit mehreren Trägern handelt. Nichts anderes folgt daraus, dass der Genehmigungsvorbehalt der Sparkassenaufsicht die Möglichkeit geben soll, den betreffenden Vorgang im Rahmen der insoweit nicht auf eine reine Rechtskontrolle beschränkten Aufsicht (vgl. § 48 Abs. 2 SpG) auf seine Vereinbarkeit mit den Aufgaben der Sparkasse und den schutzwürdigen Belangen des Trägers, der Einleger und der kreditsuchenden Bevölkerungsteile, deren Berücksichtigung gemäß § 6 zu den primären Aufgaben der Sparkasse zählt, zu überprüfen (Klüpfer/Gaberdiel, a.a.O., § 53 Anm. II 4.). Hiermit wird lediglich der Umfang der Zweckmäßigkeitsaufsicht beschrieben, ohne dass zugleich den Sparkassenträgern oder den angeführten Personengruppen eine Klagebefugnis gegen die Genehmigung eingeräumt würde. Es handelt sich insoweit lediglich um einen Rechtsreflex, der keine Rechtsposition oder gar eine Klagebefugnis zu begründen vermag (vgl. BayVGH, Beschl. v. 16.12.1980 - 295 IV 76 - BayVBl 1981, 183 und Urt. v. 02.03.2010 - 8 BV 08.3320 - BayVBl 2010, 599).
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Eine Verletzung des Gemeinderats oder einzelner Gemeinderäte in eigenen Rechten erscheint auch deshalb ausgeschlossen, weil die Überprüfung der Fusionsgenehmigung nicht unter dem Aspekt eines vermeintlichen Weisungsrechts des Gemeinderats, welches - wie ausgeführt - nicht besteht, sondern ausschließlich unter dem Aspekt der Mitwirkung der Antragsgegnerin in ihrer Funktion als Vorsitzende der Trägerversammlung begehrt wird. Insoweit würde es selbst dann an der erforderlichen Antragsbefugnis fehlen, wenn nicht die Trägerversammlung der Sparkasse, sondern - wie dies etwa nach der Rechtslage in Nordrhein-Westfalen vorgesehen ist - der Gemeinderat über die Fusion beschlossen hätte. Denn die unberechtigte Mitwirkung von wegen Befangenheit von der Abstimmung auszuschließenden Ratsmitgliedern verletzt keine im Kommunalverfassungsstreitverfahren durchsetzbaren organschaft-lichen Rechte der übrigen Ratsmitglieder (vgl. OVG NRW, Urt. v. 02.05.2006 - 15 A 817/04 - juris).
12 
Schließlich ergibt sich eine Befassungskompetenz des Gemeinderats nicht aus dem ihm in § 24 Abs. 1 Satz 3 GemO eingeräumten (beschränkten) allgemeinen Kontrollrecht. Zum einen ist dieses Kontrollrecht bereits deshalb nicht einschlägig, weil die Antragsgegnerin ihre sich aus dem Sparkassengesetz ergebenden Aufgaben als Vorsitzende der Trägerversammlung in eigener Zuständigkeit wahrnimmt. Zum anderen setzt es einen Missstand in der Gemeindeverwaltung voraus. Auch daran fehlt es indes selbst dann, wenn man unterstellt, die Antragsgegnerin hätte bei der Beschlussfassung in der Trägerversammlung nicht mitwirken dürfen. Denn geringfügige oder einmalige Verstöße vermögen von vornherein keinen Missstand zu begründen, vielmehr muss der beanstandete Zustand von einer gewissen Dauer sein und nachhaltig negative Auswirkungen auf den Verwaltungsablauf oder das Gemeinschaftsleben in der Gemeinde haben (vgl. Kunze/Bronner/Katz, GemO, Kommentar, § 24 Rn. 10).
13 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
14 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. In kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeiten geht der Senat in Anlehnung an Nr. 22.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., Anh § 164 Rn. 14) von einem Streitwert von 10.000,-- EUR aus. Eine Reduzierung nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs kommt hier nicht in Betracht, da das Begehren der Antragsteller auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 19. August 2005 - 1 K 905/05 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09. Mai 2005 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere ausreichend begründete (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) Beschwerde hat Erfolg. Jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen für einen Sofortvollzug der angefochtenen Gewerbeuntersagung nicht (mehr) vor mit der Folge, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers - entsprechend seinem sinngemäßen Antrag - wieder herzustellen bzw. anzuordnen ist.
Der Senat lässt offen, ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller sei gewerberechtlich unzuverlässig (§ 35 Abs. 3 GewO), auf der Grundlage der damaligen Tatsachenbasis zutraf und ob sie sich ggf. auch jetzt noch aufrechterhalten ließe. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist im Falle einer Gewerbeuntersagung die Anordnung des Sofortvollzugs nicht allein schon deshalb gerechtfertigt, weil sich die Maßnahme in der Hauptsache voraussichtlich als rechtmäßig erweist. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass Anhaltspunkte für die Besorgnis bestehen, der Betroffene werde bei einem Aufschub der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren sein bisheriges Verhalten fortsetzen und die berechtigten Belange der Allgemeinheit, zu denen insbesondere die des Fiskus zählen, zusätzlich gefährden (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 26.10.2004 - 6 S 1477/04 - mit zahlr. Nachw.; zur Bedeutung des Art. 12 Abs. 1 GG im Zusammenhang von Gewerbeuntersagungen ferner BVerfG, Beschlüsse vom 13.08.2003, NJW 2003, 3617, und vom 24.10.2003, NJW 2003, 3618). Das ist bei der gegebenen Sachlage nicht (mehr) der Fall. Dies folgt allerdings nicht schon aus dem Vorbringen des Antragstellers in der - innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO vorgelegten - Beschwerdebegründung; die dortigen Angaben über die Aussichten des Antragstellers, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf Dauer wahren zu können, sind auch insoweit zu wenig konkret, als es um das besondere Vollzugsinteresse geht. Hierauf kommt es jedoch nicht an, denn die weiteren Schriftsätze des Antragstellers erweisen, dass von ihm jedenfalls heute keine zusätzliche Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter zu besorgen ist.
Allerdings sind diese Schriftsätze erst nach Ablauf der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingegangen, so dass sie bei reiner Wortauslegung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, wonach das Beschwerdegericht nur die - fristgemäß - dargelegten Gründe prüft, nicht mehr berücksichtigt werden dürften mit der Folge, dass dem Antragsteller nur noch das Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO bliebe (in diesem Sinne Eyermann/Happ, VwGO, Nachtrag zur 11. Aufl., 2002, § 146 Anm. N 4; in der Sache ebenso Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 146 RdNr. 22). Einer derartigen Sichtweise vermag der Senat indessen nicht zu folgen. Beschränkung auf "schlichte" Wortauslegung im Sinne eines methodischen Rückzugs auf den "grammatischen" Auslegungsaspekt ist schon für sich genommen regelmäßig ungeeignet, den sachlichen Gehalt von Rechtsnormen zu erfassen. Im vorliegenden Zusammenhang gilt dies trotz der scheinbaren "Eindeutigkeit" des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO umso mehr, als sich systematische Gründe aufdrängen, die eine einschränkende Auslegung dieser Vorschrift unmittelbar nahe legen. § 146 Abs. 3 Satz 6 VwGO ist, wie auch die soeben zitierte Kommentarliteratur nicht verkennt (Eyermann/Happ, a.a.O.; Redeker/von Oertzen, a.a.O., RdNr. 24a), unmittelbar auf § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO bezogen, wonach die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, darlegen und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss. Die hierin enthaltene - an die Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO gebundene - Begründungslast enthält nach Überzeugung des Senats keine "Präklusion" (die sich zudem nur auf das Eilverfahren beschränken könnte), sondern will den Betroffenen im Interesse der Verfahrensbeschleunigung zwingen, sich innerhalb jener Frist substantiell mit der angegriffenen Entscheidung auseinanderzusetzen und die nach seiner Auffassung maßgeblichen Tatsachen vorzutragen. Dann aber kann sich § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur auf das beschränken, was der Betroffene bis zum Ablauf der Frist vortragen kann und muss. Für § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO muss dies angesichts der engen systematischen Verknüpfung mit jener Begründungslast umgekehrt bedeuten, dass sich die dem Beschwerdegericht auferlegte Beschränkung der Prüfungslast gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nicht auf Umstände erstrecken kann, die nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO weder vorgetragen werden konnten noch mussten; nur in dieser Auslegung wird der eigentliche Sinn der Vorschrift deutlich, die Verletzung der aus § 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO folgenden Begründungsobliegenheiten zu sanktionieren. Auf dieser Grundlage kann es dem Beschwerdegericht nicht verwehrt sein, sachlich-rechtlich entscheidungserhebliche Umstände zu berücksichtigen, die erst nach Ablauf der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO eingetreten sind.
Die Richtigkeit dieser einschränkenden Auslegung der Vorschrift wird bestätigt, wenn die Bedingungen sinnvoller und effektiver Rechtsschutzgewährung in den Blick genommen werden. Zum einen führte reine Wortauslegung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu einer durch keinerlei Sachgründe mehr zu rechtfertigenden Erschwerung des Eilrechtsschutzes. Da der soeben umschriebene Sanktionszweck der Vorschrift in diesem Verfahrensstadium als Sachgrund notwendigerweise ausscheidet, ist einzig noch der Beschleunigungszweck in Betracht zu ziehen. Dieser verliert indessen bei nachträglich eintretenden Umständen einen wesentlichen Teil seiner Bedeutung schon deshalb, weil dem Betroffenen das Abänderungsverfahren offen steht: Verweisung auf das Verfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO indessen wird die Gesamtdauer des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes typischerweise nicht verkürzen, sondern verlängern, so dass sich die Einbeziehung nachträglich eingetretener Umstände in das ohnedies laufende Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO schon deshalb aufdrängt (in gleicher Richtung wohl auch Bader, VwGO, 3. Aufl. 2005, § 146 RdNr. 36). Hinzu kommt, dass das Abänderungsverfahren mit erneutem Prozess- und Kostenrisiko verbunden ist; vollends unzumutbar erscheint eine Verweisung auf diese Verfahrensweise, wenn es - wie hier - um Wahrung von Rechtspositionen geht, die in den Schutzbereich von Grundrechten fallen (hier: Gewerbeausübung als Aktualisierung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG). Zum Zweiten bleibt es auch bei Berücksichtigung des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO grundsätzlich dabei, dass eigentliche Aufgabe der Beschwerdeinstanz die Richtigkeitskontrolle ist; dem widerspräche grundlegend, wenn sie, ohne dass dies aus Sachgründen zwingend geboten ist, gehalten wäre, gleichsam sehenden Auges eine sachlich-rechtlich falsche Entscheidung zu treffen. In der Rechtsprechung wird dies erkennbar insoweit für selbstverständlich gehalten, als das Beschwerdegericht ungeachtet des § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO die Beschwerde zurückweisen kann, wenn sie aus anderen, nicht vorgetragenen und ggf. von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) zu prüfenden Gründen erfolglos bleiben muss (Beschluss des Gerichtshofs vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 -; BayVGH, Beschluss vom 21.05.2003, NVwZ 2004, 251). Dann aber bedeutete es einen offenbaren Wertungswiderspruch, wenn in Fällen der vorliegenden Art nachträglich eingetretene Umstände nicht in die Erwägungen des Beschwerdegerichts einbezogen werden dürften. Dies alles gilt umso mehr, wenn berücksichtigt wird, dass der in der Hauptsache maßgebliche Zeitpunkt - der Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides - im vorliegenden Falle erst noch bevorsteht mit der Folge, dass nachträglich eingetretene entscheidungserhebliche Umstände dort in jedem Falle zu berücksichtigen sind. Dieser Zusammenhang bestätigt zugleich ein weiteres Mal, dass eine allein auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkte "Präklusion" ohne Sinn ist. Insgesamt gilt mithin, dass nachträglich eingetretene und vorgetragene Umstände bei der Entscheidung im noch laufenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu berücksichtigen sind, wenn die Beschwerde zulässig ist, insbesondere den prozessrechtlichen Bestimmungen des § 146 Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO entspricht.
Auf dieser Grundlage steht nach derzeit sicherer Einschätzung des Senats fest, dass jedenfalls im jetzigen Zeitpunkt kein besonderes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides (mehr) besteht. In der Beschwerdeerwiderung vom 24.10.2005 hat die Antragsgegnerin eingeräumt, dass die Steuerrückstände des Antragstellers am 18.10.2005 nur noch knapp 1.920,-- EUR, mithin nur noch etwas mehr als 1/3 der im angefochtenen Bescheid genannten Summe betragen hätten. Zwar hat sie versucht, dies unter Hinweis darauf zu relativieren, dass diese Verringerung nur auf Verrechnung beruhe und dass keine Zahlungen geleistet worden seien. Unabhängig von der Frage, ob dies bei der Begründung des besonderen Vollzugsinteresses überhaupt entscheidungserheblich wäre, ist der Eindruck, der durch diese Mitteilung erkennbar vermittelt werden sollte, jedenfalls durch den weiteren Ablauf überholt. Laut unbestrittenem Vorbringen im Schriftsatz vom 27.10.2005 hat der Antragsteller am nämlichen Tage 500,-- EUR ans Finanzamt geleistet; die Rückstände beliefen sich seither nur noch auf knapp 1.440,-- EUR. Laut Schriftsatz vom 03.11.2005 war eine weitere Zahlung in Höhe von 500,-- EUR erfolgt; die Steuerschuld betrug nun noch knapp 940,-- EUR. Am 18.11.2005 schließlich erfolgte eine weitere Zahlung 200,-- EUR. Insgesamt haben sich mithin die Steuerschulden des Antragstellers inzwischen um rund 80 % gemindert. Auch sonst zeichnet sich eine eher positive Entwicklung ab: Das Vorbringen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24.10.2005, der Antragsteller habe die "laufende Umsatzsteuervorauszahlung" für das 3. Quartal des Jahres 2005 noch nicht abgegeben, wurde mit Schriftsatz vom 03.11.2005, ohne dass dem seither widersprochen worden wäre, substantiiert widerlegt, und im Schriftsatz vom 20.12.2005 hat der Antragsteller - gleichfalls unwidersprochen - vorgetragen, eine inzwischen erfolgte Umsatzsteuer-Sonderprüfung habe keine Abweichungen von den angemeldeten Besteuerungsgrundlagen erbracht. Angesichts dieser Entwicklung kann kein Zweifel bestehen, dass im jetzigen Zeitpunkt nicht mehr die Rede davon sein kann, der Antragsteller werde sein Fehlverhalten bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren fortsetzen und hierbei die berechtigten Belange der Allgemeinheit zusätzlich gefährden. Schon deshalb ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wieder herzustellen bzw. - soweit es um die Androhung eines Zwangsgelds geht - anzuordnen.
Offen bleiben kann, inwieweit die seitherige Entwicklung Einfluss auf die Beurteilung der Frage hat, ob der Antragsteller - im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides - gewerberechtlich unzuverlässig ist; bei dieser Prüfung wird auch zu erwägen sein, ob sich das ursprünglich in der Tat nur wenig konkrete "Sanierungskonzept" (vgl. dazu die Beschwerdebegründung vom 26.09.2005) aufgrund der nachträglich eingetretenen Umstände möglicherweise als hinreichend tragfähig erweist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.