Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 10. Okt. 2011 - 6 A 650/08

bei uns veröffentlicht am10.10.2011

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin, gegründet zum Zwecke des Erwerbs von drei Ferienhäusern im Ostseebad X und Vermietung der darin befindlichen Wohnungen, wendet sich gegen die diesbezügliche Erhebung von Rundfunkgebühren.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin von Ferienhäusern in der Ferienanlage P in X, …, die ausweislich der im Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Auszüge aus einem Prospekt bzw. dem Internet (Bl. 1 bis 4) aus … Appartementhäusern mit je … Ferienwohnungen, insgesamt aus … Zwei- oder Vierzimmerwohnungen besteht, die jeweils mit Sat-TV und Hifi-Anlage ausgestattet sind. Am 16. Januar 2006 erkundigten sich zwei Beauftragte der Rundfunkanstalt bei Frau G, einer leitenden Mitarbeiterin der Fa. Feriendorf P Betriebs GmbH Co. KG, die in der Ferienanlage P seinerzeit 64 Ferienwohnungen betreute, nach dort vorgehaltenen Rundfunkempfangsgeräten. Frau G habe daraufhin erklärt, dass die Klägerin seit Mai 1998 Eigentümerin von (zunächst) 24 Ferienwohnungen gewesen sei. Bei Inbetriebnahme der Anlage im Mai 1998 seien alle Wohnungen jeweils mit einem Radio- und einem Fernsehgerät ausgestattet gewesen. Die Geräte seien nicht entfernt und die Anlage ganzjährig vermietet worden. Die Wohnungen der Klägerin würden allerdings nicht mehr durch die Fa. P verwaltet. Sie, Frau G, sei auch für die vorherige Verwalterfirma, die die Wohnungen der Klägerin in den ersten Jahren betreut habe, von Beginn an tätig gewesen. Mittlerweile würden die Wohnungen der Klägerin von der Fa. B Appartement & Immobilien Service GmbH (B) verwaltet.

3

Die daran anschließend am 16. Januar 2006 von den beiden Beauftragten der Rundfunkanstalt aufgesuchte Mitarbeiterin der Fa. B, Frau R, habe erklärt, dass der Klägerin nicht mehr wie am Anfang 24 Ferienwohnungen gehörten. In der Zwischenzeit seien drei Wohnungen veräußert worden, die Wohnung 17/1 im September 2004, die Wohnung 17/5 im März 2005 und die Wohnung 17/8 im Oktober 2005. Frau R habe ebenfalls bestätigt, dass alle Wohnungen mit Radio- und Fernsehgeräten ausgestattet seien.

4

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Bericht des Beauftragten K vom gleichen Tage (Anlage zum Aufnahmebeleg zum Belegbogen …) Bezug genommen, den beide Beauftragten unterzeichnet haben (Bl. 5 des Verwaltungsvorgangs des Beklagten).

5

Mit an die „… GbR“ gerichtetem Bescheid vom 3. August 2007 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin (unter der Teilnehmer-Nr. …) bezogen auf in der … in … X vorgehaltene Rundfunkempfangsgeräte für den Zeitraum 05/1998 bis 11/2006 Rundfunkgebühren nebst einem Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 19.742,17 Euro fest. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.

6

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit - am 25. April 2008 zugestelltem - Widerspruchsbescheid vom 24. April 2008, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurück.

7

Am 23. Mai 2008 hat die Klägerin gegen die vorgenannten Bescheide Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, der Gebührenbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, da sich aus ihm nicht ergebe, welches Grundstück bzw. welche Ferienwohnungen von der Gebührenerhebung erfasst seien. Darüber hinaus habe der Beklagte ein Bereithalten von Rundfunkempfangsgeräten ohnehin nicht nachgewiesen. Die Gebührenforderungen seien zudem zumindest teilweise verjährt.

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Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2011 hat die Klägerin ferner vorgetragen, im streitbefangenen Zeitraum in den Ferienwohnungen keine Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten zu haben. Es sei ihr schon aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, das Rundfunkangebot in Anspruch zu nehmen. Schließlich seien keine Radio- und Fernsehgeräte vorhanden gewesen.

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Die Klägerin beantragt,

10

den Bescheid vom 3. August 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 24. April 2008 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er ist der Auffassung, der Gebührenbescheid sei hinreichend bestimmt, weil er sich allein auf die der Klägerin gehörenden Ferienwohnungen in der Ferienanlage P beziehen könne. Da die Gebührenfestsetzung auf den Angaben einer leitenden Angestellten der Betreiberfirma beruhe, müsse die Klägerin den Gegenbeweis erbringen, dass sie im streitbefangenen Zeitraum keine Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten habe. Die bloße Behauptung, keine Geräte bereitgehalten zu haben, sei nicht ausreichend, weil sie zu unsubstantiiert sei. Der Verjährungseinrede stehe deshalb der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen, weil der Rundfunkteilnehmer aus der unterlassenen Anzeige keine Vorteile herleiten könne.

14

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 12. April 2011 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Gebührenbescheid vom 3. August 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 24. April 2008 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

17

Der an die Klägerin als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gerichtete Bescheid (vgl. hierzu auch VG Trier, Urt. v. 20.05.2010, Az. 2 K 63/10.TR; VG Hamburg, Urt. v. 28.01.2010, Az. 3 K 2366/08; jeweils juris) ist entgegen der Auffassung der Klägerin hinreichend bestimmt. Er weist nicht nur hinsichtlich des Adressaten, sondern auch des Regelungsinhalts die erforderliche hinreichende Bestimmtheit auf. Dass aus dem Bescheid, mit dem der Beklagte die rückständigen Rundfunkgebühren für den Zeitraum von Mai 1998 bis November 2006 festgesetzt hat, nicht ausdrücklich hervorgeht, für welche Geräte in welchen Ferienwohnungen von der Klägerin Gebühren verlangt werden, steht dem nicht entgegen. Der Regelungsinhalt des Bescheides ist nämlich auch ohne dahingehende Angaben oder Bezugnahmen eindeutig. Erhoben werden Gebühren für den vorgenannten Zeitraum bezogen auf Geräte, die in den Ferienwohnungen der Ferienanlage P bereitgehalten worden seien, die im Eigentum der Klägerin standen. Die von der Klägerin vermissten Angaben oder Bezugnahmen sind dagegen nicht dem Regelungsinhalt, sondern der Begründung des Verwaltungsakts zuzuordnen. Auf letztere konnte hier nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 des hiesigen Verwaltungsverfahrensgesetzes, das auf die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit des Beklagten in Mecklenburg-Vorpommern anwendbar ist (vgl. VG Schwerin, Urt. v. 30.12.2009, Az. 6 A 857/07, juris), jedoch verzichtet werden, weil für die Klägerin aus den Gesamtumständen ohne weiteres erkennbar war, inwieweit der Beklagte ihr gegenüber für Rundfunkempfangsgeräte rückständige Rundfunkgebühren festgesetzt hat (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.11.2009, Az. 4 LB 559/07, juris).

18

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkgebühren ist § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV. Danach hat jeder, der ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält, grundsätzlich für jedes von ihm bereitgehaltene Rundfunkgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten eines Fernsehgeräts jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Entscheidend ist dabei das Innehaben der tatsächlichen Verfügungsgewalt und die Möglichkeit, eine rechtlich verbindliche Benutzungsregelung zu treffen; bezogen auf die streitbefangenen Ferienwohnungen standen diese Rechte der Klägerin zu. Nach der bis zum 31. März 2005 gültigen Fassung des § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV (eingefügt durch den am 01.01.1997 in Kraft getretenen Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag) war für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes eine Rundfunkgebühr in Höhe von jeweils 50 von Hundert zu zahlen. Seit dem 1. April 2005 ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 RGebStV die Rundfunkgebühr zu zahlen für

19

1. Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes bei Betrieben mit bis zu 50 Gästezimmern in Höhe von jeweils 50 vom Hundert, bei Betrieben mit mehr als 50 Gästezimmern in Höhe von jeweils 75 vom Hundert,

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2. Rundfunkgeräte in gewerblich vermieteten Ferienwohnungen bei Betrieben mit bis zu 50 Ferienwohnungen ab der zweiten Ferienwohnung in Höhe von jeweils 50 vom Hundert, bei Betrieben mit mehr als 50 Ferienwohnungen ab der zweiten Ferienwohnung in Höhe von jeweils 75 vom Hundert,

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3. Rundfunkgeräte in nicht gewerblich vermieteten Ferienwohnungen auf ein und demselben Grundstück mit der privaten Wohnung des Rundfunkteilnehmers oder auf damit zusammenhängenden Grundstücken ab der zweiten Ferienwohnung in Höhe von jeweils 50 vom Hundert.

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Die Rundfunkgebührenpflicht für jedes einzelne Gerät beginnt gemäß § 4 Abs. 1 RGebStV mit dem ersten Tag des Monats, in dem ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird, und zwar unabhängig davon, ob der Gebührenschuldner das Bereithalten der Landesrundfunkanstalt nach § 3 RGebStV angezeigt hat oder nicht; sie endet mit Ablauf des Monats, in dem das Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts endet, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist (§ 4 Abs. 2 RGebStV).

23

Bestreitet - wie hier - der Eigentümer von Ferienwohnungen, überhaupt Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten zu haben, oder die Zahl der Geräte oder sonstige die Gebührenpflicht begründende Umstände, liegt im Fall der Unaufklärbarkeit die Beweislast bei der Rundfunkanstalt, die aus dem Bereithalten von entsprechenden Geräten oder der Zahl der vorhandenen Geräte für sie günstige Rechtsfolgen ableiten will. Nach allgemeinen Grundsätzen trägt derjenige die materielle Beweislast, der das Bestehen eines Rechts behauptet. Dies gilt auch für Tatsachen, die ihrer Natur nach schwer beweisbar sind. Hiervon macht das Rundfunkgebührenrecht keine Ausnahme. Die Rundfunkanstalt muss somit grundsätzlich sämtliche für die Gebührenerhebung erforderlichen Tatsachen nachweisen. Hierzu kann sie nach Maßgabe von § 4 Abs. 5 RGebStV Auskünfte verlangen und Daten erheben und den Auskunftsanspruch gegebenenfalls im Verwaltungszwangsverfahren durchsetzen. Auch kann sie Gebührenbeauftragte zur Überwachung der Einhaltung gebührenrechtlicher Vorschriften einsetzen, die berechtigt sind, für den Beklagten die gesetzlich bestimmten Auskünfte zu verlangen und Anzeigen über Beginn und Ende des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes entgegenzunehmen.

24

Allerdings kommt - ebenso wie einer vom Gebührenschuldner unterzeichneten Anzeige - auch etwaigen Werbeaussagen in Prospekten oder im Internet grundsätzlich Indizwirkung zu (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.04.2010, Az. 7 ZB 09.1790, m.w.N., juris). Klassifizierungen von Ferienwohnungen können ebenfalls zur Feststellung der Anzahl der zum Empfang bereitgehaltenen Geräte herangezogen werden. Solange die Richtigkeit der daraus hergeleiteten Gerätezahl nicht in Frage gestellt wird, kann der Beklagte daher die Gebührenerhebung auch bei Inhabern von Ferienwohnungen grundsätzlich ohne weitere Ermittlungen auf deren Werbung stützen, wenn diese Aussagen enthält, die auf die Zahl der zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkgeräte schließen lassen (z.B. „alle Zimmer mit TV“).

25

Der insoweit bestehenden Indizwirkung kann sich der Gebührenschuldner nicht dadurch entziehen, dass er ohne nähere Angaben die Zahl der Geräte unsubstantiiert in Abrede stellt und die Unrichtigkeit seiner Werbeaussagen behauptet. Anders liegt es jedoch, wenn er die allein aufgrund der Werbung angenommene Zahl der Empfangsgeräte qualifiziert bestreitet und hierfür eine nachvollziehbare und durch Belege oder andere Beweismittel untermauerte Erklärung abgibt. In diesem Fall entbindet die Werbeaussage die Rundfunkanstalt weder von ihrer Beweispflicht für die Zahl der gebührenpflichtigen Rundfunkempfangsgeräte noch ist es dem Gebührenschuldner verwehrt, hierzu einen Gegenbeweis zu erbringen (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.04.2010, a.a.O.; VG München, Urt. v. 30.07.2010, Az. M 6a K 10.887, juris).

26

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.

27

So ist davon auszugehen, dass die Klägerin in ihren Ferienwohnungen in der Ferienanlage P im Zeitraum 05/1998 bis 11/2006 in dem aus dem Bescheid vom 3. August 2007 ersichtlichen Umfang Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten hat. Dafür sprechen insbesondere die im Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Auszüge aus einem Prospekt bzw. dem Internet (Bl. 1 bis 4) über die Ferienanlage und die Erklärungen der Mitarbeiterin G der Feriendorf P Betriebs GmbH Co. KG und der Mitarbeiterin R der Fa. B, dass sich an der von Anfang an vorhandenen Ausstattung der Ferienwohnungen in der Anlage mit Rundfunkempfangsgeräten auch bezogen auf die Wohnungen der Klägerin bis 2006 nichts geändert habe. Dabei kann hier offen bleiben, aus welchem Jahr die zugrunde gelegten Werbeaussagen stammen, weil Frau G ihren Angaben zufolge seit 1998 in der Anlage P tätig war und in den ersten Jahren sogar die Ferienwohnungen der Klägerin mitbetreute. Dass im Hinblick auf die Ausstattung mit Rundfunkempfangsgeräten keine Änderung eingetreten ist, bestätigte zudem Frau R, und zwar in ihrer Eigenschaft als Mitarbeiterin der Firma, der 2006 die Verwaltung der Ferienwohnungen der Klägerin oblag.

28

Diesen eindeutigen und unmissverständlichen Angaben kommt im vorliegenden Fall eine erhebliche Indizwirkung zu, die die Klägerin nicht qualifiziert bestritten oder substantiiert in Abrede gestellt hat. Die Klägerin hat sich noch nicht einmal dazu erklärt, aus welchen Gründen - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - auch heute noch unverändert für die Anlage im Internet geworben wird, ohne dass auch nur ansatzweise nachvollziehbar wäre, zu welchem Zeitpunkt die streitbefangenen Wohnungen mit entsprechenden Rundfunkempfangsgeräten ausgestattet worden wären, wenn dies nicht schon 1998 geschehen wäre. Dies gilt umso mehr, als Frau G in diesem Zusammenhang unmissverständlich erklärt hat, dass sämtliche Ferienwohnungen der gesamten Anlage schon bei Eröffnung der Anlage 1998 mit solchen Geräten versehen gewesen seien. Auch ist die Klägerin den gegenüber den Rundfunkbeauftragten abgegebenen Erklärungen der Frau G in keiner Weise inhaltlich entgegen getreten. An einer nachvollziehbaren und belegten Darstellung, dass es anders gewesen sei, fehlt es vollständig. Die Klägerin hat einen anderweitigen Geschehensablauf nicht einmal angedeutet. Angesichts der eindeutigen und unmissverständlichen Angaben zu den Ferienwohnungen der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum genügt für das hier erforderliche qualifizierte Bestreiten auch der bloße Hinweis der Klägerin nicht, es sei ihr schon aus technischen Gründen nicht möglich gewesen, das Rundfunkangebot in Anspruch zu nehmen. Ebenso wie im Hinblick auf den anschließenden - wiederholten – bloßen Hinweis, es seien keine Radio- und Fernsehgeräte vorhanden gewesen, ist nicht ansatzweise erkennbar, wie dieses Vorbringen mit den Werbeaussagen auch im Jahre 2006 in Einklang zu bringen sein könnte. Auch bleibt vollständig unklar, um welche technischen Gründe (lediglich fehlende Geräte? keine Anschlüsse? etc.) es sich gehandelt haben könnte und inwieweit sich die Ferienwohnungen der Klägerin insoweit von den anderen unterschieden haben könnten, obgleich sämtliche Wohnungen gleich beworben wurden. Zudem fehlt auch insoweit eine Auseinandersetzung mit der Erklärung der Frau G vollständig, die Voraussetzung dafür gewesen wäre, zumindest deren Vernehmung als Zeugin in Betracht zu ziehen. Aus diesen Gründen führt auch der Hinweis der Klägerin auf die Beweislast des Beklagten nicht weiter.

29

Der Beklagte konnte die Gebührenerhebung im vorliegenden Fall mithin auf die beschriebenen Angaben stützen, die - unter Einbeziehung der Erklärung von Frau R über den Verkauf von drei Ferienwohnungen - auf die Zahl der im streitbefangenen Zeitraum zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkgeräte schließen lassen, zumal jedenfalls bis November 2006 für kein einziges dieser Geräte eine Anzeige i.S.v. § 4 Abs. 2 RGebStV erfolgt ist. Davon ausgehend ist die Höhe der festgesetzten Rundfunkgebühren, die von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen wurde, ebenso wenig zu beanstanden wie die Erhebung des Säumniszuschlags.

30

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Anspruch des Beklagten auf Zahlung der Rundfunkgebühren bei Erlass des Bescheides vom 3. August 2007 bereits teilweise verjährt gewesen sei. Die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung stellt nämlich eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar, weil die Klägerin ihrer Pflicht zur Anzeige der zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkgeräte nicht nachgekommen ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.11.2009, Az. 4 LB 559/07, juris; VGH Mannheim, Urt. v. 19.05.2009, Az. 2 S 1015/08, juris; die davon abweichende und von Klägerseite angeführte Entscheidung des OVG Lüneburg vom 30.11.2005, Az. 10 PA 118/05, ist demgegenüber vereinzelt geblieben, und die darin vertretene Auffassung ist vom inzwischen zuständigen 4. Senat - vgl. Beschl. v. 07.05.2007, Az. 4 LA 521/07 - ausdrücklich aufgegeben worden; vgl. auch OVG Greifswald, Beschl. v. 23.02.2011, Az. 1 L 225/08).

31

Nach der aktuellen Fassung des § 4 Abs. 4 RGebStV richtet sich die Verjährung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die regelmäßige Verjährung. Danach können sich Rundfunkteilnehmer bereits nach drei Jahren auf die Einrede der Verjährung berufen (§ 195 BGB). Gleichzeitig wird aber durch die Bezugnahme auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs klargestellt, dass der Lauf der Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (Landesrundfunkanstalt) von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Anspruch verjährt ferner ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von seiner Entstehung an (§ 199 Abs. 4 BGB). Dagegen verjährte der Anspruch auf Rundfunkgebühren gemäß § 4 Abs. 4 RGebStV a.F. in vier Jahren.

32

Welche dieser Verjährungsregelungen inwieweit anzuwenden ist, insbesondere auf die Fallkonstellation, dass Rundfunkgebührenforderungen, die vor dem Zeitpunkt der Rechtsänderung am 1. April 2005 entstanden sind, erst nach diesem Zeitpunkt geltend gemacht werden (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 20.11.2009, Az. 4 LA 709/07, juris), kann hier letztlich unentschieden bleiben. Die Verjährungseinrede ist nämlich unzulässig und damit unbeachtlich, wenn der Rundfunkteilnehmer durch die Berufung auf die Verjährung Vorteile aus eigenem unrechtmäßigem Verhalten erlangen würde; wer demnach ohne Anzeige nach § 3 Abs. 1 RGebStV als "Schwarzhörer" ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält und so verhindert, dass die Rundfunkanstalt mangels Kenntnis vom ihr zustehenden Anspruch auf Rundfunkgebühren diese innerhalb der Verjährungsfrist einzieht, kann sich grundsätzlich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen (ebenso OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.10.2009, Az. 4 LB 184/09, NdsVBl. 2010, 110; OVG Magdeburg, Beschl. v. 19.03.2010, Az. 3 M 330/09, NVwZ-RR 2010, 709; VGH München, Beschl. v. 04.05.2010, Az. 7 ZB 09.2551; bislang keine Revisibilität: BVerwG, Beschl. v. 07.01.2010, Az. 6 B 51/09, hierzu auch BVerfG, Beschl. v. 09.11.2010, Az. 1 BvR 620/10).

33

Dies ist auch im vorliegenden Fall anzunehmen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RGebStV hat der Rundfunkteilnehmer der Landesrundfunkanstalt den Beginn des Bereithaltens eines Rundfunkgerätes zum Empfang unverzüglich anzuzeigen. Danach hätte die Klägerin bereits 1998 ihrer Anzeigepflicht nachkommen müssen, was jedoch nicht geschehen ist. Aufgrund dieses objektiv pflichtwidrigen Unterlassens hat der Beklagte von der Entstehung des Anspruchs auf Zahlung von Rundfunkgebühren für das Jahr 1998 und weitere, an sich der Verjährung unterfallende Jahre innerhalb der Verjährungsfrist keine Kenntnis erlangt. Folglich hat er keine Möglichkeit gehabt, die entstandenen Rundfunkgebühren vor Ablauf der Verjährungsfrist festzusetzen. Daher ist das pflichtwidrige Verhalten der Klägerin für den Eintritt der Verjährung ursächlich gewesen. Bei dieser Sachlage kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf den Ablauf der Verjährungsfrist berufen, weil die Einrede der Verjährung gegen Treu und Glauben verstößt und deshalb eine unzulässige Rechtsausübung darstellt. Dabei kann unerörtert bleiben, ob der Klägerin die Anzeigepflicht für die in den Ferienwohnungen vorgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte bekannt gewesen ist und ihr bezüglich des Verstoßes gegen die Anzeigepflicht ein erheblicher Schuldvorwurf gemacht werden kann. Auf ein Verschulden der Klägerin kommt es nicht an. Vielmehr stellt die Einrede der Verjährung schon bei einem objektiv pflichtwidrigen Verstoß gegen die Anzeigepflicht, der die Verjährung verursacht, eine gegen Treu und Glauben verstoßende unzulässige Rechtsausübung dar. Auch außerhalb des Rundfunkgebührenrechts ist anerkannt, dass eine Verjährungseinrede bei einem objektiv pflichtwidrigen Unterlassen, das der Behörde die Möglichkeit nimmt, geschuldete Beiträge rechtzeitig festzusetzen, eine unzulässige Rechtsausübung ist, die zur Unbeachtlichkeit der Verjährungseinrede führt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.11.2009, a.a.O., m.w.N.). Eine unzulässige Rechtsausübung setzt auch kein aktives Verhalten des Gebührenschuldners voraus. Ein pflichtwidriges Unterlassen steht nämlich, zumal wenn es in einem Verstoß gegen eine eindeutige gesetzliche Bestimmung besteht, einem aktiven Handeln gleich.

34

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

36

Beschluss vom 16. November 2011

37

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 GKG auf 19.742,17 Euro festgesetzt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

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Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 6. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2010 wird aufgehoben, soweit darin rückständige Rundfunkgebühren in Höhe von 17,28 € festgesetzt worden sind. Der Beklagte wird verurteilt, sämtliche auf den Bescheid vom 6. November 2009 geleistete Zahlungen der Klägerin zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostengläubiger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostenschuldner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen zwei Rundfunkgebührenbescheide des Beklagten.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts - GbR -. Einer der beiden Gesellschafter, Herr P..., hält seit mehreren Jahren private Rundfunkgeräte zum Empfang bereit, für die er Rundfunkgebühren entrichtet. Mit Schreiben vom 2. Juni 2009 meldete er seinen bis dahin privat genutzten internetfähigen Personalcomputer - PC - aufgrund einer nebenberuflich von zuhause aus ausgeübten gewerblichen Tätigkeit für die GbR bei der Gebühreneinzugszentrale - GEZ -. Gleichzeitig teilte er der GEZ mit, dass er die GbR für dieses Gerät nicht für gebührenpflichtig halte und berief sich auf § 5 Abs. 3 Rundfunkgebührenstaatsvertrag - RGebStV -, da das Gewerbe ausschließlich von der Wohnung aus betrieben werde, in der sich auch die Radio- und Fernsehgeräte befänden, für die er bereits Rundfunkgebühren zahle.

3

Der Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 19. Juni 2009, dass der Rundfunkgebührenstaatsvertrag zwischen privater und nicht privater Nutzung von Rundfunkgeräten unterscheide. Im nicht ausschließlich privaten Bereich müssten für alle herkömmlichen Rundfunkgeräte jeweils gesondert Rundfunkgebühren gezahlt werden. Für neuartige Rundfunkgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich bestehe eine Zweitgerätefreiheit. Bereits angemeldete Geräte im Privathaushalt könnten allerdings nicht berücksichtigt werden, da es sich bei den neuartigen Rundfunkgeräten dann um Erstgeräte zur ganz oder teilweise nicht privaten Nutzung handele. Daher werde das neuartige Rundfunkgerät ab 01. Juni 2009 im Bestand der Klägerin geführt.

4

Die Klägerin erklärte mit bei der GEZ am 3. Juli 2009 eingegangenem Schreiben, dass sie die PC-Gebühren ab sofort nur noch unter Vorbehalt zahle. Sie halte diese Gebühren für rechts- und verfassungswidrig. Mehrere Verwaltungsgerichte hätten ihre Auffassung bereits bestätigt.

5

Nach weiterem Schriftwechsel setzte der Beklagte mit Bescheid vom 6. November 2009 rückständige Rundfunkgebühren für den Zeitraum Juni bis August 2009 für ein neuartiges Gerät in Höhe von 22,39 Euro inklusive Säumniszuschlag fest.

6

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 17. November 2009. Das Schreiben war mit "Widerspruch" überschrieben. Die Klägerin führte aus, sie habe heute den Gebührenbescheid erhalten, den sie schon vor längerer Zeit bei der GEZ angefordert habe. Sie berufe sich auf § 5 Abs. 3 RGebStV und beantrage, ihr gewerbliches Teilnehmerkonto zu schließen. Die im Gebührenbescheid geforderte Summe werde sie unter Vorbehalt zahlen, damit es nicht zur Vollstreckung komme. Gleichzeitig fordere sie alle Zahlungen zurück, die sie unter der Teilnehmer-Nr. 545312737 geleistet habe.

7

Mit weiterem Gebührenbescheid vom 4. Dezember 2009 setzte der Beklagte für den Zeitraum September bis Oktober 2009 rückständige Rundfunkgebühren für ein neuartiges Gerät wiederum in Höhe von 22,39 Euro inklusive Säumniszuschlag fest.

8

Dem Widerspruch der Klägerin gegen den Gebührenbescheid vom 6. November 2009 gab der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2010 insoweit statt, als ein Säumniszuschlag von 5,11 Euro festgesetzt worden ist. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

9

Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 10. Februar 2010 Klage erhoben, mit welcher sie ihr Begehren aufrechterhält. Gemäß § 5 Abs. 3 RGebStV sei für neuartige Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen seien und andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten würden. Soweit der Beklagte dies so interpretiere, dass es sich bei den anderen Rundfunkgeräten ebenfalls um eine Nutzung im nicht ausschließlich privaten Bereich handeln müsse, überschreite das die Auslegungsregeln, die ihre Grenzen im Wortlaut der Vorschrift hätten und begründe einen neuen Gebührentatbestand, der im Gesetz nicht vorgesehen sei.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Gebührenbescheide des Beklagten vom 6. November und 4. Dezember 2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, das Teilnehmer-Konto 545312731 zu schließen sowie sämtliche bereits unter Vorbehalt geleistete Zahlungen zu erstatten.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Was die Regelung des § 5 Abs. 3 RGebStV betreffe, so existiere ein Grundprinzip des Rundfunkgebührenrechts: Die konsequente Trennung privater und nicht privater Teilnehmerverhältnisse. Die Ausnahme für neuartige Rundfunkgeräte habe der Gesetzgeber ausschließlich auf den nicht privaten Bereich fokussieren wollen. Daher müsse nicht allein das gebührenfreie Zweitgerät sondern bereits das gebührenpflichtige Erstgerät ein gewerblich genutztes sein. Hierfür spreche die Stellung der Privilegierungsvorschrift unmittelbar im Anschluss an die Grundaussage zur Gebührenpflicht im gewerblichen Bereich in Absatz 2 ebenso wie die Übernahme der dort verwendeten Begrifflichkeit "privat". Auch verweise Absatz 3 nicht auf Absatz 1. Dadurch werde hinreichend klargestellt, dass das Vorhandensein eines privaten Geräts auf demselben Grundstück nicht ausreichend sein könne. Eine Verquickung privater und nicht privater Teilnehmerverhältnisse sei vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewünscht gewesen. Diesem Verständnis des § 5 Abs. 3 RGebStV stehe auch dessen Wortlauten nicht entgegen. Das Merkmal "im nicht ausschließlich privaten Bereich" sei vor die Klammer gezogen worden und beanspruche damit Geltung sowohl für den Fall, dass auf dem fraglichen Grundstück herkömmliche Geräte vorhanden seien, als auch für die Konstellation, dass nur eine Mehrzahl neuartiger Geräte existiere. Schließlich stütze die Entstehungsgeschichte des § 5 Abs. 3 RGebStV die diesseits vertretene Auffassung.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsakten verwiesen die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Darüber hinaus wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

17

Hinsichtlich des Bescheides des Beklagten vom 4. Dezember 2009 ist die Klage bereits unzulässig, weil es an der ordnungsgemäßen Durchführung des nach § 68 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - erforderlichen Vorverfahrens und damit an einer Sachentscheidungsvoraussetzung fehlt.

18

Soweit die Klägerin die Erstattung der auf den Bescheid vom 4. Dezember 2009 geleisteten Zahlungen durch den Beklagten begehrt, ist die Klage zwar zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der bestandskräftige Bescheid vom 4. Dezember 2009 stellt nämlich einen Rechtsgrund im Sinne des § 7 Abs. 4 Rundfunkgebührenstaatsvertrag - RGebStV - dar, so dass die Klägerin die Erstattung von der zuständigen Landesrundfunkanstalt nicht fordern kann.

19

Was den angegriffenen Bescheid vom 6. November 2009 betrifft, so ist die Klage zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 6. November 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Dem Beklagten steht ein Anspruch auf Zahlung von Rundfunkgebühren für den Zeitraum Juni bis August 2009 für ein neuartiges Gerät in Höhe von 17,28 € nicht zu.

20

Das Gericht kann offenlassen, ob die Klägerin den Gebührentatbestand des § 2 Abs. 2 S. 1 RGebStV erfüllt, weil es sich bei dem internetfähigen PC, mit dem sie nebengewerblich arbeitet, um ein Rundfunkempfangsgerät im Sinne des § 1 Abs. 1 RGebStV handelt, das gemäß § 1 Abs. 2 RGebStV zum Empfang bereit-gehalten wird (bejahend allerdings OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.März 2009 - 7 A 10959/08.OVG- , veröffentlicht in Juris).

21

Gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV ist nämlich für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner), die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können im nicht ausschließlich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen sind (Nr. 1) und andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten werden (Nr. 2). Im Fall der Klägerin sind die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV erfüllt. Die Räumlichkeiten, in denen sich der von ihr nicht ausschließlich privat genutzte PC befindet, sind in dem Gebäude und damit auch auf dem Grundstück (§ 94 Abs. 1 S. 1 BGB) untergebracht, in dem sich die Privatwohnung des vorliegend für die Klägerin handelnden Gesellschafters und dessen Ehefrau befindet, die dort im privaten Bereich herkömmliche Rundfunkgeräte zum Empfang bereithalten und dafür Rundfunkgebühren bezahlen.

22

Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, dass auch die herkömmlichen Rundfunkgeräte im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV im nichtprivaten Bereich bereitgehalten werden müssen, vermag die Kammer sich dem nicht anzuschließen. § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV sieht eine Gebührenbefreiung für internetfähige PC's im nichtprivaten Bereich vielmehr auch dann vor, wenn das auf einem Grundstück bereits vorhandene herkömmliche Rundfunkgerät im ausschließlich privaten Bereich bereitgehalten wird.

23

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Diesem ist eine Einschränkung dahin, dass auch die anderen Rundfunkempfangsgeräte dem nicht ausschließlich privaten Bereich zuzuordnen sein müssen, nicht mit der im Abgabenrecht gebotenen hinreichenden Klarheit und Bestimmtheit zu entnehmen. Die Formulierung "dort" in § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 RGebStV bezieht sich ersichtlich auf § 5 Abs. 3 S. 1Nr. 1 RGebStV und den dort normierten Grundstücksbezug, nicht aber auf den "nicht ausschließlich privaten Bereich", von dem in § 5 Abs. 3 S. 1 1. Halbsatz RGebStV die Rede ist. Dass die Formulierung "im nicht ausschließlich privaten Bereich" vor die Nummern 1 und 2 des § 5 Abs. 3 RGebStV gezogen wurde, bedeutet lediglich, dass diese Vorschrift, die eine Privilegierung beruflich genutzter Rundfunkempfangsgeräte zum Inhalt hat, keine privat genutzten neuartigen Rundfunkempfangsgeräte erfassen soll. Für die "anderen Rundfunkempfangsgeräte" im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 RGebStV ist daher nach dem eindeutigen Wortlaut nicht der Lebensbereich, in dem sie bereitgehalten werden, entscheidend, sondern vielmehr der räumliche Bezug zu einem bestimmten Grundstück.

24

Auch die von dem Beklagten angeführten gesetzessystematischen Aspekte der Unterscheidung zwischen dem privaten und dem nichtprivaten Lebensbereich als grundlegendes Prinzip des Rundfunkgebührenrechts vermögen keine andere Entscheidung zu rechtfertigen. Dies gilt bereits deshalb, weil für die systematische Auslegung einer Rechtsvorschrift regelmäßig kein Raum mehr ist, wenn ihre Interpretation anhand des Wortlauts zu einem eindeutigen Ergebnis gelangt und sich das im Wege systematischer Auslegung ermittelte abweichende Ergebnis mit dem Wortsinn nicht vereinbaren lässt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber in § 5 Abs. 3 RGebStV dieses Prinzip eben nicht aufrecht erhalten hat, sondern zur näheren Bestimmung der gebührenbefreiten neuartigen Rundfunkempfangsgeräte auf deren Zuordnung zu einem bestimmten Grundstück, das rundfunkgebührenrechtlich bereits erfasst ist, abgestellt hat. Insoweit ist es auch unschädlich, dass § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV, anders als § 5 Abs. 2 RGebStV, nicht auf § 5 Abs. 1 RGebStV und das dort geregelte private Teilnehmerverhältnis Bezug nimmt. Während nämlich § 5 Abs. 2 RGebStV deshalb auf die Regelung des § 5 Abs. 1 RGebStV Bezug nimmt, weil er eine Ausnahmeregelung trifft für die in § 5 Abs. 1 RGebStV geregelte Gebührenfreiheit herkömmlicher Zweitgeräte, beinhaltet § 5 Abs. 3 RGebStV eine eigenständige und abschließende Regelung der Gebührenfreiheit für neuartige Rundfunkempfangsgeräte, die im nicht ausschließlich privaten Bereich bereitgehalten werden.

25

Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, dass dieses Auslegungsergebnis nicht dem Willen des Gesetzgebers entspräche. In der Begründung des Landtages Rheinland-Pfalz zum Landesgesetz zu dem 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird gerade nicht deutlich, dass § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV nur einschlägig wäre, wenn auch die herkömmlichen auf einem Grundstück vorhandenen Rundfunkgeräte im nichtprivaten Bereich bereitgehalten werden (Drucksache 14/3721 S. 27 f.). Vielmehr heißt es dort, dass die Neuregelung in § 5 Abs. 3 RGebStV "das Ziel einer umfassenden Zweitgerätebefreiung für bestimmte neuartige Geräte" verfolge. Davon, dass diese umfassende Befreiung nur gelte, wenn das "Erstgerät" im nichtprivaten Bereich bereitgehalten wird, ist nicht die Rede. Vielmehr ist auch durchaus denkbar, dass der Gesetzgeber durch die umfassende Zweitgerätebefreiung gerade Nachweisschwierigkeiten und umfangreiche Aufklärungsarbeiten im Falle von Klein- und Familienunternehmern, die nicht selten ihr Grundstück gemischt nutzen, vorbeugen wollte.

26

Schließlich hält es die Kammer auch nicht für problematisch, dass der gewerblich genutzte PC von der Klägerin vorgehalten wird, die Räumlichkeiten jedoch dem hier handelnden Gesellschafter der Klägerin und dessen Ehefrau zuzuordnen sind. Dem Gesetzeswortlaut lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV eine zwischen dem Rundfunkteilnehmer, der herkömmliche Geräte bereithält und derjenigen Person, die einen Rechner betreibt, bestehende Identität voraussetzt. Ebenso lässt sich der Gesetzesbegründung hierzu nichts entnehmen. Im Gegenteil: Durch die Anknüpfung an ein bestimmtes Grundstück wird deutlich, dass es sich bei § 5 Abs. 3 RGebStV um eine grundstücksbezogene und nicht um eine personenbezogene Privilegierung handelt.

27

Nach alledem genießt der streitgegenständliche PC vorliegend Gebührenfreiheit (ebenso Verwaltungsgericht Arnsberg, Urteil vom 7. April 2009 - 11 K 1273/08 -; Verwaltungsgericht München, Urteil vom 10. Dezember 2008 - M 6 AK/08.1072 -; Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 28. Januar 2010 - 3 K 2366/08 -; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 30. März 2010 - 10 A 2910/09 -; alle veröffentlicht in Juris. Anderer Ansicht: Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 16. März 2009 - AU 7 K 08.1306 -; Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 27. August 2009 - AN 5 K 09.00957 -; Verwaltungsgericht Regensburg, Urteil vom 24. März 2009 - RO 3 K 08.01829 -, ebenfalls jeweils veröffentlicht in Juris).

28

Der hinsichtlich des Bescheides vom 6. November 2009 geltend gemachte Erstattungsanspruch der Klägerin findet seine Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 4 RGebStV.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

31

Die Berufung war vorliegend wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

32

Beschluss

33

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 39,67 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

34

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.

Tenor

Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 15. Juni 2007 verpflichtet, den Widerspruchsbescheid vom 20. April 2007 um eine dem Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten im Widerspruchsverfahren entsprechende Kostengrundentscheidung zu ergänzen, ausgehend davon, dass er in dem Umfang, in dem er den Widersprüchen stattgegeben hat, die Kosten des Widerspruchsverfahrens trägt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des vorliegenden Klageverfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte der Klägerin vor allem die ihr entstandenen Anwaltskosten für zum überwiegenden Teil erfolgreiche Widersprüche gegen Rundfunkgebührenbescheide zu erstatten hat.

2

Die bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) mit einem Fernseh- und einem Radiogerät angemeldete Klägerin teilte der GEZ mit der Abmeldung vom 27. Juni 2005 mit, dass sie unter der Anschrift ihres Privathaushalts ab dem 18. Juli 2005 ein Radio und einen Fernseher abmelden möchte. Als Grund gab sie an: "Zwei Haushalte werden zu einem Haushalt zusammengeführt. Der 2. Haushalt erteilt die Ummeldung."

3

Soweit es in dem Formular weiter heißt "Ich halte weiterhin ein Radio im Kfz bereit:", machte die Klägerin keine Angaben. Insbesondere kreuzte sie insoweit weder das vorgesehene Ja- noch das Nein-Feld an.

4

Mit Schreiben vom 26. Juli 2005 bestätigte die GEZ der Klägerin die Abmeldung eines Fernsehgeräts zum Ablauf des Monats 07/2005. Zudem wies sie darauf hin, dass bei der Abmeldung der Hinweis auf ein mögliches Autoradio gefehlt habe. Daher sei das Radiogerät zunächst nicht abgemeldet worden. Für den Fall, dass die Klägerin kein Autoradio zum Empfang bereit halte, bat die GEZ um kurzfristige Mitteilung.

5

Da die Klägerin sich nicht meldete, setzte der Beklagte in der Folgezeit Gebühren für ein Radio fest, und zwar mit Bescheid vom 3. Dezember 2005 - neben Gebühren für ein Radio und ein Fernsehgerät für Juli 2005 - für den Zeitraum 08/2005 bis 09/2005 und mit Bescheid vom 6. Januar 2006 für den Zeitraum 10/2005 bis 12/2005.

6

Gegen die Bescheide ließ die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Widerspruch einlegen. Diese teilten auf eine entsprechende Anfrage des Beklagten mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 mit, dass die Klägerin kein Autoradio zum Empfang bereit halte.

7

Daraufhin erließ der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 20. April 2007, zugestellt am 26. April 2007, mit folgendem Tenor:

8

"Ihrem Widerspruch gegen den Gebührenbescheid ... vom 6. Januar 2006 ... geben wir statt.

9

Ihrem Widerspruch gegen den Gebührenbescheid ... vom 3. Dezember 2005 ... geben wir insoweit statt, als Rundfunkgebühren für den Zeitraum 1. August 2005 bis 30. September 2005 festgesetzt wurden."

10

Mit Schreiben vom 11. Mai 2007 stellten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem Beklagten Kosten in Höhe von 46,41 Euro in Rechnung. Mit Schreiben vom 15. Juni 2007, das nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, lehnte der Beklagte die Kostenerstattung ab. Für einen Ersatz der durch die Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sei zudem nicht notwendig gewesen. Der Klägerin wäre es möglich gewesen, sich mit dem gleichen Ergebnis ohne anwaltliche Hilfe an den Beklagten zu wenden.

11

Mit der am 29. Juni 2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Erstattungsbegehren weiter. Trotz ordnungsgemäßer Abmeldung habe sie sich weiterhin Forderungen des Beklagten ausgesetzt gesehen. Dieser habe sie sich allein durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts erwehren können.

12

Die Klägerin beantragt,

13

den Beklagten zu verurteilen, ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen, insbesondere die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren, hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens gegen den Gebührenbescheid vom 6. Januar 2006 zur Teilnehmernummer ... zu erstatten.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er vertieft sein bisheriges Vorbringen. Zudem ist er der Auffassung, dass die Klägerin nicht befugt sei, die Kosten für die Inanspruchnahme ihrer Prozessbevollmächtigten im Widerspruchsverfahren geltend zu machen. Darüber hinaus habe die Klägerin nicht berücksichtigt, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. Dezember 2005 teilweise (nämlich bezogen auf die Gebühren für ein Radio und Fernsehgerät für Juli 2005) erfolglos gewesen sei.

17

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 26. Januar 2009 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

20

Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage statthaft. Unterlässt die Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde bei Stattgabe des Widerspruchs eine ihr gebotene Kostenentscheidung, kann der widersprechende Bürger die Behörde im Wege der Verpflichtungsklage auf eine positive Kostengrundentscheidung sowie auf den hierin enthaltenen Ausspruch, dass die Zuziehung eines Rechtsanwaltes oder sonstigen Bevollmächtigten notwendig war, in Anspruch nehmen (vgl. BVerwGE 77, 268 [270]; 101, 64 [68]; 118, 84). Eines (erneuten) Vorverfahrens bedarf es nicht (vgl. OVG Münster, Urteil vom 26.04.1991, Az. 3 A 2504/89, NVwZ 1992, 585). Ob zuvor gegenüber der Behörde ein ausdrücklicher Antrag auf Ergänzung des Widerspruchsbescheides um diese Entscheidungen erforderlich ist oder ob dies entbehrlich ist, weil die Widerspruchsbehörde gemäß § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO ohnehin zu einer Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid verpflichtet ist, muss anlässlich des vorliegenden Falles nicht entschieden werden. Die Klägerin hat mit der außergerichtlichen Geltendmachung ihres Kostenerstattungsanspruchs nämlich konkludent das Begehren auf eine entsprechende Ergänzung des Widerspruchsbescheides zum Ausdruck gebracht (vgl. VG München, Gerichtsbescheid vom 13.01.2003, Az. M 4 K 02/1229), und der Beklagte hat mit Schreiben vom 15. Juni 2007, das einen Verwaltungsakt darstellt, infolgedessen den Erlass einer Kostengrundentscheidung zugunsten der Klägerin ebenso abgelehnt wie die Feststellung, dass die Zuziehung der Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren notwendig war.

21

Dementsprechend ist der Klageantrag dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass - unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Juni 2007 - die Verpflichtung des Beklagten begehrt wird, den Widerspruchsbescheid vom 20. April 2007 dahingehend zu ergänzen, dass der Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens trägt und dass die Zuziehung der Bevollmächtigten der Klägerin im Widerspruchsverfahren notwendig war (vgl. VG München, Gerichtsbescheid vom 13.01.2003, Az. M 4 K 02/1229). Voraussetzung für die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten ist nämlich zunächst einmal der Ausspruch der Kostenerstattung gemäß §§ 72, 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Ohne eine solche bliebe eine isolierte Feststellung der Notwendigkeit der Zuziehung für die Klägerin nämlich ohne rechtliche Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.06.1981, Az. 8 C 29/80, BVerwGE 62, 296 [298]; BVerwG, Urteil vom 25.09.1992, Az. 8 C 16/90; OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.04.2009, Az. 4 PA 276/08).

22

Ein entsprechendes Klagebegehren bringt der Klageantrag, der sich an § 80 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwVfG M-V orientiert, in hinreichender Weise zum Ausdruck. Eine gesonderte Kostengrundentscheidung ist hier auch nicht etwa entbehrlich (vgl. hierzu BVerwGE 68, 1; BVerwG, Urteil vom 22.05.1986, Az. 6 C 40/85, NVwZ 1987, 490; VG München, Urteil vom 08.06.1999, Az. M 1 K 98/5447). Dies folgt schon daraus, dass wegen des teilweisen Unterliegens der Klägerin Anlass für eine Kostengrundentscheidung besteht.

23

Die damit zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

24

Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch auf eine dem Ausgang des Widerspruchsverfahrens entsprechende Kostengrundentscheidung des Beklagten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dies ergibt sich aus §§ 72, 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO, wonach der Widerspruchsbescheid bestimmt, wer die Kosten trägt, er mithin eine Kostengrundentscheidung enthalten muss. Eine für die Klägerin positive Entscheidung hat dabei allerdings - entgegen dem uneingeschränkten Klagebegehren - nur insoweit zu ergehen, wie die Widersprüche erfolgreich waren.

25

Im Übrigen ist die Klage insgesamt unbegründet. Die Klägerin hat nämlich keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Zuziehung seines Rechtsanwalts im Vorverfahren für notwendig erklärt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Nur im Falle einer solchen Notwendigkeitserklärung hätte ihr der Beklagte die im Widerspruchsverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen ihrer Prozessbevollmächtigten zu erstatten.

26

Anspruchsgrundlage für einen Anspruch auf eine solche Notwendigkeitserklärung ist § 80 Abs. 2 VwVfG M-V. Diese Vorschrift findet auf die Verwaltungstätigkeit des Beklagten in Mecklenburg-Vorpommern Anwendung. Anders als nach dem Landesrecht in anderen Bundesländern (vgl. hierzu VGH München, Urteil vom 17.12.2008, Az. 7 BV 06/3364; VGH Mannheim, Beschluss vom 19.6.2008, Az. 2 S 1431/08; VG Sigmaringen, Urteil vom 03.06.2002. Az. 9 K 1698/01) ist die Landesrundfunkanstalt in Mecklenburg-Vorpommern nicht vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen (vgl. zur entsprechenden Rechtslage in Niedersachsen VG Göttingen, Urteil vom 28.10.2008, Az. 2 A 251/07; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 07.05.2007, Az. 4 LA 521/07, NVwZ-RR 2007, 575), so dass es bei der Grundnorm des § 1 Abs. 1 VwVfG M-V bleibt. Danach gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit auch der sonstigen Anstalten, die der Aufsicht des Landes unterstehen. Dies trifft im vorliegenden Fall auch für den Beklagten zu. Im Bereich des Rundfunkgebührenrechts (Erhebung und Befreiung von Gebühren) unterliegt er einer solchen Aufsicht, weil er eine hoheitliche Aufgabe mit der Befugnis wahrnimmt, in die Rechte der Rundfunkempfänger einzugreifen. Insoweit kann er sich auch nicht auf die Freiheit der Berichterstattung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen, die Anlass dafür hätte sein können, seine Tätigkeit nicht dem Verwaltungsverfahrensgesetz unterfallen zu lassen.

27

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war hier jedoch nicht notwendig im Sinne des § 80 Abs. 2 VwVfG. Danach ist die Zuziehung notwendig, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und den Umständen des Einzelfalles nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen, wobei Erkenntnis- und Urteilsfähigkeit des Bürgers nicht überschätzt werden dürfen.

28

Ausgehend davon bedurfte die Klägerin im vorliegenden Fall nicht der rechtskundigen Unterstützung. Vielmehr hätte sie den Streit bereits von Anfang an vermeiden können, wenn sie in der Abmeldung vom 27. Juni 2005 die Angabe "Ich halte weiterhin ein Radio im Kfz bereit:" mit einem Kreuz im Nein-Feld versehen hätte. Spätestens auf die ausdrückliche Nachfrage des Beklagten, der hierzu wegen des Offenlassens dieses Punktes im Abmeldeformular berechtigten Anlass hatte, hätte die Klägerin durch den einfachen Hinweis, dass sie kein Autoradio zum Empfang bereit hält, die Abmeldung auch des Radiogeräts mit Ablauf des Monats 07/2005 bewirken können. Dass sie für diesen schlichten Hinweis, der erst durch ihre Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 erfolgte, anwaltliche Unterstützung für erforderlich hielt, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Etwas anderes hätte beispielsweise dann gelten können, wenn sie über ein Autoradio verfügt hätte und mit dem Beklagten darüber hätte streiten wollen, ob dies gebührenpflichtig ist. Dies ist hier jedoch nach dem Vorbringen der Klägerin gerade nicht der Fall.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach ist es gerechtfertigt, der Klägerin die Kosten des Verfahrens ganz aufzuerlegen, weil sie zum ganz überwiegenden und der Beklagte nur zu einem geringen Teil unterliegt. Ihrem mit der Klage letztlich verfolgten Ziel, dass der Beklagte ihr die im Widerspruchsverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen ihrer Prozessbevollmächtigten erstattet, kommt sie nämlich auch im Hinblick auf die nachzuholende Kostengrundentscheidung nicht näher. Dazu fehlt es an der Notwendigkeitsentscheidung, um die hier letztlich gestritten wird und zu deren Ausspruch der Beklagte gerade nicht verpflichtet ist. Von einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 167 VwGO hat das Gericht abgesehen, weil nicht ersichtlich ist, dass eine solche hier praktische Bedeutung haben könnte.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den gemäß § 80 Abs. Nr. 1 VwGO von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Rundfunkgebührenbescheid ist begründet, weil an der Rechtsmäßigkeit des Gebührenbescheides vom 02. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2009 über die Festsetzung rückständiger Rundfunkgebühren für den Zeitraum August 2003 bis April 2004 i. H. v. insgesamt 145,35 € ernstliche Zweifel i. S. d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO bestehen, die die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO rechtfertigen.

2

Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Gebührenschuld hinsichtlich dieses Zeitraums entstanden ist und dass wegen dieser Abgabenschuld Verjährung eingetreten ist. Wegen der Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat insoweit Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss (BA S. 3 bis 4), die sich der Senat zu Eigen macht.

3

Nicht zu folgen vermag der Senat indes der Annahme des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller könne sich auf die eingetretene Verjährung nicht berufen, weil die Erhebung der Einrede der Verjährung eine unzulässige Rechtsausübung darstelle (BA S. 4 f.). Zwar kann es nach den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsätzen von Treu und Glauben grundsätzlich als unzulässige Rechtsausübung angesehen werden, wenn ein Abgabenschuldner aufgrund eines jedenfalls objektiv pflichtwidrigen Unterlassens der Behörde die Möglichkeit nimmt, die geschuldeten Rundfunkgebühren festzusetzen (vgl. zu Beiträgen zum Absatzfonds für Landwirte: BVerwG, Urt. v. 15.05.1984 – 3 C 86/82 – Rdnr. 37 ). Das pflichtwidrige Verhalten des Schuldners muss indes für den Eintritt der Verjährung ursächlich gewesen sein (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 10.12.2008 – 3 L 43/06 – m. w. N.; Nds.OVG, Beschl. v. 07.05.2007 – 4 LA 521/07 – Rdnr. 7). Die Verjährungseinrede stellt demnach nur dann eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn gerade die objektiv pflichtwidrige Unterlassung die Ursache dafür setzt, dass der Behörde die Möglichkeit genommen ist, geschuldete Beiträge rechtzeitig festzusetzen (vgl. OVG LSA, a. a. O.). Zwar hat der Antragsteller der Landesrundfunkanstalt entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 RGebStV den Wohnungswechsel von C. nach D. in die L. Straße objektiv pflichtwidrig nicht angezeigt. Indes ist der Behörde mit diesem Unterlassen nicht die Möglichkeit genommen, die rückständigen Rundfunkgebühren festzusetzen.

4

So erscheint bereits fraglich, weshalb es dem Antragsgegner nicht möglich gewesen sein sollte, dem Antragsteller den Festsetzungsbescheid öffentlich zuzustellen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwZG kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Zwar sieht der Rundfunkgebührenstaatsvertrag nicht vor, dass Rundfunkgebührenbescheide zuzustellen sind. Indes erfolgt die Zustellung nach den Bestimmungen des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes nach § 2 VwZG LSA nicht nur, soweit dies durch Rechtsvorschrift vorgesehen, sondern auch dann, wenn es durch behördliche Anordnung bestimmt ist. Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 2 VwVfG LSA, dass die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt nicht für die Tätigkeit des Antragsgegners gelten. Eine entsprechende Einschränkung hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs enthält indes § 1 VwZG LSA nicht.

5

Ungeachtet dessen ist die Ursächlichkeit der unterlassenen Mitteilung über die Wohnsitzänderung nach dem Sachstand im Eilverfahren nicht belegt, weil keine zureichenden Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Kläger damit die alleinige Ursache dafür gesetzt hat, dass der Antragsgegner den Aufenthaltsort des Antragstellers nicht hat ermitteln können. Nach § 10 a MeldDÜVO LSA dürfen die Meldebehörden dem Antragsgegner oder der von ihm nach § 8 Abs. 2 RGebStV mit der Einziehung beauftragen GEZ regelmäßig und nach § 31 a MG LSA im Einzelfall Daten aus dem Melderegister zur Erhebung und zum Einzug der Rundfunkgebühren nach § 2 Abs. 2 RGebStV übermitteln.

6

Der Antragsteller hat geltend gemacht, er habe zwar nicht gegenüber dem Antragsgegner, wohl aber gegenüber der Meldebehörde seinen Wohnungswechsel von C. nach D. in die L. Straße 9 ordnungsgemäß angezeigt. Aus dem Verwaltungsvorgang ist zu ersehen, dass dem Antragsgegner von der Meldebehörde, der Verwaltungsgemeinschaft C., im Wege der regelmäßigen Datenübermittlung mit dem Datensatz vom 16. Juli 2003 als neue Anschrift eine Wohnung in der L. Straße 3 in D. mitgeteilt worden ist. Nachdem ein Kontoauszug vom 27. August 2008 mit dem vom Postzusteller aufgebrachten Vermerk „Unbekannt verzogen“ zugesandt worden war, hat die Meldebehörde der Verwaltungsgemeinschaft C. auf die Anfrage des Antragsgegners vom 22. Januar 2004 unter dem 02. Februar 2004 erneut unzutreffend die L. Straße 3 in D. als Anschrift des Klägers angegeben. Weitere an den Antragsteller gerichtete Schreiben seien ebenfalls als unzustellbar zurückgesandt worden. Auf eine Anfrage bei der Post und eine weitere Anfrage an „die Einwohnermeldebehörde“ habe keine neue Anschrift ermittelt werden können. Erst am 08. Oktober 2008 sei eine Mitteilung der Einwohnermeldebehörde eingegangen, wonach der Kläger von D., L. Straße 9 , nach A-Stadt verzogen sei. Insoweit indes lässt der Inhalt der dem Gericht als Verwaltungsvorgang überlassenen Ausdrucke Fragen offen, weil das Verzeichnis unter der laufenden Nummer 52 (BA Bl. 47) nicht deutlich werden lässt, bei welcher Einwohnermeldebehörde der Antragsgegner nachgefragt hat. Zudem ist den Akten nicht einmal zu entnehmen, dass die Einwohnermeldebehörde überhaupt geantwortet hätte, geschweige denn, welchen Inhalt eine etwaige Antwort gehabt hat. Auch bleibt unklar, weshalb der Antragsgegner erst am 08. Oktober 2008 mit dem Umzug des Antragstellers nach A-Stadt zum 01. August 2008 den Aufenthaltsort ausgemacht haben will, wenn im Verzeichnis unter der laufenden Nummer 58 (BA A Bl. 47) bereits unter dem 25. Januar 2008 „Adress-Korrektur: Teilnehmer Anschrift geändert.“ vermerkt ist. Ungeachtet dieser hinsichtlich des Sachverhaltes noch offenen Fragen ist jedenfalls nach dem Sachstand im Eilverfahren davon auszugehen, dass der Antragsteller durch das objektiv pflichtwidrige Unterlassen hinsichtlich der Mitteilungspflicht nach § 3 Abs. 1 Halbs. 2 RGebStV nicht die alleinige Ursache dafür gesetzt hat, dass der Behörde die Möglichkeit genommen worden ist, die geschuldeten Rundfunkgebühren innerhalb der Verjährungsfrist festzusetzen. Hinzugetreten ist, dass die Einwohnermeldestelle der Verwaltungsgemeinschaft C. dem Antragsgegner mit der fehlerhaften Bezeichnung der Hausnummer eine falsche Auskunft über die neue Anschrift erteilt hat. Da der Antragsteller jedenfalls gegenüber der Meldebehörde zutreffende Angaben über seinen Wohnungswechsel gemacht hat, und die Meldebehörden befugt sind, auf der Grundlage des § 10 a MeldDÜVO LSA regelmäßig und nach § 31 a MG LSA im Einzelfall Daten aus dem Melderegister dem Antragsgegner zur Erhebung und Einzug der Rundfunkgebühren zu übermitteln, beruht die fehlende Möglichkeit zur Bekanntgabe eines Festsetzungsbescheides jedenfalls auch auf einer dem Antragsteller nicht zuzurechnenden fehlerhaften Auskunft der Meldebehörde. Das rechtfertigt es, für den vorliegenden Fall, anders als in den Fällen, in denen die Adressänderung nicht nur der Rundfunkanstalt gegenüber, sondern auch den Meldebehörden gegenüber nicht angezeigt wird (vgl. dazu: OVG LSA, Beschl. v. 10.12.2003 – 3 L 43/06 –), davon auszugehen, dass die Einrede der Verjährung nicht rechtsmissbräuchlich ist, weil das Verhalten des Schuldners auch bei objektiver Betrachtungsweise nicht geeignet ist, der Behörde die Möglichkeit der Festsetzung der Abgabe innerhalb der Verjährungsfrist zu nehmen.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

8

Die Bemessung der Höhe des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

9

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren hat keinen Erfolg, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage zu sein, die Kosten für die Prozessführung aus eigenen Mitteln aufzubringen (vgl. § 114 Satz 1 ZPO). Er hat weder den Vordruck ausgefüllt, noch Belege zu den Akten gereicht.

10

Der Beschluss ist unanfechtbar.


Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begehrt, bleibt ohne Erfolg.

2

Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihrer Klage durch den Verwaltungsgerichtshof, mit der sie die Rückforderung von dem Beklagten vereinnahmter Rundfunkgebühren für ein Rundfunkempfangsgerät in einem Personenkraftwagen für die Zeit von Dezember 1992 bis einschließlich Juli 2006 begehrt hat. Sie nutzt das fragliche Kraftfahrzeug für die tägliche Fahrt von ihrer Wohnung zu der von ihr betriebenen ärztlichen Praxis.

3

Die Klägerin ist der Ansicht, das Urteil verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, denn es sei weder sinnvoll noch juristisch nachvollziehbar, einem Freiberufler auf dem Weg von zu Hause zur Arbeit einen "unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil" zu unterstellen, während der angestellte Arzt einen solchen nicht habe. Sie ist weiterhin der Ansicht, die entsprechende Gebührenforderung des Beklagten in Höhe von 798,23 € sei verjährt, und diese Einrede könne auch nicht mit dem Hinweis auf unzulässige Rechtsausübung abgewehrt werden. Vielmehr sei dem OVG Lüneburg zu folgen, wonach der Sinn der im bürgerlichen Recht geregelten kurzen Verjährungsfrist leer laufen würde, wenn regelmäßig allein durch das Nichtanmelden eines Rundfunkgerätes das Berufen auf eine Verjährung ausgeschlossen wäre.

4

Dieses Vorbringen kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht tragen. Denn die von der Klägerin sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob einem Rundfunkteilnehmer, der sich auf die Verjährung der Gebührenschuld beruft, der Einwand unzulässiger Rechtsausübung schon wegen des bloßen Unterlassens der in § 3 Abs. 1 RGebStV vorgeschriebenen Anzeige oder nur bei einem über dieses Unterlassen hinausgehenden aktiven Tun entgegengehalten werden kann, berührt im vorliegenden Rechtsstreit noch irrevisibles, d.h. im Revisionsverfahren nicht klärungsfähiges (§ 137 Abs. 1 VwGO) Landesrecht. Die Bestimmungen dieses Staatsvertrages wurden erst durch § 10 RGebStV i.d.F. des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages mit Wirkung vom 1. März 2007 für revisibel erklärt (s. Gesetz vom 14. Februar 2007, BW. GBl S. 108). Die Revisibilität gilt noch nicht für das Staatsvertragsrecht, das für die hier umstrittene Rundfunkgebührenpflicht hinsichtlich eines in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraums maßgeblich ist. Denn unter den in § 10 RGebStV nunmehr als revisibel bezeichneten "Bestimmungen dieses Staatsvertrages" sind die Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in der Fassung zu verstehen, die dieser durch Art. 7 des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages erhalten hat, nicht hingegen das - hier noch maßgebliche - bisherige Gebührenstaatsvertragsrecht (vgl. Beschlüsse vom 5. April 2007 - BVerwG 6 B 15.07 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 42 Rn. 4 und vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 1.08 - NVwZ-RR 2008, 704 Rn. 4; Urteil vom 29. April 2009 - BVerwG 6 C 28.08 - juris Rn. 14).

5

An dieser Einordnung ändert sich auch insoweit nichts, als das Berufungsgericht ergänzend auf bundesrechtliche Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch zurückgegriffen hat. Soweit Landesrecht auf bundesrechtliche Regelungen Bezug nimmt, erlangen auch die so rezipierten Bestimmungen den Charakter nicht revisiblen Landesrechts, da das für anwendbar erklärte Bundesrecht nicht aus sich heraus, sondern kraft normativer Entscheidung des Landesgesetzgebers gilt (Urteile vom 24. September 1992 - BVerwG 3 C 64.89 - BVerwGE 91, 77 <81> = Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 173 S. 22 und vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - Buchholz 430.2 Kammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 3).

6

Auch den Ausführungen der Klägerin, mit denen sie die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zur Entstehung der Rundfunkgebührenpflicht angreift, ist eine grundsätzlich bedeutsame Frage des revisiblen Rechts, die der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte, nicht zu entnehmen. Insoweit kommt eine revisionsgerichtliche Kontrolle auch nicht etwa deswegen in Betracht, weil sich der Verwaltungsgerichtshof durch Bundesrecht zu einer bestimmten Auslegung des § 5 Abs. 2 RGebStV zu Unrecht verpflichtet gefühlt hätte (vgl. Urteil vom 21. September 2005 - BVerwG 6 C 16.04 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 40 Rn. 19 m.w.N.). Zwar hat er bei der Beantwortung der Frage, ob bei Selbstständigen die Fahrten von der Wohnung zur Betriebsstätte der selbstständigen Tätigkeit oder dem privaten Bereich zuzuordnen sind, auf Begriffe und Systematik des Einkommensteuerrechts zurückgegriffen. Dies geschah jedoch im Rahmen einer eigenständigen rundfunkgebührenrechtlichen Bewertung, bei welcher das Verständnis des Einkommensteuerrechts lediglich als Interpretationshilfe diente.

7

Anknüpfungspunkt für die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage des Bundesrechts sind schließlich nicht die von der Klägerin für unrichtig gehaltenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zur rundfunkgebührenrechtlichen Ungleichbehandlung von Selbstständigen und Arbeitnehmern, die jeweils ihr Fahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nutzen. Dass damit Rechtsfragen zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 GG aufgeworfen sind, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher ungeklärt geblieben sind, wird in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt. Dass die Klägerin - im Gegensatz zum Verwaltungsgerichtshof - die Ungleichbehandlung nicht für sachlich gerechtfertigt hält, reicht nicht aus.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.