Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 12. Okt. 2016 - 9 A 279/15
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
4. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Übernahme von Kosten für die Schülerbeförderung seiner Tochter.
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Die minderjährige Tochter des sorgeberechtigten Klägers besuchte im Schuljahr 2015/2016 die 7. Klasse der X-Schule (mit Oberstufe) in X-Stadt, Kreis Nordfriesland. Die Entfernung zu ihrer Wohnanschrift in der Gemeinde X-Stadt (Kreis Dithmarschen) beträgt ca. 16,2 km.
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Zuvor besuchte sie die X-Schule, Standort X, Kreis Dithmarschen. Dieser Standort wurde zum Schuljahr 2015/2016 geschlossen. Die X-Schule verfügt weiterhin über einen Standort in X, Kreis Dithmarschen. Die Entfernung dieses Standortes und der Wohnanschrift beträgt ca. 12,2 km.
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Die bisherige Schülerbeförderung von Schülern aus dem Bereich X die im Schuljahr 2014/2015 die Schule in X besuchten (ca. 55 Schüler und Schülerinnen) fand durch die Stadt X im freigestellten Schülerverkehr statt. Hierfür wurde ein Entgelt in Höhe von 45 € pro Monat pro Kind von der Stadt X als Schulträger erhoben.
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Nach der Schließung des Schulstandortes X und dem damit verbundenen Wechsel weiterer Schüler an die Gemeinschaftsschule in X, reichten die Kapazitäten für diese Schülerbeförderung nicht mehr aus. Ein Antrag der Stadt X auf einen weiteren Bus im Rahmen des freigestellten Schüler Verkehrs wurde abgelehnt.
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Die Bürgermeisterin der Stadt X bat beim Beklagten sodann um Schaffung einer bedarfsgerechten ÖPNV-Verbindung zu und von den Schulen in X. Es folgten Gespräche, bei denen auch der Kläger zugegen war. Der Beklagte führte hierin aus, dass es sich um eine freiwillige Leistung des Beklagten handele. Die Kosten für eine bedarfsgerechte ÖPNV-Verbindung nach X würde ungefähr 100.000 € pro Schuljahr kosten, wovon der Beklagte 2/3 (ca. 67.000 €) zu tragen hätte. Zu berücksichtigen sei zudem, dass Schulkostenbeiträge der entsendenden Gemeinden hinzukämen. Hingegen würden die Kosten für zusätzliche Fahrzeugkapazitäten zur Gemeinschaftsschule in X nur ca. 50.000 € betragen. Ähnlich zurückhaltende Gedanken würden in anderen Kreisen bestehen. Der Beklagte sehe vielmehr das Land Schleswig-Holstein in der Pflicht, nach Einführung der freien Schulwahl die Kreise mit finanziellen Mitteln für zusätzliche Beförderungsleistungen auszustatten.
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Im Nachgang erfolgte eine entsprechende Ablehnung auf Anbindung der Schulen in X an den ÖPNV in Dithmarschen gegenüber der Bürgermeisterin der Stadt X.
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Am 17.08.2015 stellte der Kläger einen Antrag auf Fahrkostenerstattung für die Schülerbeförderung seiner Tochter für das Schuljahr 2015/2016.
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Diesen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27.08.2015 mit der Begründung ab, dass gemäß der Schülerbeförderungssatzung die Schülerbeförderung im Rahmen des ÖPNV erfolge. Eine Anpassung der ÖPNV-Verbindung aus dem Schulraum X nach X sei aus Kostengründen nicht realisierbar. Die Beförderung erfolge mit Bussen der Stadt X im Rahmen des sog. freigestellten Schülerverkehrs nach der Freistellungsverordnung zum Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Eine Übernahme der Kosten durch den Beklagten sei in diesen Fällen nach der Schülerbeförderungssatzung nicht möglich. Zudem bestünden nach dem Schulgesetz und der Schülerbeförderungssatzung keine Ansprüche u. a. von Eltern und Schülern gegenüber dem Schulträger, dem Träger der Schülerbeförderung oder dem Land.
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Mit Schreiben vom 08.09.2015 beantwortete das Bildungsministerium eine Eingabe des Klägers betreffend die Einrichtung bedarfsgerechter, kostenfreier Schülerbeförderung zur X-Schule in X, unter Beifügung einer ausführlichen Begründung, dass die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden sei und zudem eine Beteiligung des Landes an den Schülerbeförderungskosten nicht in Betracht käme.
- 11
Am 10.09.2015 legte der Kläger Widerspruch ein, den er damit begründete, dass es nach der Schülerbeförderungssatzung des Beklagten möglich sei, nichtöffentliche Verkehrsmittel oder Sonderformen des Linienverkehrs - Schülerfahrten - einzusetzen oder den sog. freigestellten Verkehr einzurichten. Der Beklagte habe nicht ermessensfehlerfrei über seinen Antrag entschieden. Es läge eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte vor, denn bei Schülerinnen und Schülern aus X würden die Kosten für Fahrten zur Schule in X und zum Gymnasium in X, welche ebenfalls beide im Kreis Nordfriesland lägen, übernommen werden. Damit habe sich der Beklagte in seiner Verwaltungspraxis selbst gebunden. Es sei irrelevant, wer die Schülerbeförderung durchführe. Zudem sei die angegebene Höhe der Kosten für die Einrichtung einer ÖPNV-Verbindung nach X rein spekulativ.
- 12
Am 02.11.2015 erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid unter Berufung auf die Gründe in dem Ablehnungsbescheid und der Stellungnahme des Bildungsministeriums.
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Der Kläger hat am 04.12.2015 Klage erhoben, in der er seine Argumente aus dem Widerspruchsverfahren vertieft, insbesondere im Hinblick auf die vergleichbaren Sachverhalte betreffend die Schülerbeförderung nach X, X und X. Nach der Satzung des Beklagten bestünden verschiedene Möglichkeiten der Beförderung, auch im Rahmen eigener Kraftfahrzeuge oder im sogenannten freigestellten Verkehr, so dass das Argument des Beklagten, es müsse eine ÖPNV-Verbindung vorliegen, nicht greife. Es handele sich bei der Gemeinschaftsschule X um eine solche mit Oberstufe, so dass es sich nicht um eine Schule gleicher Art handele, wie die näher gelegene Gemeinschaftsschule X. Zudem seien die Voraussetzungen für die Einrichtung eines freigestellten Verkehrs gemäß § 6 der Schülerbeförderungssatzung vorliegend gegeben. Insbesondere seien derzeit die Wartezeiten unzumutbar. Im Hinblick auf die Wartezeiten - zu denen der Kläger nähere Angaben macht - ergebe sich zudem, dass § 7 der Schülerbeförderungssatzung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoße, weil er u. a. nicht zwischen Warte- und Fahrzeiten unterscheide. Dies sei anders als in anderen Kreissatzungen, wo insbesondere geringere Zeiten angegeben würden. Dies würde dazu führen, dass die Satzung unwirksam sei und es dem Beklagten damit an eine Ermächtigungsgrundlage zur Zurückweisung des Kostenantrages des Klägers fehle.
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Der Kläger beantragt,
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1. Den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom 27.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2015 zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Übernahme der Fahrkosten für die Schülerbeförderung des Kindes X zur X-Schule in X unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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2. Die Zuziehung der Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Hilfsweise,
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den Bescheid des Beklagten vom 27.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2015 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt er an, dass kein Anspruch auf Kostenübernahme bestehe, sondern nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, d.h. frei von Willkür nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Eine solche Entscheidung sei bereits ergangen. Es bestünde keine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Fällen X und X. Die Sachverhalte seien schon nicht vergleichbar, da zu jenen bereits eine ÖPNV-Verbindung nach dem Personenbeförderungsgesetz und des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) bestehe, so dass die Kostenübernahme nicht nur auf Grundlage der Satzung, sondern auch aufgrund der Verwaltungspraxis anerkannt werde. Zwischen X und X bestehe eine solche bedarfsgerechte ÖPNV-Verbindung nicht. Würde ein „Anspruch“ auch außerhalb der vorhandenen Verkehre bestehen, entstünde eine uferlose Erstattungspflicht, unabhängig vom ÖPNV oder Linienverkehr. Die bisherige Schülerbeförderung nach X sei im Rahmen des freigestellten Verkehrs durch die Stadt X erfolgt. Die Einrichtung einer bedarfsgerechten ÖPNV-Verbindung nach X durch den Beklagten komme aus wirtschaftlichen (eigene Kosten des Beklagten und zusätzlich Schulkostenbeiträge der Wohnsitzgemeinden) und politischen Gründen (Präzedenzfallwirkung innerhalb des Kreises und über die Kreisgrenzen hinaus, Stärkung des Schulstandortes X) nicht in Betracht. Dementsprechend sei bisher auch kein kreisübergreifender ÖPNV eingeführt worden, so dass auch keine selbstbindende Verwaltungspraxis bei dem Beklagten bestehe. Er sei insbesondere nicht verpflichtet, eine ÖPNV-Verbindung zu entfernteren Schulen einzurichten. Dadurch bestehe auch keine Einschränkung der freien Schulwahl. Die Gemeinschaftsschule in X sei nicht die nächstgelegene Schule gleicher Schulart. Das Schulgesetz unterscheide bei der Schulart der Gemeinschaftsschule nicht danach, ob diese mit oder ohne Oberstufe geführt werde. Es bestehe auch keine Pflicht zur Anerkennung eines freigestellten Verkehrs durch den Beklagten. Ein solcher sei auch tatsächlich nicht eingerichtet worden. Die derzeitigen Wartezeiten - die näher ausgeführt werden - seien zumutbar. Die in § 7 der Schülerbeförderungssatzung geregelten Wartezeiten entsprächen im Übrigen dem landesüblichen Standard, es werde nicht zwischen Warte- und Fahrzeiten differenziert. Die Satzung sei insoweit nicht zu beanstanden.
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Die Kammer hat mit Beschluss vom 18.07.2016 den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
- 23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Übernahme von Schülerbeförderungskosten für seine Tochter zur X-Schule in X; der Beklagte hat hierüber in ermessensfehlerfreier Weise entschieden. Der ablehnende Bescheid vom 27.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2015 ist rechtmäßig.
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Anders als in anderen Bundesländern schließt das Schleswig-Holsteinische Schulgesetz in § 136 Ansprüche der Eltern bzw. der Schülerinnen oder Schüler gegen den Schulträger, den Träger der Schülerbeförderung oder das Land ausdrücklich aus.
- 26
Die Satzung des Kreises Dithmarschen über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung i.d.F. vom 21.03.2013 (Schülerbeförderungssatzung) regelt in § 1 Abs. 4, dass diese Satzung gemäß § 136 SchulG keine Rechtsansprüche Dritter (u. a. Eltern, Schüler) begründet.
- 27
Dieser Ausschluss subjektiver Rechte war bereits in § 81 SchulG a.F. vorgesehen und geht darauf zurück, dass das Gesetz lediglich das Verhältnis des Landes gegenüber den Schulträgern und den Trägern der Schülerbeförderung regelt, nicht jedoch das Verhältnis zu den Schulbenutzern. Den objektiven Verpflichtungen der Schulträger und der Träger der Schülerbeförderung sollen keine subjektiven Rechte der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte gegenüberstehen (Karpen/Lorentzen in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum SchulG a. F., § 80 Anm. 5.3, § 81 Anm. 1 u. 2).
- 28
Der Kläger hat deshalb nur einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über sein Begehren in ermessensfehlerfreier Weise entscheidet, insbesondere frei von Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) seine Entscheidungen trifft (vgl. OVG Schleswig, U. v. 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258; U. v. 25.03.1994 - 3 L 204/93 -, Die Gemeinde 1994, 228). Auf die Auslegung der Satzung kommt es deshalb grundsätzlich nicht an, weshalb der Kläger mit seinem Argument zur Unverhältnismäßigkeit der Wartezeitenregelung in § 7 der Schülerbeförderungssatzung und daraus resultierender Unwirksamkeit der Satzung nicht durchdringt. Im Übrigen sei angemerkt, dass er mit seiner daraus gezogenen Schlussfolgerung, dem Beklagten fehle somit die Ermächtigungsgrundlage zur Ablehnung seines Antrages, fehl geht, denn es handelt sich vorliegend nicht um eine Anfechtungs- sondern um eine Verpflichtungssituation, in der dem Kläger eine Anspruchsgrundlage für die Durchsetzung seines Anspruches (zumindest auf ermessensfehlerfreie Entscheidung) zur Seite stehen muss.
- 29
Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat dazu in der genannten Entscheidung vom 25.03.1994 ausgeführt:
- 30
„Für die Frage, ob der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei betätigt hat, indem er der Klägerin die begehrte Bewilligung versagt hat, kommt es auf die Auslegung des Schulgesetzes bzw. der Satzung des Beklagten nicht an. Das Schulgesetz enthält im Hinblick auf Schülerbeförderungskosten - wie ausgeführt - keine Rechtsanspruchsnormen für Bürger. Dieser Ausschluß subjektiver Rechte wirkt sich auch auf die Ermessensbetätigung der Schulträger bei der Entscheidung über entsprechende Anträge aus. Die gesetzlichen Regelungen zu den Schülerbeförderungskosten (§ 80 SchulG) entfalten keine Rechtswirkung außerhalb der Organbereiche, für die sie verbindlich sind (Land, Kreise, Gemeinden, Schulträger). Insoweit ist das Schulgesetz vergleichbar mit einem Haushaltsplan, der ebenfalls einen gesetzlichen Ausschluß von Außenwirkungen enthält (vgl. BVerfG, Beschluß vom 22.10.1974 - 1 BvL 3/72 -, E 38, 121). Konstruierte man über den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG einen subjektiven Rechtsanspruch darauf, daß das Ermessen in der vom Gesetz vorgesehenen Weise zu betätigen sei, würde der Wille des Gesetzgebers, der erkennbar darin besteht, dem Bürger die Berufung auf das Gesetz zu verwehren, unterlaufen. Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Satzung des Beklagten entsprechend.
- 31
Dem Schulgesetz und der Satzung des Beklagten kommen daher hinsichtlich der Bestimmungen zu den Schülerbeförderungskosten im Verhältnis zwischen dem Schulträger und dem Bürger nicht mehr Gewicht zu als einer nur für die Verwaltung verbindlichen Richtlinie (vgl. Urteil des Senats vom 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258 = SchlHA 1993, 120).
- 32
Eine im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes relevante Selbstbindung entsteht noch nicht, wenn ausschließlich für die Verwaltung verbindliche Vorschriften erlassen werden oder sie sich selbst - innerbehördliche - Richtlinien, Anweisungen oder dergleichen gibt. Ein im beschriebenen Sinne der Selbstbindung relevantes Verhalten liegt erst dann vor, wenn und soweit die Verwaltung sich nach außen hin, d.h. dem Bürger gegenüber betätigt. Danach kommt es nicht darauf an, wie eine für die Verwaltung verbindliche Vorschrift auszulegen wäre, wenn die Auslegung nach den für Rechtsanspruchsnormen entwickelten Grundsätzen vorzunehmen wäre. Sofern die Normen allein die Verwaltung binden, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, nicht der gerichtlichen Interpretation unterworfen (vgl. BVerwG, aaO). Entscheidend ist vielmehr, wie die die Verwaltung bindende Vorschrift von der Verwaltung selbst - nach ihrem eigenen Verständnis - gehandhabt wird. Denn der Gleichheitssatz, an dem die Ermessensausübung zu messen ist, stellt nicht auf den Wortlaut der die Verwaltung bindenden Vorschrift, sondern auf ihre Handhabung ab (vgl. BVerwG, Beschluß vom 01.06.1979 - 6 B 33.79 ZBR 1980, 24; Urteil vom 26.04.1979, aaO). Es kommt also darauf an, welche Verwaltungspraxis sich aufgrund der Vorschrift entwickelt hat. Nur die bisherige Verwaltungspraxis bindet die Verwaltung dem Bürger gegenüber (vgl. Dürig in Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rdn. 432 m.w.N.).“
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Dem entspricht die Rechtsprechung der Kammer, der sich auch die erkennende Einzelrichterin anschließt. Richterlicher Prüfungsmaßstab kann unter diesen Umständen nur sein, ob die Verwaltung nach außen hin in Anwendung der für sie verbindlichen Vorschriften den Gleichheitssatz bzw. sonstige rechtliche Regelungen willkürlich verletzt oder höherrangige Zweckbestimmungen nicht beachtet hat (vgl. BVerwG, U. v. 26.04.1979 - 3 C 111/79 -, BVerwGE 58, 45 ff.; B. v. 21.09.1993 - 2 B 109/93 -, juris).
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Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Beklagte in vergleichbaren Fällen die Schülerbeförderungskosten übernommen hat oder übernehmen würde bzw. einen bedarfsgerechten ÖPNV oder freigestellten Verkehr nach der Freistellungsverordnung für Schulen außerhalb des Kreisgebietes eingeführt hat. Dies hat er ausdrücklich gegenüber dem Gericht erklärt; Gegenteiliges ist von dem Kläger auch nicht behauptet worden, wenngleich dieser anhand zweier Vergleichsfälle für sich eine Ungleichbehandlung durch die Selbstbindung des Beklagten reklamiert.
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Es handelt sich dabei um die unstreitige Kostenübernahme für die Schülerbeförderung in kreisfremde Schulen in X und X (Kreis Nordfriesland) durch den Beklagten.
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Hierbei handelt es sich schon nicht um vergleichbare Sachverhalte, da zu beiden benannten Vergleichsfällen unstreitig ein ÖPNV nach dem Personenbeförderungsgesetz (Husum) bzw. nach dem AEG (X-Stadt) besteht und damit die Voraussetzung einer (bestehenden) Beförderungsart nach § 4 Abs. 1 Buchst. a) der Schülerbeförderungssatzung gegeben ist. Dies stellt ein tragfähiges Unterscheidungskriterium zu der Konstellation in X dar, denn zwischen dem Gebiet X und X existiert ein solcher ÖPNV bzw. Schienenverkehr nicht. Vielmehr wurde die bisherige Schülerbeförderung (kostenpflichtig) durch freigestellten Schülerverkehr der Stadt X durchgeführt.
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Der Beklagte hat aktenkundig und in der mündlichen Verhandlung mehrfach bekräftigt, dass ÖPNV-Verbindungen zu anderen als den nächstgelegenen Schulen oder kreisübergreifend nicht geschaffen werden, d.h. vergleichbare kreisübergreifende Schülerbeförderung bislang aus wirtschaftlichen (Kosten für die Einrichtung sowie Schulkostenbeiträge der entsendenden Wohnsitzgemeinden) wie politischen Erwägungen (keine Schaffung eines Präzedenzfalles innerhalb des Kreises und an der Kreisgrenze sowie Stärkung der eigenen Schulstandorte) nicht eingerichtet hat und dies auch nicht beabsichtigt. Hierbei handelt es sich nicht um sachfremde Erwägungen; insbesondere der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit findet gemäß § 4 Abs. 2 der Schülerbeförderungssatzung einen Niederschlag in der selbstbindenden Verwaltungspraxis des Beklagten. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang anführt, dass es sich bei der Gemeinschaftsschule in X nicht um die nächstgelegene Schule gleicher Schulart handele, da diese nicht über eine Oberstufe verfüge, greift dieses Argument nicht. Wenn eine Gemeinschaftschule im Gegensatz zu einer anderen Gemeinschaftsschule eine unterschiedliche Binnendifferenzierung anbietet (drei statt zwei Niveaustufen) ändert dies an der vom Schulgesetz normierten Schulart „Gemeinschaftsschule“ gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 43 SchulG nichts; es handelt sich weiterhin um dieselbe Schulart (vgl. VG Schleswig, GB v. 19.08.2016 - 9 A 232/15 -, juris).
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Aus denselben Gründen scheidet auch eine Ungleichbehandlung in Bezug auf die Einrichtung eines freigestellten Verkehrs nach der Freistellungsverordnung aus. Wie bereits eingangs ausgeführt, orientiert sich der Prüfungsmaßstab des Gerichts anhand des Willkürverbotes. In Ansehung des fakultativen freigestellten Verkehrs, für dessen Errichtung keine Pflicht besteht (vgl. § 114 Abs. 5 SchulG und § 4 Abs. 1 Buchst. c, d der Schülerbeförderungssatzung), ist eine Ungleichbehandlung bereits deshalb nicht gegeben, weil der Beklagte unbestritten auch in diesem Zusammenhang bekräftigt hat, dass er einen solchen kreisübergreifenden freigestellten Verkehr weder eingerichtet hat noch dies beabsichtigt.
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Schließlich verstößt die von dem Beklagten geschilderte Verwaltungspraxis auch nicht gegen sonstige höherrangige Rechtsgrundsätze. Aus den Bestimmungen des Grundgesetzes lässt sich insbesondere keine verfassungsrechtliche Pflicht ableiten, die Schülerbeförderung unentgeltlich zu regeln bzw. zu handhaben. So gewähren weder das Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 GG, den Bildungsweg ihrer Kinder bestimmen zu können, das Grundrecht des Schülers auf Bildung aus Art. 2 Abs. 1 GG, noch das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip einen Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung (vgl. BVerwG, B. v. 22.10.1990 - 7 B 128/90 -, DVBl. 1991, 59). Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen die Schulwahlfreiheit als Teil des Elternrechts Art. 6 Abs. 2 GG und des Bildungsauftrages nach Art. 7 GG vor, da die Grundrechte die Eltern und Schüler nicht des Risikos entheben, dass sich der Besuch der von ihnen bevorzugten Schule schülerbeförderungsrechtlich zu ihrem Nachteil auswirkt (vgl. BVerwG, B. v. 13.08.2013 – 6 B 33/13 -, juris). Letztlich vermittelt auch die in § 20 Abs. 1 Satz 1 SchulG als Konkretisierung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages im Sinne des Art. 7 GG normierte allgemeine Schulpflicht keinen Anspruch auf eine kostenlose Schülerbeförderung. Denn die Erfüllung der Schulpflicht ist traditionell als Bringschuld zu begreifen (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 25.08.2003 - 2 A 10588/03 -, DÖV 2004, 350). Aus diesem Grund obliegt es grundsätzlich den Eltern, für einen Transport zu und von den Schulen zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen. Die Schülerbeförderung stellt dagegen vielmehr eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand dar (std. Rspr. der Kammer, vgl. VG Schleswig, U. v. 19.08.2015 - 9 A 111/15 -; U. v. 16.04.2008 - 9 A 207/07 -; Kammerbeschluss v. 17.09.2007 - 9 B 67/07).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.