Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 16. Apr. 2008 - 9 A 207/07

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2008:0416.9A207.07.0A
16.04.2008

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der Vollstreckungsschuld abwenden, wenn der Beklagte nicht vorher seinerseits Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Schülerfahrkarte für das Schuljahr 2007/2008.

2

Der im Jahre 1991 geborene Kläger mit Wohnsitz im Kreisgebiet des Beklagten erwarb 2007 den regulären Hauptschulabschluss und besucht seit Beginn des Schuljahres 2007/2008 eine Berufsfachschule in B-Stadt mit dem Ziel, dort nach zwei Jahren einen Mittleren Abschluss zu erwerben.

3

Am 13. Juli 2007 beantragte sein gesetzlicher Vertreter beim Beklagten die Ausstellung einer Schülerfahrkarte mit dem Hinweis, dass der Kläger im Wege des Vollzeitschulbesuches einen allgemein bildenden Schulabschluss anstrebe. Mit Bescheid vom 02. August 2007 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Nach § 114 Abs. 1 SchulG seien die Schulträger nur dann Träger der Schülerbeförderung, wenn die Schülerinnen und Schüler die Grundschulen, die Jahrgangsstufen fünf bis zehn der weiterführenden allgemein bildenden Schulen sowie Förderzentren besuchten. Auch wenn der Kläger einen allgemein bildenden Abschluss anstrebe, besuche er keine allgemein bildende Schule. In dem dagegen am 27. August 2007 eingelegten Widerspruch wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass es in Schleswig-Holstein für Hauptschüler nicht die Möglichkeit gebe, den Mittleren Bildungsabschluss in Form eines zehnten Schuljahres zu absolvieren. Bildungsbemühte Hauptschüler würden in unzulässiger Weise benachteiligt, wenn nur Schüler der Realschule eine entsprechende Schülerbeförderung erhielten.

4

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2007 als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage der Entscheidung sei das Schulgesetz nebst Satzung des Beklagten über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung vom 25. Juni 2007. Nach § 114 Abs. 1 SchulG seien die Schulträger der in den Kreisen liegenden öffentlichen Schulen nur dann Träger der Schülerbeförderung, wenn Schülerinnen und Schüler die Grundschulen, Jahrgangsstufen fünf bis zehn der weiterführenden allgemein bildenden Schulen sowie Förderzentren besuchten. Weiterführende allgemein bildende Schulen seien nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SchulG die Regionalschule, die Gemeinschaftsschule und das Gymnasium sowie - bis zum Ablauf des 31. Juli 2010 - die Haupt- und Realschulen. Berufsbildende Schulen seien in dieser abschließenden Aufzählung explizit nicht erfasst. Entsprechend sehe auch die Satzung des Beklagten insoweit keine Kostenerstattung vor. Es komme demnach nicht auf den erreichbaren Abschluss, sondern allein auf die besuchte Schulart an. Das Schulgesetz sehe auch keine Ausnahmemöglichkeit vor. Der Widerspruchsbescheid wurde am 3. November 2007 zugestellt.

5

Am 3. Dezember 2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass ihm der geltend gemachte Anspruch aus § 114 SchulG in Verbindung mit der Satzung über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung zustehe. Die vorgenommene Differenzierung nach dem Wortlaut der Vorschrift, wonach ein Anspruch nur für „weiterführende allgemein bildende Schulen“ in Frage komme, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG, da kein sachlich einleuchtender Grund für diese Differenzierung bestehe. Dies gelte insbesondere für Schüler, die den Abschluss einer weiterführenden allgemein bildenden Schule anstrebten. Im Gegensatz zu den „typischen“ Schülern der berufsbildenden Schulen hätten sie keine abgeschlossene Berufsausbildung oder sonstige Verdienstmöglichkeiten, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Gerade Hauptschüler wie der Kläger seien in der finanziellen und beruflichen Situation nicht von „typischen“ Realschülern zu unterscheiden. Hinzu komme, dass er zum Schuljahresbeginn 2007/2008 gar nicht die Möglichkeit gehabt hätte, die zehnte Jahrgangsstufe an einer allgemein bildenden Schule zu besuchen.

6

Der Kläger beantragt,

7

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. August 2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2007 zu verpflichten, dem Kläger eine Schülerfahrkarte für das Schuljahr 2007/2008 auszustellen.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er ist der Auffassung, dass der Wortlaut des § 114 SchulG eindeutig sei und sich ausdrücklich nur auf Schülerinnen und Schüler der Primarstufe und der Sekundarstufe I bis zur Beendigung der Vollzeitschulpflicht beziehe. Schüler der berufsbildenden Schulen hätten demgegenüber bereits ihre Vollzeitschulpflicht absolviert. Von daher liege kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, der eine anderslautende Auslegung der Norm gebiete. Das Unterscheidungskriterium der Vollzeitschulpflicht iSd § 20 Abs. 2 S.1 SchulG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe im Bereich der gewährenden Verwaltung einen weiten Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen an die Frage angeknüpft werde, ob der Schulbesuch pflichtig sei oder freiwillig wahrgenommen werde. Es sei sachgerecht, bei einem freiwilligen Schulbesuch die Kosten der Schülerbeförderung nicht mehr zu übernehmen. Zweck des Gesetzes sei es nicht, eine völlige gleichförmige Belastung herzustellen. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, müsste auch für alle anderen Schüler der Sekundärstufe II eine Kostenerstattung erfolgen. Hierzu sei der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Erfüllung der Schulpflicht traditionell als Bringschuld verstanden werde, weshalb die Eltern die Pflicht hätten, für den Transport ihrer Kinder zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen.

11

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und dem beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Ablehnung der Erteilung einer Schülerfahrkarte für das Schuljahr 2007/2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

13

Ein Anspruch auf Erteilung einer Schülerfahrkarte besteht nicht, ergibt sich insbesondere nicht aus der Satzung des Beklagten über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung vom 25. Juni 2007 (Schülerbeförderungssatzung) iVm § 114 SchulG n.F. (in Art. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Schleswig-Holstein vom 24. Januar 2007, GVOBl. 2007, S. 39 ff.).

14

Ungeachtet der materiell-rechtlichen Voraussetzungen der geltend gemachten Anspruchsnorm bestimmt § 136 SchulG n.F., dass u.a. die Bestimmungen im 6. Teil des Gesetzes - dazu gehören die §§ 111-114 SchulG n.F. - keine Ansprüche der Schulleiterinnen, Schulleiter, Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen oder Schüler gegen den Schulträger, den Träger der Schülerbeförderung oder das Land begründen. Gleichermaßen schließt § 1 Abs. 4 der Schülerbeförderungssatzung Rechtsansprüche Dritter unter Verweis auf § 136 SchulG aus. Dieser Ausschluss subjektiver Rechte war bereits in § 81 SchulG a.F. vorgesehen und geht darauf zurück, dass das Gesetz lediglich das Verhältnis des Landes gegenüber den Schulträgern und den Trägern der Schülerbeförderung regelt, nicht jedoch das Verhältnis zu den Schulbenutzern. Den objektiven Verpflichtungen der Schulträger und der Träger der Schülerbeförderung sollen keine subjektiven Rechte der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte gegenüberstehen (Karpen/Lorentzen in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum SchulG a.F., § 80 Anm. 5.3, § 81 Anm. 1 u. 2).

15

Der Kläger hat allerdings einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über sein Begehren in ermessensfehlerfreier Weise entscheidet, insbesondere frei von Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) seine Entscheidungen trifft (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258 = SchlHAnz 1993, 120; Urt. v. 25.03.1994 - 3 L 204/93 -, Die Gemeinde 1994, 228). Auch unter diesem rechtlichen Blickwinkel ist der angefochtene Bescheid rechtlich nicht zu beanstanden.

16

Das OVG Schleswig hat in der genannten Entscheidung vom 25.03.1994 ausgeführt:

17

„Für die Frage, ob der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei betätigt hat, indem er der Klägerin die begehrte Bewilligung versagt hat, kommt es auf die Auslegung des Schulgesetzes bzw. der Satzung des Beklagten nicht an. Das Schulgesetz enthält im Hinblick auf Schülerbeförderungskosten - wie ausgeführt - keine Rechtsanspruchsnormen für Bürger. Dieser Ausschluß subjektiver Rechte wirkt sich auch auf die Ermessensbetätigung der Schulträger bei der Entscheidung über entsprechende Anträge aus. Die gesetzlichen Regelungen zu den Schülerbeförderungskosten (§ 80 SchulG) entfalten keine Rechtswirkung außerhalb der Organbereiche, für die sie verbindlich sind (Land, Kreise, Gemeinden, Schulträger). Insoweit ist das Schulgesetz vergleichbar mit einem Haushaltsplan, der ebenfalls einen gesetzlichen Ausschluß von Außenwirkungen enthält (vgl. BVerfG, Beschluß vom 22.10.1974 - 1 BvL 3/72 -, E 38, 121). Konstruierte man über den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG einen subjektiven Rechtsanspruch darauf, daß das Ermessen in der vom Gesetz vorgesehenen Weise zu betätigen sei, würde der Wille des Gesetzgebers, der erkennbar darin besteht, dem Bürger die Berufung auf das Gesetz zu verwehren, unterlaufen. Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Satzung des Beklagten entsprechend.

18

Dem Schulgesetz und der Satzung des Beklagten kommen daher hinsichtlich der Bestimmungen zu den Schülerbeförderungskosten im Verhältnis zwischen dem Schulträger und dem Bürger nicht mehr Gewicht zu als einer nur für die Verwaltung verbindlichen Richtlinie (vgl. Urteil des Senats vom 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258 = SchlHA 1993, 120).

19

Eine im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes relevante Selbstbindung entsteht noch nicht, wenn ausschließlich für die Verwaltung verbindliche Vorschriften erlassen werden oder sie sich selbst - innerbehördliche - Richtlinien, Anweisungen oder dergleichen gibt. Ein im beschriebenen Sinne der Selbstbindung relevantes Verhalten liegt erst dann vor, wenn und soweit die Verwaltung sich nach außen hin, d.h. dem Bürger gegenüber betätigt. Danach kommt es nicht darauf an, wie eine für die Verwaltung verbindliche Vorschrift auszulegen wäre, wenn die Auslegung nach den für Rechtsanspruchsnormen entwickelten Grundsätzen vorzunehmen wäre. Sofern die Normen allein die Verwaltung binden, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, nicht der gerichtlichen Interpretation unterworfen (vgl. BVerwG, aaO). Entscheidend ist vielmehr, wie die die Verwaltung bindende Vorschrift von der Verwaltung selbst - nach ihrem eigenen Verständnis - gehandhabt wird. Denn der Gleichheitssatz, an dem die Ermessensausübung zu messen ist, stellt nicht auf den Wortlaut der die Verwaltung bindenden Vorschrift, sondern auf ihre Handhabung ab (vgl. BVerwG, Beschluß vom 01.06.1979 - 6 B 33.79 ZBR 1980, 24; Urteil vom 26.04.1979, aaO). Es kommt also darauf an, welche Verwaltungspraxis sich aufgrund der Vorschrift entwickelt hat. Nur die bisherige Verwaltungspraxis bindet die Verwaltung dem Bürger gegenüber (vgl. Dürig in Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rdn. 432 m.w.N.).“

20

Dem schließt sich das erkennende Gericht an (vgl. schon Urt. v. 02.06.2006 iVm Gerichtsbescheid v. 10.04.2006 - 9 A 320/05 - und Gerichtsbescheid vom 09.01.2006 - 9 A 774/04 -). Richterlicher Prüfungsmaßstab kann unter diesen Umständen nur sein, ob die Verwaltung in Anwendung der für sie verbindlichen Vorschriften den Gleichheitssatz bzw. sonstige rechtliche Regelungen willkürlich verletzt oder höherrangige Zweckbestimmungen nicht beachtet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.1979 - 3 C 111/79 -, BVerwGE 58, 45 ff. = NJW 1979, 2059 ff.; Beschl. v. 21.09.1993 - 2 B 109/93 - in Juris).

21

Auch in Anwendung dieser Grundsätze ist eine Rechtswidrigkeit der erfolgten Ablehnung einer Schülerfahrkarte nicht festzustellen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Beklagte die Kosten für eine Schülerbeförderung in anderen Fällen als notwendig anerkannt hätte, wenn eine Schülerin oder ein Schüler eine berufsbildende Schule besucht, um dort einen Mittleren Abschluss zu erwerben. Nach den in der mündlichen Verhandlung erfolgten und unbestritten gebliebenen Ausführungen des Beklagten orientiert sich die Verwaltungspraxis strikt am Wortlaut des § 114 Abs. 1 SchulG n.F. und entsprechend an § 1 Abs. 1 der Schülerbeförderungssatzung. Eine Kostenerstattung für die Beförderung von Schülern erfolge nur dann, wenn eine Grundschule, eine der Jahrgangsstufen fünf bis zehn der weiterführenden allgemein bildenden Schulen oder ein Förderzentrum besucht werde, also auch beim Besuch der 10. Jahrgangsstufe an einer Hauptschule. Eine Erstattung erfolge hingegen nicht, wenn nach Absolvierung der Vollzeitschulpflicht von neun Schuljahren ein 10. Schuljahr an einer berufsbildenden Schule besucht werde. Hiervon ausgehend lässt sich vorliegend keine willkürliche Entscheidung unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG feststellen, da sich die dem Kläger gegenüber erfolgte Ablehnung einer Schülerfahrkarte im Rahmen der geschilderten Praxis bewegt.

22

Darüber hinaus stellt die dargestellte Verwaltungspraxis ebenso wenig wie die Regelung des § 114 Abs. 1 SchulG n.F. selbst eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Berufs- und Realschülern dar, die einen Mittleren Abschluss anstreben bzw. von Berufs- und Hauptschülern, die ein 10. Schuljahr absolvieren.

23

Verfassungsrechtlich ist die Schülerbeförderung als eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand anzusehen. Bei deren Ausgestaltung hat der Gesetzgeber (und die am Gesetz ausgerichtete Verwaltungspraxis) einen weiten Gestaltungsspielraum, der es zum einen unter Beachtung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt, die Erbringung der öffentlichen Leistung von einer Gegenleistung der Begünstigten abhängig zu machen (BVerwG, Beschl. v. 22.10.1990 - 7 B 128/90 - DVBl. 1991, S. 59 ff.) und zum anderen, vielfältige Lebensverhältnisse durch eine einheitliche Regelung zu erfassen und hierbei ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz oder das Sozialstaatsprinzip gewisse tatsächliche Verschiedenheiten aufgrund der unterschiedlichen Lebensverhältnisse zu vernachlässigen. Dieser Gestaltungsspielraum wird erst dann überschritten, wenn die Vorgehensweise sich nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise verträgt und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden muss (vgl. Kammerbeschl. v. 17.9.2007 - 9 B 67/07 -). Eine solche Willkürlichkeit ist bei Anknüpfung an die Vollzeitschulpflicht bzw. die regelmäßige Dauer des Schulbesuches je nach Schulart sowie an den Besuch ausschließlich allgemein bildender Schulen iSd § 114 Abs. 1 iVm § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 146 Abs. 4 S. 1 SchulG n.F. nicht gegeben.

24

Die Vollzeitschulpflicht umfasst die Pflicht zum Besuch einer Grundschule und einer Schule der Sekundarstufe I oder einer Sonderschule/eines Förderzentrums von insgesamt neun Schuljahren (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SchulG a.F., § 20 Abs. 2 Nr. 1 SchulG n.F.). Die regelmäßige Dauer des Schulbesuchs der einzelnen Schülerin / des einzelnen Schülers ergibt sich aus der Zahl der Schulleistungsjahre der jeweiligen Schulart (§ 38 Abs. 1 SchulG a.F., § 18 Abs. 1 SchulG n.F.). Nach § 12 Abs. 2 S. 1 SchulG a.F. und § 146 Abs. 2 S. 1 SchulG n.F. umfasst die Hauptschule fünf Klassen- bzw. Jahrgangsstufen. Nach § 12 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 SchulG a.F. - gültig gemäß Art. 3, § 2 Abs. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Schleswig-Holstein (aaO) bis zum 31. Juli 2007 - konnte die Hauptschule eine 10. Klassenstufe haben mit dem Ziel, die allgemeine Bildung und Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Arbeitswelt zu erweitern und zu vertiefen. Bei erfolgreicher Teilnahme wurde ein Abschluss erworben, der die schulischen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Fachoberschule und die Fachschule enthalten kann. Statt der fünf Jahrgangsstufen können die Hauptschulen gemäß der Nachfolgeregelung des § 146 Abs. 2 S. 2 SchulG n.F. seit dem 1. August 2007 ab der achten Jahrgangsstufe flexible Übergangsphasen bilden, die drei Jahre dauern und die Schülerinnen und Schüler auf den Hauptschulabschluss vorbereiten; mithin sieht auch das neue Schulrecht im Rahmen der flexiblen Übergangsphase eine weitere Jahrgangsstufe an Hauptschulen vor. Der Erwerb eines Mittleren Abschlusses ist damit allerdings nach beiden Modellen nicht verbunden (vgl. Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I, Beschluss der KMK vom 03.12.1993 i.d.F. vom 02.06.2006 unter: www.kmk.org/schul/home.htm?pub). Dessen ungeachtet wäre es dem Kläger nur dann möglich gewesen, freiwillig den sog. erweiterten Hauptschulabschluss iSd § 12 Abs. 3 SchulG a.F. zu erwerben, wenn die von ihm besuchte Hauptschule eine solche 10. Jahrgangsstufe tatsächlich angeboten hätte. Strebte er hingegen nach dem regulären Hauptschulabschluss einen Mittleren Schulabschluss an, so war und ist dieser auch noch gegenwärtig in Schleswig-Holstein generell an berufsbildenden Schulen und nicht an Realschulen zu erwerben. Die noch bis zum 31. Juli 2008 geltende Landesverordnung über die Aufnahme, das Aufsteigen nach Klassenstufen, die Dauer des Schulbesuchs und die Abschlussprüfung an der Realschule vom 27. Februar 1995 (NBl MWFK/MFBWS Schl.-H. 1995, 67) sieht in ihrem § 1 vor, dass die Aufnahme in die Realschule durch einen Wechsel aus einer Grundschule oder den Wechsel während der Orientierungsstufe, durch den Wechsel aus einer anderen Realschule, durch den Wechsel vom Gymnasium oder durch den Wechsel aus einer Gesamtschule erfolgt. Der Wechsel aus einer anderen als den genannten Schulen ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen, wenn die Aufnahme pädagogisch sinnvoll erscheint und zu erwarten ist, dass die Schülerin oder der Schüler in der Realschule erfolgreich mitarbeiten kann. Demgegenüber sehen § 88 Abs. 1 S. 2 und § 89 Abs. 2 S. 2 SchulG n.F. insoweit vor, dass an einer Berufs- bzw. Berufsfachschule weitere schulische Abschlüsse und Berechtigungen erworben werden können. Häufiges Motiv für den Besuch der Berufsfachschule ist deshalb gerade der Wunsch, hier nach Abschluss der allgemein bildenden Hauptschule den Mittleren Bildungsabschluss zu erwerben und sich gleichzeitig auf eine Berufsausbildung vorzubereiten (Karpen/Lorentzen aaO, § 19 Anm. 1). Entsprechend sieht die seit dem 1. August 2007 geltende Landesverordnung über die Berufsfachschule vom 22. Juni 2000 (NBl MBF Schl.-H. 2007, 155) in § 1 Abs. 1, § 6 Abs. 1 vor, dass die Berufsfachschule mit dem Ziel einer beruflichen Grundbildung und des Erwerbs des Mittleren Schulabschlusses in einem zweijährigen Bildungsgang besucht werden kann. Dieser Mittlere Schulabschluss wird in allen Bundesländern anerkannt und ist dem Realschulabschluss gleichwertig (Karpen/Lorentzen aaO, § 19 Anm. 2; Beschluss der KMK aaO).

25

Diese Regelungen zeigen in ihrer Gesamtschau, dass es nicht nur für den Kläger in seinem speziellen Jahrgang, sondern dass es nach erfolgreichem Besuch der 9. Klassenstufe für Hauptschüler generell gegenwärtig nicht vorgesehen ist, dass sie für ein Jahr auf die Realschule wechseln, um dort den Realschulabschluss zu erwerben. Der Hauptschulbesuch ist vielmehr darauf ausgerichtet, einen Abschluss zu vermitteln, der den Anforderungen für eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspricht und zugleich weitere schulische Bildungsgänge eröffnet. Bei diesen weiteren schulischen Bildungsgängen soll es sich gerade nicht um solche allgemein bildender Schulen handeln, sondern um solche berufsbildender Schulen. Der an der Berufsfachschule zu erwerbende und vom Kläger auch angestrebte Mittlere Schulabschluss ist dem Realschulabschluss zwar gleichwertig, setzt aber einen zwei jährigen Schulbesuch voraus und vermittelt sogleich eine berufliche Grundbildung, die an allgemein bildenden Schulen nicht zu erwerben ist.

26

Diese Unterschiede rechtfertigen die § 114 Abs. 1 SchulG vorgesehene und vom Beklagten entsprechend praktizierte Beschränkung der Kostenerstattung auf Fälle des Besuchs allgemein bildender Schulen. Eine Gleichbehandlung des Schulbesuchs an einer Berufsfachschule zwecks Erreichung des Mittleren Schulabschlusses mit dem Schulbesuch einer Hauptschule zwecks Erreichung des erweiterten Hauptschulabschlusses nach Klassenstufe 10 bzw. des Besuchs einer Realschule zwecks Erreichung des Realschulabschlusses ist daher nicht zwingend geboten. Die damit einhergehende finanzielle Belastung der Berufsfachschüler mag zwar zu einer auf Begabtenförderung und Ausschöpfung aller Bildungsreserven gerichteten Schulpolitik tendenziell in einem gewissen Widerspruch stehen, begründet jedoch noch keine mit dem Gleichheitssatz unvereinbare Benachteiligung: „Entscheidend ist, dass die ungleiche Behandlung der Schülergruppen im Hinblick auf die die Erstattungsregelung tragenden Gründe nicht unverständlich bleibt“ (BVerwG, Beschl. v. 22.10.1990, a.a.O.).

27

Schließlich verstößt die geschilderte Verwaltungspraxis auch nicht gegen sonstige höherrangige Rechtsgrundsätze. Aus den Bestimmungen des Grundgesetzes lässt sich insbesondere keine verfassungsrechtliche Pflicht ableiten, die Schülerbeförderung unentgeltlich zu regeln bzw. zu handhaben: „So gewähren weder das Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 GG, den Bildungsweg ihrer Kinder bestimmen zu können, das Grundrecht des Schülers auf Bildung aus Art. 2 Abs. 1 GG, noch das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip einen Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 1990 - 7 B 128/90 - DVBl. 1991, S. 59 ff.).“ Ebenso wenig vermittelt die in § 20 Abs. 1 S. 1 SchulG n.F. als Konkretisierung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages im Sinne des Art. 7 GG normierte allgemeine Schulpflicht einen Anspruch auf eine kostenlose Schülerbeförderung: „Denn die Erfüllung der Schulpflicht ist traditionell als Bringschuld zu begreifen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.08.2003 - 2 A 10588/03 - DÖV 2004, S. 350 ff.). Aus diesem Grund obliegt es grundsätzlich den Eltern, für einen Transport zu und von den Schulen zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen. Die Schülerbeförderung stellt dagegen vielmehr eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand dar“ (Kammerbeschl. v. 17.9.2007 - 9 B 67/07 -).

28

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.