Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Sept. 2012 - 9 A 237/11

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2012:0913.9A237.11.0A
13.09.2012

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % der Vollstreckungsschuld abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Übernahme von Schülerbeförderungskosten.

2

Die Kläger wohnen mit ihrer Familie in A-Stadt, A-Straße. Ihre Tochter L.-M. besuchte im Schuljahr 2011/2012 die x. Klasse des Leibniz-Gymnasiums in Bad Schwartau, Lübecker Straße 75. Trägerin der Schule ist die Beklagte.

3

Am 14.03.2011 stellten die Kläger einen Antrag auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten und gaben an, dass ihre Tochter auf die regelmäßige Benutzung einer Verkehrslinie der Stadtwerke angewiesen sei. Es solle die Verkehrslinie von der Bushaltestelle Am A-Straße bzw. M-Straße in A-Stadt bis zur Schule benutzt werden.

4

Nachdem die Beklagte mit dem google maps Routenplaner ermittelt hatte, dass der Schulweg als Fußweg nur 3,3 km lang sei, lehnte sie die weitere Übernahme der Schülerbeförderungskosten mit Bescheid vom 06.07.2011 gegenüber der Klägerin zu 1) ab. Der kürzeste verkehrsübliche Weg von der Wohnung bis zur Schule sei kürzer als 4 km und damit zumutbar i.S.d. § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 3 Ziff. b) der Schülerbeförderungssatzung des Kreises Ostholstein. Den dagegen von der Klägerin zu 1) am 25.07.2011 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2011, ebenfalls nur an die Klägerin zu 1) gerichtet, als unbegründet zurück. Eine Überprüfung der Schulweglänge mit Hilfe des landesamtlichen Katasterverzeichnisses habe ergeben, dass der kürzeste verkehrsübliche Weg von der Wohnung bis zur Schule in einem Fußweg von 3,35 km bestehe.

5

Der von der Beklagten ermittelte Weg ist auf einer Anlage zum Bescheid farblich gekennzeichnet. Er führt von A-Straße in A-Stadt u.a. durch die S.-Straße und ein Waldgebiet (Riesebusch) mit Eisenbahnunterführung zur Schule in der Lübecker Straße.

6

Am 30.08.2011 haben die Kläger Klage erhoben. Sie bestreiten die Verkehrsüblichkeit des von der Beklagten ermittelten Schulweges. Jeder andere verkehrsübliche Weg sei im Übrigen länger als 4 km. Es sei abstrakt zu klären, ob der Weg durch ein minderjähriges Kind zu bewältigen sei oder ob nicht Gefährdungen vorlägen, wie z.B. dann, wenn der Weg - wie hier - durch ein 600 m dicht bewachsenes Waldstück führe, an dem es keine Anwohner und Häuser gebe. Die Straße sei nicht befestigt und unbeleuchtet, habe weder Fuß- noch Radweg. Die Fahrbahn sei verengt und beschattet. Die Unterführungen begründeten die Sorge bedrohlicher Situationen, die man nicht erst abwarten dürfe, zumal es in der Region schon einmal eine Belästigung durch exhibitionistisches Verhalten gegeben habe und es exakt im Bereich der Eisenbahnunterführung schon einmal einen Vergewaltigungsvorfall gegeben habe. Im Notfall wäre ihre Tochter schutzlos, da es morgens zwischen 6.40 und 6.55 Uhr noch dunkel sei und auch keine anderen Schulkinder o.a. Personen hier lang kämen. Da auch andere Eltern den Weg als gefährlich und unsicher bewerteten, ließen sie ihre Kinder gemeinsam mit anderen den längeren Weg durch die K-Straße / G-straße fahren. In Anbetracht dieser gehobenen Gefährlichkeit sei zweifelhaft, dass die Polizei die Ungefährlichkeit des Weges bestätigt haben solle.

7

Die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen der Beklagten seien nunmehr willkürlich eingestellt worden. Die entfernungsmäßig definierte Zumutbarkeitsgrenze des § 3 Abs. 3 der Schülerbeförderungssatzung sei erstmals zum Schuljahr 2011/2012 zur Anwendung gekommen; offensichtlich deshalb, weil für die Eltern zugleich eine Beteiligung an den notwendigen Kosten vorgesehen worden sei, denn ohne Eigenbeteiligung sei es der Beklagten auf die Länge des Schulwegs bislang nicht angekommen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Beklagte bisher als „verkehrsüblichen“ Schulweg denjenigen von einer Bushaltestelle zur anderen zugrundegelegt habe. So sehe es auch das Antragsformular vor. Nur so sei die in der Vergangenheit erbrachte überobligatorische Leistung zu erklären.

8

Die Kläger beantragen,

9

den Bescheid der Beklagten vom 06.07.2011 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 09.08.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Schülerbeförderungskosten in der Satzung für ihre Tochter zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie führt aus, dass sie seit Beginn des Schuljahres 2011/2012 ihre Praxis geändert habe. Eine Bemessung des Schulwegs von Haltestelle zu Haltestelle sei vorher nie praktiziert worden. Auch hänge die Ablehnung der Kostenübernahme unter Verweis auf § 3 Abs. 3 der Schülerbeförderungssatzung nicht von der Einführung einer Eigenbeteiligung ab. Die Praxisänderung sei vielmehr damit zu erklären, dass zunächst mit der Übernahme der Trägerschaft für ein Gymnasium im Herbst 2009 das Personal in der Schulabteilung verstärkt worden sei und man beschlossen habe, alle Fälle zu überarbeiten. Die Schulweglänge werde nunmehr konsequent auf der Basis eines georeferenzierten geographischen Informationssystems und individuell vom Hauseingang des Schülers / der Schülerin bis zum Haupteingang der Schule bemessen. Anlass hierfür sei die in Absprache mit der Gemeinde R. vom Kreis Ostholstein getroffene Entscheidung, für die Bemessung des Schulweges der A-Stadt Schülerinnen und Schülern keinen zentralen Punkt i.S.d. § 3 Abs. 2 der Schülerbeförderungssatzung mehr festzusetzen, weil dies die Folge hätte haben können, dass die A-Stadt Schülerinnen und Schüler von der Gemeinde R. zur Beklagten abwanderten.

13

Auf der Basis eines georeferenzierten geographischen Informationssystems habe sie die Länge des Schulwegs zunächst von Grundstücksgrenze zu Grundstücksgrenze ermittelt. Bei neuerlicher Messung von der Hauseingangstür der Schülerin bis zum Haupteingang der Schule habe sich nunmehr eine Länge von 3.670 m ergeben.

14

Von der Ausnahmeregelung des § 11 der Schülerbeförderungssatzung sei bislang nie Gebrauch gemacht worden und sei auch hier nicht geboten, da keine wichtigen Gründen erkennbar seien, weshalb der Schulweg nicht zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden könnte. Besondere persönliche Gründe - sozialer Härtefall oder sonstige Umstände in der Person der Schülerin - lägen nicht vor. Dann aber sei es entsprechend der Rechtsprechung des OVG Lüneburg einer Schülerin ab der 5. Klasse grundsätzlich zumutbar, einen Fußweg von bis zu 60 min auf sich zu nehmen.

15

Schließlich ergäben sich auch aus der Beschaffenheit des Schulweges keine besonderen Gründe, so dass er als verkehrsüblich einzustufen sei, auch wenn er auf beiden Seiten durch ein Waldgebiet führe. Eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit der Schädigung von Rechtsgütern wie Leben, Leib, körperlicher Unversehrtheit im Sinne eines überdurch-schnittlichen Risikos sei nicht erkennbar. Eine Rücksprache mit der Polizeistation Bad Schwartau und R. gerade vor dem Hintergrund der bekannt gewordenen Vergewaltigungen habe ergeben, dass mit Blick auf den Bewilligungszeitraum weder strafrechtliche noch verkehrsrechtliche Anhaltspunkte für die Annahme einer gefährlichen Örtlichkeit mit erhöhter Kriminalitätsbelastung bestünden. Der Täter der Vergewaltigungen sei gefasst. Zudem sei davon auszugehen, dass speziell für Kinder eine Gefahr krimineller Übergriffe nicht generell an bestimmten Orten bestehe, zumal es sich gerade bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vor allem um Beziehungstaten handele. Im Übrigen bestehe auch keine Schutzlosigkeit, da die Straße häufig frequentiert werde und dies auch von anderen Schülerinnen und Schülern.

16

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2012 haben die Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges Bezug genommen. Beigezogen waren des Weiteren die Gerichts- und Verwaltungsakten zu den Parallelverfahren 9 A 216/11, 9 A 220/11 und 9 A 221/11.

Entscheidungsgründe

17

Über die Klage kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden.

18

Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft und bei verständiger Würdigung (§ 88 VwGO) auf die Übernahme von Beförderungskosten für das Schuljahr 2011/2012 gerichtet. Hinsichtlich des Klägers zu 2) ist die Klage bereits unzulässig, da es ihm an der gebotenen Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO fehlt. Er ist nicht Adressat der ablehnenden Entscheidungen.

19

Die Klage der Klägerin zu 1) ist unbegründet. Die angegriffene ablehnende Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der begehrten Schülerbeförderungskosten.

20

Ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Beförderung des Tochter der Klägerin zu 1) als Schülerin einer weiterführenden allgemein bildenden Schule zwischen ihrer Wohnung in A-Stadt und des Leibniz-Gymnasiums als nächstgelegene Schule ihrer Art in Bad Schwartau für das Schuljahr 2011/2012 ergibt sich weder aus dem schleswig-holsteinischen Schulgesetzes (SchulG) oder der Satzung des Kreises Ostholstein über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung vom 03.07.2007 i.d.F. der 3. Nachtragssatzung vom 04.07.2011 (Schülerbeförderungssatzung - SBS -) noch aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.

21

1. Ansprüche von Eltern, Schülerinnen oder Schüler gegen den Schulträger, den Träger der Schülerbeförderung oder das Land sind nach § 136 SchulG ausdrücklich ausgeschlossen. Gleichermaßen schließt § 1 Abs. 3 SBS Rechtsansprüche Dritter unter Verweis auf § 136 SchulG aus. Dieser Ausschluss subjektiver Rechte beruht darauf, dass das Gesetz lediglich das Verhältnis des Landes gegenüber den Schulträgern und den Trägern der Schülerbeförderung regelt, nicht jedoch das Verhältnis zu den Schulbenutzern. Nach der Entscheidung des Gesetzgebers sollen den objektiven Verpflichtungen der Schulträger und der Träger der Schülerbeförderung keine subjektiven Rechte der Schülerinnen und Schüler, Eltern oder Lehrkräfte gegenüberstehen (Karpen/ Lorentzen in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar SchulG a.F., zur Vorgängerregelung des § 80 Anm. 5.3, § 81 Anm. 1 u. 2).

22

2. Allerdings kann die Klägerin zu 1) geltend machen, dass die Beklagte über ihr Begehren auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten in ermessensfehlerfreier Weise entscheidet, insbesondere frei von Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) ihre Entscheidungen trifft (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258; Urt. v. 25.03.1994 - 3 L 204/93 -, Die Gemeinde 1994, 228). Das OVG Schleswig hat dazu in der genannten Entscheidung vom 25.03.1994 ausgeführt:

23

„Für die Frage, ob der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei betätigt hat, indem er der Klägerin die begehrte Bewilligung versagt hat, kommt es auf die Auslegung des Schulgesetzes bzw. der Satzung des Beklagten nicht an. Das Schulgesetz enthält im Hinblick auf Schülerbeförderungskosten - wie ausgeführt - keine Rechtsanspruchsnormen für Bürger. Dieser Ausschluß subjektiver Rechte wirkt sich auch auf die Ermessensbetätigung der Schulträger bei der Entscheidung über entsprechende Anträge aus. Die gesetzlichen Regelungen zu den Schülerbeförderungskosten (§ 80 SchulG) entfalten keine Rechtswirkung außerhalb der Organbereiche, für die sie verbindlich sind (Land, Kreise, Gemeinden, Schulträger). Insoweit ist das Schulgesetz vergleichbar mit einem Haushaltsplan, der ebenfalls einen gesetzlichen Ausschluß von Außenwirkungen enthält (vgl. BVerfG, Beschluß vom 22.10.1974 - 1 BvL 3/72 -, E 38, 121). Konstruierte man über den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG einen subjektiven Rechtsanspruch darauf, daß das Ermessen in der vom Gesetz vorgesehenen Weise zu betätigen sei, würde der Wille des Gesetzgebers, der erkennbar darin besteht, dem Bürger die Berufung auf das Gesetz zu verwehren, unterlaufen. Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Satzung des Beklagten entsprechend.

24

Dem Schulgesetz und der Satzung des Beklagten kommen daher hinsichtlich der Bestimmungen zu den Schülerbeförderungskosten im Verhältnis zwischen dem Schulträger und dem Bürger nicht mehr Gewicht zu als einer nur für die Verwaltung verbindlichen Richtlinie (vgl. Urteil des Senats vom 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258 = SchlHA 1993, 120).

25

Eine im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes relevante Selbstbindung entsteht noch nicht, wenn ausschließlich für die Verwaltung verbindliche Vorschriften erlassen werden oder sie sich selbst - innerbehördliche - Richtlinien, Anweisungen oder dergleichen gibt. Ein im beschriebenen Sinne der Selbstbindung relevantes Verhalten liegt erst dann vor, wenn und soweit die Verwaltung sich nach außen hin, d.h. dem Bürger gegenüber betätigt. Danach kommt es nicht darauf an, wie eine für die Verwaltung verbindliche Vorschrift auszulegen wäre, wenn die Auslegung nach den für Rechtsanspruchsnormen entwickelten Grundsätzen vorzunehmen wäre. Sofern die Normen allein die Verwaltung binden, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, nicht der gerichtlichen Interpretation unterworfen (vgl. BVerwG, aaO). Entscheidend ist vielmehr, wie die die Verwaltung bindende Vorschrift von der Verwaltung selbst - nach ihrem eigenen Verständnis - gehandhabt wird. Denn der Gleichheitssatz, an dem die Ermessensausübung zu messen ist, stellt nicht auf den Wortlaut der die Verwaltung bindenden Vorschrift, sondern auf ihre Handhabung ab (vgl. BVerwG, Beschluß vom 01.06.1979 - 6 B 33.79 ZBR 1980, 24; Urteil vom 26.04.1979, aaO). Es kommt also darauf an, welche Verwaltungspraxis sich aufgrund der Vorschrift entwickelt hat. Nur die bisherige Verwaltungspraxis bindet die Verwaltung dem Bürger gegenüber (vgl. Dürig in Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rdn. 432 m.w.N.).“

26

Dieser Auffassung hat sich das erkennende Gericht angeschlossen. Richterlicher Prüfungsmaßstab ist deshalb allein die Frage, ob die Beklagte das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei betätigt hat, indem sie die bestehenden Bindungen aus der eigenen, anhand der Schülerbeförderungssatzung entwickelten und nach außen erkennbar gewordenen Verwaltungspraxis beachtet und dabei nicht den Gleichheitssatz bzw. sonstige rechtliche Regelungen willkürlich verletzt oder höherrangige Zweckbestimmungen nicht beachtet hat. Auf die Auslegung des § 114 Abs. 1 SchulG oder der Schülerbeförderungssatzung, wie die Klägerin zu 1) oder das Gericht dies für richtig halten könnten, kommt es nicht an. Ebenso wenig ist ein Rechtsanspruch auf Ermessensbetätigung in einer bestimmten Weise anzuerkennen (vgl. Urt. vom 04.11.2009 - 9 A 98/09 - und vom 08.12.2010 - 9 A 217/09 - Die Gemeinde 2011, 78 und in Juris, m.w.N.).

27

3. Danach kann die Klägerin zu 1) keine Kostenübernahme erlangen. Denn es verstößt nicht gegen die genannten Grundsätze, wenn die Beklagte sich konsequent an den Satzungsregelungen des Kreises orientiert, dementsprechend in ihrer nach außen erkennbar gewordenen Verwaltungspraxis ausschließlich darauf abstellt, ob die Beförderungskosten gemäß § 1 Abs. 2, §§ 2 und 3 SBS als notwendig anzuerkennen sind und dabei andere Umstände wie die Beschaffenheit oder Gefährlichkeit des Schulweges außer Betracht lässt (vgl. Urt. vom 04.11.2009 - 9 A 98/09 -).

28

a. Gemäß der aktuell beschriebenen Verwaltungspraxis kommt eine Übernahme der Schülerbeförderungskosten für eine Schülerin aus A-Stadt, die eine weiterführende Schule der Beklagten als nächstgelegene Schule ihrer Art besucht, seit Beginn des Schuljahres 2011/2012 nicht (mehr) in Frage. Die Tochter der Kläger wohnt zwar nicht am Schulort, doch ist ihr Schulweg - als der kürzeste verkehrsübliche Weg zwischen der Wohnung und der Schule, § 3 Abs. 1 SBS - nicht unzumutbar i.S.d. § 3 Abs. 3b) SBS, weil er in der einfachen Entfernung 4 km nicht überschreitet.

29

Nach welchen Kriterien der „kürzeste verkehrsübliche Weg zwischen der Wohnung und der Schule“ zu ermitteln und zu bemessen ist, ist weder im Gesetz noch in der Satzung bestimmt. Die Beklagte konnte sich deshalb dazu entschließen, auch den hier in Rede stehenden Weg durch das Waldstück und mit der Eisenbahnunterführung als Teil des Schulweges zugrunde zu legen (1), die Länge des Schulwegs vom Hauseingang bis zum Haupteingang der Schule zu bemessen (2) und sich hierbei eines georeferenzierten geographischen Informationssystems zu bedienen (3).

30

(1) Den Bekundungen der Beklagten ist zu entnehmen, dass sie Straßen und Wege als verkehrsübliche Wege ansieht, solange diese dem öffentlichen Verkehr gewidmet oder jedenfalls tatsächlich und bewusst dem öffentlichen Verkehr überlassen und auch sonst als Schulweg objektiv geeignet sind. Da Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I üblicherweise zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, reicht es aus, wenn der Weg gerade diesen Verkehrsarten hinreichend gerecht wird. Ist der Weg - wie hier - dem entsprechenden öffentlichen Verkehr durchgehend gewidmet, kann die Beklagte im Übrigen auf die verantwortliche straßenbaulast- und verkehrssicherungspflichtige Gemeinde, in deren Eigentum der Streckenabschnitt jeweils verläuft, verweisen. Es liegt allein in deren Verantwortung und nicht in der der Beklagten, den zugelassenen Verkehr so zu sichern, dass er frei von Gefahren abgewickelt werden kann (vgl. Hoefer in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum StrWG, § 10 Rn. 29 ff.) - etwa durch Schaffung gesonderter Fuß- oder Radwege und der Ausstattung mit einer intakten Beleuchtung. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte diesen Weg in anderen Fällen nicht als verkehrsüblich angesehen hätte.

31

(2) Auch die Festlegung der Messpunkte zur Bestimmung des Schulwegs liegt im Ermessen der Beklagten und ist nicht zu beanstanden. Anders als nach der niedersächsischen Rechtslage (dazu OVG Lüneburg, Urt. v. 20.01.1993 - 13 L 3511/92 - und Beschl. v. 12.08.2011 - 2 LA 283/10 -, beide in juris) ist der Begriff des maßgeblichen Schulweges nicht bindend vorgegeben. Soweit sich die Beklagte in ihrer Praxis tatsächlich an der Rechtsprechung des OVG Lüneburg orientiert und als Messpunkte einerseits die Haustür des Wohngebäudes (und nicht die Wohnungstür oder die Grundstücksgrenze) der Schülerin und andererseits den Haupteingang der Schule (statt eines Weges vorbei am Fahrradständer oder zu dem Teil des Schulgebäudes, in dem der Unterrichtsmittelpunkt der Schülerin gerade liegt) bestimmt, steht ihr dies frei, solange sie dies konsequent und gleichbleibend tut.

32

(3) Hinsichtlich der Messtechnik legt sich die Beklagte nunmehr auf das georeferenzierte geographische Informationssystem fest. Dieses ist nicht ungeeignet und damit nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, Beschl. v. 17.02.2009 - 7 B 08.1027 - in juris Rn. 19), solange die Beklagte es konsequent und gleichbleibend einsetzt. Ob eine von der Schülerin selbst vorgenommene Messung ein anderes Ergebnis zeitigt, ist dann unerheblich.

33

b. Soweit die Beklagte die Schülerbeförderungskosten für A-Stadt Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2010/2011 (und davor) noch unabhängig von der Schulweglänge übernommen hat, verstößt dies nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn die Beklagte hat ihre bisherige Verwaltungspraxis zum Schuljahr 2011/2012 nicht willkürlich geändert, sondern hierfür hinreichend nachvollziehbare und sachliche Gründe zu benennen vermocht.

34

Als hinreichend nachvollziehbarer und sachlicher Grund in Frage kommt etwa die Änderung des maßgeblichen Sachverhalts, auf die der Träger der Schülerbeförderung berechtigterweise reagieren will - sei es bezogen auf den Einzelfall oder allgemeinerer Art (mithin bezogen auf die Ausbildung einer bestimmten Verwaltungspraxis). Bleibt der Sachverhalt hingegen unverändert, kann es ihm nicht verwehrt werden, entstandene Fehlentwicklungen zu korrigieren und / oder neue Erkenntnisse, auch neue Messmethoden o.ä. zu nutzen. Willkürlich wäre es hingegen, die Anwendung des § 3 Abs. 3 SBS von sachfremden Kriterien abhängig zu machen oder den jeweiligen Schulweg ohne sachlich nachvollziehbare Begründung nunmehr nur anders zu beurteilen (vgl. etwa Urt. v. 08.12.2010 - 9 A 217/09 - Die Gemeinde 2011, 78 und in juris Rn. 28 ff.: neue Einschätzung eines Weges als nicht mehr gefährlich ohne sachliche Begründbarkeit [wenn es - wie dort - darauf gemäß eigener tatsächlicher Praxis ankommt]). Vorliegend hat die Beklagte ausreichende Gründe für die ab dem Schuljahr 2011/2012 eingeführte Praxis dargelegt.

35

Letztlich ausschlaggebend waren vor allem kommunalpolitische Erwägungen des Kreises Ostholstein im Zusammenhang mit der Veränderung der örtlichen Schullandschaft. Um ein Abwandern A-Stadt Schülerinnen und Schüler von der Gemeinde R. nach Bad Schwartau zu verhindern, entschied er sich, die gemäß § 3 Abs. 2 SBS erfolgte Festlegung eines zentralen Punktes in A-Stadt aufzugeben und die Schulwegbemessung wieder individuell erfolgen zu lassen. Nachvollziehbar legt die Beklagte dar, dass sie diese Praxisänderung des Kreises auch für sich als maßgeblich ansieht, um für alle Schülerinnen und Schüler aus A-Stadt eine einheitliche Handhabung sicherzustellen. Weiter durfte die Beklagte dies zum Anlass nehmen, die eigene Praxis der Schulwegbemessung zu überprüfen und neu auszurichten, indem sie sich für die nunmehr individuell vorzunehmende Bestimmung der Schulweglänge A-Stadt Schülerinnen und Schüler eines neuen Messsystems bedient und sich auf die Distanz zwischen der Hauseingangstür des Wohnsitzes und dem Haupteingang der besuchten Schule festlegt.

36

Begründete Anhaltspunkte für die klägerische Vermutung, die Beklagte habe den Schulweg zuvor von Haltestelle zu Haltestelle bemessen oder sie von der gleichzeitigen Eigenbeteiligung der Eltern abhängig gemacht, bestehen demgegenüber nicht. Abgesehen davon, dass die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung in Abrede gestellt hat, hatte sie in den Parallelverfahren zuvor schon schriftsätzlich eingeräumt, die Regelung des § 3 Abs. 3 SBS grundsätzlich nicht beachtet zu haben.

37

Rechtlich unerheblich bleiben in diesem Zusammenhang zwei weitere Punkte. Zum einen, dass die Beklagte bei der Messung des Weges zunächst einen Internet-Routenplaner für Fußgänger benutzte, dessen Ergebnis sie im Rahmen der Rechtsbehelfsverfahren unter Einsatz eines georeferenzierten geographischen Informationssystems verifizierte und hierbei zu einem anderen Ergebnis kam. Zum anderen, dass sie gemäß Vortrag der Klägerin im Verfahren 9 A 216/11 für das Schuljahr 2011/2012 in Einzelfällen Beförderungskosten übernommen hat für Schüler aus A-Stadt, deren Schulweg nach Bad Schwartau kürzer als 4 km sein soll.

38

Der Beklagten ist insoweit eine Zeit der Umstellung zuzugestehen, während derer es zu „Ausreißern“ kommen kann, die aber an der bekundeten, nach außen erkennbar und damit zum Maßstab gewordenen Praxis nichts ändern. Soweit die im Verwaltungsverfahren angewandten Messmethoden zu abweichenden Ergebnissen führten, ist sowohl für die Klägerin zu 1) als auch für die Parallelverfahren festzustellen, dass diese jedenfalls immer unter der Grenze von 4 km lagen. Mit dieser Abweichung in den Ergebnissen der Messmethoden und anhand der Erläuterungen der Beklagten im Parallelverfahren 9 A 220/11 lässt sich im Übrigen zugleich erklären, dass es im Schuljahr 2011/2012 noch zu abweichenden Kostenbewilligungen gekommen sein kann – etwa dann, wenn der Internet-Routenplaner in Einzelfällen eine Strecke von mehr als 4 km ergab und es aufgrund der daraufhin ausgesprochenen Bewilligung nicht zu einem Rechtsbehelfsverfahren und damit auch nicht mehr zu einem Nachmessen anhand des georeferenzierten geographischen Informationssystems gekommen ist. Auf jeden Fall wird die Beklagte die Bewilligungen u.a. auf diesen Vortrag hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren haben, um schlussendlich zu einer einheitlichen Praxis zu kommen. Dass sie dies auch anstrebt, zeigt ihre Reaktion auf den angeführten Schüler aus der B-Straße, dessen Bewilligung der Beförderungskosten sie sodann zurückgenommen hat.

39

c. Den Vorgaben der Satzung entsprechend erkennt die Beklagte einen Schulweg nur dann als unzumutbar an, wenn er die in § 3 Abs. 3 SBS bezeichneten Wegeslängen überschreitet. Eine Ausnahme für kürzere, objektiv gefährliche Wege oder für Unzumutbarkeiten anderer Art im Rahmen des § 11 Abs. 1 SBS („in besonders gelagerten Fällen“) hat die Beklagte nach eigenem Bekunden bislang noch nie gemacht und muss dies deshalb auch vorliegend nicht.

40

Wenn die Beklagte dennoch ausführt, eine Unzumutbarkeit könne auch dann vorliegen, wenn eine „objektiv zu bestimmende, besondere Gefährlichkeit“ festzustellen sei, kommt es hierauf nicht an. Denn diese Ausführungen erfolgen lediglich in der theoretischen Auseinandersetzung mit der Behauptung der Gefährlichkeit des Schulweges durch die Kläger der hier zu entscheidenden Parallelverfahren und unter Verweis auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg und auf das Urteil des erkennenden Gerichts vom 08.12.2010 (zum Az. 9 A 217/09, a.a.O.). Soweit ersichtlich, sind die genannten Kriterien praktisch noch nicht relevant geworden und konnten sich folglich auch noch nicht zu einer nach außen tatsächlich geübten und damit erst bindenden Verwaltungspraxis entwickeln. Hierfür bedürfte es nach den o.g. Vorgaben des OVG Schleswig des Nachweises eines Falles, in welchem die Beklagte in Abweichung von § 3 Abs. 3 SBS tatsächlich einmal einen ermittelten Schulweg als unzumutbar anerkannt hätte, der kürzer als 4 km ist. Ein solcher Fall kann auch von Klägerseite nicht bezeichnet werden.

41

Auf die Rechtsprechung des OVG Lüneburg zur Frage, welche Kriterien ein Schulweg in Niedersachsen erfüllen muss, um eine Beförderungs- oder Erstattungspflicht des Trägers der Schülerbeförderung anzunehmen, kommt es nicht an. Anders als das schleswig-holsteinische Recht sieht § 114 Abs. 2 NSchG ausdrücklich vor, dass bei der Bestimmung der Mindestentfernung, ab der eine Beförderungs- und Erstattungspflicht besteht, auch die Belastbarkeit der Schülerinnen und Schüler und die Sicherheit des Schulweges zu berücksichtigen sind. Die dort formulierten Grundsätze zur Gefährlichkeit eines Schulwegs könnten in diesem Zusammenhang wiederum nur dann relevant werden, wenn die Beklagte diese nach außen erkennbar in die eigene Praxis übernommen hätte; erzwingen lässt sich dies jedoch nicht.

42

4. Schließlich ergibt sich weder aus § 11 SBS noch aus höherrangigem Recht die Verpflichtung, von den Regelungen der Satzung (und damit von der eigenen Verwaltungspraxis) auch bei „gefährlichen“ Schulwegen abzuweichen. § 11 SBS stellt etwaige Ausnahmen zwar ins Ermessen der Beklagten, doch folgt daraus nach den o.g. Grundsätzen gerade kein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.

43

Wie die Kammer bereits mehrfach entschieden hat (vgl. Urt. v. 16.04.2008 - 9 A 207/07 -; Kammerbeschl. v. 17.09.2007 - 9 B 67/07 -), lässt sich auch aus den Bestimmungen des Grundgesetzes oder der Landesverfassung keine Pflicht ableiten, die Schülerbeförderung unentgeltlich oder jedenfalls anders zu regeln bzw. zu handhaben. Weder das Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 GG, den Bildungsweg ihrer Kinder bestimmen zu können noch ein angenommenes Grundrecht des Schülers auf Bildung aus Art. 2 Abs. 1 GG oder das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip gewähren einen Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.10.1990 - 7 B 128/90 - DVBl. 1991, 59ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.08.2011 - 2 LA 283/10 - in juris Rn. 9). Ebenso wenig vermittelt die in § 20 Abs. 1 Satz 1 SchulG normierte allgemeine Schulpflicht als Konkretisierung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages im Sinne des Art. 7 GG einen Anspruch auf eine kostenlose Schülerbeförderung. Denn die Erfüllung der Schulpflicht ist traditionell als Bringschuld zu begreifen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urt. v. 25.08.2003 - 2 A 10588/03 - DÖV 2004, S. 350ff.) und es obliegt grundsätzlich den Eltern, für einen Transport zu und von den Schulen zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen. Demgegenüber stellt die Schülerbeförderung nur eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand dar; entsprechend haben das Land als Gesetzgeber und der Kreis als Satzungsgeber bei deren Ausgestaltung einen weiten Gestaltungsspielraum, der erst dann überschritten wird, wenn die Vorgehensweise sich nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise verträgt und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden muss.

44

Trotz Verwendung des Begriffs der „Zumutbarkeit des Schulwegs“ darf schließlich und vor allem nicht übersehen werden, dass die Beklagte im Ergebnis nur über die Übernahme von Beförderungskosten entscheidet, nicht aber über die Nutzung eines bestimmten Schulweges oder gar die Erfüllbarkeit der staatlich bestimmten Schulpflicht. Bei der Entscheidung nur über die Gewährung freiwilliger staatlicher Leistungen darf der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität Beachtung finden. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Schulträger bzw. die dahinter stehenden Kreise im Hinblick auf die Vielzahl der Anträge keine aufwändige Einzelfallprüfung durchführen wollen oder können und deshalb ausschließlich auf leicht nachprüfbare Merkmale abstellen (so schon Urt. der Kammer v. 02.06.2004 - 9 A 90/02 -). Auf das tatsächliche Alter eines schulpflichtigen Kindes, auf die tatsächliche Gefährlichkeit eines Weges oder auf die von Eltern nachvollziehbar gestellte Frage: „Würden Sie Ihr Kind diesen Schulweg nutzen lassen?“ kommt es dann nicht an. Selbstverständlich wären auch andere Regelungen denkbar und ermessensfehlerfrei, bei denen die Gefährlichkeit des Schulweges berücksichtigt wird. Ein Anspruch besteht darauf jedoch nicht.

45

5. Eine Berufung auf Regelungen oder Gerichtsentscheidungen aus anderen Bundesländern bleibt, wie bereits dargelegt, ohne Erfolg, weil die maßgebliche Rechtslage nicht vergleichbar ist. In Niedersachsen z.B. schließt die gesetzliche Regelung eigene Ansprüche der Eltern nicht aus, sondern begründet im Gegenteil in § 114 Abs. 1 NSchG Erstattungsansprüche der Erziehungsberechtigten (vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 19.06.1996 - 13 L 5072/94 - und Urt. vom 15.04.2008 - 2 LA 573/07 -, in welchem im Übrigen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine gesetzliche Einschränkung des schülerfahrkostenrechtlichen Gefahrenbegriffs, bei dem auch auf Kostengesichtspunkte abgestellt würde, ohne Weiteres zulässig wäre).

46

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Sept. 2012 - 9 A 237/11 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 7


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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Sept. 2012 - 9 A 237/11 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 08. Dez. 2010 - 9 A 217/09

bei uns veröffentlicht am 08.12.2010

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2009 verpflichtet, dem Kläger seine Schülerbeförderungskosten für das Schuljahr 2009/2010 zu erstatten. Der Beklagt

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 16. Apr. 2008 - 9 A 207/07

bei uns veröffentlicht am 16.04.2008

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der Vollstreckungsschuld abwenden

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2009 verpflichtet, dem Kläger seine Schülerbeförderungskosten für das Schuljahr 2009/2010 zu erstatten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erstattung von Schülerbeförderungskosten.

2

Der minderjährige Kläger wohnt in der amtsangehörigen Gemeinde A-Stadt/A.S. und besucht seit Beginn des Schuljahres 2009/2010 die Gemeinschaftsschule in der amtsangehörigen Nachbargemeinde .... Träger der Schule und damit der Schülerbeförderung ist das Amt .... Über Anträge auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten hat das (Vorgänger-) Amt bis 2004 selbst entschieden. Zum 1.4.2004 hat es diese Aufgabe vertraglich auf den beklagten Kreis übertragen, der seitdem - zunächst unter Einschaltung eine Zentralen Abrechnungsstelle - anstelle der Schulträger über die Anträge entscheidet.

3

Der Schulweg des Klägers ist knapp 3 km lang und führt entlang der K 45 über eine Kreuzung mit der L 200, aus dem Ort heraus in den Ortsteil ... und dort zur Kreuzung mit der L 92, die ebenfalls gequert werden muss. Eine Querungshilfe für Fußgänger oder Radfahrer existiert an beiden Kreuzungen nicht. Entlang der K 45 führt seit 2002 ein kombinierter Fuß- und Radweg, der kurz vor der Kreuzung mit der L 92 endet. Dieser Schulweg war bereits vom Amt als gefährlich eingestuft worden. Diese Einstufung hatte der Beklagte zunächst übernommen mit der Folge, dass die Beförderungskosten für Schülerinnen und Schüler aus A-Stadt/A.S. bis zum Schuljahr 2008/2009 einschließlich erstattet worden sind.

4

Der Kläger wechselte zum Schuljahr 2009/2010 in die 5. Klasse der Gesamtschule in ... und beantragte am 5.6.2009 die Übernahme der Schulbeförderungskosten. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 21.8.2009 ab mit der Begründung, dass die maßgebliche Schülerbeförderungssatzung die Beförderungskosten nur dann als notwendig ansehe und eine Erstattung zulasse, wenn der Schulweg von der Wohnung bis zur Schule mehr als 4 km betrage. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

5

Zuvor war bereits das Amt darüber unterrichtet worden, dass u.a. die Schülerinnen und Schüler aus A-Stadt/A.S. ab dem Schuljahr 2009/2010 keinen Anspruch mehr auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten hätten. Mit Schreiben vom 28.8.2009 machte das Amt daraufhin auf die aus seiner Sicht extrem gefährliche Straßen- und Verkehrssituation aufmerksam. Die Schülerinnen und Schüler aus A-Stadt/A.S. müssten eine extrem breite und auch gefährliche Straßenkreuzung ohne Beschilderung o.ä. überqueren. Eine Bewältigung dieses Schulweges sei daher weder zu Fuß noch per Fahrrad zumutbar, auch wenn der Weg kürzer als 4 km sei.

6

Den vom Kläger mit der weiterhin gegebenen Gefährlichkeit des Weges begründeten und am 14.9.2009 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21.9.2009 als unbegründet zurück. Vom zentralen Punkt im Ort aus gemessen liege die Schule nur 2,36 km entfernt. Eine Ausnahme gemäß § 11 Abs. 1 der Satzung wegen Gefährlichkeit des Schulweges komme nicht in Frage. Der Schulweg habe zwar mal als gefährlich gegolten, doch könne dies nach neuerlicher Prüfung nicht mehr angenommen werden. Entlang der gesamten Strecke verlaufe ein Radweg, die Querungen lägen beide innerorts und stellten keine außergewöhnliche Gefahrenquelle dar. Auch die Polizeiinspektion bestätige, dass der Schulweg Kindern ab der 5. Klasse zuzutrauen sei.

7

Dagegen hat der Kläger am 14.10.2009 Klage erhoben.

8

Er ist der Auffassung, dass ihm ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 11 Abs. 1 der Schülerbeförderungssatzung zustehe. Die Vorschrift sehe in besonders gelagerten Fällen ein Abweichen von der Satzung vor. Das dem Beklagten zustehende Ermessen sei wegen der weiterhin gegebenen Gefährlichkeit des Schulwegs reduziert. Über die Darstellung der Schulwegssituation hinaus verweist der Kläger auch darauf, dass es an der Kreuzung in ... bereits im Jahre 1992 zu einem schweren Unfall mit einem Schulkind gekommen sei; das Kind habe eine Querschnittslähmung davongetragen. Im Übrigen müsse der Beklagte die Kosten auch aus Gleichbehandlungsgründen übernehmen, weil gegenüber dem Vorjahr keine tatsächlichen Veränderungen am Schulweg eingetreten seien.

9

Der Kläger beantragt,

10

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21.8.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2009 zu verpflichten, ihm Schulbeförderungskosten für das Schuljahr 2009/2010 zu bewilligen.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er weist darauf hin, dass er die Prüfung der Gefährlichkeit von Schulwegen auf Antrag der Schülerbeförderungsträger auch schon vor Übernahme der Zuständigkeit im Jahre 2004 durchgeführt habe. Die Korrektur einer einmal getroffenen Einstufung habe von der Mitteilung abgehangen, dass sich am Schulweg etwas geändert habe. Vorliegend sei erst anlässlich einer Neuvermessung des Schulwegs im August 2009 festgestellt worden, dass es entlang der K 45 einen Radweg gebe und die Kreuzungen ausreichend übersichtlich seien. Warum der hier in Rede stehende Schulweg während der vielen Jahre zuvor als gefährlich eingestuft worden sei, lasse sich nicht mehr feststellen. Insoweit könne nur vermutet werden, dass dies am ursprünglich fehlenden Radweg gelegen habe.

14

Die Kriterien, nach denen die Zumutbarkeit des Schulwegs bei einer Länge unter 4 km beurteilt werde, seien nirgends festgelegt. Der Beklagte selbst richte seine Entscheidung seit 2004 danach aus, ob gesundheitliche Gründe dies geböten oder der Schulweg gefährlich sei. Dies werde angenommen, wenn die Gefahr gewalttätiger Übergriffe bestehe oder der Weg verkehrsmäßig nicht sicher genug sei, etwa weil er extrem unübersichtlich oder - bei Grundschülern - außerorts nicht beleuchtet sei. Ferner könne der Weg dann gefährlich sein, wenn außerorts eine vielbefahrene Straße ohne verkehrsmäßige Hilfe gequert werden müsse, wenn ein vorhandener Radweg querfeldein verlaufe, gefährlich oder in schlechtem Zustand sei oder wenn auf einer Straße ohne Geh- und Radwege mehr als 3000 Fahrzeuge/24 Std. verkehrten. Generell gehe es darum, eine über das normale Maß hinausgehende Gefährlichkeit auszuschließen. Alle bisher als gefährlich eingestuften Strecken befänden außerorts. Eine Gefährlichkeit von Schulwegen innerorts, d.h. in Städten oder großen Gemeinden (wie hier in ...) gebe es nicht. Da der Schulweg von A-Stadt/A.S. nach ... keines der genannten Kriterien erfülle und eine Einstufung als gefährlich der beschriebenen Verwaltungspraxis widerspreche, habe man diese zurückgenommen. Im Übrigen hätten zwei nach Klagerhebung noch einmal durchgeführte Ortsbesichtigungen durch den Fachdienst Straßenverkehr und unter der Beteiligung der Polizeidirektion ergeben, dass an der Kreuzung in ... auch keine verkehrsrechtlichen Maßnahmen angezeigt seien. Die Sichtverhältnisse für Fußgänger seien gut, Unfälle gebe es nur selten. Demnach gebe es an diesem Knotenpunkt keine besondere Gefahrenlage und keine Anzeichen für die Anordnung eines Fußgängerüberwegs.

15

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten auch der Parallelverfahren 9 A 195/09, 9 A 218/09, 9 A 219/09 und 9 A 220/09 verwiesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig und begründet. Die angegriffene Ablehnung der Kostenerstattung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Er hat aus Gründen der Gleichbehandlung einen Anspruch auf Erstattung seiner Schülerbeförderungskosten für das Schuljahr 2009/2010.

17

Obwohl das Amt ... Schulträger und damit nach § 114 Abs. 1 SchulG auch Träger der Schülerbeförderung ist, ist der beklagte Kreis für die begehrte Leistung sachlich zuständig, weil er die mit der Trägerschaft der Schülerbeförderung zusammenhängenden Aufgaben vertraglich vom Amt übernommen hat. Damit sind das Recht und die Pflicht zur Erfüllung dieser Aufgabe in dessen alleinige Zuständigkeit übergegangen und der Beklagte tritt auch gegenüber Dritten als alleiniger Aufgabenträger auf, § 18 Abs. 1 S. 2 GkZ. Etwaige entscheidungserhebliche Mitwirkungs- oder Zustimmungsvorbehalte sind für das Amt vertraglich nicht vorgesehen.

18

Ein Anspruch auf Kostenerstattung für die Beförderung des Klägers als Schüler einer weiterführenden allgemein bildenden Schule zwischen seiner Wohnung in A-Stadt/A.S. und der Schule als nächstgelegener Schule ihrer Art in ... für das Schuljahr 2009/2010 ergibt sich nicht aus dem Schulgesetz oder der Satzung des Beklagten über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung vom 28. April 2004, zuletzt geändert durch Satzung vom 6. März 2008 (Schülerbeförderungssatzung - SBS -), wohl aber aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.

19

§ 136 SchulG bestimmt u.a., dass die Bestimmungen im 6. Teil des Schulgesetzes - dazu gehören die §§ 111-114 SchulG - keine Ansprüche von Eltern, Schülerinnen oder Schüler gegen den Schulträger, den Träger der Schülerbeförderung oder das Land begründen. Gleichermaßen schließt § 1 Abs. 6 SBS Rechtsansprüche Dritter unter Verweis auf § 136 SchulG aus. Dieser Ausschluss subjektiver Rechte war bereits in § 81 SchulG a.F. vorgesehen und geht darauf zurück, dass das Gesetz lediglich das Verhältnis des Landes gegenüber den Schulträgern und den Trägern der Schülerbeförderung regelt, nicht jedoch das Verhältnis zu den Schulbenutzern. Den objektiven Verpflichtungen der Schulträger und der Träger der Schülerbeförderung sollen keine subjektiven Rechte der Schülerinnen und Schüler, Eltern oder Lehrkräfte gegenüberstehen (Karpen/ Lorentzen in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum SchulG a.F., § 80 Anm. 5.3, § 81 Anm. 1 u. 2).

20

Allerdings kann der Kläger beanspruchen, dass der Beklagte über sein Begehren auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten in ermessensfehlerfreier Weise entscheidet, insbesondere frei von Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) seine Entscheidungen trifft (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258; Urt. v. 25.03.1994 - 3 L 204/93 -, Die Gemeinde 1994, 228). Das OVG Schleswig hat dazu in der genannten Entscheidung vom 25.03.1994 ausgeführt:

21

„Für die Frage, ob der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei betätigt hat, indem er der Klägerin die begehrte Bewilligung versagt hat, kommt es auf die Auslegung des Schulgesetzes bzw. der Satzung des Beklagten nicht an. Das Schulgesetz enthält im Hinblick auf Schülerbeförderungskosten - wie ausgeführt - keine Rechtsanspruchsnormen für Bürger. Dieser Ausschluß subjektiver Rechte wirkt sich auch auf die Ermessensbetätigung der Schulträger bei der Entscheidung über entsprechende Anträge aus. Die gesetzlichen Regelungen zu den Schülerbeförderungskosten (§ 80 SchulG) entfalten keine Rechtswirkung außerhalb der Organbereiche, für die sie verbindlich sind (Land, Kreise, Gemeinden, Schulträger). Insoweit ist das Schulgesetz vergleichbar mit einem Haushaltsplan, der ebenfalls einen gesetzlichen Ausschluß von Außenwirkungen enthält (vgl. BVerfG, Beschluß vom 22.10.1974 - 1 BvL 3/72 -, E 38, 121). Konstruierte man über den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG einen subjektiven Rechtsanspruch darauf, daß das Ermessen in der vom Gesetz vorgesehenen Weise zu betätigen sei, würde der Wille des Gesetzgebers, der erkennbar darin besteht, dem Bürger die Berufung auf das Gesetz zu verwehren, unterlaufen. Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Satzung des Beklagten entsprechend.

22

Dem Schulgesetz und der Satzung des Beklagten kommen daher hinsichtlich der Bestimmungen zu den Schülerbeförderungskosten im Verhältnis zwischen dem Schulträger und dem Bürger nicht mehr Gewicht zu als einer nur für die Verwaltung verbindlichen Richtlinie (vgl. Urteil des Senats vom 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258 = SchlHA 1993, 120).

23

Eine im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes relevante Selbstbindung entsteht noch nicht, wenn ausschließlich für die Verwaltung verbindliche Vorschriften erlassen werden oder sie sich selbst - innerbehördliche - Richtlinien, Anweisungen oder dergleichen gibt. Ein im beschriebenen Sinne der Selbstbindung relevantes Verhalten liegt erst dann vor, wenn und soweit die Verwaltung sich nach außen hin, d.h. dem Bürger gegenüber betätigt. Danach kommt es nicht darauf an, wie eine für die Verwaltung verbindliche Vorschrift auszulegen wäre, wenn die Auslegung nach den für Rechtsanspruchsnormen entwickelten Grundsätzen vorzunehmen wäre. Sofern die Normen allein die Verwaltung binden, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, nicht der gerichtlichen Interpretation unterworfen (vgl. BVerwG, aaO). Entscheidend ist vielmehr, wie die die Verwaltung bindende Vorschrift von der Verwaltung selbst - nach ihrem eigenen Verständnis - gehandhabt wird. Denn der Gleichheitssatz, an dem die Ermessensausübung zu messen ist, stellt nicht auf den Wortlaut der die Verwaltung bindenden Vorschrift, sondern auf ihre Handhabung ab (vgl. BVerwG, Beschluß vom 01.06.1979 - 6 B 33.79 ZBR 1980, 24; Urteil vom 26.04.1979, aaO). Es kommt also darauf an, welche Verwaltungspraxis sich aufgrund der Vorschrift entwickelt hat. Nur die bisherige Verwaltungspraxis bindet die Verwaltung dem Bürger gegenüber (vgl. Dürig in Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rdn. 432 m.w.N.).“

24

Dieser Auffassung hat sich das erkennende Gericht angeschlossen (vgl. Urt. v. 16.04.2008 - 9 A 207/07 - in juris; Urt. v. 04.11.2009 - 9 A 98/09 - m.w.N.). Richterlicher Prüfungsmaßstab ist deshalb allein die Frage, ob der Beklagte das ihm zustehende Ermessen fehlerfrei betätigt hat, indem er die bestehenden Bindungen aus der eigenen, anhand der Schülerbeförderungssatzung entwickelten Verwaltungspraxis beachtet und dabei nicht den Gleichheitssatz bzw. sonstige rechtliche Regelungen willkürlich verletzt oder höherrangige Zweckbestimmungen nicht beachtet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.1979 - 3 C 111/79 -, BVerwGE 58, 45 ff.; Beschl. v. 21.09.1993 - 2 B 109/93 - in juris). Auf die Auslegung des § 114 Abs. 1 SchulG oder der Schülerbeförderungssatzung, wie der Kläger oder das Gericht dies für richtig halten, kommt es nicht an.

25

Danach hat der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung, weil der Beklagte in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen ... Schulkindern eine solche Erstattung bewilligt hat und eine im Jahr 2009 vollzogene Änderung dieser Verwaltungspraxis gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt.

26

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich gleiche Sachverhalte auch gleich zu behandeln. Eine Ungleichbehandlung ist nur dann zu rechtfertigen, wenn die handelnde Verwaltung hierfür plausible, sachlich nachvollziehbare Gründe darzulegen vermag. Dies ist dem Beklagten im Ergebnis nicht gelungen. Es erscheint vielmehr willkürlich, dass eine Erstattung zwar bis zum Schuljahr 2008/2009 erfolgt ist, nicht aber mehr im Schuljahr 2009/2010 erfolgen soll.

27

Entsprechend § 1 Abs. 2 SBS stellt der seit 2004 zuständige Beklagte maßgeblich darauf ab, ob die Beförderungskosten als notwendig anzuerkennen sind. Dies wiederum ist der Fall, wenn der betreffende Schüler nicht am Schulort wohnt und zum Erreichen der Schule ein Verkehrsmittel benutzen muss, weil der Schulweg auf andere zumutbare Weise nicht zurückgelegt werden kann. Ob der Schulweg ab Klassenstufe 5 nicht zumutbar ist, richtet sich allein nach § 3 Abs. 2 b) SBS und dem dort festgelegten Entfernungskriterium (mehr als 4 km).

28

Die Schülerinnen und Schüler aus A-Stadt/A.S., die die Gemeinschaftsschule in ... als nächstgelegene Schule ihrer Art besuchen, wohnen nicht am Schulort. Schulort ist nach § 2 Abs. 1 SBS die Gemeinde, in der sich die Schule befindet. Vom sog. zentralen Punkt ihres Wohnortes i.S.d. § 3 Abs. 1 SBS ausgehend ist ihr Schulweg danach zumutbar, weil er kürzer ist als 4 km. Dessen ungeachtet macht der Beklagte Ausnahmen vom Zumutbarkeitserfordernis. Nach eigenem Bekunden weicht er entsprechend § 11 Abs. 1 SBS „in besonders gelagerten Fällen“ von den Regelungen der Satzung ab und übernimmt die Kosten auch dann, wenn der Schulweg kürzer als 4 km ist. Dies soll zunächst dann der Fall sein, wenn der Schulweg aus gesundheitlichen Gründen als unzumutbar angesehen wird (vgl. das im Ergebnis unstreitig abgeschlossene und den Beteiligten bekannte Parallelverfahren 9 A 195/09). Des Weiteren wird eine Unzumutbarkeit des Schulwegs angenommen, wenn dieser vom Beklagten als gefährlich eingestuft wird. Maßstab sei eine über das normale Maß hinausgehende Gefährlichkeit.

29

Unstreitig ist eine solche Gefährlichkeit für den Schulweg von A-Stadt/A.S. nach ... in der Vergangenheit angenommen worden. Die entsprechende Einstufung reicht in eine Zeit zurück, zu der noch das Amt ... Träger der Schülerbeförderung war (bis 2004). Soweit der Beklagte im Jahre 2009 anführt, dass diese Gefährlichkeit nicht mehr bestehe, weil – so der maßgebliche Vermerk – ein Fuß- bzw. Radweg vorhanden sei und die zu querenden Kreuzungen ausreichend übersichtlich seien, so liegt darin keine Änderung des Sachverhalts, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte. Der Beklagte musste einräumen, selbst nicht zu wissen, wann sich die Beschaffenheit des Schulwegs so verändert haben könnte, dass diese nunmehr zu eine anderen Einschätzung führen musste. Er kann nur vermuten, dass dies mit dem im Jahre 2002 neu gebauten Radweg zusammenhängt und dass das Amt als Schulträger es versäumt hat, ihn darüber zu informieren mit der Folge, dass dies erst jetzt bei der neuerlichen Prüfung im Jahre 2009 festgestellt worden ist.

30

Damit aber macht der Beklagte nicht die Änderung eines Sachverhalts, sondern lediglich die veränderte Einschätzung eines im maßgeblichen Zeitpunkt gleich gebliebenen Sachverhalts geltend. Dass der Beklagte über den Bau des Radwegs vorher nicht informiert war, ändert daran nichts. Denn es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die frühere Einstufung als gefährlich tatsächlich nur auf dem fehlenden Radweg beruhte, so dass man annehmen könnte, dass insoweit nur eine Korrektur der schon seit 2002 fehlerhaften Einstufung erfolgt wäre. Der Beklagte vermag nach eigenem Bekunden gerade nicht nachzuvollziehen, „seit wann und warum die Strecke … als gefährlich eingestuft worden war und ob es zwischenzeitlich Änderungen gab.“ Eine gerichtliche Nachfrage beim früher zuständigen Amt blieb ebenfalls erfolglos. Hier konnte nur noch bestätigt werden, dass die Beförderungskosten von A-Stadt/A.S. nach ... schon seit mindestens 1998 erstattet worden sind. Hieraus folgt, dass der Beklagte zwar die bei ihm heute und nach eigenem Bekunden schon seit 2004 geltenden Kriterien, nach denen er selbst die Gefährlichkeit beurteilt, im Einzelnen aufführen kann, aber gerade nicht darzulegen vermag, dass das bis 2004 zuständige Amt in Anwendung gerade dieser Kriterien die Gefährlichkeit des hier in Rede stehenden Schulwegs (fehlerhaft) beurteilt hat. In Anbetracht der vielmehr noch im Jahre 2009 abgegebenen Einschätzung des Amtes ist ebenso gut vorstellbar, dass vor allem oder jedenfalls auch die Situation an den beiden zu querenden Kreuzungen ausschlaggebend war und hier insbesondere die Kreuzung in ..., an der immerhin im Jahre 1992 ein Schulkind schwer verunfallt war und deren Gefährlichkeit, insbesondere deren Unübersichtlichkeit gerade für Schulkinder jedenfalls umstritten ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte die vom Amt einmal getroffene und bis zum Jahre 2004 beibehaltene Einschätzung zunächst ungeprüft übernommen und bis 2009 beibehalten hat. So kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, dass er nach der Überprüfung im Jahre 2009 nicht nur eine versäumte Korrektur nachholte, sondern einen zu diesem Zeitpunkt unveränderten Sachverhalt neu bewertete.

31

Eine zum maßgeblichen Zeitpunkt relevante Sachverhaltsänderung lässt sich damit gerade nicht feststellen. Die dennoch vorgenommene Änderung der Verwaltungspraxis führt zu einer vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung. Während ... Schülerinnen und Schülern, die für ihren Schulweg nach ... zur Gesamtschule bis zum Schuljahr 2008/2009 eine Kostenerstattung erhielten und diese bis zur Jahrgangsstufe 10 weiter erhalten, wird diese Leistung anderen ... Schülerinnen und Schülern, die für den gleichen Schulweg erstmals dieselbe Erstattung beantragen, ohne hinreichende sachliche Rechtfertigung verweigert. Der dem Kläger deshalb zustehende Anspruch auf Gleichbehandlung gebietet eine Verpflichtung des Beklagten, den geltend gemachten Anspruch auf Kostenerstattung zu erfüllen, ohne dass insoweit noch ein Ermessensspielraum bestünde.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der Vollstreckungsschuld abwenden, wenn der Beklagte nicht vorher seinerseits Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt eine Schülerfahrkarte für das Schuljahr 2007/2008.

2

Der im Jahre 1991 geborene Kläger mit Wohnsitz im Kreisgebiet des Beklagten erwarb 2007 den regulären Hauptschulabschluss und besucht seit Beginn des Schuljahres 2007/2008 eine Berufsfachschule in B-Stadt mit dem Ziel, dort nach zwei Jahren einen Mittleren Abschluss zu erwerben.

3

Am 13. Juli 2007 beantragte sein gesetzlicher Vertreter beim Beklagten die Ausstellung einer Schülerfahrkarte mit dem Hinweis, dass der Kläger im Wege des Vollzeitschulbesuches einen allgemein bildenden Schulabschluss anstrebe. Mit Bescheid vom 02. August 2007 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab. Nach § 114 Abs. 1 SchulG seien die Schulträger nur dann Träger der Schülerbeförderung, wenn die Schülerinnen und Schüler die Grundschulen, die Jahrgangsstufen fünf bis zehn der weiterführenden allgemein bildenden Schulen sowie Förderzentren besuchten. Auch wenn der Kläger einen allgemein bildenden Abschluss anstrebe, besuche er keine allgemein bildende Schule. In dem dagegen am 27. August 2007 eingelegten Widerspruch wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass es in Schleswig-Holstein für Hauptschüler nicht die Möglichkeit gebe, den Mittleren Bildungsabschluss in Form eines zehnten Schuljahres zu absolvieren. Bildungsbemühte Hauptschüler würden in unzulässiger Weise benachteiligt, wenn nur Schüler der Realschule eine entsprechende Schülerbeförderung erhielten.

4

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2007 als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage der Entscheidung sei das Schulgesetz nebst Satzung des Beklagten über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung vom 25. Juni 2007. Nach § 114 Abs. 1 SchulG seien die Schulträger der in den Kreisen liegenden öffentlichen Schulen nur dann Träger der Schülerbeförderung, wenn Schülerinnen und Schüler die Grundschulen, Jahrgangsstufen fünf bis zehn der weiterführenden allgemein bildenden Schulen sowie Förderzentren besuchten. Weiterführende allgemein bildende Schulen seien nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SchulG die Regionalschule, die Gemeinschaftsschule und das Gymnasium sowie - bis zum Ablauf des 31. Juli 2010 - die Haupt- und Realschulen. Berufsbildende Schulen seien in dieser abschließenden Aufzählung explizit nicht erfasst. Entsprechend sehe auch die Satzung des Beklagten insoweit keine Kostenerstattung vor. Es komme demnach nicht auf den erreichbaren Abschluss, sondern allein auf die besuchte Schulart an. Das Schulgesetz sehe auch keine Ausnahmemöglichkeit vor. Der Widerspruchsbescheid wurde am 3. November 2007 zugestellt.

5

Am 3. Dezember 2007 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass ihm der geltend gemachte Anspruch aus § 114 SchulG in Verbindung mit der Satzung über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung zustehe. Die vorgenommene Differenzierung nach dem Wortlaut der Vorschrift, wonach ein Anspruch nur für „weiterführende allgemein bildende Schulen“ in Frage komme, verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG, da kein sachlich einleuchtender Grund für diese Differenzierung bestehe. Dies gelte insbesondere für Schüler, die den Abschluss einer weiterführenden allgemein bildenden Schule anstrebten. Im Gegensatz zu den „typischen“ Schülern der berufsbildenden Schulen hätten sie keine abgeschlossene Berufsausbildung oder sonstige Verdienstmöglichkeiten, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Gerade Hauptschüler wie der Kläger seien in der finanziellen und beruflichen Situation nicht von „typischen“ Realschülern zu unterscheiden. Hinzu komme, dass er zum Schuljahresbeginn 2007/2008 gar nicht die Möglichkeit gehabt hätte, die zehnte Jahrgangsstufe an einer allgemein bildenden Schule zu besuchen.

6

Der Kläger beantragt,

7

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 2. August 2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2007 zu verpflichten, dem Kläger eine Schülerfahrkarte für das Schuljahr 2007/2008 auszustellen.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er ist der Auffassung, dass der Wortlaut des § 114 SchulG eindeutig sei und sich ausdrücklich nur auf Schülerinnen und Schüler der Primarstufe und der Sekundarstufe I bis zur Beendigung der Vollzeitschulpflicht beziehe. Schüler der berufsbildenden Schulen hätten demgegenüber bereits ihre Vollzeitschulpflicht absolviert. Von daher liege kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, der eine anderslautende Auslegung der Norm gebiete. Das Unterscheidungskriterium der Vollzeitschulpflicht iSd § 20 Abs. 2 S.1 SchulG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe im Bereich der gewährenden Verwaltung einen weiten Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen an die Frage angeknüpft werde, ob der Schulbesuch pflichtig sei oder freiwillig wahrgenommen werde. Es sei sachgerecht, bei einem freiwilligen Schulbesuch die Kosten der Schülerbeförderung nicht mehr zu übernehmen. Zweck des Gesetzes sei es nicht, eine völlige gleichförmige Belastung herzustellen. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, müsste auch für alle anderen Schüler der Sekundärstufe II eine Kostenerstattung erfolgen. Hierzu sei der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Erfüllung der Schulpflicht traditionell als Bringschuld verstanden werde, weshalb die Eltern die Pflicht hätten, für den Transport ihrer Kinder zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen.

11

Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und dem beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Ablehnung der Erteilung einer Schülerfahrkarte für das Schuljahr 2007/2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.

13

Ein Anspruch auf Erteilung einer Schülerfahrkarte besteht nicht, ergibt sich insbesondere nicht aus der Satzung des Beklagten über die Anerkennung der notwendigen Kosten für die Schülerbeförderung vom 25. Juni 2007 (Schülerbeförderungssatzung) iVm § 114 SchulG n.F. (in Art. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Schleswig-Holstein vom 24. Januar 2007, GVOBl. 2007, S. 39 ff.).

14

Ungeachtet der materiell-rechtlichen Voraussetzungen der geltend gemachten Anspruchsnorm bestimmt § 136 SchulG n.F., dass u.a. die Bestimmungen im 6. Teil des Gesetzes - dazu gehören die §§ 111-114 SchulG n.F. - keine Ansprüche der Schulleiterinnen, Schulleiter, Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen oder Schüler gegen den Schulträger, den Träger der Schülerbeförderung oder das Land begründen. Gleichermaßen schließt § 1 Abs. 4 der Schülerbeförderungssatzung Rechtsansprüche Dritter unter Verweis auf § 136 SchulG aus. Dieser Ausschluss subjektiver Rechte war bereits in § 81 SchulG a.F. vorgesehen und geht darauf zurück, dass das Gesetz lediglich das Verhältnis des Landes gegenüber den Schulträgern und den Trägern der Schülerbeförderung regelt, nicht jedoch das Verhältnis zu den Schulbenutzern. Den objektiven Verpflichtungen der Schulträger und der Träger der Schülerbeförderung sollen keine subjektiven Rechte der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte gegenüberstehen (Karpen/Lorentzen in: Praxis der Kommunalverwaltung, Kommentar zum SchulG a.F., § 80 Anm. 5.3, § 81 Anm. 1 u. 2).

15

Der Kläger hat allerdings einen Anspruch darauf, dass der Beklagte über sein Begehren in ermessensfehlerfreier Weise entscheidet, insbesondere frei von Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) seine Entscheidungen trifft (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258 = SchlHAnz 1993, 120; Urt. v. 25.03.1994 - 3 L 204/93 -, Die Gemeinde 1994, 228). Auch unter diesem rechtlichen Blickwinkel ist der angefochtene Bescheid rechtlich nicht zu beanstanden.

16

Das OVG Schleswig hat in der genannten Entscheidung vom 25.03.1994 ausgeführt:

17

„Für die Frage, ob der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei betätigt hat, indem er der Klägerin die begehrte Bewilligung versagt hat, kommt es auf die Auslegung des Schulgesetzes bzw. der Satzung des Beklagten nicht an. Das Schulgesetz enthält im Hinblick auf Schülerbeförderungskosten - wie ausgeführt - keine Rechtsanspruchsnormen für Bürger. Dieser Ausschluß subjektiver Rechte wirkt sich auch auf die Ermessensbetätigung der Schulträger bei der Entscheidung über entsprechende Anträge aus. Die gesetzlichen Regelungen zu den Schülerbeförderungskosten (§ 80 SchulG) entfalten keine Rechtswirkung außerhalb der Organbereiche, für die sie verbindlich sind (Land, Kreise, Gemeinden, Schulträger). Insoweit ist das Schulgesetz vergleichbar mit einem Haushaltsplan, der ebenfalls einen gesetzlichen Ausschluß von Außenwirkungen enthält (vgl. BVerfG, Beschluß vom 22.10.1974 - 1 BvL 3/72 -, E 38, 121). Konstruierte man über den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG einen subjektiven Rechtsanspruch darauf, daß das Ermessen in der vom Gesetz vorgesehenen Weise zu betätigen sei, würde der Wille des Gesetzgebers, der erkennbar darin besteht, dem Bürger die Berufung auf das Gesetz zu verwehren, unterlaufen. Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Satzung des Beklagten entsprechend.

18

Dem Schulgesetz und der Satzung des Beklagten kommen daher hinsichtlich der Bestimmungen zu den Schülerbeförderungskosten im Verhältnis zwischen dem Schulträger und dem Bürger nicht mehr Gewicht zu als einer nur für die Verwaltung verbindlichen Richtlinie (vgl. Urteil des Senats vom 05.03.1992 - 3 L 5/91 -, Die Gemeinde 1993, 258 = SchlHA 1993, 120).

19

Eine im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes relevante Selbstbindung entsteht noch nicht, wenn ausschließlich für die Verwaltung verbindliche Vorschriften erlassen werden oder sie sich selbst - innerbehördliche - Richtlinien, Anweisungen oder dergleichen gibt. Ein im beschriebenen Sinne der Selbstbindung relevantes Verhalten liegt erst dann vor, wenn und soweit die Verwaltung sich nach außen hin, d.h. dem Bürger gegenüber betätigt. Danach kommt es nicht darauf an, wie eine für die Verwaltung verbindliche Vorschrift auszulegen wäre, wenn die Auslegung nach den für Rechtsanspruchsnormen entwickelten Grundsätzen vorzunehmen wäre. Sofern die Normen allein die Verwaltung binden, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die der Senat teilt, nicht der gerichtlichen Interpretation unterworfen (vgl. BVerwG, aaO). Entscheidend ist vielmehr, wie die die Verwaltung bindende Vorschrift von der Verwaltung selbst - nach ihrem eigenen Verständnis - gehandhabt wird. Denn der Gleichheitssatz, an dem die Ermessensausübung zu messen ist, stellt nicht auf den Wortlaut der die Verwaltung bindenden Vorschrift, sondern auf ihre Handhabung ab (vgl. BVerwG, Beschluß vom 01.06.1979 - 6 B 33.79 ZBR 1980, 24; Urteil vom 26.04.1979, aaO). Es kommt also darauf an, welche Verwaltungspraxis sich aufgrund der Vorschrift entwickelt hat. Nur die bisherige Verwaltungspraxis bindet die Verwaltung dem Bürger gegenüber (vgl. Dürig in Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 3 Abs. 1 Rdn. 432 m.w.N.).“

20

Dem schließt sich das erkennende Gericht an (vgl. schon Urt. v. 02.06.2006 iVm Gerichtsbescheid v. 10.04.2006 - 9 A 320/05 - und Gerichtsbescheid vom 09.01.2006 - 9 A 774/04 -). Richterlicher Prüfungsmaßstab kann unter diesen Umständen nur sein, ob die Verwaltung in Anwendung der für sie verbindlichen Vorschriften den Gleichheitssatz bzw. sonstige rechtliche Regelungen willkürlich verletzt oder höherrangige Zweckbestimmungen nicht beachtet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.1979 - 3 C 111/79 -, BVerwGE 58, 45 ff. = NJW 1979, 2059 ff.; Beschl. v. 21.09.1993 - 2 B 109/93 - in Juris).

21

Auch in Anwendung dieser Grundsätze ist eine Rechtswidrigkeit der erfolgten Ablehnung einer Schülerfahrkarte nicht festzustellen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Beklagte die Kosten für eine Schülerbeförderung in anderen Fällen als notwendig anerkannt hätte, wenn eine Schülerin oder ein Schüler eine berufsbildende Schule besucht, um dort einen Mittleren Abschluss zu erwerben. Nach den in der mündlichen Verhandlung erfolgten und unbestritten gebliebenen Ausführungen des Beklagten orientiert sich die Verwaltungspraxis strikt am Wortlaut des § 114 Abs. 1 SchulG n.F. und entsprechend an § 1 Abs. 1 der Schülerbeförderungssatzung. Eine Kostenerstattung für die Beförderung von Schülern erfolge nur dann, wenn eine Grundschule, eine der Jahrgangsstufen fünf bis zehn der weiterführenden allgemein bildenden Schulen oder ein Förderzentrum besucht werde, also auch beim Besuch der 10. Jahrgangsstufe an einer Hauptschule. Eine Erstattung erfolge hingegen nicht, wenn nach Absolvierung der Vollzeitschulpflicht von neun Schuljahren ein 10. Schuljahr an einer berufsbildenden Schule besucht werde. Hiervon ausgehend lässt sich vorliegend keine willkürliche Entscheidung unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG feststellen, da sich die dem Kläger gegenüber erfolgte Ablehnung einer Schülerfahrkarte im Rahmen der geschilderten Praxis bewegt.

22

Darüber hinaus stellt die dargestellte Verwaltungspraxis ebenso wenig wie die Regelung des § 114 Abs. 1 SchulG n.F. selbst eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Berufs- und Realschülern dar, die einen Mittleren Abschluss anstreben bzw. von Berufs- und Hauptschülern, die ein 10. Schuljahr absolvieren.

23

Verfassungsrechtlich ist die Schülerbeförderung als eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand anzusehen. Bei deren Ausgestaltung hat der Gesetzgeber (und die am Gesetz ausgerichtete Verwaltungspraxis) einen weiten Gestaltungsspielraum, der es zum einen unter Beachtung des Willkürverbots aus Art. 3 Abs. 1 GG erlaubt, die Erbringung der öffentlichen Leistung von einer Gegenleistung der Begünstigten abhängig zu machen (BVerwG, Beschl. v. 22.10.1990 - 7 B 128/90 - DVBl. 1991, S. 59 ff.) und zum anderen, vielfältige Lebensverhältnisse durch eine einheitliche Regelung zu erfassen und hierbei ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz oder das Sozialstaatsprinzip gewisse tatsächliche Verschiedenheiten aufgrund der unterschiedlichen Lebensverhältnisse zu vernachlässigen. Dieser Gestaltungsspielraum wird erst dann überschritten, wenn die Vorgehensweise sich nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise verträgt und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden muss (vgl. Kammerbeschl. v. 17.9.2007 - 9 B 67/07 -). Eine solche Willkürlichkeit ist bei Anknüpfung an die Vollzeitschulpflicht bzw. die regelmäßige Dauer des Schulbesuches je nach Schulart sowie an den Besuch ausschließlich allgemein bildender Schulen iSd § 114 Abs. 1 iVm § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 146 Abs. 4 S. 1 SchulG n.F. nicht gegeben.

24

Die Vollzeitschulpflicht umfasst die Pflicht zum Besuch einer Grundschule und einer Schule der Sekundarstufe I oder einer Sonderschule/eines Förderzentrums von insgesamt neun Schuljahren (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SchulG a.F., § 20 Abs. 2 Nr. 1 SchulG n.F.). Die regelmäßige Dauer des Schulbesuchs der einzelnen Schülerin / des einzelnen Schülers ergibt sich aus der Zahl der Schulleistungsjahre der jeweiligen Schulart (§ 38 Abs. 1 SchulG a.F., § 18 Abs. 1 SchulG n.F.). Nach § 12 Abs. 2 S. 1 SchulG a.F. und § 146 Abs. 2 S. 1 SchulG n.F. umfasst die Hauptschule fünf Klassen- bzw. Jahrgangsstufen. Nach § 12 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 SchulG a.F. - gültig gemäß Art. 3, § 2 Abs. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schulwesens in Schleswig-Holstein (aaO) bis zum 31. Juli 2007 - konnte die Hauptschule eine 10. Klassenstufe haben mit dem Ziel, die allgemeine Bildung und Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die Arbeitswelt zu erweitern und zu vertiefen. Bei erfolgreicher Teilnahme wurde ein Abschluss erworben, der die schulischen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Fachoberschule und die Fachschule enthalten kann. Statt der fünf Jahrgangsstufen können die Hauptschulen gemäß der Nachfolgeregelung des § 146 Abs. 2 S. 2 SchulG n.F. seit dem 1. August 2007 ab der achten Jahrgangsstufe flexible Übergangsphasen bilden, die drei Jahre dauern und die Schülerinnen und Schüler auf den Hauptschulabschluss vorbereiten; mithin sieht auch das neue Schulrecht im Rahmen der flexiblen Übergangsphase eine weitere Jahrgangsstufe an Hauptschulen vor. Der Erwerb eines Mittleren Abschlusses ist damit allerdings nach beiden Modellen nicht verbunden (vgl. Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I, Beschluss der KMK vom 03.12.1993 i.d.F. vom 02.06.2006 unter: www.kmk.org/schul/home.htm?pub). Dessen ungeachtet wäre es dem Kläger nur dann möglich gewesen, freiwillig den sog. erweiterten Hauptschulabschluss iSd § 12 Abs. 3 SchulG a.F. zu erwerben, wenn die von ihm besuchte Hauptschule eine solche 10. Jahrgangsstufe tatsächlich angeboten hätte. Strebte er hingegen nach dem regulären Hauptschulabschluss einen Mittleren Schulabschluss an, so war und ist dieser auch noch gegenwärtig in Schleswig-Holstein generell an berufsbildenden Schulen und nicht an Realschulen zu erwerben. Die noch bis zum 31. Juli 2008 geltende Landesverordnung über die Aufnahme, das Aufsteigen nach Klassenstufen, die Dauer des Schulbesuchs und die Abschlussprüfung an der Realschule vom 27. Februar 1995 (NBl MWFK/MFBWS Schl.-H. 1995, 67) sieht in ihrem § 1 vor, dass die Aufnahme in die Realschule durch einen Wechsel aus einer Grundschule oder den Wechsel während der Orientierungsstufe, durch den Wechsel aus einer anderen Realschule, durch den Wechsel vom Gymnasium oder durch den Wechsel aus einer Gesamtschule erfolgt. Der Wechsel aus einer anderen als den genannten Schulen ist nur in Ausnahmefällen vorgesehen, wenn die Aufnahme pädagogisch sinnvoll erscheint und zu erwarten ist, dass die Schülerin oder der Schüler in der Realschule erfolgreich mitarbeiten kann. Demgegenüber sehen § 88 Abs. 1 S. 2 und § 89 Abs. 2 S. 2 SchulG n.F. insoweit vor, dass an einer Berufs- bzw. Berufsfachschule weitere schulische Abschlüsse und Berechtigungen erworben werden können. Häufiges Motiv für den Besuch der Berufsfachschule ist deshalb gerade der Wunsch, hier nach Abschluss der allgemein bildenden Hauptschule den Mittleren Bildungsabschluss zu erwerben und sich gleichzeitig auf eine Berufsausbildung vorzubereiten (Karpen/Lorentzen aaO, § 19 Anm. 1). Entsprechend sieht die seit dem 1. August 2007 geltende Landesverordnung über die Berufsfachschule vom 22. Juni 2000 (NBl MBF Schl.-H. 2007, 155) in § 1 Abs. 1, § 6 Abs. 1 vor, dass die Berufsfachschule mit dem Ziel einer beruflichen Grundbildung und des Erwerbs des Mittleren Schulabschlusses in einem zweijährigen Bildungsgang besucht werden kann. Dieser Mittlere Schulabschluss wird in allen Bundesländern anerkannt und ist dem Realschulabschluss gleichwertig (Karpen/Lorentzen aaO, § 19 Anm. 2; Beschluss der KMK aaO).

25

Diese Regelungen zeigen in ihrer Gesamtschau, dass es nicht nur für den Kläger in seinem speziellen Jahrgang, sondern dass es nach erfolgreichem Besuch der 9. Klassenstufe für Hauptschüler generell gegenwärtig nicht vorgesehen ist, dass sie für ein Jahr auf die Realschule wechseln, um dort den Realschulabschluss zu erwerben. Der Hauptschulbesuch ist vielmehr darauf ausgerichtet, einen Abschluss zu vermitteln, der den Anforderungen für eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspricht und zugleich weitere schulische Bildungsgänge eröffnet. Bei diesen weiteren schulischen Bildungsgängen soll es sich gerade nicht um solche allgemein bildender Schulen handeln, sondern um solche berufsbildender Schulen. Der an der Berufsfachschule zu erwerbende und vom Kläger auch angestrebte Mittlere Schulabschluss ist dem Realschulabschluss zwar gleichwertig, setzt aber einen zwei jährigen Schulbesuch voraus und vermittelt sogleich eine berufliche Grundbildung, die an allgemein bildenden Schulen nicht zu erwerben ist.

26

Diese Unterschiede rechtfertigen die § 114 Abs. 1 SchulG vorgesehene und vom Beklagten entsprechend praktizierte Beschränkung der Kostenerstattung auf Fälle des Besuchs allgemein bildender Schulen. Eine Gleichbehandlung des Schulbesuchs an einer Berufsfachschule zwecks Erreichung des Mittleren Schulabschlusses mit dem Schulbesuch einer Hauptschule zwecks Erreichung des erweiterten Hauptschulabschlusses nach Klassenstufe 10 bzw. des Besuchs einer Realschule zwecks Erreichung des Realschulabschlusses ist daher nicht zwingend geboten. Die damit einhergehende finanzielle Belastung der Berufsfachschüler mag zwar zu einer auf Begabtenförderung und Ausschöpfung aller Bildungsreserven gerichteten Schulpolitik tendenziell in einem gewissen Widerspruch stehen, begründet jedoch noch keine mit dem Gleichheitssatz unvereinbare Benachteiligung: „Entscheidend ist, dass die ungleiche Behandlung der Schülergruppen im Hinblick auf die die Erstattungsregelung tragenden Gründe nicht unverständlich bleibt“ (BVerwG, Beschl. v. 22.10.1990, a.a.O.).

27

Schließlich verstößt die geschilderte Verwaltungspraxis auch nicht gegen sonstige höherrangige Rechtsgrundsätze. Aus den Bestimmungen des Grundgesetzes lässt sich insbesondere keine verfassungsrechtliche Pflicht ableiten, die Schülerbeförderung unentgeltlich zu regeln bzw. zu handhaben: „So gewähren weder das Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 GG, den Bildungsweg ihrer Kinder bestimmen zu können, das Grundrecht des Schülers auf Bildung aus Art. 2 Abs. 1 GG, noch das in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Sozialstaatsprinzip einen Anspruch auf kostenlose Schülerbeförderung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 1990 - 7 B 128/90 - DVBl. 1991, S. 59 ff.).“ Ebenso wenig vermittelt die in § 20 Abs. 1 S. 1 SchulG n.F. als Konkretisierung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages im Sinne des Art. 7 GG normierte allgemeine Schulpflicht einen Anspruch auf eine kostenlose Schülerbeförderung: „Denn die Erfüllung der Schulpflicht ist traditionell als Bringschuld zu begreifen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.08.2003 - 2 A 10588/03 - DÖV 2004, S. 350 ff.). Aus diesem Grund obliegt es grundsätzlich den Eltern, für einen Transport zu und von den Schulen zu sorgen und die damit verbundenen Kosten als Teil des allgemeinen Lebensführungsaufwandes zu tragen. Die Schülerbeförderung stellt dagegen vielmehr eine freiwillige Leistung der öffentlichen Hand dar“ (Kammerbeschl. v. 17.9.2007 - 9 B 67/07 -).

28

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.