Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 18. Dez. 2014 - 8 B 37/14

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2014:1218.8B37.14.0A
bei uns veröffentlicht am18.12.2014

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

3. Der Streitwert wird auf 7.500,- € festgesetzt.

Gründe

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Der Antragsteller wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine auf zwei Gebäude aufgeteilte Wohnanlage im Reihenhausstil mit insgesamt neun Wohneinheiten auf dem Grundstück xxx in A-Stadt (Flurstücke 50/7 und 50/8, Flur 2, Gemarkung A-Stadt). Die Wohnanlage besteht aus den Häusern A (4 WE) und B (5 WE), die jeweils mit einem Satteldach errichtet werden. Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks A-Straße, welches sich auf der anderen Seite der Straße xxx befindet und dem streitbefangenen Grundstück gegenüberliegt. Die Belegenheit der streitbefangenen Gebäude und Grundstücke ergibt sich aus folgenden Lageplänen (vgl. Beiakte A Bl. 4 und 5):

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Der Antragsgegner hat den Widerspruch des Antragstellers gegen die Baugenehmigung (vom 19.09.2014) mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2014 zurückgewiesen. Dagegen hat der Antragsteller am 09.12.2014 Klage erhoben (8 A 163/14) und am gleichen Tag einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung gestellt (Antrag zu 1). Des Weiteren beantragt der Antragsteller wörtlich, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Baustelle auf dem Grundstück xxx in A-Stadt stillzulegen (Antrag zu 2).

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I. Der Antrag zu 1) ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Var. i.V.m. § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen anordnen, in denen die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO entfällt. Das ist hier der Fall, da dem Widerspruch und der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommt. Da es sich vorliegend um einen Fall der sog. Drittanfechtung handelt, ergibt sich die Anwendbarkeit von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO aus dem Verweis in § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO.

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Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die hier erforderliche gerichtliche Entscheidung gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 i.V.m § 80 a Abs. 3 S. 2 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung, in deren Rahmen das Interesse des beigeladenen Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung gegen das Interesse des Antragstellers daran, von der Vollziehung der Baugenehmigung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, abzuwägen ist. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit der streitigen Baugenehmigung in die Abwägung einzustellen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens gemäß § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung haben und der Gesetzgeber damit dem Interesse des Bauherrn an der Verwirklichung des Vorhabens den Vorrang eingeräumt hat. Weiter ist zu berücksichtigen, dass in baurechtlichen Nachbarstreitigkeiten ein Rechtsbehelf nur erfolgreich ist, wenn eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte festgestellt werden kann. Es ist also nicht maßgeblich, ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtmäßig ist. Diese ist vielmehr allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verstößt, die dem Schutz des Rechtsschutz suchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich in diesem Zusammenhang nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verhältnis der Grundstücksnachbarn untereinander als schutzwürdig ansieht. Demnach liegen die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage oder eines Widerspruchs gegen eine einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung dann vor, wenn auf Seiten des Antragstellers geltend gemacht werden kann, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ihre geschützte Nachbarposition durch den Bau und die Nutzung des genehmigten Vorhabens unerträglich oder in einem nicht wieder gutzumachenden Maße beeinträchtigt bzw. gefährdet wird.

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Nach diesem Maßstab überwiegt hier das Interesse des Beigeladenen, die ihm erteilte Baugenehmigung sofort, also ohne den Ausgang des Hauptverfahrens abwarten zu müssen, ausnutzen zu können. Bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage lässt sich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die angefochtene Baugenehmigung Nachbarrechte des Antragstellers verletzt.

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Dabei ist allerdings ein Verstoß der auf der Grundlage des § 69 LBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 LBO bereits nicht Prüfungsgegenstand des vorliegenden Verfahrens hinsichtlich des Antrags zu 1). Denn in einem solchen Verfahren wird - außer bei Sonderbauten - die Vereinbarkeit der Vorhaben mit den Vorschriften der Landesbauordnung und den Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung nicht geprüft; lediglich die §§ 65 Abs. 4, 68 und 70 LBO bleiben unberührt (vgl. auch OVG Schleswig, Urt. v. 21.11.2013 - 1 LB 6/13 - n.v.). Ob das streitgegenständliche Vorhaben, wie vom Antragsteller vorgetragen, gegen die Vorgaben zu notwendigen Stellplätzen nach § 50 Abs. 1 LBO verstößt, ist daher für diesen Antrag nicht entscheidungserheblich.

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Aber auch ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des insoweit allein maßgeblichen Bauplanungsrechts einschließlich des Gebots der Rücksichtnahme ist nicht auszumachen.

8

Der Antragsteller kann sich nicht mit Erfolg auf einen sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch berufen. Dieser Anspruch wird durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch eine „Verfremdung“ des Gebiets eingeleitet und damit das nachbarliche Austauschverhältnis gestört wird, das auf dem Gedanken beruht, dass sich jeder Grundstückseigentümer davor schützen können muss, dass er über die durch die Festsetzung einer Gebietsart normierte oder aus einer wie hier faktisch vorhandenen Gebietsart (§ 34 Abs. 2 BauGB) eines allgemeinen oder gar reinen Wohngebietes sich ergebenden Beschränkung seiner Baufreiheit hinaus durch eine nicht zulässige Nutzung eines anderen Grundstückseigentümers nochmals zusätzlich belastet wird (vgl. BVerwG, Urt. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -; Urt. v. 23.08.1996 - 4C 13.94 -; OVG Schleswig, Beschl. v. 07.06.1999 - 1 M 119/98 -; jeweils zitiert nach juris). Ein solches seiner Art nach gebietsunverträgliches Vorhaben liegt mit dem genehmigten Wohnbauvorhaben jedoch offenkundig nicht vor. Es kann insofern mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, ob die Eigenart der näheren Umgebung des streitgegenständlichen Grundstücks einem reinen Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO oder einem allgemeinen Wohngebiet gem. § 4 BauNVO entspricht.

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Als Nutzungsart kennt die Baunutzungsverordnung nur das „Wohnen“ als solches, ohne dahingehend zu differenzieren, ob diese Nutzung in freistehenden Einfamilien-, Doppel-, Reihen- oder Mehrfamilienhäusern erfolgt. Die Errichtung von Mehrfamilienhäusern kann daher auch nicht von benachbarten Grundstückseigentümern mit der Begründung abgewehrt werden, eine derartige Nutzung passe nicht in ihr Wohngebiet. Auch der Umstand, dass das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen etwa von der Grundfläche und der Firsthöhe größer ausfallen wird, als das auf dem Grundstück des Antragstellers befindliche Gebäude, begründet keinen Verstoß gegen den Gebietserhaltungsanspruch (vgl. OVG Schleswig, Beschl. vom 15.01.2013 - 1 MB 46/12 -, Beschluss vom 25.10.2012 - 1 MB 38/12 -).

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Ein darüber hinausgehender Gebietsprägungserhaltungsanspruch des Inhalts, dass dieser unabhängig von der Art der Nutzung des geplanten Bauvorhabens einen Abwehranspruch vermittelt, weil das Vorhaben einem für das Baugebiet charakteristischen harmonischen Erscheinungsbild, etwa im Sinne einer vorrangigen Bebauung mit Einzel- oder Doppelhäusern mit geringer Grundflächenzahl oder einer park- oder villenartigen Bebauung usw., nicht entspricht, ist nicht anzuerkennen (vgl. z.B. VG Schleswig, Beschl. v. 17.12.2012 - 2 B 88/12 -, v. 29.01.2014 - 2 B 6/14 - und vom 24.02.2014 - 2 B 12/14 -; so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.5.2014, - 1 ME 47/14 - juris; OVG Schleswig, Beschl. v. 24.102013 - 1 LA 67/13). Daher kommt es für das vorliegende Verfahren nicht darauf an, ob durch das geplante Bauvorhaben aus Sicht des Antragstellers das Erscheinungsbild der näheren Umgebung, das nach seinen Angaben durch eine Einzelhausbebauung mit ausschließlich „typischen" freistehenden Einfamilienhäusern geprägt ist, beeinträchtigt wird. Dieses Erscheinungsbild der näheren Umgebung des Bauvorhabens resultiert allein aus Kriterien, die das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche betreffen. Bei diesen Kriterien handelt es sich aber nach allgemeiner Auffassung der Verwaltungsgerichte um solche, die nur im überplanten Gebiet und auch nur dann bei Feststellung eines entsprechenden ausdrücklichen planerischen Willens der Gemeinde Drittschutz vermitteln können (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 25.10.2012 - 1 MB 38/12 -). Abweichungen von den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung sind nämlich mit Abweichungen über die Art der baulichen Nutzung nicht vergleichbar. Sie lassen in der Regel den Gebietscharakter unberührt und haben nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke. Zum Schutz der Nachbarn ist daher das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichend, das eine Abwägung der nachbarlichen Interessen ermöglicht und den Nachbarn vor unzumutbaren Beeinträchtigungen schützt. Ein darüber hinausgehender, von einer realen Beeinträchtigung unabhängiger Anspruch des Nachbarn auf Einhaltung der Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung kann dagegen dem Bundesrecht nicht entnommen werden (BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995 - 4 B 52/95 - juris). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen" Maß der Nutzung, wie dies von dem Antragsteller hinsichtlich der Dimensionierung, der absoluten Höhe und der Standorte der genehmigten Baukörper gerügt wird, bietet - allein - das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 25.10.2012, - 1 MB 38/12 -). Insofern bedarf es im vorliegenden Fall insbesondere keiner Prüfung, ob das genehmigte Vorhaben tatsächlich - wie der Antragsteller meint - über den in der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen hinsichtlich der vorgenannten Maß-Kriterien und des Kriteriums des überbaubaren Grundstücksfläche hinausgeht und sich deshalb im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht einfügen würde.

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Nach den vorangehenden Ausführungen ist es nicht erforderlich, umfangreich zu prüfen, ob sich das Vorhaben des Beigeladenen gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Diese Vorschrift ist nämlich nicht stets und generell drittschützend. Drittschutz kommt dieser Vorschrift nur dann zu, wenn das in dieser Vorschrift verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das Bestandteil des Merkmals des Sich-Einfügens nach § 34 BauGB ist, verletzt wird. Das Rücksichtnahmegebot ist allerdings keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 - 4 B 128/98 - juris; OVG Schleswig, Beschl. v. 17.01.2012 - 1 MB 33/11 -). Das Gebot der Rücksichtnahme in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung ist nur dann verletzt, wenn die Bebauung sich in einer Gesamtschau als den Nachbarn gegenüber unzumutbar erweist. Wann dies der Fall ist, kann nur aufgrund einer Abwägung im Einzelfall zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage des Einzelfalls zuzumuten ist, beurteilt werden (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 25.02.1977 - 4 C 22/75 - BVerwGE 52, 122).

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Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zulasten des Antragstellers wegen der Dimensionierung oder der Lage des Bauvorhabens liegt nicht vor. Wie bereits erörtert, braucht nicht entschieden zu werden, ob sich das Vorhaben des Beigeladenen, wie der Antragsteller meint, nach dem Maß der baulichen Nutzung insbesondere im Hinblick auf die Höhe des Baukörpers oder wegen der Lage der Baukörper nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Denn allein dadurch würde der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, weil die möglicherweise dann vom Bauvorhaben des Beigeladenen nicht eingehaltenen Erfordernisse zum Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche grundsätzlich nur der städtebaulichen Ordnung, nicht aber auch dem Schutz des Nachbarn dienen (BVerwG, Urt. v. 28.04.2004 - 4 C 10/03 - juris; Beschl. v. 23.06.1995 - 4 B 52/95 - juris; OVG Schleswig, Beschl. v. 25.10.2012 - 1 MB 38/12 -, Beschl. v. 25.04.2014 - 1 MB 32/13; Beschl. 30.04.2009 - 1 MB 1/09 -).

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Etwas anderes gilt nur dann, wenn etwa gegen die Erfordernisse zum Maß der baulichen Nutzung in so grober Weise verstoßen wird, dass dadurch das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.12.2013 - 4 C 5/12 - juris; OVG Schleswig, Beschl. v. 11.11.2010 - 1 MB 16/10 - und Beschl. v. 25.10.2012 - 1 MB 38/12). Eine Bebauung ist jedenfalls dann rücksichtlos, wenn sie eine „erdrückende" oder „abriegelnde" Wirkung. Eine solche Wirkung zulasten des Antragstellerstellers geht von dem Vorhaben nicht aus.

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Das Vorhaben wird nicht grenzständig errichtet, sondern nach Aktenlage vollständig unter Einhaltung der nach § 6 LBO einzuhaltenden Abstandsflächen. Nach den Planunterlagen ist, soweit ersichtlich, auch wenn dies nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens war, das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht unstreitig korrekt umgesetzt worden. Das Einhalten der landesrechtlichen Regelungen über die erforderlichen Abstandsflächen (§ 6 LBO) spricht regelmäßig gegen eine „erdrückende" oder „abriegelnde" Wirkung eines Bauvorhabens und für die Beachtung der durch die Abstandsflächenregelung geschützten Nachbarbelange (Besonnung, Belichtung, Belüftung) (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879; OVG Schleswig, Beschl. v. 04.12.2003 - 1 MB 35/03). Darüber hinaus könnte sich der Antragsteller auch nicht auf einen etwaigen Verstoß gegen die nach § 6 LBO einzuhalten Abstandsflächen berufen, da sein Grundstück nicht unmittelbar an das Vorhabengrundstück angrenzt.

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Zwar kann es Fälle geben, in denen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot auch dann verletzt ist, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind (BVerwG, a.a.O.). Somit ist in jedem Fall, also auch wenn die Vorgaben von § 34 Abs. 1 BauGB eingehalten sind, eine die konkreten Verhältnisse vor Ort berücksichtigende Bewertung des nachbarlichen Austauschverhältnisses erforderlich. Eine solche Wirkung kommt nach der Rechtsprechung vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht. Ein solcher Fall wird allerdings in der Rechtsprechung nur in den seltenen Fällen einer wirklich bedrängenden oder erdrückenden Wirkung eines Bauvorhabens zu sehen sein, die - absehbar - zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 11.10.2010 - 1 MB 16/10 - und Beschl. v. 25.10.2012 - 1 MB 38/12).

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Diese Voraussetzungen werden insbesondere dann angenommen, wenn die baulichen Dimensionen des „erdrückenden" Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das „erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d.h. dort das Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „gefängnishofähnliche Situation“ hervorruft. Dem Grundstück muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden. Dass das Vorhaben die bislang vorhandene Situation lediglich verändert oder dem Nachbarn unbequem ist, reicht nicht aus. Die in den gewählten Ausdrücken bzw. Bilder liegende Dramatik ist danach ernst zu nehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 - 4 C 1/78 - juris, sog. „Hochhaus-Fall“; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.01.2007 - 1 ME 80/07 - und v. 13.01.2010 - 1 ME 237/09 - jeweils nach juris; VG Schleswig, Beschl. v. 12.03.2014 - 8 B 4/14 und v. 11.04.2014 - 8 B 9/14 -). Ein solcher Fall wird nur in seltenen Fällen einer „wirklich“ bedrängenden oder erdrückenden Wirkung eines Bauvorhabens zu sehen sein, nämlich wenn gravierende und nicht zu bewältigende Nutzungskonflikte entstehen (OVG Schleswig, Beschl. vom 25.10.2012 - 1 MB 38/12 -).

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Nach diesen Grundsätzen lässt sich die beschriebene „schwerwiegende“ Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht feststellen. Einer solchen Verletzung steht bereits entgegen, dass sich das von dem Antragsteller bewohnte Einfamilienhaus auf der anderen Seite der Straße xxx befindet. Nach den unwidersprochenen Angaben des Antragsgegners in dem Widerspruchsbescheid vom 10.11.2014 hat das vordere der beiden Wohngebäude (Haus A, Gebäudelänge 14,74 m) eine Entfernung von 15 m zu dem Wohnhaus des Antragstellers bzw. bis zu dessen Grundstücksgrenze. Die beiden Wohngebäude weisen eine Firsthöhe von 9,50 m auf. Das aus Richtung des Antragstellers hinter Haus A liegende Haus B hat eine Gebäudelänge von 20,31 m. Eine erdrückende Wirkung durch die Häuser A und B zulasten des Antragstellers liegt bereits wegen der Entfernung zu seinem Grundstück und wegen der Ausmaße der beiden Gebäude offensichtlich nicht vor. Das Entstehen von unzumutbaren Beeinträchtigungen durch eine abriegelnde oder erdrückende ist nicht ansatzweise ersichtlich.

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Eine durch das Bauvorhaben möglicherweise entstehende Verschattung des Grundstücks des Antragstellers hätte dieser wegen der Einhaltung der Abstandsflächen nach § 6 LBO ebenfalls hinzunehmen. Zudem ist bereits zweifelhaft, ob es wegen der Entfernung zwischen dem Grundstücks des Antragstellers zu dem Haus und wegen dessen Höhe überhaupt zu einer signifikanten Verschattung kommen kann.

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Der Antragsteller kann sich auch nicht auf eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen des von ihm geltend gemachten Verstoßes gegen die Vorgaben für notwendige Stellplätze auf dem Vorhabengrundstück nach § 50 Abs. 1 LBO und wegen der Zunahme des Fahrzeugverkehrs berufen.

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Wie bereits ausgeführt, kann sich der Antragsteller vorliegend nicht unmittelbar auf einen etwaigen Verstoß gegen § 50 Abs. 1 LBO berufen, da dieser im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht Prüfungsgegenstand ist. Zudem dienen die Vorschriften nach § 50 LBO über die Verpflichtung zur Herstellung notwendiger Stellplätze und Garagen grundsätzlich dem öffentlichen Interesse. Sie sollen verhindern, dass der öffentliche Verkehrsraum über den Gemeingebrauch hinaus durch das Abstellen von Fahrzeugen belastet und dadurch die öffentliche Sicherheit gefährdet wird (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 10.01.2008- 3 S 2773/07 - juris, m.w.N.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.03.1997 - 1 M 6589/96 - juris, m.w.N.; Domning/Möller/Suttkus, Kommentar zur LBO, 3. Aufl. 14. EL 2012, § 50 Rn 122). Im Einzelfall kann die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze jedoch gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen, wenn der Mangel an Stellplätzen zu Beeinträchtigungen führt, die den Nachbarinnen und Nachbarn - auch unter Berücksichtigung einer Vorbelastung ihrer Grundstücke - bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind (vgl. VGH Kassel, Beschl. vom 12.05.2003 - 9 TG 2037/02 -, BRS 66 Nr. 190; OVG Bremen, Beschl. vom 18.10.2002 - 1 B 315/02 -, BauR 2003, 509; OVG Münster, Urt. v. 10.07.1998 - 11 A 7238/95 - BauR 1999, 237; OVG Lüneburg, Beschl. v. 14.03.1997 - 1 M 6589/96 - BauR 1997, 983; Domning/Möller/Bebensee, a.a.O., § 50 Rn 123 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

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Eine nachbarrechtlich relevante Störung durch das etwaige Fehlen notwendiger Stellplätze kann hier aber nicht festgestellt werden. Nach Auffassung der Kammer liegt jedenfalls kein offensichtlicher Verstoß gegen die Vorgaben der Stellplatzpflicht nach § 50 Abs. 1 Satz 2 LBO vor. Danach richtet sich insbesondere die Anzahl notwendigen Stellplätze nach Art und Anzahl der vorhandenen und zu erwartenden Kraftfahrzeuge und Fahrräder der ständigen Benutzerinnen und ständigen Benutzer und der Besucherinnen und Besucher der Anlagen. Es ist nicht offensichtlich, dass die für das Vorhaben vorgesehenen 10 Stellplätze nicht den Anforderungen des § 50 Abs. 1 Satz 2 LBO entsprechen. Der Antragsgegner ist bei der Berechnung der notwendigen Stellplätze von den Vorgaben des sog. Stellplatzerlasses ausgegangen, woraus sich ein Stellplatzbedarf von 0,7 - 1 pro Wohneinheit ergibt und hat demzufolge die vorgesehenen 10 Stellplätze auf dem Vorhabengrundstück für ausreichend befunden. Unabhängig von der Frage, ob der Stellplatzerlass (noch) als Anhaltspunkt zur Berechnung der notwendigen Stellplätze im Sinne des § 50 Abs. 1 LBO herangezogen werden kann, bietet er jedoch aufgrund der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gebotenen summarischen Prüfung und mangels anderer aktueller Regelungen einen greifbaren Anhaltspunkt für die Bestimmung der Anzahl der notwendigen Stellplätze.

22

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass durch eine möglicherweise zu niedrig festgesetzte Zahl an notwendigen Stellplätzen unzumutbare Beeinträchtigungen für den Antragsteller entstehen werden. Insofern trägt dieser vor, dass pro Wohneinheit 1,5 Stellplätze und damit insgesamt 15 Stellplätze für das Wohnvorhaben notwendig seien. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass es sich bei der Straße xxx lediglich um eine schmale (ca. 2,30 m) Straße handele und dass dort keine öffentlichen Verkehrsflächen für Stellplätze vorgehalten würden. Der Antragsteller befürchtet, dass durch die zu erwartende Zunahme des Verkehrs seine Nachbarinteressen beeinträchtigt würden. Der ebenfalls schmale Fußweg entlang der Straße müsste als Abstellfläche benutzt werden und es sei zu vermuten, dass er infolge parkender Fahrzeuge nicht mehr ungehindert von seinem Grundstück ausfahren könne.

23

Auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann sich der Nachbar etwa dann berufen, wenn der (etwaige) Stellplatzmangel geeignet ist, die bestimmungsgemäße Nutzung seines eigenen Grundstücks zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundstück möglich ist - allerdings nicht schon darin, dass die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Nutzern der baulichen Anlage zum Parken in Anspruch genommen werden und dem Nachbarn nur noch mit den daraus folgenden Einschränkungen zur Verfügung stehen. Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.03.1998 - 1 B 33/98 - GewArch 1998, 254 f.). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu regeln. Als rücksichtslos kann der Verzicht auf die notwendigen Stellplätze auch dann gerügt werden, wenn der durch ihn bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Dies setzt i.d.R. entsprechende Immissionen, insbesondere Lärm- und Abgaseinwirkungen, voraus (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 18.10.2002, a.a.O.).

24

Allein die bislang geäußerte Befürchtung des Antragstellers, dass Anwohner oder Besucher durch das verbotswidrige Abstellen ihrer Fahrzeuge ihm das Befahren seines Grundstücks erschweren könnten, genügt nicht für die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung und für einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Nach Ansicht der Kammer besteht jedenfalls auch keine offensichtliche Diskrepanz zwischen dem hier möglicherweise höheren Bedarf an Stellplätzen und den vorgesehenen 10 Stellplätzen. Die von dem Antragsteller dargelegte Differenz liegt bei lediglich fünf Stellplätzen. Es drängt sich daher nicht auf, dass der Stellplatzbedarf für das Vorhaben wesentlich höher ist als die vorgesehenen Stellplätze und dadurch die Verkehrssituation in der Nähe des Vorhabens zwangsläufig in einer Art und Weise „überstrapaziert“ würde, mit der Folge, dass für die Nachbarn unzumutbare Zustände entstehen könnten.

25

Des Weiteren ist zu beachten, dass auch für den Fall, dass sich die Stellplatzberechnung nachträglich als unzureichend erweisen sollte, auch nachträglich Anordnungen zur Schaffung weiterer Stellplätze erfolgen können. § 50 Abs. 3 Satz 1 LBO bestimmt, dass auch für bestehende bauliche Anlagen und sonstige Anlagen im Einzelfall die Herstellung von Stellplätzen oder Garagen sowie Abstellanlagen für Fahrräder gefordert werden kann, wenn dies im Hinblick auf die Art und Anzahl der Kraftfahrzeuge und der Fahrräder der ständigen Benutzerinnen und ständigen Benutzer und der Besucherinnen und Besucher der Anlage aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs geboten ist.

26

Es spricht nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung schließlich auch nicht ansatzweise etwas dafür, dass von dem Bauvorhaben des Beigeladenen Belästigungen oder Störungen auf das Grundstück des Antragstellers ausgehen könnten, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar wären (§15 Abs. 1 S. 2 BauNVO). Dass mit dem Hinzutreten weiterer Wohneinheiten in einem Baugebiet eine Steigerung des Verkehrsaufkommens verbunden ist, liegt auf der Hand.

27

Die sich bei einer Erhöhung des bisherigen Bestandes an Wohneinheiten im Quartier prognostisch ergebende Zunahme an Fahrzeugbewegungen wird den Antragsteller auch nicht unzumutbar belasten. Die durch eine derartige Erweiterung eines Wohngebietes verursachten Verkehrsimmissionen sind von den bisherigen Bewohnern, die ihrerseits ebenfalls Verkehrsimmissionen verursachen, ohne weiteres hinzunehmen. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil auf dem Vorhabengrundstück nunmehr neun zusätzliche Wohneinheiten geschaffen werden und im Vergleich zu dem bisherigen Bestand in dem betreffenden Gebiet, welches durch eine Einfamilienhaus-Bebauung geprägt ist, eine erhöhte Dichte hinsichtlich der Wohnnutzung entsteht. Das Hinzutreten von neun Wohneinheiten und die damit verbundene Zunahme des Verkehrsaufkommens und der damit einhergehenden Emissionen halten sich jedenfalls noch in dem Rahmen, was von dem Antragsteller und den anderen Nachbarn in der Nähe des Vorhabens hingenommen werden muss.

28

Der Antragsteller kann auch nicht geltend machen, das Bauvorhaben beeinträchtige den optischen Charakter der bebauten Siedlung. Denn das Ortsbild nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB vermittelt keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.2012 - 1 B 158/12 - juris; Beschl. v. 13.11.1997 - 4 B 195/97 - NVwZ-RR 1998, 540; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar, 114. EL 2014, § 34 Rn. 141), sondern besteht ausschließlich im öffentlichen Interesse. Der Antragsteller hat weder einen Anspruch auf Erhalt oder Beibehaltung des Siedlungscharakters als „Einfamilienhaussiedlung“ im historischen oder derzeit bestehenden Zustand noch einen Anspruch auf Bebauung oder Nutzung des Nachbargrundstücks wie sein eigenes Grundstück.

29

Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, dass mit der Errichtung der beiden Gebäude (Haus A und Haus B) und den vorgesehenen neun Wohneinheiten eine Verdichtung der Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks erfolgt, da die anderen Grundstücke lediglich mit Einfamilienhäusern bebaut sind. Die Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude (Wohngebäude) ist kein Kriterium zur Beurteilung der Frage, ob sich Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB einfügt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.04.1989 - 4 B 72/89 - juris; Urt. v. 13.06.1980 - 4 C 98/77 - juris).

30

II. Der Antrag zu 2), den Antragsgegner zu verpflichten, die Baustelle auf dem streitgegenständlichen Grundstück stilllegen zu lassen, ist jedenfalls unbegründet. Es handelt sich in der Sache um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 VwGO, der auf eine Verpflichtung des Antragsgegners auf Erlass einer Stilllegungsverfügung gem. § 59 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 LBO gerichtet ist.

31

Es kann dahinstehen, ob es vorliegend für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §123 Abs. 1 VwGO bereits an dem notwendigen Rechtschutzbedürfnis fehlt und der Antrag bereits deshalb unzulässig ist. Das Rechtsschutzbedürfnis ist grundsätzlich dann zu verneinen, wenn der den Antrag stellende Bürger sich nicht zuvor an die zuständige Verwaltungsbehörde gewandt hat. Wenn allerdings nach Lage der Dinge nicht damit gerechnet werden kann, dass die Behörde dem Anliegen des Antragstellers entsprechen wird und während des deshalb voraussichtlich erfolglosen Verwaltungsverfahrens bereits eine Rechtsbeeinträchtigung zu befürchten ist, dann ist ausnahmsweise das Rechtschutzbedürfnis für die sofortige Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gegeben (vgl. Kuhla, in: Posser/Wolff, Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand 01.10.2014, § 123 Rn 37a m.w.N.).

32

Der bereits im Verwaltungsverfahren durch seinen Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller hat bei dem Antragsgegner bislang keinen Antrag auf ein bauordnungsrechtliches Einschreiten mit dem Ziel der Stilllegung der Baustelle gestellt. Allerdings hat der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers gegen die Baugenehmigung umfassend abgelehnt und dort auch die objektive Rechtmäßigkeit des Vorhabens in bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Hinsicht bejaht. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsgegner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch einen Antrag auf bauordnungsrechtliches Einschreiten abgelehnt hätte.

33

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

34

Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten setzt voraus, dass der Anspruchsinhaber in geschützten Nachbarrechten verletzt ist und das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde derart reduziert ist, so dass nur noch ein Einschreiten in der beantragten Art und Weise ermessensgerecht ist. Schließlich darf ein solcher Anspruch nicht verwirkt sein. Als Anspruchsgrundlage für das von dem Antragsteller begehrte Einschreiten des Antragsgegners in seiner Funktion als untere Bauaufsichtsbehörde kommt allein § 59 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBO in Verbindung mit den nachbarschützenden Bestimmungen des Bauordnungsrechts und in Verbindung mit drittschützenden Regelungen des Bauplanungsrechts einschließlich des grundsätzlich als drittschützend qualifizierten Gebots der Rücksichtnahme (§15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) in Betracht. Danach können die Bauaufsichtsbehörden können nach Absatz 1 Satz 2 insbesondere die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder beseitigt werden.

35

Wie bereits erörtert, verstößt das streitgegenständliche Vorhaben nicht gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Im Gegensatz zum Prüfungsmaßstab bei der Anfechtung einer im gem. § 69 LBO vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilten Baugenehmigung, sind bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf bauordnungsrechtliches Einschreiten auch die Vorschriften der LBO zu prüfen. Eine Verletzung von drittschützenden Vorschriften der LBO liegt jedoch nicht vor.

36

Der Antragsteller kann sich insoweit nicht auf einen etwaigen Verstoß gegen die Abstandsflächenvorschriften nach § 6 LBO berufen, da er nicht angrenzender Nachbar des Vorhabens ist und somit nicht in den Schutzbereich von § 6 LBO fällt. Im Übrigen liegt ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 6 LBO auch ersichtlich nicht vor.

37

Der Antragsteller kann sich allenfalls wegen etwaiger Störungen durch die genehmigten Stellplätze auf dem Baugrundstück selbst auf die nachbarschützende Regelung in § 50 Abs. 9 LBO berufen, wonach Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden müssen, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht über das zumutbare Maß hinaus stört. Für die Frage, welches Ausmaß an Störungen im Einzelfall noch zumutbar ist, muss zunächst die sich aus der baulichen Struktur der Umgebung ergebende Immissions-Grundbelastung berücksichtigt werden. Daher ist die Toleranzschwelle in einem belebten Innenstadtbereich höher als in einem ruhigen Einfamilienhausgebiet. Weiterhin ist zu beachten, dass die durch notwendige Stellplätze ausgelösten Immissionen grundsätzlich hinzunehmen und nur unter besonderen Umständen unzumutbar sind (BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 - 4 C 11/05 - juris). Daraus folgt, dass der Antragsteller die „gebietstypischen“ Immissionen hinnehmen muss. Eine Ausnahmesituation, die dennoch zu einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot führen kann, ist dann möglich, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch die vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück erschließenden Straße oder durch massiven Parksuchverkehr erheblich verschlechtert und die Gesamtbelastung bei Abwägung aller Belange unzumutbar ist (OVG Münster, Urt. v. 15.05.2013 - 2 A 3009/11 - juris).

38

Solche (Ausnahme-) Umstände sind - wie bereits erörtert - hier jedoch nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat auch nicht in diesem hinreichend vorgetragen, dass er durch die Anordnung und Ausführung der Stellplätze hinsichtlich der von dem Fahrzeugverkehr ausgehenden Immissionen über das zumutbare Maß hinaus belastet wird. Eine erhebliche Verschlechterung der Gesamtbelastung durch die Zunahme des Anwohner- und Besucherverkehrs in dem relevanten Bereich des Wohngebietes ist für die Kammer nicht ersichtlich.

39

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeit für erstattungsfähig erklärt worden, weil er einen eigenen Sachantrag gestellt hat und damit auch das Risiko einer Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist. Der Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen vom 18.12.2014, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen, ist im Zusammenhang mit seinem Schriftsatz vom 17.12.2014, mit dem er eine Verletzung von Nachbarrechten des Antragstellers abstreitet, insgesamt als Antrag auf Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auszulegen und umfasst auch die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung.

40

III. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 S. 2, 63 Abs. 2 GKG. Der Streitwert von 15.000,-- € für das Hauptsacheverfahren (15.000,-- € bei einer Nachbarklage, mit der die Beeinträchtigung eines Einfamilienhauses geltend gemacht wird) ist für das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

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(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Läden und nicht störende Handwerksbe

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 14.11.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen ein Bauvorhaben des benachbarten Beigeladenen zur Errichtung eines Wohnhauses mit sieben Wohneinheiten. Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 61 der Gemeinde M.; der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 22.08.2012 die Genehmigungsfreistellung festgestellt.

2

Den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem Beigeladenen die Errichtung des Wohnhauses sofort vollziehbar zu untersagen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14.11.2012 abgelehnt. Das Bauwerk halte - so die Begründung - die Vorgaben des Bebauungsplans zur zulässigen Grundfläche und Geschosszahl ein und sei im Hinblick auf die Abstandsflächen, die Ausmaße, die Einsichtsmöglichkeiten von den Dachterrassen aus und die Stellplätze auch nicht rücksichtslos.

3

Zur Begründung ihrer dagegen erhobene Beschwerde beziehen sich die Antragsteller auf einen „grenzüberschreitenden Gebietserhaltungsanspruch“. Das Bauvorhaben überschreite die zulässige Grundfläche. Da der Bebauungsplan zu Staffelgeschossen keine Aussage enthalte, dürften keine Staffelgeschosse errichtet werden; solche Geschosse seien auch dann gegeben, wenn sie - wie hier - vergleichbare Auswirkungen wie Vollgeschosse hätten. Das Bauvorhaben sei seinem Volumen nach doppelt so groß wie die Nachbarbebauung. Es sei rücksichtslos, denn es zerstöre mit sieben Wohneinheiten in einem Einfamilienhaus-Gebiet und einer Firsthöhe von mehr als 11 m die Gleichartigkeit der Bebauung und führe zu einer verstärkten Verkehrsbelastung.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.11.2012 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung - fristgerecht - dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1) Einen Gebietserhaltungsanspruch können die Antragsteller dem Nachbarbau nicht entgegensetzen. Die Festsetzung von Baugebieten in einem Bebauungsplan hat nur zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet nachbarschützende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat die dazu vorliegende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zutreffend zusammengefasst (S. 3-4 des Beschl.-Abdr.; vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007, 4 B 55.07, NVwZ 2008, 437 m. w. N.) und festgestellt, dass das Vorhaben des Beigeladenen in einem anderen „Gebiet“ (im 2. Teilbereich des Bebauungsplans Nr. 61) liegt als das Grundstück der Antragsteller (im 1. Teilbereich des Bebauungsplans Nr. 61). Selbst wenn man - mit der Beschwerde - wegen der „kleinteiligen“ Aufteilung der Teilbereiche im Baugebiet und der miteinander „verwobenen“ Grundstücke von einem Plangebiet („Schicksalsgemeinschaft“) ausgehen wollte, wäre der Gebietserhaltungsanspruch nicht verletzt, denn der Beigeladene verwirklicht ein seiner Art nach gebietsverträgliches Wohnbauvorhaben. Der Umstand, dass dieses Vorhaben nach seinem Maß größer ausfällt, als es auf den Grundstücken im (benachbarten) 1. Teilbereich des Bebauungsplans bisher der Fall ist, begründet keinen Gebietserhaltungsanspruch. In einem beplanten Gebiet darf das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich vollständig ausgenutzt werden. Einen Gebietserhaltungsanspruch in dem Sinne, dass die festgesetzte überbaubare Fläche („Baufenster“) oder das im Bebauungsplan ausgewiesene Maß der baulichen Nutzung Grundstücks - etwa aus Gründen einer „Angleichung“ an vorhandene Bebauung - nicht ausgeschöpft werden darf, gibt es nicht.

6

2) Ob das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung durch das Vorhaben des Beigeladenen (exakt) eingehalten oder - wie die Antragsteller meinen - überschritten wird, bedarf keiner Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat bereits - zu Recht - darauf hingewiesen, dass die das Maß der baulichen Nutzung betreffenden Vorschriften in der Regel keinen Nachbarschutz vermitteln, weil sie den Gebietscharakter unberührt lassen. Sie begründen im Unterschied zu Festsetzungen zur Art der zulässigen Nutzungen kein nachbarliches Austauschverhältnis (BVerwG, Beschl. v. 23.06.1995, 4 B 52.95, NVwZ 1996, 170). Läge eine Maßüberschreitung vor, würde damit objektives Baurecht verletzt, was nicht zugleich eine subjektive Verletzung in nachbarschützenden Rechten der Antragsteller bewirken würde.

7

Ansatzpunkte für eine Maßüberschreitung liegen i. ü. nicht vor. Die Grundflächenberechnung, wie sie den Bauvorlagen beigefügt ist (Bl. 27 der Beiakte A) und wie sie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss (S. 4-5 d. Abdr.) nachvollzogen hat, ist richtig. Die in der Beschwerdebegründung (S. 4) mit 13 m² angenommene Fläche eines Vorbaus ist aus den Bauvorlagen nicht zu entnehmen. Möglicherweise wollen die Antragsteller damit den Eingangsbereich ansprechen, der mit 6 m² Fläche bereits zutreffend berücksichtigt worden ist. Eine Fläche von (gut) 13 m² ergäbe sich insoweit, wenn man den dafür vorgesehenen Dachüberstand von 0,80 m in die Flächenberechnung einbezöge. Das fordert § 19 Abs. 4 BauNVO indes nicht; Dachüberstände sind bei der Berechnung der Grundfläche nicht mitzurechnen (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 18.04.2012, 3 L 3/08, Juris [Rn. 67]). Anzumerken bleibt, dass die „Versiegelung“ durch das unter dem Dachüberstand liegende Podest zu einer GRZ-Überschreitung von allenfalls 0,0053 führen würde ([290 m² + 13 m² + 57 m² =] 360 m² ./. 1.179 m² = 0,3053).

8

3) Die - im Beschwerdeverfahren wiederholten - Einwände der Antragsteller gegen die Errichtung der Staffelgeschosse hat das Verwaltungsgericht zu Recht zurückgewiesen. Sie betreffen - erneut - das Maß der baulichen Nutzung (s. o. 2). Abgesehen davon ist die Ansicht der Antragsteller, Staffelgeschosse seien „mangels bauplanungsrechtlicher Vorgaben“ im Bebauungsplan unzulässig, unzutreffend. Der Bebauungsplan enthält Festsetzungen und damit Begrenzungen zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse (§ 16 Abs. 2 Nr. 3, § 20 Abs. 1 BauNVO); Staffelgeschosse, die nach landesrechtlicher Regelung keine Vollgeschosse sind, sind danach ohne Begrenzung ihrer Zahl zulässig. Nach § 2 Abs. 7 Satz 2 LBO 2009 ist insoweit maßgeblich, ob ein Staffelgeschoss weniger als drei Viertel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses aufweist. Das ist - wie in den Bauvorlagen nachgewiesen worden ist (Bl. 26 der Beiakte A) - der Fall.

9

Die Annahme, Staffelgeschosse hätten zu ihrer planungsrechtlichen Zulässigkeit einer (ausdrücklichen) „Ausweisung“ im Bebauungsplan bedurft, findet im Gesetz keine Grundlage. Der Plangeber kann eine Begrenzung von Staffelgeschossen nur mittelbar erreichen, wenn er im Bebauungsplan - etwa - die maximal zulässige Höhe der baulichen Anlagen festsetzt (§ 16 Abs. 4 S. 2 BauNVO; vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Komm. [Stand Sept. 2012], § 16 BauNVO Rn. 39). Solche Festsetzungen finden sich im hier maßgeblichen Bebauungsplan nicht. Daraus folgt, dass Staffelgeschosse bei Einhaltung der Anforderungen des § 2 Abs. 7 Satz 2 LBO 2009 als „Nicht-Vollgeschosse“ zulässig sind. Der Hinweis der Antragsteller darauf, dass Staffelgeschosse und die mit „Balustraden“ versehenen Balkone eine „gleiche Wirkung wie Vollgeschosse“ haben (S. 5 der Beschwerdebegründung), ist für deren planungsrechtliche Zulässigkeit unergiebig.

10

4) Das Verwaltungsgericht hat - schließlich - auch eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens des Beigeladenen gegenüber den Antragstellern zu Recht verneint (S. 7-8 des Beschl.-Abdr.). Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug.

11

Die Antragsteller mögen das Bauvorhaben des Beigeladenen als eine Zerstörung der „Gleichartigkeit der Bebauung des Baugebietes“ empfinden, doch folgt weder daraus noch aus dem „Volumen“ des vorgesehenen Mehrfamilienhauses eine Rücksichtslosigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 BauNVO. Das „Volumen“ und die Firsthöhe des Bauvorhabens sind bei 11 m Grenzabstand so weit vom Grundstück der Antragsteller abgerückt, dass von einer „bedrängenden“ oder sonstwie unzumutbaren Wirkung keine Rede sein kann. Die Antragsteller können auch unter dem Aspekt des Rücksichtnahmegebots weder eine Fortführung der bisher vorhandenen Einfamilienhausbebauung noch eine unterwertige bauliche Ausnutzung ihres Nachbargrundstücks beanspruchen.

12

5) Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil er im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt hat.

13

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

14

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 6, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer - vom 05. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,-- Euro

festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat den auf Suspendierung der Baugenehmigung vom 21. Oktober 2011 gerichteten Antrag der Antragstellerin zu Recht abgelehnt. Jedenfalls rechtfertigen von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Der der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO zu Grunde gelegte Maßstab ist richtig. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht insbesondere davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber dem Bauverwirklichungsinteresse grundsätzlich den Vorrang eingeräumt hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die rechtspolitischen Gesichtspunkte, die § 212a Abs. 1 BauGB und den dieser Vorschrift vorausgehenden Regelungen (vgl. Kalb/Külpmann, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Kommentar, Band 4, Loseblatt, Stand 1. September 2011, § 212a Rn. 5 ff) zu Grunde lagen, heute noch in vollem Umfang zutreffen. Entscheidend ist allein, dass der Gesetzgeber auch heute noch Widerspruch und Klage gegen eine bauaufsichtliche Zulassung keine aufschiebende Wirkung beimisst und damit eine von dem allgemeinen Grundsatz (§ 80 Abs. 1 VwGO) abweichende Regelung trifft.

3

Das Verwaltungsgericht ist auch mit überzeugender Begründung zu der Auffassung gelangt, dass die Antragstellerin durch die angefochtene Baugenehmigung nicht in ihren Rechten verletzt wird. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin brauchte das Verwaltungsgericht nicht umfänglich zu prüfen, ob das Vorhaben der Beigeladenen sich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. § 34 Abs. 1 BauGB ist nämlich nicht stets und generell drittschützend (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.6.1969 – 4 C 234.65 – BVerwGE 32, 173; vergl. hierzu im Einzelnen mit weiteren Nachweisen Söfker, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, aaO § 34 Rn. 141). Drittschutz kommt § 34 Abs. 1 BauGB nur dann zu, wenn das in dieser Vorschrift verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das Bestandteil des Einfügensgebots ist, verletzt wird (ständige Rechtsprechung seit Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.2.1977 – 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122; vergl. hierzu im Einzelnen mit weiteren Nachweisen Söfker, aaO Rn. 48). Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zutreffend geprüft, ob das Grundstück der Antragstellerin durch das Vorhaben und seine Nutzung, insbesondere die Beschränkung der Aussicht von ihrem Gebäude und die Einsichtsmöglichkeiten auf ihr Grundstück, in rücksichtsloser Weise beeinträchtigt wird. Dies hat das Verwaltungsgericht mit ausführlicher und auch aus Sicht des Senats zutreffender Begründung verneint. Die dagegen gerichtete Kritik der Antragstellerin, die lediglich die Wertung des Verwaltungsgerichts beanstandet, teilt der Senat nicht. Die Bedenken der Antragstellerin, die sich gegen die Zulassung von fünf Wohnungen richten, sind rechtlich unerheblich. Für die Beurteilung des Einfügens nach § 34 Abs. 1 Abs. 1 BauGB, an das die Prüfung des Rücksichtnahmegebots allein anknüpft, kommt es nämlich nur auf Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, an. Wie viele Wohnungen zugelassen werden, ist nach § 34 Abs. 1 zu 1 BauGB unerheblich.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

5

Der Senat hält es für billig, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 2 VwGO), denn sie hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO).

6

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten Vorbescheid für eine grenzständige Bebauung.

2

Kläger und Beigeladener sind Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in K.... Diese sind mit einem Doppelwohnhaus mit jeweils zwei Geschossen und einem Dachgeschoss bebaut. Das Gebäude verfügt über ein Satteldach mit einer Firsthöhe von 11,60 m. Die Haushälften stehen mit vier bzw. sechs Metern Abstand zur festgesetzten Baufluchtlinie. Die Haushälfte des Beigeladenen wurde 1954, die des Klägers 1971 errichtet. Die übrige Bebauung der Straße besteht auf der einen Straßenseite - abgesehen von einem freistehenden zweigeschossigen Wohngebäude - aus zwei- oder mehrgeschossigen Häusern, Doppelhäusern oder Hausgruppen, auf der anderen Straßenseite herrscht eine zwei- bis dreigeschossige Bebauung mit Doppelhäusern oder Hausgruppen vor. Außer einem Fluchtlinienplan fehlen bauplanerische Festsetzungen.

3

Der Beigeladene beabsichtigt auf seinem Grundstück die Errichtung eines 15 m hohen viergeschossigen Wohn- und Geschäftshauses mit zusätzlichem Staffelgeschoss und Flachdach. Es soll anstelle der bestehenden Haushälfte ohne Einhaltung von Grenzabständen und unter Ausnutzung der Baufluchtlinie errichtet werden. Für das Vorhaben erteilte das Bauaufsichtsamt der Beklagten den streitgegenständlichen planungsrechtlichen Vorbescheid.

4

Das Verwaltungsgericht wies die gegen den Vorbescheid erhobene Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den streitgegenständlichen Vorbescheid aufgehoben. Der Vorbescheid sei rechtswidrig, weil das geplante Vorhaben mit § 34 Abs. 1 BauGB unvereinbar sei. Es füge sich nach seiner Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, die in offener Bauweise gebaut sei. Das Vorhaben des Beigeladenen beseitige das bestehende Doppelhaus, ohne ein neues Doppelhaus zu schaffen. Die beiden Haushälften würden vielmehr bei Realisierung des Vorhabens den Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper erwecken. Auf diesen Verstoß gegen § 34 Abs. 1 BauGB könne sich der Kläger berufen. Denn mit der Doppelhausbebauung gingen die Grundstückseigentümer ein nachbarliches Austauschverhältnis ein, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden dürfe.

5

Mit seiner vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Beigeladene geltend, die Rechtsprechung zur nachbarschützenden Wirkung von Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <362 f.>) könne auf den unbeplanten Innenbereich nicht übertragen werden. Die maßgeblichen Fälle seien über das Gebot der Rücksichtnahme nach § 34 Abs. 1 BauGB zu lösen. Danach sei die Klage abzuweisen. Auf den Kläger sei umso weniger Rücksicht zu nehmen, als dieser sein Grundstück baulich nicht vollständig ausnutze.

6

Die Beklagte schließt sich dem Standpunkt des Beigeladenen an.

7

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der streitgegenständliche Vorbescheid ist rechtswidrig (1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

9

1. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass sich das Vorhaben des Beigeladenen entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

10

a) Das Vorhaben des Beigeladenen ist hinsichtlich seiner Bauweise planungsrechtlich an § 34 Abs. 1 BauGB zu messen, da es insoweit an bauplanerischen Festsetzungen fehlt und das Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegt. Maßstabsbildend im Sinne dieser Vorschrift ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr, Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48). Das Oberverwaltungsgericht hat als nähere Umgebung die beiden Seiten der R...straße in den Blick genommen (UA S. 9), die Beteiligten haben hiergegen Einwände nicht erhoben.

11

b) In dieser Umgebung befindet sich nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts eine Bebauung mit Doppelhäusern, Hausgruppen und wenigen Einzelhäusern, die das Oberverwaltungsgericht als offene Bauweise bezeichnet.

12

Mit diesen Bezeichnungen greift das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler auf Begriffe der Baunutzungsverordnung zurück. Denn deren Vorschriften können im unbeplanten Innenbereich als Auslegungshilfe herangezogen werden (Beschluss vom 27. Juli 2011 - BVerwG 4 B 4.11 - BRS 78 Nr. 102 Rn. 4; Urteile vom 23. März 1994 - BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278> = Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 168 S. 9 und vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 30). Sie enthalten definitorische Grundsätze, was etwa die Begriffe der offenen oder geschlossenen Bauweise meinen (Beschlüsse vom 7. Juli 1994 - BVerwG 4 B 131.94 - juris Rn. 3 und vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166 S. 6). Aus diesem Grund konnte das Oberverwaltungsgericht auch auf den Begriff des Doppelhauses der Baunutzungsverordnung zurückgreifen, als es die Eigenart der Umgebungsbebauung, die bestehende Bebauung auf den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen und das streitgegenständliche Vorhaben gewürdigt hat.

13

Im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist ein Doppelhaus eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - a.a.O. S. 357 ff. = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 3 ff.; Beschluss vom 23. April 2013 - BVerwG 4 B 17.13 - BauR 2013, 1427 Rn. 5). Diese Begriffsbestimmung bezeichnet den Begriff des Doppelhauses im Sinne bauplanungsrechtlicher Vorschriften (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - ZfBR 2012, 478, juris Rn. 9), also auch für den unbeplanten Innenbereich.

14

Die knappen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Umgebungsbebauung bieten keinen Anlass für die Annahme, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Feststellung von Doppelhäusern in der näheren Umgebung einen hiervon abweichenden Begriff des Doppelhauses zugrunde gelegt. Nach den Urteilsgründen handelt es sich bei dem gegenwärtigen Gebäude des Klägers und des Beigeladenen "auch" um ein Doppelhaus (UA S. 9). Diese Formulierung setzt einen einheitlichen Begriffsinhalt voraus. Damit steht fest, dass sich in der näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks nur solche einseitig grenzständigen Haushälften befinden, die das begrifflich geforderte Mindestmaß an Übereinstimmung aufweisen und deshalb Doppelhäuser im Sinne des Senatsurteils vom 24. Februar 2000 (a.a.O.) sind. Diese mit Revisionsrügen nicht angegriffene Feststellung bindet den Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO), insbesondere ist sie nicht zweifelsfrei aktenwidrig (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 70).

15

c) Damit prägen solche Gebäude die nähere Umgebung, die bei bauplanerischer Festsetzung einer offenen Bauweise zulässig sind (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO). Dennoch bestimmt sich die Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen hinsichtlich der Bauweise nicht nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Die Vorschrift richtet sich an die planende Gemeinde (vgl. Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 <154> = Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 118 S. 97). Anders als § 34 Abs. 2 BauGB für die Art der baulichen Nutzung verweist § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Einfügens nach der Bauweise selbst dann nicht auf den Maßstab der Baunutzungsverordnung, wenn die nähere Umgebung der dort definierten offenen oder geschlossenen Bauweise entspricht. Den rechtlichen Maßstab bestimmt vielmehr § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wonach sich das Vorhaben des Beigeladenen nach seiner Bauweise in die nähere Umgebung einfügen muss.

16

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts beseitigt das Vorhaben des Beigeladenen das bestehende Doppelhaus, führt aber nicht zur Entstehung eines neuen Doppelhauses. Es stützt sich für diese Würdigung auf quantitative Abweichungen, die zwei zusätzlichen Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss, die unterschiedliche Höhe der Gebäudehälften und die Erweiterung im viergeschossigen Bereich sowie die zusätzliche Erweiterung im zweigeschossigen Bereich. Hinzu träten qualitative Gesichtspunkte, insbesondere die unterschiedlichen Dachformen (Satteldach auf der einen, Flachdach auf der anderen Seite). Diese Würdigung verstößt nicht gegen Bundesrecht. Zwar mahnt das Urteil vom 24. Februar 2000, den Begriff des Doppelhauses nicht bauordnungsrechtlich zu überladen. In dem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteilt sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude noch ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Stadtbildes verfolgt wird (BVerwGE 110, 355 <361> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 6). Dennoch hängt die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus nicht allein davon ab, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. Es kann daher das Vorliegen eines Doppelhauses mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (Beschluss vom 10. April 2012 - BVerwG 4 B 42.11 - a.a.O. Rn. 12). Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, bei Verwirklichung des Vorhabens des Beigeladenen entstände der Eindruck disproportionaler, zufällig in grenzständiger Weise nebeneinander gestellter Baukörper, wahrt diesen bundesrechtlichen Maßstab.

17

d) Das Vorhaben des Beigeladenen fügt sich damit in den Rahmen der Umgebungsbebauung nicht ein. Denn seine Verwirklichung führt nicht zu einem Doppelhaus, sondern zu einer einseitig grenzständigen Bebauung, für die es in der Umgebung an Vorbildern fehlt. Das Oberverwaltungsgericht hat auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass das Vorhaben geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen (Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 53 und vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 7). Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (Urteil vom 16. September 2010 - BVerwG 4 C 7.10 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 212 Rn. 23). Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O.), die ein Bedürfnis nach planerischer Gestaltung auslösen kann (vgl. § 22 Abs. 4 BauNVO).

18

2. Das Oberverwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht angenommen, dass dieser Rechtsverstoß Rechte des Klägers verletzt. Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt (Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Juni 2013, § 22 BauNVO Rn. 50; Upmeier, Mampel, BRS-Info 4/2012, S. 19; Aschke, in: Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB, 3. Aufl. 2013, § 22 BauNVO Rn. 16; Wolf, Drittschutz im Bauplanungsrecht, Band 11, 2012, S. 175 f.).

19

a) Ein Drittschutz kann weder direkt noch analog aus § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hergeleitet werden. Die Vorschrift entfaltet selbst im beplanten Bereich keinen Nachbarschutz. Nachbarschutz vermittelt hier vielmehr die planerische Festsetzung (Urteil vom 24. Februar 2000 a.a.O. S. 362 = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 7), an der es im unbeplanten Bereich fehlt.

20

b) Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Drittschutz folgt vielmehr aus dem Gebot der Rücksichtnahme.

21

Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn eine angefochtene Baugenehmigung oder ein planungsrechtlicher Vorbescheid gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt (stRspr, Beschluss vom 13. November 1997 - BVerwG 4 B 195.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 189 S. 59; Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 4 C 34.85 - Buchholz 406.11 § 34 BBauGB Nr. 114 S. 64). Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme setzt dabei einen Verstoß gegen das objektive Recht voraus (Urteil vom 26. September 1991 - BVerwG 4 C 5.87 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 103 S. 76 ). Er kann vorliegen, wenn ein Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385 f.> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 52). Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann auch vorliegen, wenn sich ein Vorhaben objektiv-rechtlich nach seinem Maß der baulichen Nutzung, seiner Bauweise oder seiner überbauten Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (Beschluss vom 11. Januar 1999 - BVerwG 4 B 128.98 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 S. 3). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (Urteil vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 44 S. 99). Es kommt darauf an, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet (Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 71 S. 56).

22

Dies ist hier der Fall: Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein. Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, "erkauft" (Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - BVerwGE 110, 355 <359> = Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 7 S. 4). Diese Interessenlage rechtfertigt es, dem Bauherrn eine Rücksichtnahmeverpflichtung aufzuerlegen, die eine grenzständige Bebauung ausschließt, wenn er den bisher durch das Doppelhaus gezogenen Rahmen überschreitet. Sie ist im beplanten und unbeplanten Bereich identisch. Dass die Rücksichtnahmepflichten im beplanten Gebiet auf einer planerischen Konzeption beruhen, führt auf keinen Unterschied. Denn im Fall des § 34 Abs. 1 BauGB ergeben sich die Beschränkungen der Baufreiheit regelmäßig aus der Umgebungsbebauung und nicht aus einer planerischen Konzeption.

23

Sachgesetzlichkeiten (Beschluss vom 19. Oktober 1995 - BVerwG 4 B 215.95 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 131 S. 12) fordern keine unterschiedliche Behandlung. Dass der Zulässigkeitsmaßstab bei § 34 Abs. 1 BauGB stets weniger scharf ist, lässt sich nicht sagen. Allerdings ist einzuräumen, dass den Nachbarn größere Hinnahmepflichten treffen, wenn die maßgebliche Umgebungsbebauung eine größere Wahlfreiheit als eine planerische Festsetzung eröffnet (vgl. Beschluss vom 11. März 1994 - BVerwG 4 B 53.94 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 166). So liegt es hier nicht, weil die Umgebungsbebauung nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts einen vergleichsweise engen Rahmen setzt. Anders als bei Festsetzungen nach den §§ 16 ff. BauNVO und § 23 BauNVO (vgl. Beschluss vom 19. Oktober 1995 a.a.O. S. 13) hängt es im Übrigen auch im beplanten Gebiet nicht vom Willen der Gemeinde ab, ob Festsetzungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO hinsichtlich der Nachbarn von Doppelhäusern dem Schutz des Nachbarn dienen. Schließlich kann für die "Doppelhaus"-Fälle eine so einheitliche Interessenlage angenommen werden, dass es jedenfalls grundsätzlich einer Betrachtung der konkreten Situation nicht bedarf. Dass hier ausnahmsweise etwas Anderes gelten könnte, ist nicht ersichtlich. Namentlich reicht der Hinweis des Beigeladenen nicht aus, dass die bestehenden Haushälften die Bebauungsmöglichkeiten derzeit nicht vollständig ausnutzen. Dies betrifft das Maß der baulichen Nutzung, berührt aber das nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu erfüllende Erfordernis eines Einfügens nach der Bauweise nicht.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 21. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen, die ihr Gebäude in der … umbauen und rückwärtig mit einem Anbau erweitern wollen. Gegen die am 09.12.2009 erteilte, den Antragstellern Ende Januar 2010 bekannt gegebene Baugenehmigung haben diese am 24.02.2010 Widerspruch eingelegt. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21.06.2010 i. w. mit der Begründung abgelehnt, die nachbarlichen Baumaßnahmen kämen nicht – wie die Antragsteller annähmen – einer Neuerrichtung gleich. Der Anbau halte die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO gebotene Abstandsfläche ein. Auch das Rücksichtnahmegebot werde nicht verletzt; die vom Anbau ausgehende "Zusatzbelastung" in Bezug auf eine weitere Verschattung sei noch zumutbar. Eine "erdrückende" Wirkung liege nicht vor und die Nutzung der Dachterrasse führe nicht zu unzumutbaren Störungen.

2

Gegen den am 22.06.2010 zugestellten Beschluss wenden die Antragsteller sich mit ihrer am 06.07.2010 eingegangenen Beschwerde. Sie rügen, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass (gerade) der zentrale Ruhe und Erholungsbereich ihres Grundstücks verschattet werde. Der "massive" Anbau sei in der Umgebung ohne Vorbild und wirke rücksichtslos. Im Hinblick auf das geräumige Haus seien ein Anbau in dieser Größenordnung nicht geboten und eine Dachterrasse nicht erforderlich. Die Dachterrasse führe zu neuen Einblickmöglichkeiten. Mit dem Anbau werde – erstmalig – die Hauptnutzung in den hinteren Gartenbereich erweitert. Das Bauvolumen erreiche den Aufwand für einen Neubau.

3

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert. Die Beigeladenen halten die Beschwerde für unbegründet.

4

Außergerichtliche Einigungsbemühungen sind ergebnislos geblieben.

II.

5

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.06.2010 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu Recht abgelehnt.

6

1. Der Senat hält die von den Antragstellern angeregte Ortsbesichtigung (durch den Berichterstatter des Senats) nicht für erforderlich, weil die Lage und Nutzung der Grundstücke und der jahres- und tageszeitlich unterschiedliche Schattenwurf vom Grundstück der Beigeladenen aus anhand der vorliegenden Karten, CAD-Animationen (Anlage AST 6) und der dem Senat vorliegenden, allgemein zugänglichen Informationen zu Sonnenständen (im Internet: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe.) hinreichend sicher feststellbar sind.

7

2. Das Verwaltungsgericht hat die für den nachbarlichen Rechtsschutz der Antragsteller geltenden Maßstäbe zutreffend dargestellt (S. 2 und 4 des Beschl.-Abdr.); der Senat nimmt darauf Bezug.

8

a) Soweit die Antragsteller (auch) im Beschwerdeverfahren daran festhalten, dass wegen eines neubaugleichen Aufwandes kein Bestandsschutz gegeben sei, ist dies unrichtig.

9

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die An- und Umbaumaßnahmen die Identität der baulichen Anlagen nicht in Frage stellen, so dass – insbesondere – die Frage der Abstandsflächenwahrung des Bestandsgebäudes nicht "neu aufgeworfen" wird (vgl. dazu OVG Bautzen, Urt. v. 28.08.2005, 1 B 889/04, BRS 69 Nr. 127; OVG Münster, Beschl. v. 22.10.1997, 7 B 2464/97, Juris). Eine andere Beurteilung ist erst in Betracht zu ziehen, wenn die mit den Um- und Anbauten verbundenen Eingriffe in die Bausubstanz die Statik des gesamten Baus betreffen, wenn der Bauaufwand denjenigen eines Neubaus erreicht oder überschreitet oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder wesentlich erweitert wird (Urt. des Senats v. 22.10.2009, 1 LB 10/09, NordÖR 2010, 244; BVerwG, Beschl. v. 21.03.2001, 4 B 18.01, BRS 64 Nr. 90). Keiner dieser Fälle liegt vor; dies hat die Antragsgegnerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 2-3) überzeugend begründet: Weder das äußere Erscheinungsbild der "Stadtvilla" noch deren Statik werden verändert. Zur Statik ist nur ein Durchbruch vom Schlafzimmer zum Anbau überprüft worden (Beiakte B). Auch wenn die Baukosten den von den Beigeladenen "eingeräumten" Betrag von 120.000,-- Euro übersteigen sollten, sind greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Gesamtkosten der Maßnahme diejenigen eines Neubaus (auch nur annähernd) erreichen würden, weder dargelegt worden noch (angesichts der Preise für entsprechende Objekte [ohne Grundstück] in …) ersichtlich. Das "Maß" der Erweiterung durch den Anbau ist auch nicht als "wesentlich" in dem Sinne einzuordnen, dass dadurch eine qualitative Veränderung der bisherigen Bebauung bewirkt würde. Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen: Der auf ca. 75 qm Grundfläche geplante Anbau bleibt hinter dem Altbestand mit gut 160 qm Grundfläche, zwei Vollgeschossen und Dachgeschoss deutlich zurück.

10

b) Die Annahme der Antragsteller, die Baumaßnahme – insbesondere der Anbau – sei in der Umgebung ohne Vorbild, wäre für die nach § 34 Abs. 1 BauGB vorzunehmende planungsrechtliche Beurteilung relevant. Das "Einfügensgebot" gem. § 34 Abs. 1 BauGB hat für ein Vorhaben, das innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens bleibt, nur dann eine nachbarschützende Bedeutung, wenn die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung ausbleibt. Dem Rücksichtnahmegebot kommt insoweit im nachbarlichen Verhältnis zweier Grundstücke eine Korrekturfunktion im Sinne eines Ausgleichs schutzwürdiger - gegenläufiger – Interessen zu (vgl. Urt. des Senats v. 04.09.1997, 1 L 139/96, BRS 59 Nr. 174 m. w. N.; BVerwG, Urt. v. 13.06.1969, 4 C 234.65, BVerwGE 32, 173).

11

Das Bauvorhaben der Beigeladenen fügt sich, wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 4-5) und das Verwaltungsgericht (S. 4 u. des Beschl.-Abdr.) zutreffend ausgeführt haben, in den Rahmen der näheren Umgebung ein. Das gilt insbesondere für die mit dem Anbau verwirklichte "Tiefe" der Bebauung. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter dem Aspekt mangelnder Einfügung ist damit nicht gegeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, 4 B 128.98, NVwZ 1999, 879).

12

Die Frage, ob ein Anbau bzw. die Nutzung der Dachterrasse "geboten" oder "erforderlich" sind, ist für die Prüfung des im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zu beachtenden Rücksichtnahmegebots schon im Ansatz unerheblich. Das "Ob" und "Wie" des Bauens liegt in der Bestimmung der Bauherren und der baurechtlichen Vorgaben. Es mag sein, dass die Beigeladenen auf den Anbau (ganz) hätten verzichten, diesen kleiner oder mit geringerer Deckenhöhe ausführen oder die östliche Seitenwand des Anbaus gegenüber der "Flucht" des Altbaus hätten zurückspringen lassen können. Diese Möglichkeiten sind der privatautonomen Entscheidung der beigeladenen Bauherren zugewiesen. Die baurechtliche Prüfung ist an das beantragte Vorhaben gebunden. Die – in den Schriftsätzen der Antragsteller vom 22.07., der Beigeladenen vom 10.08. und im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochenen – baulichen Reduzierungen sind lediglich als Vergleichsmöglichkeiten erörtert worden. Der Nachbar kann eine Baugenehmigung schon vom Ansatz her rechtlich nicht durch den Hinweis auf eine seines Erachtens "bessere" Alternative zu Fall bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.6.1997, 4 B 97.97, BRS 59 Nr. 176). Der Nachbarrechtsschutz der Antragsteller beschränkt sich somit auf die Frage, ob das Bauvorhaben so, wie es beantragt und genehmigt worden ist, ihre – konkrete – Rechtsposition verletzt. Das ist nicht der Fall.

13

c) Eine rücksichtslose – und damit nachbarrechtsverletzende – Bebauung ist auch im Hinblick auf die Abstandsflächen und die Nutzung der Dachterrasse nicht gegeben.

14

Der Anbau der Antragsteller wahrt die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO 2009 gebotene Abstandsfläche. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme scheidet damit – im Regelfall – aus (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314; BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, a.a.O., []bei Juris Tn. 4]).

15

d) Unter besonderen Umständen kann eine bauliche Nutzung – ausnahmsweise - auch dann rücksichtslos sein, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen gewahrt sind. Dies kommt in Betracht bei "bedrängenden" oder (gar) "erdrückenden" Wirkungen einer baulichen Anlage (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.01.2007, 1 ME 80/07, BRS 71 Nr. 88) oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen. Im vorliegenden Fall besteht dafür weder im Hinblick auf den – von den Antragstellern so empfundenen - "massiven" Anbau (unten aa) noch auf die zusätzlichen Einblickmöglichkeiten von der Dachterrasse aus (unten bb) ein durchgreifender Ansatzpunkt; das Gleiche gilt für die von den Antragstellern angeführten Verschattungswirkungen des Anbaus (unten cc).

16

aa) Von einer "erdrückenden" oder "abriegelnden" Wirkung, die bei nach Höhe und Volumen "übergroßen" Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981, 4 C 1.78, DVBl. 1981, 928), ist der eingeschossige Anbau der Beigeladenen weit entfernt.

17

bb) Die durch die Dachterrasse eröffnete "Rundumsicht", die entstehenden neuen Einblickmöglichkeiten sowie evtl. von dort ausgehende Geräusche sind grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn die Beigeladenen aus dem Fenster sehen oder wenn sie einen Balkon anbauen und nutzen würden (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 12.10.2010, 1 B 149/10, Juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 16.10.2009, 1 LA 42/09, Juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 22.06.2006, 2 L 910/03, Juris, BauR 2006, 1943 [Ls.; bei Juris Tn. 38]). Ausnahmen kommen nur in stark verdichteten Bebauungssituationen in Betracht (vgl. OVG Münster, Urt. v. 22.08.2005, 10 A 3611/03, BRS 69 Nr. 91: Reihenhauszeile), die hier nicht vorliegen. Anders als in solchen Konstellationen können sich die Antragsteller auch durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

18

cc) Was die Verschattungswirkung des Anbaus anbetrifft, stehen diese in einem Zusammenhang mit den verkürzten Abstandsflächen, die durch die am 01. Mai 2009 in Kraft getretene neue Landesbauordnung (§ 6 Abs. 5 LBO) eingeführt worden sind.

19

Der neu bestimmte "bauordnungsrechtlich vertretbare Mindeststandard" (vgl. Niere, NordÖR 2009, 273 ff./275) dient auch dem Ziel einer ausreichenden "Ausleuchtung der Aufenthaltsräume mit Tageslicht" (Landtags-Drs. 16/1675, S. 146, 147). Die Mindestzufuhr von Licht, Luft und Sonne ist damit auch in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot definiert worden; mehr kann der Nachbar im Regelfall nicht verlangen (vgl. – in diesem Sinne – ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.10.2009, 10 S 26.09, Juris [Tz. 16-17], OVG Hamburg, Beschl. v. 26.09.2007, 2 Bs 188/07, NordÖR 2008, 73 ff.). Liegen keine Besonderheiten (s. o.) vor, bleibt die Einhaltung der Abstandsfläche für die Wahrung des Gebots der Rücksichtnahme maßgeblich (OVG Münster, Beschl. v. 09.02.2009, 10 B 1713/08, NVwZ-RR 2009, 459).

20

Ausgehend davon können die von dem Anbau ausgehenden Verschattungswirkungen nicht als rücksichtslos eingestuft werden. Das Rücksichtnahmegebot vermittelt keinen Anspruch auf die unveränderte Beibehaltung der einmal gegebenen Besonnung eines Grundstücks oder darauf, dass eine Nachbarbebauung Verschattungswirkungen in einem größeren Umfang zu vermeiden oder zu minimieren hat, als es das Abstandsflächenrecht fordert (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314 ff.). Die im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochene "spürbare Entlastung der Verschattung" durch eine "weitere Absenkung des Anbaus" und eine "Erhöhung des Abstandes" zur Grundstücksgrenze der Antragsteller kann über das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht eingefordert werden. Ein Verstoß gegen dieses Gebot erfordert eine qualifizierte Betroffenheit des Nachbarn, die über bloße Lästigkeiten hinausgeht (BVerwG, Urt. v. 06.10.1989, BRS 49 Nr. 188 [bei Juris Tn. 20]). Das ist vorliegend nicht festzustellen.

21

Der (künftig) entstehende Schattenwurf betrifft vor allem die Nordwestecke des Gartens der Antragsteller. Dieser Grundstücksbereich ist, wie im Internet veröffentlichte Luftbilder zeigen, schon jetzt durch den Schattenwurf des vorhandenen Altbaus der Beigeladenen (vor-) belastet.

Abbildung

22

Infolge des neu hinzukommenden Anbaus ist in diesem Grundstücksbereich mit zusätzlichem Schattenwurf etwa ab 14.00 Uhr zu rechnen; bis ca. 18.00 Uhr im Hochsommer bzw. ca. 16.00 Uhr im Frühjahr/Herbst werden zwischen 2 m und ca. 14 m dieses Bereichs verschattet. Dies lässt sich aus den Sonnenstandswinkeln (s. dazu die Grafik) und der vorgesehenen Höhe des Anbaus ableiten.

Abbildung

2

23

Quelle: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe . - Eingabe "A-Stadt”

24

Die von den Antragstellern eingereichte CAD-Animation zeigt ähnliche Ergebnisse.

25

Verschattungswirkungen treten – umgekehrt – auch vom Grundstück der Antragsteller aus in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen auf; diese betreffen die (Vormittags-) Zeit ab Sonnenaufgang bis längstens gegen Mittag und erreichen außerhalb des Hochsommers auch den Anbau der Beigeladenen.

26

Diese wechselseitige Verschattung zu gewissen Tages- und Jahreszeiten ist im Rahmen eines innerstädtischen Nachbarschaftsverhältnisses beiderseits hinzunehmen und zumutbar. Verschattungswirkungen dieser Art sind in Innenstadtgebieten nicht vermeidbar; in historisch gewachsenen Baugebieten – wie vorliegend - sind sie von vornherein angelegt. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf einen unveränderten Fortbestand der bisherigen (Besonnungs-)Situation besteht nicht, weil jeder Grundstückseigentümer damit rechnen muss, dass Nachbargrundstücke innerhalb des vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es infolge der Bebauung zu einer zusätzlichen Verschattung von Teilen des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 11.12.1997, Bs II 50/95, Juris [Ls. 7] sowie Beschl. v. 26.04.2000, 2 Bs 116/00, Juris). Das Gleiche gilt für die Verschattungswirkungen der (wachsenden) Grundstücksbepflanzung.

27

Eine qualifizierte, diese Rahmenbedingungen verlassende und das Maß des Zumutbaren überschreitende Betroffenheit der Antragsteller ist auch im Hinblick auf die spezifische Grundstückssituation nicht festzustellen. Ihrem Eckgrundstück haften lagebedingte Nachteile an. Der Umstand, dass das Grundstück als einzigen "straßenabgewandten" Bereich die im Schattenwurf des Altgebäudes und des Anbaus gelegene Fläche aufweist, vermag eine Einschränkung des Baurechts der Beigeladenen nicht zu begründen. Ihr Baurecht ist gegenüber einem Eckgrundstück nicht stärker mit Rücksichtnahmepflichten belastet als gegenüber sog. "Mittelgrundstücken" (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 20.11.2006, 4 TG 2391/06 [Ls. 2], BRS 70 Nr. 168). Für die Antragsteller verbleiben zudem Grundstücksbereiche, die von der Verschattung nicht betroffen sind und die in der – insgesamt – ruhigen Wohnlage auch auf der "straßenzugewandten" Seite des Eckgrundstücks für den Sonnengenuss nutzbar bleiben.

28

e) Weitere Beschwerdegründe haben die Antragsteller nicht dargelegt (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO).

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

30

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.

31

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 21. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen, die ihr Gebäude in der … umbauen und rückwärtig mit einem Anbau erweitern wollen. Gegen die am 09.12.2009 erteilte, den Antragstellern Ende Januar 2010 bekannt gegebene Baugenehmigung haben diese am 24.02.2010 Widerspruch eingelegt. Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21.06.2010 i. w. mit der Begründung abgelehnt, die nachbarlichen Baumaßnahmen kämen nicht – wie die Antragsteller annähmen – einer Neuerrichtung gleich. Der Anbau halte die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO gebotene Abstandsfläche ein. Auch das Rücksichtnahmegebot werde nicht verletzt; die vom Anbau ausgehende "Zusatzbelastung" in Bezug auf eine weitere Verschattung sei noch zumutbar. Eine "erdrückende" Wirkung liege nicht vor und die Nutzung der Dachterrasse führe nicht zu unzumutbaren Störungen.

2

Gegen den am 22.06.2010 zugestellten Beschluss wenden die Antragsteller sich mit ihrer am 06.07.2010 eingegangenen Beschwerde. Sie rügen, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass (gerade) der zentrale Ruhe und Erholungsbereich ihres Grundstücks verschattet werde. Der "massive" Anbau sei in der Umgebung ohne Vorbild und wirke rücksichtslos. Im Hinblick auf das geräumige Haus seien ein Anbau in dieser Größenordnung nicht geboten und eine Dachterrasse nicht erforderlich. Die Dachterrasse führe zu neuen Einblickmöglichkeiten. Mit dem Anbau werde – erstmalig – die Hauptnutzung in den hinteren Gartenbereich erweitert. Das Bauvolumen erreiche den Aufwand für einen Neubau.

3

Die Antragsgegnerin hat sich nicht geäußert. Die Beigeladenen halten die Beschwerde für unbegründet.

4

Außergerichtliche Einigungsbemühungen sind ergebnislos geblieben.

II.

5

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.06.2010 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zu Recht abgelehnt.

6

1. Der Senat hält die von den Antragstellern angeregte Ortsbesichtigung (durch den Berichterstatter des Senats) nicht für erforderlich, weil die Lage und Nutzung der Grundstücke und der jahres- und tageszeitlich unterschiedliche Schattenwurf vom Grundstück der Beigeladenen aus anhand der vorliegenden Karten, CAD-Animationen (Anlage AST 6) und der dem Senat vorliegenden, allgemein zugänglichen Informationen zu Sonnenständen (im Internet: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe.) hinreichend sicher feststellbar sind.

7

2. Das Verwaltungsgericht hat die für den nachbarlichen Rechtsschutz der Antragsteller geltenden Maßstäbe zutreffend dargestellt (S. 2 und 4 des Beschl.-Abdr.); der Senat nimmt darauf Bezug.

8

a) Soweit die Antragsteller (auch) im Beschwerdeverfahren daran festhalten, dass wegen eines neubaugleichen Aufwandes kein Bestandsschutz gegeben sei, ist dies unrichtig.

9

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die An- und Umbaumaßnahmen die Identität der baulichen Anlagen nicht in Frage stellen, so dass – insbesondere – die Frage der Abstandsflächenwahrung des Bestandsgebäudes nicht "neu aufgeworfen" wird (vgl. dazu OVG Bautzen, Urt. v. 28.08.2005, 1 B 889/04, BRS 69 Nr. 127; OVG Münster, Beschl. v. 22.10.1997, 7 B 2464/97, Juris). Eine andere Beurteilung ist erst in Betracht zu ziehen, wenn die mit den Um- und Anbauten verbundenen Eingriffe in die Bausubstanz die Statik des gesamten Baus betreffen, wenn der Bauaufwand denjenigen eines Neubaus erreicht oder überschreitet oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder wesentlich erweitert wird (Urt. des Senats v. 22.10.2009, 1 LB 10/09, NordÖR 2010, 244; BVerwG, Beschl. v. 21.03.2001, 4 B 18.01, BRS 64 Nr. 90). Keiner dieser Fälle liegt vor; dies hat die Antragsgegnerin in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 2-3) überzeugend begründet: Weder das äußere Erscheinungsbild der "Stadtvilla" noch deren Statik werden verändert. Zur Statik ist nur ein Durchbruch vom Schlafzimmer zum Anbau überprüft worden (Beiakte B). Auch wenn die Baukosten den von den Beigeladenen "eingeräumten" Betrag von 120.000,-- Euro übersteigen sollten, sind greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Gesamtkosten der Maßnahme diejenigen eines Neubaus (auch nur annähernd) erreichen würden, weder dargelegt worden noch (angesichts der Preise für entsprechende Objekte [ohne Grundstück] in …) ersichtlich. Das "Maß" der Erweiterung durch den Anbau ist auch nicht als "wesentlich" in dem Sinne einzuordnen, dass dadurch eine qualitative Veränderung der bisherigen Bebauung bewirkt würde. Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen: Der auf ca. 75 qm Grundfläche geplante Anbau bleibt hinter dem Altbestand mit gut 160 qm Grundfläche, zwei Vollgeschossen und Dachgeschoss deutlich zurück.

10

b) Die Annahme der Antragsteller, die Baumaßnahme – insbesondere der Anbau – sei in der Umgebung ohne Vorbild, wäre für die nach § 34 Abs. 1 BauGB vorzunehmende planungsrechtliche Beurteilung relevant. Das "Einfügensgebot" gem. § 34 Abs. 1 BauGB hat für ein Vorhaben, das innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens bleibt, nur dann eine nachbarschützende Bedeutung, wenn die gebotene Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung ausbleibt. Dem Rücksichtnahmegebot kommt insoweit im nachbarlichen Verhältnis zweier Grundstücke eine Korrekturfunktion im Sinne eines Ausgleichs schutzwürdiger - gegenläufiger – Interessen zu (vgl. Urt. des Senats v. 04.09.1997, 1 L 139/96, BRS 59 Nr. 174 m. w. N.; BVerwG, Urt. v. 13.06.1969, 4 C 234.65, BVerwGE 32, 173).

11

Das Bauvorhaben der Beigeladenen fügt sich, wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 01.06.2010 (S. 4-5) und das Verwaltungsgericht (S. 4 u. des Beschl.-Abdr.) zutreffend ausgeführt haben, in den Rahmen der näheren Umgebung ein. Das gilt insbesondere für die mit dem Anbau verwirklichte "Tiefe" der Bebauung. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter dem Aspekt mangelnder Einfügung ist damit nicht gegeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, 4 B 128.98, NVwZ 1999, 879).

12

Die Frage, ob ein Anbau bzw. die Nutzung der Dachterrasse "geboten" oder "erforderlich" sind, ist für die Prüfung des im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zu beachtenden Rücksichtnahmegebots schon im Ansatz unerheblich. Das "Ob" und "Wie" des Bauens liegt in der Bestimmung der Bauherren und der baurechtlichen Vorgaben. Es mag sein, dass die Beigeladenen auf den Anbau (ganz) hätten verzichten, diesen kleiner oder mit geringerer Deckenhöhe ausführen oder die östliche Seitenwand des Anbaus gegenüber der "Flucht" des Altbaus hätten zurückspringen lassen können. Diese Möglichkeiten sind der privatautonomen Entscheidung der beigeladenen Bauherren zugewiesen. Die baurechtliche Prüfung ist an das beantragte Vorhaben gebunden. Die – in den Schriftsätzen der Antragsteller vom 22.07., der Beigeladenen vom 10.08. und im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochenen – baulichen Reduzierungen sind lediglich als Vergleichsmöglichkeiten erörtert worden. Der Nachbar kann eine Baugenehmigung schon vom Ansatz her rechtlich nicht durch den Hinweis auf eine seines Erachtens "bessere" Alternative zu Fall bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.6.1997, 4 B 97.97, BRS 59 Nr. 176). Der Nachbarrechtsschutz der Antragsteller beschränkt sich somit auf die Frage, ob das Bauvorhaben so, wie es beantragt und genehmigt worden ist, ihre – konkrete – Rechtsposition verletzt. Das ist nicht der Fall.

13

c) Eine rücksichtslose – und damit nachbarrechtsverletzende – Bebauung ist auch im Hinblick auf die Abstandsflächen und die Nutzung der Dachterrasse nicht gegeben.

14

Der Anbau der Antragsteller wahrt die nach § 6 Abs. 4 und Abs. 5 LBO 2009 gebotene Abstandsfläche. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme scheidet damit – im Regelfall – aus (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314; BVerwG, Beschl. v. 11.01.1999, a.a.O., []bei Juris Tn. 4]).

15

d) Unter besonderen Umständen kann eine bauliche Nutzung – ausnahmsweise - auch dann rücksichtslos sein, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen gewahrt sind. Dies kommt in Betracht bei "bedrängenden" oder (gar) "erdrückenden" Wirkungen einer baulichen Anlage (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.01.2007, 1 ME 80/07, BRS 71 Nr. 88) oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen. Im vorliegenden Fall besteht dafür weder im Hinblick auf den – von den Antragstellern so empfundenen - "massiven" Anbau (unten aa) noch auf die zusätzlichen Einblickmöglichkeiten von der Dachterrasse aus (unten bb) ein durchgreifender Ansatzpunkt; das Gleiche gilt für die von den Antragstellern angeführten Verschattungswirkungen des Anbaus (unten cc).

16

aa) Von einer "erdrückenden" oder "abriegelnden" Wirkung, die bei nach Höhe und Volumen "übergroßen" Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.1981, 4 C 1.78, DVBl. 1981, 928), ist der eingeschossige Anbau der Beigeladenen weit entfernt.

17

bb) Die durch die Dachterrasse eröffnete "Rundumsicht", die entstehenden neuen Einblickmöglichkeiten sowie evtl. von dort ausgehende Geräusche sind grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn die Beigeladenen aus dem Fenster sehen oder wenn sie einen Balkon anbauen und nutzen würden (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 12.10.2010, 1 B 149/10, Juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 16.10.2009, 1 LA 42/09, Juris; OVG Magdeburg, Urt. v. 22.06.2006, 2 L 910/03, Juris, BauR 2006, 1943 [Ls.; bei Juris Tn. 38]). Ausnahmen kommen nur in stark verdichteten Bebauungssituationen in Betracht (vgl. OVG Münster, Urt. v. 22.08.2005, 10 A 3611/03, BRS 69 Nr. 91: Reihenhauszeile), die hier nicht vorliegen. Anders als in solchen Konstellationen können sich die Antragsteller auch durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

18

cc) Was die Verschattungswirkung des Anbaus anbetrifft, stehen diese in einem Zusammenhang mit den verkürzten Abstandsflächen, die durch die am 01. Mai 2009 in Kraft getretene neue Landesbauordnung (§ 6 Abs. 5 LBO) eingeführt worden sind.

19

Der neu bestimmte "bauordnungsrechtlich vertretbare Mindeststandard" (vgl. Niere, NordÖR 2009, 273 ff./275) dient auch dem Ziel einer ausreichenden "Ausleuchtung der Aufenthaltsräume mit Tageslicht" (Landtags-Drs. 16/1675, S. 146, 147). Die Mindestzufuhr von Licht, Luft und Sonne ist damit auch in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot definiert worden; mehr kann der Nachbar im Regelfall nicht verlangen (vgl. – in diesem Sinne – ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.10.2009, 10 S 26.09, Juris [Tz. 16-17], OVG Hamburg, Beschl. v. 26.09.2007, 2 Bs 188/07, NordÖR 2008, 73 ff.). Liegen keine Besonderheiten (s. o.) vor, bleibt die Einhaltung der Abstandsfläche für die Wahrung des Gebots der Rücksichtnahme maßgeblich (OVG Münster, Beschl. v. 09.02.2009, 10 B 1713/08, NVwZ-RR 2009, 459).

20

Ausgehend davon können die von dem Anbau ausgehenden Verschattungswirkungen nicht als rücksichtslos eingestuft werden. Das Rücksichtnahmegebot vermittelt keinen Anspruch auf die unveränderte Beibehaltung der einmal gegebenen Besonnung eines Grundstücks oder darauf, dass eine Nachbarbebauung Verschattungswirkungen in einem größeren Umfang zu vermeiden oder zu minimieren hat, als es das Abstandsflächenrecht fordert (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314 ff.). Die im Schreiben des Architekten vom 28.10.2010 angesprochene "spürbare Entlastung der Verschattung" durch eine "weitere Absenkung des Anbaus" und eine "Erhöhung des Abstandes" zur Grundstücksgrenze der Antragsteller kann über das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht eingefordert werden. Ein Verstoß gegen dieses Gebot erfordert eine qualifizierte Betroffenheit des Nachbarn, die über bloße Lästigkeiten hinausgeht (BVerwG, Urt. v. 06.10.1989, BRS 49 Nr. 188 [bei Juris Tn. 20]). Das ist vorliegend nicht festzustellen.

21

Der (künftig) entstehende Schattenwurf betrifft vor allem die Nordwestecke des Gartens der Antragsteller. Dieser Grundstücksbereich ist, wie im Internet veröffentlichte Luftbilder zeigen, schon jetzt durch den Schattenwurf des vorhandenen Altbaus der Beigeladenen (vor-) belastet.

Abbildung

22

Infolge des neu hinzukommenden Anbaus ist in diesem Grundstücksbereich mit zusätzlichem Schattenwurf etwa ab 14.00 Uhr zu rechnen; bis ca. 18.00 Uhr im Hochsommer bzw. ca. 16.00 Uhr im Frühjahr/Herbst werden zwischen 2 m und ca. 14 m dieses Bereichs verschattet. Dies lässt sich aus den Sonnenstandswinkeln (s. dazu die Grafik) und der vorgesehenen Höhe des Anbaus ableiten.

Abbildung

2

23

Quelle: http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe . - Eingabe "A-Stadt”

24

Die von den Antragstellern eingereichte CAD-Animation zeigt ähnliche Ergebnisse.

25

Verschattungswirkungen treten – umgekehrt – auch vom Grundstück der Antragsteller aus in Richtung des Grundstücks der Beigeladenen auf; diese betreffen die (Vormittags-) Zeit ab Sonnenaufgang bis längstens gegen Mittag und erreichen außerhalb des Hochsommers auch den Anbau der Beigeladenen.

26

Diese wechselseitige Verschattung zu gewissen Tages- und Jahreszeiten ist im Rahmen eines innerstädtischen Nachbarschaftsverhältnisses beiderseits hinzunehmen und zumutbar. Verschattungswirkungen dieser Art sind in Innenstadtgebieten nicht vermeidbar; in historisch gewachsenen Baugebieten – wie vorliegend - sind sie von vornherein angelegt. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf einen unveränderten Fortbestand der bisherigen (Besonnungs-)Situation besteht nicht, weil jeder Grundstückseigentümer damit rechnen muss, dass Nachbargrundstücke innerhalb des vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es infolge der Bebauung zu einer zusätzlichen Verschattung von Teilen des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 11.12.1997, Bs II 50/95, Juris [Ls. 7] sowie Beschl. v. 26.04.2000, 2 Bs 116/00, Juris). Das Gleiche gilt für die Verschattungswirkungen der (wachsenden) Grundstücksbepflanzung.

27

Eine qualifizierte, diese Rahmenbedingungen verlassende und das Maß des Zumutbaren überschreitende Betroffenheit der Antragsteller ist auch im Hinblick auf die spezifische Grundstückssituation nicht festzustellen. Ihrem Eckgrundstück haften lagebedingte Nachteile an. Der Umstand, dass das Grundstück als einzigen "straßenabgewandten" Bereich die im Schattenwurf des Altgebäudes und des Anbaus gelegene Fläche aufweist, vermag eine Einschränkung des Baurechts der Beigeladenen nicht zu begründen. Ihr Baurecht ist gegenüber einem Eckgrundstück nicht stärker mit Rücksichtnahmepflichten belastet als gegenüber sog. "Mittelgrundstücken" (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 20.11.2006, 4 TG 2391/06 [Ls. 2], BRS 70 Nr. 168). Für die Antragsteller verbleiben zudem Grundstücksbereiche, die von der Verschattung nicht betroffen sind und die in der – insgesamt – ruhigen Wohnlage auch auf der "straßenzugewandten" Seite des Eckgrundstücks für den Sonnengenuss nutzbar bleiben.

28

e) Weitere Beschwerdegründe haben die Antragsteller nicht dargelegt (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO).

29

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

30

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig.

31

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Gründe

I

1

Die Beigeladenen wenden sich mit ihrer Beschwerde - ebenso wie in den Parallelverfahren BVerwG 8 B 99.13, 8 B 100.13, 8 B 101.13, 8 B 102.13 und 8 B 3.14 - gegen die in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts erfolgte Nichtzulassung der Revision.

2

Das Verfahren betrifft das 22 987 qm große Flurstück ... der Flur ... im Gemeindegebiet der Klägerin, die dessen Eigentümerin und Verfügungsberechtigte ist. Das Grundstück gehörte ebenfalls zum historischen Gutsgelände ... der Brüder Albert und Max S. Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 31. Mai 2006 übertrug das Bundesamt das Grundstück auf die Beigeladenen in ungeteilter Erbengemeinschaft.

3

Nachdem das Verwaltungsgericht Potsdam mit Urteil vom 13. November 2008 - VG 1 K 1399/06 - den streitgegenständlichen Bescheid aufgehoben hatte, hat das Bundesverwaltungsgericht auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beigeladenen mit Beschluss vom 28. März 2011 (BVerwG 8 B 44.10) dieses wegen Verfahrensmängel aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen, am 24. September 2013 zugestellten Urteil vom 18. April 2013 - VG 1 K 839/11 - den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2006 erneut aufgehoben und die Revision nicht zugelassen.

II

4

Die Beschwerde der Beigeladenen, deren Begründung im Wesentlichen wort-identisch mit der Begründung der in den Parallelverfahren BVerwG 8 B 99.13, 8 B 100.13, 8 B 101.13, 8 B 102.13 und 8 B 3.14 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden ist und alle drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO geltend macht, hat Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt die Beigeladenen in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) sowie in ihren Verfahrensrechten aus § 108 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO sowie aus § 86 Abs. 1 VwGO. Dagegen sind die erhobenen Grundsatz- und Divergenzrügen nicht begründet. Zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen wird insoweit auf die Begründung in dem Beschluss des Senats vom heutigen Tage in dem dieselben Beteiligten betreffenden Verfahren BVerwG 8 B 99.13 verwiesen. Das angegriffene Urteil wird gemäß § 133 Abs. 6 VwGO aufgehoben und das Verfahren wird im Interesse des Vertrauens der Beigeladenen in die Rechtspflege und zur Vermeidung erneuter Verfahrensfehler gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO (analog) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam zurückverwiesen.

5

Die Kostenentscheidung muss der Schlussentscheidung vorbehalten bleiben.

6

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 4 GKG. Unter Zugrundelegung des vom Verwaltungsgericht in Ansatz gebrachten Grundstückswerts von 50 €/qm ergibt sich daraus für die Fläche von 22 987 qm und unter Berücksichtigung der in § 52 Abs. 4 Nr. 3 GKG vorgesehenen Begrenzungsregelung ein Wert von 500 000 €.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 07.09.2012 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

7.500,00 Euro

festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23.02.2012 zur Errichtung von drei Wohnhäusern (mit Tiefgarage). Ihr Grundstück wie auch das Baugrundstück liegen in einem Bereich, der nach Maßgabe eines sog. „Durchführungsplans“ bebaut worden war. Jener Plan wird als unwirksam angesehen.

2

Den Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Baugenehmigung anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.09.2012 abgelehnt, da sich das Bauvorhaben der Beigeladenen einfüge und das - allein maßgebliche - „Haus 1“ das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletze. Die Abstandsflächen würden eingehalten und seien für „Haus 1“ auch hinsichtlich der maßgeblichen Geländeoberfläche zutreffend ermittelt worden. Auch eine erdrückende Wirkung oder unzumutbare Verkehrsbelastungen infolge des Bauvorhabens seien nicht festzustellen.

3

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Zur Begründung wird angeführt, auch das „Haus 2“ sei zu berücksichtigen. Dieses werde hinter der - nachbarschützenden - hinteren Baugrenze errichtet. Die maßgebliche Geländeoberfläche für „Haus 1“ und „Haus 2“ sei fehlerhaft ermittelt worden. Dem gesamten Vorhaben komme aufgrund seiner Höhe und Massivität eine erdrückende Wirkung zu. Durch die großflächigen Fenster und Balkone bestünden Einsichtsmöglichkeiten in den Gartenbereich. Das Verkehrsaufkommen in der … werde zunehmen.

II.

4

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.09.2012 ist unbegründet. Die dargelegten Beschwerdegründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragsteller nur die Einhaltung solcher Bauvorschriften beanspruchen können, die zumindest auch ihrem (nachbarlichen) Schutz dienen.

6

Dazu gehören nicht verfahrensrechtliche Fragen (etwa zur Zulässigkeit eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, zu evtl. „Mängeln“ der Bauvorlagen oder zur evtl. Abweichung von dem Vorbescheid vom 01.04.2011).

7

Ebenso ist die planungsrechtliche Frage des „Einfügens“ des Bauvorhabens i. S. d. § 34 BauGB - als solche - für die Rechte der Antragsteller nicht ergiebig. Selbst wenn die - erstinstanzlich vorgetragene - Annahme der Antragsteller zuträfe, dass sich die „Wohnblocks“ der Beigeladenen nach dem nach außen sichtbaren Maß (insbes. der Traufhöhe oder der Geschosszahl) nicht „einfügen“ bzw. den Rahmen des Zulässigen überschreiten, würde ein darin liegender (objektiv-)rechtlicher Verstoß gegen das Bauplanungsrecht keine Verletzung nachbarlicher Belange der Antragsteller begründen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 20.03.2012, 3 S 223/12, BauR 2012, 1147 [Ls.]).

8

2. Die Annahme der Antragsteller, das Vorhaben der Beigeladenen überschreite eine - nachbarschützende - „faktische hintere Baugrenze“, könnte ausgehend von der „Baureihe“ an der …, der auch das Haus der Antragsteller zuzurechnen ist, auf „Haus 1“ und auf „Haus 2“ des Vorhabens der Beigeladenen zutreffen. Allerdings ist vorliegend - eine vom „planerischen Willen“ der Stadt getragene, nicht nur der allgemeinen städtebaulichen Ordnung, sondern (gerade) dem Nachbarschutz dienende - „Baugrenze“ nicht festzustellen. Dabei mag unberücksichtigt bleiben, dass der „Durchführungsplan Nr. 37“, der historisch Grundlage der Bebauung an der … war, mangels Beschlussfassung durch die Ratsversammlung unwirksam ist. Auch wenn sich - diesem Plan folgend - eine „Perlenschnur“ von Baukörpern entlang der Straße gebildet hat, folgt daraus noch kein tragfähiger Ansatz für einen (beabsichtigten) Nachbarschutz gegen eine rückwärtig in die „Tiefe“ gehende Bebauung. Ein solcher Ansatzpunkt lässt sich auch der von den Antragstellern zitierten Rechtsprechung nicht entnehmen. Eine „regelmäßige“ nachbarschützende Wirkung ist nur für seitliche Baugrenzen an derselben Grundstücksseite anerkannt worden, die „dem Schutz des Eigentümers angrenzender Grundstücke“ dienen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 11.02.1993, 5 S 2313/92, BRS 55 Nr. 71 [bei Juris Tn. 17]). Für vordere oder hintere Baugrenzen gilt dies nicht; hier „lassen sich Fälle denken, in denen die Gemeinde den Nachbarschutz begründet“ (und beabsichtigt; vgl. Bielenberg, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., Stand Apr. 2012, § 23 BauNVO Rn. 59 a. E.); als „Regel“ lässt sich für eine hintere Baugrenze indes keine nachbarschützende Wirkung feststellen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 2008, § 23 Rn. 6 m. w. N.). Die frühere, am „Durchführungsplan Nr. 37“ orientierte Genehmigungspraxis in der … mag belegen, dass eine reihenförmige Bebauung städtebaulich gewollt war, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass eine in die „Tiefe“ reichende Bebauung zum Schutz der Nachbarn unterbleiben sollte.

9

3. Eine Nachbarrechtsverletzung mit der Folge eines Erfolgs des Antrags nach § 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO und der vorliegenden Beschwerde könnte sich nur aus einer Verletzung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme ergeben. Eine solche hat das Verwaltungsgericht zutreffend verneint.

10

Eine Rücksichtslosigkeit meinen die Antragsteller aus der festgesetzten Geländeoberfläche (GOF), den Abstandsflächen, dem übergroßen Staffelgeschoss und der - insgesamt - „erdrückenden“ und „abriegelnden“ Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen ableiten zu können. Keiner dieser Gesichtspunkte greift durch.

11

3.1 Eine ausdrückliche (ermessensgesteuerte) „Festsetzung“ der GOF ist nicht erfolgt; insoweit weisen die Antragsteller zutreffend auf die diesbezüglichen erstinstanzlichen Ausführungen der Antragsgegnerin hin (S. 14 der Beschwerdebegründung mit Anlagen Bf 6 und Bf 7). Der rechtlichen Beurteilung ist damit die aus den genehmigten Bauvorlagen ersichtliche Geländeoberfläche zugrunde zu legen. Diese ist - als solche - für die Rechtsposition der Antragsteller irrelevant. Sie wird erst bedeutsam im Zusammenhang mit der Beurteilung der (Voll-)Geschosszahl und der einzuhaltenden Abstandsflächen (dazu unten 3.2).

12

Die (Voll-)Geschoßzahl betrifft das „Maß“ des „Einfügens“ i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB. Auch wenn unterstellt wird, dass eine das Einfügsame übersteigende Zahl von (Voll-)Geschossen genehmigt worden ist, geht - allein - davon keine Verletzung der nachbarlichen Rechte der Antragsteller aus (s. o. 1.) Die Zahl der (Voll-)Geschosse betrifft das Maß der baulichen Nutzung; diesbezügliche planerische Festsetzungen vermitteln ohne ausdrücklichen planerischen Willen der Gemeinde keinen Drittschutz (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.10.1995, 4 B 215.95, NVwZ 1996, 888). Im unbeplanten Innenbereich - wie hier - gilt nichts anderes; insbesondere geht hier der Nachbarschutz nicht weiter als in Plangebieten. Bei Abweichungen vom „einfügsamen“ Maß der Nutzung bietet das drittschützende Rücksichtnahmegebot ausreichenden Schutz (VGH Kassel, Beschl. v. 25.08.2008, 4 B 1320/08, NVwZ-RR 2009, 99).

13

3.2 Die Abstandsflächen knüpfen gem. § 6 Abs. 4 S. 2 LBO an die „festgelegte Geländeoberfläche“ an. Ein Abwehrrecht der Antragsteller könnte sich insofern nur ergeben, wenn - ausgehend von einer - rechtlich zutreffend festgelegten - Geländeoberfläche eine Unterschreitung der nach § 6 Abs. 5 LBO erforderlichen Abstandsflächen vorläge. Derartiges haben die Antragsteller - ausdrücklich - nicht dargelegt. Es ergibt sich auch nicht, wenn die von den Antragstellern für richtig gehaltenen Geländeoberflächen zugrundegelegt werden.

14

Nach den Bauvorlagen (Lage- und Höhenplan, Bl. 33 BA A) ist zwischen den Hauswänden von „Haus 1“ und „Haus 2“ und der Grenze zum Grundstück der Antragsteller ein Abstand von 3 m vorgesehen.

15

3.2.1 Wird die Wandhöhe (H) - zunächst - nur nach dem Gebäudeteil bis zu dem sog. Staffelgeschoss bemessen, ergibt sich folgendes:

16

Die Wandhöhe (H) von „Haus 1“ beträgt 6 m, wenn eine Geländeoberfläche von 24,10 m über NN (bis Terrassenboden Staffelgeschoss; s. „Haus 1“, Ansicht von Osten; Bl. 47 BA A) zugrunde gelegt wird; 0,4 H ergäbe danach 2,4 m. - Für „Haus 2“ (Ansicht von Westen und Osten; Bl. 49 BA A) ergibt sich bei einer Geländeoberfläche von 25,10 m über NN eine Wandhöhe (H) von 5 m (bis Terrassenboden Staffelgeschoss); 0,4 H ergäbe danach 2,0 m.

17

Würde - abweichend hiervon - die Wandhöhe ab der Geländeoberflächen-Höhe angesetzt, die die Antragsteller für richtig halten (also statt 24,10 m für „Haus 1“ 23,75 m [Bl. 5 der Beschwerdebegründung] bzw. für „Haus 2“ 24,36 m [Bl. 16 a.a.O.] oder - gar - nur 23,00 m), ergäbe sich

18

- für „Haus 1“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([24,10 m - 23,75 m =] 0,35 m + 6 m =) 6,35 m; der Abstand müsste dann (6,35 m x 0,4 =) 2,54 m betragen;

19

- für „Haus 2“ eine „korrigierte“ Wandhöhe von ([25,10 m - 24,36 m =] 0,74 m + 5 m =) 5,74 m; der Abstand müsste dann (5,74 m x 0,4 =) 2,30 m betragen. Ausgehend von 23,00 m Geländehöhe ergäbe sich ein Abstand von ([{25,10 m - 23,00 m} + 5 m] x 0,4 =) 2,84 m.

20

Beide Abstände lägen immer noch - deutlich - im Bereich des nach § 6 Abs. 5 S. 1 LBO Zulässigen. Eine Nachbarrechtsverletzung wegen Abstandsflächenunterschreitung ist damit nicht festzustellen.

21

3.2.2 Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn das sog. Staffelgeschoss in die Ermittlung der Abstandsfläche einbezogen wird. Dabei geht der Senat „zu Gunsten“ der Antragsteller davon aus, dass es sich dabei um keinen „Dachaufbau“ i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 3 Nr. 1 b LBO handelt, dessen Höhe nur zu einem Viertel abstandsflächenwirksam wäre. Bei „vollem“ Ansatz der dem sog. Staffelgeschoss zuzurechnenden Wandhöhe (3 m; vgl. Schnittzeichnungen für „Haus 1“ und „Haus 2“, Bl. 44, 45 BA A) ergibt sich eine Gesamt-Wandhöhe für „Haus 1“ von (6 m + 3m =) 9 m und für „Haus 2“ von (5 m + 3 m =) 8 m; der Abstand müsste demnach (9 m bzw. 8 m x 0,4) für „Haus 1“ bei 3,60 m und für „Haus 2“ bei 3,20 m liegen. Geht man von der Geländeoberfläche aus, die die Antragsteller für richtig halten, ergibt sich für „Haus 1“ eine Abstandsfläche von ([6,35 m + 3 m] x 0,4 =) 3,74 m und für „Haus 2“ von ([5,74 m + 3 m] x 0,4 =) 3,496 m bzw. - ausgehend von 23,00 m Geländehöhe - von 4,04 m.

22

Diese Werte liegen - zwar - oberhalb der Mindestvorgabe von 3 m gem. § 6 Abs. 5 S. 1 LBO. Allerdings ist hier die „zurückspringende“ Außenwand des sog. Staffelgeschosses zu berücksichtigen. Die Abstandsfläche, die - zusätzlich - durch dessen Höhe veranlasst wird, ist von der Außenwand des sog. Staffelgeschosses aus zu bestimmen (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Komm. (Stand 2011), § 2 Rn. 74 [mit „Anlage 20“]). Diese Außenwand liegt - wie die Schnittzeichnungen belegen - ca. 2 m hinter der Außenwand des darunter liegenden Baukörpers. Die unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses ermittelten Abstandsflächen „beginnen“ m. a. W. erst an der diesem Geschoss zuzuordnenden Außenwand. Daraus folgt, dass dem „unten“ einzuhaltenden und eingehaltenen (s. o. 3.2.1) Abstand von 3 m der „Rücksprung“ des sog. Staffelgeschosses von ca. 2 m hinzuzurechnen ist, so dass - insgesamt - 5 m Abstand zur Verfügung stehen. Sämtliche oben unter Einbeziehung des sog. Staffelgeschosses errechneten Abstandswerte unterschreiten diese Anforderung, so dass auch auch bei dieser Betrachtung keine Abstandsflächenunterschreitung ergibt.

23

3.3 Soweit die Antragsteller die Baugenehmigung angreifen, weil der als Staffelgeschoss bezeichnete Bereich seiner Größe wegen als Vollgeschoss einzustufen sei (vgl. § 2 Abs. 7 LBO), betrifft auch dies das Maß der baulichen Nutzung. Nachbarschutz kann damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beansprucht werden (s. o. 3.1).

24

3.4 Eine „erdrückende Wirkung“ des Vorhabens der Beigeladenen versuchen die Antragsteller aus der Länge der Baukörper („Haus 1“: 30 m, „Haus 2“: 22 m), aus ihrer „thronenden“ Höhenlage und -entwicklung (u. a. Traufhöhe) und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ abzuleiten. Auch diese Einwände verfangen nicht.

25

Das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme wird in der Regel nicht verletzt, wenn ein Bauvorhaben - wie hier (s. o. 3.2) - den bauordnungsrechtlich geforderten Grenzabstand einhält (Urt. des Senats v. 20.01.2005, 1 LB 23/04, NordÖR 2005, 314). Eine Ausnahme gilt nur für - seltene - Fälle einer „bedrängenden“ oder (gar) „erdrückenden“ Wirkung eines Bauvorhabens oder in Fällen, die – absehbar – zu gravierenden, allein durch die Abstandsflächenwahrung nicht zu bewältigenden Nutzungskonflikten führen (Beschl. des Senats v. 11.11.2010, 1 MB 16/10, NordÖR 2011, 87). Im vorliegenden Fall besteht dafür kein tragfähiger Ansatzpunkt.

26

Eine erdrückende Wirkung im genannten Sinn ist schon im Hinblick auf die - auch nach Realisierung des Bauvorhabens fortbestehende - aufgelockerte Bebauung im Bereich … / … nicht anzunehmen. Die Höhenentwicklung der Baukörper (insbesondere von „Haus 1“ und „Haus 2“) wirkt sich überwiegend - optisch - auf den Ausblick aus dem Garten der Antragsteller aus; aus dem Wohnhaus können die Gebäude nur „schräg versetzt“ wahrgenommen werden. Eine Beeinträchtigung durch Schattenwurf machen die Antragsteller nicht geltend; sie wäre i. ü. auch - unabhängig von der Festlegung der Geländeoberfläche - lagebedingt hinzunehmen. Die Kritik an der „klotzigen“ Bauweise und dem von der Nordfassade ausgehenden „Eindruck der Viergeschossigkeit“ mag dem ästhetischen Empfinden der Antragsteller entspringen; ein substantieller Ansatzpunkt für eine erdrückende Wirkung ist daraus nicht zu gewinnen, zumal die Nordseite des Bauvorhabens vom Grundstück der Antragsteller abgewandt ist. Der Hinweis auf die Länge der (nur aus dem Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller komplett sichtbaren) Bauvorhaben des Beigeladenen übergeht, dass zwischen „Haus 1“ und „Haus 2“ eine 10,5 m breiter Abstand bleibt, so dass bei sachgerechter Betrachtung weder der Eindruck eines „Eingemauertseins“ noch derjenige einer „Riegelwirkung“ entstehen kann. Was die Antragsteller als „thronende“ Wirkung beschreiben, ist Folge der Topographie und des - Nachbarrechte nicht verletzenden - Maßes der genehmigten Bebauung. Anzumerken ist, dass die unmittelbare Nähe zu der - das Baugebiet prägenden - Pauluskirche mit ihrem dominanten neugotischen Turm die Wertung eines „thronenden“ Effekts der vom Beigeladenen geplanten Häuser als fernliegend erscheinen lässt.

27

Soweit die Höhenentwicklung von „Haus 1“ und „Haus 2“ auf das Grundstück der Antragsteller Einblickmöglichkeiten eröffnet, wäre - zunächst - zu fragen, ob diese nicht auch schon von der Altbebauung aus bestanden. Abgesehen davon sind solche Einblickmöglichkeiten in innerstädtischen Wohnlagen - wie hier - grundsätzlich ebenso hinzunehmen wie es der Fall ist, wenn Nachbarn über den Gartenzaun gucken. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die abstandsrechtlichen Vorschriften beachtet worden sind (Beschl. des Senats v. 24.11.2011, 1 LA 65/11, NordÖR 2012, 92, m. w. N.). Die Antragsteller können sich i. ü. durch Anpflanzungen oder Abschirmungen gegen unerwünschte Einblicke schützen.

28

4. Die Annahme der Antragsteller, die vorgesehene Anbindung der Tiefgarage an die … verletze § 50 Abs. 9 LBO und werde die Lärmsituation „erheblich verschlechtern“, ist unsubstantiiert. Selbst wenn alle 28 Stellplätze von der … aus angefahren würden (wovon die Antragsteller selbst nicht ausgehen), entstünde nur Anliegerverkehr. Ansatzpunkte dafür, dass eine (unterstellte) Lärmzunahme für die übrigen (mehr als) 20 Wohngrundstücke in der … unverträglich wären, sind weder dargetan noch ersichtlich; anzumerken ist, dass die Orientierungswerte für ein Wohngebiet (vgl. Ziff. 1.1 der DIN 18005) weit unterschritten sein dürften.

29

5. Eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen lässt sich - schließlich - auch nicht aus einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ (S. 31 f. der Beschwerdebegründung) ableiten. Die Mehrzahl der von den Antragstellern aufgeführten Verstöße betreffen die Bauvorlagen (Ungenauigkeiten; fehlende Markierungen, Schraffuren, Nutzungs-, Höhenangaben, Maße bzw. Berechnungen; Geländergestaltung); soweit die Genehmigung in Bezug auf die südseitigen Balkone beanstandet wird, wird nicht dargelegt, aus welchem Grund es insofern einer Ausnahme oder Befreiung bedurft hätte.

30

Materiell-rechtliche Verstöße gegen das Baurecht werden dem Beschwerdevorbringen der Antragsteller zufolge - in den o. g. Planungsrechtsverstößen gesehen (s. o. II.1, 2).

31

Ob der Ansatz einer „Kumulation objektivrechtlicher Verstöße“ rechtlich überhaupt tragfähig ist, um - vorliegend - Nachbarrechtsschutz zu begründen, ist zweifelhaft. Die von den Antragstellern (dafür) angeführte Entscheidung des VGH Mannheim (Beschl. v. 08.11.2007, 3 S 1923/09, NVwZ-RR 2008, 159) hat die Schwelle rücksichtsloser Betroffenheit des Nachbarn „bei Nachteilen von etwas geringerer Intensität“ für den - speziellen - Fall einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB angenommen, wenn das beanstandete Vorhaben mit den Regelfestsetzungen des Bebauungsplans nicht übereinstimmt. Der vorliegende Fall ist damit nicht vergleichbar. Das Vorhaben der Beigeladenen liegt im unbeplanten Innenbereich; eine planungsrechtlich „definierte“ Vertrauensgrundlage, wie sie im Fall eines (befreiungsbedürftigen) Bebauungsplans vorliegt, fehlt also.

32

Unabhängig davon kann von einer objektiv-rechtlichen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nicht ausgegangen werden. Das Vorhaben ist seiner „Art“ nach - unstreitig - in dem unbeplanten Baugebiet zulässig. Zum „Maß“ mag unterstellt werden, dass es den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Daraus ergäbe sich aber nicht zwangsläufig dessen fehlende Einfügsamkeit; nach § 34 Abs. 1 BauGB ist es nicht schlechthin ausgeschlossen, etwas zu verwirklichen, was es in der Umgebung bisher nicht gibt. Eine Überschreitung des Rahmens der Umgebungsbebauung ist - auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung - zulässig, wenn das Vorhaben keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen begründet oder schon vorhandene nicht erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 17.06.1993, 4 C 17.91, ZfBR 1994, 37; Beschl. v. 23.05.1986, 4 B 83.86, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 113). Ansatzpunkte für eine solche - bewältigungsbedürftige - Sachlage lassen sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Die Wohnbauvorhaben der Beigeladenen können in dem umgebenden Wohngebiet, in dem sich vereinzelt auch andere) größere Objekte befinden, noch hingenommen werden.

33

Selbst wenn man dies anders sähe, wären die die Antragsteller durch das „Maß“ der vorgesehen baulichen Nutzung allenfalls in dem Maße (zusätzlich) betroffen, als die Neubebauung von der Altbebauung abweicht. Insoweit sind die Antragsteller nicht schutzwürdig, denn sie hätten selbst bei einer Beibehaltung der Altbebauung mit Nutzungsänderungen rechnen müssen.

34

6. Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig, weil sie sich daran nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

36

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 02. November 2007 - 9 K 3830/07 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO noch entsprechende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 02.11.2007 hat keinen Erfolg.
Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat das Verwaltungsgericht zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die von der Antragsgegnerin der Beigeladenen Ziff. 1 erteilte Baugenehmigung vom 20.04.2006, ergänzt durch baurechtliche Entscheidung vom 04.09.2007, abgelehnt. Inhalt der angefochtenen Baugenehmigung ist die Nutzungsänderung eines vorhandenen - bisher als Teppichhandlung genutzten - Gebäudes in eine Einrichtung mit zwei islamischen Gebetssälen und verschiedenen Nebenräumen.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, dass das private Interesse des Bauherrn an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (vgl. § 212 a BauGB) das gegenläufige privaten Interessen der Antragstellerin überwiegt, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend begründet, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren möglichen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Klage der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, weil - worauf es allein ankommt - die von ihr angegriffene Baugenehmigung nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Darauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe gebieten keine andere Beurteilung. Insoweit ist ergänzend zu bemerken:
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin dürfte die genehmigte Nutzungsänderung mit der Zweckbestimmung des betroffenen Baugebietes vereinbar sein.
Das Bauvorhaben soll unstreitig im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans verwirklicht werden, der sowohl für das Baugrundstück als auch für das Grundstück der Antragstellerin ein Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO (1968) ausweist. Mit der Beschwerde wird nicht in Frage gestellt, dass gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO in einem Mischgebiet Einrichtungen für kirchliche, kulturelle und soziale Zwecke grundsätzlich zulässig sind, und zwar nicht nur - wie nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem reinen Wohngebiet - beschränkt auf die Bedürfnisse dieses Gebietes. Da als Ausfluss der staatlichen Neutralität die Baunutzungsverordnung weltanschaulich neutral ausgelegt werden muss, sind - auch - die geplanten islamischen Gebetsräume unter diese Vorschrift zu subsumieren und damit nach ihrer Art am vorgesehenen Standort allgemein zulässig.
Eine Gebietsunverträglichkeit dürfte im vorliegenden Fall auch nicht aus der Größe und dem Nutzungsumfang der geplanten Einrichtung herzuleiten sein. Gegenstand der Baugenehmigung ist u.a. die Einrichtung eines Gebetsraums für Männer von 180 m² und eines Gebetsraums für Frauen von 110 m²; insgesamt verfügt das Bauvorhaben über eine Nutzfläche von 1200 m². Schon die räumlichen Ausmaße der Gebetsräume sprechen gegen die Ansicht der Antragstellerin, es handele sich um eine „Zentraleinrichtung für den mittleren Neckarraum“. Die Antragsgegnerin weist in ihrer Beschwerdeerwiderung auch zutreffend darauf hin, dass im mittleren Neckarraum bereits mehrere weitere Moscheen bzw. islamische Gebetssäle zu Verfügung stehen.
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem von der Antragstellerin herangezogenen Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12.02.2007 (M 8 K 06.3625), in dem über die Zulässigkeit einer islamischen Einrichtung mit einem Flächenangebot von 5.191 m² zu entscheiden war. Dies hat zutreffend bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt. Daran ändern auch die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung angestellten Vergleichsberechnungen unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl von München und Ludwigsburg nichts. Für die Prüfung der Gebietsverträglichkeit eines Bauvorhabens ist die Eigenart des betroffenen Baugebiets maßgeblich, welche grundsätzlich unabhängig ist von der Größe oder Einwohnerzahl der Gemeinde, in der das Vorhaben verwirklicht werden soll.
Das genehmigte Bauvorhaben dürfte auch nicht gegen das § 15 BauNVO zu entnehmende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen.
Ausgangspunkt der Prüfung ist, dass nach den obigen Feststellungen das genehmigte Bauvorhaben nach der Art der Nutzung in dem als Mischgebiet ausgewiesenen Baugebiet grundsätzlich und allgemein zulässig sein dürfte; denn die im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes abzuwägenden Interessen der Beteiligten haben ein unterschiedliches Gewicht je nachdem, ob es sich um ein Vorhaben handelt, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unzulässig ist oder umgekehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50/89 -, NJW 1992, 708 f.). Der im vorliegenden Fall dem Bauherrn somit grundsätzlich zustehenden und durch Art 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten baurechtlichen Position kann die Antragstellerin nur bei Vorliegen besonderer Umstände entgegenhalten, dass das Vorhaben zu unzumutbaren Auswirkungen führe und deswegen ihr gegenüber „rücksichtslos“ sei. Solche besonderen Umstände sind hier nicht ersichtlich. Nach der gesetzlichen Wertung hat der Grundstücksnachbar einer in einem Baugebiet allgemein zulässigen kirchlichen oder kulturellen Anlage die mit deren Benutzung üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen grundsätzlich hinzunehmen; dazu gehört auch der An- und Abfahrtsverkehr der Besucher (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1992, a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung im Einzelnen dargelegt, dass durch die Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung vom 20.04.2006 sowie durch die Ergänzungsentscheidung vom 04.09.2007 gegen unzumutbare Lärmbelästigungen durch das Bauvorhaben ausreichend Vorsorge getroffen wurde. Danach darf u.a. die Nutzung (einschließlich der Gebetsräume) nur von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr erfolgen. Der Parkplatz ist bis 21.00 Uhr zu räumen. Die Anlieferung zum Laden darf nur während der Tageszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr erfolgen. Die Immissionsrichtwerte für das Mischgebiet - tags 60 dB(A), nachts 45 dB(A) - werden am Grundstück der Antragstellerin sowohl nach der von der Islamischen Gemeinschaft … vorgelegten schalltechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros … GbR als auch nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten der … GbR während der genehmigten Nutzungszeiten nicht überschritten. Damit setzt sich die Antragstellerin in ihrem Beschwerdevorbringen nicht auseinander.
10 
Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung die erteilte Baugenehmigung. Soweit mit der Beschwerde gerügt wird, das Gericht könne sich nicht „auf die Nebenbestimmungen hinausretten, um das Baugesucht zu retten“, mit den in der Baugenehmigung festgelegten Öffnungszeiten könne „ein islamisches Gebetshaus nicht geführt werden“ und die Beigeladene halte sich „an keinerlei Vorschriften bezüglich der Nutzung des Areals“, geht der Vortrag somit an der Sache vorbei. Falls die Vorgaben der erteilten Baugenehmigung nicht eingehalten werden, obliegt es der Antragsgegnerin, dagegen einzuschreiten. Die Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung selbst wird dadurch nicht in Frage gestellt.
11 
Soweit sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung mit der o.g. Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht vom 27.02.1992 kritisch auseinander setzt und auf das dieser Entscheidung zugrundeliegende Senatsurteil vom 20.06.1989 (- 3 S 873/89 -, juris) verweist, kann dies ebenfalls der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die genannten Entscheidungen betrafen eine andere Fallkonstellation, nämlich die Erteilung einer Baugenehmigung für einen islamischen Betsaal, die die Nutzung zum Morgengebet in der Ruhezeit vor 6.00 Uhr umfasste. Eine solche Nutzung wird durch die im vorliegenden Fall erteilte Baugenehmigung gerade ausgeschlossen. Auch dafür, dass von der genehmigten Nutzung Gefahren ausgehen könnten, wie sie der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2007 - 4 C 1.06 - zugrunde lagen, wird nichts vorgetragen und ist derzeit auch nichts ersichtlich.
12 
Auch aus der von der Antragstellerin gerügten und mit Bildern belegten Stellplatzsituation dürfte sich nach derzeitigem Erkenntnisstand keine Verletzung von Nachbarrechten ergeben. Dabei kann der Senat offen lassen, ob für die genehmigte Nutzung Stellplätze in ausreichender Zahl nachgewiesen worden sind.
13 
Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Verpflichtung zur Errichtung der für eine ordnungsgemäße Nutzung notwendigen Stellplätze (§ 37 Abs. 1 und 2 LBO) sind nicht nachbarschützend, sondern dienen ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr. Die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze kann allerdings im Einzelfall gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Ein Verstoß liegt vor, wenn der Mangel an Stellplätzen zu Beeinträchtigungen führt, die dem Nachbarn - auch unter Berücksichtigung einer Vorbelastung seines Grundstücks - bei Abwägung aller Umstände unzumutbar sind (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 12.05.2003 - 9 TG 2037/02 -, BRS 66 Nr. 190; OVG Bremen, Beschluss vom 18.10.2002 - 1 B 315/02 -, BauR 2003, 509 ff.; OVG NW, Urteil vom 10.07.1998 - 11 A 7238/95 -, BauR 1999, 237 ff.; Nieders. OVG, Beschluss vom 14.03.1997 - 1 M 6589/96 -, BauR 1997, 983 f.; s. auch Sauter, LBO, § 37 Rn. 12 m.w.N.). Auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann sich der Nachbar etwa dann berufen, wenn der Stellplatzmangel geeignet ist, die bestimmungsgemäße Nutzung seines eigenen Grundstücks zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundstück möglich ist - allerdings nicht schon darin, dass die angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Nutzern der baulichen Anlage zum Parken in Anspruch genommen werden und dem Nachbarn nur noch mit den daraus folgenden Einschränkungen zur Verfügung stehen. Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks begründet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden öffentlichen Straßenraums (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.03.1998 - 1 B 33/98 -, GewArch 1998, 254 f.). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen öffentlichen Straßenraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Straßenverkehrsrechts zu regeln (vgl. für den ruhenden Verkehr etwa die Anwohnerparkregelung in § 45 Abs. 1b Satz 2 StVO). Als rücksichtslos kann der Verzicht auf die notwendigen Stellplätze auch dann gerügt werden, wenn der durch ihn bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Dies setzt i.d.R. entsprechende Immissionen, insbesondere Lärm- und Abgaseinwirkungen, voraus (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 18.10.2002, a.a.O.).
14 
Nach diesen Maßgaben kann der Senat derzeit einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch einen von der Antragstellerin gerügten Stellplatzmangel nicht feststellen. Es kann dabei offen bleiben, ob die Antragsgegnerin die Vorbelastung durch den sich ehemals auf dem Baugrundstück befindlichen Teppichhandel richtig ermittelt hat, was die Antragstellerin wohl anzweifelt. Der bloße Hinweis auf die Inanspruchnahme der angrenzenden Straßen durch Fahrzeuge von Besuchern des genehmigten Bauvorhabens insbesondere zur Zeit des Freitagsgebets vermag nach dem oben Gesagten jedenfalls eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht zu begründen. Dafür, dass durch den Parkplatzsuchverkehr in einem Mischgebiet unzulässige Lärmimmissionen hervorgerufen werden, ergeben sich weder aus den vorgelegten Gutachten noch aus den sonstigen Unterlagen hinreichende Anhaltspunkte. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung schließlich darauf hingewiesen, dass die auf den von der Antragstellerin vorgelegten Bildern festgehaltene Parkplatzsituation sich nicht mehr einstellen werde, sobald die genehmigten Stellplätze hergestellt seien.
15 
Soweit es um Störungen durch die genehmigten Stellplätze auf dem Baugrundstück selbst geht, kann sich die Antragstellerin auf die nachbarschützende Regelung in § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO berufen. Danach darf die Nutzung der Stellplätze die Gesundheit nicht schädigen und das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm, Abgase und Gerüche nicht erheblich stören. Der Begriff der erheblichen Störung ist weitgehend deckungsgleich mit dem Begriff der erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG und damit mit dem Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass notwendige Stellplätze und Garagen keine billigerweise nicht zumutbaren Störungen hervorrufen (vgl. zum Ganzen Sauter, LBO, § 37 Rn. 110 ff. m.w.N.).
16 
Gemessen daran kann der Senat eine Verletzung des § 37 Abs. 7 Satz 2 LBO durch die genehmigten Stellplätze nicht feststellen. Nach den vorliegenden Gutachten, die sich ausdrücklich mit den durch die genehmigten Stellplätze und den Zu- und Abfahrtsverkehr ausgelösten Lärmimmissionen auseinander gesetzt haben, werden die zulässigen Lärmpegel nicht überschritten. Dies wird durch die Beschwerdebegründung auch nicht substantiiert in Frage gestellt.
17 
Gibt damit die Beschwerdebegründung keine Veranlassung zu einer Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses, kann offen bleiben, ob sich diese Entscheidung auch aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig erweist. So bedarf es keiner Klärung, ob die Antragstellerin mit ihren Einwendungen gegen das Bauvorhaben deshalb ausgeschlossen ist, weil sie die Einwendungen trotz möglicherweise ausreichender Einsichtsmöglichkeit in die Bauvorlagen im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung nicht ausreichend begründet hat. Ebenso kann offen bleiben, ob und in welchem Umfang der der Beigeladenen zu 1 unter dem 14.06.2005 erteilte Bauvorbescheid Bindungswirkung zu Lasten der Antragstellerin entfaltet (zur Bindungswirkung eines Bauvorbescheides gegenüber dem Nachbarn vgl. Sauter, LBO, § 57 Rn. 8 m.w.N.). Eine Fallgestaltung, wie sie dem Urteil des BVerwG vom 27.03.1998 (- 4 C 11/97 -, NVwZ 1998, 729 ff.) zu Grunde lag, dürfte vorliegend nicht gegeben sein.
18 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen; diese haben im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich auch sonst nicht beteiligt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs 1 VwGO.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.