Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Sept. 2017 - 4 A 6/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0928.4A6.15.00
bei uns veröffentlicht am27.09.2017

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben und die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab dem 01.01.2000 für die Leistungen

- Kita Kurs Wahrnehmung/Selbstbehauptung mit WingTsun in der Jahrgangsstufe vor der Einschulung,

- Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit WingTsun Kids im Alter ab 5 Jahren und

- WingTsun Kids im Alter von 4 – 5 Jahren

eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 21,5 % und der Beklagte zu 78,5 %.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.185,93 € jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt in … und … in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts WingTsun-Schulen. In den Schulen wird hauptsächlich die Sportart WingTsun unterrichtet, ein Kung-Fu-Stil, dessen Hauptziel die Selbstverteidigung und Gewaltprävention ist. Die Unterrichtsleistungen werden von Frau … und Herrn … sowie weiteren Honorarkräften durchgeführt.

2

Mit Schreiben vom 20. September 2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) Umsatzsteuergesetz (UStG) ab dem Jahr 2000. In der Antragsschrift wurde ausgeführt, dass es sich bei den Schulen um berufsbildende Einrichtungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG handele, die auf den Beruf des WingTsun-Trainers vorbereiten. Der Aufbau der Ausbildung zum WingTsun-Trainer wird in der Antragsschrift wie folgt dargestellt: „Die Schüler durchlaufen zunächst zwölf Grundstufen (sogenannte 12 Schülergrade). Nach dem 10. Schülergrad kann man den Übungsleiterschein absolvieren. Dies ist Grundvoraussetzung für die Eröffnung einer Schule, in dem die Grundausbildung erfolgen kann. Anschließend werden sogenannte Technikergrade absolviert. Ab dem 1. Technikergrad beginnen die qualifizierten Lehrergrade (bei absolvierten Extraprüfungen zum Trainer 2, Trainer 3, Trainer 4). Danach folgen noch weitere Praktikergrade (Meistergrade) und Großmeistergrade. Die Ausbildung kann bereits im Kindesalter angefangen werden. Es werden regelmäßig Prüfungen durchgeführt, die von der EWTO (Europäische WingTsun Organisation […]) abgenommen werden. Es besteht des Weiteren die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Magister der Sportpädagogik an Universitäten in Bulgarien und England zu absolvieren.“

3

In der Antragsschrift wird weiter ausgeführt, dass es der Erteilung der begehrten Bescheinigung nicht entgegenstehe, dass in den Schulen auch Personen trainieren, die nicht die Absicht hätten, den Trainerberuf zu ergreifen, sondern die Sportart lediglich zu Freizeitzwecken oder als Mitglieder eines Sicherheitsdienstes oder der Polizei oder zu ähnlichen beruflichen Zwecken betreiben würden. In diesem Zusammenhang sei die Rechtsprechung zu Ballett- und Fußballschulen zu beachten. Weiterhin waren der Antragsschrift folgende Unterlagen beigefügt: Übersichten zur Ausgestaltung der Unterrichtsprogramme, Seminarpläne für Ausbilderlehrgänge, Baupläne für die Schulgebäude, diverse Übungsleiter-, Trainer-, Ausbilder- und Prüfungsurkunden.

4

Mit undatiertem Bescheid aus Oktober 2012 bescheinigte der Beklagte der WingTsun-Schule … GbR gem. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG – ohne weitere Konkretisierung -, dass diese ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet. Die Bescheinigung gilt ab dem 1. Januar 2000.

5

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bat mit E-Mail an den Beklagten vom 20. Oktober 2014 um Präzisierung der Bescheinigung. Die Notwendigkeit der Präzisierung ergebe sich aus dem Schreiben des Finanzamtes … vom 30. September 2014. Ausweislich dieses Schreibens könne erst mit einer Bescheinigung, welche unter Bezugnahme auf die entsprechenden Kurse das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 UStG bestätige, eine weitere steuerrechtliche Prüfung erfolgen. Spezifizierte Bescheinigungen würden beispielsweise für Ballettschulen erteilt. Die Notwendigkeit einer erforderlichen Präzisierung ergebe sich auch aus der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. Danach müsse sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht werden, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

6

Ebenfalls mit E-Mail vom 20. Oktober 2014 übersandte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten einen Entwurf zur Erteilung der begehrten Bescheinigung. In dem Entwurf waren folgende Leistungen aufgeführt:

7

- WingTsun Fachtrainerausbildung

8

- WingTsun Fachtrainerausbildung/-fortbildung (Einzelstunden, Intensivwochenende, Prüfungslehrgänge)

9

- Kita Kurse Wahrnehmung Selbstbehauptung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 3 Jahren)

10

- Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

11

- Kurse an Volkhochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

12

- Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe WingTsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (Jugendliche im Alter ab 10 Jahren)

13

- WingTsun Kids (im Alter von 4-9 Jahren)

14

- WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahren)

15

- WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre)

16

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 erteilte der Beklagte der Klägerin eine (präzisierte) Bescheinigung gem. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für folgende Kurse:

17

- WingTsun Fachtrainerausbildung

18

- WingTsun Fachtrainerausbildung/- Fortbildung (Einzelstunden, Intensivwochenende, Prüfungslehrgänge)

19

Für folgende Kurse wurde die Erteilung einer präzisierenden Bescheinigung abgelehnt:

20

- Kita Kurse Wahrnehmung Selbstbehauptung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 3 Jahren)

21

- Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

22

- Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

23

- Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe Wing Tsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (Jugendliche im Alter ab 10 Jahren)

24

- WingTsun Kids (4-9 Jahre)

25

- WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahren)

26

- WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre)

27

Zur Begründung der Ablehnung führte der Beklagte Folgendes aus: Wenn der Träger einer Einrichtung sowohl begünstigte als auch nicht begünstigte Kurse anbiete, schließe die Entscheidung der Landesbehörde notwendigerweise eine Aussage zu der Frage ein, mit welchen Kursen auf den Beruf bzw. auf die Prüfung vorbereitet werde, damit das Finanzamt steuerpflichtige und steuerfreie Leistungen unterscheiden könne. Die Beurteilung, ob Leistungen unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen, obliege der Finanzbehörde. Eine Abstimmung zwischen Finanz- und Kultusverwaltung hinsichtlich einer Altersgrenze von drei Jahren gebe es nicht. Die Finanzverwaltung gehe bislang davon aus, dass Kurse für Kinder ab einem Alter von drei Jahren begünstigt sein können. Dies bedeute jedoch nicht, dass alle Kurse ab drei Jahren steuerfrei sein müssten.

28

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin reagierte auf die Bescheinigungserteilung mit Schreiben vom 7. Dezember 2014, in dem er im Wesentlichen Folgendes vortrug:

29

Die Bescheinigung stehe im Widerspruch zu den Bescheinigungen des Beklagten, die Inhabern künstlerischer Tanzschulen erteilt worden seien. Der Beklagte behandle Leistungen, die unstreitig Freizeitgestaltungen seien, aber auch als Bildungsleistungen anzuerkennen seien, unterschiedlich. Dies gelte für alle von dem Beklagten abgelehnten Kurse, da an der Erlernung der Fähigkeit, WingTsun als gewaltpräventive Kampfkunst zu beherrschen, ein hohes Gemeinwohlinteresse bestehe. Ferner werde die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen in Schleswig-Holstein unterrichtet.

30

Gegenstand des Bescheinigungsverfahrens sei nicht die Prüfung des Tatbestandsmerkmals der unmittelbar dem Bildungszweck dienenden Leistung und die Prüfung der Voraussetzung einer begünstigungsfähigen Einrichtung im Sinne des Gesetzes. Hierüber entscheide die Finanzverwaltung. Diese prüfe und entscheide auch, ob es sich bei der konkreten Leistung um eine reine Freizeitgestaltung handele. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung von Leistungen, die der reinen Freizeitgestaltung dienten, seien umsatzsteuerrechtlich reine Freizeitkurse solche, die prinzipiell ungeeignet seien, den Bildungszielen des § 4 Nr. 21 UStG zu dienen. Dies sei nur dann der Fall, wenn die fachliche Qualifikation einer Lehrkraft im unterrichteten Fach ungenügend sei und/oder die inhaltlichen Anforderungen des Unterrichtsinhalts so niedrig angesetzt würden, dass die Leistung nicht geeignet sei, den Bildungszielen des § 4 Nr. 21 UStG zu dienen. Vorliegend wäre das nur dann der Fall, wenn die Kurse ungeeignet seien, neben einer Freizeitgestaltung auch die angestrebten Ziele – WingTsun-Trainer, Fortbildung für Schullehrer, Soldaten und Polizisten, ggf. Umschulung von Soldaten und Polizisten zum WingTsun-Lehrer – zu unterstützen, zu erleichtern bzw. zu fördern.

31

Der Beklagte verkenne, dass die streitgegenständlichen Leistungen für Kinder ab drei Jahren einen altersangemessenen und leistungsaufbauenden Inhalt hätten. Neben der sinnvollen Freizeitgestaltung zielten die Leistungen auch darauf ab, geeigneten Lehrernachwuchs frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Für jede der zwölf Leistungsstufen, die es innerhalb des WingTsun-Ausbildungssystems gebe, existiere eine Abschlussprüfung. Deren Bestehen sei Voraussetzung dafür, um in den nächsthöheren Leistungsgrad aufzusteigen. Das Bestehen aller Grade wiederum sei Voraussetzung dafür, letztlich die engere Berufsausbildung zum WingTsun-Trainer beginnen zu dürfen. Dies sei vergleichbar mit Ausbildungen in Tanz- und Ballettschulen. Ferner sei die Situation vergleichbar mit privaten Musikschulen, die Musikunterricht an Kleinkindern weit vor Vollendung des vierten Lebensjahres erteilten. Wenn Musik- und künstlerischer Tanz- sowie Schwimmunterricht an Kindergartenkindern ab dem 4. Lebensjahr begünstigungsfähige Bildungsleistungen seien, die auch Freizeitgestaltungen darstellten, könne dies bei WingTsun nicht anders sein. Wie Musik-, Tanz- und Schwimmunterricht fließe auch WingTsun in den Bereich der Erziehung von Kindern und Jugendlichen (Kindergarten- und Schulprojekt, Fortbildungsprojekte der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen) ein. Es handele sich um Leistungen, bei denen die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen im Vordergrund stehe, die vertieft gelernt geeignet seien, wenn ggf. auch nur wenigen Teilnehmern, beruflich genutzt zu werden. Auch der Gesetzgeber gehe davon aus, dass sog. Mischleistungen steuerfrei behandelt werden müssten. In Anbetracht der Entscheidung des BFH zum Schwimmunterricht (Urt. v. 05.06.2014 – V R 19/13 - juris) müsse zudem davon ausgegangen werden, dass Sportunterricht insgesamt in den Bereich des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG falle. WingTsun dürfe hiervon nicht ausgenommen werden. Bescheinigungsfähig seien zudem alle Leistungen, für die nach der sog. Mehrwertsteuersystemrichtlinie eine Umsatzsteuerbefreiung in Frage komme.

32

Die Klägerin hat am 6. Januar 2015 Klage erhoben und unter Bezugnahme auf die Korrespondenz im Verwaltungsverfahren in der Klageschrift zunächst Folgendes ausgeführt:

33

Die streitbefangene Bescheinigung führe nicht automatisch zur Steuerbefreiung. Diese hänge davon ab, dass das Finanzamt die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale bejahe, die nicht Gegenstand des verwaltungsrechtlichen Bescheinigungsverfahrens seien, insbesondere die Erfüllung des Merkmals der unmittelbar dem Bildungszweck dienenden Leistung. Weiterhin wiederholt die Klägerin ihren Vortrag, wonach im Hinblick auf die von dem Beklagten nicht berücksichtigten Kurse eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu Ballettschulen und Privatmusiklehrern vorliege. Eine konkrete Antragstellung enthielt die Klageschrift nicht. Im Betreff der Klageschrift war Folgendes angegeben: „Erteilung einer präzisierenden Bescheinigung gem. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für den WingTsun-Unterricht der Klägerin unter Einschluss des Unterrichts an Kindern im Alter ab drei Jahren.“

34

Mit Bescheid vom 21. Januar 2015 erteilte der Beklagte eine geänderte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für folgende Kurse:

35

- WingTsun Fachtrainerausbildung

36

- WingTsun Fachtrainerausbildung/-fortbildung (Einzelstunden, Intensivwochenende, Prüfungslehrgänge)

37

- Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Sicherheitsberufe

38

- WingTsun Kids (ab 6 Jahre)

39

- WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahre)

40

- WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre)

41

- Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe WingTsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung (Jugendliche ab 10 Jahren)

42

Für folgende Kurse wurde die Erteilung einer Bescheinigung weiterhin abgelehnt:

43

- Kita Kurse Wahrnehmung Selbstbehauptung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 3 Jahren)

44

- Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

45

- WingTsun Kids (4-9 Jahre)

46

Zur Begründung führte der Beklagte Folgendes aus:

47

Für Kurse, die Kindern unter sechs Jahren offenstehen, könne keine Bescheinigung ausgestellt werden. Sofern Kinder noch nicht schulpflichtig sind, könne nicht ohne weiteres von einem dem Schulunterricht vergleichbaren Unterricht ausgegangen werden. Der Teilnehmerkreis unterscheide sich aufgrund seines Alters deutlich vom Teilnehmerkreis des Schulunterrichts. Die Leistungen seien insoweit nicht vergleichbar. Bei WingTsun-Unterricht für Kinder im Kindergartenalter handele es sich um eine reine Freizeitgestaltung. Insoweit verweist der Beklagte auf das Urteil des BFH v. 28.05.2013 (XI R 35/11).

48

Hiergegen würden auch nicht die Entscheidungen zu Musik- und Ballettschulen sprechen. In diesen Fällen sei auf Grund bestimmter Besonderheiten dieser Unterrichtsfächer auch eine Befreiung für jüngere Kinder bejaht worden. Bei Unterrichtsleistungen im musikalischen und tänzerischen Bereich handele es sich um Sonderfälle. Ein solcher sei bei Unterrichtsleistungen in einer Kampfsportschule nicht gegeben. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beruf des Kampfsportlers bzw. Kampfsportlehrers oder die Berufsorientierung zwingend erfordere, dass bereits im Kindergartenalter mit dem Sport begonnen werden müsse. Auch die Gesichtspunkte „hohes Gemeinwohlinteresse“ und „Erlangung der Fähigkeit auch an öffentlichen Schulen“, welche für das Schwimmen gelten würden, ließen sich nicht auf die abgelehnten Kurse übertragen. Das Gemeinwohlinteresse am Erlernen von WingTsun sei geringer als das Erlernen der Schwimmfähigkeit, was sich unter anderem daran zeige, dass Schwimmen ein reguläres Unterrichtsfach sei, während WingTsun allenfalls exemplarisch für andere Kampfsportarten und optional nach Ermessen der Lehrkräfte Teil des Unterrichts im Fach Sport sein könne.

49

Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2015 an den Beklagten reagierte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf die geänderte Bescheinigung im Wesentlichen wie folgt:

50

Es sei offensichtlich Absicht der Landesbehörde gewesen, den Unterricht an Kindern im schulpflichtigen Alter in den begünstigten Bereich der Bescheinigung aufzunehmen. Im Hinblick auf § 22 Abs. 3 SchulG wäre es insoweit konsequent gewesen, den Unterricht an Kindern ab dem sechsten Lebensjahr einzubeziehen. Es müsse jedenfalls ein Widerspruch beseitigt werden. Bei den begünstigten Leistungen finde sich neben dem vierten Spiegelstrich „WingTsun-Kids (im Alter ab 6 Jahren)“ und bei den nicht für begünstigungsfähig gehaltenen Leistungen findet sich „WingTsun-Kids (im Alter von 4 bis 9 Jahren). Grundsätzlich sei zu beachten, dass es bei der Begünstigungsfähigkeit einer Leistung nicht auf die unbedingte Erforderlichkeit ankomme. Es genüge, wenn eine Leistung alleine oder zusammen mit den Leistungen anderer Unternehmer die Ausbildung ermögliche, fördere, ergänze oder erleichtere.

51

Mit E-Mail vom 27. Januar 2015 forderte der Beklagte die Klägerin auf, den Ablauf des Unterrichts hinsichtlich der nicht in die Bescheinigung aufgenommenen Kurse, insbesondere WingTsun-Kids (im Alter von 4 bis 9 Jahren) detailliert zu erläutern. Es würden Informationen dazu benötigt, wie eine jeweils alters- und lernstandsgerechte Förderung der einzelnen Kinder sichergestellt werde, welche Anzahl von Kindern zeitgleich unterrichtet würden und wie viele Lehrer den Unterricht gleichzeitig durchführten.

52

Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2015 unterrichtete der Beklagte das Gericht über den geänderten Verfahrensstand. Hinsichtlich der abgelehnten Kurse sei die Klägerin mit Schreiben vom 27. Januar 2015 aufgefordert worden, den Ablauf des Unterrichtes detailliert zu beschreiben. Eine Antwort sei bislang noch nicht eingegangen. Insbesondere werde noch zu prüfen sein, ob für die Kurse „Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren) an Volkshochschulen“ und „WingTsun-Kids (im Alter von 4 bis 9 Jahren)“ zumindest bezogen auf bestimmte Altersgruppen eine steuerliche Freistellung erfolgen könne. Der Beklagte erklärte zudem, dass er sich für den Fall der Abgabe einer Erledigungserklärung durch die Klägerin einer solchen anschließen werde (Bl. 64 d.A.).

53

Mit Bescheid vom 17. März 2015 erteilte der Beklagte erneut eine geänderte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für folgende Kurse:

54

- WingTsun Fachtrainerausbildung

55

- WingTsun Fachtrainerausbildung/-fortbildung (Einzelstunden, Intensivwochenende, Prüfungslehrgänge)

56

- Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Sicherheitsberufe

57

- WingTsun Kids (ab 6 Jahre)

58

- WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahre)

59

- WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre)

60

- Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe WingTsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung (Jugendliche ab 10 Jahren)

61

Für folgende Kurse wurde die Erteilung einer Bescheinigung weiterhin abgelehnt:

62

- Kita Kurse Wahrnehmung Selbstbehauptung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 3 Jahren)

63

- Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

64

- WingTsun Kids (4-5 Jahre)

65

Die Abänderung des Bescheids vom 21. Januar 2015 habe erfolgen können, da die Klägerin nun erstmals dargelegt habe, dass sich der Kurs „WingTsun-Kids (im Alter von 4 bis 9 Jahren)“ entgegen dem Anschein des ursprünglichen Antrags nicht gleichzeitig an alle Kinder dieser Altersstufe richte. Inzwischen sei dargelegt worden, dass der Unterricht getrennt nach den Altersstufen 4 bis 5 Jahre, 6 bis 8 Jahre und 9 bis 10 Jahre stattfinde. Von diesen Kursen hätten die letztgenannten anerkannt werden können. Im Übrigen gelte die Begründung des Bescheides vom 21. Januar 2015. Eine Befreiung weiterer Kurse, die sich an Kinder im Vorschulalter richte, könne nicht erfolgen, da nicht von einem dem Schulunterricht vergleichbaren Unterricht ausgegangen werden könne. Die Befreiung der Kurse an einer Volkshochschule (VHS) sei nicht möglich gewesen, da die Klägerin keine Vertretungsmacht zur Antragstellung besessen habe.

66

Der Beklagte teilte dem Gericht mit Schriftsatz vom 31. März 2015 erneut mit, dass er sich einer etwaigen Erledigungserklärung der Klägerin anschließe (Bl. 76 d.A.).

67

Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass der Beklagte unter dem 21. April 2015 dem VHS … e.V. eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG erteilt habe. Es sei bescheinigt worden, dass die Unterrichtsleistung „Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun im Alter ab 5 Jahren“ der Klägerin an der VHS ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite.

68

Im Hinblick auf die Unterrichtsleistungen an Kindern im Alter von 5 Jahren müsse der Beklagte auch der Klägerin die entsprechende Bescheinigung erteilen. Hinsichtlich der Ablehnung von Unterrichtsleistungen an Kindern im Alter von 3 und 4 Jahren sei die Begründung des Beklagten unzutreffend. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG formuliere nicht die Voraussetzung, dass der Unterricht mit dem regulären Schulunterricht vergleichbar sei. Die Unterrichtsleistungen müssten lediglich ordnungsgemäß sein, um für das Erreichen eines möglichen Berufsziels prinzipiell geeignet zu sein. Für die Steuerfreiheit einer Unterrichtsleistung an Kindern im Vorschulalter komme es nicht auf das Alter des Kindes an, sondern darauf, dass das unterrichtete Fach auch Gegenstand des Unterrichts an öffentlichen Schulen sei und der Unterricht darauf ausgerichtet sei, entsprechende Fähigkeiten in diesem Fach zu vermitteln. Dies sei bei dem WingTsun-Unterricht der Klägerin der Fall.

69

Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2015 ergänzte und vertiefte der Beklagte seinen bisherigen Vortrag. Es müssten besondere Anhaltspunkte hinzukommen, welche den Umstand ausgleichen, dass vor Erreichen des sechsten Lebensjahres in der Regel noch kein planmäßiges Lernen möglich sei. Im Fall der Ballettschulen und Sprachschulen hätten die Gerichte den Freizeitcharakter mit Blick auf in jungen Jahren anstehenden Aufnahmeprüfungen verneint. Beim Schwimmunterricht habe der BFH das Gemeinwohlinteresse an der Erlangung der Fähigkeit, schwimmen zu können, hervorgehoben. Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 22 Abs. 3 SchulG berufen. Der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift mache deutlich, dass vor Erreichen des sechsten Lebensjahres in der Regel gerade noch kein planmäßiges Lernen möglich sei. Auch wenn die Prüfung des unmittelbaren Bildungszwecks im konkreten Einzelfall der Finanzverwaltung überlassen bleibe, ändere dies nichts daran, dass es Sache der Bildungsverwaltung sei, unter Anwendung ihres spezifischen Fachwissens zu prüfen, ob eine Leistung schon grundsätzlich als „reine Freizeitgestaltung“ zu bewerten sei. Der Bescheid vom 21. April 2015 an den VHS … e.V. entfalte keine präjudizierende Wirkung zugunsten der Klägerin für einen WingTsun-Kurs für Kinder im Alter ab 5 Jahren.

70

Mit Schriftsatz vom 4. November 2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin folgende Antragstellung angekündigt:

71

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin ab dem 01.01.2000 auch für die Leistungen

72

- Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

73

- Kita Kurse Wahrnehmung Selbstbehauptung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 3 Jahren)

74

- WingTsun Kids (im Alter von 3, 4 und 5 Jahren)

75

eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu erteilen.

76

Weiter wurde ausgeführt, dass sich eine konkrete Antragstellung bei Klagerhebung auf folgende Leistungen bezogen hätte:

77

- Kita Kurse Wahrnehmung Selbstbehauptung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 3 Jahren)

78

- Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

79

- Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

80

- Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe Wing Tsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung (Jugendliche ab 10 Jahren)

81

- WingTsun Kids (4-9 Jahre Jahre)

82

- WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahre)

83

- WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre)

84

- WingTsun Fachtrainerausbildung

85

- WingTsun Fachtrainerausbildung/-fortbildung (Einzelstunden, Intensivwochenende, Prüfungslehrgänge)

86

Soweit der Beklagte nach Klageerhebung für weitere Leistungen als im ursprünglichen Bescheid vom 3. Dezember 2014 benannt, eine Bescheinigung erteilt hat, werde das Verfahren für erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten die insoweit verursachten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

87

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 führte der Beklagte aus, dass die bisherige Prozessführung der Klägerin unter bewusster Außerachtlassung eines konkreten Klagantrags die Bewertung der teilweisen Erledigungserklärung erschwere. Die Erledigungserklärung beziehe sich auch auf Leistungen, für die bereits mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 die beantragte Bescheinigung erteilt worden sei. Die hierauf gerichteten Klaganträge wären bereits unzulässig gewesen. Die Korrektur der noch im Bescheid vom 21. Januar 2015 ausgesprochenen Ablehnung von WingTsun-Kids (im Alter von 4 bis 9 Jahren) beruhe auf den unzureichenden Angaben der Klägerin hinsichtlich der Altersdifferenzierung der Kurse. Der erforderliche Vortrag sei erst im laufenden gerichtlichen Verfahren nachgeholt worden. Daraufhin sei die Ablehnung dahingehend angepasst worden, dass sie im Bescheid vom 17.03.2015 auf WingTsun-Kids (im Alter von 4 bis 5 Jahren) beschränkt wurde. Hinsichtlich folgender Kurse komme jedoch eine kostenmäßige Wertung zu Lasten des Beklagten in Betracht: Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe Wing Tsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung (Jugendliche ab 10 Jahren), WingTsun Kids (ab 6 Jahre), WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahre), WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre). Bei der Hälfte der offenbar für erledigt erklärten Kursinhalte hätte es jedenfalls eine Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerin gegeben.

88

Mit Schriftsatz vom 6. Januar 2017 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, dass er die Leistungen, die bereits mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 positiv beschieden worden seien, versehentlich zum Gegenstand eines (ursprünglich) angekündigten Klagantrags erklärt habe. Die Beschwer der Klägerin folge aus dem Bescheid vom 03. Dezember 2014. Für sieben Leistungsbereiche sei die Erteilung einer Bescheinigung abgelehnt worden. Soweit der Beklagte nach Klageerhebung weitere Leistungen anerkannt habe, sei eine streitige Auseinandersetzung überflüssig geworden. Die Erledigungserklärung beziehe sich auf folgende Leistungen (siehe Bl. 144 d.A.):

89

- Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)

90

- Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe Wing Tsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung (Jugendliche ab 10 Jahren)

91

- WingTsun Kids (4-9 Jahre Jahre)

92

- WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahre)

93

- WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre)

94

Bezüglich der Kostenverteilung sei zu beachten, dass es im Rahmen der Amtsermittlung leicht herauszufinden gewesen wäre, dass bei der Unterrichtserteilung eine Altersdifferenzierung praktiziert werde bzw. worden sei. Auch im Rahmen einer gebotenen Anhörung hätte der Beklagte Bedenken zum Ausdruck bringen können, die vor Klageerhebung durch ergänzende Angaben bzw. Unterlagen hätten ausgeräumt werden können.

95

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 3. September 2017 zur Klagebegründung ergänzend wie folgt Stellung genommen:

96

Für die in Rede stehende rechtliche Beurteilung der Umsatzsteuerfreiheit bzw. ob eine reine Freizeitgestaltung vorliege, bedürfe es einer objektiven Beurteilung, die es ausschließe, dass die Steuerfreiheit bzw. Steuerpflicht zur Disposition des Unternehmers gestellt werde. Sollte es dennoch auf die Inhalte der Werbung ankommen, werde auf die Ausführungen auf der Homepage der Klägerin (http://waffenklasse.de/sample-page/kids-wing-tsun/) Bezug genommen.

97

Eine Überschneidung der Prüfungskompetenzen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens auf Erteilung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG und der Finanzbehörden dürfe nicht zu Lasten der Unternehmer gehen. Einerseits dürfe die Landesbehörde die Entscheidungskompetenz der Finanzverwaltung nicht vorwegnehmen, die über das Kriterium der „unmittelbar dem Bildungszweck dienenden Leistung“ zu entscheiden habe, anderseits müsse sie allgemein darüber befinden, ob eine Leistung prinzipiell geeignet sei, Bildungszielen zu dienen. Eine Auflösung dieser Überschneidung sei möglich, wenn sich die Landesbehörde und die Verwaltungsgerichtsbarkeit an den Definitionen der Finanzgerichtsbarkeit zum steuerlichen Merkmal der „unmittelbar dem Bildungszweck dienenden Leistung“ orientierten. Das Merkmal „unmittelbar“ beschreibe die Art und Weise, in der die Leistungen bei der Erfüllung des Schul- und Bildungszwecks der Einrichtung eingesetzt werden müssten. Nach dem Zweck der Steuerbefreiung, die gleichmäßige umsatzsteuermäßige Belastung von privaten und öffentlichen Ausbildungsträgern zu gewährleisten, sei ausreichend, dass die Leistung allein oder zusammen mit den Leistungen anderer Unternehmer die Ausbildung ermögliche, fördere, ergänze oder erleichtere.

98

Die Klägerin ist der Ansicht, dass es sich bei den streitgegenständlichen Leistungen für Kinder im Alter ab drei Jahren – wie auch bei künstlerischem Tanzunterricht, Musikunterricht und Schwimmunterricht – um Bildungsleistungen im steuerlichen Sinne handele. Sie seien Gegenstand des Schulunterrichts und förderten und/oder erleichterten zumindest eine spätere Ausbildung zum WingTsun-Lehrer. Für jede der zwölf Leistungsstufen, die es innerhalb des WingTsun Ausbildungssystems gebe, existiere eine Abschlussprüfung. Deren Bestehen sei Voraussetzung dafür, um in den nächsthöheren Leistungsgrad aufzusteigen. Das Bestehen aller Grade sei Voraussetzung dafür, letztlich die engere Berufsausbildung zum WingTsun Trainer beginnen zu dürfen. Die Situation sei insoweit mit der künstlerischen Tanzmethode der Royal Academy of Dance vergleichbar, die mit dem Unterricht an Kindern im vierten Lebensjahr beginne und alters- und leistungsspezifisch über verschiedene Stufen zu einer abgeschlossenen Ausbildung zum Ballettpädagogen führe. Ferner sei die streitgegenständliche Situation auch mit denen privater Musikschulen vergleichbar, die Musikunterricht an Kleinkindern weit vor Vollendung des 4. Lebensjahres erteilten. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin zudem auf die vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein im Rahmen des Bildungsauftrags der Kindertagesstätten herausgegebene Broschüre „Erfolgreich starten, Handreichung für Ethik, Religion und Philosophie in Kindertageseinrichtungen“, die sich unter Punkt 2.1.2 auf Seite 9 mit dem Praxisbeispiel „Vom Umgang mit Angst, Ärger und Wut“ befasse. Aus den dortigen Ausführungen und Verweisungen auf weitere Projekte werde deutlich, dass das zuständige Ministerium die Gewaltprävention im Bildungsauftrag von Kindertagestätten ansiedle.

99

Bei Kids WingTsun handele es sich um Leistungen mit dem Ziel, Fertigkeiten und Kenntnisse der gewaltpräventiven Kampfkunst WingTsun zu lernen. Da der Unterricht auch Kindern im Kindergarten bzw. an Schülerinnen und Schüler in allgemeinbildenden öffentlichen Schulen erteilt werde, seien die Leistungen als steuerfrei zu behandeln, sofern von „ordnungsgemäßen“ Leistungen ausgegangen werden dürfe.

100

Weder der Unterricht in der musikalischen bzw. tänzerischen Früherziehung, noch der Unterricht an Kindern im Alter ab drei Jahren beim Schwimmen seien staatliche Prüfungsvorbereitungen oder Berufsausbildungen im engeren Sinne. Sie dienten im Sinne ihrer prinzipiellen Eignung einer späteren möglichen Ausbildung zum Musiker, Tänzer, Schwimmer bzw. Pädagogen auf diesem Gebiet. Vertieft gelernt seien sie geeignet, das Erreichen der Bildungsziele zu erleichtern, zu fördern, zu unterstützen (vgl. BFH V R 3/05). Die zuletzt genannten Voraussetzungen für die Annahme einer Leistung i. S. d. § 4 Nr. 21 UStG seien ursächlich für die Einbeziehung des Unterrichts an sehr junge Kinder in den begünstigten Bereich der Bescheinigung gewesen.

101

Mit E-Mail vom 13. September 2017 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die als Anlage beigefügte Aufstellung der Unterrichtsinhalte des Kids-WingTsun-Programms übersandt.

102

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 lit. a) bb) UStG für Kita Kurse Wahrnehmung/Selbstbehauptung WingTsun Kids im Alter vor Eintritt in die Jahrgangsstufe vor der Einschulung zurücknimmt und beantragt nunmehr,

103

den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin ab dem 01.01.2000 für die Leistungen Kita Kurs Wahrnehmung/Selbstbehauptung mit WingTsun Kids in der Jahrgangsstufe vor der Einschulung, Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit WingTsun Kids im Alter ab 5 Jahren und WingTsun Kids im Alter von 4 – 5 Jahren eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 lit. a) bb) UStG zu erteilen.

104

Der Beklagte beantragt,

105

die Klage abzuweisen

106

Zur Begründung nimmt der Beklagte auf seine bisherigen Ausführungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren Bezug. Mit Schriftsatz vom 22. September 2017 hat er wie folgt ergänzend Stellung genommen:

107

Von den von der Klägerin im Schriftsatz vom 3. September 2017 als noch streitgegenständlich bezeichneten Kursen sei nur der zuerst genannte Kurs deckungsgleich mit dem Kurs, der im Bescheid vom 17. März 2015 abgelehnt worden sei. Bei den anderen beiden Kursen ergebe sich ein Widerspruch zu den Angaben, die die Klägerin vor Erteilung dieser Bescheinigung am 17. März 2015 gegenüber dem Beklagten gemacht habe. Die Klägerin habe erstmals in einer Anlage zu einer E-Mail vom 11. März 2015 dargelegt, dass der Unterricht getrennt nach den Altersstufen 4 bis 5 Jahre, 6 bis 8 Jahre und 9 bis 10 Jahre stattfinde. Dieser Kurseinteilung entsprechend sei der Bescheid vom 17. März 2015 erlassen worden. Die nunmehr von der Klägerin genannten Kurse würden hinter diesen Angaben zurückgehen, indem sie nun erneut übergreifend als Zielgruppe zum einen „im Alter ab 5 Jahren“ und zum anderen „Kinder im Vorschulalter ab 4 Jahren, die den Unterricht regelmäßig am Institut der Klägerin besuchen“ nennen.

108

Aus der von der Klägerin benannten Werbung erschließe sich nicht, dass die Kurse ab 3 Jahren auch darauf abzielten, geeigneten Lehrernachwuchs frühzeitig zu erkennen und zu fördern. Es sei nicht erkennbar, wie bei den beschriebenen Trainingsinhalten und -zielen für Kinder ab 3 Jahren geeigneter Lehrernachwuchs erkannt und gefördert würde. Vielmehr zeigten die Angaben über die Übungsleiter der Klägerin, dass ein solch frühes Training nicht erforderlich sei. Danach habe die jüngste Trainerin mit 10 Jahren das Training von WingTsun begonnen. Der „Meister“ habe erst mit 16 Jahren angefangen. Offenbar sei es auch bei einem Einstieg im Kinder- oder Jugendlichenalter möglich, alle für einen Lehrergrad erforderlichen Grade zu erlangen. In diesem Punkt unterscheide sich WingTsun von dem anders bewerteten Ballett- bzw. Tanzunterricht. Unter „Die Kids-WingTsun Geschichte“ werde auch dargestellt, dass das Unterrichtsprogramm seit der Gründung der EWTO hauptsächlich auf Jugendliche und Erwachsene zugeschnitten gewesen sei. Erst im Laufe der Jahre seien Erfahrungen im Bereich der Arbeit mit Kindern gewonnen worden. Dies entspreche auch der Darstellung zu Kids-WingTsun auf der Internetseite der EWTO.

109

Soweit die Klägerin ausführt, dass WingTsun-Unterricht Gegenstand des Bildungsprogramms in Kindergärten, öffentlichen Schulen und Volkshochschulen sei, sei zu beachten, dass WingTsun-Kurse von einzelnen Kindertagesstätten, von Schulen im Rahmen des öffentlichen Ganztags angeboten würden. WingTsun stelle im Bereich der öffentlichen Schulen keinen regulären Unterrichtsinhalt dar. Allenfalls könnten einzelne Kampfsportarten nach Ermessen der Lehrkräfte Teil des regulären Sportunterrichts sein. Zur Erläuterung legt der Beklagte einen Auszug aus den Fachanforderungen Sport für die Sekundarstufen I und II vor (Anlage B 10). WingTsun könne beispielhaft als Kampfsportart erläutert und einzelne Elemente in den Unterricht einbezogen werden, falls die Lehrkraft über entsprechende Kenntnisse verfüge. Im Primarbereich hingegen würden abweichende Vorgaben gelten (Anlage B 11). Weiterhin überreichte der Beklagte eine (pädagogische) Stellungnahme des für Kindertageseinrichtungen zuständigen Referats im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie (Anlage B 12). Zusammenfassend führt die Stellungnahme aus, dass WingTsun die eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit eines Kindes nicht fördere. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der benannten Stellungnahme Bezug genommen.

110

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

111

Das Verfahren ist gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat. Ferner ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

112

Die Kammer geht insoweit davon aus, dass der Streitgegenstand der am 6. Januar 2015 erhobenen Klage durch den im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag der Klägerin und durch den Inhalt der Ablehnung des Beklagten vom 3. Dezember 2014 bestimmt wird. Mit ihrer E-Mail vom 20. Oktober 2014 hat die Klägerin den Antragsgegenstand spezifiziert. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 nur teilweise (WingTsun Fachtrainerausbildung und WingTsun Fachtrainerausbildung/-fortbildung [Einzelstunden, Intensivwochenende, Prüfungslehrgänge]) entsprochen. Im Übrigen wurde der Antrag (zunächst) abgelehnt. Mit der Klageerhebung hat die Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie im Hinblick auf die ablehnende Entscheidung des Beklagten die Erteilung einer ergänzenden bzw. präzisierenden Bescheinigung unter Einschluss des Unterrichts an Kindern im Alter ab drei Jahren begehrt. Auf Seite drei der Klagschrift wurden die einzelnen Kurse/Leistungen, auf die sich die Ablehnung vom 3. Dezember 2014 bezogen hat, aufgeführt. Hierauf ist die Klägerin nachfolgend inhaltlich auch eingegangen. Nach verständiger Würdigung des klägerischen Begehrens (§ 88 VwGO) ist von der Klageerhebung nicht dasjenige erfasst gewesen, was der Klägerin bereits zugesprochen wurde.

113

Streitgegenstand sind demnach folgende Kurse/Leistungen geworden: Kita Kurse Wahrnehmung Selbstbehauptung mit Kids-Wing Tsun (im Alter ab 3 Jahren), Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren), Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren), Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe Wing Tsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 10 Jahren), WingTsun Kids (4-9 Jahre), WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahren), WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahre)

114

Sofern die Klägerin im Schriftsatz vom 4. November 2016 angekündigt hat, die Erteilung einer Bescheinigung bei WingTsun Kids auch für Kinder aber 3 Jahren und nicht erst ab 4 Jahren zu beantragen, liegt hierin keine Klageänderung im Sinne einer Klageerweiterung gem. § 91 VwGO. Insoweit handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler. Noch im selben Schriftsatz wurde ausgeführt, dass sich eine Antragstellung bei Klageerhebung auf die Leistung WingTsun Kids (4 bis 9 Jahre) bezogen hätte. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin bei dem Kurs WingTsun Kids den Altersbereich von 4 - 5 Jahren zum Gegenstand ihres Antrags gemacht. Diese Alterseingrenzung entspricht sowohl den Vorgaben bei der ursprünglichen Antragstellung vom 20. Oktober 2014 als auch den Angaben in den Bescheiden des Beklagten. Eine Leistung WingTsun Kids mit einer Alterseingrenzung ab 3 Jahren war bislang nicht Gegenstand des Verfahrens.

115

Der Beklagte hat sich, nachdem er die Bescheide vom 21. Januar 2015 und 17. März 2015 in das Verfahren einbezogen hat, bereits vorab einer – auf die jeweiligen Abhilfen/Änderungen bezogenen – Erledigungserklärung der Klägerin angeschlossen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 4. November 2016 das Verfahren für erledigt erklärt, soweit es nicht die ebenfalls in diesem Schriftsatz benannten Verpflichtungsanträge betrifft. Das Verfahren hat sich daher durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen bezüglich folgender Leistungen/Kurse erledigt: WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahre), WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahren), Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe WingTsun-Selbstbehauptung/Selbstverteidigung (Jugendliche ab 10 Jahre), WingTsun Kids (ab 6 Jahre).

116

Hinsichtlich der Leistung Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren) liegt eine – jedenfalls konkludente – Klagerücknahme der Klägerin vor. Die Klägerin hat zwar im Schriftsatz vom 6. Januar 2017 ausgeführt, dass sie bezüglich dieses Kurses die Erledigung erklärt. Eine Erledigung im prozessualen Sinne stellt dies jedoch nicht dar. Der Beklagte hat nicht der Klägerin, sondern dem VHS ... e.V. eine entsprechende Bescheinigung erteilt. Das klägerische Begehren wurde somit (noch) nicht erfüllt. Gleichwohl war nicht diese Leistung Gegenstand der mit Schriftsatz vom 4. November 2016 angekündigten Anträge, obwohl im selben Schriftsatz ausgeführt wurde, dass sich eine Antragstellung bei Klagerhebung auch auf diesen Kurs bezogen hätte. Demzufolge hat die Klägerin von der Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Bescheinigung für diese Leistung während des Gerichtsverfahrens Abstand genommen. Diese Leistung war überdies auch nicht Gegenstand der in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge. Es handelt sich insoweit um einen Fall der nachträglichen quantitativen Beschränkung des Klagebegehrens, welcher als teilweise Rücknahme der Klage anzusehen ist (vgl. Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, 32. EL 2016, § 92 Rn 11 m.w.N.).

117

Die Klägerin hat des Weiteren den Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Bescheinigung für die Leistung Kita Kurs Wahrnehmung/Selbstbehauptung mit WingTsun Kids teilweise zurückgenommen. Gegenstand der Klage war ursprünglich die benannte Leistung mit einer Altersangabe ab 3 Jahren. Diese Altersangabe hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung dahingehend eingeschränkt, dass nur noch Leistungen für Kinder in der Jahrgangsstufe vor der Einschulung betroffen sein sollen. Soweit Kinder im Alter vor Eintritt in die Jahrgangsstufe vor der Einschulung betroffen gewesen sind, hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Die Erklärungen der Klägerin sind im Lichte von § 22 Abs. 1 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes auszulegen. Danach werden mit Beginn des Schuljahres alle Kinder schulpflichtig, die bis zum 30. Juni des laufenden Kalenderjahres sechs Jahre alt geworden sind. Demzufolge hat die Klägerin nach Klageerhebung eine Teilmenge von Kindern im Alter von 3 Jahren bis zum Eintritt in die Jahrgangsstufe vor Einschulung aus der Leistungsbeschreibung ausgenommen.

118

II. Hinsichtlich der noch streitbefangenen Leistungen bzw. Kurse hat die Klage Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Bescheinigungen im tenorierten Umfang. Die entsprechende Ablehnung des Antrags durch den Beklagten war rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

119

Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Danach sind Umsätze aus unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten.

120

§ 4 Nr. 21 a) bb) UStG dient der Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie, vgl. Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, Kommentar zum UStG, 78. El 2016, § 4 Nr. 21 [Fortsetzung] Rn 8 ff, 19 ff. m.w.N.). Danach befreien die Mitgliedstaaten Umsätze aus Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie beruflicher Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder anderen Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung von Steuern. Bei der benannten Richtlinienregelung handelt es sich jedoch nicht um die Anspruchsgrundlage für die Erteilung der begehrten Bescheinigung.

121

Die Zuständigkeit des Beklagten für die Bescheinigungserteilung ergibt sich aus § 2 der Landesverordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden nach § 4 des Umsatzsteuergesetzes vom 7. Juli 1993. Dort wird zwar die die zuständige Landesbehörde im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erwähnt. Gleichwohl wird hiermit die heutige Regelung in § 4 Nr. 21 a) bb) UStG erfasst, da das UStG seit 1993 mehrfach geändert wurde und im Zuge dessen auch die konkrete Bezifferung in § 4 Nr. 21 UStG. Konkret ergibt sich die Zuständigkeit des Beklagten aus § 2 Nr. 2 der benannten Verordnung, wonach bei anderen allgemeinbildenden und berufsbildenden Einrichtungen die oberste Landesbehörde zuständig ist, in deren Geschäftsbereich die Angelegenheit des Berufes oder der Prüfung fällt. Vorliegend geht es bei den streitbefangenen Leistungen schwerpunktmäßig um die Ausbildung zum WingTsun-Lehrer. Diese findet (auch) in sog. Kampfsportschulen statt. Ausweislich des eigenen Verständnisses des Beklagten fällt das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr. 21 UStG für Kampfsportschulen, wozu auch die Einrichtung der Klägerin gehört, in seinen Geschäftsbereich (siehe Bl. 119 d.A.). Maßgeblich ist insoweit nicht, dass es dem Wortlaut von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG nach um „dem Schul- oder Bildungszweck dienende Leistungen“ geht. Dies würde auf alle Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zutreffen und stets die Zuständigkeit des Beklagten begründen.

122

Gegenstand des Bescheinigungsverfahrens sind die konkreten von der Klägerin angebotenen Leistungen und nicht allein die von ihr betriebene Einrichtung als solche. Die Kammer sieht sich wegen der in diesem Zusammenhang grammatikalischen Mehrdeutigkeit des Wortlauts der Anspruchsgrundlage zu einer Klarstellung veranlasst. Im Eingangssatz der Anspruchsgrundlage werden sowohl die unmittelbar dem Bildungszweck dienenden Leistungen als auch die Schulen bzw. die berufsbildenden Einrichtungen angeführt. Weiter heißt es dann in der Vorschrift, dass die Umsätze steuerfrei sind, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass „sie“ auf einen Beruf oder eine von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Mit der Bezugnahme durch das Wort „sie“ könnten somit sowohl die konkreten – unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden – Leistungen, als auch die Schulen oder – wie hier – Einrichtungen gemeint sein. Je nachdem welches Bezugsobjekt gewählt wird, könnten sich der Prüfungsumfang bzw. der von der Landesbehörde zu berücksichtigende Prüfungsinhalt unterschiedlich darstellen. Letztlich hätte dies auch Konsequenzen für die korrekte Antragstellung sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren. In Frage kommt demnach eine spezifizierte Bescheinigung mit allen (beantragten bzw. bewilligten) Kursen/Leistungen oder lediglich eine Globalbescheinigung in der Art, dass die Einrichtung als solche – ohne die Kurse/Leistungen konkret zu prüfen – auf einen Beruf bzw. eine Prüfung vorbereitet.

123

Die Kammer schließt sich in diesem Zusammenhang den Ausführungen des VG Düsseldorf im Urteil vom 10.03.2003 (Az. 25 K 6938/02, zitiert nach juris) an. Dort wurde zu dieser Fragestellung Folgendes ausgeführt:

124

Sinn des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist es, der Beklagten als sachverständiger Stelle die Beurteilung zu überlassen, ob die Ausbildungsleistungen einer privaten Einrichtung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung oder beides vorbereitet, es wird die Eignung der Einrichtung hierzu bescheinigt. Die Bescheinigung bindet die Finanzämter bei der Festsetzung der Umsatzsteuer unmittelbar, eine neuerliche Überprüfung einzelner Unterrichtsleistungen auf ihre Eignung, berufs- oder prüfungsvorbereitend zu sein, findet im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer nicht statt (Vgl.: BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 -, BStBl. II, S. 815)

125

Private Bildungsreinrichtungen sind jedoch, anders als eine staatliche Schule, nicht verpflichtet, nur solche Unterrichtsleistungen anzubieten, die ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten, sondern sie können neben ihrer Ausbildung auch andere Kurse anbieten, die nicht der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung dienen, etwa Hobbykurse. Für derartige Kurse ist jedoch eine Umsatzsteuerbefreiung im Gesetz nicht vorgesehen, die privaten Bildungseinrichtungen sind nur insoweit von der Umsatzsteuer befreit, als sie den staatlichen Bildungseinrichtungen vergleichbar sind. Unter diesen Umständen ist es Aufgabe der jeweiligen Stellen, die auf Grund ihrer Sachkunde dafür von den Landesregierungen ausgewählt wurden, bereits bei der Ausstellung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG die Kurse bzw. Unterrichtsleistungen im Einzelnen zu bezeichnen, die die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG erfüllen. Anderenfalls könnte im Extremfall eine Einzige prüfungsvorbereitende Unterrichtseinheit dazu führen, dass eine Schule mit ihren gesamten Leistungen von der Umsatzsteuer befreit würde, auch wenn der überwiegende Teil der Kurse die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG nicht erfüllt. Ebenso wenig ist es Sinn der Vorschrift, allen Unternehmern die Bescheinigung zu verweigern, die über ihre berufs- und prüfungsvorbereitende Unterrichtsleistung hinaus noch andere Unterrichtseinheiten anbieten. Auf diese Weise würde die Gleichstellung privater mit öffentlichen Schulen, die § 4 Nr. 21 a) bb) UStG anstrebt, verfehlt. Um die Umsatzsteuerbefreiung dem Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechend einer privaten Bildungseinrichtung in dem Umfang zukommen zu lassen, in dem sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet, sind daher die Unterrichtsleistungen insoweit auf ihre Eignung hin zu überprüfen und in der Bescheinigung zu benennen. Dadurch kann auch vermieden werden, dass bei der Auslegung der Bescheinigung durch das Finanzamt Fehler unterlaufen oder es zu Missverständnissen kommt. Die Bescheinigung, die ja die Finanzämter entlasten soll, würde auf diese Weise die Umsatzsteuerprüfung deutlich vereinfachen. Dies bedeutet auch keinen unvertretbar hohen Mehraufwand für die zuständigen Landesbehörden. Denn schon bisher mussten die Unterrichtsleistungen fachlich begutachtet, eventuell mit den Lehrplänen entsprechender staatlicher Schulen verglichen und auf ihre Eignung hin überprüft werden. Die einzelnen Kurse noch in den Bescheid aufzunehmen, ist demgegenüber ein zu vernachlässigender Aufwand.

126

Des Weiteren ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, dass nicht unerhebliche Bestimmtheits- bzw. Wertungsprobleme entstehen könnten, wenn die Bescheinigung allein für die betroffene Einrichtung erteilt werden soll, diese aber mehr als eine Leistung im Sinne von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG anbietet. Dies betrifft insbesondere die Konstellation, in der die Einrichtung mehrere Leistungen anbietet, aber nur eine Teilmenge hiervon der Berufs- bzw. Prüfungsvorbereitung dient. Es würde sich dann die Frage stellen, ab welchem Verhältnis der verschiedenen Teilmengen zueinander (berufs- bzw. prüfungsvorbereitende Kurse und solche, die nicht diesem Zweck dienen) eine Bescheinigung zu erteilen oder zu versagen wäre.

127

Auch die – wohl überwiegende – finanzgerichtliche Rechtsprechung verlangt, dass sich aus der Bescheinigung ergeben muss, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten (vgl. BFH Urt. v. 20.03.2014 – V R 3/13 – mit Verweis auf BFH, Urt. v. 17.04.2008 – V R 58/05 – jeweils nach juris; vgl. im Ergebnis auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.10.2014 – 6 K 2249/12 - juris). Ferner geht auch die überwiegende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung – ohne dies jedoch näher zu erörtern und trotz teilweise nicht hinreichend präziser Formulierungen – davon aus, dass Gegenstand der materiell-rechtlichen Prüfung die Bescheinigungsfähigkeit der konkreten Leistungen bzw. Kurse des Einrichtungsträgers ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.06.2013 – 9 C 4/12 – juris, Rn. 11; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 03.05.2012 – OVG 9 B 4.11 – juris; OVG Münster Urt. v. 07.05.2009 – 14 A 2934/07 – juris; VG Darmstadt, Urt. v. 09.07.2009 – 7 K 97/08.DA (3) – juris).

128

Durch die zuständige Behörde – und damit auch durch die Verwaltungsgerichte – ist demnach lediglich zu prüfen, ob die streitgegenständlichen Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Ob hingegen eine unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistung einer privaten Schule oder einer anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung anzunehmen ist, haben die Finanzbehörden und ggf. nachfolgend die Finanzgerichtsbarkeit zu klären (BVerwG, Urt. v. 03.12.1976 – VII C 73/75 – juris Rn. 22; BFH, Urt. v. 18.12.2003 – V R 62/02 – juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 03.05.2012 – 9 B 4.11 – juris Rn. 16; VG Düsseldorf, Urt. v. 07.03.2014 – 25 K 4449/13 – juris Rn. 27/28).

129

Die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG bindet die Finanzbehörden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i Mehrwertsteuersystemrichtlinie handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zuständigen Landesbehörde übertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären (vgl. BFH, Urt. v. 28.05.2013 – XI R 35/11 – juris, m.w.N.). Bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG handelt es sich um einen für das weitere Verfahren verbindlichen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO. Lehnt die zuständige Landesbehörde die Erteilung der Bescheinigung für bestimmte Leistungen einer privaten Einrichtung ab, ist die Finanzverwaltung auch dann gehindert, diese Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wenn sie in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen, der Umsatzsteuer nicht unterliegenden Bildungsträgern erbracht werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.06.2013 – 9 C 4/12 – juris; BFH, Urt. v. 23.08.2007 - V R 4/05 – juris).

130

Voraussetzungen für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist, dass die von der Klägerin erbrachten Unterrichtsleistungen eine ordnungsgemäße Berufs- bzw. auch Prüfungsvorbereitung i.S.v. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG darstellen. Ordnungsgemäß ist eine steuerlich privilegierte Leistung in diesem Sinne dann, wenn sie 1.) objektiv geeignet ist, der Prüfungsvorbereitung bzw. Berufsvorbereitung zu dienen, 2.) von einem seriösen Institut erbracht wird und 3.) die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.12.1976 – VII C 73.75 – juris; Urt. v. 12.06.2013 – 9 C 4/12 – juris Rn. 16; OVG Münster, Beschl. v. 18.07.2011 - 14 A 48/09 - juris Rn. 3 ff.; VG Düsseldorf, Urt. v. 07.03.2014 – 25 K 4449/13 – juris Rn. 29/30).

131

Die Kammer hat vorliegend keine Zweifel daran, dass die Voraussetzungen zu 2.) und 3.) von der Klägerin erfüllt werden. Zum einen hat der Beklagte die Erfüllung dieser Voraussetzung nicht in Abrede gestellt. Zum anderen hat er durch die bisher erteilten Bescheinigungen jedenfalls konkludent zum Ausdruck gebracht, dass er diese Anforderungen als erfüllt ansieht. Im Übrigen hat die Klägerin diverse Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die von ihr eingesetzten Lehrkräfte zur Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in der Kampfkunst WingTsun hinreichend qualifiziert sind.

132

Die (noch) streitbefangenen Leistungen (Kurse) für Kinder im Alter ab 4 bzw. 5 Jahren sind zudem objektiv geeignet, der Prüfungs- bzw. Berufsvorbereitung zu dienen. Die Kammer ist nach dem Vortrag der Klägerin und der Sichtung der dem Verfahren zugrunde liegenden Unterlagen davon überzeugt, dass die streitgegenständlichen Leistungen für Kinder im Alter ab 4 Jahren jedenfalls auch der Berufsvorbereitung im Sinne von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG dienen. Die Einwendungen des Beklagten hiergegen führen zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

133

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist unter einer ordnungsgemäßen Berufsvorbereitung die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin zu verstehen. In Abwendung von seiner ursprünglichen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 03.12.1976 – VII C 73.75 – juris) liegt eine Vorbereitung auf einen Beruf nicht nur dann vor, wenn spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, vermittelt werden. Vielmehr kann nach dem Wortsinn unter „Vorbereitung auf einen Beruf“ im Sinne von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG auch die Vorbereitung „auf irgendeinen Beruf“ oder „auf das Berufsleben“ verstanden werde; ausreichend ist mithin die Vorbereitung auf die Berufswahl (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.06.2013 – 9 C 4/12 – juris). Zweck der Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist neben der Förderung solcher Leistungen deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsträgern. Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung der in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen und privaten Ausbildungsträgern erbrachten Leistungen wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG nur für Leistungen erteilt wird, die der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf dienen. (BVerwG, Urt. v. 12.06.2013 – 9 C 4/12 – juris).

134

Zudem sei ein erweitertes Verständnis des Anwendungsbereichs auch durch das Effektivitätsprinzip geboten. Danach sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgericht sind die Tatbestandsvoraussetzungen von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) Mehrwertsteuersystemrichtlinie ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Dadurch wird zugleich dem Zweck der Verfahrensstufung möglichst weitgehend Rechnung getragen, dass vor der eigentlichen Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung zunächst die zuständige Landesbehörde ihr spezifisches Fachwissen über die Leistungsinhalte der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einbringt (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.06.2013 – 9 C 4/12 – juris).

135

Die Kammer geht ferner davon aus, dass die Bescheinigungsfähigkeit von Leistungen nicht grundsätzlich mit dem Argument verneint werden kann, diese müssten an Kinder gerichtet sein, die sich zumindest im schulpflichtigen Alter befinden. Eine solche Einschränkung lässt sich weder dem Wortlaut von § 4 Nr. 21 a) bb) UStG noch dem europäischen Recht entnehmen. Insoweit schließt sich die Kammer den Ausführungen des OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 03.05.2012 – OVG 9 B 4.11 – juris) an, welches hierzu Folgendes ausgeführt hat:

136

„Nach dem § 4 Nr. 21 a bb UStG (jetzt) zu Grunde liegenden Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i RL 2006/112/EG befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Die Steuerbefreiung ist damit vom Wortlaut der Vorschrift her weit gefasst, was das Alter der Adressaten des Bildungsangebots angeht, und umfasst insbesondere auch nicht schulpflichtige Kinder („Erziehung von Kindern“). Eine Einschränkung der Steuerbefreiung, die auch auf die Bescheinigungsfähigkeit nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe b UStG durchschlagen würde, lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass europarechtlich (nur) eine steuerliche Gleichbehandlung staatlicher und nichtstaatlicher Angebote erreicht werden solle und deshalb Bildungs- und Erziehungsangebote privater Einrichtungen nur dann umsatzsteuerbefreit sein sollten, wenn es ein vergleichbares staatliches Angebot gebe. Vielmehr verfolgen die richtlinienrechtlichen Befreiungsvorschriften, zu denen auch Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i gehört, vorrangig das Ziel, die Versorgung mit gemeinwohlrelevanten Leistungen wie etwa Bildungsleistungen nicht mit der Umsatzsteuer zu belasten (vgl. zu Bildungsleistungen EuGH, Urt. v. 14.06.2007 – C-445/05, Slg. 2007, I-04841, Rn. 16). Daneben wird zwar auch das Ziel einer steuerneutralen Behandlung öffentlicher und privater Träger verfolgt (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 08.06.2006 – C-106/05, Slg. 2006, I-5123, Rn. 32). Dies bedeutet indes nicht, dass eine Steuerbefreiung ausgeschlossen wäre, wenn kein staatliches Angebot vorhanden ist. Vielmehr ist eine Steuerbefreiung unabhängig von der Entscheidung der Mitgliedstaaten, gemeinwohlrelevante Leistungen durch staatliche oder private Träger erbringen zu lassen. Eine vollständige Überlassung der Leistungserbringung an Private schließt daher eine Umsatzsteuerbefreiung nicht aus. Der Umstand, dass die Richtlinienvorschrift zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts und anderen Trägern mit vergleichbarer anerkannter Zielsetzung differenziert, ist allein dem Schutz- und Kontrollinteresse der Mitgliedstaaten geschuldet. Während bei öffentlich-rechtlichen Trägern ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass diese die in der Vorschrift genannten Zwecke erfüllen, soll bei anderen Trägern noch eine staatliche Anerkennung erforderlich sein.“

137

Die Klägerin gibt an, dass die von ihr angebotenen Kurse jedenfalls auch auf den Beruf des WingTsun-Trainers vorbereiten sollen. Hierbei handelt es sich um eine von Art. 12 Abs. 1 GG erfasste und geschützte berufliche Tätigkeit (so bereits VG Schleswig, Urt. v. 17.02.2010 – 4 A 24/07 – juris). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unter Beruf im Sinne von Art. 12 Abs. 1 GG jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu verstehen, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient (vgl. etwa Beschl. v. 26.03.2006 – 1 BvR 1054/04 –, E 115, 256 m.w.N.). Es besteht kein Anlass, für die Erteilung von Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG von diese Definition abzuweichen.

138

Für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist es ausreichend, dass die Leistungen, für die sie ausgestellt werden soll, den Zielen der Berufsaus- oder Berufsfortbildung dienen, d.h. diese ermöglicht, ergänzt, fördert, erleichtert oder auf die Wahl eines Berufes vorbereitet. Es ist nicht erforderlich, dass entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind. Auf die Ziele der Personen, welche die Einrichtung besuchen, kommt es ebenfalls nicht an. Es ist unerheblich, ob sich die Personen, an die sich die Leistungen der Einrichtung richten, tatsächlich auf einen Beruf oder eine Prüfung des öffentlichen Rechts vorbereiten (wollen). Es kommt daher ebenso wenig darauf an, ob die Teilnehmer für sich bereits eine Entscheidung für einen bestimmten Beruf getroffen haben oder aufgrund ihres Alters treffen können (vgl. hierzu OVG Münster, Urt. v. 07.05.2009 – 14 A 2934/07 – juris; VG Sigmaringen, Urt. v. 11.10.2006 – 1 K 1413/05 – juris; VG Stuttgart, Urt. v. 16.11.2006 – 1 K 814/06 – juris, jeweils m.w.N.).

139

Unter Berücksichtigung der vorangestellten rechtlichen Grundsätze geht die Kammer davon aus, dass die streitgegenständlichen Kurse für Kinder ab 4 Jahren Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die sowohl für die Ausübung des Berufs „WingTsun-Trainer“ jedenfalls förderlich bzw. hilfreich sind bzw. auf das Berufsleben als solches vorbereiten.

140

In den betroffenen Kursen werden sowohl motorische und kognitive Fertigkeiten als auch soziale und verhaltensorientierte Kompetenzen vermittelt. Die Klägerin hat anhand der vorgelegten Unterrichtsinhalte hinreichend dargelegt, dass mit den Kindern im betreffenden Alter Bewegungsabläufe und Verhaltensmuster trainiert werden, die als Grundlagen für die Fortsetzung der Ausbildung im Bereich des WingTsun dienen. Es kommt nach den vorab dargestellten Grundsätzen nicht darauf an, dass mit der Vermittlung dieser Fertigkeiten und Kompetenzen zwingend im Kindesalter unter 6 Jahren begonnen werden muss, damit eine erfolgreiche Ausbildungsfortsetzung bzw. Berufsausübung gewährleistet werden kann. Es ist für die Kammer jedenfalls nicht ersichtlich, dass die angesprochenen Leistungen für die spätere Berufsausübung völlig nutzlos und damit auch nicht bescheinigungsfähig sind. Vielmehr weisen die Leistungen für Kinder unter 6 Jahren einen angemessenen und leistungsaufbauenden Inhalt auf und weisen eine in sich schlüssige Ausbildungsstruktur auf. Dies ergibt sich insbesondere aus der von der Klägerin vorgelegten Zusammenfassung der Ausbildungsinhalte der Kids-WingTsun Basis-Kurse. Diese Ausbildungsinhalte wurden von der Klägerin auch im Schriftsatz vom 03. September 2017 zusammengefasst dargestellt.

141

Dort werden zunächst allgemeine Programmziele und die beherrschenden Fähigkeiten dargestellt. Beispielsweise wird ausgeführt, dass Kinder in Streitsituationen Zeugen einbinden und auf ihre (gefährliche) Situation aufmerksam machen können sollen. Hierzu gehört auch das Einsetzen von Mimik und Gestik. Bei dem Punkt „Koordinations-Solo-Formen“ wird ausgeführt, dass die Kinder Bewegungsabläufe erlernen und diese selbstständig nachmachen. Hierbei werden die koordinativen Fähigkeiten gefordert und gefördert. Das Erlernen der Solo-Formen stärke auch die Konzentrationsfähigkeit der Kinder. Ferner werden die Grundtechniken des WingTsun-System vermittelt. Hierzu gehören verschiedene Schritttechniken, Gewichtsverlagerungen, Handflächenstöße, Tritttechniken sowie das Koordinieren von gleichzeitigem Abwehren und Angreifen. Der Lehrplan sieht weiterhin sog. Fühl-und Balance-Übungen vor. Hierbei geht es insbesondere um das Lernen von Bewegungsabläufen und Reaktionsfähigkeiten, um sich vor Verletzungen durch Stürze zu schützen. Die weiteren Ausführungen in dem Lehrplan stellen dar, dass den Kindern diverse optische und taktile Fähigkeiten im Bereich der Selbstverteidigung vermittelt werden. Ferner gehören zum Lehrplan Rollenspiele und weitere Übungen zur Gewaltprävention. Die Zusammenfassung der Ausbildungsinhalte endet mit Ausführungen speziell zum Kursprogramm für Kindertagesstätten. Dieses beinhaltet eine Vermittlung der zuvor ausführlich dargestellten Komponenten in einem Kurs mit sechs Unterrichtsstunden.

142

Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es – insbesondere im Hinblick auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip – nicht darauf an, dass die streitgegenständlichen Leistungen der Klägerin auch Gegenstand des regulären Schulunterrichts oder regulärer Bestandteil der vorschulischen Ausbildung in Schleswig-Holstein ist. Dies würde den Zielen Verhinderung der Belastung mit der Umsatzsteuer bei der Versorgung mit gemeinwohlrelevanten Leistungen, wie etwa Bildungsleistungen und die steuerneutrale Behandlung öffentlicher und privater Träger – entgegenstehen. Eine Steuerbefreiung, wofür die Bescheinigungserteilung notwendige Voraussetzung ist, soll vielmehr unabhängig von der Entscheidung der Mitgliedstaaten, gemeinwohlrelevante Leistungen durch staatliche oder private Träger erbringen zu lassen, erfolgen. Überdies hat der Beklagte angegeben, dass auch WingTsun gelegentlich an öffentlichen Schulen im Rahmen der Ergänzung des regulären Sportunterrichts angeboten wird. Der EuGH hat sich in seiner Rechtsprechung zum Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) Mehrwertsteuersystemrichtlinie bzw. seiner Vorgängerregelung (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe j der Richtlinie 77/388/EWG) gegen eine zu enge Auslegung des Begriffs „Schul- und Hochschulunterricht“ ausgesprochen. Aufgrund der unterschiedlichen Unterrichtssysteme in den Mitgliedsstaaten bestehe anderenfalls die Gefahr, dass das Mehrwertsteuersystem je nach Unterrichtsystem unterschiedlich angewendet werde (vgl. EuGH, Urt. v. 14.06.2007 – C 445/05 – juris). Es ist daher weder ein direkter Bezug zu einem Beruf erforderlich, noch müssen die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein (so auch BFH, Urt. v. 28.05.2013 – XI R 35/11 – juris). Allein dies rechtfertigt nach den dargestellten Grundsätzen die Gleichstellung öffentlicher und privater Träger bei der Erbringung von Bildungsleistungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Leistungen dauerhaft und planmäßig auch von Schulen angeboten werden.

143

Die weiteren von der Beklagten gegen die Bescheinigungsfähigkeit der streitbefangenen Kurse angeführten Argumente überzeugen ebenfalls nicht:

144

So obliegt es nicht dem Beklagten zu prüfen, ob die streitbefangenen Leistungen als reine Freizeitgestaltung zu bewerten sind und daher im Ergebnis nicht von der Umsatzsteuer zu befreien sind. Diese Prüfung haben die Finanzämter und nachfolgend die Finanzgerichte vorzunehmen, wenn sie sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es sich bei den jeweiligen Leistungen um unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen handelt (vgl. etwa BFH, Urteil v. 28.05.2013 – XI 35/11 – juris, m.w.N.; FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 09.10.2014 – 6 K 2249/12 – juris zur Umsatzsteuerfreiheit von Kampfsportkursen).

145

Das Argument der Beklagten, wonach vor Erreichen des 6. Lebensjahres in der Regel noch kein planmäßiges Lernen möglich sei und die streitbefangenen Kurse daher nicht bescheinigungsfähig seien, ist für die Kammer ebenso nicht hinreichend nachvollziehbar. Zum einen führt der Beklagte selbst diverse verwaltungsgerichtliche Entscheidungen an, aus denen sich ergibt, dass zum Beispiel im Bereich des Ballettunterrichts, des Schwimmunterrichts oder der musikalischen Früherziehung Leistungen für Kinder unter 6 Jahren als bescheinigungsfähig erachtet wurden. Zum anderen hat der Beklagte dem VHS ... e.V. eine Bescheinigung für einen WingTsun-Kurs für Kinder ab 5 Jahren erteilt. Dies ist unter Beachtung seiner eigenen Argumentation inkonsequent. Überdies hat der Beklagte die pauschale Aussage hinsichtlich der grundsätzlichen Unmöglichkeit eines planmäßigen Lernens nicht belegt.

146

Die Annahme des Beklagten steht auch nicht im Einklang mit der der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Bescheinigungsfähigkeit von Leistungen für Kleinkinder und den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen Umständen. Schon vor der Rechtsprechungsänderung des Bundesverwaltungsgerichts ging die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung von einer Berufsvorbereitung beispielsweise bei Unterricht von Musik- und Ballettschulen auch für Kleinkinder aus (VG Düsseldorf, Urt. v. 16.02.2005 – 25 K 1742/04 – juris Rn. 22; VG Darmstadt, Urt. v. 09.07.2009 – 7 K 97/08; VG Stuttgart, Urt. v. 16.11.2006 – 1 K 814/06 – juris Rn. 20 ff. m.w.N.), wobei teilweise auf die besonderen Anforderungen an die Ausbildung von Berufstänzern und Berufsmusikern abgestellt wurde (VG Darmstadt, Urt. v. 09.07.2009 – 7 K 97/08; VG Stuttgart, Urt. v. 16.11.2006 – 1 K 814/06 – juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urt. v. 16.02.2005 – 25 K 1742/04 – juris Rn. 25). Den Entscheidungen kann – direkt oder indirekt – entnommen werden, dass auch bei Kindern im Vorschulalter ein planmäßiges Lernen möglich ist.

147

Das Verwaltungsgericht Bremen hat beispielsweise Leistungen im Bereich des frühkindlichen Sprachunterrichts – konkret Englischkurse für Kinder ab 2 Jahren – für anerkennungsfähig erachtet (vgl. Urt. v. 30.10.2015 – 2 K 473/13 – juris) und insbesondere Folgendes ausgeführt (Rn 27):

148

Aus Sicht des Gerichts kann insoweit kein Unterschied zwischen der Sprachförderung von Kleinstkindern und der Förderung von Grundschulkindern gemacht werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Förderung der englischen Sprache generell als Berufsvorbereitung zu werten ist und die Ergebnisse der Förderung umso besser sind, umso früher die Förderung einsetzt. Aufgrund dieses Umstandes weist die Unterrichtsleistung der Klägerin eine Berufsbezug i.S.v. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG in der weiten Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts auf, obwohl ein erheblicher zeitlicher Abstand zwischen der sprachfördernden Maßnahme und einem voraussichtlichen Berufsbeginn besteht.

149

Auch im Rahmen der Bewertung der streitgegenständlichen Leistungen ist nicht ersichtlich, dass es einen relevanten Unterschied zwischen der Förderung und Vermittlung der motorischen und kognitiven Fertigkeiten sowie der sozialen Fähigkeiten bei Kindern von 4 bis 6 Jahren und bei Kinder ab 6 Jahren gibt. Dies konnte die Beklagte jedenfalls nicht nachvollziehbar darlegen. Sofern in den benannten Entscheidungen auch darauf abgestellt wurde, dass sich die Privilegierung von Leistungen an Kindern im Vorschulalter damit rechtfertigen lässt, dass bereits in diesem Alter mit der Ausbildung begonnen werden müsse, damit eine spätere Fortsetzung – vor allem im Bereich des Balletts und der Musikerziehung – sinnvoll bzw. erfolgversprechend ist, ist dies nach Auffassung der Kammer – jedenfalls nach der Rechtsprechungsänderung des Bundesverwaltungsgerichts – für die Erteilung einer Bescheinigung nicht (mehr) erforderlich. Sollen danach auch die Berufsvorbereitung bzw. die Vorbereitung auf die Berufswahl als solche, d.h. losgelöst von einem bestimmten Beruf, von der Umsatzsteuerfreiheit erfasst werden, kann es nicht darauf ankommen, ob Fertigkeiten und Kenntnisse zum einen im Hinblick auf einen bestimmten Beruf und zum anderen notwendigerweise bereits im Vorschulalter vermittelt werden.

150

In diesem Zusammenhang geht die Kammer davon aus, dass die von der Klägerin in den streitbefangenen Kursen vermittelten Inhalte nicht nur der Vorbereitung auf die Ausbildung zum WingTsun-Trainer dienen, sondern auch für die Vorbereitung auf das Berufsleben als solches zumindest förderlich sind. Dabei geht es insbesondere um die Vermittlung von Kenntnissen im Bereich der Gewaltprävention. Hierbei handelt es sich um soziale Kompetenzen, die zum Teil auch im Rahmen des Schulunterrichts vermittelt werden (vgl. hierzu FG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).

151

Für die Kammer besteht im Hinblick auf den im Kern verfolgten Zweck der Bescheinigungserteilung – Umsatzsteuerfreiheit von Bildungsleistungen – kein signifikanter Unterschied beispielsweise zwischen frühkindlichem Englischunterricht oder musikalischen oder tänzerischen Angeboten an Kleinkinder und den von der Klägerin angebotenen Leistungen. Die Klägerin hat hinreichend dargelegt, dass Aspekte der Gewaltprävention sowohl schon Gegenstand der frühkindlichen Bildung (dazu sogleich) als auch der Schulbildung sind oder sein können. Es kommt nach Auffassung der Kammer insofern auch nicht darauf an, ob an der Vermittlung von Kenntnissen im Bereich der Gewaltprävention ein besonders hohes Gemeinwohlinteresse besteht. Dieses Kriterium wird zwar in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zum Schwimmunterricht für Kinder im Vorschulalter herangezogen, um die Befreiung von der Umsatzsteuerfreiheit zu begründen (vgl. BFH, Urt. v. 05.06.2014 – V R 19/13 – juris). Für die hiesige (direkte) Anspruchsprüfung ist dieses Kriterium jedoch unmaßgeblich. Unabhängig davon kann die Kammer nicht erkennen, warum das Erlernen von Methoden und Techniken zum Zwecke der Vermeidung von körperlichen Auseinandersetzungen und damit verbunden auch die mögliche Verhinderung von ggf. langfristigen physischen oder psychischen Schäden nicht ebenfalls im Interesse der Allgemeinheit liegen soll.

152

Auch die vom Beklagten vorgelegte – undatierte – Stellungnahme aus dem Referat Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflege, vorschulische Sprachförderung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren (Anlage B 12) ist nicht geeignet, die Bescheinigungsfähigkeit der streitbefangenen Leistungen der Klägerin in Frage zu stellen. Zunächst leidet der Aussagewert der Stellungnahme darunter, dass der Verfasser bzw. die Verfasserin nicht angegeben wurde und dessen Qualifikation für die vorgenommene Beurteilung nicht bewertet werden kann.

153

Die Stellungnahme verhält sich sodann zur ganzheitlichen Bildung von Kindern und Jugendlichen. Es wird ausgeführt, dass durch die in Rede stehenden Gewaltpräventionsangebote in Form von Selbstverteidigungskursen eine ganzheitliche Bildung gerade nicht ermöglicht werde. Es wird darauf abgestellt, dass die Angebote der Klägerin einen gewollten disziplinierenden und kontrollierenden Charakter aufweisen würden. Hierfür finden sich in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen, insbesondere in dem dargestellten Lehrplan für WingTsun-Kids, jedoch keine belastbaren Anhaltspunkte. Die Stellungnahme erläutert ihre Annahme auch nicht anhand von konkreten Beispielen und stellt somit lediglich eine pauschale Aussage dar. Die Annahme in der Stellungnahme, dass die streitgegenständliche Form von Gewaltprävention aus pädagogischer Sicht eine tiefere Auseinandersetzung und Aneignung der Thematik verhindere und das Verständnis für gefährdende Situationen nicht fördere, ist in dieser Pauschalität und ohne entsprechende Nachweise ebenfalls nicht nachvollziehbar. Überdies ist es gerichtsbekannt, dass die verantwortungsvolle Vermittlung von Verteidigungstechniken an Kinder und Jugendliche – zum Beispiel in Kampfsportvereinen – durchaus zur Gewaltprävention und zur Vermeidung von gefährlichen Situationen beitragen kann. Wäre dem nicht so, müsste jedenfalls in Erwägung gezogen, dass Unterrichten von Kampfsportarten oder Kampfkünsten aus Kinder- oder Jugendschutzgründen zu untersagen. Ebenso ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, aus welchen konkreten Gründen die in Rede stehenden Kurse Kindern eine Wehrhaftigkeit suggerierten, die aber vor allem bei körperlicher Unterlegenheit nicht gegeben sei. Insoweit fehlt es an konkreten Darlegungen. Die Stellungnahme setzt sich jedenfalls nicht damit auseinander, ob und in welchem Umfang die streitbefangenen Kurse auch positive Ansätze für die Entwicklung des Sozialverhaltens von Kindern vermitteln können. Dies wäre im Rahmen einer neutralen und ausgewogenen Betrachtung der Leistungen der Klägerin jedoch erforderlich gewesen. Letztlich hat sich der Beklagte mehrfach in Widerspruch zu der Bewertung in der Stellungnahme gesetzt. Diese spricht den klägerischen Leistungen auch eine positive Wirkung für die Entwicklung von Jugendlichen ab. Der Beklagte hat jedoch nunmehr sämtliche Kurse der Klägerin an Kinder und Jugendliche ab 6 Jahren für bescheinigungsfähig erachtet und im Falle des VHS ... e.V. auch einen Kurs für Kinder ab 5 Jahren. Für das Gericht ergibt sich daher der Eindruck, dass der Beklagte der Einschätzung des stellungnehmenden Referats wohl nicht – jedenfalls nicht in Gänze – folgt oder gefolgt ist. Darüber hinaus hat die Klägerin zutreffend dargelegt, dass aus den Ausführungen und Verweisungen in der vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein im Rahmen des Bildungsauftrags der Kindertagesstätten herausgegebenen Broschüre „Erfolgreich starten, Handreichung für Ethik, Religion und Philosophie in Kindertageseinrichtungen“ hervorgeht, dass auch der Aspekt Gewaltprävention im Bildungsauftrag von Kindertagesstätten angesiedelt wird. Hierauf geht die Stellungnahme jedoch nicht ein. Des Weiteren hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. September 2017 vorgetragen, dass WingTsun-Kurse von einzelnen Kindertagesstätten und von Schulen im Rahmen des „öffentlichen Ganztags“ angeboten werden. Ein solches Angebot würde jedoch im Widerspruch zu der pädagogischen Einschätzung in der Stellungnahme stehen. Offensichtlich gehen die jeweiligen Einrichtungen davon aus, dass WingTsun-Kurse eine sinnvolle Ergänzung des übrigen Bildungsangebots darstellen.

154

Nach alledem war der Klage hinsichtlich der noch im Streit befindlichen Leistungen stattzugeben.

155

III. Ausgangspunkt für die Ermittlung der Kostenquote ist die Werthaltigkeit der einzelnen Streitgegenstände, wie sie im Beschluss über die Streitwertfestsetzung bestimmt wurden. Danach wird für jeden von der Klägerin in das Verfahren eingeführten Kurs, für den die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG begehrt wird, ein Streitwert von 5.000,- € angesetzt.

156

Soweit in der Hauptsache noch über die anhängigen Streitgegenstände zu entscheiden war, ergibt sich die Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten aus § 154 Abs. 1 VwGO. Zu Lasten der Beklagten ergibt sich insoweit ein werthaltiger Kostenbetrag in Höhe von zunächst 10.000,-€. Dies ergibt sich aus Folgendem: Bezüglich der Leistungen „Kurse an Schulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung/Selbstverteidigung mit WingTsun Kids im Alter ab 5 Jahren“ und „WingTsun Kids im Alter von 4 – 5 Jahren“ ist die Beklagte unterlegen. Bezüglich der Leistung „WingTsun-Kids“ ist zu beachten, dass sich im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hier eine Trennung bezüglich des Leistungsteils, über den noch zu entscheiden war (WingTsun Kids im Alter von 4 - 5 Jahren) und hinsichtlich des Leistungsteils, der sich übereinstimmend erledigt hat (WingTsun Kids im Alter von 6 -9 Jahren), ergeben hat. Die Kammer hält es insoweit für sachgerecht, die Werthaltigkeit dieses Streitgegenstandes zu halbieren und für die (Teil)Leistung „WingTsun-Kids (4 – 5 Jahren) einen Wertbetrag von 2.500,- € anzusetzen. Bezüglich der Leistung „Kita Kurs Wahrnehmung/Selbstbehauptung mit WingTsun Kids“ ist ebenfalls zu beachten, dass die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat. Die Kammer hält es insoweit für sachgerecht, die Werthaltigkeit dieses Streitgegenstandes zu halbieren. Zu Lasten des Beklagten fällt insoweit ein werthaltiger Betrag in Höhe von 2.500,- € an.

157

Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 155 Abs. 2 VwGO. Dies gilt für die Leistung „Kurse an Volkshochschulen Wahrnehmung/Selbstbehauptung Selbstverteidigung mit Kids-WingTsun (im Alter ab 5 Jahren)“ und für den zurückgenommen Teil bezüglich der Leistung „Kita Kurs Wahrnehmung/Selbstbehauptung mit WingTsun Kids“. Zu Lasten der Klägerin fällt insoweit ein werthaltiger Betrag in Höhe von 7.500,- € an.

158

Soweit die Beteiligten Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist gem. § 161 Abs. 2 Satz 1 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Es entspricht hier billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten für die Streitgegenstände aufzuerlegen, die sich vor einer Entscheidung in der Sache übereinstimmend erledigt haben.

159

Der Beklagte hat sich bezüglich der Leistungen „WingTsun Jugendliche (ab 10 Jahren)“, „WingTsun Erwachsene (ab 18 Jahren)“ und „Kurse an Weisser Ring Opfersoforthilfe WingTsun Selbstbehauptung/Selbstverteidigung (Jugendliche ab 10 Jahren)“ nach Rechtshängigkeit „in die Rolle des Untergebenen“ begeben, weshalb ihm – dem Rechtsgedanken des § 155 Abs. 2 VwGO entsprechend – die Kosten auferlegt werden können (vgl. hierzu Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 30. EL 2016, § 161 Rn 24 m.w.N.; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 161 Rn 98 ff. m.w.N.). Nach Erhebung der Klage hat der Beklagte für die benannten Leistungen mit Bescheid vom 21. Januar 2015 die begehrte Bescheinigung erteilt. Für das Gericht sind auch keine Anhaltspunkte erkennbar, dass das „Nachgeben“ nicht letztlich auf einem außerhalb des Einflussbereichs der Beteiligten liegenden Ereignis beruht oder durch eine Handlung des Gegners veranlasst wurde. Solche Anhaltspunkte wurden von dem Beklagten auch nicht vorgetragen. Aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ergibt sich auch nicht, dass die Klaglosstellung darauf beruht, dass die Klägerin für die Bewertung der benannten Leistungen neues Tatsachenmaterial beigebracht hat. Zu Lasten des Beklagten fällt insoweit ein werthaltiger Betrag in Höhe von 15.000,- € an.

160

Für die streitgegenständliche Leistung „WingTsun Kids (im Alter ab 6 Jahren)“, bezüglich derer sich das Verfahren ebenfalls durch übereinstimmende Erklärungen der Beteiligten erledigt hat, ist es nach Ansicht der Kammer ebenfalls ermessensgerecht, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens nach den soeben dargestellten Grundsätzen aufzuerlegen. Ebenfalls mit Bescheid vom 21. Januar 2015 und nach Klageerhebung erteilt der Beklagte die begehrte Bescheinigung für diese Leistung und hat sich somit in die Rolle des Unterlegegen begeben. Im gleichen Bescheid wurde allerdings die Bescheinigungserteilung für die Leistung „WingTsun-Kids (im Alter von 4 – 9 Jahren)“ abgelehnt. Der Beklagte kann sich zur Abwendung einer Kostenlast in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass die in diesem Umfang ausgesprochene Ablehnung auf unzureichenden Angaben der Klägerin bezüglich der Altersdifferenzierung beruhe. Es trifft zwar zu, dass die Klägerin vom Beklagten mit E-Mail vom 27. Januar 2015 den Kurs „WingTsun-Kids (im Alter von 4 – 9 Jahren)“ detailliert zu erläutern und der Beklagte dann im Bescheid vom 17. März 2015 die Ablehnungsentscheidung hinsichtlich der Altersangabe korrigiert hat. Dennoch wurde im Bescheid vom 21. Januar 2015 die Bescheinigung für einen Teil der Leistung „WingTsun-Kids“ erteilt. Soweit die zusprechende Entscheidung im Bescheid vom 21. Januar 2015 und die Ablehnungsentscheidung sich bezüglich der Altersgrenzen widersprechen (Bewilligung: 6 bis 9 Jahre, Ablehnung: 4 bis 9 Jahre) geht dies vorliegend zu Lasten des Beklagten. Es handelt sich insoweit um eine unklare bzw. unbestimmte Regelung in dem benannten Bescheid. Im Übrigen erschließt sich für das Gericht nicht, warum der Beklagte nach Erteilung des Bescheides am 21. Januar 2015 detaillierte Informationen bezüglich der Altersdifferenzierung anfordert bei „WingTsun-Kids“ anfordert und gleichwohl in diesem Bescheid selbstständig eine Trennung der Altersbereiche für die Bewilligung und Ablehnung vornimmt, obwohl offensichtlich eine inhaltliche Prüfung des Kurses nicht stattgefunden hat bzw. stattfinden konnte. Der Beklagte hat vielmehr willkürlich eine am Alter orientierte Trennung der Leistung „WingTsun-Kids (im Alter von 4 – 9 Jahren)“ vorgenommen und das Alter von 6 Jahren als Grenze festgelegt. Dies kann jedoch (kostenmäßig) nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Wenn der Beklagte der Auffassung gewesen ist, die Leistung könne ohne nähere Informationen über deren Aufbau und Struktur des Kurses nicht beurteilt werden, wäre es konsequent gewesen, die Bescheinigungserteilung (zunächst) vollständig zu versagen. Dies ist jedoch unterblieben. Bei der Bestimmung der Werthaltigkeit dieser Leistung ist die Trennung der Leistungsteile (WingTsun Kids im Alter von 4- 5 Jahren und WingTsun Kids im Alter von 6 -9 Jahren) während des gerichtlichen Verfahrens zu beachten. Korrespondieren zu den obigen Ausführungen ist die Werthaltigkeit dieses Leistungsteils daher mit 2.500,- € zu bestimmen.

161

Insgesamt ergibt sich danach eine werthaltige Kostenverteilung in Höhe von 7.500,- € zu Lasten der Klägerin und in Höhe von 27.500,- € zu Lasten des Beklagten. Hieraus folgen dann die tenorierten Kostenquoten in Höhe von 21,5 % (7.500,- € von 35.000,- €) und 78,5 % (27.500,- € von 35.000,- €).

162

IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.


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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12

bei uns veröffentlicht am 09.10.2014

Tenor I. Der Bescheid über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 vom 12. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die...

Bundesfinanzhof Urteil, 05. Juni 2014 - V R 19/13

bei uns veröffentlicht am 05.06.2014

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatt

Bundesfinanzhof Urteil, 20. März 2014 - V R 3/13

bei uns veröffentlicht am 20.03.2014

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2000 bis 2006 als Diplom-Sozialpädagogin und Diplom-Organisationsberaterin so

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 07. März 2014 - 25 K 4449/13

bei uns veröffentlicht am 07.03.2014

Tenor Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E.          vom 12. April 2013 verpflichtet, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 23. Juli 2012 mit Wirkung ab dem 1. März 2012 zu bescheinigen, dass er in dem von ihm be

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 12. Juni 2013 - 9 C 4/12

bei uns veröffentlicht am 12.06.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin führte an öffentlichen Schulen Testverfahren durch, um berufsübergreifend einsetzbare Kompetenzen und Neigungen der Schüler festzustellen. Dies

Bundesfinanzhof Urteil, 28. Mai 2013 - XI R 35/11

bei uns veröffentlicht am 28.05.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 16. Nov. 2006 - 1 K 814/06

bei uns veröffentlicht am 16.11.2006

Tenor Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 22.11.2005 für ihre „Ballettschule ...“ eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für berufliche Bildungsmaßnahmen („Ballett- und Tanzkurse zur Vorbereitung auf de

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 11. Okt. 2006 - 1 K 1413/05

bei uns veröffentlicht am 11.10.2006

Tenor Der Beklagte wird unter Aufhebung entgegenstehender Bescheide verpflichtet, der Klägerin eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG ohne Alterseinschränkung, unbefristet und ohne Werbeverbot für den Unterricht der

Referenzen

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun handelt es sich nach einer vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre um eine "Kampf- und Bewegungskunst".

2

Für die Streitjahre erklärte der Kläger auch für die WingTsun-Schule steuerpflichtige Umsätze.

3

Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft vom 11. April 2005, wonach die von ihm "erbrachten Unterrichtsleistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun ... Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes" (UStG) darstellen, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Vergangenheit zu ändern und die Umsätze aus der WingTsun-Schule nunmehr als umsatzsteuerfrei zu behandeln.

4

Nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Ansicht des Prüfers an, es sei keine Steuerbefreiung zu gewähren.

5

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 wurde dementsprechend die Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre abgelehnt, nachdem das FA zuvor mit Schreiben vom 21. Juli 2005 dem Kläger bereits mitgeteilt hatte, dass eine rückwirkende Änderung "unter Beachtung der Ausführungen in den §§ 169 bis 171 der Abgabenordnung" (AO) nur bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1999 möglich sei.

6

Der Einspruch und die anschließende Klage hatten keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, zwar ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. April 2005, dass die vom Kläger in der WingTsun-Schule erbrachten Leistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienten. Die WingTsun-Schule des Klägers sei jedoch keine berufsbildende Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Die in der vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre angegebenen Kurse --wie "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder"-- seien eindeutig dem Freizeitbereich zuzuordnen und dienten nicht der beruflichen Bildung.

8

Unerheblich sei insoweit, dass einige Teilnehmer möglicherweise die Ausbildung zu einem WingTsun-Lehrer anstrebten, weil die vom Kläger angebotenen Lehrgänge nicht Teil einer gesetzlich geregelten Schul-, Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien. Ebenfalls nicht entscheidend sei, dass die Lehrgänge auch von anderen Berufsgruppen wie Polizisten oder Soldaten belegt würden, weil die erworbenen Kenntnisse keine unabdingbare Voraussetzung zur Ausübung der genannten Berufe seien. Dies sei ähnlich wie bei Fahrschulen oder Jagdschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen seien, obwohl der Führerschein von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Ausübung ihres Berufs genutzt werde und auch die Jägerprüfung bei der Ausübung einiger Berufe erforderlich sei.

9

Die WingTsun-Schule des Klägers sei im Übrigen keinem Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen Einrichtungen ausgesetzt, selbst wenn im Sportunterricht vereinzelt auch Kurse in WingTsun angeboten würden.

10

Die Umsätze seien ebenso wenig nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen für eine Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung im unionsrechtlichen Sinne seien nicht erfüllt.

11

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

12

Er bringt vor, entgegen der Vorentscheidung handele es sich vorliegend um eine berufsbildende Einrichtung. Über die generelle Geeignetheit zur Berufsvorbereitung habe nicht das FA, sondern --wie hier-- die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu befinden.

13

Durch die vermittelten Unterrichtsinhalte erlangten die Schüler --von denen einige zum Kampfkunstlehrer ausgebildet worden seien und diesen Beruf auch tatsächlich ausübten-- spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten. Entgegen der Vorentscheidung müssten die vermittelten Unterrichtsinhalte nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein. Auch die von der Umsatzsteuer befreiten Ballett- und Musikschulen unterlägen keiner gesetzlich geregelten Berufsausbildung. Auf die Anzahl derer, die sich für eine Ausübung des erlernten Berufs entschieden, komme es nicht an.

14

Das FG habe nicht zutreffend gewürdigt, dass die Unterrichtsinhalte zu den Selbstverteidigungsmechanismen im Sicherheitsgewerbe sowie bei der Polizei und der Bundeswehr im Umgang mit berufsspezifischen Gefahrenlagen unabdingbar seien und er, der Kläger, zudem eigene Schulungen für Spezialeinsatzkräfte anbiete.

15

Der Inhalt des vom FG in Bezug genommenen Werbeflyers spreche hingegen nicht gegen die Ausrichtung und Geeignetheit der vermittelten Unterrichtsinhalte. Es handele sich insoweit um die bloße werbemäßige Angabe von weiteren Aktivitäten oder weiteren Vorteilen. Zudem komme es nicht auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen an, sondern auf die Art der erbrachten Leistungen und deren generelle Eignung.

16

Der vom FG gezogene Vergleich mit Fahr- und Jagdschulen sei nicht gerechtfertigt. Diese bereiteten auf eine Prüfung vor, die --anders als hier-- Voraussetzung für die Erteilung einer bloßen Ausübungserlaubnis sei.

17

Im Übrigen würden WingTsun-Kurse auch von öffentlichen Schulen angeboten, so dass er, der Kläger, entgegen dem FG insoweit im Wettbewerb stehe.

18

Die Vorentscheidung verletze zudem Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet abzuweisen.

21

Es tritt der Revision des Klägers entgegen und bringt im Wesentlichen vor, die Frage, ob die Einrichtung generell die Eigenschaft einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung habe, sei nicht von der die Bescheinigung erstellenden Landesbehörde, sondern von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliege der vollen Nachprüfung durch die Finanzgerichte.

22

Der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung widerspreche der vom FG in Bezug genommene Werbeflyer. Er lasse in keiner Weise eine berufsbildende Einrichtung erkennen oder vermuten.

23

Die Lehrgänge des Klägers bereiteten weder auf einen bestimmten Beruf vor noch seien sie Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung. Auch die vom Kläger für Angehörige der Bundeswehr und Polizei durchgeführten kampfspezifischen Lehrgänge seien nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung.

24

Die weitaus überwiegende Zahl der Schüler besuche die Lehrgänge nicht, um sich zum WingTsun-Lehrer ausbilden zu lassen, sondern aus Spaß und Interesse an einer asiatischen Kampfkunst und einer sportlichen Freizeitveranstaltung.

25

Die Kampfkunstschule des Klägers sei darauf ausgerichtet, eine Kampfkunst als Sportart zu verbreiten und als Freizeitgestaltung anzubieten.

26

Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule nicht um eine Einrichtung handele, die spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittle, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Die streitigen Umsätze sind steuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der WingTsun-Schule als anerkannte Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und in welchem Umfang dies der Fall gewesen ist.

29

1. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen waren in der in den Streitjahren noch bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigte, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Auch nach der in den Streitjahren ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

30

a) Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL-- (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juni 1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578, unter II.2.; vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215, unter II.2.b bb; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.1.).

31

b) Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG die Umsätze von der Steuer, die "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" betreffen.

32

c) Diese Richtlinienbestimmung wurde wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführte Steuerbefreiungen vom nationalen Gesetzgeber bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.).

33

d) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist, weil sich der Kläger jedenfalls grundsätzlich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.; zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vgl. ferner Senatsurteil vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 19). In Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ist die Berufung eines Einzelnen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die --wie hier-- inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften möglich (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 26, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).

34

2. Im Streitfall kommt --entgegen der Vorentscheidung-- eine Steuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht.

35

a) Bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule handelt es sich um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

36

aa) Der Begriff "Einrichtung" erfasst auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht, soweit der Richtliniengesetzgeber --wie hier in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG-- die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht hat (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a aa, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

37

bb) Nach den Feststellungen des FG besitzt der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, wonach die von ihm erbrachten Unterrichtsleistungen der Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienen und Leistungen i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen.

38

(1) Eine derartige Bescheinigung genügt grundsätzlich für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb).

39

(2) Entgegen dem Vorbringen des FA bindet die Bescheinigung sowohl die Finanzbehörden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zuständigen Landesbehörde übertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1987 X R 38/81, BFHE 150, 173, BStBl II 1987, 645; vom 19. Januar 1989 V R 176/83, BFHE 156, 286, BStBl II 1989, 308; vom 3. Mai 1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b; ferner vom 18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.).

40

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die zuständige Landesbehörde nicht zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gegeben sind. Dies ist --worauf das FA zutreffend hinweist-- von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt auch der vollen Nachprüfbarkeit durch die Finanzgerichte (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b --zu § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980--; in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.; ferner vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 25 --zu § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG--, jeweils m.w.N.).

41

b) Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass sie als "Schul- oder Hochschulunterricht" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beurteilen sind (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b). Das FG hat dieses BFH-Urteil, in dem die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2007 umgesetzt wurde, nicht berücksichtigt. Es ging stattdessen unter Hinweis auf die ältere BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252 unzutreffend davon aus, dass allein maßgeblich sei, ob --was hier nicht der Fall sei-- die Voraussetzungen einer beruflichen Ausbildung, beruflichen Fortbildung oder beruflichen Umschulung erfüllt seien.

42

aa) Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.a aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

43

bb) Die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen hängt demnach --worauf der Kläger zutreffend hinweist-- nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrgänge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die die Lehrgänge des Klägers tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchten oder später tatsächlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c aa, m.w.N.).

44

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

45

a) Den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, welche der vom Kläger in seiner Schule angebotenen Unterweisungen den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hatten, so dass eine Steuerbefreiung insoweit auch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt. Das FG wird im zweiten Rechtsgang deshalb prüfen müssen, ob und ggf. welche der erbrachten Leistungen der bloßen Freizeitgestaltung gedient haben.

46

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vom 11. April 2005 kann --über die Anerkennung einer Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG hinaus-- auch Indiz dafür sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, was vom FG zutreffend zu würdigen sein wird (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb). Das FG hat daher Feststellungen dazu zu treffen, ob solche gegenteiligen zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führenden Anhaltspunkte --die sich z.B. aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Lehrgangs ergeben können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb)-- vorliegen.

47

aa) Zu Recht ging die Vorentscheidung allerdings davon aus, dass die in der vom Kläger herausgegebenen und vom FG in Bezug genommenen Werbebroschüre angegebenen Lehrgänge "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder" von ihrer thematischen Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltungen schließen lassen, die von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Darüber hinaus lassen z.B. auch Lehrgänge für Senioren oder allgemein am Kampfsport interessierte Menschen den Schluss auf Freizeitveranstaltungen zu (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb).

48

bb) Hingegen wird das FG im zweiten Rechtsgang --worauf der Kläger zu Recht hinweist-- berücksichtigen müssen, dass Lehrgänge, die es einem Teilnehmer --wie z.B. Polizisten oder Soldaten-- ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb, unter Hinweis auf Kapitel V Abschn. 1 Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --nunmehr Kapitel VIII Abschn. 1 Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem--).

49

b) Die Annahme eines Schul- oder Hochschulunterrichts setzt ferner voraus, dass --was der Kläger zwar behauptet, wozu jedoch Feststellungen des FG bisher fehlen-- vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen, gleich ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert, erbracht werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Leitsatz 3). Auch diese Feststellungen sind nachzuholen.

50

c) Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob der Kläger seine der Bescheinigung des zuständigen Ministeriums vom 11. April 2005 --die keine zeitliche Beschränkung enthält-- zugrunde gelegte Tätigkeit bereits in den Streitjahren 1999 bis 2003 in derselben Weise ausgeübt hat. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt, der Rückwirkung zukommen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Leitsätze 1 und 2).

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

1.
a)
die Ausfuhrlieferungen (§ 6) und die Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 7),
b)
die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat;
2.
die Umsätze für die Seeschiffahrt und für die Luftfahrt (§ 8);
3.
die folgenden sonstigen Leistungen:
a)
die grenzüberschreitenden Beförderungen von Gegenständen, die Beförderungen im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr und andere sonstige Leistungen, wenn sich die Leistungen
aa)
unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen oder auf eingeführte Gegenstände beziehen, die im externen Versandverfahren in das Drittlandsgebiet befördert werden, oder
bb)
auf Gegenstände der Einfuhr in das Gebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union beziehen und die Kosten für die Leistungen in der Bemessungsgrundlage für diese Einfuhr enthalten sind. Nicht befreit sind die Beförderungen der in § 1 Abs. 3 Nr. 4 Buchstabe a bezeichneten Gegenstände aus einem Freihafen in das Inland;
b)
die Beförderungen von Gegenständen nach und von den Inseln, die die autonomen Regionen Azoren und Madeira bilden;
c)
sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf eingeführte Gegenstände beziehen, für die zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist, wenn der Leistungsempfänger ein ausländischer Auftraggeber (§ 7 Abs. 2) ist. Dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die sich auf Beförderungsmittel, Paletten und Container beziehen.
Die Vorschrift gilt nicht für die in den Nummern 8, 10 und 11 bezeichneten Umsätze und für die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands einschließlich der Werkleistung im Sinne des § 3 Abs. 10. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat;
4.
die Lieferungen von Gold an Zentralbanken;
4a.
die folgenden Umsätze:
a)
die Lieferungen der in der Anlage 1 bezeichneten Gegenstände an einen Unternehmer für sein Unternehmen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Zusammenhang mit der Lieferung in ein Umsatzsteuerlager eingelagert wird oder sich in einem Umsatzsteuerlager befindet. Mit der Auslagerung eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager entfällt die Steuerbefreiung für die der Auslagerung vorangegangene Lieferung, den der Auslagerung vorangegangenen innergemeinschaftlichen Erwerb oder die der Auslagerung vorangegangene Einfuhr; dies gilt nicht, wenn der Gegenstand im Zusammenhang mit der Auslagerung in ein anderes Umsatzsteuerlager im Inland eingelagert wird. Eine Auslagerung ist die endgültige Herausnahme eines Gegenstands aus einem Umsatzsteuerlager. Der endgültigen Herausnahme steht gleich der sonstige Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sowie die Erbringung einer nicht nach Buchstabe b begünstigten Leistung an den eingelagerten Gegenständen,
b)
die Leistungen, die mit der Lagerung, der Erhaltung, der Verbesserung der Aufmachung und Handelsgüte oder der Vorbereitung des Vertriebs oder Weiterverkaufs der eingelagerten Gegenstände unmittelbar zusammenhängen. Dies gilt nicht, wenn durch die Leistungen die Gegenstände so aufbereitet werden, dass sie zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeignet sind.
Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen an Unternehmer, die diese zur Ausführung von Umsätzen verwenden, für die die Steuer nach den Durchschnittssätzen des § 24 festgesetzt ist. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein. Umsatzsteuerlager kann jedes Grundstück oder Grundstücksteil im Inland sein, das zur Lagerung der in Anlage 1 genannten Gegenstände dienen soll und von einem Lagerhalter betrieben wird. Es kann mehrere Lagerorte umfassen. Das Umsatzsteuerlager bedarf der Bewilligung des für den Lagerhalter zuständigen Finanzamts. Der Antrag ist schriftlich zu stellen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn ein wirtschaftliches Bedürfnis für den Betrieb des Umsatzsteuerlagers besteht und der Lagerhalter die Gewähr für dessen ordnungsgemäße Verwaltung bietet;
4b.
die einer Einfuhr vorangehende Lieferung von Gegenständen, wenn der Abnehmer oder dessen Beauftragter den Gegenstand der Lieferung einführt. Dies gilt entsprechend für Lieferungen, die den in Satz 1 genannten Lieferungen vorausgegangen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar nachgewiesen sein;
4c.
die Lieferung von Gegenständen an einen Unternehmer für sein Unternehmen, die dieser nach § 3 Absatz 3a Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet weiterliefert;
5.
die Vermittlung
a)
der unter die Nummern 1 Buchstabe a, Nummern 2 bis 4b und Nummern 6 und 7 fallenden Umsätze,
b)
der grenzüberschreitenden Beförderungen von Personen mit Luftfahrzeugen oder Seeschiffen,
c)
der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden,
d)
der Lieferungen, die nach § 3 Abs. 8 als im Inland ausgeführt zu behandeln sind.
Nicht befreit ist die Vermittlung von Umsätzen durch Reisebüros für Reisende. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat,
6.
a)
die Lieferungen und sonstigen Leistungen der Eisenbahnen des Bundes auf Gemeinschaftsbahnhöfen, Betriebswechselbahnhöfen, Grenzbetriebsstrecken und Durchgangsstrecken an Eisenbahnverwaltungen mit Sitz im Ausland,
b)
(weggefallen)
c)
die Lieferungen von eingeführten Gegenständen an im Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3, ansässige Abnehmer, soweit für die Gegenstände zollamtlich eine vorübergehende Verwendung in den in § 1 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Gebieten bewilligt worden ist und diese Bewilligung auch nach der Lieferung gilt. Nicht befreit sind die Lieferungen von Beförderungsmitteln, Paletten und Containern,
d)
Personenbeförderungen im Passagier- und Fährverkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschifffahrt, wenn die Personenbeförderungen zwischen inländischen Seehäfen und der Insel Helgoland durchgeführt werden,
e)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle im Verkehr mit Wasserfahrzeugen für die Seeschiffahrt zwischen einem inländischen und ausländischen Seehafen und zwischen zwei ausländischen Seehäfen. Inländische Seehäfen im Sinne des Satzes 1 sind auch die Freihäfen und Häfen auf der Insel Helgoland;
7.
die Lieferungen, ausgenommen Lieferungen neuer Fahrzeuge im Sinne des § 1b Abs. 2 und 3, und die sonstigen Leistungen
a)
an andere Vertragsparteien des Nordatlantikvertrages, die nicht unter die in § 26 Abs. 5 bezeichneten Steuerbefreiungen fallen, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte dieser Vertragsparteien, ihr ziviles Begleitpersonal oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte der gemeinsamen Verteidigungsanstrengung dienen,
b)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte der Vertragsparteien des Nordatlantikvertrags, soweit sie nicht an die Streitkräfte dieses Mitgliedstaates ausgeführt werden,
c)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen ständigen diplomatischen Missionen und berufskonsularischen Vertretungen sowie deren Mitglieder,
d)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen zwischenstaatlichen Einrichtungen sowie deren Mitglieder,
e)
an Streitkräfte eines anderen Mitgliedstaates, wenn die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits-und Verteidigungspolitik unternommen wird und
f)
an die in dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates stationierten Streitkräfte eines Mitgliedstaates, wenn die Umsätze nicht an die Streitkräfte des anderen Mitgliedstaates ausgeführt werden, die Umsätze für den Gebrauch oder Verbrauch durch die Streitkräfte, ihres zivilen Begleitpersonals oder für die Versorgung ihrer Kasinos oder Kantinen bestimmt sind und die Streitkräfte an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird.
Der Gegenstand der Lieferung muss in den Fällen des Satzes 1 Buchstabe b bis d und f in das Gebiet des anderen Mitgliedstaates befördert oder versendet werden. Für die Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f sind die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen maßgebend. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Bei den Steuerbefreiungen nach Satz 1 Buchstabe b bis d und f hat der Unternehmer die in dem anderen Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen dadurch nachzuweisen, dass ihm der Abnehmer eine von der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates oder, wenn er hierzu ermächtigt ist, eine selbst ausgestellte Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster aushändigt. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer die übrigen Voraussetzungen nachzuweisen hat;
8.
a)
die Gewährung und die Vermittlung von Krediten,
b)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von gesetzlichen Zahlungsmitteln. Das gilt nicht, wenn die Zahlungsmittel wegen ihres Metallgehalts oder ihres Sammlerwerts umgesetzt werden,
c)
die Umsätze im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,
d)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr und das Inkasso von Handelspapieren,
e)
die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren,
f)
die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen,
g)
die Übernahme von Verbindlichkeiten, von Bürgschaften und anderen Sicherheiten sowie die Vermittlung dieser Umsätze,
h)
die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne des § 1 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs, die Verwaltung von Wagniskapitalfonds und die Verwaltung von Versorgungseinrichtungen im Sinne des Versicherungsaufsichtsgesetzes,
i)
die Umsätze der im Inland gültigen amtlichen Wertzeichen zum aufgedruckten Wert;
j)
(weggefallen)
k)
(weggefallen)
9.
a)
die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
b)
die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird;
10.
a)
die Leistungen auf Grund eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des Versicherungsteuergesetzes. Das gilt auch, wenn die Zahlung des Versicherungsentgelts nicht der Versicherungsteuer unterliegt;
b)
die Leistungen, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird;
11.
die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler;
11a.
die folgenden vom 1. Januar 1993 bis zum 31. Dezember 1995 ausgeführten Umsätze der Deutschen Bundespost TELEKOM und der Deutsche Telekom AG:
a)
die Überlassung von Anschlüssen des Telefonnetzes und des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes sowie die Bereitstellung der von diesen Anschlüssen ausgehenden Verbindungen innerhalb dieser Netze und zu Mobilfunkendeinrichtungen,
b)
die Überlassung von Übertragungswegen im Netzmonopol des Bundes,
c)
die Ausstrahlung und Übertragung von Rundfunksignalen einschließlich der Überlassung der dazu erforderlichen Sendeanlagen und sonstigen Einrichtungen sowie das Empfangen und Verteilen von Rundfunksignalen in Breitbandverteilnetzen einschließlich der Überlassung von Kabelanschlüssen;
11b.
Universaldienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, L 23 vom 30.1.1998, S. 39), die zuletzt durch die Richtlinie 2008/6/EG (ABl. L 52 vom 27.2.2008, S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass der Unternehmer sich entsprechend einer Bescheinigung des Bundeszentralamtes für Steuern gegenüber dieser Behörde verpflichtet hat, flächendeckend im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Gesamtheit der Universaldienstleistungen oder einen Teilbereich dieser Leistungen nach Satz 1 anzubieten. Die Steuerbefreiung gilt nicht für Leistungen, die der Unternehmer erbringt
a)
auf Grund individuell ausgehandelter Vereinbarungen oder
b)
auf Grund allgemeiner Geschäftsbedingungen zu abweichenden Qualitätsbedingungen oder zu günstigeren Preisen als den nach den allgemein für jedermann zugänglichen Tarifen oder als den nach § 19 des Postgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3294), das zuletzt durch Artikel 272 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, genehmigten Entgelten;
12.
a)
die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags,
c)
die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.
Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
13.
die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, in der jeweils geltenden Fassung an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen;
14.
a)
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden. Satz 1 gilt nicht für die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen (aus Unterpositionen 9021 21 und 9021 29 00 des Zolltarifs) und kieferorthopädischen Apparaten (aus Unterposition 9021 10 des Zolltarifs), soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat;
b)
Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden. Die in Satz 1 bezeichneten Leistungen sind auch steuerfrei, wenn sie von
aa)
zugelassenen Krankenhäusern nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder anderen Krankenhäusern, die ihre Leistungen in sozialer Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie die Krankenhäuser erbringen, die in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft stehen oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind; in sozialer Hinsicht vergleichbare Bedingungen liegen vor, wenn das Leistungsangebot des Krankenhauses den von Krankenhäusern in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zugelassenen Krankenhäusern erbrachten Leistungen entspricht und die Kosten voraussichtlich in mindestens 40 Prozent der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen für die Krankenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 Prozent der Leistungen den in § 4 Nummer 15 Buchstabe b genannten Personen zugutekommen, dabei ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen,
bb)
Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, die an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 95 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen oder für die Regelungen nach § 115 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
cc)
Einrichtungen, die von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch an der Versorgung beteiligt worden sind,
dd)
Einrichtungen, mit denen Versorgungsverträge nach den §§ 111 und 111a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ee)
Rehabilitationseinrichtungen, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bestehen,
ff)
Einrichtungen zur Geburtshilfe, für die Verträge nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten,
gg)
Hospizen, mit denen Verträge nach § 39a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen, oder
hh)
Einrichtungen, mit denen Verträge nach § 127 in Verbindung mit § 126 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch über die Erbringung nichtärztlicher Dialyseleistungen bestehen,
erbracht werden und es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Zulassung, der Vertrag oder die Regelung nach dem Sozialgesetzbuch jeweils bezieht, oder
ii)
von Einrichtungen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 des Strafvollzugsgesetzes erbracht werden;
c)
Leistungen nach den Buchstaben a und b, die im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder der besonderen Versorgung nach § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch von Einrichtungen erbracht werden, mit denen entsprechende Verträge bestehen, sowie Leistungen zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen die durch Einrichtungen erbracht werden, mit denen Verträge nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bestehen;
d)
(weggefallen)
e)
die zur Verhütung von nosokomialen Infektionen und zur Vermeidung der Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, erbrachten Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, an in den Buchstaben a und b genannte Einrichtungen, die diesen dazu dienen, ihre Heilbehandlungsleistungen ordnungsgemäß unter Beachtung der nach dem Infektionsschutzgesetz und den Rechtsverordnungen der Länder nach § 23 Absatz 8 des Infektionsschutzgesetzes bestehenden Verpflichtungen zu erbringen;
f)
die eng mit der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
aa)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
bb)
Sanitäts- und Rettungsdiensten, die die landesrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, oder
cc)
Einrichtungen, die nach § 75 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Durchführung des ärztlichen Notdienstes sicherstellen;
15.
die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge
a)
untereinander,
b)
an die Versicherten, die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten;
15a.
die auf Gesetz beruhenden Leistungen der Medizinischen Dienste (§ 278 SGB V) und des Medizinischen Dienstes Bund (§ 281 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch;
15b.
Eingliederungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen,
a)
die nach § 178 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen sind,
b)
die für ihre Leistungen nach Satz 1 Verträge mit den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geschlossen haben oder
c)
die für Leistungen, die denen nach Satz 1 vergleichbar sind, Verträge mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die diese Leistungen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durchführen, geschlossen haben;
15c.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Rehabilitationsdienste und -einrichtungen nach den §§ 36 und 51 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, mit denen Verträge nach § 38 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch abgeschlossen worden sind;
16.
die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die erbracht werden von
a)
juristischen Personen des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
c)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 132a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, § 72 oder § 77 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht oder die Leistungen zur häuslichen Pflege oder zur Heimpflege erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
d)
Einrichtungen, die Leistungen der häuslichen Krankenpflege oder Haushaltshilfe erbringen und die hierzu nach § 26 Abs. 5 in Verbindung mit den §§ 32 und 42 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch bestimmt sind,
e)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 194 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
f)
Einrichtungen, die nach § 225 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
g)
Einrichtungen, soweit sie Leistungen erbringen, die landesrechtlich als Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a des Elften Buches Sozialgesetzbuch anerkannt sind,
h)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung nach § 123 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 76 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
i)
Einrichtungen, mit denen ein Vertrag nach § 8 Absatz 3 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau über die Gewährung von häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe nach den §§ 10 und 11 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, § 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte oder nach § 54 Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch besteht,
j)
Einrichtungen, die aufgrund einer Landesrahmenempfehlung nach § 2 der Frühförderungsverordnung als fachlich geeignete interdisziplinäre Frühförderstellen anerkannt sind,
k)
Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
l)
Einrichtungen, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, oder
m)
Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung, den Trägern der Sozialhilfe, den Trägern der Eingliederungshilfe nach § 94 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis m erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht;
17.
a)
die Lieferungen von menschlichen Organen, menschlichem Blut und Frauenmilch,
b)
die Beförderungen von kranken und verletzten Personen mit Fahrzeugen, die hierfür besonders eingerichtet sind;
18.
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen, wenn diese Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erbracht werden. Etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden. Für in anderen Nummern des § 4 bezeichnete Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
18a.
die Leistungen zwischen den selbständigen Gliederungen einer politischen Partei, soweit diese Leistungen im Rahmen der satzungsgemäßen Aufgaben gegen Kostenerstattung ausgeführt werden, und sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist;
19.
a)
die Umsätze der Blinden, die nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner, die minderjährigen Abkömmlinge, die Eltern des Blinden und die Lehrlinge. Die Blindheit ist nach den für die Besteuerung des Einkommens maßgebenden Vorschriften nachzuweisen. Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferungen von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes und von Alkoholerzeugnissen im Sinne des Alkoholsteuergesetzes, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Alkoholsteuer zu entrichten hat, und für Lieferungen im Sinne der Nummer 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2,
b)
die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch:
aa)
die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren,
bb)
die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben;
20.
a)
die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst. Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Steuerfrei sind auch die Umsätze von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen an Einrichtungen im Sinne der Sätze 1 und 2, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass deren künstlerische Leistungen diesen Einrichtungen unmittelbar dienen. Museen im Sinne dieser Vorschrift sind wissenschaftliche Sammlungen und Kunstsammlungen,
b)
die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buchstabe a bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder Chören erbracht werden,
21.
a)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen,
aa)
wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder
bb)
wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,
b)
die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer
aa)
an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen oder
bb)
an privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;
21a.
(weggefallen)
22.
a)
die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b)
andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht;
23.
a)
die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und damit eng verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen erbracht werden, deren Zielsetzung mit der einer Einrichtung des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden,
b)
eng mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen verbundene Lieferungen und sonstige Leistungen, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind Einrichtungen, soweit sie
aa)
auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig werden oder
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden,
c)
Verpflegungsdienstleistungen und Beherbergungsleistungen gegenüber Kindern in Kindertageseinrichtungen, Studierenden und Schülern an Hochschulen im Sinne der Hochschulgesetze der Länder, an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, an öffentlichen Schulen und an Ersatzschulen, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind, sowie an staatlich anerkannten Ergänzungsschulen und an Berufsschulheimen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden.
Steuerfrei sind auch die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die die Unternehmer den Personen, die bei der Erbringung der Leistungen nach Satz 1 Buchstabe a und b beteiligt sind, als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren. Kinder und Jugendliche im Sinne von Satz 1 Buchstabe a und b sind alle Personen, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Für die in den Nummern 15b, 15c, 21, 24 und 25 bezeichneten Leistungen kommt die Steuerbefreiung nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht;
24.
die Leistungen des Deutschen Jugendherbergswerkes, Hauptverband für Jugendwandern und Jugendherbergen e.V., einschließlich der diesem Verband angeschlossenen Untergliederungen, Einrichtungen und Jugendherbergen, soweit die Leistungen den Satzungszwecken unmittelbar dienen oder Personen, die bei diesen Leistungen tätig sind, Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewährt werden. Das Gleiche gilt für die Leistungen anderer Vereinigungen, die gleiche Aufgaben unter denselben Voraussetzungen erfüllen;
25.
Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Absatz 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, die Inobhutnahme nach § 42 des Achten Buches Sozialgesetzbuch und Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz, wenn diese Leistungen von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe oder anderen Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Andere Einrichtungen mit sozialem Charakter im Sinne dieser Vorschrift sind
a)
von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts,
b)
Einrichtungen, soweit sie
aa)
für ihre Leistungen eine im Achten Buch Sozialgesetzbuch geforderte Erlaubnis besitzen oder nach § 44 oder § 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch einer Erlaubnis nicht bedürfen,
bb)
Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder Einrichtungen nach Buchstabe a vergütet wurden,
cc)
Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 23 Absatz 3 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignet sind, oder
dd)
Leistungen der Adoptionsvermittlung erbringen, für die sie nach § 4 Absatz 1 des Adoptionsvermittlungsgesetzes anerkannt oder nach § 4 Absatz 2 des Adoptionsvermittlungsgesetzes zugelassen sind.
Steuerfrei sind auch
a)
die Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, wenn die Darbietungen von den von der Jugendhilfe begünstigten Personen selbst erbracht oder die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden und diese Leistungen in engem Zusammenhang mit den in Satz 1 bezeichneten Leistungen stehen,
b)
die Beherbergung, Beköstigung und die üblichen Naturalleistungen, die diese Einrichtungen den Empfängern der Jugendhilfeleistungen und Mitarbeitern in der Jugendhilfe sowie den bei den Leistungen nach Satz 1 tätigen Personen als Vergütung für die geleisteten Dienste gewähren,
c)
Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Vormünder nach § 1773 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder als Ergänzungspfleger nach § 1809 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern es sich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vergütet werden,
d)
Einrichtungen, die als Verfahrensbeistand nach den §§ 158, 174 oder 191 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellt worden sind, wenn die Preise, die diese Einrichtungen verlangen, von den zuständigen Behörden genehmigt sind oder die genehmigten Preise nicht übersteigen; bei Umsätzen, für die eine Preisgenehmigung nicht vorgesehen ist, müssen die verlangten Preise unter den Preisen liegen, die der Mehrwertsteuer unterliegende gewerbliche Unternehmen für entsprechende Umsätze fordern;
26.
die ehrenamtliche Tätigkeit,
a)
wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird oder
b)
wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht;
27.
a)
die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für die in Nummer 14 Buchstabe b, in den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie in den Nummern 23 und 25 genannten Tätigkeiten und für Zwecke geistlichen Beistands,
b)
die Gestellung von land- und forstwirtschaftlichen Arbeitskräften durch juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 Abs. 2) mit höchstens drei Vollarbeitskräften zur Überbrückung des Ausfalls des Betriebsinhabers oder dessen voll mitarbeitenden Familienangehörigen wegen Krankheit, Unfalls, Schwangerschaft, eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder Todes sowie die Gestellung von Betriebshelfern an die gesetzlichen Träger der Sozialversicherung;
28.
die Lieferungen von Gegenständen, für die der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a ausgeschlossen ist oder wenn der Unternehmer die gelieferten Gegenstände ausschließlich für eine nach den Nummern 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet hat;
29.
sonstige Leistungen von selbständigen, im Inland ansässigen Zusammenschlüssen von Personen, deren Mitglieder eine dem Gemeinwohl dienende nichtunternehmerische Tätigkeit oder eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, die nach den Nummern 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder 27 von der Steuer befreit ist, gegenüber ihren im Inland ansässigen Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeiten verwendet werden und der Zusammenschluss von seinen Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erbrachte in den Streitjahren 2000 bis 2006 als Diplom-Sozialpädagogin und Diplom-Organisationsberaterin sog. Supervisionsleistungen für Träger der Wohlfahrtspflege, der Jugendhilfe, der Psychiatrie, für Suchtberatungsstellen sowie für Diakonie und Caritas. Dabei führte sie für ihre Auftraggeber sog. Supervisionen mit deren Mitarbeitern durch. Darüber hinaus erbrachte sie auch Lehrsupervisionsleistungen. Ihr war von der zuständigen Bezirksregierung am 25. Oktober 1999 zur Vorlage bei den Finanzbehörden bescheinigt worden, dass sie die Leistung "Supervision und Lehrsupervision" als berufliche Bildungsmaßnahme nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in den für die Streitjahre geltenden Fassungen ordnungsgemäß durchführe.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass die Supervisionsleistungen ebenso wie andere Leistungen der Klägerin steuerpflichtig seien und setzte mit Bescheiden vom 6. Dezember 2006 erstmals Umsatzsteuer für die Streitjahre fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

3

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 2321 veröffentlichten Urteil statt. Die Leistungen der Klägerin seien nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG unter Berücksichtigung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche und steuerpflichtige Bemessungsgrundlage 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei. Die Supervisionsleistungen dienten dazu, die bei den Auftraggebern der Klägerin angestellten Mitarbeiter professionell im Sinne einer Steuerung, Korrektur, qualitativen Absicherung und Weiterentwicklung zu begleiten. Es gehe um die Professionalisierung und die Bewältigung spezifischer Probleme der psychosozialen und pädagogischen Arbeit dieser Mitarbeiter. Die Leistungen seien spezifisch auf die berufliche Tätigkeit der Mitarbeiter ausgerichtet gewesen. Die Klägerin sei auch als berufsbildende Einrichtung anzusehen. Hierfür sei die Dauer der gegenüber dem einzelnen Teilnehmer erbrachten Leistung unerheblich. Auch das Fehlen von Lehrplänen und die Tätigkeit in den Räumen der Auftraggeber begründe keine Steuerpflicht. Die Klägerin habe auch über die für die Steuerfreiheit erforderliche Bescheinigung verfügt. Im Umfang anderer Leistungen, die die Klägerin steuerpflichtig erbracht habe, sei ihr zudem der Vorsteuerabzug zu gewähren.

4

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, für die es Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Die Bescheinigung der Bezirksregierung entspreche nicht den Anforderungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, da es nicht ausreiche, dass lediglich bescheinigt werde, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt würden. Erforderlich sei vielmehr eine Bescheinigung, nach der der Unternehmer auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereite. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Richtlinie 77/388/EWG berufen, da sie keine anerkannte Einrichtung sei. Es handele sich auch nicht um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht durch Vermittlung von Fachwissen. Die Klägerin erbringe vielmehr Beratungsleistungen durch Unterstützung eigener Erkenntniserlangung des Teilnehmers, so dass es auch an der Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten fehle. Es gehe nur um die Erlangung von "Soft-Skills". Die bloße Berufsbezogenheit reiche nicht aus. Es handele sich nicht um eine Wissensvermittlung anhand von Lehrplänen wie bei einer Berufsausbildung. Es würde lediglich die pädagogische Arbeit durch Fallbesprechungen begleitet.

5

Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Ihre Leistungen seien steuerfrei. Die Voraussetzung der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung ergebe sich eindeutig aus der ihr erteilten Bescheinigung, zumindest aber unter Berücksichtigung des von ihr gestellten Antrags. Dass ein Unterrichtsplan fehle, stehe der Steuerfreiheit nicht entgegen. Sie könne sich auf das Unionsrecht berufen. Da sie ihre Leistungen auf Veranlassung und unter Kostenübernahme des jeweiligen Arbeitgebers erbracht habe, liege eine berufliche Fortbildungsmaßnahme vor. Inhaltlich sei es um die Vermittlung von "Personenkompetenz" gegangen. Es bestehe eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen dem Urteil des FG sind die Leistungen der Klägerin nach nationalem Recht nicht steuerfrei. Die Klägerin kann sich aber für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Insoweit sind noch weitere Feststellungen im zweiten Rechtsgang zu treffen.

9

1. Die Leistungen der Klägerin sind nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.

10

a) § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG befreit "die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, ... wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten".

11

b) Wie der Senat mit Urteil vom 17. April 2008 V R 58/05 (BFHE 221, 489, BFH/NV 2008, 1418, unter II.2.c) zur insoweit inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG a.F. entschieden hat, muss sich aus der Bescheinigung ergeben, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, so dass es nicht ausreicht, dass sich aus der Bescheinigung --wie im Streitfall-- nur ergibt, dass berufliche Bildungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bescheinigung eine dem Wortlaut widersprechende Auslegung aufgrund einer bloßen Bezugnahme auf den bei der Landesbehörde gestellten Antrag nicht in Betracht.

12

2. Die Leistungen der Klägerin können zwar nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG, wohl aber gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sein. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang noch weitere Feststellungen zu treffen.

13

a) Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung".

14

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG befreit nach seinem Wortlaut zudem "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht". Wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in seinem Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) entschieden hat, weichen die einzelnen Sprachfassungen dieser Bestimmung voneinander ab. Unter Berücksichtigung dieser Unterschiede sind als Schul- und Hochschulunterricht "Unterrichtseinheiten, die ... sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen" anzusehen (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 23).

15

b) Im Streitfall kann die Klägerin nicht in Anspruch nehmen, dass ihre Leistungen gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind: Sie ist weder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts noch verfügt sie --mangels Bescheinigung (s. oben II.1.b)-- über die ansonsten erforderliche Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung wie eine Einrichtung, die mit z.B. Schul- oder Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder beruflicher Umschulung betraut ist.

16

c) Die Klägerin kann aber geltend machen, dass ihre Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG als Unterrichtseinheiten, die von Privatlehrern erteilt werden und die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, steuerfrei sind.

17

aa) Nach der EuGH-Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts "nicht auf Unterricht ..., der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern [schließt] ... andere Tätigkeiten ein ..., bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben" (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841 Rdnr. 26). Es handelt sich um die "Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch den Unterrichtenden an Schüler oder Studierende im Rahmen einer Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 33).

18

Zudem ist es "unerheblich", dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG "nicht ausdrücklich die Aus- und Fortbildung erwähnt" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 34), da "nicht zwischen dem Unterricht, der Schülern oder Studierenden erteilt wird, die an einer erstmaligen Schul- oder Hochschulausbildung teilnehmen, und dem Unterricht zu unterscheiden [ist], der Personen erteilt wird, die bereits über einen Schul- oder Hochschulabschluss verfügen und die aufgrund dieses Abschlusses ihre Berufsausbildung betreiben", und da das "Gleiche für die Unterrichtseinheiten [gilt], die sich auf diesen Unterricht beziehen" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 35), zumal sich "eine solche Unterscheidung anhand der Unterrichtsinhalte als schwierig erweisen" würde und eine besonders enge Auslegung des Begriffs Schul- und Hochschulunterricht "die Gefahr einer je nach Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems hervorrufen [würde], weil die jeweiligen Unterrichtssysteme der Mitgliedstaaten unterschiedlich gestaltet sind" (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 36).

19

bb) Im Hinblick auf das EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 wird im Schrifttum zutreffend geltend gemacht, dass nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG nicht nur Unterrichtseinheiten, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, sondern auch Unterrichtseinheiten, die sich auf Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung beziehen, steuerfrei sein können (Tehler, EU-Umsatzsteuerberater 2010, 6 ff., 8; Philipowski, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2010, 161 ff., 163, und Nieskens, UR 2013, 175 ff., 179).

20

Dem folgt auch der erkennende Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung. Es kommt nicht darauf an, dass der Privatlehrer an einer Schule oder Hochschule tätig ist, sich an Schüler oder Hochschüler wendet oder es sich um einen in einen Lehr- oder Studienplan eingebetteten Unterricht handelt (so noch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- in BFHE 221, 489, BFH/NV 2008, 1418, unter II.3.b bb), da sich Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG auf jegliche Aus- und Fortbildung bezieht, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hat. Entgegen der Auffassung des FA ist ein Lehrplan nicht unabdingbar für die Steuerfreiheit. Daher können auch Supervisionsleistungen steuerfrei sein.

21

cc) Die Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 68/97 (BFH/NV 1999, 81, unter II.3.), das zu Vortragstätigkeiten einer Familienbildungsstätte ergangen ist.

22

d) Die Sache ist nicht spruchreif. Im Hinblick auf eine mögliche Berufung der Klägerin auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen dazu zu treffen, ob sie als Privatlehrer tätig war und welcher Art die von der Klägerin im Einzelnen erbrachten Leistungen waren.

23

aa) Das FG wird dabei insbesondere zu berücksichtigen haben, dass es der Erteilung von Unterrichtseinheiten, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen, durch einen Privatlehrer nicht entgegensteht, wenn dieser mehreren Personen gleichzeitig Unterricht erteilt, dass die der Unterrichtserteilung zugrunde liegende Rechtsbeziehung auch zu einer anderen Person als Unterrichtsteilnehmer bestehen kann und dass das Nichtbestehen eines Vergütungsanspruchs im Verhinderungsfall und bei Kursausfall für eine als Privatlehrer ausgeübte Tätigkeit spricht (EuGH-Urteil Haderer in Slg. 2007, I-4841 Rdnrn. 31 ff.). Die bloße Unternehmereigenschaft reicht demgegenüber nicht aus (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnr. 47).

24

Ohne Bedeutung ist für den Streitfall, dass der EuGH die Privatlehrereigenschaft versagt, wenn der Auftraggeber des Unterrichtenden die Leistung dazu verwendet, als eigenständige Bildungseinrichtung entgeltliche Unterrichtsleistungen zu erbringen (EuGH-Urteil Eulitz in Slg. 2010, I-907 Rdnrn. 52 ff.), da es den Auftraggebern der Klägerin um die Aus- und Fortbildung des eigenen Personals ging.

25

bb) In Bezug auf die Lehrsupervisionen kann sich die Steuerfreiheit bereits daraus ergeben, dass die Klägerin andere darin unterrichtet hat, Supervisionen auszuführen.

26

cc) Hinsichtlich der weiteren Supervisionsleistungen ist --ohne Bindung an die einkommensteuerrechtliche Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs bei Werbungskosten-- zu berücksichtigen, dass diese vorrangig auf die spezifischen Bedürfnisse einer Berufstätigkeit ausgerichtet sein können, wenn sie dazu dienen, Lösungsmöglichkeiten für konkrete Arbeitsplatzsituationen zu erarbeiten und in gemeinsamer Reflexion Fehler und Schwachstellen aufzuarbeiten (vgl. BFH-Urteil vom 28. August 2008 VI R 35/05, BFHE 223, 1, BStBl II 2009, 108). Für die erforderliche Berufsbezogenheit als Aus- und Fortbildungsmaßnahme kann es ausreichen, dass die Klägerin Sozialarbeiter für die von diesen ausgeübte Berufstätigkeit anhand von Fallbeispielen gruppenweise angeleitet hat. Insoweit kommt den mit dem jeweiligen Auftraggeber vereinbarten Lehrinhalten indizielle Bedeutung zu.

27

dd) Zu den von der Klägerin erbrachten Leistungen hat das FG lediglich allgemein festgestellt, dass die von ihr erbrachten Supervisionsleistungen einer professionellen Begleitung im Sinne einer Steuerung, Korrektur, qualitativen Absicherung und Weiterentwicklung der beruflichen Tätigkeit der bei den diversen Einrichtungen angestellten Mitarbeiter dienten, und dass diese Leistungen spezifisch auf die berufliche Tätigkeit der teilnehmenden pädagogisch und psychosozial tätigen Mitarbeiter ausgerichtet waren. Feststellungen zu den einzelnen, von der Klägerin gegenüber verschiedenen Auftraggebern erbrachten Leistungen fehlen aber. Diese sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.


Tenor

I. Der Bescheid über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 vom 12. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 dahingehend zu ändern, dass die steuerpflichtigen Umsätze 0 Euro betragen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Umsätze aus dem Betrieb einer Kampfsportschule von der Umsatzsteuer befreit sind.

2

Der Kläger betreibt in G die Kampfsportschule "B". In den Streitjahren bot der Kläger folgende Lehrgangsinhalte/Kurse an (Bl. 68 d. PrA.):

3

- Karate
- Kickboxen
- Brazilian Jiu Jitsu
- Selbstverteidigung
- Leitfaden für angehende Kampfsporttrainer
- berufsvorbereitende Kurse für Fitness Fachleute und Sicherheitskräfte.

4

Bei der Kampfsportschule handelt es sich daneben um einen staatlich anerkannten Ausbildungsbetrieb (IHK) für Sport und Fitness Kaufmann/Kauffrau und Sport und Fitness Fachmann/Fachfrau. Hinsichtlich der einzelnen Lehrinhalte wird auf den Lehrplan der Kampfsportschule verwiesen (Bl. 68 ff. d. PrA.).

5

Im Rahmen der Kurse werden auch nicht alkoholische Getränke und die zwingend benötigte Kleidung zum Selbstkostenpreis während der Kursdauer angeboten bzw. verkauft (Bl. 20 d. PrA.).

6

Der Kläger erklärte in seinen Steuererklärungen die Umsätze zunächst zum allgemeinen Umsatzsteuersatz. Der Beklagte verarbeitete die Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2008 ohne Abweichung. Die Steuerfestsetzung erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

7

Am 27. Oktober 2010 erteilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz eine Bescheinigung, ausweislich der die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

    - zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau

    - zum/zur Sport- und Fitnessfachmann/-frau

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe

        

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 26 d. PrA.). Die Bescheinigung wurde für den Zeitraum 1.1.2005 bis 31. Dezember 2010 erstellt.

8

Unter Vorlage der Bescheinigung der ADD beantragte der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2010, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 zu ändern (Bl. 1 d. USt-Akte, "Änderungsantrag"). Die berichtigten Jahresabschlüsse und die korrigierten Umsatzsteuererklärungen fügte er bei. In den berichtigten Umsatzsteuererklärungen erklärte er jeweils Umsätze zum allgemeinen Steuersatz und Vorsteuern in Höhe von   0 Euro.

9

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. April 2010 den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 ab (Bl. 82 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Bescheinigung der ADD beschränke sich auf die dort genannten berufsvorbereitenden Maßnahmen. Der Kläger erziele jedoch überwiegend Umsätze, die nicht auf einen der dort genannten Berufe vorbereiteten, sondern vielmehr der Freizeitgestaltung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen dienten. Die Erlöse aus Lehrtätigkeit seien bereits als umsatzsteuerfreie Erlöse ausgewiesen. Es sei davon auszugehen, dass es sich hierbei um jene Umsätze handele, die von der ADD als steuerfrei bescheinigt worden seien.

10

Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein (Bl. 84 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Zur Begründung führte er aus, er biete nur Kurse mit mindestens zehn Lehrveranstaltungen an, die jeweils mit einem ordentlichen Abschluss endeten (Bl. 88 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Kurse seine keine Freizeitbeschäftigung bzw. Kinderbetreuung.

11

Am 1. März 2011 ergänzte die ADD ihre Bescheinigung dahingehend, dass neben den bereits mit Bescheinigung vom 27. Oktober 2010 genannten Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auch die zu Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 128 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag").

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 179 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a, aa UStG scheide aus, da es sich mangels Bescheinigung der Schulaufsichtsbehörde im Streitfall nicht um eine Ersatzschule i.S.d. der Vorschrift handele. Ebenso scheide eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG aus. Zwar liege eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vor, allerdings entbinde eine solche Bescheinigung die Finanzbehörde lediglich zu prüfen, ob die Leistungen des Unternehmers auf einen Beruf vorbereiten. Die Frage, ob eine allgemein- oder berufsbildende Schule oder Einrichtung vorliege, sei nicht Gegenstand der Bescheinigung und von den Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Soweit der Kläger in seiner Schule in den Berufen zum Sportkaufmann bzw. Sportfachmann ausbilde, trete er hier als Arbeitgeber auf. Hinsichtlich der restlichen von ihm erbrachten Leistungen stelle die Kampfsportschule keine berufsbildende Einrichtung dar. Hierzu sei erforderlich, dass die angebotenen Lehrinhalte Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung seien. Letzteres sei vorliegend nicht der Fall, da die vermittelten Kampfkunsttechnikern nicht zur Ausübung eines bestimmten Berufs notwendig seien. Der Umstand, dass einige Mitglieder der Kampfsportschule eine Ausbildung zum Kampfsporttrainer anstrebten, sei für die Qualifikation der Schule als berufsbildende Einrichtung unerheblich (Bl. 183 d. Umsatzsteuerakte,"Änderungsantrag"). Ebenso sei unerheblich, dass andere Berufsgruppen wie Polizisten und Sportlehrer an den Unterrichtseinheiten der Kampfsportschule teilnähmen. Die vermittelten Kampfkunsttechniken seien keine unbedingte Voraussetzung für die genannte Berufe. Der Umstand, dass sich die erworbenen Kampfkünste positiv auf die Berufsausübung auswirkten, sei für die Anerkennung als berufsbildende Einrichtung nicht ausreichend. Soweit Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und Kinder und Jugendliche angeboten werde, diene dies der bloßen Freizeitgestaltung. Soweit der Kläger als selbständiger Lehrer an öffentlichen gemeinbildenden Schulen Leistungen erbringe, seien diese Leistungen von der Bescheinigung der ADD umfasst und steuerfrei (Bl. 184 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag").

13

Mit seiner am 7. September 2012 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Umsatzsteuerpflicht seiner Umsätze. Die Bescheinigungen der ADD vom 27. Januar 2010 und 1. März 2011 seien Grundlagenbescheide zur Beurteilung der Steuerbefreiung von Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 a bb UStG. Der Kläger unterrichte in straff organisierten Unterrichtseinheiten verschiedene Arten von Konzentrationsübungen und Körperbeherrschung. Jede Lehrveranstaltung ende mit einem Abschluss, der Voraussetzung für die nächste Stufe sei. Die einzelnen Stufen stellten zugleich den Lehrplan dar und seien wie folgt:

14

- Prüfungsprogramm 5.KYO
- Prüfungsprogramm 4.KYO
- Prüfungsprogramm 3.KYO
- Prüfungsprogramm 2.KYO
- Prüfungsprogramm 1.DAN
- Prüfungsprogramm 2. DAN
- Prüfungsprogramm 3. DAN
- Prüfungsprogramm 4. DAN.

15

Die einzelnen Kurse, z.B. zwischen 5. KYO und 4. KYO dauerten ca. 9 Monate und seinen abhängig von der persönlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Lehrgangsteilnehmers und dem Prüfungserfolg (Bl. 113 d. PrA.). Der einfache Polizist werde beispielsweise bis 1.KYO ausgebildet, während das Mitglied eines Sondereinsatzkommandos in der Regel bis 4. DAN ausgebildet werde (Bl. 113 d. PrA.). Aus den Abschlüssen ergäben sich einige weiterführende Berufsbilder, wie z.B. bei der Polizei, des SEK, des Fitnessberaters und anderen Berufsbildern, bei denen Konzentration und Körperbeherrschung Voraussetzung seien. Personenzielgruppen seien Studenten im Bereich Sport- und Fitnessmanagement (Duales Studium), Sport- und Fitnesskaufleute, Sicherheitskräfte, selbständige Unternehmer im Bereich Kampfsportschule, Vollstreckungsbehörden (JVA), Übungsleiter in Sportvereinen und Polizeibehörden (Bl. 113 d. PrA.).

16

Unerheblich sei, inwieweit jeder einzelne Schüler die erworbenen Qualifikationen in der Folge für seine berufliche Tätigkeit nutze. Entscheidend sei die Möglichkeit, die einzelnen Berufsbilder auszuüben. Die Umsätze mit Bekleidung und Getränken unterlägen nach § 19 Abs.1 UStG nicht der Besteuerung, da sie in den Gesamtumsatz einzuberechnen seien und nicht mehr als 17.500 Euro betrügen.

17

Der Kläger führe auch Kurse zur Selbstverteidigung und Gewaltprävention in Schulen durch (Bl. 113 d. PrA.). Diese auswärtigen Lehrveranstaltungen entsprächen den Lehrinhalten in der Kampfsportschule.

18

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuer 2005 bis 2008 vom 12. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 den Beklagten zu verpflichten, die Umsätze des Klägers für die Jahre 2005 bis 2008 von der Umsatzsteuer zu befreien,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

20

Der Beklagte verweist klageerwidernd auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung (Bl. 44 d. PrA.). Im Streitfall spreche das breit gefächerte Kursangebot des Klägers für Leistungen, die im Freizeitbereich angeboten würden (Bl. 84 d. PrA.). Die vorgetragenen Kurse der TU Berlin seien nicht heranzuziehen, da sie gegen Entgelt als Ausgleich zum Studium angeboten würden.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist begründet. Der Bescheid über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 ist rechtswidrig. Zutreffend geht der Kläger davon aus, dass die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheide dahingehend zu ändern sind, dass die bisher als steuerpflichtigen Umsätze aus der Kampfsportschule 0 Euro betragen.

22

Die Umsätze aus der Kampfsportschule sind umsatzsteuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der Kampfsportschule als anerkannter Einrichtung im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i. der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen an Schulen und Hochschulen erbracht werden. Die übrigen Umsätze aus dem Verkauf von Sportartikeln und Getränken sind in den Streitjahren so gering, dass sie nach § 19 Abs. 1 UStG insgesamt außer Betracht bleiben.

I.

23

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof kann sich der Steuerpflichtige grundsätzlich unmittelbar auf die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL berufen, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob die Steuerfreiheit aus § 4 Nr. 21a Doppelbuchstabe bb UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

24

1. Der Kläger erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG, weil es sich bei ihm um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" handelt.

25

Der Kläger hat eine Bescheinigung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vorgelegt, die bestätigt, dass die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

    - zum Sport- und Fitnesskaufmann/-frau,

    - zum Sport- und Fitnessfachmann/-frau,

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche

        

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21a Doppelbuchstabe bb Umsatzsteuergesetz darstellen. Die Bescheinigung gilt für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2012 und umfasst damit die Streitjahre 2005 bis 2008.

26

Eine derartige Bescheinigung genügt nach der Rechtsprechung für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879). Wegen der Sachnähe ist die Entscheidung der jeweiligen Fachbehörde vorbehalten. Die Bescheinigung der ADD ist als Grundlagenbescheid sowohl für das Finanzamt als auch die Finanzgerichte dahingehend bindend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt (BFH Urteil vom 20. August 2009, V R 25/08, BStBl. II 2010, 15).

27

2. Die angebotenen Kurse fallen auch sachlich unter die Befreiungsvorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL.

28

Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass die Kampfsportschule mit ihrem Kursprogramm als Schule im Sinn von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG eingeordnet wird bzw. die angebotenen Kurse der Erziehung von Kinder und Jugendlichen dienen bzw. Aus- und Fortbildung in Sinne dieser Vorschrift darstellen. Nach der Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeit nicht den Charakter reiner Freizeitgestaltung haben (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

29

Vorliegend ist daher entscheidend, ob die vom Kläger angebotenen Kampfsportkurse den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben, oder ob sie Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die in Schulen und Hochschulen erteilt werden.

30

Dabei ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiung zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiung nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, zwar grundsätzlich eng auszulegen sind, weil sie Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Der EuGH hat sich in seiner Rechtsprechung zum Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S.d. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe j der Richtlinie 77/388/EWG jedoch gegen eine zu enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" ausgesprochen (EuGH Urteil C-445/05 vom 14. Juni 2007, "Haderer"). Aufgrund der unterschiedlichen Unterrichtssysteme in den Mitgliedstaaten bestehe anderenfalls Gefahr, dass das Mehrwertsteuersystem je nach Unterrichtssystem unterschiedlich angewendet werde (EuGH Urteil C-445/05 vom 14. Juni 2007, "Haderer"). Der BFH folgt dieser Auffassung auch für den Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG (BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267). Weder ist daher ein direkter Bezug zu einem Beruf erforderlich, noch müssen die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

31

Überdies ist nach der Rechtsprechung zu beachten, dass die Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde nicht nur für die Frage der Anerkennung einer Einrichtung als solcher im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL von Bedeutung sind, sondern die Bescheinigungen auchein Indiz dafür sind, dass Leistungen, die tatsächlich dem Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879; BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267). Solche gegenteiligen Anhaltspunkte können sich nach der Rechtsprechung aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Kurses ergeben. So sind Kurse, die von ihrer Zielrichtung auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, ausgeschlossen. Die Rechtsprechung erfasst hiervon zum Beispiel Kurse, die sich an Eltern von Schülern richten, um die Wartezeit während des Unterrichts der Kinder sinnvoll zu nutzen, oder Kurse für Senioren oder allgemein am Tanz interessierte Menschen (BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267).

32

a. Die vom Kläger in den Streitjahren angebotenen Kurse Karate, Kickboxen, Brazilian Jiu Jitsu, Selbstverteidigung und die Kurse für Fitnessfachleute und Sicherheitskräfte sind alle unter die in der Bescheinigung der ADD aufgeführten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen

    - zum Sport- und Fitnesskaufmann/-frau,

    - zum Sport- und Fitnessfachmann/-frau,

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche

        

zu subsumieren.

33

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich nochmals anschaulich ausgeführt, dass in jedem Kampfsportkurs, der von ihm angeboten wird, eine der Hauptkomponenten die Selbstverteidigung sei. Dies gelte auch für Kickboxen, das fachübergreifend für alle Kampfsportarten angeboten werde. Soweit die Schule Kurse zur Fitness anbiete, seien diese Fitnesskurse mit den Kampfsportkursen inhaltlich miteinander verwoben und dienten damit auch der Selbstverteidigung und Gewaltprävention.

34

b. Anhaltspunkte, die entgegen der Bescheinigung der ADD die Annahme rechtfertigten, der Kläger habe in den Streitjahren Kurse angeboten, die der reinen Freizeitgestaltung dienen, liegen nach Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats nicht vor.

35

c. Die vom Kläger vermittelten Kenntnisse in Gewaltprävention und Selbstverteidigung werden auch vergleichbar an Schulen erbracht. Dies ist bereits aus der Tatsache ersichtlich, dass der Kläger unbestritten vergleichbare Kurse auch an Schulen gegen Entgelt anbietet. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass an Schulen das Fach "Gewaltprävention" als ordentliches Schulfach regelmäßig für ein Jahr angeboten und von ihm unter einer eigenen Personalnummer unterrichtet werde.

II.

36

Soweit der Kläger Umsätze aus dem Verkauf von Sportkleidung für seine Kurse und aus dem Verkauf von nicht alkoholischen Getränken erzielt, sind diese grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, unterfallen aber der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG.

37

Der Kläger erzielt damit folgende - in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellten -Umsätze ausweislich seiner Aufstellung im Einspruchsverfahren (Bl. 144 ff. d. Umsatzsteuerakte):

38
        

2005   

2006   

2007   

2008   

Erlöse Bistro

7.071,62 €

4.920,23 €

3.849,39 €

3.802,47 €

Erlöse Sportartikel

3.528,21 €

8.174,26 €

13.535,32 €

12.652,75 €

Summe 

10.599,83 €

13.094,49 €

17.384,71 €

16.455,22 €

39

Gemäß § 19 Abs. 1 UStG nach der in den Streitjahren geltenden Fassung wird die Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn die Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen haben und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen werden. Da die Umsatzgrenzen vorliegend eingehalten wurden, wird die Umsatzsteuer hierauf nicht erhoben.

III.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin führte an öffentlichen Schulen Testverfahren durch, um berufsübergreifend einsetzbare Kompetenzen und Neigungen der Schüler festzustellen. Diese sogenannten Potenzialchecks sind Teil der an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen auch im Rahmen des Unterrichts stattfindenden Maßnahmen der beruflichen Orientierung, mit denen die Schüler in der Phase des Übergangs von der Schule in den Beruf zu einer fundierten Berufswahl befähigt werden sollen.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer - für die Befreiung von der Umsatzsteuer notwendigen - Bescheinigung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung der Potenzialchecks ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Bescheinigung gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen: Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung sei nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG u.a., dass die Leistungen der privaten Einrichtung "auf einen Beruf vorbereiten". Von "Berufsvorbereitung" könne nur bei Leistungen gesprochen werden, die der Vermittlung spezieller, für die Ausübung bestimmter Berufe notwendiger Kenntnisse und Fertigkeiten dienten. Bei den von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks handle es sich hingegen um Hilfen zur - der "Berufsvorbereitung" zeitlich vorgelagerten - Berufswahl. Der Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG gebiete ebenfalls keine Ausweitung der steuerlichen Begünstigung auf die Berufswahlvorbereitung. Mit der Steuerbefreiung solle neben der Förderung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung die steuerliche Gleichbehandlung der privaten und der nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlichen Schulen herbeigeführt werden. Dieser Zweck greife hier nicht, weil Hilfen zur beruflichen Orientierung nicht zum "klassischen" Bestandteil der Schulausbildung gehörten, sondern von den Schulen in Kooperation mit anderen Trägern erbracht würden. Gegen eine erweiternde Auslegung spreche außerdem die Zweistufigkeit des Verfahrens, nämlich die Entscheidung der zuständigen Landesbehörde über die vorliegend in Rede stehende Erteilung der Bescheinigung einer ordnungsgemäßen Aus- und Fortbildung auf der ersten Stufe und die nachfolgende, der Finanzverwaltung obliegende Entscheidung über die Umsatzsteuerbefreiung selbst auf der zweiten Stufe. Mit dieser Zweistufigkeit solle das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde nutzbar gemacht werden, die im Unterschied zur Finanzverwaltung über die für eine Beurteilung der "Ordnungsgemäßheit" der Aus- und Fortbildung notwendigen Informationen und Kenntnisse verfüge. Diese Verfahrensgestaltung sei nur sinnvoll, soweit für einen bestimmten Beruf ein Ausbildungskanon vorhanden sei, mit dem die von der privaten Einrichtung erbrachte Leistung verglichen werden könne. Daran fehle es bei Maßnahmen, die lediglich der Vorbereitung der Berufswahl dienten. Auch Unionsrecht zwinge nicht zur Erteilung der begehrten Bescheinigung. Dabei könne offenbleiben, ob Maßnahmen privater Einrichtungen zur Vorbereitung der Berufswahl als solche oder als eng mit dem Schulunterricht verbundene Dienstleistungen nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie von der Umsatzsteuer befreit werden müssten. Denn eine diesem unionsrechtlichen Anspruch Rechnung tragende richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG komme nicht in Betracht, weil sie weder mit dem Wortlaut der Vorschrift ("Berufsvorbereitung") noch mit Sinn und Zweck der Verfahrensstufung vereinbar wäre.

3

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Die Begrenzung des Bescheinigungsverfahrens auf die schulische Wissensvermittlung werde der heutigen Schulpraxis nicht gerecht. Die Heranführung der Schüler an den Beruf durch Maßnahmen der Berufsorientierung gehöre mittlerweile zum Schulalltag. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts stünden weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf solche Maßnahmen entgegen, die ein notwendiges Bindeglied zwischen Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung darstellten. Eine entsprechende erweiternde Auslegung sei unionsrechtlich geboten, um dem nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gegebenen Anspruch auf Befreiung von Maßnahmen zur beruflichen Orientierung von Schülern von der Umsatzsteuer zur Durchsetzung zu verhelfen.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. Januar 2010 zu ändern, den Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 3. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu bescheinigen, dass ihre im Antrag vom 2. Februar 2009 bezeichneten Maßnahmen auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten,

hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

5

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und stellt den Antrag,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, für die der beruflichen Orientierung der Schüler bzw. deren Vorbereitung auf die Berufswahl dienenden Leistungen der Klägerin könne eine Bescheinigung nicht erteilt werden. Dem Tatbestandsmerkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" unterfielen nur solche Leistungen privater Einrichtungen, die einen Bezug zu einem bestimmten Beruf aufweisen. Das trifft nicht zu. Vielmehr ist § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift (1.) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips (2.) erweiternd dahin auszulegen, dass auch Leistungen privater Einrichtungen erfasst sind, die der "beruflichen Orientierung" bzw. der "Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs" dienen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3).

9

1. Die Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG bezweckt - neben der Förderung solcher Leistungen - deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsträgern (vgl. BFH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <359> m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 - BVerwG 10 C 10.05 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 17 und Beschluss vom 31. Juli 2008 - BVerwG 9 B 80.07 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 5 Rn. 9 zu § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG). Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung der in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen und von privaten Ausbildungsträgern erbrachten Leistungen wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nur für Leistungen erteilt wird, die der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf dienen. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nehmen jedenfalls in der Phase des Übergangs der Schüler von der Schule in den Beruf mittlerweile Aufgaben wahr, die über den "klassischen" Schulunterricht hinausgehen. Nach § 5 Abs. 2 SchulG NRW sollen die Schulen in gemeinsamer Verantwortung mit den dort bezeichneten Trägern Hilfen zur beruflichen Orientierung geben. Die berufliche Orientierung von Schülern gehört zu den Aufgaben der Schule (vgl. LTDrucks 14/1572 S. 79). Die Veranstaltungen der Berufsorientierung in der Schule sind demgemäß Bestandteil des Schulunterrichts; die Schule ermöglicht die Durchführung von Gruppenveranstaltungen, individuellen Beratungsgesprächen sowie Eignungsuntersuchungen auch während der Unterrichtszeit im Einvernehmen mit der Schule (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 6. November 2007 - ABl. NRW. 12/07). Damit stellt die Aufgabe der beruflichen Orientierung der Schüler ein Bindeglied zwischen "klassischer" Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung dar. Die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks mit anschließender individueller Beratung decken einen Teil dieses den Schulen zugewachsenen Aufgabenbereichs ab. Das Testverfahren ist in Nordrhein-Westfalen an private Einrichtungen ausgelagert, es wird nach den unbestrittenen Angaben des Vertreters des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der mündlichen Verhandlung in anderen Bundesländern durch entsprechend geschulte Lehrer an den öffentlichen Schulen selbst wahrgenommen.

10

Aufgrund dieser Erweiterung des Bildungsauftrags der Schulen ist es gerechtfertigt und mit Blick auf die vom Gesetzgeber bezweckte steuerrechtliche Gleichbehandlung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlich-rechtlicher und privater Trägerschaft geboten, das Merkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" in § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG erweiternd auszulegen. Nicht nur die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, sondern auch die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin ist als steuerrechtlich begünstigte Berufsvorbereitung zu verstehen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O.) Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für das weitere Verfahren verbindlichen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO handelt (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 2009 - V R 25/08 - BFHE 226, 479 <484 f.>). Lehnt die zuständige Landesbehörde die Erteilung der Bescheinigung für bestimmte Leistungen einer privaten Einrichtung ab, ist die Finanzverwaltung auch dann gehindert, diese Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wenn sie in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen, der Umsatzsteuer nicht unterliegenden Bildungsträgern erbracht werden (vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007 - V R 4/05 - BFHE 217, 327 <330 f.>; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 a.a.O. Rn. 21 zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG).

11

Die jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze steht der Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen zur Vorbereitung der Berufswahl nicht entgegen. Denn unter "Vorbereitung auf einen Beruf" i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG kann nach dem Wortsinn auch die Vorbereitung "auf irgendeinen Beruf" oder "auf das Berufsleben" verstanden werden (vgl. bereits VG Aachen, Urteil vom 22. Oktober 2010 - 7 K 1519/09 - juris Rn. 43 ff.). Auch der verfahrensrechtliche Zweck der Vorschrift, auf einer ersten, der Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung vorgelagerten Stufe das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde über die ordnungsgemäße schulische und berufliche Ausbildung zu nutzen, erfordert nicht, den Anwendungsbereich des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf zu beschränken. Die Verfahrensstufung ist nicht nur dann sinnvoll, wenn es um die fachkundige Beurteilung geht, ob die Leistungen der privaten Einrichtung gemessen an einem bestimmten Ausbildungskanon oder einer bestimmten Prüfungsordnung öffentlich-rechtlicher Träger "ordnungsgemäß" sind, wie das Oberverwaltungsgericht meint. Vielmehr sind auch für die Beantwortung der Frage, ob die hier in Rede stehenden Maßnahmen der Berufsorientierung ebenso wie die die Maßnahmen anbietende (private) Einrichtung und das von ihr eingesetzte Personal die erforderliche Eignung aufweisen, um die Ziele der im Bereich der schulischen bzw. beruflichen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen, spezifische Kenntnisse über deren Unterrichtsinhalte und deren Praxis hilfreich, wie sie bei der zuständigen Landesbehörde, nicht aber bei der Finanzverwaltung vorliegen. Zwar mag dieser Gesichtspunkt hier unschwer zu klären sein, weil die von der Klägerin vorgenommenen Potenzialchecks an öffentlichen Schulen stattfinden und in die von der Schule selbst durchgeführten Maßnahmen der Berufsorientierung eingebunden sind. Anders liegt es jedoch, wenn eine allein von einer privaten Einrichtung verantwortete und in ihren Räumen durchgeführte Maßnahme an der Praxis öffentlich-rechtlicher Einrichtungen zu messen ist.

12

2. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur beruflichen Orientierung ist - unter Berücksichtigung des Zwecks der in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG normierten Verfahrensstufung - durch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip geboten.

13

Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - Rs. C-147/01, Webers Wine World u.a. - Slg. 2003, I-11365 Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet - Slg. 2007, I-2271 Rn. 43 f.; stRspr). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für die Finanzverwaltung verbindlichen Grundlagenbescheid. Daher sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MWSt-RL) ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Dadurch wird zugleich dem Zweck der Verfahrensstufung möglichst weitgehend Rechnung getragen, dass vor der eigentlichen Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung zunächst die zuständige Landesbehörde ihr spezifisches Fachwissen über die Leistungsinhalte der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einbringt. Wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen entgegensteht, die unionsrechtlich von der Umsatzsteuer zu befreien sind, bedarf keiner Erörterung; wie bereits ausgeführt, wird die Wortlautgrenze bezogen auf die hier in Rede stehenden Leistungen nicht überschritten (zur unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL durch die Finanzverwaltung vgl. BFH, Urteile vom 21. März 2007 - V R 28/04 - BFHE 217, 59 <61 f.>, vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <298> und vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 - BFHE 221, 302 <306 f.>).

14

Es kann keine vernünftigen Zweifel darüber geben, dass Leistungen der beruflichen Orientierung bzw. zur Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs unter den Begriff des "Schulunterrichts" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL fallen können und damit von der Umsatzsteuer zu befreien sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der autonome unionsrechtliche Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" zur Vermeidung einer mit Blick auf die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Unterrichtssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems nicht eng auszulegen. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - Rs. C-445/05, Haderer - Slg. 2007, I-4844 Rn. 24, 26 und vom 28. Januar 2010 - Rs. C-473/08, Eulitz - Slg. 2010, I-907 Rn. 29 f.). Einzelne "in Schulen" geleistete Hilfen zur beruflichen Orientierung wie etwa das "Bewerbungstraining" oder die Vermittlung von Kenntnissen über das Verhalten bei Vorstellungsgesprächen, über bestimmte Berufsfelder oder über die Arbeitsmarktsituation stellen nach der weiten Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zweifellos "Schulunterricht" dar. Es spricht einiges dafür, dass das auch für die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks zutrifft. Denn bei diesen Testverfahren geht es nicht nur um die bloße Feststellung bereits vorhandener Kompetenzen und Neigungen der Schüler. Diese sollen vielmehr dazu befähigt werden, die Kenntnisse über ihre eigenen Kompetenzen und Interessen zielorientiert bei der Berufswahl einzusetzen.

15

Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Entscheidend ist mit Blick auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip, dass für Maßnahmen, die der Vorbereitung der Berufswahl dienen, ein Anspruch auf Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL bestehen kann. Es bedarf auch mit Blick auf die Harmonisierung der Umsatzsteuerbefreiung innerhalb der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 a.a.O. Rn. 17 und 26) keiner Klärung, ob bei sämtlichen Maßnahmen, die im Rahmen beruflicher Orientierung erbracht werden können, die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Steuerbefreiung vorliegen. Denn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG trifft keine verbindliche Entscheidung darüber, ob die Leistungen der privaten Einrichtung, auf die sie sich bezieht, nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind oder nicht. Diese Frage unterliegt vielmehr der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung (vgl. BFH, Urteile vom 24. Januar 2008 a.a.O. S. 307 ff. und vom 10. Januar 2008 a.a.O. S. 298 ff.; zur Abgrenzung des Regelungsgehalts der Bescheinigung von den weiteren in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG genannten Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 4 und BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <462 f.>). Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen der beruflichen Orientierung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses versagt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Befreiung von der Umsatzsteuer offensichtlich nicht vorliegen (vgl. auch Urteil vom 23. März 1973 - BVerwG 4 C 49.71 - BVerwGE 42, 115 <117>; Beschluss vom 20. Juli 1993 - BVerwG 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482 <483>).

16

3. Voraussetzung für die von der Klägerin begehrte Erteilung einer Bescheinigung ist nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG des Weiteren die "Ordnungsgemäßheit" der von ihr durchgeführten Leistungen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Leistungen objektiv geeignet sind, der "Vorbereitung auf einen Beruf" zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werden und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O. S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen dieser qualitativen Anforderungen getroffen; die Beteiligten haben den insoweit relevanten Sachverhalt auch nicht im Revisionsverfahren unstreitig gestellt. Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Klärung dieser Frage an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Tenor

Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E.          vom 12. April 2013 verpflichtet, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 23. Juli 2012 mit Wirkung ab dem 1. März 2012 zu bescheinigen, dass er in dem von ihm betriebenen L.     -Lerncenter in E.          -V.         mit den Unterrichtsmaß-nahmen Mathematik nach der L.     -Lernmethode und Englisch nach der L.     -Lernmethode ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun handelt es sich nach einer vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre um eine "Kampf- und Bewegungskunst".

2

Für die Streitjahre erklärte der Kläger auch für die WingTsun-Schule steuerpflichtige Umsätze.

3

Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft vom 11. April 2005, wonach die von ihm "erbrachten Unterrichtsleistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun ... Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes" (UStG) darstellen, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Vergangenheit zu ändern und die Umsätze aus der WingTsun-Schule nunmehr als umsatzsteuerfrei zu behandeln.

4

Nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Ansicht des Prüfers an, es sei keine Steuerbefreiung zu gewähren.

5

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 wurde dementsprechend die Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre abgelehnt, nachdem das FA zuvor mit Schreiben vom 21. Juli 2005 dem Kläger bereits mitgeteilt hatte, dass eine rückwirkende Änderung "unter Beachtung der Ausführungen in den §§ 169 bis 171 der Abgabenordnung" (AO) nur bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1999 möglich sei.

6

Der Einspruch und die anschließende Klage hatten keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, zwar ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. April 2005, dass die vom Kläger in der WingTsun-Schule erbrachten Leistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienten. Die WingTsun-Schule des Klägers sei jedoch keine berufsbildende Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Die in der vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre angegebenen Kurse --wie "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder"-- seien eindeutig dem Freizeitbereich zuzuordnen und dienten nicht der beruflichen Bildung.

8

Unerheblich sei insoweit, dass einige Teilnehmer möglicherweise die Ausbildung zu einem WingTsun-Lehrer anstrebten, weil die vom Kläger angebotenen Lehrgänge nicht Teil einer gesetzlich geregelten Schul-, Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien. Ebenfalls nicht entscheidend sei, dass die Lehrgänge auch von anderen Berufsgruppen wie Polizisten oder Soldaten belegt würden, weil die erworbenen Kenntnisse keine unabdingbare Voraussetzung zur Ausübung der genannten Berufe seien. Dies sei ähnlich wie bei Fahrschulen oder Jagdschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen seien, obwohl der Führerschein von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Ausübung ihres Berufs genutzt werde und auch die Jägerprüfung bei der Ausübung einiger Berufe erforderlich sei.

9

Die WingTsun-Schule des Klägers sei im Übrigen keinem Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen Einrichtungen ausgesetzt, selbst wenn im Sportunterricht vereinzelt auch Kurse in WingTsun angeboten würden.

10

Die Umsätze seien ebenso wenig nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen für eine Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung im unionsrechtlichen Sinne seien nicht erfüllt.

11

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

12

Er bringt vor, entgegen der Vorentscheidung handele es sich vorliegend um eine berufsbildende Einrichtung. Über die generelle Geeignetheit zur Berufsvorbereitung habe nicht das FA, sondern --wie hier-- die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu befinden.

13

Durch die vermittelten Unterrichtsinhalte erlangten die Schüler --von denen einige zum Kampfkunstlehrer ausgebildet worden seien und diesen Beruf auch tatsächlich ausübten-- spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten. Entgegen der Vorentscheidung müssten die vermittelten Unterrichtsinhalte nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein. Auch die von der Umsatzsteuer befreiten Ballett- und Musikschulen unterlägen keiner gesetzlich geregelten Berufsausbildung. Auf die Anzahl derer, die sich für eine Ausübung des erlernten Berufs entschieden, komme es nicht an.

14

Das FG habe nicht zutreffend gewürdigt, dass die Unterrichtsinhalte zu den Selbstverteidigungsmechanismen im Sicherheitsgewerbe sowie bei der Polizei und der Bundeswehr im Umgang mit berufsspezifischen Gefahrenlagen unabdingbar seien und er, der Kläger, zudem eigene Schulungen für Spezialeinsatzkräfte anbiete.

15

Der Inhalt des vom FG in Bezug genommenen Werbeflyers spreche hingegen nicht gegen die Ausrichtung und Geeignetheit der vermittelten Unterrichtsinhalte. Es handele sich insoweit um die bloße werbemäßige Angabe von weiteren Aktivitäten oder weiteren Vorteilen. Zudem komme es nicht auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen an, sondern auf die Art der erbrachten Leistungen und deren generelle Eignung.

16

Der vom FG gezogene Vergleich mit Fahr- und Jagdschulen sei nicht gerechtfertigt. Diese bereiteten auf eine Prüfung vor, die --anders als hier-- Voraussetzung für die Erteilung einer bloßen Ausübungserlaubnis sei.

17

Im Übrigen würden WingTsun-Kurse auch von öffentlichen Schulen angeboten, so dass er, der Kläger, entgegen dem FG insoweit im Wettbewerb stehe.

18

Die Vorentscheidung verletze zudem Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet abzuweisen.

21

Es tritt der Revision des Klägers entgegen und bringt im Wesentlichen vor, die Frage, ob die Einrichtung generell die Eigenschaft einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung habe, sei nicht von der die Bescheinigung erstellenden Landesbehörde, sondern von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliege der vollen Nachprüfung durch die Finanzgerichte.

22

Der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung widerspreche der vom FG in Bezug genommene Werbeflyer. Er lasse in keiner Weise eine berufsbildende Einrichtung erkennen oder vermuten.

23

Die Lehrgänge des Klägers bereiteten weder auf einen bestimmten Beruf vor noch seien sie Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung. Auch die vom Kläger für Angehörige der Bundeswehr und Polizei durchgeführten kampfspezifischen Lehrgänge seien nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung.

24

Die weitaus überwiegende Zahl der Schüler besuche die Lehrgänge nicht, um sich zum WingTsun-Lehrer ausbilden zu lassen, sondern aus Spaß und Interesse an einer asiatischen Kampfkunst und einer sportlichen Freizeitveranstaltung.

25

Die Kampfkunstschule des Klägers sei darauf ausgerichtet, eine Kampfkunst als Sportart zu verbreiten und als Freizeitgestaltung anzubieten.

26

Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule nicht um eine Einrichtung handele, die spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittle, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Die streitigen Umsätze sind steuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der WingTsun-Schule als anerkannte Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und in welchem Umfang dies der Fall gewesen ist.

29

1. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen waren in der in den Streitjahren noch bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigte, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Auch nach der in den Streitjahren ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

30

a) Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL-- (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juni 1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578, unter II.2.; vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215, unter II.2.b bb; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.1.).

31

b) Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG die Umsätze von der Steuer, die "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" betreffen.

32

c) Diese Richtlinienbestimmung wurde wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführte Steuerbefreiungen vom nationalen Gesetzgeber bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.).

33

d) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist, weil sich der Kläger jedenfalls grundsätzlich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.; zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vgl. ferner Senatsurteil vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 19). In Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ist die Berufung eines Einzelnen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die --wie hier-- inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften möglich (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 26, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).

34

2. Im Streitfall kommt --entgegen der Vorentscheidung-- eine Steuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht.

35

a) Bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule handelt es sich um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

36

aa) Der Begriff "Einrichtung" erfasst auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht, soweit der Richtliniengesetzgeber --wie hier in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG-- die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht hat (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a aa, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

37

bb) Nach den Feststellungen des FG besitzt der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, wonach die von ihm erbrachten Unterrichtsleistungen der Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienen und Leistungen i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen.

38

(1) Eine derartige Bescheinigung genügt grundsätzlich für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb).

39

(2) Entgegen dem Vorbringen des FA bindet die Bescheinigung sowohl die Finanzbehörden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zuständigen Landesbehörde übertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1987 X R 38/81, BFHE 150, 173, BStBl II 1987, 645; vom 19. Januar 1989 V R 176/83, BFHE 156, 286, BStBl II 1989, 308; vom 3. Mai 1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b; ferner vom 18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.).

40

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die zuständige Landesbehörde nicht zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gegeben sind. Dies ist --worauf das FA zutreffend hinweist-- von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt auch der vollen Nachprüfbarkeit durch die Finanzgerichte (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b --zu § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980--; in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.; ferner vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 25 --zu § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG--, jeweils m.w.N.).

41

b) Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass sie als "Schul- oder Hochschulunterricht" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beurteilen sind (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b). Das FG hat dieses BFH-Urteil, in dem die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2007 umgesetzt wurde, nicht berücksichtigt. Es ging stattdessen unter Hinweis auf die ältere BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252 unzutreffend davon aus, dass allein maßgeblich sei, ob --was hier nicht der Fall sei-- die Voraussetzungen einer beruflichen Ausbildung, beruflichen Fortbildung oder beruflichen Umschulung erfüllt seien.

42

aa) Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.a aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

43

bb) Die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen hängt demnach --worauf der Kläger zutreffend hinweist-- nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrgänge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die die Lehrgänge des Klägers tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchten oder später tatsächlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c aa, m.w.N.).

44

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

45

a) Den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, welche der vom Kläger in seiner Schule angebotenen Unterweisungen den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hatten, so dass eine Steuerbefreiung insoweit auch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt. Das FG wird im zweiten Rechtsgang deshalb prüfen müssen, ob und ggf. welche der erbrachten Leistungen der bloßen Freizeitgestaltung gedient haben.

46

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vom 11. April 2005 kann --über die Anerkennung einer Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG hinaus-- auch Indiz dafür sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, was vom FG zutreffend zu würdigen sein wird (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb). Das FG hat daher Feststellungen dazu zu treffen, ob solche gegenteiligen zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führenden Anhaltspunkte --die sich z.B. aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Lehrgangs ergeben können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb)-- vorliegen.

47

aa) Zu Recht ging die Vorentscheidung allerdings davon aus, dass die in der vom Kläger herausgegebenen und vom FG in Bezug genommenen Werbebroschüre angegebenen Lehrgänge "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder" von ihrer thematischen Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltungen schließen lassen, die von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Darüber hinaus lassen z.B. auch Lehrgänge für Senioren oder allgemein am Kampfsport interessierte Menschen den Schluss auf Freizeitveranstaltungen zu (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb).

48

bb) Hingegen wird das FG im zweiten Rechtsgang --worauf der Kläger zu Recht hinweist-- berücksichtigen müssen, dass Lehrgänge, die es einem Teilnehmer --wie z.B. Polizisten oder Soldaten-- ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb, unter Hinweis auf Kapitel V Abschn. 1 Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --nunmehr Kapitel VIII Abschn. 1 Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem--).

49

b) Die Annahme eines Schul- oder Hochschulunterrichts setzt ferner voraus, dass --was der Kläger zwar behauptet, wozu jedoch Feststellungen des FG bisher fehlen-- vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen, gleich ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert, erbracht werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Leitsatz 3). Auch diese Feststellungen sind nachzuholen.

50

c) Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob der Kläger seine der Bescheinigung des zuständigen Ministeriums vom 11. April 2005 --die keine zeitliche Beschränkung enthält-- zugrunde gelegte Tätigkeit bereits in den Streitjahren 1999 bis 2003 in derselben Weise ausgeübt hat. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt, der Rückwirkung zukommen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Leitsätze 1 und 2).

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

Tatbestand

1

Die Klägerin führte an öffentlichen Schulen Testverfahren durch, um berufsübergreifend einsetzbare Kompetenzen und Neigungen der Schüler festzustellen. Diese sogenannten Potenzialchecks sind Teil der an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen auch im Rahmen des Unterrichts stattfindenden Maßnahmen der beruflichen Orientierung, mit denen die Schüler in der Phase des Übergangs von der Schule in den Beruf zu einer fundierten Berufswahl befähigt werden sollen.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer - für die Befreiung von der Umsatzsteuer notwendigen - Bescheinigung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung der Potenzialchecks ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Bescheinigung gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen: Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung sei nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG u.a., dass die Leistungen der privaten Einrichtung "auf einen Beruf vorbereiten". Von "Berufsvorbereitung" könne nur bei Leistungen gesprochen werden, die der Vermittlung spezieller, für die Ausübung bestimmter Berufe notwendiger Kenntnisse und Fertigkeiten dienten. Bei den von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks handle es sich hingegen um Hilfen zur - der "Berufsvorbereitung" zeitlich vorgelagerten - Berufswahl. Der Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG gebiete ebenfalls keine Ausweitung der steuerlichen Begünstigung auf die Berufswahlvorbereitung. Mit der Steuerbefreiung solle neben der Förderung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung die steuerliche Gleichbehandlung der privaten und der nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlichen Schulen herbeigeführt werden. Dieser Zweck greife hier nicht, weil Hilfen zur beruflichen Orientierung nicht zum "klassischen" Bestandteil der Schulausbildung gehörten, sondern von den Schulen in Kooperation mit anderen Trägern erbracht würden. Gegen eine erweiternde Auslegung spreche außerdem die Zweistufigkeit des Verfahrens, nämlich die Entscheidung der zuständigen Landesbehörde über die vorliegend in Rede stehende Erteilung der Bescheinigung einer ordnungsgemäßen Aus- und Fortbildung auf der ersten Stufe und die nachfolgende, der Finanzverwaltung obliegende Entscheidung über die Umsatzsteuerbefreiung selbst auf der zweiten Stufe. Mit dieser Zweistufigkeit solle das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde nutzbar gemacht werden, die im Unterschied zur Finanzverwaltung über die für eine Beurteilung der "Ordnungsgemäßheit" der Aus- und Fortbildung notwendigen Informationen und Kenntnisse verfüge. Diese Verfahrensgestaltung sei nur sinnvoll, soweit für einen bestimmten Beruf ein Ausbildungskanon vorhanden sei, mit dem die von der privaten Einrichtung erbrachte Leistung verglichen werden könne. Daran fehle es bei Maßnahmen, die lediglich der Vorbereitung der Berufswahl dienten. Auch Unionsrecht zwinge nicht zur Erteilung der begehrten Bescheinigung. Dabei könne offenbleiben, ob Maßnahmen privater Einrichtungen zur Vorbereitung der Berufswahl als solche oder als eng mit dem Schulunterricht verbundene Dienstleistungen nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie von der Umsatzsteuer befreit werden müssten. Denn eine diesem unionsrechtlichen Anspruch Rechnung tragende richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG komme nicht in Betracht, weil sie weder mit dem Wortlaut der Vorschrift ("Berufsvorbereitung") noch mit Sinn und Zweck der Verfahrensstufung vereinbar wäre.

3

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Die Begrenzung des Bescheinigungsverfahrens auf die schulische Wissensvermittlung werde der heutigen Schulpraxis nicht gerecht. Die Heranführung der Schüler an den Beruf durch Maßnahmen der Berufsorientierung gehöre mittlerweile zum Schulalltag. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts stünden weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf solche Maßnahmen entgegen, die ein notwendiges Bindeglied zwischen Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung darstellten. Eine entsprechende erweiternde Auslegung sei unionsrechtlich geboten, um dem nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gegebenen Anspruch auf Befreiung von Maßnahmen zur beruflichen Orientierung von Schülern von der Umsatzsteuer zur Durchsetzung zu verhelfen.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. Januar 2010 zu ändern, den Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 3. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu bescheinigen, dass ihre im Antrag vom 2. Februar 2009 bezeichneten Maßnahmen auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten,

hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

5

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und stellt den Antrag,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, für die der beruflichen Orientierung der Schüler bzw. deren Vorbereitung auf die Berufswahl dienenden Leistungen der Klägerin könne eine Bescheinigung nicht erteilt werden. Dem Tatbestandsmerkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" unterfielen nur solche Leistungen privater Einrichtungen, die einen Bezug zu einem bestimmten Beruf aufweisen. Das trifft nicht zu. Vielmehr ist § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift (1.) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips (2.) erweiternd dahin auszulegen, dass auch Leistungen privater Einrichtungen erfasst sind, die der "beruflichen Orientierung" bzw. der "Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs" dienen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3).

9

1. Die Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG bezweckt - neben der Förderung solcher Leistungen - deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsträgern (vgl. BFH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <359> m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 - BVerwG 10 C 10.05 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 17 und Beschluss vom 31. Juli 2008 - BVerwG 9 B 80.07 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 5 Rn. 9 zu § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG). Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung der in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen und von privaten Ausbildungsträgern erbrachten Leistungen wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nur für Leistungen erteilt wird, die der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf dienen. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nehmen jedenfalls in der Phase des Übergangs der Schüler von der Schule in den Beruf mittlerweile Aufgaben wahr, die über den "klassischen" Schulunterricht hinausgehen. Nach § 5 Abs. 2 SchulG NRW sollen die Schulen in gemeinsamer Verantwortung mit den dort bezeichneten Trägern Hilfen zur beruflichen Orientierung geben. Die berufliche Orientierung von Schülern gehört zu den Aufgaben der Schule (vgl. LTDrucks 14/1572 S. 79). Die Veranstaltungen der Berufsorientierung in der Schule sind demgemäß Bestandteil des Schulunterrichts; die Schule ermöglicht die Durchführung von Gruppenveranstaltungen, individuellen Beratungsgesprächen sowie Eignungsuntersuchungen auch während der Unterrichtszeit im Einvernehmen mit der Schule (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 6. November 2007 - ABl. NRW. 12/07). Damit stellt die Aufgabe der beruflichen Orientierung der Schüler ein Bindeglied zwischen "klassischer" Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung dar. Die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks mit anschließender individueller Beratung decken einen Teil dieses den Schulen zugewachsenen Aufgabenbereichs ab. Das Testverfahren ist in Nordrhein-Westfalen an private Einrichtungen ausgelagert, es wird nach den unbestrittenen Angaben des Vertreters des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der mündlichen Verhandlung in anderen Bundesländern durch entsprechend geschulte Lehrer an den öffentlichen Schulen selbst wahrgenommen.

10

Aufgrund dieser Erweiterung des Bildungsauftrags der Schulen ist es gerechtfertigt und mit Blick auf die vom Gesetzgeber bezweckte steuerrechtliche Gleichbehandlung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlich-rechtlicher und privater Trägerschaft geboten, das Merkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" in § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG erweiternd auszulegen. Nicht nur die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, sondern auch die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin ist als steuerrechtlich begünstigte Berufsvorbereitung zu verstehen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O.) Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für das weitere Verfahren verbindlichen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO handelt (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 2009 - V R 25/08 - BFHE 226, 479 <484 f.>). Lehnt die zuständige Landesbehörde die Erteilung der Bescheinigung für bestimmte Leistungen einer privaten Einrichtung ab, ist die Finanzverwaltung auch dann gehindert, diese Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wenn sie in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen, der Umsatzsteuer nicht unterliegenden Bildungsträgern erbracht werden (vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007 - V R 4/05 - BFHE 217, 327 <330 f.>; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 a.a.O. Rn. 21 zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG).

11

Die jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze steht der Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen zur Vorbereitung der Berufswahl nicht entgegen. Denn unter "Vorbereitung auf einen Beruf" i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG kann nach dem Wortsinn auch die Vorbereitung "auf irgendeinen Beruf" oder "auf das Berufsleben" verstanden werden (vgl. bereits VG Aachen, Urteil vom 22. Oktober 2010 - 7 K 1519/09 - juris Rn. 43 ff.). Auch der verfahrensrechtliche Zweck der Vorschrift, auf einer ersten, der Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung vorgelagerten Stufe das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde über die ordnungsgemäße schulische und berufliche Ausbildung zu nutzen, erfordert nicht, den Anwendungsbereich des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf zu beschränken. Die Verfahrensstufung ist nicht nur dann sinnvoll, wenn es um die fachkundige Beurteilung geht, ob die Leistungen der privaten Einrichtung gemessen an einem bestimmten Ausbildungskanon oder einer bestimmten Prüfungsordnung öffentlich-rechtlicher Träger "ordnungsgemäß" sind, wie das Oberverwaltungsgericht meint. Vielmehr sind auch für die Beantwortung der Frage, ob die hier in Rede stehenden Maßnahmen der Berufsorientierung ebenso wie die die Maßnahmen anbietende (private) Einrichtung und das von ihr eingesetzte Personal die erforderliche Eignung aufweisen, um die Ziele der im Bereich der schulischen bzw. beruflichen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen, spezifische Kenntnisse über deren Unterrichtsinhalte und deren Praxis hilfreich, wie sie bei der zuständigen Landesbehörde, nicht aber bei der Finanzverwaltung vorliegen. Zwar mag dieser Gesichtspunkt hier unschwer zu klären sein, weil die von der Klägerin vorgenommenen Potenzialchecks an öffentlichen Schulen stattfinden und in die von der Schule selbst durchgeführten Maßnahmen der Berufsorientierung eingebunden sind. Anders liegt es jedoch, wenn eine allein von einer privaten Einrichtung verantwortete und in ihren Räumen durchgeführte Maßnahme an der Praxis öffentlich-rechtlicher Einrichtungen zu messen ist.

12

2. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur beruflichen Orientierung ist - unter Berücksichtigung des Zwecks der in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG normierten Verfahrensstufung - durch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip geboten.

13

Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - Rs. C-147/01, Webers Wine World u.a. - Slg. 2003, I-11365 Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet - Slg. 2007, I-2271 Rn. 43 f.; stRspr). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für die Finanzverwaltung verbindlichen Grundlagenbescheid. Daher sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MWSt-RL) ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Dadurch wird zugleich dem Zweck der Verfahrensstufung möglichst weitgehend Rechnung getragen, dass vor der eigentlichen Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung zunächst die zuständige Landesbehörde ihr spezifisches Fachwissen über die Leistungsinhalte der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einbringt. Wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen entgegensteht, die unionsrechtlich von der Umsatzsteuer zu befreien sind, bedarf keiner Erörterung; wie bereits ausgeführt, wird die Wortlautgrenze bezogen auf die hier in Rede stehenden Leistungen nicht überschritten (zur unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL durch die Finanzverwaltung vgl. BFH, Urteile vom 21. März 2007 - V R 28/04 - BFHE 217, 59 <61 f.>, vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <298> und vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 - BFHE 221, 302 <306 f.>).

14

Es kann keine vernünftigen Zweifel darüber geben, dass Leistungen der beruflichen Orientierung bzw. zur Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs unter den Begriff des "Schulunterrichts" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL fallen können und damit von der Umsatzsteuer zu befreien sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der autonome unionsrechtliche Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" zur Vermeidung einer mit Blick auf die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Unterrichtssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems nicht eng auszulegen. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - Rs. C-445/05, Haderer - Slg. 2007, I-4844 Rn. 24, 26 und vom 28. Januar 2010 - Rs. C-473/08, Eulitz - Slg. 2010, I-907 Rn. 29 f.). Einzelne "in Schulen" geleistete Hilfen zur beruflichen Orientierung wie etwa das "Bewerbungstraining" oder die Vermittlung von Kenntnissen über das Verhalten bei Vorstellungsgesprächen, über bestimmte Berufsfelder oder über die Arbeitsmarktsituation stellen nach der weiten Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zweifellos "Schulunterricht" dar. Es spricht einiges dafür, dass das auch für die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks zutrifft. Denn bei diesen Testverfahren geht es nicht nur um die bloße Feststellung bereits vorhandener Kompetenzen und Neigungen der Schüler. Diese sollen vielmehr dazu befähigt werden, die Kenntnisse über ihre eigenen Kompetenzen und Interessen zielorientiert bei der Berufswahl einzusetzen.

15

Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Entscheidend ist mit Blick auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip, dass für Maßnahmen, die der Vorbereitung der Berufswahl dienen, ein Anspruch auf Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL bestehen kann. Es bedarf auch mit Blick auf die Harmonisierung der Umsatzsteuerbefreiung innerhalb der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 a.a.O. Rn. 17 und 26) keiner Klärung, ob bei sämtlichen Maßnahmen, die im Rahmen beruflicher Orientierung erbracht werden können, die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Steuerbefreiung vorliegen. Denn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG trifft keine verbindliche Entscheidung darüber, ob die Leistungen der privaten Einrichtung, auf die sie sich bezieht, nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind oder nicht. Diese Frage unterliegt vielmehr der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung (vgl. BFH, Urteile vom 24. Januar 2008 a.a.O. S. 307 ff. und vom 10. Januar 2008 a.a.O. S. 298 ff.; zur Abgrenzung des Regelungsgehalts der Bescheinigung von den weiteren in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG genannten Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 4 und BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <462 f.>). Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen der beruflichen Orientierung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses versagt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Befreiung von der Umsatzsteuer offensichtlich nicht vorliegen (vgl. auch Urteil vom 23. März 1973 - BVerwG 4 C 49.71 - BVerwGE 42, 115 <117>; Beschluss vom 20. Juli 1993 - BVerwG 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482 <483>).

16

3. Voraussetzung für die von der Klägerin begehrte Erteilung einer Bescheinigung ist nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG des Weiteren die "Ordnungsgemäßheit" der von ihr durchgeführten Leistungen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Leistungen objektiv geeignet sind, der "Vorbereitung auf einen Beruf" zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werden und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O. S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen dieser qualitativen Anforderungen getroffen; die Beteiligten haben den insoweit relevanten Sachverhalt auch nicht im Revisionsverfahren unstreitig gestellt. Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Klärung dieser Frage an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Tenor

Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E.          vom 12. April 2013 verpflichtet, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 23. Juli 2012 mit Wirkung ab dem 1. März 2012 zu bescheinigen, dass er in dem von ihm betriebenen L.     -Lerncenter in E.          -V.         mit den Unterrichtsmaß-nahmen Mathematik nach der L.     -Lernmethode und Englisch nach der L.     -Lernmethode ordnungsgemäß auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tatbestand

1

Die Klägerin führte an öffentlichen Schulen Testverfahren durch, um berufsübergreifend einsetzbare Kompetenzen und Neigungen der Schüler festzustellen. Diese sogenannten Potenzialchecks sind Teil der an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen auch im Rahmen des Unterrichts stattfindenden Maßnahmen der beruflichen Orientierung, mit denen die Schüler in der Phase des Übergangs von der Schule in den Beruf zu einer fundierten Berufswahl befähigt werden sollen.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer - für die Befreiung von der Umsatzsteuer notwendigen - Bescheinigung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung der Potenzialchecks ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Bescheinigung gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen: Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung sei nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG u.a., dass die Leistungen der privaten Einrichtung "auf einen Beruf vorbereiten". Von "Berufsvorbereitung" könne nur bei Leistungen gesprochen werden, die der Vermittlung spezieller, für die Ausübung bestimmter Berufe notwendiger Kenntnisse und Fertigkeiten dienten. Bei den von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks handle es sich hingegen um Hilfen zur - der "Berufsvorbereitung" zeitlich vorgelagerten - Berufswahl. Der Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG gebiete ebenfalls keine Ausweitung der steuerlichen Begünstigung auf die Berufswahlvorbereitung. Mit der Steuerbefreiung solle neben der Förderung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung die steuerliche Gleichbehandlung der privaten und der nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlichen Schulen herbeigeführt werden. Dieser Zweck greife hier nicht, weil Hilfen zur beruflichen Orientierung nicht zum "klassischen" Bestandteil der Schulausbildung gehörten, sondern von den Schulen in Kooperation mit anderen Trägern erbracht würden. Gegen eine erweiternde Auslegung spreche außerdem die Zweistufigkeit des Verfahrens, nämlich die Entscheidung der zuständigen Landesbehörde über die vorliegend in Rede stehende Erteilung der Bescheinigung einer ordnungsgemäßen Aus- und Fortbildung auf der ersten Stufe und die nachfolgende, der Finanzverwaltung obliegende Entscheidung über die Umsatzsteuerbefreiung selbst auf der zweiten Stufe. Mit dieser Zweistufigkeit solle das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde nutzbar gemacht werden, die im Unterschied zur Finanzverwaltung über die für eine Beurteilung der "Ordnungsgemäßheit" der Aus- und Fortbildung notwendigen Informationen und Kenntnisse verfüge. Diese Verfahrensgestaltung sei nur sinnvoll, soweit für einen bestimmten Beruf ein Ausbildungskanon vorhanden sei, mit dem die von der privaten Einrichtung erbrachte Leistung verglichen werden könne. Daran fehle es bei Maßnahmen, die lediglich der Vorbereitung der Berufswahl dienten. Auch Unionsrecht zwinge nicht zur Erteilung der begehrten Bescheinigung. Dabei könne offenbleiben, ob Maßnahmen privater Einrichtungen zur Vorbereitung der Berufswahl als solche oder als eng mit dem Schulunterricht verbundene Dienstleistungen nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie von der Umsatzsteuer befreit werden müssten. Denn eine diesem unionsrechtlichen Anspruch Rechnung tragende richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG komme nicht in Betracht, weil sie weder mit dem Wortlaut der Vorschrift ("Berufsvorbereitung") noch mit Sinn und Zweck der Verfahrensstufung vereinbar wäre.

3

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Die Begrenzung des Bescheinigungsverfahrens auf die schulische Wissensvermittlung werde der heutigen Schulpraxis nicht gerecht. Die Heranführung der Schüler an den Beruf durch Maßnahmen der Berufsorientierung gehöre mittlerweile zum Schulalltag. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts stünden weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf solche Maßnahmen entgegen, die ein notwendiges Bindeglied zwischen Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung darstellten. Eine entsprechende erweiternde Auslegung sei unionsrechtlich geboten, um dem nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gegebenen Anspruch auf Befreiung von Maßnahmen zur beruflichen Orientierung von Schülern von der Umsatzsteuer zur Durchsetzung zu verhelfen.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. Januar 2010 zu ändern, den Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 3. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu bescheinigen, dass ihre im Antrag vom 2. Februar 2009 bezeichneten Maßnahmen auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten,

hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

5

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und stellt den Antrag,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, für die der beruflichen Orientierung der Schüler bzw. deren Vorbereitung auf die Berufswahl dienenden Leistungen der Klägerin könne eine Bescheinigung nicht erteilt werden. Dem Tatbestandsmerkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" unterfielen nur solche Leistungen privater Einrichtungen, die einen Bezug zu einem bestimmten Beruf aufweisen. Das trifft nicht zu. Vielmehr ist § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift (1.) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips (2.) erweiternd dahin auszulegen, dass auch Leistungen privater Einrichtungen erfasst sind, die der "beruflichen Orientierung" bzw. der "Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs" dienen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3).

9

1. Die Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG bezweckt - neben der Förderung solcher Leistungen - deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsträgern (vgl. BFH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <359> m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 - BVerwG 10 C 10.05 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 17 und Beschluss vom 31. Juli 2008 - BVerwG 9 B 80.07 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 5 Rn. 9 zu § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG). Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung der in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen und von privaten Ausbildungsträgern erbrachten Leistungen wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nur für Leistungen erteilt wird, die der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf dienen. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nehmen jedenfalls in der Phase des Übergangs der Schüler von der Schule in den Beruf mittlerweile Aufgaben wahr, die über den "klassischen" Schulunterricht hinausgehen. Nach § 5 Abs. 2 SchulG NRW sollen die Schulen in gemeinsamer Verantwortung mit den dort bezeichneten Trägern Hilfen zur beruflichen Orientierung geben. Die berufliche Orientierung von Schülern gehört zu den Aufgaben der Schule (vgl. LTDrucks 14/1572 S. 79). Die Veranstaltungen der Berufsorientierung in der Schule sind demgemäß Bestandteil des Schulunterrichts; die Schule ermöglicht die Durchführung von Gruppenveranstaltungen, individuellen Beratungsgesprächen sowie Eignungsuntersuchungen auch während der Unterrichtszeit im Einvernehmen mit der Schule (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 6. November 2007 - ABl. NRW. 12/07). Damit stellt die Aufgabe der beruflichen Orientierung der Schüler ein Bindeglied zwischen "klassischer" Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung dar. Die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks mit anschließender individueller Beratung decken einen Teil dieses den Schulen zugewachsenen Aufgabenbereichs ab. Das Testverfahren ist in Nordrhein-Westfalen an private Einrichtungen ausgelagert, es wird nach den unbestrittenen Angaben des Vertreters des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der mündlichen Verhandlung in anderen Bundesländern durch entsprechend geschulte Lehrer an den öffentlichen Schulen selbst wahrgenommen.

10

Aufgrund dieser Erweiterung des Bildungsauftrags der Schulen ist es gerechtfertigt und mit Blick auf die vom Gesetzgeber bezweckte steuerrechtliche Gleichbehandlung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlich-rechtlicher und privater Trägerschaft geboten, das Merkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" in § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG erweiternd auszulegen. Nicht nur die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, sondern auch die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin ist als steuerrechtlich begünstigte Berufsvorbereitung zu verstehen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O.) Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für das weitere Verfahren verbindlichen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO handelt (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 2009 - V R 25/08 - BFHE 226, 479 <484 f.>). Lehnt die zuständige Landesbehörde die Erteilung der Bescheinigung für bestimmte Leistungen einer privaten Einrichtung ab, ist die Finanzverwaltung auch dann gehindert, diese Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wenn sie in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen, der Umsatzsteuer nicht unterliegenden Bildungsträgern erbracht werden (vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007 - V R 4/05 - BFHE 217, 327 <330 f.>; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 a.a.O. Rn. 21 zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG).

11

Die jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze steht der Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen zur Vorbereitung der Berufswahl nicht entgegen. Denn unter "Vorbereitung auf einen Beruf" i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG kann nach dem Wortsinn auch die Vorbereitung "auf irgendeinen Beruf" oder "auf das Berufsleben" verstanden werden (vgl. bereits VG Aachen, Urteil vom 22. Oktober 2010 - 7 K 1519/09 - juris Rn. 43 ff.). Auch der verfahrensrechtliche Zweck der Vorschrift, auf einer ersten, der Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung vorgelagerten Stufe das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde über die ordnungsgemäße schulische und berufliche Ausbildung zu nutzen, erfordert nicht, den Anwendungsbereich des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf zu beschränken. Die Verfahrensstufung ist nicht nur dann sinnvoll, wenn es um die fachkundige Beurteilung geht, ob die Leistungen der privaten Einrichtung gemessen an einem bestimmten Ausbildungskanon oder einer bestimmten Prüfungsordnung öffentlich-rechtlicher Träger "ordnungsgemäß" sind, wie das Oberverwaltungsgericht meint. Vielmehr sind auch für die Beantwortung der Frage, ob die hier in Rede stehenden Maßnahmen der Berufsorientierung ebenso wie die die Maßnahmen anbietende (private) Einrichtung und das von ihr eingesetzte Personal die erforderliche Eignung aufweisen, um die Ziele der im Bereich der schulischen bzw. beruflichen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen, spezifische Kenntnisse über deren Unterrichtsinhalte und deren Praxis hilfreich, wie sie bei der zuständigen Landesbehörde, nicht aber bei der Finanzverwaltung vorliegen. Zwar mag dieser Gesichtspunkt hier unschwer zu klären sein, weil die von der Klägerin vorgenommenen Potenzialchecks an öffentlichen Schulen stattfinden und in die von der Schule selbst durchgeführten Maßnahmen der Berufsorientierung eingebunden sind. Anders liegt es jedoch, wenn eine allein von einer privaten Einrichtung verantwortete und in ihren Räumen durchgeführte Maßnahme an der Praxis öffentlich-rechtlicher Einrichtungen zu messen ist.

12

2. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur beruflichen Orientierung ist - unter Berücksichtigung des Zwecks der in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG normierten Verfahrensstufung - durch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip geboten.

13

Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - Rs. C-147/01, Webers Wine World u.a. - Slg. 2003, I-11365 Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet - Slg. 2007, I-2271 Rn. 43 f.; stRspr). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für die Finanzverwaltung verbindlichen Grundlagenbescheid. Daher sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MWSt-RL) ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Dadurch wird zugleich dem Zweck der Verfahrensstufung möglichst weitgehend Rechnung getragen, dass vor der eigentlichen Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung zunächst die zuständige Landesbehörde ihr spezifisches Fachwissen über die Leistungsinhalte der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einbringt. Wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen entgegensteht, die unionsrechtlich von der Umsatzsteuer zu befreien sind, bedarf keiner Erörterung; wie bereits ausgeführt, wird die Wortlautgrenze bezogen auf die hier in Rede stehenden Leistungen nicht überschritten (zur unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL durch die Finanzverwaltung vgl. BFH, Urteile vom 21. März 2007 - V R 28/04 - BFHE 217, 59 <61 f.>, vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <298> und vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 - BFHE 221, 302 <306 f.>).

14

Es kann keine vernünftigen Zweifel darüber geben, dass Leistungen der beruflichen Orientierung bzw. zur Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs unter den Begriff des "Schulunterrichts" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL fallen können und damit von der Umsatzsteuer zu befreien sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der autonome unionsrechtliche Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" zur Vermeidung einer mit Blick auf die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Unterrichtssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems nicht eng auszulegen. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - Rs. C-445/05, Haderer - Slg. 2007, I-4844 Rn. 24, 26 und vom 28. Januar 2010 - Rs. C-473/08, Eulitz - Slg. 2010, I-907 Rn. 29 f.). Einzelne "in Schulen" geleistete Hilfen zur beruflichen Orientierung wie etwa das "Bewerbungstraining" oder die Vermittlung von Kenntnissen über das Verhalten bei Vorstellungsgesprächen, über bestimmte Berufsfelder oder über die Arbeitsmarktsituation stellen nach der weiten Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zweifellos "Schulunterricht" dar. Es spricht einiges dafür, dass das auch für die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks zutrifft. Denn bei diesen Testverfahren geht es nicht nur um die bloße Feststellung bereits vorhandener Kompetenzen und Neigungen der Schüler. Diese sollen vielmehr dazu befähigt werden, die Kenntnisse über ihre eigenen Kompetenzen und Interessen zielorientiert bei der Berufswahl einzusetzen.

15

Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Entscheidend ist mit Blick auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip, dass für Maßnahmen, die der Vorbereitung der Berufswahl dienen, ein Anspruch auf Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL bestehen kann. Es bedarf auch mit Blick auf die Harmonisierung der Umsatzsteuerbefreiung innerhalb der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 a.a.O. Rn. 17 und 26) keiner Klärung, ob bei sämtlichen Maßnahmen, die im Rahmen beruflicher Orientierung erbracht werden können, die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Steuerbefreiung vorliegen. Denn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG trifft keine verbindliche Entscheidung darüber, ob die Leistungen der privaten Einrichtung, auf die sie sich bezieht, nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind oder nicht. Diese Frage unterliegt vielmehr der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung (vgl. BFH, Urteile vom 24. Januar 2008 a.a.O. S. 307 ff. und vom 10. Januar 2008 a.a.O. S. 298 ff.; zur Abgrenzung des Regelungsgehalts der Bescheinigung von den weiteren in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG genannten Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 4 und BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <462 f.>). Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen der beruflichen Orientierung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses versagt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Befreiung von der Umsatzsteuer offensichtlich nicht vorliegen (vgl. auch Urteil vom 23. März 1973 - BVerwG 4 C 49.71 - BVerwGE 42, 115 <117>; Beschluss vom 20. Juli 1993 - BVerwG 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482 <483>).

16

3. Voraussetzung für die von der Klägerin begehrte Erteilung einer Bescheinigung ist nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG des Weiteren die "Ordnungsgemäßheit" der von ihr durchgeführten Leistungen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Leistungen objektiv geeignet sind, der "Vorbereitung auf einen Beruf" zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werden und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O. S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen dieser qualitativen Anforderungen getroffen; die Beteiligten haben den insoweit relevanten Sachverhalt auch nicht im Revisionsverfahren unstreitig gestellt. Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Klärung dieser Frage an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

Tatbestand

1

Die Klägerin führte an öffentlichen Schulen Testverfahren durch, um berufsübergreifend einsetzbare Kompetenzen und Neigungen der Schüler festzustellen. Diese sogenannten Potenzialchecks sind Teil der an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen auch im Rahmen des Unterrichts stattfindenden Maßnahmen der beruflichen Orientierung, mit denen die Schüler in der Phase des Übergangs von der Schule in den Beruf zu einer fundierten Berufswahl befähigt werden sollen.

2

Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer - für die Befreiung von der Umsatzsteuer notwendigen - Bescheinigung hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung der Potenzialchecks ab. Das Verwaltungsgericht hat die auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Bescheinigung gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit im Wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen: Voraussetzung für die Erteilung einer Bescheinigung sei nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG u.a., dass die Leistungen der privaten Einrichtung "auf einen Beruf vorbereiten". Von "Berufsvorbereitung" könne nur bei Leistungen gesprochen werden, die der Vermittlung spezieller, für die Ausübung bestimmter Berufe notwendiger Kenntnisse und Fertigkeiten dienten. Bei den von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks handle es sich hingegen um Hilfen zur - der "Berufsvorbereitung" zeitlich vorgelagerten - Berufswahl. Der Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG gebiete ebenfalls keine Ausweitung der steuerlichen Begünstigung auf die Berufswahlvorbereitung. Mit der Steuerbefreiung solle neben der Förderung der schulischen und beruflichen Aus- und Fortbildung die steuerliche Gleichbehandlung der privaten und der nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlichen Schulen herbeigeführt werden. Dieser Zweck greife hier nicht, weil Hilfen zur beruflichen Orientierung nicht zum "klassischen" Bestandteil der Schulausbildung gehörten, sondern von den Schulen in Kooperation mit anderen Trägern erbracht würden. Gegen eine erweiternde Auslegung spreche außerdem die Zweistufigkeit des Verfahrens, nämlich die Entscheidung der zuständigen Landesbehörde über die vorliegend in Rede stehende Erteilung der Bescheinigung einer ordnungsgemäßen Aus- und Fortbildung auf der ersten Stufe und die nachfolgende, der Finanzverwaltung obliegende Entscheidung über die Umsatzsteuerbefreiung selbst auf der zweiten Stufe. Mit dieser Zweistufigkeit solle das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde nutzbar gemacht werden, die im Unterschied zur Finanzverwaltung über die für eine Beurteilung der "Ordnungsgemäßheit" der Aus- und Fortbildung notwendigen Informationen und Kenntnisse verfüge. Diese Verfahrensgestaltung sei nur sinnvoll, soweit für einen bestimmten Beruf ein Ausbildungskanon vorhanden sei, mit dem die von der privaten Einrichtung erbrachte Leistung verglichen werden könne. Daran fehle es bei Maßnahmen, die lediglich der Vorbereitung der Berufswahl dienten. Auch Unionsrecht zwinge nicht zur Erteilung der begehrten Bescheinigung. Dabei könne offenbleiben, ob Maßnahmen privater Einrichtungen zur Vorbereitung der Berufswahl als solche oder als eng mit dem Schulunterricht verbundene Dienstleistungen nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie von der Umsatzsteuer befreit werden müssten. Denn eine diesem unionsrechtlichen Anspruch Rechnung tragende richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG komme nicht in Betracht, weil sie weder mit dem Wortlaut der Vorschrift ("Berufsvorbereitung") noch mit Sinn und Zweck der Verfahrensstufung vereinbar wäre.

3

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor: Die Begrenzung des Bescheinigungsverfahrens auf die schulische Wissensvermittlung werde der heutigen Schulpraxis nicht gerecht. Die Heranführung der Schüler an den Beruf durch Maßnahmen der Berufsorientierung gehöre mittlerweile zum Schulalltag. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts stünden weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf solche Maßnahmen entgegen, die ein notwendiges Bindeglied zwischen Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung darstellten. Eine entsprechende erweiternde Auslegung sei unionsrechtlich geboten, um dem nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie gegebenen Anspruch auf Befreiung von Maßnahmen zur beruflichen Orientierung von Schülern von der Umsatzsteuer zur Durchsetzung zu verhelfen.

4

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 12. Januar 2010 zu ändern, den Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 3. Juni 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin zu bescheinigen, dass ihre im Antrag vom 2. Februar 2009 bezeichneten Maßnahmen auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereiten,

hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

5

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und stellt den Antrag,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, für die der beruflichen Orientierung der Schüler bzw. deren Vorbereitung auf die Berufswahl dienenden Leistungen der Klägerin könne eine Bescheinigung nicht erteilt werden. Dem Tatbestandsmerkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" unterfielen nur solche Leistungen privater Einrichtungen, die einen Bezug zu einem bestimmten Beruf aufweisen. Das trifft nicht zu. Vielmehr ist § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift (1.) und unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Effektivitätsprinzips (2.) erweiternd dahin auszulegen, dass auch Leistungen privater Einrichtungen erfasst sind, die der "beruflichen Orientierung" bzw. der "Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs" dienen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 3).

9

1. Die Befreiung der schulischen und beruflichen Ausbildung durch Privatschulen und andere vergleichbare Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG bezweckt - neben der Förderung solcher Leistungen - deren steuerliche Gleichbehandlung mit den nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegenden öffentlich-rechtlichen Ausbildungsträgern (vgl. BFH, Urteil vom 18. Dezember 2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 <359> m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 - BVerwG 10 C 10.05 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 2 Rn. 17 und Beschluss vom 31. Juli 2008 - BVerwG 9 B 80.07 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 5 Rn. 9 zu § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG). Dieses Ziel umsatzsteuerlicher Gleichbehandlung der in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen und von privaten Ausbildungsträgern erbrachten Leistungen wird verfehlt, wenn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG nur für Leistungen erteilt wird, die der Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf dienen. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nehmen jedenfalls in der Phase des Übergangs der Schüler von der Schule in den Beruf mittlerweile Aufgaben wahr, die über den "klassischen" Schulunterricht hinausgehen. Nach § 5 Abs. 2 SchulG NRW sollen die Schulen in gemeinsamer Verantwortung mit den dort bezeichneten Trägern Hilfen zur beruflichen Orientierung geben. Die berufliche Orientierung von Schülern gehört zu den Aufgaben der Schule (vgl. LTDrucks 14/1572 S. 79). Die Veranstaltungen der Berufsorientierung in der Schule sind demgemäß Bestandteil des Schulunterrichts; die Schule ermöglicht die Durchführung von Gruppenveranstaltungen, individuellen Beratungsgesprächen sowie Eignungsuntersuchungen auch während der Unterrichtszeit im Einvernehmen mit der Schule (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 6. November 2007 - ABl. NRW. 12/07). Damit stellt die Aufgabe der beruflichen Orientierung der Schüler ein Bindeglied zwischen "klassischer" Schulausbildung und anschließender Berufsausbildung dar. Die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks mit anschließender individueller Beratung decken einen Teil dieses den Schulen zugewachsenen Aufgabenbereichs ab. Das Testverfahren ist in Nordrhein-Westfalen an private Einrichtungen ausgelagert, es wird nach den unbestrittenen Angaben des Vertreters des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in der mündlichen Verhandlung in anderen Bundesländern durch entsprechend geschulte Lehrer an den öffentlichen Schulen selbst wahrgenommen.

10

Aufgrund dieser Erweiterung des Bildungsauftrags der Schulen ist es gerechtfertigt und mit Blick auf die vom Gesetzgeber bezweckte steuerrechtliche Gleichbehandlung von allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in öffentlich-rechtlicher und privater Trägerschaft geboten, das Merkmal "Vorbereitung auf einen Beruf" in § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG erweiternd auszulegen. Nicht nur die Vermittlung spezieller Kenntnisse und Fertigkeiten, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind, sondern auch die Vorbereitung auf einen Beruf schlechthin ist als steuerrechtlich begünstigte Berufsvorbereitung zu verstehen (Änderung der bisherigen Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O.) Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für das weitere Verfahren verbindlichen Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO handelt (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 2009 - V R 25/08 - BFHE 226, 479 <484 f.>). Lehnt die zuständige Landesbehörde die Erteilung der Bescheinigung für bestimmte Leistungen einer privaten Einrichtung ab, ist die Finanzverwaltung auch dann gehindert, diese Leistungen als umsatzsteuerfrei zu behandeln, wenn sie in gleicher Weise von öffentlich-rechtlichen, der Umsatzsteuer nicht unterliegenden Bildungsträgern erbracht werden (vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2007 - V R 4/05 - BFHE 217, 327 <330 f.>; BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2006 a.a.O. Rn. 21 zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a) UStG).

11

Die jeder Auslegung gesetzte Wortlautgrenze steht der Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen zur Vorbereitung der Berufswahl nicht entgegen. Denn unter "Vorbereitung auf einen Beruf" i.S.d. § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG kann nach dem Wortsinn auch die Vorbereitung "auf irgendeinen Beruf" oder "auf das Berufsleben" verstanden werden (vgl. bereits VG Aachen, Urteil vom 22. Oktober 2010 - 7 K 1519/09 - juris Rn. 43 ff.). Auch der verfahrensrechtliche Zweck der Vorschrift, auf einer ersten, der Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung vorgelagerten Stufe das spezifische Fachwissen der zuständigen Landesbehörde über die ordnungsgemäße schulische und berufliche Ausbildung zu nutzen, erfordert nicht, den Anwendungsbereich des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur Vorbereitung auf einen bestimmten Beruf zu beschränken. Die Verfahrensstufung ist nicht nur dann sinnvoll, wenn es um die fachkundige Beurteilung geht, ob die Leistungen der privaten Einrichtung gemessen an einem bestimmten Ausbildungskanon oder einer bestimmten Prüfungsordnung öffentlich-rechtlicher Träger "ordnungsgemäß" sind, wie das Oberverwaltungsgericht meint. Vielmehr sind auch für die Beantwortung der Frage, ob die hier in Rede stehenden Maßnahmen der Berufsorientierung ebenso wie die die Maßnahmen anbietende (private) Einrichtung und das von ihr eingesetzte Personal die erforderliche Eignung aufweisen, um die Ziele der im Bereich der schulischen bzw. beruflichen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen, spezifische Kenntnisse über deren Unterrichtsinhalte und deren Praxis hilfreich, wie sie bei der zuständigen Landesbehörde, nicht aber bei der Finanzverwaltung vorliegen. Zwar mag dieser Gesichtspunkt hier unschwer zu klären sein, weil die von der Klägerin vorgenommenen Potenzialchecks an öffentlichen Schulen stattfinden und in die von der Schule selbst durchgeführten Maßnahmen der Berufsorientierung eingebunden sind. Anders liegt es jedoch, wenn eine allein von einer privaten Einrichtung verantwortete und in ihren Räumen durchgeführte Maßnahme an der Praxis öffentlich-rechtlicher Einrichtungen zu messen ist.

12

2. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen zur beruflichen Orientierung ist - unter Berücksichtigung des Zwecks der in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG normierten Verfahrensstufung - durch das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip geboten.

13

Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip sind nationale Rechtsvorschriften so weit wie möglich dahin auszulegen, dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH, Urteile vom 2. Oktober 2003 - Rs. C-147/01, Webers Wine World u.a. - Slg. 2003, I-11365 Rn. 103, 117 und vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet - Slg. 2007, I-2271 Rn. 43 f.; stRspr). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG um einen für die Finanzverwaltung verbindlichen Grundlagenbescheid. Daher sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift bis hin zur Wortlautgrenze so auszulegen, dass hinsichtlich aller Leistungen privater Einrichtungen, für die nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MWSt-RL) ein Anspruch auf Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht kommt, eine Bescheinigung erteilt werden kann. Dadurch wird zugleich dem Zweck der Verfahrensstufung möglichst weitgehend Rechnung getragen, dass vor der eigentlichen Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung zunächst die zuständige Landesbehörde ihr spezifisches Fachwissen über die Leistungsinhalte der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen einbringt. Wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Wortlaut des § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG einer Anwendung des Bescheinigungsverfahrens auf Leistungen entgegensteht, die unionsrechtlich von der Umsatzsteuer zu befreien sind, bedarf keiner Erörterung; wie bereits ausgeführt, wird die Wortlautgrenze bezogen auf die hier in Rede stehenden Leistungen nicht überschritten (zur unmittelbaren Anwendung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL durch die Finanzverwaltung vgl. BFH, Urteile vom 21. März 2007 - V R 28/04 - BFHE 217, 59 <61 f.>, vom 10. Januar 2008 - V R 52/06 - BFHE 221, 295 <298> und vom 24. Januar 2008 - V R 3/05 - BFHE 221, 302 <306 f.>).

14

Es kann keine vernünftigen Zweifel darüber geben, dass Leistungen der beruflichen Orientierung bzw. zur Vorbereitung auf die Wahl eines Berufs unter den Begriff des "Schulunterrichts" i.S.d. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL fallen können und damit von der Umsatzsteuer zu befreien sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der autonome unionsrechtliche Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" zur Vermeidung einer mit Blick auf die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Unterrichtssysteme von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlichen Anwendung des Mehrwertsteuersystems nicht eng auszulegen. Der Begriff beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Vielmehr schließt er andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH, Urteile vom 14. Juni 2007 - Rs. C-445/05, Haderer - Slg. 2007, I-4844 Rn. 24, 26 und vom 28. Januar 2010 - Rs. C-473/08, Eulitz - Slg. 2010, I-907 Rn. 29 f.). Einzelne "in Schulen" geleistete Hilfen zur beruflichen Orientierung wie etwa das "Bewerbungstraining" oder die Vermittlung von Kenntnissen über das Verhalten bei Vorstellungsgesprächen, über bestimmte Berufsfelder oder über die Arbeitsmarktsituation stellen nach der weiten Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zweifellos "Schulunterricht" dar. Es spricht einiges dafür, dass das auch für die von der Klägerin durchgeführten Potenzialchecks zutrifft. Denn bei diesen Testverfahren geht es nicht nur um die bloße Feststellung bereits vorhandener Kompetenzen und Neigungen der Schüler. Diese sollen vielmehr dazu befähigt werden, die Kenntnisse über ihre eigenen Kompetenzen und Interessen zielorientiert bei der Berufswahl einzusetzen.

15

Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Entscheidend ist mit Blick auf das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip, dass für Maßnahmen, die der Vorbereitung der Berufswahl dienen, ein Anspruch auf Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL bestehen kann. Es bedarf auch mit Blick auf die Harmonisierung der Umsatzsteuerbefreiung innerhalb der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2007 a.a.O. Rn. 17 und 26) keiner Klärung, ob bei sämtlichen Maßnahmen, die im Rahmen beruflicher Orientierung erbracht werden können, die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Steuerbefreiung vorliegen. Denn die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG trifft keine verbindliche Entscheidung darüber, ob die Leistungen der privaten Einrichtung, auf die sie sich bezieht, nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien sind oder nicht. Diese Frage unterliegt vielmehr der nachfolgenden eigenständigen Prüfung durch die Finanzverwaltung (vgl. BFH, Urteile vom 24. Januar 2008 a.a.O. S. 307 ff. und vom 10. Januar 2008 a.a.O. S. 298 ff.; zur Abgrenzung des Regelungsgehalts der Bescheinigung von den weiteren in § 4 Nr. 21 Buchst. a) UStG genannten Voraussetzungen vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1976 - BVerwG 7 C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 S. 4 und BFH, Urteil vom 3. Mai 1989 - V R 83/84 - BFHE 157, 458 <462 f.>). Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für Leistungen der beruflichen Orientierung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses versagt werden kann, wenn die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i) MWSt-RL für eine Befreiung von der Umsatzsteuer offensichtlich nicht vorliegen (vgl. auch Urteil vom 23. März 1973 - BVerwG 4 C 49.71 - BVerwGE 42, 115 <117>; Beschluss vom 20. Juli 1993 - BVerwG 4 B 110.93 - NVwZ 1994, 482 <483>).

16

3. Voraussetzung für die von der Klägerin begehrte Erteilung einer Bescheinigung ist nach § 4 Nr. 21 Buchst. a) bb) UStG des Weiteren die "Ordnungsgemäßheit" der von ihr durchgeführten Leistungen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Leistungen objektiv geeignet sind, der "Vorbereitung auf einen Beruf" zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht werden und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (Urteil vom 3. Dezember 1976 a.a.O. S. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen zum Vorliegen dieser qualitativen Anforderungen getroffen; die Beteiligten haben den insoweit relevanten Sachverhalt auch nicht im Revisionsverfahren unstreitig gestellt. Somit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Klärung dieser Frage an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung entgegenstehender Bescheide verpflichtet, der Klägerin eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG ohne Alterseinschränkung, unbefristet und ohne Werbeverbot für den Unterricht der Klägerin in den Fächern und Kursen

a) Ballett: Mäuseballett, Pre-Primary, Grades 1 bis 6, Intermediate, Bodentraining Intermediate, Advanced 1 und Advanced 2 Erwachsene

b) Modern Theatre Dance: Primary, Grades 1 bis 6, Intermediate, Advanced 1 und Advanced 2, Jazz: Anfänger, Fortgeschrittene, Erwachsene, Step: Pre-Primary, Primary, Grades 1 bis 6, Vocalary Preparation, Intermediate, Advanced 1 und 2; Musical Dance,

die nach den Lehrplänen der Royal Academy of Dance im Bereich des klassischen Balletts und den Lehrplänen der Imperial Society of Teachers of Dancing im Bereich des Modern Theatre Dance einschließlich Jazz und Step unterrichtet werden, zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin beantragt die Erweiterung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) Umsatzsteuergesetz (UStG) für die von ihr in U. betriebene Ballettschule „...“.
Das Regierungspräsidium Freiburg erteilte der Ballettschule „...“ mit Datum vom 08.05.2003 für dort durchgeführte näher bezeichnete Bildungsmaßnahmen eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG befristet für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2004 mit der Auflage, sie nicht für Werbezwecke zu verwenden.
Mit Datum vom 15.12.2003 erteilte das Regierungspräsidium Freiburg unter Verlängerung des Gültigkeitszeitraums vom 01.01.2001 bis 31.12.2002 und unter Erweiterung der betroffenen Bildungsmaßnahmen erneut eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG und fügte die Auflage bei, dass sie für Werbezwecke nicht verwendet werden dürfe.
Mit Schreiben vom 21.03.2005 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Ausstellung einer unbefristeten und ohne Werbeverbot versehenen, inhaltlich der Bescheinigung vom 15.03.2003 gleich lautenden Bescheinigung mit Wirkung ab 01.01.2005.
Mit Schreiben/Bescheid vom 15.08.2005 teilte das Regierungspräsidium Freiburg mit, die beantragte Bescheinigung könne leider nicht in vollem Umfang ausgestellt werden. Sie könne nicht unbefristet ausgestellt werden. Auf das Werbeverbot könne nicht verzichtet werden. Es müsse laufend geprüft werden, ob die Voraussetzungen der Bescheinigung noch vorlägen. Nach Abwägung zwischen dem Verwaltungsaufwand, den Anforderungen der Steuerverwaltung und dem Interesse der Klägerin habe sich das Regierungspräsidium für einen zweijährigen Geltungszeitraum entschieden. Bezüglich des Werbeverbotes werde darauf hingewiesen, dass nur die Werbung mit der Bescheinigung zur Umsatzsteuer verboten sei. Die Bescheinigung diene nur dem verwaltungsinternen Gebrauch und solle dem für die Umsatzsteuerbefreiung zuständigen Finanzamt die Prüfung der ordnungsgemäßen beruflichen Ausbildung erleichtern. Über die Steuerbefreiung selbst und die Art der Einrichtung entscheide das Finanzamt. Mit der Bescheinigung sei eine Qualitätsprüfung des Unterrichts durch staatliche Behörden nicht verbunden. Durch das Werbeverbot solle sichergestellt werden, dass die Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung nicht als staatliche Zertifizierung oder Anerkennung des Unterrichts herausgestellt werde. Das Schreiben ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
Das Regierungspräsidium Freiburg erteilte ferner mit Datum vom 26.08.2005 der Ballettschule „...“ eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG für die Bildungsmaßnahmen Teaching Certificate der Royal Academy of Dance, Foundation in Dance Instruction in Ballett der Imperial Society of Teachers of Dancing, Foundation in Dance Instruction in Modern der Imperial Society of Teachers of Dancing, Foundation in Dance Instruction in Steptanz der Imperial Society of Teachers of Dancing, Ballett, Modern Theatre Dance, Jazz:, Step, Musical Dance.
Des Weiteren wurde ausgeführt, dass die Bescheinigung nicht für Kurse gelte, an denen die Teilnehmer unter 14 bis 15 Jahre alt seien. Eine ordnungsgemäße Berufsausbildung beginne frühestens im Alter von 14 bis 15 Jahren. Die Bescheinigung werde widerruflich und befristet für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2006 erteilt und dürfe nicht für Werbezwecke verwendet werden. Am 09.09.2005 haben die „E. E. und A. K., in Gesellschaft bürgerlichen Rechts Inhaber der Ballettschule „...“, Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Zur Begründung trägt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor, die vom Regierungspräsidium vorgenommene Altersbeschränkung sei rechtswidrig. Die Klägerin erfülle neben ihrer Eigenschaft als allgemein bildende Einrichtung auch die Voraussetzungen einer berufsbildenden Einrichtung. Eine berufsbildende Einrichtung liege vor, wenn sie Leistungen erbringe, die ihrer Art nach den Zielen der Berufs- oder Berufsfortbildung dienten. Sie müsse spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien. Diese Voraussetzungen seien auch erfüllt, wenn die Leistung allein oder zusammen mit den Leistungen anderer Unternehmer die Ausbildung ermögliche, fördere, ergänze oder erleichtere. Bei der Ausbildung zum Tänzer finde eine berufsbezogene Ausbildung auch vor dem vom Regierungspräsidium angenommenen Alter von 14 bis 15 Jahren statt. Es sei anerkannt, dass der Ballettunterricht für Kinder ein notwendiger Bestandteil der Ausbildung sei. Aus medizinischen Gründen solle die Ausbildung zum Tänzer nicht später als im 7. Lebensjahr begonnen werden, wenn der Beruf später erfolgreich ausgeübt werden solle. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe in zwei Entscheidungen wegen Klagen auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG zur Notwendigkeit des Unterrichts an Kindern im Alter ab vier Jahren für die Tänzerausbildung Stellung genommen (vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 10.03.2003 - 25 K 144/02 und 25 K 6938/02 -). Ein Ballettschüler, der seine Ausbildung erst mit 14 bis 15 Jahren beginne, habe keine berufliche Perspektive. Entscheidend sei die Frage, ob die Kurse der Klägerin, die von dem Beklagten grundsätzlich als berufsbildend anerkannt seien, berufs- bzw. prüfungsvorbereitend seien. Es komme nicht darauf an, ob von den Teilnehmern bereits eine Entscheidung für einen bestimmten Beruf getroffen worden sei, sondern darauf, ob die Ausbildung für die Ergreifung des Berufs bzw. die Ablegung der Prüfung erforderlich und geeignet sei. Mit der Ausstellung der Bescheinigung würde nicht die Ausbildung als Lehrgangsteilnehmer beurteilt, sondern lediglich, ob ordnungsgemäß auf einen bestimmten Beruf bzw. auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet werde. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin die Kinder tatsächlich für einen Beruf ausbilde. Es reiche aus, wenn der Unterricht für die Berufsbildung allgemein geeignet sei. Das Verwaltungsgericht werde gebeten, im Rahmen der Prüfung des Rechtsschutzbedürfnisses alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG für das Vorliegen der Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen der Klägerin zu prüfen.
Die Bescheinigung sei unbefristet zu erteilen. Für eine Befristung gebe es im Gesetz keine Ermächtigungsgrundlage. Auf die begehrte Bescheinigung bestehe ein Anspruch. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 VwVfG für die Beifügung von Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten, auf die ein Anspruch bestehe, lägen nicht vor. Die Bescheinigung sei auch ohne Werbeverbot zu erteilen. Der Beklagte behaupte ein Werbeverbot, ohne dies zu begründen. Mit der Ausstellung der Bescheinigung sei eine Qualitätsprüfung verbunden. Der Teilnehmer bzw. Verbraucher habe ein Interesse davon zu erfahren.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung über seinen schriftlichen Vortrag hinaus insbesondere vorgetragen, eine Befristung der Bescheinigung mache keinen Sinn. Voraussetzung für ihre Erteilung sei nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1976 die Qualifikation der Lehrkräfte und der Inhalt des Lehrplans. An der Befähigung der Lehrkräfte sowie am Inhalt des Lehrplans ändere sich aber auf längere Zeit nichts. Das Werbeverbot sei unzulässig. Der Markt habe ein Interesse daran, zu erfahren, welche Ballettschule eine Bescheinigung nach § 4 UStG habe. Eine Ballettschule sei eigentlich mehr als allgemein bildende Einrichtung anzusehen. Das Ehepaar K. unterrichte z.B. auch in Grundschulen. Zu der Verengung auf die Berufsbildung komme es vor allem dadurch, dass das Regierungspräsidium Freiburg nur für diesen Aspekt zuständig sei. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin die Kinder tatsächlich für einen Beruf ausbilde. Es reiche aus, wenn der Unterricht für die Berufsbildung allgemein geeignet sei.
10 
Die Klägerin beantragt,
11 
den Bescheid des Beklagten vom 15. August 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter teilweiser Abänderung (Erweiterung) der Bescheinigung vom 26. August 2005 ohne Alterseinschränkung, unbefristet und ohne Werbeverbot zu bescheinigen, dass der Unterricht der Klägerin in den Fächern, Kursen
12 
a) Ballett: Mäuseballett, Pre-Primary, Grades 1 bis 6, Intermediate, Bodentraining Intermediate, Advanced 1 und Advanced 2 Erwachsene
13 
b) Modern Theatre Dance: Primary, Grades 1 bis 6, Intermediate, Advanced 1 und Advanced 2, Jazz: Anfänger, Fortgeschrittene, Erwachsene, Step: Pre-Primary, Primary, Grades 1 bis 6, Vocalary Preparation, Intermediate, Advanced 1 und 2; Musical Dance
14 
die nach den Lehrplänen der Royal Academy of Dance im Bereich des klassischen Balletts und den Lehrplänen der Imperial Society of Teachers of Dancing im Bereich des Modern Theatre Dance einschließlich Jazz und Step unterrichtet werden, auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung trägt er vor, die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin biete Ballettunterricht für Kinder ab dem Vorschulalter (tänzerische Früherziehung) an. In diesem Alter erfolge regelmäßig keine berufliche Ausbildung, da die Entscheidung für einen bestimmten Beruf im Vorschulalter nicht getroffen werden könne. Berufliche Ausbildung erfordere die Vermittlung von spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten, die für die Ausübung eines Berufes erforderlich seien. Kurse, die sich an Kinder ab dem Vorschulalter bis zum Alter von 14 bis 15 Jahren (frühester Beginn der beruflichen Ausbildung) richteten, erfüllten diese Anforderungen nicht. Auf die Frage, ob es sich bei der Ballettschule der Klägerin um eine begünstigte Einrichtung handele, komme es nicht an. Die Prüfung dieser Frage bleibe dem steuerlichen Veranlagungsverfahren vorbehalten. Aus der 6. Richtlinie 77/388/EWG sei zu entnehmen, dass nur solche Ausbildungsangebote steuerfrei gestellt werden dürften, die auch von Einrichtungen des öffentlichen Rechts in vergleichbarer Weise angeboten würden. Nur so könne dem Zweck des Bescheinigungsverfahrens, nämlich Wettbewerbsgleichheit zwischen Einrichtungen der öffentlichen Hand mit gleichartigen Einrichtungen anderer Unternehmer herzustellen, Rechnung getragen werden. Öffentliche Einrichtungen, die mit vergleichbaren Unterrichtsangeboten betraut seien, bestünden nicht.
18 
Die zeitliche Befristung sei aus verfahrenstechnischen Gründen erfolgt. Ohne diese Befristung würde sich die Bescheinigung nur auf das Jahr ihrer Ausstellung beziehen und wäre mit jedem neuen Veranlagungszeitraum aktuell vorzulegen. Die Befristung diene damit der Verfahrensökonomie und orientiere sich in ihrer Dauer am Grundsatz, dass sich die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung ändern könnten. Sie sei zulässig, da sie die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahmeentscheidung sicherstellen solle.
19 
Das Werbeverbot sei erforderlich, da es sich bei der Bescheinigung um eine innerdienstliche, nicht nur an die Finanzverwaltung gerichtete Maßnahme handele. Inhalt der Bescheinigung sei lediglich die Feststellung, dass eine ordnungsgemäße berufliche Ausbildung angeboten werde. In qualitativer Hinsicht erfolge keinerlei Überprüfung, was im allgemeinen Geschäftsverkehr regelmäßig nicht deutlich gemacht werden könne. Damit bestehe die Gefahr, dass der werbliche Hinweis auf die Bescheinigung vom Durchschnittsbetrachter als Zertifizierung oder zumindest staatliche Überprüfung auch in inhaltlicher Hinsicht verstanden werden könne, was wettbewerbswidrig sei. Zu beachten sei auch, dass die Bescheinigung für sich allein keine unmittelbaren Rechtswirkungen enthalte. Ihre Wirksamkeit erhalte sie erst durch die Entscheidung der Finanzverwaltung. Ein Hinweis auf die Umsatzsteuerfreiheit, sollte sie von der Finanzverwaltung ausgesprochen werden, sei dagegen unschädlich.
20 
Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen das Folgende vorgetragen: Die Klägerin könne sich nicht auf die vorgelegte Bescheinigung des Ostalbkreises vom 16.12.2002 und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.07.2006 berufen. Bei diesen Bescheinigungen handele es sich um Einzelfälle, die von der falschen Behörde erteilt worden seien und die auch inhaltlich nicht richtig seien. Die Befristung in der angefochtenen Bescheinigung sei keine Nebenbestimmung i.S. des § 36 LVwVfG. Diese Vorschrift führe im Zusammenhang mit der Bescheinigung in die Irre. Ohne die zeitliche Bestimmung würde sich die Bescheinigung nur auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum (ein Kalenderjahr) für die Umsatzsteuer beziehen. Die längere Gültigkeit stelle für die Klägerin eine Begünstigung dar. Die Aufnahme des Werbeverbots in die Bescheinigung sei notwendig. Würde mit der Bescheinigung geworben werden, würde dies von den angesprochenen Verkehrskreisen als staatliche Anerkennung gewertet und führe sie damit in die Irre. Eine staatliche Anerkennung sei mit der Bescheinigung nicht verbunden. Es würden nur die formellen Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung geprüft. Eine inhaltliche Qualitätsprüfung werde nicht vorgenommen. § 36 LVwVfG sei auf das Werbeverbot nicht anwendbar. Das Werbeverbot stelle keine Regelung, keinen Verwaltungsakt dar. Es sei ein bloßer Hinweis auf die beschränkte Wirkung der Bescheinigung. Für den Fall, dass sich die Klägerin nicht daran halte, stünden dem Regierungspräsidium Freiburg auch keine Mittel zur Durchsetzung des Werbeverbots zur Verfügung. Gegen eine unzulässige Werbung könne nur im Rahmen der Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorgegangen werden. Die Qualität oder Seriosität des Unterrichts bzw. der Einrichtung werde nicht bescheinigt.
21 
Der Kammer haben die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Freiburg vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Klage ist zulässig und begründet.
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG im beantragten Umfang. Nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätze diejenigen Umsätze umsatzsteuerfrei, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen allgemein bildender oder berufsbildender Einrichtungen betreffen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
24 
Der Prüfungsumfang des Beklagten ist dabei auf die Prüfung und Entscheidung der Frage beschränkt, ob eine Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Ob eine allgemein- oder berufsbildende Schule oder Einrichtung vorliegt, deren Leistungen nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG steuerfrei sind, ist hingegen nicht Gegenstand der Bescheinigung. Hierüber hat die Finanzbehörde zu entscheiden (BFH, Urteil vom 18.12.2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 m.w.N. zur Rechtsprechung des BFH). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zum Prüfungsumfang der „zuständigen Verwaltungsbehörde“ an. Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung brächte der Klägerin auch keinen Vorteil, da letztendlich die Finanzbehörde über die Umsatzsteuerbefreiung entscheidet. Für die Überprüfung dieser Entscheidung ist wiederum der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben.
25 
Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage. Es kann beim derzeitigen Streitstand in der Rechtsprechung der Finanzgerichte nicht davon ausgegangen werden, dass die erstrebte Bescheinigung für die Klägerin nutzlos ist, weil bereits jetzt feststeht, dass die von ihr betroffenen Umsätze vom Finanzamt nicht als steuerfrei anerkannt werden. Die Frage, ob die Leistungen eines Ballettstudios unter § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG fallen können, wird in der Praxis der Steuerverwaltung uneinheitlich beantwortet (vgl. Urteil des FG München vom 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - EFG 2000, 740). Das Finanzgericht München hat deshalb zur Entscheidung dieser Frage die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Dessen Entscheidung steht noch aus. Zudem geht das für die Klägerin zuständige Finanzamt davon aus, dass die Leistungen der Klägerin umsatzsteuerfrei sind. Es ist auch nicht die Aufgabe des Verwaltungsgerichts, Fragen im Rahmen der Prüfung des Rechtschutzbedürfnisses abschließend zu prüfen, die in die Kompetenz einer anderen Gerichtsbarkeit fallen und dort noch nicht geklärt sind.
26 
1. Altersbeschränkung
27 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Bescheinigung in dem beantragen Umfang ohne eine Altersbeschränkung.
28 
Für die Erteilung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG ist es ausreichend, dass die Leistungen, für die sie ausgestellt werden soll, den Zielen der Berufsaus- oder Berufsfortbildung dienen. Auf die Ziele der Personen, welche die Einrichtung besuchen, kommt es nicht an. Es ist deshalb unerheblich, ob sich die Personen, an die sich die Leistungen der Einrichtung richten, tatsächlich auf einen Beruf oder eine Prüfung vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts vorbereiten (vgl. BFH, Urteil vom 03.05.1989 - V R 83/84 -, BFEH 157, 458; Umsatzsteuer-Richtlinien 2005, Nr. 113). Es kommt daher nicht darauf an, ob die Teilnehmer für sich bereits eine Entscheidung für einen bestimmten Beruf getroffen haben oder aufgrund ihres Alters treffen können. Maßgeblich ist, ob spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.12.1976 - VII C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 = BStBl II 1977, 453). Es lässt sich nicht feststellen, dass die Vermittlung berufsspezifischer Fähigkeiten für den Beruf des Balletttänzers erst mit dem 14-15 Lebensjahr beginnt. So wird zum Beispiel für die Aufnahme an der Staatlichen Ballettakademie (John-Cranko-Schule) in Stuttgart, sowie auch schon für die Aufnahme in die Vorschule (ab 6 Jahren), die Vorbereitungsklassen (8 bis 9 Jahre) und die Ballettschule (10 - 16 Jahre) der John-Cranko-Schule das Bestehen einer Aufnahmeprüfung gefordert (www.stuttgart-ballet.de/deutsch/d_crankoschule/d_einstieg _schule), woraus deutlich wird, dass mit der Ausbildung jeweils bereits vor der Absolvierung der Aufnahmeprüfung begonnen werden muss. Die Kammer geht daher wie das Verwaltungsgericht Düsseldorf (vgl. das auch dem Beklagten bekannte Urteil vom 10.03.2003 - 25 K 5979/02 -) davon aus, dass für die spätere Berufsausübung förderliche und notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten auch bereits im Vorschulalter vermittelt werden können (vgl. zum Vorliegen einer Berufsbildung durch eine Fußballschule auch für die Ausbildung in der Talentgruppe (Alter ab 6 Jahre): Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2006 - 9 K 1583/05, Berufung zugelassen).
29 
Die Kammer hat keine Zweifel, dass die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Bescheinigung vorliegen. Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung, wenn sie objektiv geeignet ist, der Berufsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.12.1976 - VII C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 = BStBl II 1977, 453). Diese Voraussetzungen hat der Beklagte auch für die beantragten Kurse, die in der angefochtenen Bescheinigung noch nicht enthalten sind, in seiner Bescheinigung vom 15.12.2003 (Blatt 22 der Behördenakte) geprüft und bejaht. Dass insoweit eine Änderung der Verhältnisse eintreten ist, ist nicht erkennbar. Die Einschränkungen in der angefochtenen Bescheinigung beruhen nur darauf, dass der Beklagte seine Rechtsauffassung dazu, in welchem Alter eine Berufsausbildung beginnen könne, geändert hat.
30 
2. Befristung
31 
Der Klägerin kann ein Rechtschutzbedürfnis für die Anfechtung der Befristung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG auf zwei Jahre nicht mit der Begründung abgesprochen werden, dass die Befristung eine bloße Begünstigung der Klägerin darstelle, weil die Bescheinigung ohne Regelung einer Geltungsdauer nur für ein Kalenderjahr gültig wäre. Das Umsatzsteuergesetz enthält keine Regelung darüber, wie lange die Bescheinigung der „zuständigen Landesbehörde“ gültig ist. Auch der Umstand, dass der Besteuerungszeitraum für die Umsatzsteuer nach § 16 UStG das Kalenderjahr ist, zwingt nicht zu der Annahme, dass die Bescheinigung ohne Regelung einer Geltungsdauer jeweils nur für ein Kalenderjahr gelte. Die Bescheinigung dient dem Nachweis, dass die Vorbereitung auf den Beruf durch die Einrichtung ordnungsgemäß ist. Die Feststellung dieses Sachverhalts ist nicht aufgrund der Natur der Sache nur beschränkt auf den Besteuerungszeitraum ordnungsgemäß zu treffen. Es ist zwar richtig, dass sich die Umstände, die für die Beurteilung maßgeblich sind, ändern können. Darauf kann aber durch den Entzug der Bescheinigung regiert werden, wie dies in anderen Rechtsbereichen, zum Beispiel bei gewerberechtlichen Erlaubnissen, der Fall ist.
32 
Eine Rechtsgrundlage für die Befristung der Gültigkeitsdauer der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG ist nicht gegeben. Die Befristung kann nicht als Nebenbestimmung zu dieser Bescheinigung erlassen werden. Da auf die Ausstellung dieser Bescheinigung ein Anspruch besteht, regelt sich die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung nach § 36 Abs. 1 LVwVfG. Sie ist nur zulässig, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Eine Vorschrift, die eine Befristung zulässt, ist nicht erkennbar. Die Befristung dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG. Die Bescheinigung ist auszustellen, wenn die Erteilungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.1980 - 3 C 136.79 - BVerwGE 60, 269 zur Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausbedarfsplan, der die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses und die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung voraussetzt; vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.02.2006 - 14 A 2086/03 - im Fall einer Musikschule; siehe auch Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Auflage 1998, § 36 Rdnr. 68). Dass der Unterricht der Klägerin ordnungsgemäß ist, wird vom Beklagten nicht bestritten, denn sonst hätte der Beklagte die angefochtene Bescheinigung auch nicht mit einer Befristung versehen ausstellen dürfen. Die Erwartung, dass die Erteilungsvoraussetzungen wegfallen können, und die Erleichterung der Kontrolle durch die zuständige Behörde, rechtfertigen die Befristung nicht.
33 
3. Werbeverbot
34 
Das vom Beklagten erlassene Werbeverbot ist rechtswidrig. Für den Erlass eines Verwaltungsakts mit diesem Inhalt gibt es keine Rechtsgrundlage.
35 
Das im Bescheid vom 26.08.2005 ausgesprochene Werbeverbot stellt eine Regelung im Sinne des § 35 LVwVfG dar. Entgegen der vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht kann in ihm nicht lediglich ein Hinweis auf eine nach dem UWG geltende Rechtslage gesehen werden. Für die Auslegung des angefochtenen Bescheides ist es maßgeblich, wie er aus der Sicht eines verständigen Dritten zu verstehen ist. Die Formulierung „darf nicht für Werbezwecke verwendet werden“ steht in demselben Absatz wie die Altersbeschränkung. Sie wird in diesem Absatz in einem Zug mit dem Widerrufsvorbehalt und der Befristung aufgeführt. Würde man der Formulierung „darf nicht für Werbezwecke verwendet werden“ den Regelungscharakter absprechen, könnte man mit dem gleichen Recht auch der Auffassung sein, der Bescheid regele weder eine Altersbegrenzung noch einen Widerrufsvorbehalt oder eine Befristung. Davon geht der Beklagte aber nicht aus. Wäre es die Absicht des Beklagten gewesen, nur einen Hinweis auf ein seiner Auffassung ohnehin bestehendes Werbeverbot zu erteilen, hätte er es in der Hand gehabt, diese Absicht durch eine andere Formulierung deutlich zum Ausdruck zu bringen.
36 
Dafür, dass der Beklagte ein Werbeverbot geregelt hat, sprechen auch die Formulierungen in seinem Bescheid vom 15.08.2005. Darin führte er auf die Anträge der Klägerin im Schreiben vom März 2005 (Erteilung der Bescheinigung ohne Befristung und Werbeverbot) aus, dass die Bescheinigung leider nicht in vollem Umfang ausgestellt werden könne. Auf das Werbeverbot könne nicht verzichtet werden. Durch das Werbeverbot solle sichergestellt werden, dass die Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung nicht als staatliche Zertifizierung herausgestellt werde. Ein bloßer Hinweis auf die Rechtslage kann darin nicht gesehen werden.
37 
Das Werbeverbot kann nicht als Nebenbestimmung zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG erlassen werden. Da auf die Ausstellung dieser Bescheinigung ein Anspruch besteht, regelt sich die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung nach § 36 Abs. 1 LVwVfG. Sie ist nur unter den oben (siehe 2.) erläuterten Voraussetzungen zulässig. Eine Vorschrift, die den Erlass eines Werbeverbots durch den Beklagten zulässt ist, nicht erkennbar. Das vom Beklagten erlassene Werbeverbot, das als Auflage zu qualifizieren ist, dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG. Die Bescheinigung ist zu erteilen, wenn durch die Kurse der Klägerin eine ordnungsgemäße Berufsvorbereitung stattfindet. Darauf hat das Werbeverbot keinen Einfluss.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.Das Gericht macht von der Möglichkeit, die Entscheidung nach § 167 Abs. 2 VwGO wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, keinen Gebrauch.
39 
Die Berufung ist nach § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage der Befristung der Geltungsdauer einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG sowie die Frage der Altersbeschränkung der Bescheinigung für berufsbildende Kurse von Ballettschulen stellt sich in einer Vielzahl von Fällen und ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt.

Gründe

 
22 
Die Klage ist zulässig und begründet.
23 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG im beantragten Umfang. Nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätze diejenigen Umsätze umsatzsteuerfrei, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen allgemein bildender oder berufsbildender Einrichtungen betreffen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
24 
Der Prüfungsumfang des Beklagten ist dabei auf die Prüfung und Entscheidung der Frage beschränkt, ob eine Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Ob eine allgemein- oder berufsbildende Schule oder Einrichtung vorliegt, deren Leistungen nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG steuerfrei sind, ist hingegen nicht Gegenstand der Bescheinigung. Hierüber hat die Finanzbehörde zu entscheiden (BFH, Urteil vom 18.12.2003 - V R 62/02 - BFHE 204, 355 m.w.N. zur Rechtsprechung des BFH). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zum Prüfungsumfang der „zuständigen Verwaltungsbehörde“ an. Ein Abweichen von dieser Rechtsprechung brächte der Klägerin auch keinen Vorteil, da letztendlich die Finanzbehörde über die Umsatzsteuerbefreiung entscheidet. Für die Überprüfung dieser Entscheidung ist wiederum der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben.
25 
Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage. Es kann beim derzeitigen Streitstand in der Rechtsprechung der Finanzgerichte nicht davon ausgegangen werden, dass die erstrebte Bescheinigung für die Klägerin nutzlos ist, weil bereits jetzt feststeht, dass die von ihr betroffenen Umsätze vom Finanzamt nicht als steuerfrei anerkannt werden. Die Frage, ob die Leistungen eines Ballettstudios unter § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG fallen können, wird in der Praxis der Steuerverwaltung uneinheitlich beantwortet (vgl. Urteil des FG München vom 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - EFG 2000, 740). Das Finanzgericht München hat deshalb zur Entscheidung dieser Frage die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Dessen Entscheidung steht noch aus. Zudem geht das für die Klägerin zuständige Finanzamt davon aus, dass die Leistungen der Klägerin umsatzsteuerfrei sind. Es ist auch nicht die Aufgabe des Verwaltungsgerichts, Fragen im Rahmen der Prüfung des Rechtschutzbedürfnisses abschließend zu prüfen, die in die Kompetenz einer anderen Gerichtsbarkeit fallen und dort noch nicht geklärt sind.
26 
1. Altersbeschränkung
27 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Bescheinigung in dem beantragen Umfang ohne eine Altersbeschränkung.
28 
Für die Erteilung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG ist es ausreichend, dass die Leistungen, für die sie ausgestellt werden soll, den Zielen der Berufsaus- oder Berufsfortbildung dienen. Auf die Ziele der Personen, welche die Einrichtung besuchen, kommt es nicht an. Es ist deshalb unerheblich, ob sich die Personen, an die sich die Leistungen der Einrichtung richten, tatsächlich auf einen Beruf oder eine Prüfung vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts vorbereiten (vgl. BFH, Urteil vom 03.05.1989 - V R 83/84 -, BFEH 157, 458; Umsatzsteuer-Richtlinien 2005, Nr. 113). Es kommt daher nicht darauf an, ob die Teilnehmer für sich bereits eine Entscheidung für einen bestimmten Beruf getroffen haben oder aufgrund ihres Alters treffen können. Maßgeblich ist, ob spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.12.1976 - VII C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 = BStBl II 1977, 453). Es lässt sich nicht feststellen, dass die Vermittlung berufsspezifischer Fähigkeiten für den Beruf des Balletttänzers erst mit dem 14-15 Lebensjahr beginnt. So wird zum Beispiel für die Aufnahme an der Staatlichen Ballettakademie (John-Cranko-Schule) in Stuttgart, sowie auch schon für die Aufnahme in die Vorschule (ab 6 Jahren), die Vorbereitungsklassen (8 bis 9 Jahre) und die Ballettschule (10 - 16 Jahre) der John-Cranko-Schule das Bestehen einer Aufnahmeprüfung gefordert (www.stuttgart-ballet.de/deutsch/d_crankoschule/d_einstieg _schule), woraus deutlich wird, dass mit der Ausbildung jeweils bereits vor der Absolvierung der Aufnahmeprüfung begonnen werden muss. Die Kammer geht daher wie das Verwaltungsgericht Düsseldorf (vgl. das auch dem Beklagten bekannte Urteil vom 10.03.2003 - 25 K 5979/02 -) davon aus, dass für die spätere Berufsausübung förderliche und notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten auch bereits im Vorschulalter vermittelt werden können (vgl. zum Vorliegen einer Berufsbildung durch eine Fußballschule auch für die Ausbildung in der Talentgruppe (Alter ab 6 Jahre): Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 26.07.2006 - 9 K 1583/05, Berufung zugelassen).
29 
Die Kammer hat keine Zweifel, dass die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Bescheinigung vorliegen. Ordnungsgemäß ist die steuerlich privilegierte Leistung, wenn sie objektiv geeignet ist, der Berufsvorbereitung zu dienen, von einem seriösen Institut erbracht wird und die eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung besitzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 03.12.1976 - VII C 73.75 - Buchholz 401.2 § 4 UStG Nr. 1 = BStBl II 1977, 453). Diese Voraussetzungen hat der Beklagte auch für die beantragten Kurse, die in der angefochtenen Bescheinigung noch nicht enthalten sind, in seiner Bescheinigung vom 15.12.2003 (Blatt 22 der Behördenakte) geprüft und bejaht. Dass insoweit eine Änderung der Verhältnisse eintreten ist, ist nicht erkennbar. Die Einschränkungen in der angefochtenen Bescheinigung beruhen nur darauf, dass der Beklagte seine Rechtsauffassung dazu, in welchem Alter eine Berufsausbildung beginnen könne, geändert hat.
30 
2. Befristung
31 
Der Klägerin kann ein Rechtschutzbedürfnis für die Anfechtung der Befristung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG auf zwei Jahre nicht mit der Begründung abgesprochen werden, dass die Befristung eine bloße Begünstigung der Klägerin darstelle, weil die Bescheinigung ohne Regelung einer Geltungsdauer nur für ein Kalenderjahr gültig wäre. Das Umsatzsteuergesetz enthält keine Regelung darüber, wie lange die Bescheinigung der „zuständigen Landesbehörde“ gültig ist. Auch der Umstand, dass der Besteuerungszeitraum für die Umsatzsteuer nach § 16 UStG das Kalenderjahr ist, zwingt nicht zu der Annahme, dass die Bescheinigung ohne Regelung einer Geltungsdauer jeweils nur für ein Kalenderjahr gelte. Die Bescheinigung dient dem Nachweis, dass die Vorbereitung auf den Beruf durch die Einrichtung ordnungsgemäß ist. Die Feststellung dieses Sachverhalts ist nicht aufgrund der Natur der Sache nur beschränkt auf den Besteuerungszeitraum ordnungsgemäß zu treffen. Es ist zwar richtig, dass sich die Umstände, die für die Beurteilung maßgeblich sind, ändern können. Darauf kann aber durch den Entzug der Bescheinigung regiert werden, wie dies in anderen Rechtsbereichen, zum Beispiel bei gewerberechtlichen Erlaubnissen, der Fall ist.
32 
Eine Rechtsgrundlage für die Befristung der Gültigkeitsdauer der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG ist nicht gegeben. Die Befristung kann nicht als Nebenbestimmung zu dieser Bescheinigung erlassen werden. Da auf die Ausstellung dieser Bescheinigung ein Anspruch besteht, regelt sich die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung nach § 36 Abs. 1 LVwVfG. Sie ist nur zulässig, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Eine Vorschrift, die eine Befristung zulässt, ist nicht erkennbar. Die Befristung dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG. Die Bescheinigung ist auszustellen, wenn die Erteilungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.07.1980 - 3 C 136.79 - BVerwGE 60, 269 zur Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausbedarfsplan, der die Leistungsfähigkeit des Krankenhauses und die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung voraussetzt; vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.02.2006 - 14 A 2086/03 - im Fall einer Musikschule; siehe auch Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Auflage 1998, § 36 Rdnr. 68). Dass der Unterricht der Klägerin ordnungsgemäß ist, wird vom Beklagten nicht bestritten, denn sonst hätte der Beklagte die angefochtene Bescheinigung auch nicht mit einer Befristung versehen ausstellen dürfen. Die Erwartung, dass die Erteilungsvoraussetzungen wegfallen können, und die Erleichterung der Kontrolle durch die zuständige Behörde, rechtfertigen die Befristung nicht.
33 
3. Werbeverbot
34 
Das vom Beklagten erlassene Werbeverbot ist rechtswidrig. Für den Erlass eines Verwaltungsakts mit diesem Inhalt gibt es keine Rechtsgrundlage.
35 
Das im Bescheid vom 26.08.2005 ausgesprochene Werbeverbot stellt eine Regelung im Sinne des § 35 LVwVfG dar. Entgegen der vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht kann in ihm nicht lediglich ein Hinweis auf eine nach dem UWG geltende Rechtslage gesehen werden. Für die Auslegung des angefochtenen Bescheides ist es maßgeblich, wie er aus der Sicht eines verständigen Dritten zu verstehen ist. Die Formulierung „darf nicht für Werbezwecke verwendet werden“ steht in demselben Absatz wie die Altersbeschränkung. Sie wird in diesem Absatz in einem Zug mit dem Widerrufsvorbehalt und der Befristung aufgeführt. Würde man der Formulierung „darf nicht für Werbezwecke verwendet werden“ den Regelungscharakter absprechen, könnte man mit dem gleichen Recht auch der Auffassung sein, der Bescheid regele weder eine Altersbegrenzung noch einen Widerrufsvorbehalt oder eine Befristung. Davon geht der Beklagte aber nicht aus. Wäre es die Absicht des Beklagten gewesen, nur einen Hinweis auf ein seiner Auffassung ohnehin bestehendes Werbeverbot zu erteilen, hätte er es in der Hand gehabt, diese Absicht durch eine andere Formulierung deutlich zum Ausdruck zu bringen.
36 
Dafür, dass der Beklagte ein Werbeverbot geregelt hat, sprechen auch die Formulierungen in seinem Bescheid vom 15.08.2005. Darin führte er auf die Anträge der Klägerin im Schreiben vom März 2005 (Erteilung der Bescheinigung ohne Befristung und Werbeverbot) aus, dass die Bescheinigung leider nicht in vollem Umfang ausgestellt werden könne. Auf das Werbeverbot könne nicht verzichtet werden. Durch das Werbeverbot solle sichergestellt werden, dass die Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung nicht als staatliche Zertifizierung herausgestellt werde. Ein bloßer Hinweis auf die Rechtslage kann darin nicht gesehen werden.
37 
Das Werbeverbot kann nicht als Nebenbestimmung zur Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG erlassen werden. Da auf die Ausstellung dieser Bescheinigung ein Anspruch besteht, regelt sich die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung nach § 36 Abs. 1 LVwVfG. Sie ist nur unter den oben (siehe 2.) erläuterten Voraussetzungen zulässig. Eine Vorschrift, die den Erlass eines Werbeverbots durch den Beklagten zulässt ist, nicht erkennbar. Das vom Beklagten erlassene Werbeverbot, das als Auflage zu qualifizieren ist, dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG. Die Bescheinigung ist zu erteilen, wenn durch die Kurse der Klägerin eine ordnungsgemäße Berufsvorbereitung stattfindet. Darauf hat das Werbeverbot keinen Einfluss.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.Das Gericht macht von der Möglichkeit, die Entscheidung nach § 167 Abs. 2 VwGO wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, keinen Gebrauch.
39 
Die Berufung ist nach § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage der Befristung der Geltungsdauer einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchstabe a) Doppelbuchstabe bb) UStG sowie die Frage der Altersbeschränkung der Bescheinigung für berufsbildende Kurse von Ballettschulen stellt sich in einer Vielzahl von Fällen und ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt.

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 22.11.2005 für ihre „Ballettschule ...“ eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für berufliche Bildungsmaßnahmen („Ballett- und Tanzkurse zur Vorbereitung auf den Beruf eines Tänzers, Tanzpädagogen, Sängers, Theaterdarstellers etc.“) für die Zeit ab dem 01.01.2006 zu erteilen.

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) Umsatzsteuergesetz (UStG) für die Zeit ab dem 01.01.2006.
Die Klägerin ist Inhaberin der „Ballettschule ...“ in N.. Sie bietet Kurse für verschiedene Altersgruppen (vom Vorschul- und Kinderballett bis zu Erwachsenenkursen) an. Mit Bescheid vom 09.05.2001 erteilte ihr das Regierungspräsidium Freiburg eine Bescheinigung darüber, dass die von ihr durchgeführten beruflichen Bildungsmaßnahmen in dem Bereich "Ballett- und Tanzkurse in verschiedenen Altersstufen zur Vorbereitung auf den Beruf eines Tänzers, Tanzpädagogen, Sängers, Theaterdarstellers etc." nach Dauer, Gestaltung der Kurse, Ausbildung und Berufserfahrung der Kursleiter eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lassen, angemessene Vertragsbedingungen für die Teilnehmer bestehen und damit ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten. Die Bescheinigung wurde widerruflich und befristet für die Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.12.2000 erteilt. Entsprechende Bescheinigungen erhielt die Klägerin im Folgenden auch für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2003 sowie für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2005. Am 22.11.2005 beantragte sie erneut eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG „für die Jahre ab dem 01.01.2006“. Mit Bescheid vom 30.12.2005 erteilte das Regierungspräsidium Freiburg eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, von der jedoch die Kurse ausgenommen wurden, an denen die Teilnehmer unter 14 bis 15 Jahre alt sind. Zur Begründung wurde angeführt, dass eine ordnungsgemäße Berufsausbildung frühestens im Alter von 14 bis 15 Jahren beginne. Die Bescheinigung wurde widerruflich und befristet für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2007 erteilt. Dieser Bescheid wurde am 04.01.2006 zugestellt.
Am 03.02.2006 erhob die Klägerin Klage. Sie trägt vor, dass die Ausbildung für den Beruf des Tänzers, Tanzpädagogen etc. nicht erst im Alter von 14 bis 15 Jahren beginnen könne. In dieser Altersstufe sei die körperliche Entwicklung bereits so weit fortgeschritten, dass ein Beginn der Vorbereitung auf diesen Beruf nicht mehr möglich sei. Die Ausbildungsberufe in diesem Bereich erforderten ab dem frühen Kindesalter gezielte und kontinuierliche Ausbildung. Die einzelnen Lehrschritte seien aufeinander aufbauend. Körpergefühl, Konzentration, Kreativität und Musikalität müssen vom Kindesalter an gefördert werden, um einen professionellen Stand erreichen zu können. Werde erst im Alter von 14 bis 15 Jahren begonnen, das Rhythmusgefühl zu trainieren, sei der für die Ausübung eines tänzerischen Berufes notwendige Stand nicht mehr zu erreichen. Auch die die Bewegungsphantasie fördernde Fähigkeit zur Improvisation müsse von frühen Kindesbeinen an gefördert werden. Aus diesem Grund werde an den entsprechenden bekannten Ballettschulen - wie z. B. der John-Cranko-Schule in Stuttgart - eine Ausbildung für Kinder ab 6 Jahren angeboten. An ihrer eigenen Ballettschule könnten Schüler durchgehend ab dem Vorschulalter Ballettunterricht sowie Unterricht in Step, Jazz und Hip Hop erhalten. Es gebe mehrere Schüler, die ihre Ausbildung an ihrer Ballettschule im Kindesalter begonnen hätten und heute einen Beruf in diesem Bereich ausübten. Allgemeine pädagogische Grundsätze würden im Unterricht ebenso beachtet wie anatomisch korrekter systematisch aufbauender und motivierender Unterricht. Sie - die Klägerin - sowie weitere Lehrer an ihrer Schule verfügten über eine entsprechende professionelle Ausbildung. Die vorgenommene Altersabgrenzung sei deutlich zu hoch angesetzt und erscheine willkürlich. Zum Beleg dafür, dass die Ausbildung bereits früher beginne, führt die Klägerin unter Darlegung der jeweiligen (bereits im Kindesalter beginnenden) Ausbildungsabschnitte die Ballettschule des Hamburger Balletts, den Studiengang "Bühnentanz" an der Palucca-Schule Dresden Hochschule für Tanz, die John-Cranko-Schule in Stuttgart, das Ballett Centrum Nürnberg/Fürth, die Ballettschule der Wiener Staatsoper, das Ballettinstitut Rheinland-Pfalz, die Münchner Ballett-Akademie sowie das Gymnasium Essen-Werden an, wo der Erwerb der Hochschulreife mit der (Vor-)Ausbildung als professioneller Tänzer verbunden werde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 22.11.2005 für ihre „Ballettschule ...“ eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für berufliche Bildungsmaßnahmen („Ballett- und Tanzkurse zur Vorbereitung auf den Beruf eines Tänzers, Tanzpädagogen, Sängers, Theaterdarstellers etc.“) für die Zeit ab dem 01.01.2006 zu erteilen und den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Berufliche Ausbildung erfordere die Vermittlung von spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten, die für die Ausübung eines Berufes erforderlich seien. Kurse, die sich an Kinder ab dem Vorschulalter bis zum Alter von 14 bis 15 Jahren (frühester Beginn der beruflichen Ausbildung) richteten, erfüllten diese Anforderungen nicht. Auf die Frage, ob es sich bei der Ballettschule der Klägerin um eine begünstigte Einrichtung handle, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Prüfung dieser Frage bleibe dem steuerlichen Veranlagungsverfahren vorbehalten. Im Übrigen werde nur die so vorgenommene Auslegung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern gerecht. Nach Art. 13 A Ziffer i der Richtlinie seien steuerfrei zu stellen "... die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung." Hieraus ergebe sich, dass nur solche Ausbildungsangebote steuerfrei gestellt werden dürften, die auch von Einrichtungen des öffentlichen Rechts in vergleichbarer Weise angeboten würden. Nur so könne dem Zweck des Bescheinigungsverfahrens, nämlich Wettbewerbsgleichheit zwischen den Einrichtungen der öffentlichen Hand mit gleichartigen Einrichtungen anderer Unternehmer herzustellen, Rechnung getragen werden. Öffentlich-rechtliche Einrichtungen, die mit vergleichbaren Unterrichtsangeboten betraut seien, bestünden nicht. Eine Gleichstellung mit derartigen Einrichtungen sei daher nicht geboten, zumal die Ausnahmevorschriften eng auszulegen seien.
In ihrer Replik macht die Klägerin geltend, dass durchaus Konkurrenz durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vorhanden sei. So biete die Städtische Musikschule E. und auch die Musikschule O. unter werbewirksamem Hinweis auf die Vorbereitung zum Hochschulstudium Tanz- und Ballettunterricht in vergleichbaren Kursen an. Als weitere Beispiele könnten auch die Musikschule W. und die Musikschule U. R. angeführt werden.
10 
Dem hält der Beklagte entgegen, dass es nicht entscheidend sei, ob öffentliche Einrichtungen vergleichbare Ausbildungsangebote anzubieten hätten. Die Einrichtungen müssten mit derartigen Bildungsangeboten betraut sein. Insoweit werde der Entscheidung des Finanzgerichts München vom 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - gefolgt. Es sei unbestritten, dass tänzerische Grundlagen- und Breitenarbeit für eine spätere Tätigkeit als Berufstänzer sinnvoll sein könne. Damit werde jedoch nicht jede tänzerische Früherziehung oder sonstige vergleichbare Früherziehung bereits im Kindergartenalter zur „ordnungsgemäßen beruflichen Ausbildung“, sondern sei eher dem Bereich „sinnvolle Freizeitgestaltung“ zuzuordnen.
11 
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten zur Sache verhandeln und entscheiden, weil in den ordnungsgemäßen Ladungen auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Verwaltungsrechtweg gegeben. Denn die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist ein eigenständig anfechtbarer Verwaltungsakt, der die Finanzbehörden insoweit bindet, als er die Feststellung enthält, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II S. 334 ff.; BFH Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147). Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart folgt aus § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO. Die Durchführung eines Vorverfahrens war gemäß § 6a AGVwGO entbehrlich.
14 
Die Klage ist auch begründet.
15 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Bescheinigung über die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer zu; soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 dem entgegensteht, ist er aufzuheben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
16 
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Von diesen Umsätzen sind gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Zuständige Landesbehörde ist für den Bereich der beruflichen Bildungsmaßnahmen das Regierungspräsidium Freiburg (Erlass des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 14.02.1995, Az. 3-6000.1/81).
17 
Die zuständige Landesbehörde prüft und entscheidet, ob eine Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Insoweit bindet die Bescheinigung die Finanzbehörden. Erteilt sie die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG uneingeschränkt, so kommt eine Beschränkung der Umsatzsteuerbefreiung auf einzelne Unterrichtsleistungen durch die Finanzbehörde nicht mehr in Betracht (vgl. Schuhmann in: Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Nr. 21 Anm. 54). Ob eine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung vorliegt, deren Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei sind, ist hingegen nicht Gegenstand der Bescheinigung des Regierungspräsidiums. Hierüber hat die Finanzbehörde zu entscheiden (BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252; Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147; vgl. auch Abschnitt 114 Abs. 2 UStR).
18 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer; ob die vorgesehene Altersgrenze hinreichend bestimmt ist („unter 14-15 Jahre“), kann somit offen bleiben. Dies ergibt sich aus Folgendem:
19 
Die Bescheinigung der Landesbehörde dient allein dem Nachweis, dass die Einrichtung nach ihrer Organisation und ihrem Lehrziel auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet; es wird die Eignung der Einrichtung hierzu bescheinigt. Es liegt im Wesen einer solchen Bescheinigung, dass sie sich hierauf beschränkt und nicht die konkrete Ausbildung einzelner Schüler oder Lehrgangsteilnehmer beurteilt (BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815; entsprechend bezüglich der Eigenschaft als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung auch BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252). Dabei kommt es nicht darauf an, welche Schüler letztlich einen der Ausbildung entsprechenden Beruf ergreifen (was sich ohnehin erst im Nachhinein feststellen ließe); es ist daher unerheblich, wenn tatsächlich nur wenige Schüler eine entsprechende berufliche Laufbahn einschlagen (vgl. BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815 zum privaten Musikunterricht). Kommt es somit nicht auf die Entscheidung der einzelnen Schüler an, einen entsprechenden Beruf zu ergreifen, so wird grundsätzlich auch nicht darauf abzustellen sein, ab welchem Alter die Schüler in der Regel eine solche Entscheidung für einen Beruf treffen. Maßgeblich ist vielmehr, ob spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II 1977, 334).
20 
Eine Vermittlung solcher Kenntnisse kann im hier maßgeblichen Bereich der tänzerischen Berufe nach Auffassung des Gerichts - die grundsätzliche Eignung der Einrichtung nach Organisation und Lehrplan unterstellt - durchaus bereits bei Schülern erfolgen, die noch nicht 14 bis 15 Jahre alt sind. Die vom Beklagten vorgenommene Einschränkung auf Kurse, die sich an ältere Schüler richten, ist nicht gerechtfertigt (so auch VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 - ; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris). Die Ausbildung zu tänzerischen Berufen unterscheidet sich von herkömmlichen Ausbildungsberufen zunächst dadurch, dass sie im Hinblick auf die körperliche Entwicklung sowie die Förderung von Körpergefühl, Konzentration, Kreativität und Musikalität bereits im Kindesalter begonnen werden muss, um später einen professionellen Stand zu erreichen. Dem entsprechend richten sich die Ausbildungsangebote in diesem Bereich in der Regel bereits an junge Menschen im schulpflichtigen Alter; sie sehen im Gegenteil häufig ein Höchsteinstiegsalter vor. So bietet etwa die Palucca Schule Dresden - Hochschule für Tanz - einen Diplomstudiengang Bühnentanz an, der 8 Jahre dauert und - nach einer zweijährigen Orientierungsstufe für Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren - in ein vierjähriges Grundstudium (Alter 12 bis 16 Jahre) und ein vierjähriges Hauptstudium (16 bis 20 Jahre) untergliedert ist (www.palucca-schule-dresden.de/studium). Auch nach der Konzeption der Ballettschule des Hamburger Balletts umfasst die eigentliche Ausbildung zum professionellen Tänzer acht Jahre und beginnt im Anschluss an eine Vorschulklasse für Kinder im Alter von 7 bis 10 Jahren mit der Ausbildungsklasse I für Kinder ab 10 Jahren (www.hamburgballett.de/d/schule/aufbau). Für die einzelnen Ausbildungsklassen werden dabei häufig auch Aufnahmeprüfungen verlangt, die bereits ein bestimmtes tänzerisches Niveau voraussetzen (vgl. etwa die Untergliederung der Ausbildung an der John-Cranko-Schule in Stuttgart von der Vorschule - 6 bis 7 Jahre -, der Vorbereitung - 8 bis 9 Jahre - und der Grundausbildung - 10 bis 16 Jahre mit den jeweiligen Aufnahmeprüfungen, www.stuttgart-ballett.de/deutsch/d_crankoschule/d_ballettschule).
21 
Dass die Ballettschule der Klägerin nach Organisation und Lehrziel grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Vorbereitung auf einen tänzerischen Beruf geeignet ist, wird auch vom Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Voraussetzungen hierfür wurden bereits bei der Erteilung der Bescheinigung für die vergangenen Jahre angenommen und auch für die hier streitgegenständliche Bescheinigung zugrunde gelegt. Die nun vorgenommene Einschränkung beruht lediglich darauf, dass der Beklagte inzwischen seine Rechtsauffassung zur Frage des Alters, in dem eine Berufsausbildung begonnen werden kann, geändert hat.
22 
Schließlich führt auch der Hinweis des Beklagten auf Art. 13 A Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl Nr. L 145 vom 13.06.1977, 1 ff.) zu keiner anderen Beurteilung. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen oder Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit dem von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Dies ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu berücksichtigen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Bestimmung die hier streitgegenständliche Beschränkung auf Kurse erfordert, deren Teilnehmer mindestens 14 bis 15 Jahre alt sind. Insbesondere erscheint die Einführung einer solchen Altersgrenze auch nicht im Hinblick auf das vom Beklagten hervorgehobene Erfordernis geboten, dass die öffentlichen Einrichtungen, die vergleichbare Ausbildungsangebote vorhalten, mit diesen „betraut“ sein müssen. Die Frage, ob Ballettschulen grundsätzlich unter Berücksichtigung der Richtlinie 77/388/EWG als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen i.S.v. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG eingestuft werden können (vgl. hierzu FG München Urteil v. 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - zitiert nach juris), ist - wie bereits dargelegt - nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, sondern unterliegt der Entscheidung der Finanzbehörden bzw. gegebenenfalls der Finanzgerichte.
23 
2. Die begehrte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist entsprechend dem Antrag der Klägerin vom 22.11.2005 („für die Jahre ab 01.01.2006“) unbefristet zu erteilen; der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 ist rechtswidrig, soweit er eine Befristung enthält. Denn für eine solche Befristung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Sie kann insbesondere nicht als Nebenbestimmung gemäß § 36 LVwVfG erlassen werden. Da auf die Erteilung der Bescheinigung ein Anspruch besteht, müssten die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG vorliegen. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Eine Rechtsvorschrift, die eine Befristung zulässt, ist nicht erkennbar; die Befristung dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Auf eine Änderung der für die Beurteilung maßgeblichen Umstände kann gegebenenfalls mit dem Entzug der Bescheinigung reagiert werden, wie dies in anderen Rechtsbereichen – insbesondere im Gewerberecht – der Fall ist (VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 -; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris).
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ferner sieht es von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 VwGO ab.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten zur Sache verhandeln und entscheiden, weil in den ordnungsgemäßen Ladungen auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Verwaltungsrechtweg gegeben. Denn die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist ein eigenständig anfechtbarer Verwaltungsakt, der die Finanzbehörden insoweit bindet, als er die Feststellung enthält, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II S. 334 ff.; BFH Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147). Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart folgt aus § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO. Die Durchführung eines Vorverfahrens war gemäß § 6a AGVwGO entbehrlich.
14 
Die Klage ist auch begründet.
15 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Bescheinigung über die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer zu; soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 dem entgegensteht, ist er aufzuheben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
16 
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Von diesen Umsätzen sind gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Zuständige Landesbehörde ist für den Bereich der beruflichen Bildungsmaßnahmen das Regierungspräsidium Freiburg (Erlass des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 14.02.1995, Az. 3-6000.1/81).
17 
Die zuständige Landesbehörde prüft und entscheidet, ob eine Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Insoweit bindet die Bescheinigung die Finanzbehörden. Erteilt sie die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG uneingeschränkt, so kommt eine Beschränkung der Umsatzsteuerbefreiung auf einzelne Unterrichtsleistungen durch die Finanzbehörde nicht mehr in Betracht (vgl. Schuhmann in: Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Nr. 21 Anm. 54). Ob eine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung vorliegt, deren Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei sind, ist hingegen nicht Gegenstand der Bescheinigung des Regierungspräsidiums. Hierüber hat die Finanzbehörde zu entscheiden (BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252; Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147; vgl. auch Abschnitt 114 Abs. 2 UStR).
18 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer; ob die vorgesehene Altersgrenze hinreichend bestimmt ist („unter 14-15 Jahre“), kann somit offen bleiben. Dies ergibt sich aus Folgendem:
19 
Die Bescheinigung der Landesbehörde dient allein dem Nachweis, dass die Einrichtung nach ihrer Organisation und ihrem Lehrziel auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet; es wird die Eignung der Einrichtung hierzu bescheinigt. Es liegt im Wesen einer solchen Bescheinigung, dass sie sich hierauf beschränkt und nicht die konkrete Ausbildung einzelner Schüler oder Lehrgangsteilnehmer beurteilt (BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815; entsprechend bezüglich der Eigenschaft als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung auch BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252). Dabei kommt es nicht darauf an, welche Schüler letztlich einen der Ausbildung entsprechenden Beruf ergreifen (was sich ohnehin erst im Nachhinein feststellen ließe); es ist daher unerheblich, wenn tatsächlich nur wenige Schüler eine entsprechende berufliche Laufbahn einschlagen (vgl. BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815 zum privaten Musikunterricht). Kommt es somit nicht auf die Entscheidung der einzelnen Schüler an, einen entsprechenden Beruf zu ergreifen, so wird grundsätzlich auch nicht darauf abzustellen sein, ab welchem Alter die Schüler in der Regel eine solche Entscheidung für einen Beruf treffen. Maßgeblich ist vielmehr, ob spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II 1977, 334).
20 
Eine Vermittlung solcher Kenntnisse kann im hier maßgeblichen Bereich der tänzerischen Berufe nach Auffassung des Gerichts - die grundsätzliche Eignung der Einrichtung nach Organisation und Lehrplan unterstellt - durchaus bereits bei Schülern erfolgen, die noch nicht 14 bis 15 Jahre alt sind. Die vom Beklagten vorgenommene Einschränkung auf Kurse, die sich an ältere Schüler richten, ist nicht gerechtfertigt (so auch VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 - ; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris). Die Ausbildung zu tänzerischen Berufen unterscheidet sich von herkömmlichen Ausbildungsberufen zunächst dadurch, dass sie im Hinblick auf die körperliche Entwicklung sowie die Förderung von Körpergefühl, Konzentration, Kreativität und Musikalität bereits im Kindesalter begonnen werden muss, um später einen professionellen Stand zu erreichen. Dem entsprechend richten sich die Ausbildungsangebote in diesem Bereich in der Regel bereits an junge Menschen im schulpflichtigen Alter; sie sehen im Gegenteil häufig ein Höchsteinstiegsalter vor. So bietet etwa die Palucca Schule Dresden - Hochschule für Tanz - einen Diplomstudiengang Bühnentanz an, der 8 Jahre dauert und - nach einer zweijährigen Orientierungsstufe für Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren - in ein vierjähriges Grundstudium (Alter 12 bis 16 Jahre) und ein vierjähriges Hauptstudium (16 bis 20 Jahre) untergliedert ist (www.palucca-schule-dresden.de/studium). Auch nach der Konzeption der Ballettschule des Hamburger Balletts umfasst die eigentliche Ausbildung zum professionellen Tänzer acht Jahre und beginnt im Anschluss an eine Vorschulklasse für Kinder im Alter von 7 bis 10 Jahren mit der Ausbildungsklasse I für Kinder ab 10 Jahren (www.hamburgballett.de/d/schule/aufbau). Für die einzelnen Ausbildungsklassen werden dabei häufig auch Aufnahmeprüfungen verlangt, die bereits ein bestimmtes tänzerisches Niveau voraussetzen (vgl. etwa die Untergliederung der Ausbildung an der John-Cranko-Schule in Stuttgart von der Vorschule - 6 bis 7 Jahre -, der Vorbereitung - 8 bis 9 Jahre - und der Grundausbildung - 10 bis 16 Jahre mit den jeweiligen Aufnahmeprüfungen, www.stuttgart-ballett.de/deutsch/d_crankoschule/d_ballettschule).
21 
Dass die Ballettschule der Klägerin nach Organisation und Lehrziel grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Vorbereitung auf einen tänzerischen Beruf geeignet ist, wird auch vom Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Voraussetzungen hierfür wurden bereits bei der Erteilung der Bescheinigung für die vergangenen Jahre angenommen und auch für die hier streitgegenständliche Bescheinigung zugrunde gelegt. Die nun vorgenommene Einschränkung beruht lediglich darauf, dass der Beklagte inzwischen seine Rechtsauffassung zur Frage des Alters, in dem eine Berufsausbildung begonnen werden kann, geändert hat.
22 
Schließlich führt auch der Hinweis des Beklagten auf Art. 13 A Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl Nr. L 145 vom 13.06.1977, 1 ff.) zu keiner anderen Beurteilung. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen oder Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit dem von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Dies ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu berücksichtigen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Bestimmung die hier streitgegenständliche Beschränkung auf Kurse erfordert, deren Teilnehmer mindestens 14 bis 15 Jahre alt sind. Insbesondere erscheint die Einführung einer solchen Altersgrenze auch nicht im Hinblick auf das vom Beklagten hervorgehobene Erfordernis geboten, dass die öffentlichen Einrichtungen, die vergleichbare Ausbildungsangebote vorhalten, mit diesen „betraut“ sein müssen. Die Frage, ob Ballettschulen grundsätzlich unter Berücksichtigung der Richtlinie 77/388/EWG als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen i.S.v. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG eingestuft werden können (vgl. hierzu FG München Urteil v. 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - zitiert nach juris), ist - wie bereits dargelegt - nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, sondern unterliegt der Entscheidung der Finanzbehörden bzw. gegebenenfalls der Finanzgerichte.
23 
2. Die begehrte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist entsprechend dem Antrag der Klägerin vom 22.11.2005 („für die Jahre ab 01.01.2006“) unbefristet zu erteilen; der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 ist rechtswidrig, soweit er eine Befristung enthält. Denn für eine solche Befristung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Sie kann insbesondere nicht als Nebenbestimmung gemäß § 36 LVwVfG erlassen werden. Da auf die Erteilung der Bescheinigung ein Anspruch besteht, müssten die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG vorliegen. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Eine Rechtsvorschrift, die eine Befristung zulässt, ist nicht erkennbar; die Befristung dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Auf eine Änderung der für die Beurteilung maßgeblichen Umstände kann gegebenenfalls mit dem Entzug der Bescheinigung reagiert werden, wie dies in anderen Rechtsbereichen – insbesondere im Gewerberecht – der Fall ist (VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 -; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris).
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ferner sieht es von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 VwGO ab.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun handelt es sich nach einer vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre um eine "Kampf- und Bewegungskunst".

2

Für die Streitjahre erklärte der Kläger auch für die WingTsun-Schule steuerpflichtige Umsätze.

3

Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft vom 11. April 2005, wonach die von ihm "erbrachten Unterrichtsleistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun ... Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes" (UStG) darstellen, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Vergangenheit zu ändern und die Umsätze aus der WingTsun-Schule nunmehr als umsatzsteuerfrei zu behandeln.

4

Nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Ansicht des Prüfers an, es sei keine Steuerbefreiung zu gewähren.

5

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 wurde dementsprechend die Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre abgelehnt, nachdem das FA zuvor mit Schreiben vom 21. Juli 2005 dem Kläger bereits mitgeteilt hatte, dass eine rückwirkende Änderung "unter Beachtung der Ausführungen in den §§ 169 bis 171 der Abgabenordnung" (AO) nur bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1999 möglich sei.

6

Der Einspruch und die anschließende Klage hatten keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, zwar ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. April 2005, dass die vom Kläger in der WingTsun-Schule erbrachten Leistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienten. Die WingTsun-Schule des Klägers sei jedoch keine berufsbildende Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Die in der vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre angegebenen Kurse --wie "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder"-- seien eindeutig dem Freizeitbereich zuzuordnen und dienten nicht der beruflichen Bildung.

8

Unerheblich sei insoweit, dass einige Teilnehmer möglicherweise die Ausbildung zu einem WingTsun-Lehrer anstrebten, weil die vom Kläger angebotenen Lehrgänge nicht Teil einer gesetzlich geregelten Schul-, Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien. Ebenfalls nicht entscheidend sei, dass die Lehrgänge auch von anderen Berufsgruppen wie Polizisten oder Soldaten belegt würden, weil die erworbenen Kenntnisse keine unabdingbare Voraussetzung zur Ausübung der genannten Berufe seien. Dies sei ähnlich wie bei Fahrschulen oder Jagdschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen seien, obwohl der Führerschein von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Ausübung ihres Berufs genutzt werde und auch die Jägerprüfung bei der Ausübung einiger Berufe erforderlich sei.

9

Die WingTsun-Schule des Klägers sei im Übrigen keinem Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen Einrichtungen ausgesetzt, selbst wenn im Sportunterricht vereinzelt auch Kurse in WingTsun angeboten würden.

10

Die Umsätze seien ebenso wenig nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen für eine Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung im unionsrechtlichen Sinne seien nicht erfüllt.

11

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

12

Er bringt vor, entgegen der Vorentscheidung handele es sich vorliegend um eine berufsbildende Einrichtung. Über die generelle Geeignetheit zur Berufsvorbereitung habe nicht das FA, sondern --wie hier-- die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu befinden.

13

Durch die vermittelten Unterrichtsinhalte erlangten die Schüler --von denen einige zum Kampfkunstlehrer ausgebildet worden seien und diesen Beruf auch tatsächlich ausübten-- spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten. Entgegen der Vorentscheidung müssten die vermittelten Unterrichtsinhalte nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein. Auch die von der Umsatzsteuer befreiten Ballett- und Musikschulen unterlägen keiner gesetzlich geregelten Berufsausbildung. Auf die Anzahl derer, die sich für eine Ausübung des erlernten Berufs entschieden, komme es nicht an.

14

Das FG habe nicht zutreffend gewürdigt, dass die Unterrichtsinhalte zu den Selbstverteidigungsmechanismen im Sicherheitsgewerbe sowie bei der Polizei und der Bundeswehr im Umgang mit berufsspezifischen Gefahrenlagen unabdingbar seien und er, der Kläger, zudem eigene Schulungen für Spezialeinsatzkräfte anbiete.

15

Der Inhalt des vom FG in Bezug genommenen Werbeflyers spreche hingegen nicht gegen die Ausrichtung und Geeignetheit der vermittelten Unterrichtsinhalte. Es handele sich insoweit um die bloße werbemäßige Angabe von weiteren Aktivitäten oder weiteren Vorteilen. Zudem komme es nicht auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen an, sondern auf die Art der erbrachten Leistungen und deren generelle Eignung.

16

Der vom FG gezogene Vergleich mit Fahr- und Jagdschulen sei nicht gerechtfertigt. Diese bereiteten auf eine Prüfung vor, die --anders als hier-- Voraussetzung für die Erteilung einer bloßen Ausübungserlaubnis sei.

17

Im Übrigen würden WingTsun-Kurse auch von öffentlichen Schulen angeboten, so dass er, der Kläger, entgegen dem FG insoweit im Wettbewerb stehe.

18

Die Vorentscheidung verletze zudem Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet abzuweisen.

21

Es tritt der Revision des Klägers entgegen und bringt im Wesentlichen vor, die Frage, ob die Einrichtung generell die Eigenschaft einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung habe, sei nicht von der die Bescheinigung erstellenden Landesbehörde, sondern von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliege der vollen Nachprüfung durch die Finanzgerichte.

22

Der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung widerspreche der vom FG in Bezug genommene Werbeflyer. Er lasse in keiner Weise eine berufsbildende Einrichtung erkennen oder vermuten.

23

Die Lehrgänge des Klägers bereiteten weder auf einen bestimmten Beruf vor noch seien sie Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung. Auch die vom Kläger für Angehörige der Bundeswehr und Polizei durchgeführten kampfspezifischen Lehrgänge seien nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung.

24

Die weitaus überwiegende Zahl der Schüler besuche die Lehrgänge nicht, um sich zum WingTsun-Lehrer ausbilden zu lassen, sondern aus Spaß und Interesse an einer asiatischen Kampfkunst und einer sportlichen Freizeitveranstaltung.

25

Die Kampfkunstschule des Klägers sei darauf ausgerichtet, eine Kampfkunst als Sportart zu verbreiten und als Freizeitgestaltung anzubieten.

26

Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule nicht um eine Einrichtung handele, die spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittle, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Die streitigen Umsätze sind steuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der WingTsun-Schule als anerkannte Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und in welchem Umfang dies der Fall gewesen ist.

29

1. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen waren in der in den Streitjahren noch bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigte, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Auch nach der in den Streitjahren ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

30

a) Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL-- (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juni 1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578, unter II.2.; vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215, unter II.2.b bb; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.1.).

31

b) Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG die Umsätze von der Steuer, die "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" betreffen.

32

c) Diese Richtlinienbestimmung wurde wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführte Steuerbefreiungen vom nationalen Gesetzgeber bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.).

33

d) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist, weil sich der Kläger jedenfalls grundsätzlich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.; zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vgl. ferner Senatsurteil vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 19). In Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ist die Berufung eines Einzelnen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die --wie hier-- inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften möglich (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 26, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).

34

2. Im Streitfall kommt --entgegen der Vorentscheidung-- eine Steuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht.

35

a) Bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule handelt es sich um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

36

aa) Der Begriff "Einrichtung" erfasst auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht, soweit der Richtliniengesetzgeber --wie hier in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG-- die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht hat (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a aa, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

37

bb) Nach den Feststellungen des FG besitzt der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, wonach die von ihm erbrachten Unterrichtsleistungen der Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienen und Leistungen i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen.

38

(1) Eine derartige Bescheinigung genügt grundsätzlich für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb).

39

(2) Entgegen dem Vorbringen des FA bindet die Bescheinigung sowohl die Finanzbehörden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zuständigen Landesbehörde übertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1987 X R 38/81, BFHE 150, 173, BStBl II 1987, 645; vom 19. Januar 1989 V R 176/83, BFHE 156, 286, BStBl II 1989, 308; vom 3. Mai 1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b; ferner vom 18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.).

40

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die zuständige Landesbehörde nicht zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gegeben sind. Dies ist --worauf das FA zutreffend hinweist-- von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt auch der vollen Nachprüfbarkeit durch die Finanzgerichte (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b --zu § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980--; in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.; ferner vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 25 --zu § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG--, jeweils m.w.N.).

41

b) Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass sie als "Schul- oder Hochschulunterricht" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beurteilen sind (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b). Das FG hat dieses BFH-Urteil, in dem die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2007 umgesetzt wurde, nicht berücksichtigt. Es ging stattdessen unter Hinweis auf die ältere BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252 unzutreffend davon aus, dass allein maßgeblich sei, ob --was hier nicht der Fall sei-- die Voraussetzungen einer beruflichen Ausbildung, beruflichen Fortbildung oder beruflichen Umschulung erfüllt seien.

42

aa) Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.a aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

43

bb) Die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen hängt demnach --worauf der Kläger zutreffend hinweist-- nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrgänge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die die Lehrgänge des Klägers tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchten oder später tatsächlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c aa, m.w.N.).

44

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

45

a) Den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, welche der vom Kläger in seiner Schule angebotenen Unterweisungen den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hatten, so dass eine Steuerbefreiung insoweit auch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt. Das FG wird im zweiten Rechtsgang deshalb prüfen müssen, ob und ggf. welche der erbrachten Leistungen der bloßen Freizeitgestaltung gedient haben.

46

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vom 11. April 2005 kann --über die Anerkennung einer Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG hinaus-- auch Indiz dafür sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, was vom FG zutreffend zu würdigen sein wird (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb). Das FG hat daher Feststellungen dazu zu treffen, ob solche gegenteiligen zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führenden Anhaltspunkte --die sich z.B. aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Lehrgangs ergeben können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb)-- vorliegen.

47

aa) Zu Recht ging die Vorentscheidung allerdings davon aus, dass die in der vom Kläger herausgegebenen und vom FG in Bezug genommenen Werbebroschüre angegebenen Lehrgänge "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder" von ihrer thematischen Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltungen schließen lassen, die von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Darüber hinaus lassen z.B. auch Lehrgänge für Senioren oder allgemein am Kampfsport interessierte Menschen den Schluss auf Freizeitveranstaltungen zu (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb).

48

bb) Hingegen wird das FG im zweiten Rechtsgang --worauf der Kläger zu Recht hinweist-- berücksichtigen müssen, dass Lehrgänge, die es einem Teilnehmer --wie z.B. Polizisten oder Soldaten-- ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb, unter Hinweis auf Kapitel V Abschn. 1 Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --nunmehr Kapitel VIII Abschn. 1 Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem--).

49

b) Die Annahme eines Schul- oder Hochschulunterrichts setzt ferner voraus, dass --was der Kläger zwar behauptet, wozu jedoch Feststellungen des FG bisher fehlen-- vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen, gleich ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert, erbracht werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Leitsatz 3). Auch diese Feststellungen sind nachzuholen.

50

c) Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob der Kläger seine der Bescheinigung des zuständigen Ministeriums vom 11. April 2005 --die keine zeitliche Beschränkung enthält-- zugrunde gelegte Tätigkeit bereits in den Streitjahren 1999 bis 2003 in derselben Weise ausgeübt hat. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt, der Rückwirkung zukommen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Leitsätze 1 und 2).


Tenor

I. Der Bescheid über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 vom 12. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 dahingehend zu ändern, dass die steuerpflichtigen Umsätze 0 Euro betragen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Umsätze aus dem Betrieb einer Kampfsportschule von der Umsatzsteuer befreit sind.

2

Der Kläger betreibt in G die Kampfsportschule "B". In den Streitjahren bot der Kläger folgende Lehrgangsinhalte/Kurse an (Bl. 68 d. PrA.):

3

- Karate
- Kickboxen
- Brazilian Jiu Jitsu
- Selbstverteidigung
- Leitfaden für angehende Kampfsporttrainer
- berufsvorbereitende Kurse für Fitness Fachleute und Sicherheitskräfte.

4

Bei der Kampfsportschule handelt es sich daneben um einen staatlich anerkannten Ausbildungsbetrieb (IHK) für Sport und Fitness Kaufmann/Kauffrau und Sport und Fitness Fachmann/Fachfrau. Hinsichtlich der einzelnen Lehrinhalte wird auf den Lehrplan der Kampfsportschule verwiesen (Bl. 68 ff. d. PrA.).

5

Im Rahmen der Kurse werden auch nicht alkoholische Getränke und die zwingend benötigte Kleidung zum Selbstkostenpreis während der Kursdauer angeboten bzw. verkauft (Bl. 20 d. PrA.).

6

Der Kläger erklärte in seinen Steuererklärungen die Umsätze zunächst zum allgemeinen Umsatzsteuersatz. Der Beklagte verarbeitete die Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2008 ohne Abweichung. Die Steuerfestsetzung erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

7

Am 27. Oktober 2010 erteilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz eine Bescheinigung, ausweislich der die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

    - zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau

    - zum/zur Sport- und Fitnessfachmann/-frau

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe

        

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 26 d. PrA.). Die Bescheinigung wurde für den Zeitraum 1.1.2005 bis 31. Dezember 2010 erstellt.

8

Unter Vorlage der Bescheinigung der ADD beantragte der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2010, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 zu ändern (Bl. 1 d. USt-Akte, "Änderungsantrag"). Die berichtigten Jahresabschlüsse und die korrigierten Umsatzsteuererklärungen fügte er bei. In den berichtigten Umsatzsteuererklärungen erklärte er jeweils Umsätze zum allgemeinen Steuersatz und Vorsteuern in Höhe von   0 Euro.

9

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. April 2010 den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 ab (Bl. 82 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Bescheinigung der ADD beschränke sich auf die dort genannten berufsvorbereitenden Maßnahmen. Der Kläger erziele jedoch überwiegend Umsätze, die nicht auf einen der dort genannten Berufe vorbereiteten, sondern vielmehr der Freizeitgestaltung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen dienten. Die Erlöse aus Lehrtätigkeit seien bereits als umsatzsteuerfreie Erlöse ausgewiesen. Es sei davon auszugehen, dass es sich hierbei um jene Umsätze handele, die von der ADD als steuerfrei bescheinigt worden seien.

10

Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein (Bl. 84 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Zur Begründung führte er aus, er biete nur Kurse mit mindestens zehn Lehrveranstaltungen an, die jeweils mit einem ordentlichen Abschluss endeten (Bl. 88 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Kurse seine keine Freizeitbeschäftigung bzw. Kinderbetreuung.

11

Am 1. März 2011 ergänzte die ADD ihre Bescheinigung dahingehend, dass neben den bereits mit Bescheinigung vom 27. Oktober 2010 genannten Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auch die zu Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 128 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag").

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 179 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a, aa UStG scheide aus, da es sich mangels Bescheinigung der Schulaufsichtsbehörde im Streitfall nicht um eine Ersatzschule i.S.d. der Vorschrift handele. Ebenso scheide eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG aus. Zwar liege eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vor, allerdings entbinde eine solche Bescheinigung die Finanzbehörde lediglich zu prüfen, ob die Leistungen des Unternehmers auf einen Beruf vorbereiten. Die Frage, ob eine allgemein- oder berufsbildende Schule oder Einrichtung vorliege, sei nicht Gegenstand der Bescheinigung und von den Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Soweit der Kläger in seiner Schule in den Berufen zum Sportkaufmann bzw. Sportfachmann ausbilde, trete er hier als Arbeitgeber auf. Hinsichtlich der restlichen von ihm erbrachten Leistungen stelle die Kampfsportschule keine berufsbildende Einrichtung dar. Hierzu sei erforderlich, dass die angebotenen Lehrinhalte Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung seien. Letzteres sei vorliegend nicht der Fall, da die vermittelten Kampfkunsttechnikern nicht zur Ausübung eines bestimmten Berufs notwendig seien. Der Umstand, dass einige Mitglieder der Kampfsportschule eine Ausbildung zum Kampfsporttrainer anstrebten, sei für die Qualifikation der Schule als berufsbildende Einrichtung unerheblich (Bl. 183 d. Umsatzsteuerakte,"Änderungsantrag"). Ebenso sei unerheblich, dass andere Berufsgruppen wie Polizisten und Sportlehrer an den Unterrichtseinheiten der Kampfsportschule teilnähmen. Die vermittelten Kampfkunsttechniken seien keine unbedingte Voraussetzung für die genannte Berufe. Der Umstand, dass sich die erworbenen Kampfkünste positiv auf die Berufsausübung auswirkten, sei für die Anerkennung als berufsbildende Einrichtung nicht ausreichend. Soweit Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und Kinder und Jugendliche angeboten werde, diene dies der bloßen Freizeitgestaltung. Soweit der Kläger als selbständiger Lehrer an öffentlichen gemeinbildenden Schulen Leistungen erbringe, seien diese Leistungen von der Bescheinigung der ADD umfasst und steuerfrei (Bl. 184 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag").

13

Mit seiner am 7. September 2012 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Umsatzsteuerpflicht seiner Umsätze. Die Bescheinigungen der ADD vom 27. Januar 2010 und 1. März 2011 seien Grundlagenbescheide zur Beurteilung der Steuerbefreiung von Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 a bb UStG. Der Kläger unterrichte in straff organisierten Unterrichtseinheiten verschiedene Arten von Konzentrationsübungen und Körperbeherrschung. Jede Lehrveranstaltung ende mit einem Abschluss, der Voraussetzung für die nächste Stufe sei. Die einzelnen Stufen stellten zugleich den Lehrplan dar und seien wie folgt:

14

- Prüfungsprogramm 5.KYO
- Prüfungsprogramm 4.KYO
- Prüfungsprogramm 3.KYO
- Prüfungsprogramm 2.KYO
- Prüfungsprogramm 1.DAN
- Prüfungsprogramm 2. DAN
- Prüfungsprogramm 3. DAN
- Prüfungsprogramm 4. DAN.

15

Die einzelnen Kurse, z.B. zwischen 5. KYO und 4. KYO dauerten ca. 9 Monate und seinen abhängig von der persönlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Lehrgangsteilnehmers und dem Prüfungserfolg (Bl. 113 d. PrA.). Der einfache Polizist werde beispielsweise bis 1.KYO ausgebildet, während das Mitglied eines Sondereinsatzkommandos in der Regel bis 4. DAN ausgebildet werde (Bl. 113 d. PrA.). Aus den Abschlüssen ergäben sich einige weiterführende Berufsbilder, wie z.B. bei der Polizei, des SEK, des Fitnessberaters und anderen Berufsbildern, bei denen Konzentration und Körperbeherrschung Voraussetzung seien. Personenzielgruppen seien Studenten im Bereich Sport- und Fitnessmanagement (Duales Studium), Sport- und Fitnesskaufleute, Sicherheitskräfte, selbständige Unternehmer im Bereich Kampfsportschule, Vollstreckungsbehörden (JVA), Übungsleiter in Sportvereinen und Polizeibehörden (Bl. 113 d. PrA.).

16

Unerheblich sei, inwieweit jeder einzelne Schüler die erworbenen Qualifikationen in der Folge für seine berufliche Tätigkeit nutze. Entscheidend sei die Möglichkeit, die einzelnen Berufsbilder auszuüben. Die Umsätze mit Bekleidung und Getränken unterlägen nach § 19 Abs.1 UStG nicht der Besteuerung, da sie in den Gesamtumsatz einzuberechnen seien und nicht mehr als 17.500 Euro betrügen.

17

Der Kläger führe auch Kurse zur Selbstverteidigung und Gewaltprävention in Schulen durch (Bl. 113 d. PrA.). Diese auswärtigen Lehrveranstaltungen entsprächen den Lehrinhalten in der Kampfsportschule.

18

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuer 2005 bis 2008 vom 12. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 den Beklagten zu verpflichten, die Umsätze des Klägers für die Jahre 2005 bis 2008 von der Umsatzsteuer zu befreien,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

20

Der Beklagte verweist klageerwidernd auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung (Bl. 44 d. PrA.). Im Streitfall spreche das breit gefächerte Kursangebot des Klägers für Leistungen, die im Freizeitbereich angeboten würden (Bl. 84 d. PrA.). Die vorgetragenen Kurse der TU Berlin seien nicht heranzuziehen, da sie gegen Entgelt als Ausgleich zum Studium angeboten würden.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist begründet. Der Bescheid über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 ist rechtswidrig. Zutreffend geht der Kläger davon aus, dass die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheide dahingehend zu ändern sind, dass die bisher als steuerpflichtigen Umsätze aus der Kampfsportschule 0 Euro betragen.

22

Die Umsätze aus der Kampfsportschule sind umsatzsteuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der Kampfsportschule als anerkannter Einrichtung im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i. der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen an Schulen und Hochschulen erbracht werden. Die übrigen Umsätze aus dem Verkauf von Sportartikeln und Getränken sind in den Streitjahren so gering, dass sie nach § 19 Abs. 1 UStG insgesamt außer Betracht bleiben.

I.

23

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof kann sich der Steuerpflichtige grundsätzlich unmittelbar auf die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL berufen, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob die Steuerfreiheit aus § 4 Nr. 21a Doppelbuchstabe bb UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

24

1. Der Kläger erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG, weil es sich bei ihm um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" handelt.

25

Der Kläger hat eine Bescheinigung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vorgelegt, die bestätigt, dass die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

    - zum Sport- und Fitnesskaufmann/-frau,

    - zum Sport- und Fitnessfachmann/-frau,

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche

        

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21a Doppelbuchstabe bb Umsatzsteuergesetz darstellen. Die Bescheinigung gilt für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2012 und umfasst damit die Streitjahre 2005 bis 2008.

26

Eine derartige Bescheinigung genügt nach der Rechtsprechung für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879). Wegen der Sachnähe ist die Entscheidung der jeweiligen Fachbehörde vorbehalten. Die Bescheinigung der ADD ist als Grundlagenbescheid sowohl für das Finanzamt als auch die Finanzgerichte dahingehend bindend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt (BFH Urteil vom 20. August 2009, V R 25/08, BStBl. II 2010, 15).

27

2. Die angebotenen Kurse fallen auch sachlich unter die Befreiungsvorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL.

28

Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass die Kampfsportschule mit ihrem Kursprogramm als Schule im Sinn von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG eingeordnet wird bzw. die angebotenen Kurse der Erziehung von Kinder und Jugendlichen dienen bzw. Aus- und Fortbildung in Sinne dieser Vorschrift darstellen. Nach der Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeit nicht den Charakter reiner Freizeitgestaltung haben (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

29

Vorliegend ist daher entscheidend, ob die vom Kläger angebotenen Kampfsportkurse den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben, oder ob sie Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die in Schulen und Hochschulen erteilt werden.

30

Dabei ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiung zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiung nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, zwar grundsätzlich eng auszulegen sind, weil sie Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Der EuGH hat sich in seiner Rechtsprechung zum Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S.d. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe j der Richtlinie 77/388/EWG jedoch gegen eine zu enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" ausgesprochen (EuGH Urteil C-445/05 vom 14. Juni 2007, "Haderer"). Aufgrund der unterschiedlichen Unterrichtssysteme in den Mitgliedstaaten bestehe anderenfalls Gefahr, dass das Mehrwertsteuersystem je nach Unterrichtssystem unterschiedlich angewendet werde (EuGH Urteil C-445/05 vom 14. Juni 2007, "Haderer"). Der BFH folgt dieser Auffassung auch für den Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG (BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267). Weder ist daher ein direkter Bezug zu einem Beruf erforderlich, noch müssen die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

31

Überdies ist nach der Rechtsprechung zu beachten, dass die Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde nicht nur für die Frage der Anerkennung einer Einrichtung als solcher im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL von Bedeutung sind, sondern die Bescheinigungen auchein Indiz dafür sind, dass Leistungen, die tatsächlich dem Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879; BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267). Solche gegenteiligen Anhaltspunkte können sich nach der Rechtsprechung aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Kurses ergeben. So sind Kurse, die von ihrer Zielrichtung auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, ausgeschlossen. Die Rechtsprechung erfasst hiervon zum Beispiel Kurse, die sich an Eltern von Schülern richten, um die Wartezeit während des Unterrichts der Kinder sinnvoll zu nutzen, oder Kurse für Senioren oder allgemein am Tanz interessierte Menschen (BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267).

32

a. Die vom Kläger in den Streitjahren angebotenen Kurse Karate, Kickboxen, Brazilian Jiu Jitsu, Selbstverteidigung und die Kurse für Fitnessfachleute und Sicherheitskräfte sind alle unter die in der Bescheinigung der ADD aufgeführten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen

    - zum Sport- und Fitnesskaufmann/-frau,

    - zum Sport- und Fitnessfachmann/-frau,

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche

        

zu subsumieren.

33

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich nochmals anschaulich ausgeführt, dass in jedem Kampfsportkurs, der von ihm angeboten wird, eine der Hauptkomponenten die Selbstverteidigung sei. Dies gelte auch für Kickboxen, das fachübergreifend für alle Kampfsportarten angeboten werde. Soweit die Schule Kurse zur Fitness anbiete, seien diese Fitnesskurse mit den Kampfsportkursen inhaltlich miteinander verwoben und dienten damit auch der Selbstverteidigung und Gewaltprävention.

34

b. Anhaltspunkte, die entgegen der Bescheinigung der ADD die Annahme rechtfertigten, der Kläger habe in den Streitjahren Kurse angeboten, die der reinen Freizeitgestaltung dienen, liegen nach Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats nicht vor.

35

c. Die vom Kläger vermittelten Kenntnisse in Gewaltprävention und Selbstverteidigung werden auch vergleichbar an Schulen erbracht. Dies ist bereits aus der Tatsache ersichtlich, dass der Kläger unbestritten vergleichbare Kurse auch an Schulen gegen Entgelt anbietet. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass an Schulen das Fach "Gewaltprävention" als ordentliches Schulfach regelmäßig für ein Jahr angeboten und von ihm unter einer eigenen Personalnummer unterrichtet werde.

II.

36

Soweit der Kläger Umsätze aus dem Verkauf von Sportkleidung für seine Kurse und aus dem Verkauf von nicht alkoholischen Getränken erzielt, sind diese grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, unterfallen aber der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG.

37

Der Kläger erzielt damit folgende - in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellten -Umsätze ausweislich seiner Aufstellung im Einspruchsverfahren (Bl. 144 ff. d. Umsatzsteuerakte):

38
        

2005   

2006   

2007   

2008   

Erlöse Bistro

7.071,62 €

4.920,23 €

3.849,39 €

3.802,47 €

Erlöse Sportartikel

3.528,21 €

8.174,26 €

13.535,32 €

12.652,75 €

Summe 

10.599,83 €

13.094,49 €

17.384,71 €

16.455,22 €

39

Gemäß § 19 Abs. 1 UStG nach der in den Streitjahren geltenden Fassung wird die Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn die Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen haben und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen werden. Da die Umsatzgrenzen vorliegend eingehalten wurden, wird die Umsatzsteuer hierauf nicht erhoben.

III.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 22.11.2005 für ihre „Ballettschule ...“ eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für berufliche Bildungsmaßnahmen („Ballett- und Tanzkurse zur Vorbereitung auf den Beruf eines Tänzers, Tanzpädagogen, Sängers, Theaterdarstellers etc.“) für die Zeit ab dem 01.01.2006 zu erteilen.

Der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 wird aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) Umsatzsteuergesetz (UStG) für die Zeit ab dem 01.01.2006.
Die Klägerin ist Inhaberin der „Ballettschule ...“ in N.. Sie bietet Kurse für verschiedene Altersgruppen (vom Vorschul- und Kinderballett bis zu Erwachsenenkursen) an. Mit Bescheid vom 09.05.2001 erteilte ihr das Regierungspräsidium Freiburg eine Bescheinigung darüber, dass die von ihr durchgeführten beruflichen Bildungsmaßnahmen in dem Bereich "Ballett- und Tanzkurse in verschiedenen Altersstufen zur Vorbereitung auf den Beruf eines Tänzers, Tanzpädagogen, Sängers, Theaterdarstellers etc." nach Dauer, Gestaltung der Kurse, Ausbildung und Berufserfahrung der Kursleiter eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lassen, angemessene Vertragsbedingungen für die Teilnehmer bestehen und damit ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten. Die Bescheinigung wurde widerruflich und befristet für die Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.12.2000 erteilt. Entsprechende Bescheinigungen erhielt die Klägerin im Folgenden auch für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2003 sowie für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2005. Am 22.11.2005 beantragte sie erneut eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG „für die Jahre ab dem 01.01.2006“. Mit Bescheid vom 30.12.2005 erteilte das Regierungspräsidium Freiburg eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG, von der jedoch die Kurse ausgenommen wurden, an denen die Teilnehmer unter 14 bis 15 Jahre alt sind. Zur Begründung wurde angeführt, dass eine ordnungsgemäße Berufsausbildung frühestens im Alter von 14 bis 15 Jahren beginne. Die Bescheinigung wurde widerruflich und befristet für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2007 erteilt. Dieser Bescheid wurde am 04.01.2006 zugestellt.
Am 03.02.2006 erhob die Klägerin Klage. Sie trägt vor, dass die Ausbildung für den Beruf des Tänzers, Tanzpädagogen etc. nicht erst im Alter von 14 bis 15 Jahren beginnen könne. In dieser Altersstufe sei die körperliche Entwicklung bereits so weit fortgeschritten, dass ein Beginn der Vorbereitung auf diesen Beruf nicht mehr möglich sei. Die Ausbildungsberufe in diesem Bereich erforderten ab dem frühen Kindesalter gezielte und kontinuierliche Ausbildung. Die einzelnen Lehrschritte seien aufeinander aufbauend. Körpergefühl, Konzentration, Kreativität und Musikalität müssen vom Kindesalter an gefördert werden, um einen professionellen Stand erreichen zu können. Werde erst im Alter von 14 bis 15 Jahren begonnen, das Rhythmusgefühl zu trainieren, sei der für die Ausübung eines tänzerischen Berufes notwendige Stand nicht mehr zu erreichen. Auch die die Bewegungsphantasie fördernde Fähigkeit zur Improvisation müsse von frühen Kindesbeinen an gefördert werden. Aus diesem Grund werde an den entsprechenden bekannten Ballettschulen - wie z. B. der John-Cranko-Schule in Stuttgart - eine Ausbildung für Kinder ab 6 Jahren angeboten. An ihrer eigenen Ballettschule könnten Schüler durchgehend ab dem Vorschulalter Ballettunterricht sowie Unterricht in Step, Jazz und Hip Hop erhalten. Es gebe mehrere Schüler, die ihre Ausbildung an ihrer Ballettschule im Kindesalter begonnen hätten und heute einen Beruf in diesem Bereich ausübten. Allgemeine pädagogische Grundsätze würden im Unterricht ebenso beachtet wie anatomisch korrekter systematisch aufbauender und motivierender Unterricht. Sie - die Klägerin - sowie weitere Lehrer an ihrer Schule verfügten über eine entsprechende professionelle Ausbildung. Die vorgenommene Altersabgrenzung sei deutlich zu hoch angesetzt und erscheine willkürlich. Zum Beleg dafür, dass die Ausbildung bereits früher beginne, führt die Klägerin unter Darlegung der jeweiligen (bereits im Kindesalter beginnenden) Ausbildungsabschnitte die Ballettschule des Hamburger Balletts, den Studiengang "Bühnentanz" an der Palucca-Schule Dresden Hochschule für Tanz, die John-Cranko-Schule in Stuttgart, das Ballett Centrum Nürnberg/Fürth, die Ballettschule der Wiener Staatsoper, das Ballettinstitut Rheinland-Pfalz, die Münchner Ballett-Akademie sowie das Gymnasium Essen-Werden an, wo der Erwerb der Hochschulreife mit der (Vor-)Ausbildung als professioneller Tänzer verbunden werde.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 22.11.2005 für ihre „Ballettschule ...“ eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG für berufliche Bildungsmaßnahmen („Ballett- und Tanzkurse zur Vorbereitung auf den Beruf eines Tänzers, Tanzpädagogen, Sängers, Theaterdarstellers etc.“) für die Zeit ab dem 01.01.2006 zu erteilen und den Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Berufliche Ausbildung erfordere die Vermittlung von spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten, die für die Ausübung eines Berufes erforderlich seien. Kurse, die sich an Kinder ab dem Vorschulalter bis zum Alter von 14 bis 15 Jahren (frühester Beginn der beruflichen Ausbildung) richteten, erfüllten diese Anforderungen nicht. Auf die Frage, ob es sich bei der Ballettschule der Klägerin um eine begünstigte Einrichtung handle, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Prüfung dieser Frage bleibe dem steuerlichen Veranlagungsverfahren vorbehalten. Im Übrigen werde nur die so vorgenommene Auslegung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern gerecht. Nach Art. 13 A Ziffer i der Richtlinie seien steuerfrei zu stellen "... die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung." Hieraus ergebe sich, dass nur solche Ausbildungsangebote steuerfrei gestellt werden dürften, die auch von Einrichtungen des öffentlichen Rechts in vergleichbarer Weise angeboten würden. Nur so könne dem Zweck des Bescheinigungsverfahrens, nämlich Wettbewerbsgleichheit zwischen den Einrichtungen der öffentlichen Hand mit gleichartigen Einrichtungen anderer Unternehmer herzustellen, Rechnung getragen werden. Öffentlich-rechtliche Einrichtungen, die mit vergleichbaren Unterrichtsangeboten betraut seien, bestünden nicht. Eine Gleichstellung mit derartigen Einrichtungen sei daher nicht geboten, zumal die Ausnahmevorschriften eng auszulegen seien.
In ihrer Replik macht die Klägerin geltend, dass durchaus Konkurrenz durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vorhanden sei. So biete die Städtische Musikschule E. und auch die Musikschule O. unter werbewirksamem Hinweis auf die Vorbereitung zum Hochschulstudium Tanz- und Ballettunterricht in vergleichbaren Kursen an. Als weitere Beispiele könnten auch die Musikschule W. und die Musikschule U. R. angeführt werden.
10 
Dem hält der Beklagte entgegen, dass es nicht entscheidend sei, ob öffentliche Einrichtungen vergleichbare Ausbildungsangebote anzubieten hätten. Die Einrichtungen müssten mit derartigen Bildungsangeboten betraut sein. Insoweit werde der Entscheidung des Finanzgerichts München vom 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - gefolgt. Es sei unbestritten, dass tänzerische Grundlagen- und Breitenarbeit für eine spätere Tätigkeit als Berufstänzer sinnvoll sein könne. Damit werde jedoch nicht jede tänzerische Früherziehung oder sonstige vergleichbare Früherziehung bereits im Kindergartenalter zur „ordnungsgemäßen beruflichen Ausbildung“, sondern sei eher dem Bereich „sinnvolle Freizeitgestaltung“ zuzuordnen.
11 
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten zur Sache verhandeln und entscheiden, weil in den ordnungsgemäßen Ladungen auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Verwaltungsrechtweg gegeben. Denn die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist ein eigenständig anfechtbarer Verwaltungsakt, der die Finanzbehörden insoweit bindet, als er die Feststellung enthält, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II S. 334 ff.; BFH Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147). Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart folgt aus § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO. Die Durchführung eines Vorverfahrens war gemäß § 6a AGVwGO entbehrlich.
14 
Die Klage ist auch begründet.
15 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Bescheinigung über die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer zu; soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 dem entgegensteht, ist er aufzuheben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
16 
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Von diesen Umsätzen sind gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Zuständige Landesbehörde ist für den Bereich der beruflichen Bildungsmaßnahmen das Regierungspräsidium Freiburg (Erlass des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 14.02.1995, Az. 3-6000.1/81).
17 
Die zuständige Landesbehörde prüft und entscheidet, ob eine Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Insoweit bindet die Bescheinigung die Finanzbehörden. Erteilt sie die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG uneingeschränkt, so kommt eine Beschränkung der Umsatzsteuerbefreiung auf einzelne Unterrichtsleistungen durch die Finanzbehörde nicht mehr in Betracht (vgl. Schuhmann in: Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Nr. 21 Anm. 54). Ob eine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung vorliegt, deren Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei sind, ist hingegen nicht Gegenstand der Bescheinigung des Regierungspräsidiums. Hierüber hat die Finanzbehörde zu entscheiden (BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252; Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147; vgl. auch Abschnitt 114 Abs. 2 UStR).
18 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer; ob die vorgesehene Altersgrenze hinreichend bestimmt ist („unter 14-15 Jahre“), kann somit offen bleiben. Dies ergibt sich aus Folgendem:
19 
Die Bescheinigung der Landesbehörde dient allein dem Nachweis, dass die Einrichtung nach ihrer Organisation und ihrem Lehrziel auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet; es wird die Eignung der Einrichtung hierzu bescheinigt. Es liegt im Wesen einer solchen Bescheinigung, dass sie sich hierauf beschränkt und nicht die konkrete Ausbildung einzelner Schüler oder Lehrgangsteilnehmer beurteilt (BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815; entsprechend bezüglich der Eigenschaft als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung auch BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252). Dabei kommt es nicht darauf an, welche Schüler letztlich einen der Ausbildung entsprechenden Beruf ergreifen (was sich ohnehin erst im Nachhinein feststellen ließe); es ist daher unerheblich, wenn tatsächlich nur wenige Schüler eine entsprechende berufliche Laufbahn einschlagen (vgl. BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815 zum privaten Musikunterricht). Kommt es somit nicht auf die Entscheidung der einzelnen Schüler an, einen entsprechenden Beruf zu ergreifen, so wird grundsätzlich auch nicht darauf abzustellen sein, ab welchem Alter die Schüler in der Regel eine solche Entscheidung für einen Beruf treffen. Maßgeblich ist vielmehr, ob spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II 1977, 334).
20 
Eine Vermittlung solcher Kenntnisse kann im hier maßgeblichen Bereich der tänzerischen Berufe nach Auffassung des Gerichts - die grundsätzliche Eignung der Einrichtung nach Organisation und Lehrplan unterstellt - durchaus bereits bei Schülern erfolgen, die noch nicht 14 bis 15 Jahre alt sind. Die vom Beklagten vorgenommene Einschränkung auf Kurse, die sich an ältere Schüler richten, ist nicht gerechtfertigt (so auch VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 - ; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris). Die Ausbildung zu tänzerischen Berufen unterscheidet sich von herkömmlichen Ausbildungsberufen zunächst dadurch, dass sie im Hinblick auf die körperliche Entwicklung sowie die Förderung von Körpergefühl, Konzentration, Kreativität und Musikalität bereits im Kindesalter begonnen werden muss, um später einen professionellen Stand zu erreichen. Dem entsprechend richten sich die Ausbildungsangebote in diesem Bereich in der Regel bereits an junge Menschen im schulpflichtigen Alter; sie sehen im Gegenteil häufig ein Höchsteinstiegsalter vor. So bietet etwa die Palucca Schule Dresden - Hochschule für Tanz - einen Diplomstudiengang Bühnentanz an, der 8 Jahre dauert und - nach einer zweijährigen Orientierungsstufe für Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren - in ein vierjähriges Grundstudium (Alter 12 bis 16 Jahre) und ein vierjähriges Hauptstudium (16 bis 20 Jahre) untergliedert ist (www.palucca-schule-dresden.de/studium). Auch nach der Konzeption der Ballettschule des Hamburger Balletts umfasst die eigentliche Ausbildung zum professionellen Tänzer acht Jahre und beginnt im Anschluss an eine Vorschulklasse für Kinder im Alter von 7 bis 10 Jahren mit der Ausbildungsklasse I für Kinder ab 10 Jahren (www.hamburgballett.de/d/schule/aufbau). Für die einzelnen Ausbildungsklassen werden dabei häufig auch Aufnahmeprüfungen verlangt, die bereits ein bestimmtes tänzerisches Niveau voraussetzen (vgl. etwa die Untergliederung der Ausbildung an der John-Cranko-Schule in Stuttgart von der Vorschule - 6 bis 7 Jahre -, der Vorbereitung - 8 bis 9 Jahre - und der Grundausbildung - 10 bis 16 Jahre mit den jeweiligen Aufnahmeprüfungen, www.stuttgart-ballett.de/deutsch/d_crankoschule/d_ballettschule).
21 
Dass die Ballettschule der Klägerin nach Organisation und Lehrziel grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Vorbereitung auf einen tänzerischen Beruf geeignet ist, wird auch vom Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Voraussetzungen hierfür wurden bereits bei der Erteilung der Bescheinigung für die vergangenen Jahre angenommen und auch für die hier streitgegenständliche Bescheinigung zugrunde gelegt. Die nun vorgenommene Einschränkung beruht lediglich darauf, dass der Beklagte inzwischen seine Rechtsauffassung zur Frage des Alters, in dem eine Berufsausbildung begonnen werden kann, geändert hat.
22 
Schließlich führt auch der Hinweis des Beklagten auf Art. 13 A Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl Nr. L 145 vom 13.06.1977, 1 ff.) zu keiner anderen Beurteilung. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen oder Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit dem von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Dies ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu berücksichtigen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Bestimmung die hier streitgegenständliche Beschränkung auf Kurse erfordert, deren Teilnehmer mindestens 14 bis 15 Jahre alt sind. Insbesondere erscheint die Einführung einer solchen Altersgrenze auch nicht im Hinblick auf das vom Beklagten hervorgehobene Erfordernis geboten, dass die öffentlichen Einrichtungen, die vergleichbare Ausbildungsangebote vorhalten, mit diesen „betraut“ sein müssen. Die Frage, ob Ballettschulen grundsätzlich unter Berücksichtigung der Richtlinie 77/388/EWG als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen i.S.v. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG eingestuft werden können (vgl. hierzu FG München Urteil v. 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - zitiert nach juris), ist - wie bereits dargelegt - nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, sondern unterliegt der Entscheidung der Finanzbehörden bzw. gegebenenfalls der Finanzgerichte.
23 
2. Die begehrte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist entsprechend dem Antrag der Klägerin vom 22.11.2005 („für die Jahre ab 01.01.2006“) unbefristet zu erteilen; der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 ist rechtswidrig, soweit er eine Befristung enthält. Denn für eine solche Befristung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Sie kann insbesondere nicht als Nebenbestimmung gemäß § 36 LVwVfG erlassen werden. Da auf die Erteilung der Bescheinigung ein Anspruch besteht, müssten die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG vorliegen. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Eine Rechtsvorschrift, die eine Befristung zulässt, ist nicht erkennbar; die Befristung dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Auf eine Änderung der für die Beurteilung maßgeblichen Umstände kann gegebenenfalls mit dem Entzug der Bescheinigung reagiert werden, wie dies in anderen Rechtsbereichen – insbesondere im Gewerberecht – der Fall ist (VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 -; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris).
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ferner sieht es von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 VwGO ab.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens von Beteiligten zur Sache verhandeln und entscheiden, weil in den ordnungsgemäßen Ladungen auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist zulässig; insbesondere ist der Verwaltungsrechtweg gegeben. Denn die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ist ein eigenständig anfechtbarer Verwaltungsakt, der die Finanzbehörden insoweit bindet, als er die Feststellung enthält, dass die Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II S. 334 ff.; BFH Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147). Die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Stuttgart folgt aus § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO. Die Durchführung eines Vorverfahrens war gemäß § 6a AGVwGO entbehrlich.
14 
Die Klage ist auch begründet.
15 
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Bescheinigung über die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer zu; soweit der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 dem entgegensteht, ist er aufzuheben (§ 113 Abs. 5 VwGO).
16 
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Von diesen Umsätzen sind gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Zuständige Landesbehörde ist für den Bereich der beruflichen Bildungsmaßnahmen das Regierungspräsidium Freiburg (Erlass des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 14.02.1995, Az. 3-6000.1/81).
17 
Die zuständige Landesbehörde prüft und entscheidet, ob eine Einrichtung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Insoweit bindet die Bescheinigung die Finanzbehörden. Erteilt sie die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG uneingeschränkt, so kommt eine Beschränkung der Umsatzsteuerbefreiung auf einzelne Unterrichtsleistungen durch die Finanzbehörde nicht mehr in Betracht (vgl. Schuhmann in: Rau/Dürrwächter, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Nr. 21 Anm. 54). Ob eine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung vorliegt, deren Leistungen nach § 4 Nr. 21 UStG steuerfrei sind, ist hingegen nicht Gegenstand der Bescheinigung des Regierungspräsidiums. Hierüber hat die Finanzbehörde zu entscheiden (BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252; Urteil v. 24.09.1998, BStBl II 1999, 147; vgl. auch Abschnitt 114 Abs. 2 UStR).
18 
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ohne Einschränkung hinsichtlich des Alters der Kursteilnehmer; ob die vorgesehene Altersgrenze hinreichend bestimmt ist („unter 14-15 Jahre“), kann somit offen bleiben. Dies ergibt sich aus Folgendem:
19 
Die Bescheinigung der Landesbehörde dient allein dem Nachweis, dass die Einrichtung nach ihrer Organisation und ihrem Lehrziel auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person der öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet; es wird die Eignung der Einrichtung hierzu bescheinigt. Es liegt im Wesen einer solchen Bescheinigung, dass sie sich hierauf beschränkt und nicht die konkrete Ausbildung einzelner Schüler oder Lehrgangsteilnehmer beurteilt (BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815; entsprechend bezüglich der Eigenschaft als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung auch BFH Urteil v. 18.12.2003, BStBl II 2004, 252). Dabei kommt es nicht darauf an, welche Schüler letztlich einen der Ausbildung entsprechenden Beruf ergreifen (was sich ohnehin erst im Nachhinein feststellen ließe); es ist daher unerheblich, wenn tatsächlich nur wenige Schüler eine entsprechende berufliche Laufbahn einschlagen (vgl. BFH Urteil v. 03.05.1989, BStBl II 1989, 815 zum privaten Musikunterricht). Kommt es somit nicht auf die Entscheidung der einzelnen Schüler an, einen entsprechenden Beruf zu ergreifen, so wird grundsätzlich auch nicht darauf abzustellen sein, ab welchem Alter die Schüler in der Regel eine solche Entscheidung für einen Beruf treffen. Maßgeblich ist vielmehr, ob spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig sind (vgl. BVerwG Urteil v. 03.12.1976, BStBl II 1977, 334).
20 
Eine Vermittlung solcher Kenntnisse kann im hier maßgeblichen Bereich der tänzerischen Berufe nach Auffassung des Gerichts - die grundsätzliche Eignung der Einrichtung nach Organisation und Lehrplan unterstellt - durchaus bereits bei Schülern erfolgen, die noch nicht 14 bis 15 Jahre alt sind. Die vom Beklagten vorgenommene Einschränkung auf Kurse, die sich an ältere Schüler richten, ist nicht gerechtfertigt (so auch VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 - ; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris). Die Ausbildung zu tänzerischen Berufen unterscheidet sich von herkömmlichen Ausbildungsberufen zunächst dadurch, dass sie im Hinblick auf die körperliche Entwicklung sowie die Förderung von Körpergefühl, Konzentration, Kreativität und Musikalität bereits im Kindesalter begonnen werden muss, um später einen professionellen Stand zu erreichen. Dem entsprechend richten sich die Ausbildungsangebote in diesem Bereich in der Regel bereits an junge Menschen im schulpflichtigen Alter; sie sehen im Gegenteil häufig ein Höchsteinstiegsalter vor. So bietet etwa die Palucca Schule Dresden - Hochschule für Tanz - einen Diplomstudiengang Bühnentanz an, der 8 Jahre dauert und - nach einer zweijährigen Orientierungsstufe für Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren - in ein vierjähriges Grundstudium (Alter 12 bis 16 Jahre) und ein vierjähriges Hauptstudium (16 bis 20 Jahre) untergliedert ist (www.palucca-schule-dresden.de/studium). Auch nach der Konzeption der Ballettschule des Hamburger Balletts umfasst die eigentliche Ausbildung zum professionellen Tänzer acht Jahre und beginnt im Anschluss an eine Vorschulklasse für Kinder im Alter von 7 bis 10 Jahren mit der Ausbildungsklasse I für Kinder ab 10 Jahren (www.hamburgballett.de/d/schule/aufbau). Für die einzelnen Ausbildungsklassen werden dabei häufig auch Aufnahmeprüfungen verlangt, die bereits ein bestimmtes tänzerisches Niveau voraussetzen (vgl. etwa die Untergliederung der Ausbildung an der John-Cranko-Schule in Stuttgart von der Vorschule - 6 bis 7 Jahre -, der Vorbereitung - 8 bis 9 Jahre - und der Grundausbildung - 10 bis 16 Jahre mit den jeweiligen Aufnahmeprüfungen, www.stuttgart-ballett.de/deutsch/d_crankoschule/d_ballettschule).
21 
Dass die Ballettschule der Klägerin nach Organisation und Lehrziel grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Vorbereitung auf einen tänzerischen Beruf geeignet ist, wird auch vom Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Voraussetzungen hierfür wurden bereits bei der Erteilung der Bescheinigung für die vergangenen Jahre angenommen und auch für die hier streitgegenständliche Bescheinigung zugrunde gelegt. Die nun vorgenommene Einschränkung beruht lediglich darauf, dass der Beklagte inzwischen seine Rechtsauffassung zur Frage des Alters, in dem eine Berufsausbildung begonnen werden kann, geändert hat.
22 
Schließlich führt auch der Hinweis des Beklagten auf Art. 13 A Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (ABl Nr. L 145 vom 13.06.1977, 1 ff.) zu keiner anderen Beurteilung. Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen oder Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit dem von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Dies ist im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG zu berücksichtigen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass diese Bestimmung die hier streitgegenständliche Beschränkung auf Kurse erfordert, deren Teilnehmer mindestens 14 bis 15 Jahre alt sind. Insbesondere erscheint die Einführung einer solchen Altersgrenze auch nicht im Hinblick auf das vom Beklagten hervorgehobene Erfordernis geboten, dass die öffentlichen Einrichtungen, die vergleichbare Ausbildungsangebote vorhalten, mit diesen „betraut“ sein müssen. Die Frage, ob Ballettschulen grundsätzlich unter Berücksichtigung der Richtlinie 77/388/EWG als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen i.S.v. § 4 Nr. 21 a) bb) UStG eingestuft werden können (vgl. hierzu FG München Urteil v. 18.11.2004 - 14 K 5057/01 - zitiert nach juris), ist - wie bereits dargelegt - nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, sondern unterliegt der Entscheidung der Finanzbehörden bzw. gegebenenfalls der Finanzgerichte.
23 
2. Die begehrte Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 a) bb) UStG ist entsprechend dem Antrag der Klägerin vom 22.11.2005 („für die Jahre ab 01.01.2006“) unbefristet zu erteilen; der Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 30.12.2005 ist rechtswidrig, soweit er eine Befristung enthält. Denn für eine solche Befristung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Sie kann insbesondere nicht als Nebenbestimmung gemäß § 36 LVwVfG erlassen werden. Da auf die Erteilung der Bescheinigung ein Anspruch besteht, müssten die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 LVwVfG vorliegen. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Eine Rechtsvorschrift, die eine Befristung zulässt, ist nicht erkennbar; die Befristung dient auch nicht der Sicherstellung der Erteilungsvoraussetzungen des § 4 Nr. 21 a) bb) UStG. Auf eine Änderung der für die Beurteilung maßgeblichen Umstände kann gegebenenfalls mit dem Entzug der Bescheinigung reagiert werden, wie dies in anderen Rechtsbereichen – insbesondere im Gewerberecht – der Fall ist (VG Sigmaringen Urteil v. 11.10.2006 - 1 K 1413/05 -; VG Düsseldorf Urteil v. 10.03.2003 - 25 K 5979/02 - zitiert nach juris).
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Ferner sieht es von einer Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 VwGO ab.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 Umsätze im Rahmen einer von ihm betriebenen "Schwimmschule" aus. Er hatte im November 2005 das erste Staatsexamen für das Lehramt für die Fächer Sport und Physik abgelegt. Mit mehreren Arbeitnehmern, überwiegend Physiotherapeuten, führte er Baby-, Kleinkinder-, sonstige Kinder- und Erwachsenenschwimmkurse sowie Wassergymnastik wie Aqua-Jogging oder Aqua-Fitness in Hallenbädern durch, die er vom jeweiligen kommunalen Betreiber stundenweise angemietet hatte. Die Kursteilnehmer entrichteten für die Teilnahme an den Kursen an den Kläger ein Entgelt, das auch ein auf die Kursteilnehmer entfallendes Eintrittsgeld für die Hallenbadbenutzung umfassen konnte. Die Hallenbadbetreiber erhoben vom Kläger für die Nutzungsüberlassung der Hallenbäder ein Entgelt von in der Regel 20 % der von ihm vereinnahmten Kursgebühren. Auf der Grundlage des § 20 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) erstatteten Krankenkassen die für die Aqua-Fitness-Kurse erhobenen Entgelte ganz oder teilweise an die Kursteilnehmer. Der Kläger gab keine Umsatzsteuererklärungen ab, da er seine Leistungen als steuerfrei ansah.

2

Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass der Kläger in den Jahren 2001 bis 2007 steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ dementsprechende Umsatzsteuerbescheide. Während des Einspruchsverfahrens erging der Umsatzsteuerbescheid 2006, der im Einspruchsverfahren an die Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2006 trat.

3

Nach der Erhebung der Klage zum Finanzgericht (FG) erging der Umsatzsteuerjahresbescheid 2007, der an Stelle der Vorauszahlungsbescheide 2007 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens wurde. Nachdem der Kläger eine Bescheinigung der Bezirksregierung vorgelegt hatte, wonach die Schwimmkurse auf einen Beruf vorbereiteten, während eine Bescheinigung für das Baby- und Kleinkindschwimmen sowie das Aqua-Jogging und Aqua-Fitness wegen des engen Bezugs zur Freizeitgestaltung abgelehnt wurde, ergingen geänderte Bescheide für die Jahre 2001 bis 2004, worauf der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Geänderte Bescheide ergingen auch für die Streitjahre 2005 bis 2007, die nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wurden.

4

Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 985 veröffentlichten Urteil des FG zu den verbliebenen Streitjahren 2005 bis 2007 hatte die Klage im Hinblick auf die nach Erlass der Änderungsbescheide noch streitigen Kurse wie Babyschwimmen, Kleinkindschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness keinen Erfolg. Diese Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) oder den Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) steuerfrei. Dies ergebe sich auch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH).

5

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, die er auf Verletzung materiellen und formellen Rechts stützt. Seine Leistungen seien nach § 4 Nr. 22 Buchst. a und b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei. Zumindest könne er sich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h, i und j MwStSystRL (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, h, i und j der Richtlinie 77/388/EWG) berufen. Für eine insoweit erforderliche Anerkennung reiche die Kostenübernahme durch Krankenkassen aus. Er müsse als Einrichtung nur über eine vom Mitgliedstaat "anerkannte vergleichbare Zielsetzung" verfügen. Inhaltsgleiche Kurse für Schulen seien steuerfrei gewesen. Er sei zumindest zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigt. Eine Vorlage an den EuGH sei erforderlich.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuerjahresbescheide 2005 bis 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer von 0 € festgesetzt wird, hilfsweise, dass der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist.

7

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Die Leistungen seien weder nach nationalem Recht noch nach dem Unionsrecht steuerfrei. Es sei auch nicht der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Das FA habe nur die Kursleistungen als steuerfrei anerkannt, die nach einer dem Kläger am 27. Oktober 2008 erteilten Bescheinigung ordnungsgemäß auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet hätten.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zwar hat das FG zutreffend entschieden, dass die Leistungen des Klägers nicht nach nationalem Recht steuerfrei sind. Der Kläger kann aber einen Anwendungsvorrang der Richtlinie geltend machen, wozu noch weitere Feststellungen zu treffen sind.

10

1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach nationalem Recht steuerfrei.

11

a) Nach § 4 Nr. 21 UStG sind steuerfrei die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn sie als Ersatzschulen gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind (Doppelbuchst. aa) oder wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten (Doppelbuchst. bb).

12

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger ist weder als Ersatzschule staatlich genehmigt noch nach Landesrecht erlaubt. Für die im finanzgerichtlichen Verfahren noch streitigen Kurse liegt auch keine Bescheinigung über die Vorbereitung auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vor.

13

b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind steuerfrei die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Steuerfrei sind auch andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht (§ 4 Nr. 22 Buchst. b UStG).

14

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da der Kläger als Einzelunternehmer die nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Nr. 22 Buchst. a und b UStG erforderlichen unternehmerbezogenen Voraussetzungen nicht erfüllt. Ob dies gegen das Unionsrecht oder die diesem zugrunde liegenden Grundsätze verstößt, ist im Hinblick auf diesen Wortlaut unbeachtlich und nur im Zusammenhang mit der Berufung des Klägers auf das Unionsrecht von Bedeutung.

15

2. Der Kläger kann sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen aber auf das Unionsrecht berufen.

16

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

17

b) Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil vom 28. Januar 2010 C-473/08, Eulitz (Slg. 2010, I-907) kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (EuGH-Urteil vom 14. Juni 2007 C-445/05, Haderer, Slg. 2007, I-4841). Dem hat sich der erkennende Senat mit Urteil vom 20. März 2014 V R 3/13 (BFH/NV 2014, 1175, unter II.2.) angeschlossen.

18

c) Danach können einzelne Kurse, die der Kläger durchgeführt hat, als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt insbesondere für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Dies mag auf Kurse wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness nicht zutreffen, zumal bei diesen auch der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

19

3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

20

a) Sind die Leistungen des Klägers nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei, kommt eine Berufung auf andere Befreiungstatbestände des Unionsrechts nicht in Betracht.

21

aa) Zwar haben die Mitgliedstaaten von der Steuer auch zu befreien

22

- die "eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL),
- die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL),
- die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) sowie
- "bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben" (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL).

23

bb) Die Voraussetzungen dieser Tatbestände liegen im Streitfall aber nicht vor.

24

(1) Für Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i MwStSystRL folgt dies bereits daraus, dass es an der personenbezogenen Voraussetzung der "anerkannten Einrichtung" fehlt. Insoweit ist es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Zu den für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkten gehören das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann, das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann vom 15. November 2012 C-174/11, Umsatzsteuer-Rundschau 2013, 35 Rdnr. 31, und BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976, unter II.2.c aa). Auch im Hinblick auf eine Kostentragung durch Einrichtungen der sozialen Sicherheit ist zu berücksichtigen, ob der Unternehmer seine Leistung unmittelbar aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Sozialversicherungsträgern erbringt (BFH-Urteil vom 8. November 2007 V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634, unter II.2.b cc).

25

Danach reicht es für die Anerkennung als Einrichtung weder aus, dass der Kläger direkte vertragliche Beziehungen mit Gemeinden hinsichtlich der Nutzung von Schwimmbädern unterhielt, noch, dass Kosten auf der Grundlage von § 20 SGB V erstattet wurden. Denn die Gemeinden waren als Hallenbadbetreiber nicht als "Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit" tätig, während im Rahmen der Leistungserbringung nach § 20 SGB V keine vertraglichen Beziehungen zu den gesetzlichen Krankenkassen bestanden (vgl. auch Welti, in Becker/ Kingreen, SGB V, 3. Aufl., § 20 Rz 13). Im Übrigen kommt dem Kläger mit seinen Leistungen neben dem Kleinkindschwimmen (zu diesem s. oben II.2.) nicht der Charakter einer Einrichtung mit anerkannter vergleichbarer Zielsetzung wie öffentlichen Schulen oder Hochschulen zu.

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(2) Die Steuerfreiheit für bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben (Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL, zuvor: Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nicht in Betracht, da der Kläger keine Einrichtung ohne Gewinnstreben ist.

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b) Im zweiten Rechtsgang wird zu berücksichtigen sein, dass der Kläger für Leistungen, die nicht steuerfrei sind, nicht den ermäßigten Steuersatz in Anspruch nehmen kann.

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Zwar ordnet § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes an. In Bezug auf die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze beruht die Vorschrift auf Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 14 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13), wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 30/08, BFH/NV 2010, 2125, unter II.2.a ee). Danach können die Mitgliedstaaten die Überlassung von Sportanlagen einem ermäßigten Steuersatz unterwerfen. Unionsrechtliche Grundlage für die Verabreichung von Heilbädern ist die Thermalbehandlung i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 MwStSystRL i.V.m. Anhang III Nr. 17 (zuvor Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Anhang H Nr. 13). § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ist entsprechend diesen Bestimmungen auszulegen, wobei neben dem allgemeinen Grundsatz enger Auslegung von Ausnahmetatbeständen auch zu berücksichtigen ist, dass Vorschriften des nationalen Rechts auch dann eng auszulegen sind, wenn sie ansonsten nicht der Richtlinie entsprechen (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, unter II.2.c bb).

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Im Hinblick auf die unionsrechtliche Grundlage der Steuersatzermäßigung, die sich auf die Überlassung von Sportanlagen und damit auf eine Nutzungsüberlassung bezieht, ist es danach nicht möglich, die Erteilung von Schwimmunterricht als einen unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundenen Umsatz anzusehen. Sollte sich demgegenüber aus Abschn. 171 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 ergeben, dass die Erteilung von Schwimmunterricht als eigenständige Leistung der Steuersatzermäßigung unterliegt, könnte sich der Senat dem nicht anschließen. Ebenso können Kurse wie "Aqua-Jogging" und "Aqua-Fitness" nicht als Verabreichung von Heilbädern angesehen werden, da insoweit unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Grundlagen eine Thermalbehandlung vorliegen müsste, an der es fehlt.

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4. Auf den geltend gemachten Verfahrensfehler kam es nicht mehr an.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.