Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2014:1009.6K2249.12.0A
bei uns veröffentlicht am09.10.2014

Tenor

I. Der Bescheid über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 vom 12. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 dahingehend zu ändern, dass die steuerpflichtigen Umsätze 0 Euro betragen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Umsätze aus dem Betrieb einer Kampfsportschule von der Umsatzsteuer befreit sind.

2

Der Kläger betreibt in G die Kampfsportschule "B". In den Streitjahren bot der Kläger folgende Lehrgangsinhalte/Kurse an (Bl. 68 d. PrA.):

3

- Karate
- Kickboxen
- Brazilian Jiu Jitsu
- Selbstverteidigung
- Leitfaden für angehende Kampfsporttrainer
- berufsvorbereitende Kurse für Fitness Fachleute und Sicherheitskräfte.

4

Bei der Kampfsportschule handelt es sich daneben um einen staatlich anerkannten Ausbildungsbetrieb (IHK) für Sport und Fitness Kaufmann/Kauffrau und Sport und Fitness Fachmann/Fachfrau. Hinsichtlich der einzelnen Lehrinhalte wird auf den Lehrplan der Kampfsportschule verwiesen (Bl. 68 ff. d. PrA.).

5

Im Rahmen der Kurse werden auch nicht alkoholische Getränke und die zwingend benötigte Kleidung zum Selbstkostenpreis während der Kursdauer angeboten bzw. verkauft (Bl. 20 d. PrA.).

6

Der Kläger erklärte in seinen Steuererklärungen die Umsätze zunächst zum allgemeinen Umsatzsteuersatz. Der Beklagte verarbeitete die Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2005 bis 2008 ohne Abweichung. Die Steuerfestsetzung erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

7

Am 27. Oktober 2010 erteilte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz eine Bescheinigung, ausweislich der die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

    - zum/zur Sport- und Fitnesskaufmann/-frau

    - zum/zur Sport- und Fitnessfachmann/-frau

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe

        

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 26 d. PrA.). Die Bescheinigung wurde für den Zeitraum 1.1.2005 bis 31. Dezember 2010 erstellt.

8

Unter Vorlage der Bescheinigung der ADD beantragte der Kläger mit Schreiben vom 12. Februar 2010, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2008 zu ändern (Bl. 1 d. USt-Akte, "Änderungsantrag"). Die berichtigten Jahresabschlüsse und die korrigierten Umsatzsteuererklärungen fügte er bei. In den berichtigten Umsatzsteuererklärungen erklärte er jeweils Umsätze zum allgemeinen Steuersatz und Vorsteuern in Höhe von   0 Euro.

9

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12. April 2010 den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 ab (Bl. 82 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Bescheinigung der ADD beschränke sich auf die dort genannten berufsvorbereitenden Maßnahmen. Der Kläger erziele jedoch überwiegend Umsätze, die nicht auf einen der dort genannten Berufe vorbereiteten, sondern vielmehr der Freizeitgestaltung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen dienten. Die Erlöse aus Lehrtätigkeit seien bereits als umsatzsteuerfreie Erlöse ausgewiesen. Es sei davon auszugehen, dass es sich hierbei um jene Umsätze handele, die von der ADD als steuerfrei bescheinigt worden seien.

10

Gegen den Ablehnungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein (Bl. 84 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Zur Begründung führte er aus, er biete nur Kurse mit mindestens zehn Lehrveranstaltungen an, die jeweils mit einem ordentlichen Abschluss endeten (Bl. 88 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Die Kurse seine keine Freizeitbeschäftigung bzw. Kinderbetreuung.

11

Am 1. März 2011 ergänzte die ADD ihre Bescheinigung dahingehend, dass neben den bereits mit Bescheinigung vom 27. Oktober 2010 genannten Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen auch die zu Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21 a, bb UStG darstellen (Bl. 128 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag").

12

Mit Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 179 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag"). Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a, aa UStG scheide aus, da es sich mangels Bescheinigung der Schulaufsichtsbehörde im Streitfall nicht um eine Ersatzschule i.S.d. der Vorschrift handele. Ebenso scheide eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 a bb UStG aus. Zwar liege eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vor, allerdings entbinde eine solche Bescheinigung die Finanzbehörde lediglich zu prüfen, ob die Leistungen des Unternehmers auf einen Beruf vorbereiten. Die Frage, ob eine allgemein- oder berufsbildende Schule oder Einrichtung vorliege, sei nicht Gegenstand der Bescheinigung und von den Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Soweit der Kläger in seiner Schule in den Berufen zum Sportkaufmann bzw. Sportfachmann ausbilde, trete er hier als Arbeitgeber auf. Hinsichtlich der restlichen von ihm erbrachten Leistungen stelle die Kampfsportschule keine berufsbildende Einrichtung dar. Hierzu sei erforderlich, dass die angebotenen Lehrinhalte Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung seien. Letzteres sei vorliegend nicht der Fall, da die vermittelten Kampfkunsttechnikern nicht zur Ausübung eines bestimmten Berufs notwendig seien. Der Umstand, dass einige Mitglieder der Kampfsportschule eine Ausbildung zum Kampfsporttrainer anstrebten, sei für die Qualifikation der Schule als berufsbildende Einrichtung unerheblich (Bl. 183 d. Umsatzsteuerakte,"Änderungsantrag"). Ebenso sei unerheblich, dass andere Berufsgruppen wie Polizisten und Sportlehrer an den Unterrichtseinheiten der Kampfsportschule teilnähmen. Die vermittelten Kampfkunsttechniken seien keine unbedingte Voraussetzung für die genannte Berufe. Der Umstand, dass sich die erworbenen Kampfkünste positiv auf die Berufsausübung auswirkten, sei für die Anerkennung als berufsbildende Einrichtung nicht ausreichend. Soweit Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und Kinder und Jugendliche angeboten werde, diene dies der bloßen Freizeitgestaltung. Soweit der Kläger als selbständiger Lehrer an öffentlichen gemeinbildenden Schulen Leistungen erbringe, seien diese Leistungen von der Bescheinigung der ADD umfasst und steuerfrei (Bl. 184 d. Umsatzsteuerakte, "Änderungsantrag").

13

Mit seiner am 7. September 2012 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Umsatzsteuerpflicht seiner Umsätze. Die Bescheinigungen der ADD vom 27. Januar 2010 und 1. März 2011 seien Grundlagenbescheide zur Beurteilung der Steuerbefreiung von Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 a bb UStG. Der Kläger unterrichte in straff organisierten Unterrichtseinheiten verschiedene Arten von Konzentrationsübungen und Körperbeherrschung. Jede Lehrveranstaltung ende mit einem Abschluss, der Voraussetzung für die nächste Stufe sei. Die einzelnen Stufen stellten zugleich den Lehrplan dar und seien wie folgt:

14

- Prüfungsprogramm 5.KYO
- Prüfungsprogramm 4.KYO
- Prüfungsprogramm 3.KYO
- Prüfungsprogramm 2.KYO
- Prüfungsprogramm 1.DAN
- Prüfungsprogramm 2. DAN
- Prüfungsprogramm 3. DAN
- Prüfungsprogramm 4. DAN.

15

Die einzelnen Kurse, z.B. zwischen 5. KYO und 4. KYO dauerten ca. 9 Monate und seinen abhängig von der persönlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen Lehrgangsteilnehmers und dem Prüfungserfolg (Bl. 113 d. PrA.). Der einfache Polizist werde beispielsweise bis 1.KYO ausgebildet, während das Mitglied eines Sondereinsatzkommandos in der Regel bis 4. DAN ausgebildet werde (Bl. 113 d. PrA.). Aus den Abschlüssen ergäben sich einige weiterführende Berufsbilder, wie z.B. bei der Polizei, des SEK, des Fitnessberaters und anderen Berufsbildern, bei denen Konzentration und Körperbeherrschung Voraussetzung seien. Personenzielgruppen seien Studenten im Bereich Sport- und Fitnessmanagement (Duales Studium), Sport- und Fitnesskaufleute, Sicherheitskräfte, selbständige Unternehmer im Bereich Kampfsportschule, Vollstreckungsbehörden (JVA), Übungsleiter in Sportvereinen und Polizeibehörden (Bl. 113 d. PrA.).

16

Unerheblich sei, inwieweit jeder einzelne Schüler die erworbenen Qualifikationen in der Folge für seine berufliche Tätigkeit nutze. Entscheidend sei die Möglichkeit, die einzelnen Berufsbilder auszuüben. Die Umsätze mit Bekleidung und Getränken unterlägen nach § 19 Abs.1 UStG nicht der Besteuerung, da sie in den Gesamtumsatz einzuberechnen seien und nicht mehr als 17.500 Euro betrügen.

17

Der Kläger führe auch Kurse zur Selbstverteidigung und Gewaltprävention in Schulen durch (Bl. 113 d. PrA.). Diese auswärtigen Lehrveranstaltungen entsprächen den Lehrinhalten in der Kampfsportschule.

18

Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuer 2005 bis 2008 vom 12. April 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. August 2012 den Beklagten zu verpflichten, die Umsätze des Klägers für die Jahre 2005 bis 2008 von der Umsatzsteuer zu befreien,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

20

Der Beklagte verweist klageerwidernd auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung (Bl. 44 d. PrA.). Im Streitfall spreche das breit gefächerte Kursangebot des Klägers für Leistungen, die im Freizeitbereich angeboten würden (Bl. 84 d. PrA.). Die vorgetragenen Kurse der TU Berlin seien nicht heranzuziehen, da sie gegen Entgelt als Ausgleich zum Studium angeboten würden.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist begründet. Der Bescheid über die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 ist rechtswidrig. Zutreffend geht der Kläger davon aus, dass die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheide dahingehend zu ändern sind, dass die bisher als steuerpflichtigen Umsätze aus der Kampfsportschule 0 Euro betragen.

22

Die Umsätze aus der Kampfsportschule sind umsatzsteuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der Kampfsportschule als anerkannter Einrichtung im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i. der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen an Schulen und Hochschulen erbracht werden. Die übrigen Umsätze aus dem Verkauf von Sportartikeln und Getränken sind in den Streitjahren so gering, dass sie nach § 19 Abs. 1 UStG insgesamt außer Betracht bleiben.

I.

23

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof kann sich der Steuerpflichtige grundsätzlich unmittelbar auf die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL berufen, ohne dass es einer Entscheidung bedarf, ob die Steuerfreiheit aus § 4 Nr. 21a Doppelbuchstabe bb UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

24

1. Der Kläger erfüllt die persönlichen Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG, weil es sich bei ihm um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" handelt.

25

Der Kläger hat eine Bescheinigung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vorgelegt, die bestätigt, dass die vom Kläger durchgeführten und noch durchzuführenden Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

    - zum Sport- und Fitnesskaufmann/-frau,

    - zum Sport- und Fitnessfachmann/-frau,

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche

        

ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten und Leistungen im Sinne von § 4 Nr. 21a Doppelbuchstabe bb Umsatzsteuergesetz darstellen. Die Bescheinigung gilt für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.12.2012 und umfasst damit die Streitjahre 2005 bis 2008.

26

Eine derartige Bescheinigung genügt nach der Rechtsprechung für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879). Wegen der Sachnähe ist die Entscheidung der jeweiligen Fachbehörde vorbehalten. Die Bescheinigung der ADD ist als Grundlagenbescheid sowohl für das Finanzamt als auch die Finanzgerichte dahingehend bindend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt (BFH Urteil vom 20. August 2009, V R 25/08, BStBl. II 2010, 15).

27

2. Die angebotenen Kurse fallen auch sachlich unter die Befreiungsvorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL.

28

Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass die Kampfsportschule mit ihrem Kursprogramm als Schule im Sinn von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG eingeordnet wird bzw. die angebotenen Kurse der Erziehung von Kinder und Jugendlichen dienen bzw. Aus- und Fortbildung in Sinne dieser Vorschrift darstellen. Nach der Rechtsprechung beschränkt sich der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler und Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeit nicht den Charakter reiner Freizeitgestaltung haben (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

29

Vorliegend ist daher entscheidend, ob die vom Kläger angebotenen Kampfsportkurse den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben, oder ob sie Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die in Schulen und Hochschulen erteilt werden.

30

Dabei ist bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiung zu berücksichtigen, dass die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiung nach Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben sind, zwar grundsätzlich eng auszulegen sind, weil sie Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Der EuGH hat sich in seiner Rechtsprechung zum Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts i.S.d. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe j der Richtlinie 77/388/EWG jedoch gegen eine zu enge Auslegung des Begriffs "Schul- und Hochschulunterricht" ausgesprochen (EuGH Urteil C-445/05 vom 14. Juni 2007, "Haderer"). Aufgrund der unterschiedlichen Unterrichtssysteme in den Mitgliedstaaten bestehe anderenfalls Gefahr, dass das Mehrwertsteuersystem je nach Unterrichtssystem unterschiedlich angewendet werde (EuGH Urteil C-445/05 vom 14. Juni 2007, "Haderer"). Der BFH folgt dieser Auffassung auch für den Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts" im Sinne von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG (BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267). Weder ist daher ein direkter Bezug zu einem Beruf erforderlich, noch müssen die angebotenen Kurse Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879).

31

Überdies ist nach der Rechtsprechung zu beachten, dass die Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde nicht nur für die Frage der Anerkennung einer Einrichtung als solcher im Sinne des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1 Buchstabe i MwStSystRL von Bedeutung sind, sondern die Bescheinigungen auchein Indiz dafür sind, dass Leistungen, die tatsächlich dem Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen (BFH Urteil vom 28. Mai 2013, XI R 35/11, BStBl. II 2013, 879; BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267). Solche gegenteiligen Anhaltspunkte können sich nach der Rechtsprechung aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Kurses ergeben. So sind Kurse, die von ihrer Zielrichtung auf reine Freizeitgestaltung gerichtet sind, ausgeschlossen. Die Rechtsprechung erfasst hiervon zum Beispiel Kurse, die sich an Eltern von Schülern richten, um die Wartezeit während des Unterrichts der Kinder sinnvoll zu nutzen, oder Kurse für Senioren oder allgemein am Tanz interessierte Menschen (BFH Urteil vom 24. Januar 2008, V R 3/05, BStBl. II 2012, 267).

32

a. Die vom Kläger in den Streitjahren angebotenen Kurse Karate, Kickboxen, Brazilian Jiu Jitsu, Selbstverteidigung und die Kurse für Fitnessfachleute und Sicherheitskräfte sind alle unter die in der Bescheinigung der ADD aufgeführten Aus- und Fortbildungsmaßnahmen

    - zum Sport- und Fitnesskaufmann/-frau,

    - zum Sport- und Fitnessfachmann/-frau,

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Sicherheitsberufe und

    - in Selbstverteidigung und Gewaltprävention für Kinder und Jugendliche

        

zu subsumieren.

33

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich nochmals anschaulich ausgeführt, dass in jedem Kampfsportkurs, der von ihm angeboten wird, eine der Hauptkomponenten die Selbstverteidigung sei. Dies gelte auch für Kickboxen, das fachübergreifend für alle Kampfsportarten angeboten werde. Soweit die Schule Kurse zur Fitness anbiete, seien diese Fitnesskurse mit den Kampfsportkursen inhaltlich miteinander verwoben und dienten damit auch der Selbstverteidigung und Gewaltprävention.

34

b. Anhaltspunkte, die entgegen der Bescheinigung der ADD die Annahme rechtfertigten, der Kläger habe in den Streitjahren Kurse angeboten, die der reinen Freizeitgestaltung dienen, liegen nach Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats nicht vor.

35

c. Die vom Kläger vermittelten Kenntnisse in Gewaltprävention und Selbstverteidigung werden auch vergleichbar an Schulen erbracht. Dies ist bereits aus der Tatsache ersichtlich, dass der Kläger unbestritten vergleichbare Kurse auch an Schulen gegen Entgelt anbietet. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass an Schulen das Fach "Gewaltprävention" als ordentliches Schulfach regelmäßig für ein Jahr angeboten und von ihm unter einer eigenen Personalnummer unterrichtet werde.

II.

36

Soweit der Kläger Umsätze aus dem Verkauf von Sportkleidung für seine Kurse und aus dem Verkauf von nicht alkoholischen Getränken erzielt, sind diese grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, unterfallen aber der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG.

37

Der Kläger erzielt damit folgende - in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellten -Umsätze ausweislich seiner Aufstellung im Einspruchsverfahren (Bl. 144 ff. d. Umsatzsteuerakte):

38
        

2005   

2006   

2007   

2008   

Erlöse Bistro

7.071,62 €

4.920,23 €

3.849,39 €

3.802,47 €

Erlöse Sportartikel

3.528,21 €

8.174,26 €

13.535,32 €

12.652,75 €

Summe 

10.599,83 €

13.094,49 €

17.384,71 €

16.455,22 €

39

Gemäß § 19 Abs. 1 UStG nach der in den Streitjahren geltenden Fassung wird die Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn die Umsätze im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 Euro nicht überstiegen haben und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen werden. Da die Umsatzgrenzen vorliegend eingehalten wurden, wird die Umsatzsteuer hierauf nicht erhoben.

III.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Revision wird nicht zugelassen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12 zitiert 3 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 19 Besteuerung der Kleinunternehmer


(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf e

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 28. Mai 2013 - XI R 35/11

bei uns veröffentlicht am 28.05.2013

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Okt. 2014 - 6 K 2249/12.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 27. Sept. 2017 - 4 A 6/15

bei uns veröffentlicht am 27.09.2017

Tenor Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben und die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab dem 01.01.2000

Referenzen

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Streitjahren 1999 bis 2003 eine Schule für WingTsun sowie ein Bewachungsunternehmen. Bei WingTsun handelt es sich nach einer vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre um eine "Kampf- und Bewegungskunst".

2

Für die Streitjahre erklärte der Kläger auch für die WingTsun-Schule steuerpflichtige Umsätze.

3

Mit Schreiben vom 31. Mai 2005 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Bescheinigung des zuständigen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft vom 11. April 2005, wonach die von ihm "erbrachten Unterrichtsleistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun ... Leistungen im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes" (UStG) darstellen, die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Vergangenheit zu ändern und die Umsätze aus der WingTsun-Schule nunmehr als umsatzsteuerfrei zu behandeln.

4

Nach einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) der Ansicht des Prüfers an, es sei keine Steuerbefreiung zu gewähren.

5

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2007 wurde dementsprechend die Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre abgelehnt, nachdem das FA zuvor mit Schreiben vom 21. Juli 2005 dem Kläger bereits mitgeteilt hatte, dass eine rückwirkende Änderung "unter Beachtung der Ausführungen in den §§ 169 bis 171 der Abgabenordnung" (AO) nur bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1999 möglich sei.

6

Der Einspruch und die anschließende Klage hatten keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, zwar ergebe sich aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. April 2005, dass die vom Kläger in der WingTsun-Schule erbrachten Leistungen zur Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienten. Die WingTsun-Schule des Klägers sei jedoch keine berufsbildende Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG. Die in der vom Kläger herausgegebenen Werbebroschüre angegebenen Kurse --wie "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder"-- seien eindeutig dem Freizeitbereich zuzuordnen und dienten nicht der beruflichen Bildung.

8

Unerheblich sei insoweit, dass einige Teilnehmer möglicherweise die Ausbildung zu einem WingTsun-Lehrer anstrebten, weil die vom Kläger angebotenen Lehrgänge nicht Teil einer gesetzlich geregelten Schul-, Berufsaus- oder Berufsfortbildung seien. Ebenfalls nicht entscheidend sei, dass die Lehrgänge auch von anderen Berufsgruppen wie Polizisten oder Soldaten belegt würden, weil die erworbenen Kenntnisse keine unabdingbare Voraussetzung zur Ausübung der genannten Berufe seien. Dies sei ähnlich wie bei Fahrschulen oder Jagdschulen, die ebenfalls keine berufsbildenden Einrichtungen seien, obwohl der Führerschein von zahlreichen Steuerpflichtigen bei Ausübung ihres Berufs genutzt werde und auch die Jägerprüfung bei der Ausübung einiger Berufe erforderlich sei.

9

Die WingTsun-Schule des Klägers sei im Übrigen keinem Wettbewerb mit öffentlich-rechtlichen Einrichtungen ausgesetzt, selbst wenn im Sportunterricht vereinzelt auch Kurse in WingTsun angeboten würden.

10

Die Umsätze seien ebenso wenig nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- von der Umsatzsteuer befreit. Die Voraussetzungen für eine Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung im unionsrechtlichen Sinne seien nicht erfüllt.

11

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

12

Er bringt vor, entgegen der Vorentscheidung handele es sich vorliegend um eine berufsbildende Einrichtung. Über die generelle Geeignetheit zur Berufsvorbereitung habe nicht das FA, sondern --wie hier-- die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu befinden.

13

Durch die vermittelten Unterrichtsinhalte erlangten die Schüler --von denen einige zum Kampfkunstlehrer ausgebildet worden seien und diesen Beruf auch tatsächlich ausübten-- spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten. Entgegen der Vorentscheidung müssten die vermittelten Unterrichtsinhalte nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sein. Auch die von der Umsatzsteuer befreiten Ballett- und Musikschulen unterlägen keiner gesetzlich geregelten Berufsausbildung. Auf die Anzahl derer, die sich für eine Ausübung des erlernten Berufs entschieden, komme es nicht an.

14

Das FG habe nicht zutreffend gewürdigt, dass die Unterrichtsinhalte zu den Selbstverteidigungsmechanismen im Sicherheitsgewerbe sowie bei der Polizei und der Bundeswehr im Umgang mit berufsspezifischen Gefahrenlagen unabdingbar seien und er, der Kläger, zudem eigene Schulungen für Spezialeinsatzkräfte anbiete.

15

Der Inhalt des vom FG in Bezug genommenen Werbeflyers spreche hingegen nicht gegen die Ausrichtung und Geeignetheit der vermittelten Unterrichtsinhalte. Es handele sich insoweit um die bloße werbemäßige Angabe von weiteren Aktivitäten oder weiteren Vorteilen. Zudem komme es nicht auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen an, sondern auf die Art der erbrachten Leistungen und deren generelle Eignung.

16

Der vom FG gezogene Vergleich mit Fahr- und Jagdschulen sei nicht gerechtfertigt. Diese bereiteten auf eine Prüfung vor, die --anders als hier-- Voraussetzung für die Erteilung einer bloßen Ausübungserlaubnis sei.

17

Im Übrigen würden WingTsun-Kurse auch von öffentlichen Schulen angeboten, so dass er, der Kläger, entgegen dem FG insoweit im Wettbewerb stehe.

18

Die Vorentscheidung verletze zudem Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

19

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

20

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet abzuweisen.

21

Es tritt der Revision des Klägers entgegen und bringt im Wesentlichen vor, die Frage, ob die Einrichtung generell die Eigenschaft einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung habe, sei nicht von der die Bescheinigung erstellenden Landesbehörde, sondern von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliege der vollen Nachprüfung durch die Finanzgerichte.

22

Der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung widerspreche der vom FG in Bezug genommene Werbeflyer. Er lasse in keiner Weise eine berufsbildende Einrichtung erkennen oder vermuten.

23

Die Lehrgänge des Klägers bereiteten weder auf einen bestimmten Beruf vor noch seien sie Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung. Auch die vom Kläger für Angehörige der Bundeswehr und Polizei durchgeführten kampfspezifischen Lehrgänge seien nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung.

24

Die weitaus überwiegende Zahl der Schüler besuche die Lehrgänge nicht, um sich zum WingTsun-Lehrer ausbilden zu lassen, sondern aus Spaß und Interesse an einer asiatischen Kampfkunst und einer sportlichen Freizeitveranstaltung.

25

Die Kampfkunstschule des Klägers sei darauf ausgerichtet, eine Kampfkunst als Sportart zu verbreiten und als Freizeitgestaltung anzubieten.

26

Eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule nicht um eine Einrichtung handele, die spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittle, die zur Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten notwendig seien.

Entscheidungsgründe

27

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

28

Die streitigen Umsätze sind steuerfrei, soweit die erbrachten Leistungen der WingTsun-Schule als anerkannte Einrichtung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht lediglich den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben und vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen erbracht werden. Die Feststellungen des FG lassen keine Beurteilung zu, ob und in welchem Umfang dies der Fall gewesen ist.

29

1. Die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Schulen waren in der in den Streitjahren noch bis zum 31. März 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigte, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Auch nach der in den Streitjahren ab dem 1. April 1999 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

30

a) Unionsrechtlich beruht § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL-- (vgl. dazu Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Juni 1999 V R 84/98, BFHE 188, 462, BStBl II 1999, 578, unter II.2.; vom 23. August 2007 V R 4/05, BFHE 217, 327, BFH/NV 2007, 2215, unter II.2.b bb; vom 10. Januar 2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; vom 24. Januar 2008 V R 3/05, BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.1.).

31

b) Die Mitgliedstaaten befreien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG die Umsätze von der Steuer, die "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" betreffen.

32

c) Diese Richtlinienbestimmung wurde wie auch andere in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführte Steuerbefreiungen vom nationalen Gesetzgeber bisher lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die schon bei Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 21. März 2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999, unter II.2.c aa; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.1.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.).

33

d) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, ob die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen aus § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG --gleiches gilt für die Vorgängervorschrift § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG-- folgt und inwieweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift möglich ist, weil sich der Kläger jedenfalls grundsätzlich für die Umsatzsteuerfreiheit der streitigen Leistungen auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900; vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.; zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG vgl. ferner Senatsurteil vom 2. März 2011 XI R 21/09, BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 19). In Ermangelung fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen ist die Berufung eines Einzelnen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die --wie hier-- inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften möglich (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 233, 269, BFH/NV 2011, 1456, Rz 26, m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH--).

34

2. Im Streitfall kommt --entgegen der Vorentscheidung-- eine Steuerfreiheit der streitigen Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht.

35

a) Bei der vom Kläger betriebenen WingTsun-Schule handelt es sich um eine "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG.

36

aa) Der Begriff "Einrichtung" erfasst auch private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht, soweit der Richtliniengesetzgeber --wie hier in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG-- die Inanspruchnahme der betreffenden Befreiungen nicht ausdrücklich vom Fehlen eines Gewinnstrebens abhängig gemacht hat (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a aa, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

37

bb) Nach den Feststellungen des FG besitzt der Kläger eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, wonach die von ihm erbrachten Unterrichtsleistungen der Vorbereitung auf den Beruf des Kampfkunstlehrers WingTsun dienen und Leistungen i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG darstellen.

38

(1) Eine derartige Bescheinigung genügt grundsätzlich für die Anerkennung als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.b bb; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.a bb).

39

(2) Entgegen dem Vorbringen des FA bindet die Bescheinigung sowohl die Finanzbehörden als auch die Finanzgerichte dahingehend, dass es sich bei der anerkannten Einrichtung um eine solche mit vergleichbarer Zielsetzung handelt. Bei der Entscheidung, die insoweit der zuständigen Landesbehörde übertragen ist, handelt es sich nicht um spezifisch steuerrechtliche Fragen, die hinsichtlich ihrer rechtlichen Beurteilung dem Aufgabenbereich der Finanzbehörden zuzuordnen wären (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 24. März 1987 X R 38/81, BFHE 150, 173, BStBl II 1987, 645; vom 19. Januar 1989 V R 176/83, BFHE 156, 286, BStBl II 1989, 308; vom 3. Mai 1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b; ferner vom 18. Dezember 2003 V R 62/02, BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.).

40

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die zuständige Landesbehörde nicht zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtung i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG gegeben sind. Dies ist --worauf das FA zutreffend hinweist-- von den Finanzbehörden gesondert zu prüfen und unterliegt auch der vollen Nachprüfbarkeit durch die Finanzgerichte (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815, unter II.2.b --zu § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1980--; in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252, unter II.5.; ferner vom 19. Oktober 2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798, Rz 25 --zu § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG--, jeweils m.w.N.).

41

b) Für die streitigen Leistungen kommt in Betracht, dass sie als "Schul- oder Hochschulunterricht" i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG zu beurteilen sind (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b). Das FG hat dieses BFH-Urteil, in dem die Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2007 umgesetzt wurde, nicht berücksichtigt. Es ging stattdessen unter Hinweis auf die ältere BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 204, 355, BStBl II 2004, 252 unzutreffend davon aus, dass allein maßgeblich sei, ob --was hier nicht der Fall sei-- die Voraussetzungen einer beruflichen Ausbildung, beruflichen Fortbildung oder beruflichen Umschulung erfüllt seien.

42

aa) Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern er schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 221, 295, BFH/NV 2008, 725, unter II.2.a aa; in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.b, jeweils m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).

43

bb) Die Steuerfreiheit der streitigen Leistungen hängt demnach --worauf der Kläger zutreffend hinweist-- nicht davon ab, dass die angebotenen Lehrgänge weder Teil einer gesetzlich geregelten Berufsaus- oder Berufsfortbildung sind, noch auf einen bestimmten Beruf vorbereiten. Auf die Ziele der die Einrichtung besuchenden Personen kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Art der erbrachten Leistungen und ihre generelle Eignung als Schul- oder Hochschulunterricht. Deshalb ist es auch ohne Belang, wie hoch der Anteil der Schüler ist, die die Lehrgänge des Klägers tatsächlich im Hinblick auf eine Berufsausbildung oder eine Prüfungsvorbereitung besuchten oder später tatsächlich den Beruf des Kampfkunstlehrers ergriffen haben (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c aa, m.w.N.).

44

3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

45

a) Den tatsächlichen Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, welche der vom Kläger in seiner Schule angebotenen Unterweisungen den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hatten, so dass eine Steuerbefreiung insoweit auch nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG nicht in Betracht kommt. Das FG wird im zweiten Rechtsgang deshalb prüfen müssen, ob und ggf. welche der erbrachten Leistungen der bloßen Freizeitgestaltung gedient haben.

46

Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde vom 11. April 2005 kann --über die Anerkennung einer Einrichtung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG hinaus-- auch Indiz dafür sein, dass die Leistungen, soweit sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil der Bescheinigung entsprechen und keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung haben, was vom FG zutreffend zu würdigen sein wird (zur Ballettschule vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb). Das FG hat daher Feststellungen dazu zu treffen, ob solche gegenteiligen zur Annahme reiner Freizeitgestaltungen führenden Anhaltspunkte --die sich z.B. aus dem Teilnehmerkreis oder aus der thematischen Zielsetzung eines Lehrgangs ergeben können (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb)-- vorliegen.

47

aa) Zu Recht ging die Vorentscheidung allerdings davon aus, dass die in der vom Kläger herausgegebenen und vom FG in Bezug genommenen Werbebroschüre angegebenen Lehrgänge "FrequenChi zur Fettverbrennung" oder "WingTsun als Kampfsport für Kinder" von ihrer thematischen Zielsetzung her auf reine Freizeitgestaltungen schließen lassen, die von der Steuerbefreiung ausgeschlossen sind. Darüber hinaus lassen z.B. auch Lehrgänge für Senioren oder allgemein am Kampfsport interessierte Menschen den Schluss auf Freizeitveranstaltungen zu (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb).

48

bb) Hingegen wird das FG im zweiten Rechtsgang --worauf der Kläger zu Recht hinweist-- berücksichtigen müssen, dass Lehrgänge, die es einem Teilnehmer --wie z.B. Polizisten oder Soldaten-- ermöglichen, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten durch Vertiefung und Fortentwicklung beruflich zu nutzen, auch dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn von dieser Möglichkeit nur wenige Teilnehmer Gebrauch machen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, unter II.2.c bb, unter Hinweis auf Kapitel V Abschn. 1 Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --nunmehr Kapitel VIII Abschn. 1 Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem--).

49

b) Die Annahme eines Schul- oder Hochschulunterrichts setzt ferner voraus, dass --was der Kläger zwar behauptet, wozu jedoch Feststellungen des FG bisher fehlen-- vergleichbare Leistungen in Schulen oder Hochschulen, gleich ob öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert, erbracht werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 221, 302, BStBl II 2012, 267, Leitsatz 3). Auch diese Feststellungen sind nachzuholen.

50

c) Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob der Kläger seine der Bescheinigung des zuständigen Ministeriums vom 11. April 2005 --die keine zeitliche Beschränkung enthält-- zugrunde gelegte Tätigkeit bereits in den Streitjahren 1999 bis 2003 in derselben Weise ausgeübt hat. Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass es sich bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO handelt, der Rückwirkung zukommen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. August 2009 V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15, Leitsätze 1 und 2).

(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.