Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 09. Juli 2018 - RO 10 DK 17.542

bei uns veröffentlicht am09.07.2018

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger beantragt die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der am … 1954 geborene Beklagte steht als Verwaltungsrat (Besoldungsgruppe A 13) im Dienste der Gemeinde ..., Landkreis Regensburg. Er trat seinen Dienst im Bereich der Inneren Staatsverwaltung am 1. September 1970 beim Landkreis Regensburg an. Mit Wirkung vom 30. Oktober 1972 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Kreisinspektoranwärter und mit Wirkung vom 1. Januar 1976 bei der Gemeinde ... unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Gemeindeinspektor zur Anstellung ernannt und als geschäftsleitender Beamter eingestellt. Am 1. Juli 1978 erfolgte die Ernennung zum Verwaltungsinspektor und mit Wirkung vom 1. November 1979 zum Oberinspektor. Der Beklagte wurde am 30. Oktober 1981 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und mit Wirkung vom 1. September 1984 zum Amtmann ernannt. Mit Wirkung ab 1. Oktober 1989 erfolgte die Ernennung zum Amtsrat und mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 zum Oberamtsrat. Seit 1. Januar 2011 führt er die Amtsbezeichnung Verwaltungsrat. Der verheiratete Beklagte ist Vater zweier erwachsener Kinder und mit Ausnahme des gegenständlichen Verfahrens nicht disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.

Der Gemeinderat der Gemeinde ... leitete mit Beschluss vom 25. November 2014 ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein, enthob ihn vorläufig des Dienstes und übertrug das Verfahren mit Beschluss vom 16. Dezember 2014 auf die Landesanwaltschaft Bayern – Disziplinarbehörde –. Die Landesanwaltschaft setzte das Verfahren mit Verfügung vom 25. März 2015 aufgrund des Strafermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Regensburg (Az. 155 JS 24977/14) gemäß Art. 24 Abs. 3 BayDG aus. Mit Verfügung vom 26. April 2016 wurde der Beklagte mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben (Nr. 1.) und die Einbehaltung von 50% seiner monatlichen Dienstbezüge angeordnet (Nr. 2.). Den hiergegen gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 21. November 2016 ab (Az. RO 10A DS 16.961). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die hiergegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 31. Januar 2017 zurück (Az. 16a DS 16.2489).

Das Amtsgericht Regensburg verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 29. Juni 2016 (Az. 23 Ls 155 Js 24977/14) – rechtskräftig seit 7. Juli 2016 – wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 2, § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung. Die Landesanwaltschaft setzte das Disziplinarverfahren mit Schreiben vom 7. Juli 2017 fort. Sie erhob am 4. April 2017 Disziplinarklage und wirft dem Beklagten folgende Sachverhalte vor:

„1. Das seit 07.07.2016 rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Regensburg, Az. 23 Ls 155 Js 24977/14, mit dem der Beklagte wegen Untreue in einem besonders schweren Fall (§§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt wurde, enthält folgende tatsächliche Feststellungen:

„I. Allgemeines

Der anderweitig Verfolgte ... belegte in zwei aufeinanderfolgenden Amtsperioden, im Zeitraum 01.05.2002 bis 30.04.2014, das Amt des 1. Bürgermeisters der Gemeinde ... In dieser Eigenschaft war der anderweitig Verfolgte ... für die laufenden Angelegenheiten der Gemeinde ... zuständig und vertrat die Gemeinde nach außen.

Gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 2d der Geschäftsordnung der Gemeinde 1* … vom 10.06.2008 war die Zuständigkeit des 1. Bürgermeisters in finanziellen Angelegenheiten jedoch auf Handlungen bis zu einer Wertgrenze von 12.000 Euro begrenzt.

Der Angeklagte 5* … ist seit dem 01.01.1976 als Kämmerer und Geschäftsleiter bei der Gemeinde ... im Beamtenverhältnis beschäftigt. Ihm oblag die Hauptverwaltung und die Finanzverwaltung, welche die allgemeinen Rechtsangelegenheiten, die Personalverwaltung, den Sitzungdienst, die Registratur, die Haushaltswirtschaft und die Vermögenswirtschaft umfassen. Seit November 2014 ist der Angeklagte 5* … vom Dienst freigestellt.

II. Nachversteuerung

Im Frühjahr 2013 hat das Finanzamt R.für die Jahre 2009 – 2012 eine Lohnsteueraußenprüfung bei der Gemeinde ... durchgeführt. Im Prüfungsbericht vom 02.05.2013 wurden diverse Auszahlungen der Gemeinde ... an die anderweitig Verfolgte ... und den Angeklagten 5* … beanstandet und hierfür mit Bescheid vom 05.06.2013 steuerliche Nachforderungen im Hinblick auf die Lohnsteuer in Höhe von insgesamt 30.455,45 Euro gegenüber der Gemeinde ... festgesetzt. Der Nachforderung zugrunde lag der Umstand zu Grunde, dass die erfolgten Auszahlungen jeweils brutto ohne Abzug der Lohnsteuer nach § 2 Abs. 1 LStDV erfolgt waren.

Im Einzelnen handelte es sich um folgende Nachforderung:

Auszahlungsgrund

Begünstig“

Auszahlungsbetrag

Steuerliche

ter

Nachforderung

Anordnung vom 29.01.2010

5* …

Jan 2010: 11.193,40 Euro

19.954,43 Euro

und vom 14.12.2010

Dez 2010: 10.712,83 Euro

Urlaubsabgeltung für den Ge“

schäftsstellenleiter

Nach Abschluss der Lohnsteueraußenprüfung war der Angeklagte 5* … vor der Festsetzung des Bescheids persönlich von der Zeugin 7* …, der zuständigen Prüferin des Finanzamts Regensburg, auf die Beanstandungen sowie den Umstand hingewiesen worden, dass es sich bei der Nachforderung um eine persönliche Steuerschuld handelt. Dem anderweitig Verfolgte ... und dem Angeklagten 5* … war dabei bekannt, dass das Finanzamt Regensburg die auf die ausgezahlte Reisekostenpauschale und Urlaubsabgeltung entfallene Nachversteuerung jeweils der persönlichen Einkommenssteuerschuld zuführen und nicht die Gemeinde ... in Anspruch nehmen wollte. Dennoch bestand der Angeklagte 5* … gegenüber der Zeugin 7* … auf der Übernahme der Steuerschuld durch die Gemeinde ... Dementsprechend stellte der anderweitig Verfolgte ... in seiner Eigenschaft als 1. Bürgermeister mit Schreiben vom 26.04.2013 anschließend beim Finanzamt 6* … im Namen der Gemeinde ... einen Antrag auf Pauschalisierung der Lohnsteuer und Übersendung eines Steuerbescheids an die Gemeinde ... Dieses Schreiben wurde von dem Angeklagten 5* … zu einem nicht näher eingrenzbaren Zeitpunkt vor Antragstellung vorbereitet und dem anderweitig Verfolgte ... mit den zugehörigen Unterlagen zur Zeichnung vorgelegt. In der Folge hat das Finanzamt Regensburg am 05.06.2013 einen gegen die Gemeinde ... gerichteten Lohnsteuerbescheid über 30.455,45 Euro erlassen. Die Steuerlast in Höhe von insgesamt 30.455,45 Euro wurde sodann aufgrund der vom anderweitig Verfolgte ... in bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Angeklagten 5* … gefertigten Zahlungsanordnung vom 22.07.2013 von der Gemeinde ... auch tatsächlich beglichen. Eine Rückforderung der entrichteten Lohnsteuer von den durch die Auszahlungen begünstigten Angeklagten 5* … erfolgte plangemäß nicht.

Für die Übernahme der Steuerlast durch die Gemeinde war lediglich die Form der Nettonachversteuerung möglich, indem der tatsächliche Auszahlungsbetrag als Nettobetrag für die Berechnung der Steuerschuld zugrunde gelegt wird. Tatsächlich wurde die nachzuversteuernde Urlaubsabgeltung für den Angeklagten 5* … brutto ausbezahlt, sodass der darin enthaltene Lohnsteueranteil dem Angeklagten statt dem Finanzamt zugeflossen war. Durch die Nettonachversteuerung hat die Gemeinde ... den genannten Betrag, einschließlich der enthaltenen Lohnsteuer nochmals versteuert.

Der Gemeinde ... entstand durch die Übernahme der persönlichen Steuerschuld des Angeklagten 5* … ein Schaden in Höhe von 19.954,43 Euro.“

Diese tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils, welche denselben Sachverhalt wie das Disziplinarverfahren betreffen, sind nach Art. 25 Abs. 1 BayDG bindend. Der Sachverhalt ergibt sich im Übrigen auch zweifelsfrei aus den vorliegenden Akten und wurde von dem Beklagten eingeräumt.

2. Der Beklagte hat im Januar 2010 für nicht genommene Urlaubstage eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 11.193,20 Euro und im Dezember 2010 eine Abgeltung in Höhe von 10.712,83 Euro erhalten. Die erste Zahlung ergibt sich aus dem Lohnkonto des Beklagten für Dezember 2010 (Bl. 50 DA), welches eine entsprechende Nachzahlung für den Monat Januar ausweist. Die Zahlung für den Monat Dezember ergibt sich aus einem Schreiben der Gemeinde ... an die Realsteuerstelle Regensburg vom 14.12.2010 (Bl. 51 DA), auf welchem die Berechnung des Abgeltungsanspruchs („entspricht 40 Urlaubstage“) vermerkt ist. Das Schreiben trägt die Unterschrift des damaligen 1. Bürgermeisters und den Bearbeitervermerk „037/ …“, welcher das Namenskürzel des Beklagten ist. Der Beklagte legte das entsprechende Schreiben dem 1. Bürgermeister zur Unterschrift vor. Die Gesamtsumme der Urlaubsabgeltung beträgt 21.921,40 Euro. Der Gemeinderat, welcher nach § 11 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Gemeinde 1* … ab einem Betrag ab 12.000,00 Euro entsprechenden Zahlungen zustimmen muss, hatte keine Kenntnis von der Urlaubsabgeltung. Der Beklagte wusste, dass in der Verordnung über den Urlaub der bayerischen Beamten und Richter (Urlaubsverordnung – UrlV) eine finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub nicht vorgesehen ist. Zudem ist es nach § 11 der Urlaubsverordnung – UrlV lediglich zulässig 15 Tage ins Folgejahr zu übertragen, wobei diese spätestens nach 3 Jahren einzubringen sind und andernfalls der Urlaubsanspruch verfällt. Durch die benannte rechtswidrige Anordnung und Auszahlung der Urlaubsabgeltung wurde die Gemeinde in Höhe der jeweils ausgezahlten Beträge geschädigt. Der Sachverhalt, welcher Gegenstand der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 04.11.2015 (Az. 155 Js 24977/14) war, wurde in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Regensburg am 29.06.2016 im Rahmen einer Verständigung nach 257 c StPO gemäß § 154 Abs. 1, Abs. 2 StPO eingestellt.

Der Sachverhalt steht fest aufgrund des Inhalts der beigezogenen Strafakten sowie der der Disziplinarbehörde seitens der Gemeinde ... übermittelten Unterlagen. Er wird von dem Beklagten eingeräumt. Der Beklagte hat sich dahingehend eingelassen, dass nach der neueren Rechtsprechung des EuGH eine finanzielle Abgeltung nicht genommener Urlaubstage möglich sei. Er habe den ihm zustehenden Jahresurlaub wegen hoher Arbeitsbelastung und personeller Unterbesetzung über mehrere Jahre hinweg nicht nehmen können. Insoweit habe der Dienstherr seine Fürsorgepflicht verletzt. Die Urlaubsabgeltungen seien durch den 1. Bürgermeister angeordnet worden, der Gemeinde sei kein finanzieller Schaden entstanden, da ansonsten zusätzliches Personal hätte eingestellt werden müssen. Der BKPV habe die Urlaubsabgeltungen nicht beanstandet, ebenso wenig wie das Landratsamt. Grund für die Aufsplittung sei gewesen, dass im Januar 2010 noch nicht absehbar gewesen sei, inwieweit der Urlaub im Laufe des Jahres hätte genommen werden können.

Diese Einlassung ist nicht geeignet, ein vorsätzliches Verhalten des Beklagten zu verneinen oder von einem Verbotsirrtum seitens des Beklagten auszugehen. Ihm waren als langjährigem Geschäftsleiter mit Vorgesetztenfunktion die einschlägigen Vorschriften bekannt. Die Rechtsprechung des EuGH in dem Urteil vom 03.05.2012 (Az. C-337/10) stammt aus einem Zeitraum nach den Urlaubsabgeltungen für den Beklagten im Jahre 2010 und bezieht sich ausdrücklich nur auf den Fall, dass ein Beamter bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf eine Vergütung für bezahlten Jahresurlaub hat, den er nicht nehmen konnte, weil er aus Krankheitsgründen keinen Dienst geleistet hat. Im Falle des Beklagten trifft dies nicht zu; nicht genommener Jahresurlaub verfällt unter den Voraussetzungen der §§ 10 Abs. 1 Satz 2, 11 UrlV. Inwieweit Milderungsgründe zum Tragen kommen, ist im Rahmen der Maßnahmebemessung zu bewerten.

3. Mit schriftlicher Anordnung vom 01.10.2007 (Bl. 67 DA) gewährte der damalige 1. Bürgermeister dem bei der Gemeinde ... beschäftigten Beamten 10* … und dem Beklagten jeweils eine monatliche Leistungszulage von 7% aus deren Anfangsgrundgehalt rückwirkend ab dem 01.01.2007. Das Schreiben trägt das Bearbeiterkürzel „…“, was auf eine Sachbearbeitung durch den Beklagten hindeutet.

Zu einem nicht näher ermittelbaren Zeitpunkt im Jahr 2010 erweiterte der 1. Bürgermeister seine Anordnung auf die Auszahlung einer Leistungszulage an den dritten bei der Gemeinde ... beschäftigten Beamten 1... ab dem 01.01.2010 und erhöhte gleichzeitig die bestehenden Leistungszulagen zu Gunsten des Beklagten und 10* … geringfügig ebenfalls zum 01.01.2010.

Im Einzelnen wurden über den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.05.2014 folgende Beträge tatsächlich ausgezahlt:

Zulagenempfänger Zeitraum der Auszahlung Monatlicher Betrag Betrag insgesamt

01.01.2007- 31.12.2009 201,66 Euro 7.259,76 Euro

5* … 01.01.2010 - 31.05.2014 216,83 Euro 11.491,99 Euro

01.01.2007 - 31.12.2009 134,12 Euro 4.828,32 Euro

10* … 01.01.2010-30.04.2014 145,17 Euro 7.548,84 Euro

1... 01.01.2010-31.05.2014 156,20 Euro

8.278,60 Euro Summe: 39.407,51 Euro

Wie der Bayerische Kommunale Prüfungsverband in seinem Prüfungsbericht über die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2011 bis 2013 und der Kasse der Gemeinde ... (Bl. 79 ff DA) unter TZ 8 ausführt, war die zeitgleiche Gewährung der Leistungszulagen an die drei Beamten sowie eine durchgehende Zahlung der Leistungszulagen seit 2007 bzw. 2010 rechtswidrig. Die zur Gewährung von Leistungszulagen bzw. Leistungsprämien zulässigen Höchstgrenzen wurden nicht eingehalten. Nach den damals geltenden Gesetzesvorschriften, insbesondere den §§ 4, 5 BayLPZV, gültig bis 31.12.2010, war im Jahr 2010 für die Gemeinde ... die Gewährung einer Leistungszulage nur an einen Beamten zulässig. Diese Leistungszulage konnte rückwirkend nur für einen Höchstzeitraum von 6 Monaten festgesetzt werden. Ab dem Jahre 2011 war gemäß Art. 67 Abs. 2 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 4 BayBesG, gültig ab 01.01.2011, nur noch die Auszahlung einer Leistungsprämie an nur einen Beamten für einen Höchstzeitraum von 12 Monaten möglich. Obgleich dem Beklagten die Rechtswidrigkeit der gewährten Leistungszulagen bekannt war und er als Kämmerer der Gemeinde ... aufgrund seiner Verantwortung für die finanziellen Angelegenheiten der Gemeinde dazu verpflichtet gewesen wäre, unterließ er es, gegen die rechtsgrundlosen Zahlungen einzuschreiten.

Der Sachverhalt, welcher im Hinblick auf die ab 01.01.2010 gezahlten Leistungsprämien Gegenstand der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 04.11.2015 (Az. …*) war, wurde in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Regensburg am 29.06.2016 im Rahmen einer Verständigung nach 257 c StPO gemäß § 154 Abs. 1, Abs. 2 StPO eingestellt.

Der Sachverhalt steht aufgrund der von der Gemeinde ... der Disziplinarbehörde überlassenen Unterlagen sowie dem Inhalt der beigezogenen Strafakten fest. Er wird von dem Beklagten auch nicht in Abrede gestellt. Er beruft sich allerdings darauf, dass die Leistungszulagen Ausgleich für die besondere Beanspruchung, namentlich des Beklagten durch die wirtschaftlich nicht geschädigte Gemeinde gewesen seien. Dieses Vorbringen ändert nichts an dem zugrunde gelegten Sachverhalt, sondern ist im Rahmen der Maßnahmebemessung zu bewerten.“

Das dem Beklagten unter Abschnitt III. Ziffer 1. vorgeworfene Verhalten stelle ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar. Durch das strafbare Verhalten habe er gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze verstoßen. Weiterhin lägen Verstöße gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung und zum achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vor. Durch das unter Abschnitt III. Ziffer 2. vorgeworfene Verhalten habe er ebenfalls gegen seine Pflicht zur Beachtung der Gesetze verstoßen. Auch dieses Verhalten stelle, wie auch durch die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft Regensburg in der Anklageschrift vom 4. November 2015 bestätigt, eine Untreuehandlung dar. Der Beklagte, dem als Geschäftsleiter und Kämmerer eine Vermögensbetreuungspflicht im Hinblick auf die Finanzen der Gemeinde ... oblegen habe, habe in Mittäterschaft mit dem 1. Bürgermeister die gesetzeswidrigen Urlaubsabgeltungen zu seinen Gunsten zum Nachteil der Gemeinde ... veranlasst. Er habe damit auch gegen die Pflicht, die übertragenen Aufgaben uneigennützig wahrzunehmen und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen. Im Hinblick auf die in rechtswidriger Weise gewährten Leistungszulagen (Abschnitt III. Ziffer 3.) habe es der Beklagte unterlassen, diese rechtswidrigen Zahlungen zu unterbinden, obwohl er als Geschäftsleiter und Kämmerer hierzu verpflichtet gewesen wäre und damit, wie ebenfalls durch die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft Regensburg in der Anklageschrift bestätigt, eine Untreuehandlung durch Unterlassen verwirklicht. Soweit der Beklagte sich dahingehend eingelassen habe, dass die Leistungszulagen auf Wunsch des 1. Bürgermeisters gezahlt worden seien, hätte er dem entgegentreten und remonstrieren müssen. Da die Leistungszulagen auch ihm persönlich zugutegekommen seien, habe er auch gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung sowie die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen. Der Beklagte habe jeweils vorsätzlich gehandelt. Schuldausschließungs- und Rechtfertigungsgründe lägen nicht vor.

Ausgangspunkt der Maßnahmezumessung sei der in dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Regensburg festgestellte Sachverhalt, wonach der Beklagte eine Untreue in besonders schwerem Fall verwirklicht habe und aufgrund dessen zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts würden schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust bewirken, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führe. Begehe ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsehe, reiche der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Vorliegend sehe der Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Damit reiche der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Aufgrund der konkreten Umstände komme hier die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens in Betracht. Zwar komme nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine präjudizielle Bedeutung zu. Allerdings liege die Verurteilung hier in zeitlicher Nähe zu der nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG maßgeblichen Verurteilung zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe, die zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge habe. Im Hinblick auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung könne dieser Aspekt daher nicht völlig unberücksichtigt bleiben.

Der ständigen Rechtsprechung sei bislang der Grundsatz zu entnehmen gewesen, dass innerdienstliche Untreue- und Betrugshandlungen bei einem Schaden von über 5000 € auch ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen. Auch wenn der Wert wohl nicht mehr maßgeblich sei, sei der dem Beklagten strafrechtlich vorwerfbare Schaden in Höhe von 19.954,40 € erheblich und liege bei weitem über dem bisherigen Schwellenwert.

Der Beklagte habe als Geschäftsleiter und Kämmerer im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt und sich in eigennütziger Weise durch Missbrauch seiner Amtsstellung einen Vorteil verschafft. Er sei damit seiner Stellung als Amtsleiter, dem mit diesem Amt verbundenen Ansehen in der Bevölkerung als Repräsentant der Gemeinde und seiner Vorbildfunktion gegenüber den Mitarbeitern in keiner Weise gerecht geworden. Die Ansehensschädigung werde auch durch die erhebliche Presseberichterstattung über seine Taten dokumentiert.

Neben dem strafrechtlich sanktionierten Verhalten des Beklagten würden die unter Abschnitt III. Ziffer 2. und 3. ausgeführten zusätzlichen Verfehlungen zusätzlich hinzutreten, die ebenfalls Untreuehandlungen darstellen, zu einem erheblichen Vermögensschaden der Gemeinde führten und jeweils für sich genommen die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen.

Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor. Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten scheide aus, da der Beklagte den Schaden erst nach der Entdeckung der Tat vor der strafgerichtlichen Hauptverhandlung wiedergutgemacht habe. Wie sich aus der Anhörung des Beklagten am 18. November 2014 ergebe, habe dieser, mit der Nachforderung des Finanzamts konfrontiert, sich lediglich bereit erklärt, sich mit einem „moderaten Betrag“ an der Steuerforderung, die durch die Urlaubsabgeltung entstanden sei, zu beteiligen. Die von dem Beklagten behauptete strukturelle Missorganisation der Gemeindeverwaltung, insbesondere die angeblich mangelnde Personalausstattung und seine große Einsatzbereitschaft, könnten – gerade im Hinblick auf die Höhe des entstandenen Schadens – nicht soweit mildernd berücksichtigt werden, dass bei Zugrundelegung der oben genannten Rechtsprechung von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen wäre. Auch eine mögliche Überlastung rechtfertige nicht, dass die Gemeinde persönliche Steuerschulden übernehme oder Urlaubsansprüche und Leistungsprämien entgegen eindeutiger gesetzlicher Vorschriften abgegolten bzw. ausbezahlt werden. Weitere Ermittlungen der Disziplinarbehörde zur Frage einer arbeitsmäßigen Überlastung seien daher nicht veranlasst. Es habe sich nicht um eine einmalige Pflichtverletzung sondern um mehrere Dienstpflichtverletzungen gehandelt, die sich, insbesondere im Hinblick auf die rechtswidrigen Leistungszulagen, auch über einen längeren Zeitraum hinzogen. Die vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen lägen nach dem Tatzeitraum und könnten daher ebenfalls nicht mildernd berücksichtigt werden. Das im Rahmen der abschließenden Anhörung vorgelegte Gutachten vom 10. Februar 2017 enthalte keine zeitliche Festlegung dahingehend, zu welchem Zeitpunkt die gesundheitlichen Beeinträchtigungen begannen, sondern stelle lediglich pauschal fest, dass diese schon vor der Erstkonsultation am 26. November 2014 bestanden hätten und sich nicht erst nach der Einleitung von Ermittlungen erkennen ließen. Dies stehe auch in Widerspruch zu dem Attest vom 9. März 2015, wonach der Beklagte nach seinen eigenen Angaben seit den ihm vorgeworfenen Verstößen an den beschriebenen Beeinträchtigungen leide. Die Tatsache, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet sei und 40 Jahre lang seinen Dienst beanstandungsfrei und mit hohem Arbeitseinsatz geleistet habe, führe in Anbetracht der erheblichen Schwere des Dienstvergehens ebenfalls nicht dazu, dass von der Höchstmaßnahme abzusehen wäre, da der eingetretene endgültige Vertrauensverlust auch in diesen Fällen zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führe.

Beide von der Gemeinde ... übermittelten Persönlichkeitsbilder würden dem Beklagten Fachkompetenz und überdurchschnittlichen Einsatz bescheinigen. Jedoch werde auch ausgeführt, dass er eigenmächtig handelte, sich über Anweisungen der Vorgesetzten gelegentlich hinwegsetzte und gegenüber den Mitarbeitern einen dominanten Führungsstil pflegte, wobei er auch kleinere Aufgaben nicht delegierte. Diese Persönlichkeitsbilder können daher weder zugunsten noch zu Lasten des Beklagten gewertet werden.

In der Gesamtschau sei festzustellen, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten, insbesondere in dessen Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit, zerstört sei. Im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen, das Maß der Schuld und auch aus generalpräventiven Erwägungen sowie unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten sei die Verhängung der Höchstmaßnahme angezeigt. Diese disziplinarrechtliche Folge sei angemessen, erforderlich und auch geboten.

Die Ausführungen in der Klageerwiderung seien nicht geeignet, von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen. Soweit der Beklagte auf Tatsachen hinweise, die im Rahmen des strafgerichtlichen Verfahrens bei der Bemessung des Strafurteils zu seinen Gunsten bewertet wurden, dürfe auf die Ausführungen im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Januar 2017 zur unterschiedlichen Zweckrichtung von Straf- und Disziplinarrecht verwiesen werden. Soweit der Beamte darauf hinweise, dass das Gemeinderatsmitglied ... Kenntnis von der Urlaubsabgeltung gehabt habe, werde hierdurch nicht die Kenntnis des Gemeinderats als Gremium ersetzt. Die Ausführungen zur Schädigung der Gemeinde seien nicht nachvollziehbar, da der Untreueschaden aufgrund der bindenden Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils feststehe. Für spekulative Aufrechnungen mit der angeblichen Einsparung von Personalkosten sei in diesem Zusammenhang kein Raum.

Die vorgelegte Stellungnahme des ehemaligen 2. Bürgermeisters führe ebenfalls nicht zu einer anderen Maßnahmebemessung. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasse dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordere eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimme oder es – etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar in einer psychischen Ausnahmesituation – davon abweiche. Vorliegend habe sich der Beamte weder in einer finanziellen Notlage befunden, noch lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass er aufgrund einer psychischen Ausnahmesituation handelte. Es sei daher nicht ersichtlich, dass diese Stellungnahme zu einer milderen Maßnahme führen könnte.

Auch sei die langjährige Beachtung der Dienstpflichten – selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen – so sie bereits vor der Suspendierung aufgetreten sein sollten, was nicht nachgewiesen wurde – könnten nicht als Milderungsgrund berücksichtigt werden, da keinerlei Kausalität zwischen dem Dienstvergehen und einem angeschlagenen Gesundheitszustand erkennbar sei. Festzuhalten bleibe, dass der Beamte im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt habe und weder anerkannte noch sonstige Milderungsgründe zu seinen Gunsten streiten. Er habe seine Stellung missbraucht, um sich ein ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen. Daher sei ein weiterer Verbleib im Dienst weder der Gemeinde oder dem Dienstherrn noch der Allgemeinheit zuzumuten.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Disziplinarklage abzuweisen.

Die Disziplinarbehörde begnüge sich damit, aus dem Strafurteil zu zitieren, dessen Feststellungen bindend seien. Wenn die tatsächlichen Feststellungen gegen den Beklagten bindend seien, so müsse dies aber auch für die positiven Feststellungen gelten. Hiernach habe zugunsten des Beklagten sein vollumfängliches Geständnis, die noch abzuurteilenden Vorwürfe der Nachversteuerung der Urlaubsabgeltung betreffend, mit dem er eine langwierige und unter Umständen schwierige Beweisaufnahme entbehrlich machte, gesprochen. Das Geständnis sei insoweit als werthaltig einzustufen. Dies bestätige auch die Loyalität des Beklagten gegenüber seinem Dienstherrn. Zu seinen Gunsten sei weiter zu berücksichtigen gewesen, dass er den Schaden bereits reguliert hatte. Der Schadensbetrag sei vollumfänglich erstattet worden. Zu seinen Gunsten sei auch zu werten, dass er ein Geständnis abgelegt habe, welches glaubhaft von Schuldeinsicht und Reue getragen war. Ferner habe das Amtsgericht ausdrücklich anerkannt, dass der Beklagte durch die Tat selbst persönlich sehr belastet war und ist. Er stehe seit Jahren im Fokus der Öffentlichkeit und sei Gegenstand einer breiten Berichterstattung, die angesichts der recht kleinen Gemeinde ... nicht ohne Auswirkungen auf sein tägliches Umfeld bleibe. Anders als das Amtsgericht wolle die Disziplinarbehörde aber offenbar unbedingt die „Höchststrafe“ vollziehen.

Entgegen den weiteren Ausführungen habe der Gemeinderat sehr wohl Kenntnis von der Urlaubsabgeltung gehabt. ... (damals Gemeinderatsmitglied und Mitglied im Rechnungsprüfungsausschuss) habe den Beklagten anlässlich der örtlichen Rechnungsprüfung für 2012 gefragt, ob er Urlaubsabgeltung erhalten hätte, was der Beklagte bejaht habe. Hierauf sei auch in einem anonymen Brief an die Staatsanwaltschaft (dort eingegangen am 19. Februar 2015) hingewiesen. Da sehr viele Detailkenntnisse in dem Brief enthalten seien, könne er nur von einem anderen Gemeinderatsmitglied gekommen sein.

Eine Schädigung der Gemeinde erscheine fraglich, da im Gegenzug zur Zahlung auch die Arbeitsleistung gestellt werden musste (und gestellt wurde). Im Übrigen seien durch die zwischenzeitliche Personalmehrung (ausschließlich in der Verwaltung) die Kosten hierfür um 25% gestiegen. Per Saldo liege also kein Schaden der Gemeinde vor. Die Einstellung nach § 254 Abs. 1 und 2 StPO sei auch eine Tatsachenfeststellung, die bindend sein müsse, so dass die Verfolgung im Disziplinarverfahren ausgeschlossen werde.

Die Höchstmaßnahme sei nicht verhältnismäßig. Der Orientierungsrahmen für das Dienstvergehen liege jedenfalls über drei Jahren, so dass hier für den Beklagten das gleiche Recht gelten müsse. Auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Juni 2008 sei ein weiteres Mal hingewiesen. Der dort verurteilte Beamte sei trotz Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug mit der Folge eines finanziellen Vorteils von insgesamt ca. 164.000 € „nur“ zurückgestuft worden. Die (vergleichsweise) hohe kriminelle Energie habe das Gericht ausdrücklich angesprochen. Nach diesen Maßstäben sei eine Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis aber unverhältnismäßig.

Im Weiteren möge es sein, dass zehn Monate Freiheitsstrafe in zeitlicher Nähe zu zwölf Monaten bzw. einem Jahr liegen. Aber das Amtsgericht habe sich auch Gedanken darüber gemacht, warum das Strafmaß auf zehn Monate begrenzt wurde. Im Urteil habe es zehn Monate ausdrücklich als ausreichend bezeichnet. Gerade nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe damit diese „präjudizielle Bedeutung“ keine wesentliche Berücksichtigung erfahren. Dabei scheinen die Ausführungen der Landesanwaltschaft erneut widersprüchlich, da es einerseits so aussehe, als hätte dieser Gesichtspunkt keine Relevanz, andererseits der Aspekt doch „nicht völlig unberücksichtigt bleiben“ könne.

Gleiches gelte für die Ausführungen im Folgenden, die wieder nicht klar erkennen ließen, ob der in der Tat vom Bundesverwaltungsgericht aufgegebene „Schwellenwert“ nun noch gelte, oder nicht. Wenn sich in der Tat jede schematische Betrachtung verbiete, so auch diejenige, dass ein vermeintlich vorwerfbarer Schaden „bei weitem über dem bisherigen Schwellenwert“ liege. Die Presseberichterstattung könne dem Beklagten nicht zur Last gelegt werden, sondern stelle ganz im Gegenteil eine erhebliche Belastung dar. Diese sei offensichtlich zustande gekommen, weil Mitglieder des Gemeinderats rechtswidrig aus nichtöffentlicher Sitzung geplaudert hätten. Sonst hätten nicht am Tag nach der Sitzung Presseberichte im Internet sowie am nächsten Tag in der Mittelbayerischen Zeitung und sogar der Bayer. Staatszeitung stehen können. Der Beklagte habe sogar von seiner Suspendierung aus der Zeitung erfahren. Erst später sei sie ihm offiziell mitgeteilt und zugestellt worden. Auch das Amtsgericht habe die Presseberichterstattung gerade zu Gunsten des Beklagten gewertet. Auch das sei eine Tatsachenfeststellung, die bindend sein sollte.

Das Persönlichkeitsbild werde durch die beiden Bürgermeister nur negativ dargestellt. Dass der Beklagte kein geldgieriger Mensch sei, beweise die Tatsache, dass er über zwei Jahrzehnte in führenden Positionen (und damit mit großem Zeitaufwand) beim Bayerischen Roten Kreuz und der Johanniter-Unfall-Hilfe tätig war, und zwar ehrenamtlich und ohne Aufwendungsersatz. Dies habe auch Bürgermeister ... in einem Zeitungsbericht vom 28. November 2014 gewürdigt. Demgegenüber sei ... beim 1... Oberbürgermeister der Auffassung, dass man jemandem, dem es schlecht gehe, nicht noch „eins mitgeben“ muss. Dem Beklagten gegenüber habe Bürgermeister ... allerdings während seiner Amtszeit geäußert, dass er dem ... „noch eine mitgeben“ wird. Dass der Beklagte da auch dabei sei, habe ... nicht gesagt, aber offensichtlich schon vorgehabt.

Entgegen den weiteren Ausführungen in der Klageschrift sei nichts vertuscht worden, so dass es auch nichts zu entdecken gab. Die Urlaubsabgeltung sei im Lohnkonto aufgeführt gewesen und nachvollziehbar. Außerdem habe der Gemeinderat davon gewusst. Die Formulierung „moderater Betrag“ sei bei der Ermessensanhörung nicht vom Beklagten sondern vom Bürgermeister so gewählt worden. Für den Beklagten sei klar gewesen, dass er die Bruttosteuer (nicht Nettosteuer) gemäß BKPV zu ersetzen hatte. Dies habe er unter dem Begriff verstanden. Die große Einsatzbereitschaft des Beklagten werde durch ständige 50-Stunden-Wochen bestätigt. Das Landratsamt habe sogar die Auffassung vertreten, dass die Gemeinde als Dienstherr gegenüber dem Beklagten die Fürsorgepflicht verletzt hatte. Dies sei sogar im Gemeinderatsprotokoll vom 25. November 2014 durch die Gemeinde selbst protokolliert worden. In der gleichen Sitzung sei dann die Suspendierung beschlossen worden.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen seien bereits vor der Suspendierung vorhanden gewesen. Da der Beklagte kein wehleidiger Mensch sei, sei er nicht beim Arzt gewesen und habe sich teilweise auch krank in die Arbeit geschleppt. Mit der Suspendierung habe er aber einfach nicht mehr gekonnt und den Arzt aufgesucht, der ihn sofort krankschrieb. Aufgrund der ständigen Stresssituation im Dienst habe der Beklagte auch einen kreisrunden Haarausfall bekommen. Im Folgenden widerspreche sich die Landesanwaltschaft erneut selbst, wenn einerseits die Persönlichkeitsbilder neutral sein sollen, andererseits aber die Persönlichkeit des Beklagten doch wieder die Höchstmaßnahme fordere. In der „Gesamtschau“ falle auf, dass die vermeintlich vollständige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses von der Landesanwaltschaft vielfach verteidigt, aber nirgends wirklich dargelegt oder begründet werde. Sie stehe vielmehr apodiktisch im Raum und scheitere weder an der Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur präjudiziellen Bedeutung des Strafmaßes noch an der Aufgabe der Schwellenwerte. Im Gegenzug werde festgestellt, dass „anerkannte“ Milderungsgründe nicht vorlägen. Die eingewandten Milderungsgründe würden demgegenüber unbehandelt bleiben oder als nicht geeignet erscheinen, den einmal (wo?) festgestellten Vertrauensverlust auszugleichen. Hier beginne die Argumentation der Landesanwaltschaft bei Extrempositionen, die natürlich nicht in Reichweite seien. So laufe die Argumentation des Beklagten freilich nicht darauf hinaus, „dass die Gemeinde persönliche Steuerschulden des Beklagten übernimmt oder Urlaubsansprüche und Leistungsprämien entgegen eindeutiger gesetzlicher Vorschriften abgegolten bzw. ausbezahlt werden“. Mit solchen Extrempositionen verstelle sich die Landesanwaltschaft aber selbst den Blick auf das, worauf es hier ankomme. Nämlich die Frage, ob der Beklagte wirklich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müsse, und zwar um sowohl seine Umwelt als auch deren Vertrauen in die Beamtenschaft zu schützen. Es möge sein, dass der Beklagte Dinge getan habe, die geeignet erscheinen, dieses Vertrauen anzukratzen. Die obigen Ausführungen zeigten aber doch auch, dass er umgekehrt so viel für den Freistaat bzw. die Gemeinde ... getan hat, dass er es verdient habe, dass ihm noch einmal eine Chance gegeben wird.

Die Landesanwaltschaft teilte dem Gericht mit Schreiben vom 12. Februar 2018 mit, dass nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Regensburg diese gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage führe (Az. 155 Js 14728/17). Unter Berücksichtigung des im Disziplinarverfahren geltenden Beschleunigungsgrundsatzes werde die Landesanwaltschaft den diesem Strafverfahren zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht im Wege der Nachtragsdisziplinarklage in das anhängige gerichtliche Disziplinarverfahren einbeziehen, sondern gegebenenfalls ein weiteres Disziplinarverfahren einleiten (Art. 51 Abs. 3 Satz 3 BayDG).

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenunterlagen und die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen. Die Gerichtsakten in den Verfahren Az. RO 10A DS 16.961 und RO 10A DK 08.196 wurden beigezogen.

Gründe

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Parteien ihr Einverständnis hiermit erklärt haben, Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayDG.

Die zulässige Disziplinarklage führt zu der Entscheidung, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, da er wegen eines schweren innerdienstlichen Dienstvergehens das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.

Gegen die Ordnungsgemäßheit der Klageschrift bestehen keine Bedenken. Sie entspricht den Anforderungen des Art. 50 Abs. 1 BayDG und gibt in ausreichender Weise den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens sowie die für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel in geordneter Darstellung wieder. Mängel der Klageschrift und des behördlichen Disziplinarverfahrens wurden von dem Beklagten nicht – innerhalb der Frist des Art. 53 Abs. 1 BayDG – geltend gemacht.

1. Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung die Sachverhalte zugrunde, die der Kläger in den Nrn. III.1. bis 3. des Klageschriftsatzes vom 29. März 2017 darlegte.

a. Zunächst legt das Gericht der disziplinarrechtlichen Würdigung die tatsächlichen Feststellungen des seit 7. Juli 2016 rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts Regensburg vom 29. Juni 2016 (Az. 23 LS 155 Js 24977/14) zugrunde. Dieses verurteilte den Beklagten wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 2, § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Die strafgerichtlichen Feststellungen sind gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für ein Disziplinar(-klage) verfahren bindend. Offenkundig unrichtige Feststellungen sind weder erkennbar noch von dem – insoweit geständigen – Beklagten behauptet worden. Vielmehr räumte er selbst ein, dass der Gemeinde ... durch die Übernahme einer persönlichen Steuerschuld ein Schaden in Höhe von 19.954,43 € entstanden sei.

b. Ferner geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte im Januar 2010 für nicht genommene Urlaubstage eine ihm nicht zustehende Urlaubsabgeltung in Höhe von 11.193,20 € und im Dezember 2010 in Höhe von 10.712,83 € erhalten hat (Nr. III.2. des Klageschriftsatzes). Außerdem wurden dem Beklagten (und weiteren Beamten der Gemeinde ...*) zu Unrecht Leistungszulagen gewährt (Nr. III.3. des Klageschriftsatzes). Der Sachverhalt hinsichtlich der Urlaubsabgeltung ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus Nr. II der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 4. November 2015 (155 Js 24977/14). Hinsichtlich der Gewährung der Leistungszulagen ergibt sich dies zumindest für den Zeitraum ab 1. Januar 2010 aus Nr. IV. der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. Der Beklagte hat die Sachverhalte im Übrigen nicht – durchgreifend – bestritten. Insoweit kam es im Rahmen einer Verständigung im Hauptverhandlungstermin nach § 257c StPO zu einer Einstellung gemäß 154 Abs. 1, 2 StPO. Nach dem Strafurteil vom 29. Juni 2016 beruhen die Feststellungen zum Sachverhalt auf dem „vollumfänglichen Geständnis“ des Beklagten. Für die disziplinarrechtliche Würdigung ist es nicht maßgeblich, dass das Strafverfahren insoweit gemäß § 154 Abs. 1, 2 StPO eingestellt wurde, da er die zugrundeliegenden Sachverhalte im Wesentlichen einräumte.

Soweit sich der Beklagte zu seiner Entlastung hinsichtlich der im Januar und Dezember 2010 erhaltenen „Urlaubsabgeltung“ auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Mai 2012 (Az. C-337/10) bezieht, kann er keinen Erfolg haben, da der Europäische Gerichtshof entschied, dass ein Beamter bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bezahlten Jahresurlaub hat, den er nicht genommen hat, weil er aus Krankheitsgründen keinen Dienst leistete. Dies ist mit dem Fall des Beklagten nicht vergleichbar. Dieser stand nämlich nicht vor dem Eintritt in den Ruhestand und war nicht aus Krankheitsgründen an der Dienstleistung verhindert. Soweit er sich bezüglich der Leistungszulagen auf seine dienstliche Belastung beruft, ändert dies nicht daran, dass diese unter Verstoß gegen die relevanten rechtlichen Bestimmungen gewährt wurden. Den Beklagten kann auch nicht entlasten, dass möglicherweise einzelne Mitglieder des Gemeinderats Kenntnis von der Urlaubsabgeltung gehabt haben sollen. Dies ersetzt weder die Kenntnis des Gremiums noch die Beachtung der maßgeblichen Vorschriften. Dass die Urlaubsabgeltung mit Recht und Gesetz nicht im Einklang stand, war dem Beklagten als langjährigem Kämmerer und geschäftsleitenden Beamten bewusst.

2. Der Beklagte hat durch sein Verhalten in den oben dargestellten Sachverhalten insbesondere vorsätzlich und schuldhaft gegen die Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten. Ferner liegt hierin ein Verstoß gegen seine Pflicht, die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen (§ 34 Satz 2 BeamtStG), sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Es handelt sich um ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Der Beklagte hat die Untreuehandlungen nicht zu Lasten eines außen stehenden Dritten begangen, sondern zu Lasten des Dienstherrn selbst, weshalb das Dienstvergehen als innerdienstlich zu qualifizieren ist (vgl. BVerwG vom 5.5.1993 Az. 1 D 49/92).

3. Die Schwere des Dienstvergehens gebietet die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Beamte sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn sie durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben. Die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme ist gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG nach pflichtgemäßen Ermessen, insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 Az. 2 C 6/14). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (vgl. BVerfG vom 8.12.2004 Az. 2 BvR 52/02). Eine Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 Az. 2 C 12.04). Bei der Ausübung des den Gerichten nach Art. 14 Abs. 1 BayDG eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden.

Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (vgl. z.B. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Dabei bewirken schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zur Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Höhe der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen. Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. z.B. BVerfG vom 8.12.2004 a.a.O.). Da die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der in Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung und besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 a.a.O.).

a. Das Dienstvergehen des Beklagten wiegt so schwer, dass er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dabei wirkt sich insbesondere das dem Strafurteil des Amtsgerichts Regensburg vom 29. Juni 2016 zugrunde gelegte Geschehen dahingehend aus, dass die Veruntreuung gemeindlicher Gelder in der hier eingeräumten Höhe von 19.954,43 € bereits für sich geeignet ist, die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu rechtfertigen, ohne dass es auf die dem Beklagten weiteren zur Last gelegten Vorwürfe, hinsichtlich derer das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1, 2 StPO eingestellt wurde (Urlaubsabgeltung und Leistungszulagen), ankommt. Andererseits sind auch diese jeweils für sich geeignet, zur Entfernung des Beklagten zu führen.

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, griff das Bundesverwaltungsgericht zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurück. Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayDG am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist nach der neueren Rechtsprechung jedoch auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet dies eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von Dienstvergehen. Es wird verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

Der letztlich abgeurteilte Tatvorwurf gegen den Beklagten beinhaltet eine Untreue gemäß § 266 Abs. 1, 2, § 263 Abs. 3 Nr. 4 StGB. Hinsichtlich der weiteren Vorwürfe wurde das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2, 1 StPO (Teileinstellung bei mehreren Taten) eingestellt. Die oben genannten Strafnormen sehen einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

b. Die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des Dienstvergehens entspricht. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (vgl. z. B. BVerwG vom 23.7.2013 Az. 2 C 63.11). Zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens kann bei (außergerichtlichen) Dienstvergehen auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O. m.w.N.).

Diese Grundsätze bezüglich der „zweiten Stufe“ finden jedoch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine Anwendung. Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, komme dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zu (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 Az. 2 B 24/16). Vielmehr habe das Verwaltungsgericht in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war der Beamte im Strafurteil wegen Geheimnisverrats gemäß § 353b StGB in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt worden. Sei von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, komme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 a.a.O. m.w.N.). In diesem Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis jedoch für zulässig erachtet. Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kann damit selbst die Verhängung einer Geldstrafe – anders als bei außerdienstlichen Dienstvergehen – zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen. Zwar mag eine Verurteilung bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine „präjudizielle“ Bedeutung entfalten. Allerdings kann sie im Rahmen der Beurteilung des Schweregehalts dieses Dienstvergehens durchaus Berücksichtigung finden.

Die Verurteilung des Beklagten zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung ist erheblich (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 a.a.O.; BayVGH vom 31.1.2017 a.a.O.). Sie bewegt sich mit zehn Monaten in einem Bereich, der nahe an das Strafmaß heranreicht, das zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat. Die Veruntreuung gemeindlicher Gelder hat nicht nur zu einem eklatanten Vertrauensbruch und einem erheblichen Schaden geführt. Der Beklagte hat auch im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt. Als Leiter der Gemeindeverwaltung ist er deren Repräsentant und prägt gegenüber Mitarbeitern und Gemeindebürgern deren Erscheinungsbild. Missbraucht er seine Stellung, um sich einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen, ist sein weiterer Verbleib im Dienst der Gemeinde weder dem Dienstherrn noch der Allgemeinheit zuzumuten (vgl. BayVGH vom 31.1.2017 m.w.N.). Als Kämmerer trifft ihm eine Pflicht zur Betreuung des Gemeindevermögens (vgl. VG Ansbach vom 5.4.2018 Az. AN 13b D 17.01676). Auch gegen diese Pflicht hat er durch sein Verhalten verstoßen.

c. Die Umstände der Tatbegehung wirken sich zu Lasten des Beklagten aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Beamte in Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren (vgl. BVerwG vom 2.5.2017 a.a.O. m.w.N.). Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssten die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zu dem Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe könnten sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen, stehe (vgl. BVerwG vom 2.5.2017 a.a.O. m.w.N.).

Das Bundesverwaltungsgericht und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass innerdienstliche Untreue- oder Betrugshandlungen eines Beamten bei einem Schaden von über 5.000 € auch ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen (vgl. BVerwG vom 6.5.2015 Az. 2 B 19.14; BayVGH vom 15.3.2017 Az. 16a D 14.1160 m.w.N.). Diese Wertgrenze ist wohl nicht mehr maßgeblich, da sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2015 (Az. 2 C 6/14), entnehmen lässt, dass sich jede schematische Betrachtung – insbesondere an Hand von Schwellenwerten – verbietet.

Es liegen hier jedoch Erschwernisgründe vor, die die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen. Die Veruntreuung gemeindlicher Gelder in Höhe von 19.954,40 € ist bereits für sich genommen geeignet, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu rechtfertigen. Hinzu kommen noch eine dem Beklagten nicht zustehende Urlaubsabgeltung in Höhe von insgesamt 21.921,40 € und die Gewährung von Leistungszulagen von über 11.000 € ab 1. Januar 2010 an sich selbst. Daneben wurden noch weitere Zulagen außerhalb dieses Zeitraums an ihn und an weitere Personen ausgezahlt. Die Höhe des Schadens wirkt sich – unabhängig von einer nicht mehr anzuwendenden Wertgrenze – zu Lasten des Beklagten aus. Ihm musste als geschäftsleitenden Beamten und Kämmerer die Rechtswidrigkeit der veranlassten Zahlungen bewusst gewesen sein. Er handelte auch und gerade unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung. Außerdem wurden die weiteren Tatvorwürfe nicht wegen erwiesener Unschuld sondern aus Gründen der Prozessökonomie eingestellt. Dem Dienstvergehen lagen kein einmaliges Fehlverhalten sondern zeitlich länger dauernde Unregelmäßigkeiten zugrunde.

d. Zugunsten des Beklagten ist zu berücksichtigen, dass er straf- und disziplinarrechtlich bisher nicht einschlägig in Erscheinung getreten ist. Dem steht jedoch auch unter Berücksichtigung der langjährigen engagierten und unbeanstandeten Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung das – hier erhebliche – Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden entgegen, die die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und angemessene Reaktion erscheinen lassen. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, dass ihm das Strafurteil eine günstige Sozialprognose bescheinigt habe und er deshalb nur zu 10 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden sei, verkennt er, dass Straf- und Disziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen. Das Disziplinargericht hat in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung eigenständig und ohne Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (vgl. BayVGH vom 31.1.2017 a.a.O.), was hier der Fall ist.

Soweit der Beklagte sich darauf beruft, dass er sich bei den Ermittlungen stets kooperativ verhalten, den Vorwurf eingeräumt sowie den Schaden vollständig beglichen habe, ist dies grundsätzlich zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Die spätere Einräumung des Fehlverhaltens und die Wiedergutmachung des Schadens nach Entdeckung der Tat führen aber nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme. Ein Absehen von der Höchstmaßnahme käme allenfalls dann in Betracht, wenn er durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung von seinen Taten abgerückt wäre (vgl. BVerwG vom 28.8.2007 Az. 2 B 26/07). Hier hat der Beklagte die in Streit stehenden Beträge aber erst dann ausgeglichen, als seine Handlungsweise bereits Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen war.

Das Gericht verkennt nicht das erhebliche dienstliche Engagement des Beklagten über einen langen Zeitraum. Dies rechtfertigt es aber nicht, über einen längeren Zeitraum gegen maßgebliche rechtliche Bestimmungen zu verstoßen, strafrechtlich relevante Tatbestände zu verwirklichen und den entstandenen sowie im Strafurteil festgestellten Schaden nunmehr mit Berechnungen über Neueinstellungen zu relativieren. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist – selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH vom 15.3.2017 Az. 16a D 14.1160). Dass die Gemeinde ... nunmehr höhere Ausgaben haben soll als in früheren Jahren, ist nicht geeignet ihn zu entlasten, da eine nicht ausreichende Personalausstattung einen Beamten nicht davon entbindet, die Gesetze zu beachten. Hinzu kommt, dass es zu den Aufgaben eines geschäftsleitenden Beamten auch gehört, auf eine sachgerechte Aufgabenverteilung und Personalausstattung hinzuwirken. Sollte der Beklagte dies versäumt haben, kann er sich nicht nachträglich zu seiner Entlastung hierauf berufen. Soweit der Beklagte auf die langjährige Berichterstattung in der Presse und die damit verbundenen Belastungen für seine Person hinweist, stellt dies nachvollziehbar für ihn eine Belastung dar. Allerdings beruht diese Berichterstattung im Wesentlichen auf seinem eigenen disziplinarrechtlich relevanten Fehlverhalten.

Die durch den 1. und 2. Bürgermeister der Gemeinde ... erstellten Persönlichkeitsbilder wertet das Gericht als neutral. So wird dem Beklagten durchaus zugestanden, dass er ein tüchtiger, kluger und rechtssicherer Mitarbeiter war. Er sei der Gemeinde lange Zeit ein guter Mitarbeiter gewesen. Andererseits werden ihm auch ein eigensinniges Agieren und ein ausgeprägter Kontrolldrang attestiert. Gerade in den letzten Monaten/Jahren habe er sich derartig inakzeptabel gegenüber seinem Dienstherrn verhalten, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Zukunft nicht mehr möglich sein werde. Soweit der Beklagte auf eine schriftliche Äußerung des ehemaligen 2. Bürgermeisters der Gemeinde Bezug nimmt, handelt es sich um kein aktuelles Persönlichkeitsbild eines Vorgesetzten. Dieser war nämlich nach seinen Angaben bis zum Jahr 2008 2. Bürgermeister. Damit kann sich diese Stellungnahme allenfalls auf einen Zeitraum beziehen, der vor dem hier relevanten Zeitraum lag. Die Äußerung ist daher nicht geeignet zu Gunsten des Beklagten zu sprechen.

e. Anerkannte (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, sind nicht erkennbar. Das Verhalten des Beklagten stellt sich nicht als unbedachte persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (vgl. hierzu BVerwG vom 24.2.1999 Az. 1 D 31.98).

Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger Milderungsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die spätere Einräumung des Fehlverhaltens und die Wiedergutmachung des Schadens nach Entdeckung der Tat können nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Ein Absehen von der Höchstmaßnahme käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Beklagte durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung von seinen Taten abgerückt wäre (vgl. BVerwG vom 28.8.2007 a.a.O.). Dies war hier jedoch nicht der Fall (s.o.).

Von einer an sich verwirkten Höchstmaßnahme ist ausnahmsweise zugunsten einer milderen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein anerkannter Milderungsgrund von einem solchen Gewicht vorliegt, der geeignet ist, das schwere Dienstvergehen des Beklagten als weniger gravierend erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH vom 22.11.2017 Az. 16b D 15.1182). Es bestehen hier jedoch keine hinreichenden tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen aufgrund einer krankhaften seelischen Störung in einem Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.d. §§ 20, 21 des Strafgesetzbuches (StGB) begangen hat.

Den vorgelegten Attesten lässt sich nicht entnehmen, dass der Beklagte ab dem hier relevanten Zeitraum – insbesondere ab dem Jahr 2010 – nicht in der Lage war, sein Verhalten entsprechend zu steuern. Auch eine etwaige Überlastung vermag nicht zu erklären, weshalb er trotz der ausdrücklichen Hinweise der Steuerprüferin die Begleichung seiner Steuerschuld durch die Gemeinde veranlasst hat. Im Übrigen gibt es auch keine Anhaltspunkte für eine psychische Beeinträchtigung im Tatzeitraum. In dem Arztbrief des 15* … vom 9. März 2015 heißt es zur Vorgeschichte, dass man dem Beklagten einen Verstoß gegen das Beamtenrecht vorgeworfen habe, der mittlerweile weitere Untersuchungen nach sich ziehe. Er leide „seit dem“ unter Einschlaf- und Durchschlafstörungen etc. In dem nervenärztlichen Befundbericht vom 1. Dezember 2015 ist davon die Rede, dass sich der Beklagte seit 6. März 2015 in nervenärztlicher Mitbehandlung befinde. Der ärztlichen Bescheinigung des ... vom 14. Dezember 2015 lässt sich entnehmen, dass sich der Beklagte am 26. November 2014 in medizinische Behandlung begeben habe. In dem ärztlichen Attest des ... vom 10. Februar 2017 wird darüber hinaus behauptet, dass die „Zeichen einer Belastungsreaktion … sich nicht erst nach der Einleitung von Ermittlungen erkennen lassen“. Woher der Arzt diese Erkenntnis nimmt, lässt sich aus dem Attest nicht erschließen. Im Übrigen lässt sich keinem dieser Arztbriefe/Atteste entnehmen, dass der Beklagte seine Dienstpflichtverletzungen im Zustand der Schuldunfähigkeit oder zumindest der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat. Vergleichbares gilt hinsichtlich des Milderungsgrunds der „negativen Lebensphase“, der nur dann mildernd berücksichtigt werden kann, wenn sich der Beamte zur Tatzeit in ihr befand (vgl. BVerwG vom 28.8.2007 a.a.O.).

f. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch verhältnismäßig. Sie verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist – wie hier – durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen.

g. Soweit sich der Beklagte auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Juni 2008 (Az. RO 10A DK 08.196) bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig für jeden Fall zu entscheiden hat. Ein „Präjudiz“ gibt es insoweit nicht. Im Übrigen lag diesem Urteil ein außerdienstliches und nicht wie hier ein innerdienstliches Dienstvergehen zu Grunde, so dass die Sachverhalte nicht vergleichbar sind.

Der Beklagte erscheint damit im Beamtenverhältnis nicht mehr als tragbar, da er das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit endgültig verloren hat. Im Disziplinarklageverfahren ist daher in der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis angezeigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG. Gerichtsgebühren werden nicht erhoben, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG.

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 09. Juli 2018 - RO 10 DK 17.542 zitiert 13 §§.

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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein

Strafprozeßordnung - StPO | § 257c Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten


(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt. (2) Gegenstand dieser Verstä

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 24 Verlust der Beamtenrechte


(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts 1. wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder2. wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vor

Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV | § 2 Arbeitslohn


(1) Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. (2) Zum Arbeitslohn gehören auch 1. Einnahmen im Hinbli

Strafgesetzbuch - StGB | § 353b Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht


(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als 1. Amtsträger,2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder4. Europäischer Amtsträger,anvertraut worden oder sonst b

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(1) Erklärungen des Angeklagten, die in einem richterlichen Protokoll oder in einer Bild-Ton-Aufzeichnung einer Vernehmung enthalten sind, können zum Zweck der Beweisaufnahme über ein Geständnis verlesen beziehungsweise vorgeführt werden. (2) Das

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 15. März 2017 - 16a D 14.1160

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Gründe 1 Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerd

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Tatbestand 1 Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

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Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2016 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag gemäß Art. 61 Abs. 1 BayDG auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung sowie auf Aussetzung der Einbehaltung von Bezügen zu Recht abgelehnt. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S.d. Art. 61 Abs. 2 BayDG an der Rechtmäßigkeit der Verfügung der Landesanwaltschaft... - Disziplinarbehörde - vom 26. April 2016, mit der der … geborene Antragsteller, der seit … als Geschäftsleiter der Gemeinde W. (Gemeinde), seit … im Amt eines Verwaltungsrats (BesGr A 13), beschäftigt ist, gemäß Art. 39 Abs. 1 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben (Nr. 1) und gemäß Art. 39 Abs. 2 BayDG die Einbehaltung von 50% seiner Dienstbezüge angeordnet wurde (Nr. 2).

1. Ernstliche Zweifel (Art. 61 Abs. 2 BayDG) an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung bestehen nicht, da in dem gegen den Antragsteller eingeleiteten Disziplinarverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Der Antragsteller hat aufgrund der durch ihn als Geschäftsleiter veranlassten Übernahme seiner persönlichen Steuerschuld in Höhe von 19.954,40 € aus der finanziellen Abgeltung von Erholungsurlaub durch die Gemeinde eine Untreue und dadurch ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen, durch das das Vertrauen der Gemeinde voraussichtlich endgültig zerstört wurde, was nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen wird. Dieser Sachverhalt steht gemäß Art. 55 Hs. 1, 25 Abs. 1 BayDG aufgrund des seit 7. Juli 2016 rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts R* … vom 29. Juni 2016 (23 Ls 155 Js 24977/14) fest, mit dem der Antragsteller wegen Untreue nach §§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG kann die Disziplinarbehörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens u.a. vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG erkannt werden wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch das Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht (Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG).

Der Beamte kann bei dem Gericht der Hauptsache die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beantragen (Art. 61 Abs. 1 BayDG). Die vorläufige Suspendierung ist auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen (Art. 61 Abs. 2 BayDG). Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift sind dann anzunehmen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts offen ist, ob die von der Behörde getroffene Anordnung rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Im Hinblick auf Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG ist zu prüfen, ob die Prognose gerechtfertigt ist, der Beamte werde im Disziplinarverfahren voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, was der Fall ist, wenn im Rahmen des Eilverfahrens aufgrund der vorhandenen Feststellungen die Möglichkeit der Verhängung der Höchstmaßnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Ist zumindest ebenso wahrscheinlich, dass eine Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis im Disziplinarverfahren nicht erfolgen wird, sind insoweit ernstliche Zweifel i.S.d. Art. 61 Abs. 2 BayDG zu bejahen. Hinsichtlich des dem Beamten zur Last gelegten Dienstvergehens genügt die Feststellung, dass er dieses mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit begangen hat; nicht erforderlich ist, dass es bereits in vollem Umfang nachgewiesen ist (BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 16a DS 13.706 - juris Rn. 18).

Die Veruntreuung gemeindlicher Gelder in Höhe von 19.954,40 € ist bereits für sich genommen geeignet, die Prognose der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu rechtfertigen, so dass es auf die weiteren, dem Antragsteller zur Last gelegten Vorwürfe, deren Verfolgung im Strafverfahren z.T. nach §§ 154, 154a StPO eingestellt bzw. beschränkt wurde, nicht ankommt. Es kann auch offen bleiben, ob die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG zu bejahen sind, so dass auch nicht entscheidungserheblich ist, ob der Antragsteller innerhalb der Gemeindeverwaltung umsetzbar wäre.

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 13). Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24.16 - juris Rn. 14). Begeht ein Beamter eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht - hier sind es nach §§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 StGB bis zu zehn Jahre -, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme daher bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 20).

Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht, ist bei innerdienstlichen Betrugs- oder Untreuehandlungen i.d.R. anzunehmen, wenn das Eigengewicht der Tat entweder besonders hoch ist oder eine zusätzliche Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vorliegt und auch durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Erschwernisgründe können sich beispielsweise aus der Anzahl und Häufigkeit der Taten, der Höhe des verursachten Schadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse ergeben (BVerwG, B.v. 6.5.2015 - 2 B 19.14 - juris Rn. 11).

Die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens kommt hier aufgrund der konkreten Umstände des Dienstvergehens in Betracht. Angesichts der Schwere des in der Strafverurteilung dokumentierten Pflichtenverstoßes und des dadurch verursachten Gesamtschadens in Höhe von 19.954,40 € sowie der Stellung des Antragstellers als Geschäftsleiter ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten. Die Veruntreuung gemeindlicher Gelder hat nicht nur zu einem eklatanten Vertrauensbruch und einem erheblichen Schaden geführt. Der Antragsteller hat auch im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt. Als Leiter der Gemeindeverwaltung ist er deren Repräsentant und prägt gegenüber Mitarbeitern und Gemeindebürgern deren Erscheinungsbild. Missbraucht er seine Stellung, um sich einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen, ist sein weiterer Verbleib im Dienst der Gemeinde weder dem Dienstherrn noch der Allgemeinheit zuzumuten (BayVGH, U.v. 24.1.2001 - 16 D 99.1734 - juris Rn. 101).

Demgegenüber besitzen die vorgetragenen Milderungsgründe kein solches Gewicht, dass voraussichtlich von der Höchstmaßnahme abgesehen werden kann.

Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass ihm das Strafurteil eine günstige Sozialprognose bescheinigt habe und er deshalb nur zu 10 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, die zudem zur Bewährung ausgesetzt worden sei, so dass ihm auch künftig Vertrauen als Beamter entgegen gebracht werden könne, verkennt er, dass Straf- und Disziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen. Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme deshalb keine präjudizielle Bedeutung zu. Das Disziplinargericht hat vielmehr in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung eigenständig und ohne Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (BVerwG, B.v. 5.7.2016 a.a.O. Rn. 13-16), was vorliegend nach dem oben Ausgeführten voraussichtlich zu bejahen ist. Im Übrigen ist die strafgerichtliche Verurteilung, die wegen des zugrunde gelegten Strafrahmens der §§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 StGB von einem besonders schweren Fall der Untreue ausgegangen ist, weil der Antragsteller seine Befugnisse und Stellung als Amtsträger missbraucht hat, mit 10 Monaten Freiheitsstrafe auch nicht unerheblich.

Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er sich bei den Ermittlungen stets kooperativ verhalten, den Vorwurf eingeräumt sowie den Schaden vollständig beglichen habe, ist dies zwar zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Die spätere Einräumung des Fehlverhaltens und die Wiedergutmachung des Schadens nach Entdeckung der Tat führen aber nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme. Ein Absehen von der Höchstmaßnahme käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Antragsteller durch freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung von seinen Taten abgerückt wäre (BVerwG, B.v. 28.8.2007 - 2 B 26.07 - juris Rn. 13).

Eine mildere Disziplinarmaßnahme kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil der Antragsteller disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist und gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 5 a) BZRG als nicht vorbestraft gilt, sondern 40 Jahre lang seinen Dienst beanstandungsfrei geleistet hat. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind i.d.R. nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen vollständig zerstört hat, von einer Entfernung aus dem Dienst abgesehen werden könnte. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 5.4.2013 - 2 B 79.11 - juris Rn. 27).

Soweit der Antragsteller erklärt, dass er sich anders verhalten hätte, wenn er sich bewusst gewesen wäre, dass sein Handeln strafbare Untreue darstelle, und dass er die Sachlage rechtlich anders eingeschätzt habe, nur weil er loyal den Anordnungen des Bürgermeisters gefolgt sei, ohne diese kritisch zu hinterfragen, kann er weder seine Verantwortung auf diesen schieben noch sich auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen. Aufgrund der Hinweise der Steuerprüferin war dem Antragsteller vielmehr bekannt, dass es sich bei der Steuernachforderung um seine persönliche Steuerschuld und nicht um eine solche der Gemeinde handelte, so dass er durch die Anordnung, diese aus Mitteln der Gemeinde zu begleichen, bewusst vorsätzlich eine Untreue zu Lasten der Gemeinde beging.

Soweit der Antragsteller angibt, im Tatzeitraum persönlich besonderen Belastungen ausgesetzt gewesen zu sein, weil die Gemeindeverwaltung personell unterbesetzt gewesen sei, vermöchte auch eine etwaige Überlastung nicht zu erklären, weshalb er trotz der Hinweise der Steuerprüferin die Begleichung seiner Steuerschuld durch die Gemeinde veranlasst hat. Im Übrigen gibt es auch keine Anhaltspunkte für eine psychische Beeinträchtigung des Antragstellers im Tatzeitraum. Die diagnostizierte akute Belastungsreaktion mit somatischen Beeinträchtigungen (Schlafstörungen, Unruhezustände, Schwitzen, Leberstörung, Haarausfall, erhöhter Blutdruck) ist nach Aussage im fachärztlichen Attest Dr. L. vom 9. März 2015 erst nach der Einleitung von straf- und disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen ihn aufgetreten. Gleiches gilt für das laut Befundbericht Dr. L. vom 1. Dezember 2015 und Bescheinigung Dr. F. in der Folge bei ihm konstatierte Überlastungssyndrom.

Soweit der Antragsteller rügt, dass er aufgrund des Straf- und Disziplinarverfahrens im Licht der Öffentlichkeit gestanden habe, ohne dass die Gemeinde sich schützend vor ihn gestellt habe, gebietet dies auch die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) nicht. In der Einleitung eines Straf- bzw. eines Disziplinarverfahrens gegen einen Beamten als solches liegt keine Fürsorgepflichtverletzung, auch wenn die Öffentlichkeit hiervon durch die Presse erfährt. Darin liegt keine Vorverurteilung. Ob die Vorwürfe zutreffen, ist im Straf- bzw. Disziplinarverfahren zu klären (BayVGH, B.v. 19.7.2013 - 3 ZB 08.2979 - juris Rn. 33).

2. Die Anordnung zur Einbehaltung von 50% der Dienstbezüge des Antragstellers gemäß Art. 39 Abs. 2 Satz 1 BayDG ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands des Antragstellers, der seit November 2014 durchgehend dienstunfähig krankgeschrieben ist, so dass er seine Arbeitskraft nicht mehr verwerten kann, verbleiben dem Antragsteller monatlich 2.547,58 € brutto (2.099,36 € netto) zum Leben. Zusätzlich ist auch das Einkommen seiner Ehefrau als Fachoberlehrerin zu berücksichtigen. Unterhaltspflichten gegenüber seinen beiden erwachsenen Kindern sind nicht vorgetragen oder ersichtlich. Nachweise zu seinen Ausgaben hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt, was zu seinen Lasten geht (BayVGH, B.v. 11.3.2010 - 16a DS 09.2359 - juris Rn. 42).

3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (Art. 3 BayDG i.V.m. § 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.

(2) Zum Arbeitslohn gehören auch

1.
Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis;
2.
Einnahmen aus einem früheren Dienstverhältnis, unabhängig davon, ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen. Bezüge, die ganz oder teilweise auf früheren Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten oder seines Rechtsvorgängers beruhen, gehören nicht zum Arbeitslohn, es sei denn, daß die Beitragsleistungen Werbungskosten gewesen sind;
3.
Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Voraussetzung ist, daß der Arbeitnehmer der Zukunftssicherung ausdrücklich oder stillschweigend zustimmt. Ist bei einer Zukunftssicherung für mehrere Arbeitnehmer oder diesen nahestehende Personen in Form einer Gruppenversicherung oder Pauschalversicherung der für den einzelnen Arbeitnehmer geleistete Teil der Ausgaben nicht in anderer Weise zu ermitteln, so sind die Ausgaben nach der Zahl der gesicherten Arbeitnehmer auf diese aufzuteilen. Nicht zum Arbeitslohn gehören Ausgaben, die nur dazu dienen, dem Arbeitgeber die Mittel zur Leistung einer dem Arbeitnehmer zugesagten Versorgung zu verschaffen;
4.
Entschädigungen, die dem Arbeitnehmer oder seinem Rechtsnachfolger als Ersatz für entgangenen oder entgehenden Arbeitslohn oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden;
5.
besondere Zuwendungen, die auf Grund des Dienstverhältnisses oder eines früheren Dienstverhältnisses gewährt werden, zum Beispiel Zuschüsse im Krankheitsfall;
6.
besondere Entlohnungen für Dienste, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistet werden, wie Entlohnung für Überstunden, Überschichten, Sonntagsarbeit;
7.
Lohnzuschläge, die wegen der Besonderheit der Arbeit gewährt werden;
8.
Entschädigungen für Nebenämter und Nebenbeschäftigungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Erklärungen des Angeklagten, die in einem richterlichen Protokoll oder in einer Bild-Ton-Aufzeichnung einer Vernehmung enthalten sind, können zum Zweck der Beweisaufnahme über ein Geständnis verlesen beziehungsweise vorgeführt werden.

(2) Dasselbe kann geschehen, wenn ein in der Vernehmung hervortretender Widerspruch mit der früheren Aussage nicht auf andere Weise ohne Unterbrechung der Hauptverhandlung festgestellt oder behoben werden kann.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.

(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.

(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.

(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensfehler (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

2

1. Der 1967 geborene, ledige Beklagte steht als Justizvollzugshauptsekretär im Dienst des Klägers. Wegen des Sachverhalts, der den Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Geheimnisverrats (§ 353b StGB) in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt. In zwei Fällen hatte der Beklagte einem ihm bekannten Mitglied eines Motorradclubs Informationen über ein in der Justizvollzugsanstalt inhaftiertes Mitglied dieses Motorradclubs, der wegen des Vorwurfs des Mordes an einem Mitglied eines konkurrierenden Motorradclubs vor Gericht stand, übermittelt. Der Beklagte hatte angegeben, auf welche Weise der Transport des inhaftierten Mitglieds zum Strafgericht gesichert und wie dieser Untersuchungshäftling in der Justizvollzugsanstalt untergebracht war. Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist neben dem strafgerichtlich abgeurteilten Geheimnisverrat noch der Umstand, dass sich der Beklagte bereit erklärt hatte, für zwei inhaftierte Mitglieder des Motorradclubs bestimmte Gegenstände in die Justizvollzugsanstalt zu schmuggeln und den Mitgliedern zu übergeben. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Der Beklagte habe die ihm obliegenden Dienstpflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, zur Amtsverschwiegenheit und zum Befolgen der allgemeinen Richtlinien seines Vorgesetzten verletzt. Bei Würdigung sämtlicher zu berücksichtigenden Umstände sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Die schwerste Verfehlung, die strafbare Verletzung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wiege so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis indiziert sei. Zu den beiden Fällen der unbefugten Offenbarung von Dienstgeheimnissen kämen weitere vorsätzliche Pflichtverletzungen hinzu. Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens fielen nicht derart ins Gewicht, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten sei.

4

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde des Beklagten beimisst.

5

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.

6

a) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zunächst in der Frage,

"ob der Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als vom Oberverwaltungsgericht angenommene schwerste Verfehlung des Beamten, ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen vermag, dass einzig die Entfernung aus dem Dienst als schwerste Disziplinarmaßnahme geeignet und angemessen ist, um das Vergehen des Beamten zu ahnden".

7

Die so formulierte Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde und deshalb nicht beantwortet werden könnte.

8

Der Frage liegt die Vorstellung zugrunde, das Oberverwaltungsgericht sei davon ausgegangen, der Verstoß des Beklagten gegen die ihm obliegende Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als der schwersten Verfehlung vermöge ohne weitere Wertung insbesondere für die Zukunft für sich allein schon die Annahme zu rechtfertigen, einzig seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sei als schwerste Disziplinarmaßnahme zur Ahndung des Vergehens des Beamten geeignet und angemessen.

9

Diese Vorstellung entspricht tatsächlich weder der Systematik der Vorschrift des § 13 LDG NW (entspricht § 13 BDG) noch der Vorgehensweise des Oberverwaltungsgerichts im konkreten Fall, das sich an der ständigen Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 S. 3 f.) zum Bedeutungsgehalt der Bestimmung des § 13 LDG NW orientiert hat. Die wörtlich verstandene Fragestellung unterscheidet nicht zwischen der Indizwirkung der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der eigentlichen Bemessung der Disziplinarmaßnahme unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls.

10

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist. Dementsprechend hat die Schwere des Dienstvergehens lediglich eine Indizwirkung, sie bestimmt aber nicht "ohne weitere Wertung" die für die Ahndung des Dienstvergehens angemessene Disziplinarmaßnahme.

11

Sollte sich die Frage - entsprechend den einleitenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung - tatsächlich nicht auf die endgültige Bemessung der Disziplinarmaßnahme, sondern lediglich auf die Einstufung der Schwere des Dienstvergehens i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW und der grundsätzlichen Zuordnung zu einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Ausgangspunkt für die weiteren Erwägungen nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 und 3 LDG NW beziehen, so könnte sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen. Denn die so verstandene Frage beträfe die Würdigung des konkreten Einzelfalls, die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.

12

b) Auch die weitere Frage,

"ob von einer vorsätzlichen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung schon allein dann die Rede sein kann, wenn eine Person, mit welcher der Beamte seit der Kindheit und Jugend persönlich verbunden ist, etwas als persönlichen Gefallen vom Beamten erbittet, die ihrerseits einer kriminellen Vereinigung angehört",

führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn auch sie betrifft lediglich die Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls und wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.

13

c) Schließlich begründet auch die Frage,

"ob die Erwägungen des Strafgerichts zum Strafmaß - wie vom Oberverwaltungsgericht angenommen - für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme tatsächlich unerheblich sind",

nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der Bewertung des Dienstvergehens durch die Strafgerichte für die disziplinarrechtliche Würdigung zugrunde gelegt (UA S. 25 f.). Insbesondere geht der Senat unverändert im Grundsatz davon aus, dass Straf- und Disziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen. Bei einer außerdienstlich begangenen Straftat kann zur Festlegung der Schwere des begangenen Dienstvergehens, die gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteile vom 25. März 2010 - 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 37). Ist von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, kommt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 38).

14

Dies gilt aber nur für außerdienstlich begangene Dienstvergehen, nicht aber für ein innerdienstliches Dienstvergehen, bei dem - wie hier - das pflichtwidrige Verhalten in das Amt des Beamten und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war. Bei diesem hat sich die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW zunächst ebenfalls am gesetzlich bestimmten Strafrahmen auszurichten, um durch die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes an dieser Vorgabe des Gesetzgebers eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - NVwZ 2016, 772 Rn. 19). Ein über die bisherige Rechtsprechung des Senats hinausgehender Klärungsbedarf wird in der Beschwerdebegründung nicht entsprechend § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt.

15

Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme dagegen keine "indizielle" oder "präjudizielle" Bedeutung zu (stRspr, BVerwG, Urteil vom 8. März 2005 - 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16).

16

Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass bei Straftaten im Amt das Strafgericht das sachnähere Gericht ist, um umfassende Erwägungen zur Strafzumessung zu treffen. Wie dargelegt, dient aber die disziplinarrechtliche Ahndung insbesondere eines innerdienstlichen Dienstvergehens nicht der strafrechtlichen Sanktionierung des Pflichtenverstoßes, sondern der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Für diese muss sich das Disziplinargericht nicht an der - im Streitfall ohnehin nicht unerheblichen - Geldstrafe orientieren, sondern hat in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.

17

3. Der vom Beklagten in der Beschwerdebegründung behauptete Verfahrensmangel (§ 67 Satz 1 LDG NW und § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

18

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihm in der mündlichen Verhandlung verschiedene Zeitungsberichte zur öffentlichen Wahrnehmung der Gruppe der "..." zur Kenntnis gebracht habe, ohne deren Relevanz für das Verfahren deutlich zu machen und ohne hierzu Fragen an den Beklagten zu richten. Dies trifft nicht zu.

19

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass ein Verfahrensbeteiligter Einfluss auf den Gang des gerichtlichen Verfahrens und dessen Ausgang nehmen kann. Zu diesem Zweck muss er Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts. Vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Das Gericht verstößt aber dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligten nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> sowie Kammerbeschluss vom 15. Februar 2011 - 1 BvR 980/10 - NVwZ-RR 2011, 460 Rn. 13 m.w.N.).

20

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht auf einen im vorstehenden Sinne überraschenden rechtlichen Gesichtspunkt abgehoben. Die Einordnung des Motorradclubs "..." als eine rechtsfeindliche und gewaltbereite Gruppierung war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens des Beklagten ausgeführt, es handele sich bei den "..." um eine Vereinigung, die außerhalb der Gesellschaft und deren Regeln und Gesetze stehe. Immer wieder würden einzelnen Mitgliedern oder ganzen Untergruppierungen Kontakte zur organisierten Kriminalität nachgewiesen, insbesondere hinsichtlich der Verstöße gegen das Betäubungsmittel- und das Waffengesetz. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht sind dem Beklagten vor der Erörterung der Sach- und Rechtslage Berichte über die Gewaltbereitschaft und die Nähe zur Kriminalität von Mitgliedern des Motorradclubs "..." ausgehändigt worden und ist ihm Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben worden. Zudem hat der Beklagte in der Berufungsverhandlung eingeräumt, von der langjährigen Mitgliedschaft seines Freundes bei den "..." gewusst zu haben. Angesichts dessen hätte ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter Anlass gehabt, von sich aus auf den Gesichtspunkt der Gefährlichkeit der Gruppierung "..." und ihrer Unterstützung durch den zweifachen Geheimnisverrat des Beklagten nach § 353b StGB, bei dem der Strafrahmen immerhin bis zu einer Freistrafe von fünf Jahren reicht, einzugehen und hierzu umfassend vorzutragen.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NW erhoben werden.

(1) Wer ein Geheimnis, das ihm als

1.
Amtsträger,
2.
für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,
3.
Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt oder
4.
Europäischer Amtsträger,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Hat der Täter durch die Tat fahrlässig wichtige öffentliche Interessen gefährdet, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, unbefugt einen Gegenstand oder eine Nachricht, zu deren Geheimhaltung er

1.
auf Grund des Beschlusses eines Gesetzgebungsorgans des Bundes oder eines Landes oder eines seiner Ausschüsse verpflichtet ist oder
2.
von einer anderen amtlichen Stelle unter Hinweis auf die Strafbarkeit der Verletzung der Geheimhaltungspflicht förmlich verpflichtet worden ist,
an einen anderen gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(3a) Beihilfehandlungen einer in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Person sind nicht rechtswidrig, wenn sie sich auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses oder des Gegenstandes oder der Nachricht, zu deren Geheimhaltung eine besondere Verpflichtung besteht, beschränken.

(4) Die Tat wird nur mit Ermächtigung verfolgt. Die Ermächtigung wird erteilt

1.
von dem Präsidenten des Gesetzgebungsorgans
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einem oder für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1;
2.
von der obersten Bundesbehörde
a)
in den Fällen des Absatzes 1, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit sonst bei einer oder für eine Behörde oder bei einer anderen amtlichen Stelle des Bundes oder für eine solche Stelle bekanntgeworden ist,
b)
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Täter von einer amtlichen Stelle des Bundes verpflichtet worden ist;
3.
von der Bundesregierung in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4, wenn dem Täter das Geheimnis während seiner Tätigkeit bei einer Dienststelle der Europäischen Union bekannt geworden ist;
4.
von der obersten Landesbehörde in allen übrigen Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 2.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 wird die Tat nur verfolgt, wenn zudem ein Strafverlangen der Dienststelle vorliegt.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

Auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen, weil sich der Senat die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang zu eigen macht (§ 130b Satz 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17. Januar 2014 auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts erkannt.

Als dienstpflichtverletzende Handlungen des Beklagten stellte es fest, dass er sich in 49 Einzelhandlungen einen ihm nicht zustehenden Betrag in Höhe von insgesamt 23.025,86 EUR zu Lasten der Verwaltungsgemeinschaft E. verschafft habe. Des Weiteren habe er am 25. August 1999 bewusst wahrheitswidrige Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. auf dessen Nachfrage hin des Inhalts gemacht, dass die vom Beklagten (bereits damals) abgerechneten Arbeitsstunden während des Urlaubs als „Sitzungsdienst“ entsprechend der bei der Verwaltungsgemeinschaft geltenden Vergütungsregelung für die Teilnahme von Protokollführern an Sitzungstagen abrechenbar seien und dies mit dem Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft so abgesprochen sei. Schließlich liege eine weitere dienstpflichtverletzende Handlung in der wahrheitswidrigen Stellungnahme des Beklagten (zum Bericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands vom 3. November 2006 über die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2002-2005 der Kassen der Verwaltungsgemeinschaft), dass die Zahlungen in den letzten Jahren auf ein Minimum zurückgeführt worden seien, die die Verwaltungsgemeinschaftsversammlung in der Sitzung vom 5. November 2007 dazu bewogen habe, die bisherige Regelung beizubehalten.

Gründe, sich im Sinne von Art. 55 Halbsatz 2 BayDG von den tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils zu lösen, weil es sich um offenkundig unrichtige Feststellungen handelte, lägen nicht vor; die im Urteil des Landgerichts Bamberg vom 13. Juni 2012 enthaltenen tatsächlichen Feststellungen seien nicht offenkundig unrichtig. Weder dem Urteil noch den Niederschriften über die Hauptverhandlungstermine vom 12. Juni 2012 und 13. Juni 2012 könnten Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass der Strafkammer Denkfehler oder Verfahrensverstöße unterlaufen seien; auch gebe es hinsichtlich der Feststellungen in dem Strafurteil keine Beweismittel, insbesondere Zeugen, welche der Strafkammer nicht zur Verfügung gestanden hätten. Soweit vorgetragen werde, dass das Landgericht fehlerhafterweise von einem Betrugsvorsatz ausgegangen sei, würden insoweit von der Beklagtenseite keine Denkfehler, Widersprüche zu allgemeinen Erfahrungssätzen, offenbare Unrichtigkeit bzw. eine offenkundige Verletzung wesentlicher Verfahrensfehler mit Erfolg geltend gemacht. Das Gericht könne derartiges auch nicht erkennen. Es würden insoweit auch keine neuen Beweismittel geltend gemacht, die dem Landgericht nicht zur Verfügung gestanden hätten, und nach denen die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts auf erhebliche Zweifel stoßen würden. Vielmehr äußere die Beklagtenseite eine von derjenigen der Strafkammer abweichende Rechtsauffassung; dies begründe aber keine offenkundigen Zweifel an den Tatsachenfeststellungen der Strafkammer. Dies gelte gleichermaßen für die vom Strafgericht als wahr eingeschätzte Behauptung des Beklagten dem dortigen Zeugen D. gegenüber, die „Arbeitsstunden“ seien als Sitzungsteilnahme abrechenbar und dies sei mit dem Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden abgesprochen, sowie hinsichtlich der vorgeworfenen wahrheitswidrigen Stellungnahme gegenüber der Gemeinschaftsversammlung und dem Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden, für die die Federführung beim Beklagten gelegen habe.

Neue Beweismittel seien insoweit nicht bezeichnet worden. Die von der Strafkammer bereits als Zeugen vernommenen D. und K. hätten nach den rechtlichen Hinweisen der Strafkammer erneut vernommen werden können, wenn ein diesbezüglicher Beweisantrag gestellt worden wäre, was ausweislich der Niederschrift nicht geschehen sei. Soweit es um die eventuelle Zeugenaussage des Sohnes des Beklagten gehe, hätte ein diesbezüglicher Beweisantrag ebenfalls gestellt werden können; letztlich sei es bei der eventuellen Zeugenaussage des Sohnes des Beklagten jedoch nicht um Gegenstände gegangen, welche die Tatsachenfeststellungen im Strafurteil betroffen hätten, sondern um Äußerungen der Zeugen D. und K. außerhalb der Hauptverhandlung. Das alles sei nicht geeignet davon auszugehen, dass die Strafkammer offenkundig unrichtige Tatsachen festgestellt habe. Nicht zum Erfolg im Sinne des Beklagten führten insoweit Ausführungen, die darauf abzielten, das Urteil der Strafkammer als rechtlich fehlerhaft anzusehen. Soweit in dem Schriftsatz vom 26. Februar 2013 von Seiten der Beklagtenbevollmächtigten als Beleg dafür, dass beim Beklagten kein Betrugsvorsatz vorgelegen habe, auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. November 2006 (1 K 560/06.TR) und die dort angewendete Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 5 Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung (MArbV) Bezug genommen werde, sei dies vorliegend nicht durchgreifend im Hinblick auf eine eventuelle Lösung von den tatsächlichen Feststellungen der Strafkammer. Vorliegend gehe es nicht um Mehrarbeitsvergütung im Sinne dieser Vorschrift, sondern um vom Beklagten geltend gemachte und erhaltene Vergütung für die Protokollführung bei Sitzungen, an denen er entweder nicht teilgenommen habe, bei denen er zwar anwesend gewesen sei, aber kein Protokoll geführt habe oder die in die Kernzeit gefallen seien und solche, bei denen er stichwortartig sitzungsfremde Tätigkeiten angegeben habe, die aber aufgrund seiner ursprünglichen Täuschung über die Berechtigung der diesbezüglich beanspruchten Vergütung bei der Zahlungsanweisung entgolten worden seien.

Eine Beweisaufnahme aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2014 gestellten Beweisanträge sei somit, soweit die Beweisanträge sich auf die im rechtskräftigen Strafurteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen bezögen, unzulässig, weil das Gericht an diese Feststellungen gebunden sei (wird ausgeführt).

Der Beklagte habe dadurch, dass er die dargestellten Betrugshandlungen begangen, dem Mitarbeiter D. gegenüber wahrheitswidrige Angaben gemacht und federführend eine wahrheitswidrige Stellungnahme gegenüber der Verbandsversammlung abgegeben habe, gegen die Pflichten, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), sein Amt zum Wohle der Allgemeinheit zu führen (§ 33 Abs. 1 Satz 2, 34 Satz 2, 3 BeamtStG) und seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (§ 35 Satz 1 BeamtStG) verstoßen und damit ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen - schuldhaft - begangen.

Die erforderliche, angemessene und verhältnismäßige Disziplinarmaßnahme sei vorliegend die Aberkennung des Ruhegehalts. Wäre der Beklagte noch im Dienst, so wäre er für einen Verbleib im Beamtenverhältnis untragbar geworden. Das in ihn gesetzte Vertrauen habe er verspielt. Schon die zu Lasten seines Dienstherrn begangenen 49 Betrugshandlungen - nehme man diese als die schwereren Dienstpflichtverletzungen - ließen sein Dienstvergehen als äußerst schwer erscheinen. Der von ihm verursachte Schaden - wie im Strafurteil festgestellt in Höhe von ca. 23.000,00 EUR - verhalte sich weit jenseits der Grenze von 5.000,00 EUR, oberhalb der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne. Erschwerungsgründe dieser Art lägen hier vor, weil der Beklagte weitere Dienstpflichtverletzungen von erheblichem Maße begangen habe. Hinzu trete, dass die Betrugshandlungen häufig und kontinuierlich und über einen sehr langen Zeitraum hinweg ausgeübt worden seien. Der Beklagte habe zudem keine Einsicht gezeigt. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor. So gebe die strafrechtliche Bewertung durch das Landgericht Bamberg, das mit seiner Strafzumessung knapp unter der Grenze des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG geblieben sei, zu erkennen, dass auch aus der Sicht des allgemeinen Strafrechts ein Fehlverhalten von erheblicher Bedeutung vorliege. Dass der Beklagte seinen Dienst lange Zeit unbeanstandet ausgeübt habe, spiele insoweit keine ausschlaggebende Rolle. Denn das von ihm gezeigte Fehlverhalten überwiege sein vorher gezeigtes beanstandungsfreies Verhalten bei Weitem. Der dadurch hervorgerufene absolute Vertrauensverlust könne auch durch ein früheres beanstandungsfreies Verhalten nicht aufgewogen werden. Der Beklagte könne sich auch nicht auf Fehler seiner Mitarbeiter berufen. Vielmehr habe er diese gerade unter Ausnutzung seiner Vorgesetztenstellung dazu bewogen, die von ihm geltend gemachten Sitzungsgelder anzuweisen, ohne dass diese deren Rechtswidrigkeit hätten erkennen können. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf hinausreden, dass er sich aufgrund eines überobligatorischen zeitlichen Einsatzes die rechtswidrig eingenommene Vergütung gleichsam verdient habe. Eine etwaige Überbelastung hätte er seinem Vorgesetzten mitteilen müssen, damit sodann innerhalb der beamtenrechtlichen Regeln Abhilfe hätte geschaffen werden können.

Unzutreffend sei auch, dass dem Dienstherrn des Beklagten durch sein Fehlverhalten - soweit es um die Betrugshandlungen gehe - kein Schaden entstanden sei. Denn dem Beklagten hätte bei korrekter Handhabung keine Mehrarbeitsvergütung zugestanden, mit der er gleichsam gegen die rechtswidrig sich zugeeigneten Beträge hätte „aufrechnen“ können. Seine Mehrarbeit sei nicht genehmigt und nicht genehmigungsfähig gewesen. Auch hieraus ergebe sich für den Beklagten kein Milderungsgrund.

Eine Entscheidung gem. Art. 13 Abs. 2, Abs. 4, Art. 11 Abs. 3 Satz 2, 3 BayDG sei nicht veranlasst gewesen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.

Er beantragt zuletzt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. Januar 2014 aufzuheben und das Verfahren einzustellen, hilfsweise unter Abänderung des angefochtenen Urteils eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Aberkennung des Ruhegehalts auszusprechen und nochmals hilfsweise unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Disziplinarsache an das Verwaltungsgericht Ansbach zurückzuverweisen.

Die Aberkennung des Ruhegehalts sei nicht verhältnismäßig, weil der Beklagte auf eine lange unbeanstandete Dienstzeit zurückblicken könne, in welcher er überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe. So sei im Urteil des Landgerichts Bamberg vom 13. Juni 2012 ausgeführt, dass der Beklagte über die reguläre Arbeitszeit hinaus regelmäßig pro Monat bis zu 50 Überstunden geleistet habe und dabei zum Teil auch Tätigkeiten ausgeführt habe, die bei anderen Gemeinden oder Verwaltungsgemeinschaften dieser Größenordnung gegen hohe Vergütungen an Drittunternehmen vergeben worden seien. Weder sei vom Verwaltungsgericht das Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft E. vom 20. Dezember 2011, in dem ausdrücklich bestätigt worden sei, dass dieser kein materieller Schaden entstanden sei, zur Kenntnis genommen worden, noch habe es mildernd berücksichtigt, dass der Verwaltungsgemeinschaft durch die Mehrarbeit des Beklagten Kosten erspart worden seien. Dass der Pflichtverstoß keine negativen Folgen gehabt habe, dürfe ebenso wenig außer Betracht bleiben wie der Umstand, dass dem Beklagten ein Abfeiern der gesamten Mehrarbeitsstunden nicht möglich gewesen sei. All dies müsse bei einer Gewichtung der Entlastungsgründe so schwer wiegen, dass eine Aberkennung des Ruhegehalts hier nicht als erforderliche und verhältnismäßige Disziplinarmaßnahme in Betracht komme. Die Grenze von 5.000 Euro, oberhalb welcher nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne, betreffe nicht den Fall, in welchem das Handeln des Beklagten - bestätigt von seinem Dienstherrn - keinen Schaden verursacht und sogar Kosten für den Dienstherrn verhindert habe. Zwar habe dem Beklagten bei korrekter Handhabung keine Mehrarbeitsvergütung zugestanden, er habe aber unstreitig auch für die Verwaltungsgemeinschaft Tätigkeiten übernommen, für welche kein Vertreter vorhanden gewesen sei, für die ihm kein Abfeiern der dafür geleisteten Mehrarbeitsstunden möglich gewesen sei und die ansonsten fremd zu vergeben gewesen wären. Er habe keine „Luftnummern“ abgerechnet, sondern seine Arbeit.

Im vorliegenden Fall sei allenfalls eine Zurückstufung das verhältnismäßige Sanktionsmittel gewesen, wie ein Blick auf die Rechtsprechung des Senats zeige. Es könne nicht sein und wäre auch der Öffentlichkeit nicht verständlich, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem Beamten bestehen bleibe, welcher höchsten Ansprüchen seines Dienstherrn über Jahrzehnte hinweg genüge getan habe, unstreitig viele Überstunden geleistet und nach Auffassung des Dienstherrn diesem auch keinen Schaden angerichtet habe, jedoch ein Polizeibeamter Beamter bleiben dürfe, obwohl er mehrere 100 kinderpornographische Darstellungen besessen habe. Die starre 5.000 Euro-Grenze, bei welcher auch ohne Hinzutreten erschwerender Umstände regelmäßig die Dienstentfernung bei Untreue oder Betrug verfügt werde, sei verfehlt und werde mit der Berufung ausdrücklich zur Überprüfung gestellt. Ergänzend werde auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug genommen, die erstinstanzlichen Beweisangebote würden ausdrücklich wiederholt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens sei unabdingbare Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Betrugs. Ein Schaden läge dann nicht vor, wenn eine Schadenskompensation zu bejahen wäre. Auch insoweit seien die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts nach Art. 25 Abs. 1 BayDG bindend. Das Landgericht habe hierzu ausgeführt, dass beim Geschädigten durch die Tathandlung selbst kein den Vermögensverlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet worden sei. Die gleichzeitige Berücksichtigung einer Tatbestandsvoraussetzung als Milderungsgrund verbiete sich schon aus systematischen Gründen. Die in Bezug genommene Bestätigung der Verwaltungsgemeinschaft E. vom 20. Dezember 2011 sei auch durch deren Schreiben vom 12. Dezember 2012 teilweise revidiert worden. Hierin werde ausgeführt, dass ein Beschäftigter der Verwaltungsgemeinschaft den Aufgabenbereich des Beklagten mit Ausnahme des Sitzungsdienstes übernommen habe. Dieser erfülle seine Aufgaben in der regulären Arbeitszeit. Fremdfirmen wären seit 2010 und auch künftig nicht mit ursprünglich dem Beklagten obliegenden Aufgaben beauftragt worden. Globalberechnungen, Gebührenkalkulationen, Betriebsabrechnungen u.ä. wären bereits in früheren Jahren, also auch bereits während der Tätigkeit des Beklagten, an Fremdfirmen vergeben worden. Der Sitzungsdienst sei unter mehreren Beschäftigten aufgeteilt worden, sodass Überstunden nur noch in ganz geringem Maße anfallen würden, die ausnahmslos „abgefeiert“ werden könnten. Der Beklagte könne sich deshalb nicht darauf berufen, durch seine Arbeitsleistung wären Kosten in einem Umfang erspart worden, der den rechtswidrig an ihn ausgezahlten Überstundenvergütungen entspreche. Das Verwaltungsgericht habe sich zu den hier vorliegenden Erschwernisgründen geäußert und zu Recht den Schluss gezogen, dass der Beklagte durch sein pflichtwidriges Verhalten das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Bamberg, die Disziplinarakten der Landesanwaltschaft Bayern sowie die Personalakte vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) verhängt.

1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden. Für die beantragte Einstellung des Disziplinarverfahrens ist daher kein Raum.

2. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem seit 21. Juni 2012 rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bamberg vom 13. Juni 2012 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 63 Abs. 1 S. 1, Art. 55 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte in 49 Fällen unberechtigt „Sitzungsgelder“ in Höhe von insgesamt 23.025,86 € abgerechnet und damit seinen Dienstherrn betrogen. Die beiden weiteren in der Disziplinarklage aufgeführten dienstpflichtverletzenden Handlungen (wahrheitswidrige Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. und wahrheitswidrige Stellungnahme gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten) sind ebenfalls im Strafurteil tatsächlich festgestellt. Für eine offenkundige Unrichtigkeit von Feststellungen ergibt sich hier nichts, so dass ein Lösungsbeschluss nicht in Betracht kommt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 55 BayDG Rn. 3, 4). Weder stehen die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, noch sind sie aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Neue Beweismittel, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen würden, liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag, die im Schriftsatz vom 26. Februar 2013 benannten Zeugen zu den dort genannten Beweisthemen zu vernehmen, zu Recht abgelehnt. Zum einen waren die genannten Zeugen für das Strafgericht ohne weiteres erreichbar, zum anderen fehlte es an hinreichend substantiiertem Sachvortrag. Für die hilfsweise beantragte Zurückverweisung der Disziplinarsache an das Verwaltungsgericht ist ohnehin keine Rechtsgrundlage im Prozessrecht ersichtlich. Auch für den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens fehlt es an substantiiertem Sachvortrag. Hier wurden schon keine Tatsachen formuliert, die einem Beweis zugänglich gewesen wären. Die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, reicht für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U.v. 7.12.2016 - 16a D 14.1215 - juris Rn. 53; U.v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30).

Wenn der Beklagte des Weiteren einwendet, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er vorsätzlich gehandelt habe, äußert er lediglich eine abweichende Rechtsauffassung. Denkfehler oder Widersprüche zu allgemeinen Erfahrungssätzen werden damit ebenso wenig offenbar, wie mit der Behauptung, er sei der Auffassung gewesen, nach der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung zu haben. Einerseits ist auch die Frage des Unrechtsbewusstseins von der Bindungswirkung des Strafurteils umfasst (BayVGH, U.v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - Rn. 58; Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 23 Rn. 1), andererseits lagen die Voraussetzungen der in Bezug genommenen Vorschrift ausweislich der Entscheidung des VG Trier (U.v. 23.11.2006 - 1 K 560/06.TR - juris, bestätigt durch OVG RP, B.v. 7.3.2007 - 2 A 10071/07) nicht vor.

3. Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein einheitliches schweres Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG verwirklicht. Mit den 49 abgeurteilten Fällen des Betrugs hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, weil das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, wie sich an den wahrheitswidrigen Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. und der wahrheitswidrigen Stellungnahme gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten zeigt. Dadurch hat der Beklagte gegen seine Pflicht zur Achtung der Gesetze und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 263 StGB, § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

4. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 BayDG auf die Höchstmaßnahme zu erkennen. Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen.

4.1 Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).

4.2 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24.16 - juris Rn. 14). Das Landgericht hat der Verurteilung des Beklagten wegen der 49 Fälle des Betrugs den Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt, obwohl es die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 4 Alt. 2 StGB (gewerbsmäßige Begehensweise und Ausnutzung der Stellung als Amtsträger) für besonders schwere Fälle des Betrugs für verwirklicht ansah. Die Indizwirkung des Regelbeispiels würde durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es sogar bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 20), bei Ruhestandsbeamten dementsprechend bis zur Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13, 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kommt dem ausgeurteilten Strafmaß (hier 11 Monate Freiheitsstrafe zuzüglich 160 Tagessätze Geldstrafe) dabei keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung für die Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme zu (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 15 f.). Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, dass hier das Landgericht auf den Seiten 9 und 14 der Urteilsbegründung zu erkennen gegeben hat, dass es mit einem Ausscheiden des damals noch im Dienst befindlichen Beklagten aus dem Beamtenverhältnis unter Verlust seiner Bezüge und Versorgungsanwartschaft rechnet.

4.3 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 BayDG). Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht, ist bei innerdienstlichen Betrugs- oder Untreuehandlungen i.d.R. anzunehmen, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist oder eine zusätzliche Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vorliegt und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Erschwernisgründe können sich z.B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Taten, der Höhe des Gesamtschadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse ergeben. Die vollständige Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Angesichts der Schwere der in der Strafverurteilung dokumentierten mehrfachen Pflichtverstöße und des verursachten Gesamtschadens in Höhe von 23.025,86 € sowie der früheren Stellung des Beklagten als Kämmerer und geschäftsleitender Beamter ist die Aberkennung des Ruhegehalts angemessen und erforderlich.

Innerdienstliche Betrugshandlungen eines Beamten zu Lasten des Dienstherrn mit einem Schaden von 23.025,86 € rechtfertigen in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht und ihm folgend der Senat sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass innerdienstliche Untreue- oder Betrugshandlungen eines Beamten bei einem Schaden von über 5.000 € auch ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen (BVerwG, B.v. 6.5.2015 - 2 B 19.14 - juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 130). Dieser Wert ist wohl nicht mehr maßgeblich (in diesem Sinne auch VG Regensburg, B.v. 21.11.2016 - RO 10A DS 16.961 - juris Rn. 44; VG Ansbach, B.v. 20.7.2016 - AN 13b DS 16.01107 - juris Rn. 106; weitere Präzisierung durch die Rechtsprechung erforderlich: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Nov. 2016, § 13 Anm. 3.2.2.4), da sich aus dem Urteil Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2015 (2 C 6/14 - juris), mit dem die Rechtsprechung zum Zugriffsdelikt aufgegeben worden ist, schließen lässt, dass sich jede schematische Betrachtung - insbesondere an Hand von Schwellenwerten - verbietet. Unabhängig von dem Umstand, dass der frühere Schwellenwert um ein Vielfaches überschritten ist, bestehen hier Erschwernisgründe, die die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen. So kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass in Bezug auf eine Vielzahl von weiteren Betrugshandlungen das Strafverfahren nicht wegen erwiesener Unschuld, sondern aus prozessökonomischen Gründen eingestellt worden ist, soweit es um Fälle ging, in denen der Beklagte zwar an Gremiensitzungen teilgenommen hat, für diese aber nicht die tatsächliche Sitzungsdauer, sondern deutlich mehr Stunden bei der Abrechnung in Ansatz gebracht hat. Diese Fälle lassen indes den Betrugsvorsatz besonders deutlich hervortreten. Die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von „Sitzungsstunden“ erstreckten sich über einen mehrjährigen Zeitraum. Es kam zu einer häufig wiederholten Tatbegehung mit hoher Fallzahl (49 abgeurteilte Fälle). Die zur Aufrechterhaltung der Vergütungsregelung begangene Täuschung gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten hat dabei besonderes Gewicht, weil der Beklagte im Widerspruch zu § 34 Satz 2 BeamtStG aus Eigennutz seine Pflicht, seinen Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (§ 35 BeamtStG), gröblich missachtet hat. Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, hat der Beklagte keine Einsicht gezeigt. Seine am 4. Juni 2012 vor der Hauptverhandlung vor dem Strafgericht bekräftigte Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung, war vertraglich auf den Ausgleich der in der Anklageschrift genannten Summe von 28.270,04 € gerichtet. Diese Vereinbarung bezeichnete der Beklagte schon am 23. September 2012 gegenüber dem Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden als aus prozesstaktischen Gründen geschlossen. Ein weiterer monatlicher Einbehalt von 500 € sei aufgrund der Verfügung der Landesanwaltschaft vom 12. September 2012 (Bezügekürzung um 30%) nicht mehr möglich. Bis dahin waren nur zwei 500 €-Raten geleistet worden.

Demgegenüber erreichen die zugunsten des Beklagten in die Bemessung über die Disziplinarmaßnahme einzustellenden, mildernden Umstände weder für sich allein genommen, noch im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau ein solches Gewicht, dass von der Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden könnte. Neben der bereits in den Blick genommenen Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung ist dem Beklagten zugute zu halten, dass er seinen Dienst langjährig unbeanstandet ausgeübt hat. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Der Sicht der Dinge des Beklagten, es sei kein materieller Schaden entstanden, vielmehr habe er durch seine Mehrarbeit Kosten erspart, vermag sich der Senat nicht nur deshalb nicht anzuschließen, weil es ohne Feststellung eines solchen Schadens schon zu keiner strafrechtlichen Verurteilung gekommen wäre. Die Verwaltungsgemeinschaft hat die diesbezügliche Bestätigung vom 20. Dezember 2011 zur Vorlage beim Landgericht Bamberg mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 an die Landesanwaltschaft (Beiakt 6 Bl. 645) in der Sache zurückgenommen, wenn ausgeführt wird, der neue Kämmerer erfülle zwischenzeitlich seine Aufgaben (mit Ausnahme des Sitzungsdiensts) in der regulären Arbeitszeit, sonstige Arbeiten wie Globalberechnungen, Gebührenkalkulationen, Betriebsabrechnungen usw., soweit sie die gebührenrechnende Einrichtung Kanal beträfen, seien bereits in den früheren Jahren an Fremdfirmen vergeben worden. Die Aufgaben und die Arbeitszeit für die bisherige Stelle des neuen Kämmerers sei auf fünf Personen aufgeteilt worden. Auch der Sitzungsdienst sei unter mehreren Beschäftigten aufgeteilt worden, so dass Überstunden nur noch in ganz geringem Maß anfielen, die ausnahmslos „abgefeiert“ werden könnten. Dies zeigt, dass die These des Beklagten, die Verwaltungsgemeinschaft habe letztlich durch seine Abrechnungspraxis Kosten gespart, ebenso wenig nachvollzogen werden kann, wie die Aussage, ein „Abfeiern“ der Mehrarbeitsstunden wäre nicht möglich gewesen. Schon das Strafgericht hatte darauf hingewiesen, dass die wegen der Vertrauensarbeitszeit offiziell nicht erfasste und in ihrem Umfang unbekannt gebliebene Mehrarbeit entweder durch eine intensivere Arbeitsweise oder durch die Offenlegung einer Überlastung mit der Übertragung von Aufgabenfeldern an andere hätte ausgeglichen werden können. Jedenfalls stand es dem Beklagten nicht zu, sich heimlich eine Vergütung zu verschaffen, die einer (ansonsten nicht erreichbaren) Gehaltserhöhung von A 13 auf A 14 gleichkam. Eine noch positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten würde, ist in der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände danach nicht möglich.

5. Die Aberkennung des Ruhegehalts ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - Rn. 55). Für Ruhestandsbeamte gilt nichts anderes (BVerfG, NB.v. 22.11.2001 - 2 BvR 2138/00 - juris Rn. 3). Daher ist einem Ruhestandsbeamten wie dem Beklagten bei Vorliegen der eben genannten Voraussetzungen das Ruhegehalt abzuerkennen (BayVGH, U.v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - Rn. 170).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Tatbestand

1

Das Verfahren betrifft die disziplinarrechtliche Ahndung eines von einem Feuerwehrbeamten innerdienstlich begangenen Diebstahls.

2

Der 1962 geborene Beklagte steht als Brandmeister im Dienst der Klägerin und wurde von der Klägerin wegen seiner Ausbildung zum Rettungsassistenten auch im Rettungsdienst eingesetzt. Der Beklagte ist 2003 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug sowie 2005 wegen Entziehung elektrischer Energie zu Geldstrafen verurteilt worden.

3

Wegen des Vorfalls, der den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet, wurde der Beklagte wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beklagte hatte im Jahr 2006 einem stark alkoholisierten und bewusstlosen Patienten während der Fahrt im Rettungswagen einen 50 €-Schein entwendet, um diesen für sich zu behalten. Vom Fahrer des Rettungswagens, der ihn bei der Tat be-obachtet hatte, zur Rede gestellt, schlug der Beklagte zunächst vor, den Geldschein als Trinkgeld in die Gemeinschaftskasse zu geben. Der Fahrer bestand jedoch auf der Rückgabe des Geldes an den Patienten. Bei der Aushändigung des Geldscheins an einen Pfleger des Krankenhauses gab der Beklagte an, der Patient habe das Geld im Rettungswagen verloren. Noch während der Bewährungszeit dieser strafgerichtlichen Verurteilung und des laufenden Disziplinarverfahrens wurde der Beklagte wegen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer weiteren Freiheitsstrafe verurteilt, die auch vollstreckt wurde.

4

Im Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

5

Bei Gesamtwürdigung aller für und gegen den Beklagten sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren habe. Mit dem Diebstahl im Rettungswagen habe der Beklagte ein einem Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn gleichzustellendes Dienstvergehen begangen. Das dem Patienten entwendete Geld sei dem Beklagten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich gewesen. Auf den Milderungsgrund der Geringwertigkeit der entwendeten Sache könne sich der Beklagte nicht berufen, weil durch das Dienstvergehen weitere wichtige Interessen verletzt seien und die konkreten Umstände der Tatbegehung ihn zusätzlich belasteten. Andere anerkannte Milderungsgründe kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es habe sich nicht um eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation gehandelt. Die sonstigen Verurteilungen des Beklagten zeigten, dass ihm der Zugriff auf fremdes Vermögen und Eigentum keineswegs persönlichkeitsfremd sei.

6

Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. März 2013 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. September 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis liegende Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, §§ 13, 59, 65 und 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 127 Nr. 2 BRRG und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die Wertung, der Beklagte sei bei Gesamtwürdigung aller für und gegen ihn sprechenden Umstände und seines Persönlichkeitsbildes aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er durch den innerdienstlich begangenen Diebstahl das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit im Sinne von § 13 Abs. 3 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 (- LDG NW -, GV. NRW S. 624), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 2. Oktober 2014 (GV. NRW S. 622), endgültig verloren habe, ist nicht zu beanstanden. Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 144 Abs. 2 VwGO).

9

Der Beklagte hat ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (1.). Die grundsätzliche Zuordnung des Dienstvergehens nach seiner Schwere zu einer der Disziplinarmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 LDG NW richtet sich nach dem gesetzlich bestimmten Strafrahmen (2.a). Da der Beklagte die ausweglose Lage des Patienten ausgenutzt hat, ist hier die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens geboten (2.b). Die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe kommen dem Beklagten nicht zugute (2.c und d). Die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände ergibt, dass der Beklagte wegen des endgültigen Verlusts des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist (2.e).

10

1. Nach den gemäß § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Beklagte eines Diebstahls schuldig gemacht. Der Beklagte hat dadurch schuldhaft seine Pflichten verletzt und damit ein Dienstvergehen begangen (§ 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981, GV. NRW S. 234 - LBG NW a.F. -). Er hat gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Wissen zu verwalten (§ 57 Satz 2 LBG NW a.F.). Zugleich hat er die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten vorsätzlich und schuldhaft verletzt (§ 57 Satz 3 LBG NW a.F.).

11

Dieses Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden war (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 9 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 10).

12

2. Nach § 13 Abs. 2 LDG NW und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden Bemessungsregelungen der Disziplinargesetze des Bundes und der anderen Länder ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 D 1.12 - BVerwGE 148, 192 Rn. 39 f.). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257>). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.>).

13

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>, vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 16 f.). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

14

Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.

15

Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Intensität der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen (vgl. zur Berücksichtigung der Höhe der gegen den Beamten verhängten Strafe auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 37). Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208 <209 f.> und vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257 f.>).

16

a) Da die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NW maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 LDG NW aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <259>).

17

aa) Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat der Senat zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Mit der Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22, - 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 31). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

18

Hiervon ausgehend hat der Senat für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften aus dem von April 2004 bis Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen indes, wie bei einem Lehrer oder einem Polizeibeamten, hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteile vom 19. August 2010 - 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 33; Beschlüsse vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 9 ff. und vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8).

19

bb) Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NW am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Auf die bisher in der Praxis des Senats maßgebliche Einstufung eines Dienstvergehens als Zugriffsdelikt zu Lasten des Dienstherrn oder einem diesem gleichgestellten Delikt, für das die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung sein soll, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen, kommt es nicht an. Diese Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260 ff.>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 f., vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 12 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63. 11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15) gibt der Senat auf.

20

Die Strafgerichte haben den Beklagten wegen des zum Nachteil des bewusstlosen Patienten begangenen besonders schweren Falls des Diebstahls nach § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StGB bestraft, weil der Beklagte beim Diebstahl die Hilflosigkeit des Patienten ausgenutzt hat. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB reicht der Strafrahmen von drei Monaten Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren - hier sind es bis zu zehn Jahre - vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

21

b) Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 LDG NW führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW). Die vom Oberverwaltungsgericht getroffene Entscheidung ist deshalb nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 13 Abs. 1 und 2 LDG NW ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, des Persönlichkeitsbildes des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass diese Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Entscheidung eingestellt werden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> sowie zuletzt vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 35). Bei der Ausübung des den Gerichten nach § 13 Abs. 1 LDG NW eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind (§ 59 Abs. 2 Satz 2 LDG NW), ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 36).

23

Die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Der Beklagte hat die schutzlose Lage des verletzten und bewusstlosen Opfers, das ihm im Inneren des Rettungswagens ausgeliefert und dessen Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war, zum Diebstahl ausgenutzt. Da eine vollständige Kontrolle der Bediensteten aufgrund der Einsatzumstände ausgeschlossen ist, verlangt die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, deren Schutz Aufgabe der Disziplinarbefugnis ist, gerade im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes, dass sich der Dienstherr und die Öffentlichkeit auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue der dort eingesetzten Beamten unbedingt verlassen können. Die Allgemeinheit muss darauf vertrauen können, dass Beamte im Feuerwehr- und Rettungsdienst das Eigentum sowie die sonstigen Rechte der Opfer achten und schützen und nicht deren Hilflosigkeit und die eigene Zugriffsmöglichkeit zu Eigentumsdelikten ausnutzen.

24

Bei der Einordnung des Dienstvergehens des Beklagten in den bis hin zur Dienstentfernung eröffneten Orientierungsrahmen ist auch die von den Strafgerichten ausgesprochene, erhebliche Freiheitsstrafe von neun Monaten zu berücksichtigen. Ungeachtet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kann bei der disziplinarrechtlichen Ahndung eines Dienstvergehens indiziell auch an die von den Strafgerichten ausgesprochenen Sanktionen angeknüpft werden (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 38 f. m.w.N.).

25

c) Der in der Rechtsprechung entwickelte, "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt dem Beklagten nicht zugute.

26

Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50 € anzusetzen (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 Rn. 82 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 16).

27

Der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache ist hier aber ausgeschlossen, weil der Beklagte durch die konkrete Tatausführung und sein sonstiges Verhalten zusätzlich belastet wird (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

28

Tragend für diesen Milderungsgrund ist die Erwägung, bei einem Zugriff auf geringere Werte bestünden noch Persönlichkeitselemente, die den betroffenen Beamten noch tragbar und die Fortführung des Beamtenverhältnisses noch möglich erscheinen lassen. Dies ist insbesondere die Annahme, beim Beamten bestehe beim Zugriff auf höhere Werte noch eine Hemmschwelle und beim Zugriff auf lediglich geringwertige Sachen sei sein Unrechtsbewusstsein vermindert (BVerwG, Urteil vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318>).

29

Im Streitfall wird das Unrechtsbewusstsein des Beklagten jedoch nicht durch den Wert der entwendeten Sache bestimmt, sondern durch die äußeren Umstände der Tatbegehung. Der Beklagte hat eine Person bestohlen, deren Schutz ihm als dienstliche Verpflichtung auferlegt war. Er hat den Umstand, dass der geschädigte Patient ihm wegen seiner Verletzung und seiner Bewusstlosigkeit ausgeliefert war, zum Diebstahl ausgenutzt.

30

Zudem liegt hier ein erschwerender Umstand vor, der die weitere Vertrauenswürdigkeit des Beklagten trotz der objektiven Geringwertigkeit der entwendeten Sache ausschließt (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>). Der Beklagte ist im Vorfeld des Dienstvergehens bereits zweimal wegen Eigentums- und Vermögensdelikten nachteilig in Erscheinung getreten und hat sich diese Verurteilungen nicht zur Warnung dienen lassen. Im November 2010 ist der Beklagte zudem noch wegen eines während seiner Bewährungszeit begangenen Diebstahls einer geringwertigen Sache zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, die auch vollstreckt wurde.

31

d) Auch andere in der Rechtsprechung "anerkannte" (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des betroffenen Beamten erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, greifen nicht zu Gunsten des Beklagten ein.

32

Die Annahme, das Verhalten des Beklagten stelle sich als unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1999 - 1 D 31.98 - juris Rn. 19 m.w.N.), ist hier ausgeschlossen. Das Verhalten des Beklagten kann nicht als spontan, kopflos oder unüberlegt bewertet werden. Die Kontrolle der Wertgegenstände eines durch Rettungskräfte versorgten Patienten gehört zu deren Routine. Das Rettungspersonal muss regelmäßig die zu versorgende Person durchsuchen, etwa um die Krankenversicherungskarte zu finden. Auch bei der Rückgabe des Geldes hat der Beklagte durch die Behauptung, das Opfer habe den Geldschein im Rettungswagen verloren, seine Straftat zu verschleiern versucht.

33

Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung durch einen bisher unbescholtenen Beamten (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 1 D 69.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 25 S. 14 m.w.N.) scheidet ebenfalls aus. Zum einen ist der Beklagte wegen seiner vorangegangenen Eigentums- und Vermögensdelikte nicht unbescholten. Zum anderen erweist sich die Übergabe des gestohlenen 50 €-Scheins an den Pfleger im Krankenhaus allein als Folge der hartnäckigen Vorhaltungen und Ermahnungen des Fahrers des Rettungswagens.

34

Der Milderungsgrund der unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage kommt nicht zur Anwendung, weil der Beklagte den Diebstahl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht aus Armutsgründen begangen hat. Dieser "anerkannte" Milderungsgrund setzt aber voraus, dass der Beamte Gelder oder Güter zur Minderung oder Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage verwendet hat (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 74).

35

Die Annahme der erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB ist aufgrund der das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NW i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ausgeschlossen.

36

Schließlich kommt auch der "anerkannte" Milderungsgrund der "Entgleisung während einer negativen, inzwischen überwundenen Lebensphase" dem Beklagten nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht zugute. Dieser setzt außergewöhnlich belastende Umstände voraus, die für die Begehung der konkreten Tat ursächlich geworden, inzwischen aber überwunden sind (BVerwG, Urteile vom 18. April 1979 - 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220> und vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buchholz 230.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 36). Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht "vorübergehend aus der Bahn geworfen". Seine Arbeitsleistung war nicht eingeschränkt, er nahm keine Medikamente ein und konnte seine dienstlichen Pflichten im Rettungsdienst uneingeschränkt erfüllen. Nach der eigenen Einschätzung des Beklagten handelte es sich bei dem konkreten Einsatz um einen Routinefall. Auch die Debatte des Beklagten mit dem Fahrer des Rettungswagens, wie mit dem gestohlenen Geld zu verfahren sei, belegt, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat mit Bedacht handeln konnte. Auch litt der Beklagte zum Zeitpunkt der Tat nicht unter einem akuten finanziellen Engpass, den er durch den Diebstahl hätte überwinden können. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte nicht alkoholabhängig und hatte den Dienst auch nicht alkoholisiert angetreten.

37

e) § 13 Abs. 2 LDG NW sowie das im Disziplinarverfahren geltende Schuldprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangen, dass - über die in der Rechtsprechung entwickelten "anerkannten" Milderungsgründe hinaus - bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und vom Gericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt werden (stRspr, BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261 ff.>, vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 14 ff. und vom 18. Juni 2015 - 2 C 9.14 - NVwZ 2015, 1680 Rn. 25).

38

Die Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände ergibt, dass der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, weil er durch das Dienstvergehen das Vertrauen der Klägerin und der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NW).

39

Die Strafgerichte haben die Tat mit einer Freiheitsstrafe geahndet, die sich der Beendigung des Beamtenverhältnisses allein wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung annähert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG). Feuerwehrbeamte, die zur Brandbekämpfung oder im Rettungsdienst eingesetzt werden, genießen wegen der von ihnen bekämpften Gefahren und Schäden sowie der häufigen Selbstlosigkeit ihres Einsatzes eine besondere Vertrauensstellung. Diese wird durch einen Diebstahl zerstört, bei dem der Beamte die Eigenarten des Einsatzes, hier die alleinige Betreuung des Patienten während der Fahrt zum Krankenhaus, sowie dessen Hilflosigkeit ausnutzt. Die Rückgabe des Geldes beruhte nicht auf der eigenen Einsicht des Beklagten, Unrecht begangen zu haben, sondern auf dem Druck des Kollegen, der den Beklagten beim Diebstahl beobachtet und zur Rückgabe des Geldes gedrängt hatte. Bei der Rückgabe des Geldscheins versuchte der Beklagte noch seine Straftat zu verschleiern. Zum Zeitpunkt der Tat war der Beklagte für seinen verantwortlichen Dienst als Rettungsassistent voll einsatzfähig. Er war auch in der Lage, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Die vorhergehenden strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Eigentums- und Vermögensdelikten hat sich der Beklagte nicht zur Warnung gereichen lassen. Die Disziplinarklage mit dem Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, hat die Klägerin bereits im März 2007 erhoben. Ungeachtet dieser drohenden Folge des Disziplinarverfahrens hat der Beklagte im Juli 2010 einen weiteren Diebstahl begangen. Damit hat er dokumentiert, dass er fremdes Eigentum nicht zu respektieren bereit ist. Als Feuerwehrmann wäre der Beklagte beim Einsatz im Bereich der Brandbekämpfung oder des Rettungsdienstes aber immer wieder mit dem Eigentum Dritter befasst, die sich regelmäßig in einer hilflosen Lage befinden und deshalb den Rettungskräften faktisch ausgeliefert sind.

40

3. Der Senat weist darauf hin, dass der Beklagte durch die Aufgabe der Regeleinstufung bei einem innerdienstlich begangenen Dienstvergehen (oben Rn. 19) nicht benachteiligt wird. Denn auch auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung wäre die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Bemessungsentscheidung gewesen und wäre der "anerkannte" Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht zur Anwendung gekommen:

41

Der Beklagte hat nicht auf finanzielle Mittel des Dienstherrn, sondern auf Vermögenswerte eines Dritten zugegriffen, die ihm aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeit zugänglich waren. Dieses Dienstvergehen wäre nach der bisherigen gerichtlichen Praxis einem Zugriffsdelikt zum Nachteil des Dienstherrn gleichzustellen gewesen, weil der Beklagte im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten versagt hat (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 - 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 16 und vom 25. Juli 2013 - 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 15 m.w.N.).

42

Der Umstand, dass der Beklagte durch den Diebstahl auf das Eigentum einer hilflosen Person zugegriffen hat, die zu schützen ihm dienstlich oblag, wäre nach Maßgabe des § 13 LDG NW auch bei der Prüfung des anerkannte Milderungsgrundes der Geringwertigkeit der Sache zu berücksichtigen gewesen. Der Beklagte hat die hilflose Lage einer ihm anvertrauten Person ausgenutzt. Durch diese konkrete Tatausführung wird der Beklagte zusätzlich belastet, so dass der Umstand, dass er nur eine geringwertige Sache gestohlen hat, zurücktritt. Zudem ist der Beklagte mehrfach wegen Eigentums- und Vermögensdelikten verurteilt worden und hat sich diese nicht zur Warnung gereichen lassen (BVerwG, Urteile vom 24. November 1992 - 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 <318> und vom 11. Juni 2002 - 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <311>).

43

4. Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NW) abzuändern, besteht nicht.

44

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NW i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Tatbestand

Auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen, weil sich der Senat die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang zu eigen macht (§ 130b Satz 1 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17. Januar 2014 auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts erkannt.

Als dienstpflichtverletzende Handlungen des Beklagten stellte es fest, dass er sich in 49 Einzelhandlungen einen ihm nicht zustehenden Betrag in Höhe von insgesamt 23.025,86 EUR zu Lasten der Verwaltungsgemeinschaft E. verschafft habe. Des Weiteren habe er am 25. August 1999 bewusst wahrheitswidrige Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. auf dessen Nachfrage hin des Inhalts gemacht, dass die vom Beklagten (bereits damals) abgerechneten Arbeitsstunden während des Urlaubs als „Sitzungsdienst“ entsprechend der bei der Verwaltungsgemeinschaft geltenden Vergütungsregelung für die Teilnahme von Protokollführern an Sitzungstagen abrechenbar seien und dies mit dem Vorsitzenden der Verwaltungsgemeinschaft so abgesprochen sei. Schließlich liege eine weitere dienstpflichtverletzende Handlung in der wahrheitswidrigen Stellungnahme des Beklagten (zum Bericht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands vom 3. November 2006 über die überörtliche Prüfung der Jahresrechnungen 2002-2005 der Kassen der Verwaltungsgemeinschaft), dass die Zahlungen in den letzten Jahren auf ein Minimum zurückgeführt worden seien, die die Verwaltungsgemeinschaftsversammlung in der Sitzung vom 5. November 2007 dazu bewogen habe, die bisherige Regelung beizubehalten.

Gründe, sich im Sinne von Art. 55 Halbsatz 2 BayDG von den tatsächlichen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils zu lösen, weil es sich um offenkundig unrichtige Feststellungen handelte, lägen nicht vor; die im Urteil des Landgerichts Bamberg vom 13. Juni 2012 enthaltenen tatsächlichen Feststellungen seien nicht offenkundig unrichtig. Weder dem Urteil noch den Niederschriften über die Hauptverhandlungstermine vom 12. Juni 2012 und 13. Juni 2012 könnten Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass der Strafkammer Denkfehler oder Verfahrensverstöße unterlaufen seien; auch gebe es hinsichtlich der Feststellungen in dem Strafurteil keine Beweismittel, insbesondere Zeugen, welche der Strafkammer nicht zur Verfügung gestanden hätten. Soweit vorgetragen werde, dass das Landgericht fehlerhafterweise von einem Betrugsvorsatz ausgegangen sei, würden insoweit von der Beklagtenseite keine Denkfehler, Widersprüche zu allgemeinen Erfahrungssätzen, offenbare Unrichtigkeit bzw. eine offenkundige Verletzung wesentlicher Verfahrensfehler mit Erfolg geltend gemacht. Das Gericht könne derartiges auch nicht erkennen. Es würden insoweit auch keine neuen Beweismittel geltend gemacht, die dem Landgericht nicht zur Verfügung gestanden hätten, und nach denen die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts auf erhebliche Zweifel stoßen würden. Vielmehr äußere die Beklagtenseite eine von derjenigen der Strafkammer abweichende Rechtsauffassung; dies begründe aber keine offenkundigen Zweifel an den Tatsachenfeststellungen der Strafkammer. Dies gelte gleichermaßen für die vom Strafgericht als wahr eingeschätzte Behauptung des Beklagten dem dortigen Zeugen D. gegenüber, die „Arbeitsstunden“ seien als Sitzungsteilnahme abrechenbar und dies sei mit dem Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden abgesprochen, sowie hinsichtlich der vorgeworfenen wahrheitswidrigen Stellungnahme gegenüber der Gemeinschaftsversammlung und dem Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden, für die die Federführung beim Beklagten gelegen habe.

Neue Beweismittel seien insoweit nicht bezeichnet worden. Die von der Strafkammer bereits als Zeugen vernommenen D. und K. hätten nach den rechtlichen Hinweisen der Strafkammer erneut vernommen werden können, wenn ein diesbezüglicher Beweisantrag gestellt worden wäre, was ausweislich der Niederschrift nicht geschehen sei. Soweit es um die eventuelle Zeugenaussage des Sohnes des Beklagten gehe, hätte ein diesbezüglicher Beweisantrag ebenfalls gestellt werden können; letztlich sei es bei der eventuellen Zeugenaussage des Sohnes des Beklagten jedoch nicht um Gegenstände gegangen, welche die Tatsachenfeststellungen im Strafurteil betroffen hätten, sondern um Äußerungen der Zeugen D. und K. außerhalb der Hauptverhandlung. Das alles sei nicht geeignet davon auszugehen, dass die Strafkammer offenkundig unrichtige Tatsachen festgestellt habe. Nicht zum Erfolg im Sinne des Beklagten führten insoweit Ausführungen, die darauf abzielten, das Urteil der Strafkammer als rechtlich fehlerhaft anzusehen. Soweit in dem Schriftsatz vom 26. Februar 2013 von Seiten der Beklagtenbevollmächtigten als Beleg dafür, dass beim Beklagten kein Betrugsvorsatz vorgelegen habe, auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. November 2006 (1 K 560/06.TR) und die dort angewendete Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 5 Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung (MArbV) Bezug genommen werde, sei dies vorliegend nicht durchgreifend im Hinblick auf eine eventuelle Lösung von den tatsächlichen Feststellungen der Strafkammer. Vorliegend gehe es nicht um Mehrarbeitsvergütung im Sinne dieser Vorschrift, sondern um vom Beklagten geltend gemachte und erhaltene Vergütung für die Protokollführung bei Sitzungen, an denen er entweder nicht teilgenommen habe, bei denen er zwar anwesend gewesen sei, aber kein Protokoll geführt habe oder die in die Kernzeit gefallen seien und solche, bei denen er stichwortartig sitzungsfremde Tätigkeiten angegeben habe, die aber aufgrund seiner ursprünglichen Täuschung über die Berechtigung der diesbezüglich beanspruchten Vergütung bei der Zahlungsanweisung entgolten worden seien.

Eine Beweisaufnahme aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2014 gestellten Beweisanträge sei somit, soweit die Beweisanträge sich auf die im rechtskräftigen Strafurteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen bezögen, unzulässig, weil das Gericht an diese Feststellungen gebunden sei (wird ausgeführt).

Der Beklagte habe dadurch, dass er die dargestellten Betrugshandlungen begangen, dem Mitarbeiter D. gegenüber wahrheitswidrige Angaben gemacht und federführend eine wahrheitswidrige Stellungnahme gegenüber der Verbandsversammlung abgegeben habe, gegen die Pflichten, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), sein Amt zum Wohle der Allgemeinheit zu führen (§ 33 Abs. 1 Satz 2, 34 Satz 2, 3 BeamtStG) und seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (§ 35 Satz 1 BeamtStG) verstoßen und damit ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen - schuldhaft - begangen.

Die erforderliche, angemessene und verhältnismäßige Disziplinarmaßnahme sei vorliegend die Aberkennung des Ruhegehalts. Wäre der Beklagte noch im Dienst, so wäre er für einen Verbleib im Beamtenverhältnis untragbar geworden. Das in ihn gesetzte Vertrauen habe er verspielt. Schon die zu Lasten seines Dienstherrn begangenen 49 Betrugshandlungen - nehme man diese als die schwereren Dienstpflichtverletzungen - ließen sein Dienstvergehen als äußerst schwer erscheinen. Der von ihm verursachte Schaden - wie im Strafurteil festgestellt in Höhe von ca. 23.000,00 EUR - verhalte sich weit jenseits der Grenze von 5.000,00 EUR, oberhalb der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne. Erschwerungsgründe dieser Art lägen hier vor, weil der Beklagte weitere Dienstpflichtverletzungen von erheblichem Maße begangen habe. Hinzu trete, dass die Betrugshandlungen häufig und kontinuierlich und über einen sehr langen Zeitraum hinweg ausgeübt worden seien. Der Beklagte habe zudem keine Einsicht gezeigt. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor. So gebe die strafrechtliche Bewertung durch das Landgericht Bamberg, das mit seiner Strafzumessung knapp unter der Grenze des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG geblieben sei, zu erkennen, dass auch aus der Sicht des allgemeinen Strafrechts ein Fehlverhalten von erheblicher Bedeutung vorliege. Dass der Beklagte seinen Dienst lange Zeit unbeanstandet ausgeübt habe, spiele insoweit keine ausschlaggebende Rolle. Denn das von ihm gezeigte Fehlverhalten überwiege sein vorher gezeigtes beanstandungsfreies Verhalten bei Weitem. Der dadurch hervorgerufene absolute Vertrauensverlust könne auch durch ein früheres beanstandungsfreies Verhalten nicht aufgewogen werden. Der Beklagte könne sich auch nicht auf Fehler seiner Mitarbeiter berufen. Vielmehr habe er diese gerade unter Ausnutzung seiner Vorgesetztenstellung dazu bewogen, die von ihm geltend gemachten Sitzungsgelder anzuweisen, ohne dass diese deren Rechtswidrigkeit hätten erkennen können. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf hinausreden, dass er sich aufgrund eines überobligatorischen zeitlichen Einsatzes die rechtswidrig eingenommene Vergütung gleichsam verdient habe. Eine etwaige Überbelastung hätte er seinem Vorgesetzten mitteilen müssen, damit sodann innerhalb der beamtenrechtlichen Regeln Abhilfe hätte geschaffen werden können.

Unzutreffend sei auch, dass dem Dienstherrn des Beklagten durch sein Fehlverhalten - soweit es um die Betrugshandlungen gehe - kein Schaden entstanden sei. Denn dem Beklagten hätte bei korrekter Handhabung keine Mehrarbeitsvergütung zugestanden, mit der er gleichsam gegen die rechtswidrig sich zugeeigneten Beträge hätte „aufrechnen“ können. Seine Mehrarbeit sei nicht genehmigt und nicht genehmigungsfähig gewesen. Auch hieraus ergebe sich für den Beklagten kein Milderungsgrund.

Eine Entscheidung gem. Art. 13 Abs. 2, Abs. 4, Art. 11 Abs. 3 Satz 2, 3 BayDG sei nicht veranlasst gewesen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.

Er beantragt zuletzt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 17. Januar 2014 aufzuheben und das Verfahren einzustellen, hilfsweise unter Abänderung des angefochtenen Urteils eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Aberkennung des Ruhegehalts auszusprechen und nochmals hilfsweise unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Disziplinarsache an das Verwaltungsgericht Ansbach zurückzuverweisen.

Die Aberkennung des Ruhegehalts sei nicht verhältnismäßig, weil der Beklagte auf eine lange unbeanstandete Dienstzeit zurückblicken könne, in welcher er überdurchschnittliche Leistungen erbracht habe. So sei im Urteil des Landgerichts Bamberg vom 13. Juni 2012 ausgeführt, dass der Beklagte über die reguläre Arbeitszeit hinaus regelmäßig pro Monat bis zu 50 Überstunden geleistet habe und dabei zum Teil auch Tätigkeiten ausgeführt habe, die bei anderen Gemeinden oder Verwaltungsgemeinschaften dieser Größenordnung gegen hohe Vergütungen an Drittunternehmen vergeben worden seien. Weder sei vom Verwaltungsgericht das Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft E. vom 20. Dezember 2011, in dem ausdrücklich bestätigt worden sei, dass dieser kein materieller Schaden entstanden sei, zur Kenntnis genommen worden, noch habe es mildernd berücksichtigt, dass der Verwaltungsgemeinschaft durch die Mehrarbeit des Beklagten Kosten erspart worden seien. Dass der Pflichtverstoß keine negativen Folgen gehabt habe, dürfe ebenso wenig außer Betracht bleiben wie der Umstand, dass dem Beklagten ein Abfeiern der gesamten Mehrarbeitsstunden nicht möglich gewesen sei. All dies müsse bei einer Gewichtung der Entlastungsgründe so schwer wiegen, dass eine Aberkennung des Ruhegehalts hier nicht als erforderliche und verhältnismäßige Disziplinarmaßnahme in Betracht komme. Die Grenze von 5.000 Euro, oberhalb welcher nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne, betreffe nicht den Fall, in welchem das Handeln des Beklagten - bestätigt von seinem Dienstherrn - keinen Schaden verursacht und sogar Kosten für den Dienstherrn verhindert habe. Zwar habe dem Beklagten bei korrekter Handhabung keine Mehrarbeitsvergütung zugestanden, er habe aber unstreitig auch für die Verwaltungsgemeinschaft Tätigkeiten übernommen, für welche kein Vertreter vorhanden gewesen sei, für die ihm kein Abfeiern der dafür geleisteten Mehrarbeitsstunden möglich gewesen sei und die ansonsten fremd zu vergeben gewesen wären. Er habe keine „Luftnummern“ abgerechnet, sondern seine Arbeit.

Im vorliegenden Fall sei allenfalls eine Zurückstufung das verhältnismäßige Sanktionsmittel gewesen, wie ein Blick auf die Rechtsprechung des Senats zeige. Es könne nicht sein und wäre auch der Öffentlichkeit nicht verständlich, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem Beamten bestehen bleibe, welcher höchsten Ansprüchen seines Dienstherrn über Jahrzehnte hinweg genüge getan habe, unstreitig viele Überstunden geleistet und nach Auffassung des Dienstherrn diesem auch keinen Schaden angerichtet habe, jedoch ein Polizeibeamter Beamter bleiben dürfe, obwohl er mehrere 100 kinderpornographische Darstellungen besessen habe. Die starre 5.000 Euro-Grenze, bei welcher auch ohne Hinzutreten erschwerender Umstände regelmäßig die Dienstentfernung bei Untreue oder Betrug verfügt werde, sei verfehlt und werde mit der Berufung ausdrücklich zur Überprüfung gestellt. Ergänzend werde auf das erstinstanzliche Vorbringen Bezug genommen, die erstinstanzlichen Beweisangebote würden ausdrücklich wiederholt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens sei unabdingbare Voraussetzung für eine Verurteilung wegen Betrugs. Ein Schaden läge dann nicht vor, wenn eine Schadenskompensation zu bejahen wäre. Auch insoweit seien die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts nach Art. 25 Abs. 1 BayDG bindend. Das Landgericht habe hierzu ausgeführt, dass beim Geschädigten durch die Tathandlung selbst kein den Vermögensverlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet worden sei. Die gleichzeitige Berücksichtigung einer Tatbestandsvoraussetzung als Milderungsgrund verbiete sich schon aus systematischen Gründen. Die in Bezug genommene Bestätigung der Verwaltungsgemeinschaft E. vom 20. Dezember 2011 sei auch durch deren Schreiben vom 12. Dezember 2012 teilweise revidiert worden. Hierin werde ausgeführt, dass ein Beschäftigter der Verwaltungsgemeinschaft den Aufgabenbereich des Beklagten mit Ausnahme des Sitzungsdienstes übernommen habe. Dieser erfülle seine Aufgaben in der regulären Arbeitszeit. Fremdfirmen wären seit 2010 und auch künftig nicht mit ursprünglich dem Beklagten obliegenden Aufgaben beauftragt worden. Globalberechnungen, Gebührenkalkulationen, Betriebsabrechnungen u.ä. wären bereits in früheren Jahren, also auch bereits während der Tätigkeit des Beklagten, an Fremdfirmen vergeben worden. Der Sitzungsdienst sei unter mehreren Beschäftigten aufgeteilt worden, sodass Überstunden nur noch in ganz geringem Maße anfallen würden, die ausnahmslos „abgefeiert“ werden könnten. Der Beklagte könne sich deshalb nicht darauf berufen, durch seine Arbeitsleistung wären Kosten in einem Umfang erspart worden, der den rechtswidrig an ihn ausgezahlten Überstundenvergütungen entspreche. Das Verwaltungsgericht habe sich zu den hier vorliegenden Erschwernisgründen geäußert und zu Recht den Schluss gezogen, dass der Beklagte durch sein pflichtwidriges Verhalten das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft Bamberg, die Disziplinarakten der Landesanwaltschaft Bayern sowie die Personalakte vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) verhängt.

1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden. Für die beantragte Einstellung des Disziplinarverfahrens ist daher kein Raum.

2. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt, der dem seit 21. Juni 2012 rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bamberg vom 13. Juni 2012 zugrunde liegt, steht gemäß Art. 63 Abs. 1 S. 1, Art. 55 i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für den Senat bindend fest. Danach hat der Beklagte in 49 Fällen unberechtigt „Sitzungsgelder“ in Höhe von insgesamt 23.025,86 € abgerechnet und damit seinen Dienstherrn betrogen. Die beiden weiteren in der Disziplinarklage aufgeführten dienstpflichtverletzenden Handlungen (wahrheitswidrige Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. und wahrheitswidrige Stellungnahme gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten) sind ebenfalls im Strafurteil tatsächlich festgestellt. Für eine offenkundige Unrichtigkeit von Feststellungen ergibt sich hier nichts, so dass ein Lösungsbeschluss nicht in Betracht kommt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Art. 55 BayDG Rn. 3, 4). Weder stehen die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen in Widerspruch zu Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, noch sind sie aus sonstigen Gründen offenbar unrichtig oder in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen. Neue Beweismittel, die dem Strafgericht nicht zur Verfügung standen und nach denen Tatsachenfeststellungen jedenfalls auf erhebliche Zweifel stoßen würden, liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag, die im Schriftsatz vom 26. Februar 2013 benannten Zeugen zu den dort genannten Beweisthemen zu vernehmen, zu Recht abgelehnt. Zum einen waren die genannten Zeugen für das Strafgericht ohne weiteres erreichbar, zum anderen fehlte es an hinreichend substantiiertem Sachvortrag. Für die hilfsweise beantragte Zurückverweisung der Disziplinarsache an das Verwaltungsgericht ist ohnehin keine Rechtsgrundlage im Prozessrecht ersichtlich. Auch für den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens fehlt es an substantiiertem Sachvortrag. Hier wurden schon keine Tatsachen formuliert, die einem Beweis zugänglich gewesen wären. Die bloße Möglichkeit, dass das Geschehen objektiv oder subjektiv auch anders gewesen sein könnte, reicht für einen Lösungsbeschluss nicht aus (BayVGH, U.v. 7.12.2016 - 16a D 14.1215 - juris Rn. 53; U.v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - juris Rn. 30).

Wenn der Beklagte des Weiteren einwendet, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er vorsätzlich gehandelt habe, äußert er lediglich eine abweichende Rechtsauffassung. Denkfehler oder Widersprüche zu allgemeinen Erfahrungssätzen werden damit ebenso wenig offenbar, wie mit der Behauptung, er sei der Auffassung gewesen, nach der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung zu haben. Einerseits ist auch die Frage des Unrechtsbewusstseins von der Bindungswirkung des Strafurteils umfasst (BayVGH, U.v. 6.12.2013 - 16a D 12.1815 - Rn. 58; Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 23 Rn. 1), andererseits lagen die Voraussetzungen der in Bezug genommenen Vorschrift ausweislich der Entscheidung des VG Trier (U.v. 23.11.2006 - 1 K 560/06.TR - juris, bestätigt durch OVG RP, B.v. 7.3.2007 - 2 A 10071/07) nicht vor.

3. Mit seinem Verhalten hat der Beklagte ein einheitliches schweres Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG verwirklicht. Mit den 49 abgeurteilten Fällen des Betrugs hat der Beklagte ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen, weil das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, wie sich an den wahrheitswidrigen Angaben gegenüber seinem Mitarbeiter D. und der wahrheitswidrigen Stellungnahme gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten zeigt. Dadurch hat der Beklagte gegen seine Pflicht zur Achtung der Gesetze und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 263 StGB, § 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.

4. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat zur Folge, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist nach Art. 14 Abs. 2 BayDG auf die Höchstmaßnahme zu erkennen. Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen.

4.1 Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6.14 - juris Rn. 12). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).

4.2 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).

Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24.16 - juris Rn. 14). Das Landgericht hat der Verurteilung des Beklagten wegen der 49 Fälle des Betrugs den Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt, obwohl es die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 und Nr. 4 Alt. 2 StGB (gewerbsmäßige Begehensweise und Ausnutzung der Stellung als Amtsträger) für besonders schwere Fälle des Betrugs für verwirklicht ansah. Die Indizwirkung des Regelbeispiels würde durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier sind es sogar bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 20), bei Ruhestandsbeamten dementsprechend bis zur Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13, 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kommt dem ausgeurteilten Strafmaß (hier 11 Monate Freiheitsstrafe zuzüglich 160 Tagessätze Geldstrafe) dabei keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung für die Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme zu (BVerwG, B.v. 5.7.2016 - 2 B 24/16 - juris Rn. 15 f.). Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, dass hier das Landgericht auf den Seiten 9 und 14 der Urteilsbegründung zu erkennen gegeben hat, dass es mit einem Ausscheiden des damals noch im Dienst befindlichen Beklagten aus dem Beamtenverhältnis unter Verlust seiner Bezüge und Versorgungsanwartschaft rechnet.

4.3 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 BayDG). Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht, ist bei innerdienstlichen Betrugs- oder Untreuehandlungen i.d.R. anzunehmen, wenn entweder das Eigengewicht der Tat besonders hoch ist oder eine zusätzliche Verfehlung mit erheblichem disziplinarischem Eigengewicht vorliegt und durchgreifende Milderungsgründe fehlen. Erschwernisgründe können sich z.B. aus der Anzahl und Häufigkeit der Taten, der Höhe des Gesamtschadens und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse ergeben. Die vollständige Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist hier wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten. Angesichts der Schwere der in der Strafverurteilung dokumentierten mehrfachen Pflichtverstöße und des verursachten Gesamtschadens in Höhe von 23.025,86 € sowie der früheren Stellung des Beklagten als Kämmerer und geschäftsleitender Beamter ist die Aberkennung des Ruhegehalts angemessen und erforderlich.

Innerdienstliche Betrugshandlungen eines Beamten zu Lasten des Dienstherrn mit einem Schaden von 23.025,86 € rechtfertigen in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme. Das Bundesverwaltungsgericht und ihm folgend der Senat sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass innerdienstliche Untreue- oder Betrugshandlungen eines Beamten bei einem Schaden von über 5.000 € auch ohne Hinzutreten weiterer Erschwernisgründe in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen (BVerwG, B.v. 6.5.2015 - 2 B 19.14 - juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - juris Rn. 130). Dieser Wert ist wohl nicht mehr maßgeblich (in diesem Sinne auch VG Regensburg, B.v. 21.11.2016 - RO 10A DS 16.961 - juris Rn. 44; VG Ansbach, B.v. 20.7.2016 - AN 13b DS 16.01107 - juris Rn. 106; weitere Präzisierung durch die Rechtsprechung erforderlich: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Nov. 2016, § 13 Anm. 3.2.2.4), da sich aus dem Urteil Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2015 (2 C 6/14 - juris), mit dem die Rechtsprechung zum Zugriffsdelikt aufgegeben worden ist, schließen lässt, dass sich jede schematische Betrachtung - insbesondere an Hand von Schwellenwerten - verbietet. Unabhängig von dem Umstand, dass der frühere Schwellenwert um ein Vielfaches überschritten ist, bestehen hier Erschwernisgründe, die die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen. So kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass in Bezug auf eine Vielzahl von weiteren Betrugshandlungen das Strafverfahren nicht wegen erwiesener Unschuld, sondern aus prozessökonomischen Gründen eingestellt worden ist, soweit es um Fälle ging, in denen der Beklagte zwar an Gremiensitzungen teilgenommen hat, für diese aber nicht die tatsächliche Sitzungsdauer, sondern deutlich mehr Stunden bei der Abrechnung in Ansatz gebracht hat. Diese Fälle lassen indes den Betrugsvorsatz besonders deutlich hervortreten. Die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von „Sitzungsstunden“ erstreckten sich über einen mehrjährigen Zeitraum. Es kam zu einer häufig wiederholten Tatbegehung mit hoher Fallzahl (49 abgeurteilte Fälle). Die zur Aufrechterhaltung der Vergütungsregelung begangene Täuschung gegenüber der Verwaltungsgemeinschaftsversammlung und seinem Dienstvorgesetzten hat dabei besonderes Gewicht, weil der Beklagte im Widerspruch zu § 34 Satz 2 BeamtStG aus Eigennutz seine Pflicht, seinen Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen (§ 35 BeamtStG), gröblich missachtet hat. Wie schon das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, hat der Beklagte keine Einsicht gezeigt. Seine am 4. Juni 2012 vor der Hauptverhandlung vor dem Strafgericht bekräftigte Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung, war vertraglich auf den Ausgleich der in der Anklageschrift genannten Summe von 28.270,04 € gerichtet. Diese Vereinbarung bezeichnete der Beklagte schon am 23. September 2012 gegenüber dem Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzenden als aus prozesstaktischen Gründen geschlossen. Ein weiterer monatlicher Einbehalt von 500 € sei aufgrund der Verfügung der Landesanwaltschaft vom 12. September 2012 (Bezügekürzung um 30%) nicht mehr möglich. Bis dahin waren nur zwei 500 €-Raten geleistet worden.

Demgegenüber erreichen die zugunsten des Beklagten in die Bemessung über die Disziplinarmaßnahme einzustellenden, mildernden Umstände weder für sich allein genommen, noch im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau ein solches Gewicht, dass von der Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden könnte. Neben der bereits in den Blick genommenen Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung ist dem Beklagten zugute zu halten, dass er seinen Dienst langjährig unbeanstandet ausgeübt hat. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Der Sicht der Dinge des Beklagten, es sei kein materieller Schaden entstanden, vielmehr habe er durch seine Mehrarbeit Kosten erspart, vermag sich der Senat nicht nur deshalb nicht anzuschließen, weil es ohne Feststellung eines solchen Schadens schon zu keiner strafrechtlichen Verurteilung gekommen wäre. Die Verwaltungsgemeinschaft hat die diesbezügliche Bestätigung vom 20. Dezember 2011 zur Vorlage beim Landgericht Bamberg mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 an die Landesanwaltschaft (Beiakt 6 Bl. 645) in der Sache zurückgenommen, wenn ausgeführt wird, der neue Kämmerer erfülle zwischenzeitlich seine Aufgaben (mit Ausnahme des Sitzungsdiensts) in der regulären Arbeitszeit, sonstige Arbeiten wie Globalberechnungen, Gebührenkalkulationen, Betriebsabrechnungen usw., soweit sie die gebührenrechnende Einrichtung Kanal beträfen, seien bereits in den früheren Jahren an Fremdfirmen vergeben worden. Die Aufgaben und die Arbeitszeit für die bisherige Stelle des neuen Kämmerers sei auf fünf Personen aufgeteilt worden. Auch der Sitzungsdienst sei unter mehreren Beschäftigten aufgeteilt worden, so dass Überstunden nur noch in ganz geringem Maß anfielen, die ausnahmslos „abgefeiert“ werden könnten. Dies zeigt, dass die These des Beklagten, die Verwaltungsgemeinschaft habe letztlich durch seine Abrechnungspraxis Kosten gespart, ebenso wenig nachvollzogen werden kann, wie die Aussage, ein „Abfeiern“ der Mehrarbeitsstunden wäre nicht möglich gewesen. Schon das Strafgericht hatte darauf hingewiesen, dass die wegen der Vertrauensarbeitszeit offiziell nicht erfasste und in ihrem Umfang unbekannt gebliebene Mehrarbeit entweder durch eine intensivere Arbeitsweise oder durch die Offenlegung einer Überlastung mit der Übertragung von Aufgabenfeldern an andere hätte ausgeglichen werden können. Jedenfalls stand es dem Beklagten nicht zu, sich heimlich eine Vergütung zu verschaffen, die einer (ansonsten nicht erreichbaren) Gehaltserhöhung von A 13 auf A 14 gleichkam. Eine noch positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten würde, ist in der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände danach nicht möglich.

5. Die Aberkennung des Ruhegehalts ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 5.2.2014 - 16a D 12.2494 - Rn. 55). Für Ruhestandsbeamte gilt nichts anderes (BVerfG, NB.v. 22.11.2001 - 2 BvR 2138/00 - juris Rn. 3). Daher ist einem Ruhestandsbeamten wie dem Beklagten bei Vorliegen der eben genannten Voraussetzungen das Ruhegehalt abzuerkennen (BayVGH, U.v. 13.7.2011 - 16a D 09.3127 - Rn. 170).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 30. März 2015 wird abgeändert. Der Beklagte wird in das Amt eines Zollobersekretärs (BesGr A 7 BBesO) versetzt.

II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1. Der 1957 geborene Beklagte schloss im Juli 1974 die Realschule mit der mittleren Reife ab. Am 1. November 1974 trat er in den mittleren Dienst der Bundesfinanzverwaltung ein und wurde unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Zollanwärter ernannt. Sein dienstlicher Werdegang verlief wie folgt:

01.05.1976 Ernennung zum Zollassistenten z.A. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe

01.05.1978 Ernennung zum Zollassistenten

13.06.1980 Ernennung zum Zollsekretär (BesGr A 6)

22.12.1982 Ernennung zum Zollobersekretär (BesGr A 7)

26.09.1984 Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

23.03.1993 Ernennung zum Zollhauptsekretär (BesGr A 8)

26.11.1999 Ernennung zum Zollbetriebsinspektor (BesGr A 9)

27.09.2007 Zuerkennung eine Amtszulage

Der Beklagte war seit 1976 am früheren Zollamt M …- … und seit 1998 an der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) im Bereich der Abfertigung von Messewaren tätig. In der letzten dienstlichen Beurteilung 2005 erhielt er das Prädikat „tritt erheblich hervor“. 2005 wurde ihm eine Leistungsprämie von 400,- € zuerkannt. Er ist ledig sowie kinderlos und lebt in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen; derzeit erhält er um 25% gekürzte Bezüge aus BesGr A 9m BBesO mit Amtszulage.“

2. Der Beklagte wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts M … (Az.: …) vom 23. September 2009, rechtskräftig seit 14. Oktober 2009, wegen Amtsanmaßung in 29.933 Fällen gemäß §§ 132, 53 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ihm wurde darin zur Last gelegt, in seiner Eigenschaft als Abfertigungsbeamter der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) im Zeitraum von Oktober 2002 bis Juli 2008 in 29.933 Fällen Ausfuhranmeldungen für Speditionen von der Firma P … abgefertigt und abgestempelt zu haben, obwohl die betreffenden Waren nicht gemäß § 9 AWV a.F. gestellt worden waren und eine sachliche Zuständigkeit des Beklagten hierfür mangels eines Zusammenhangs mit Messewaren nicht gegeben war. Der Beklagte handelte hierbei auf Geheiß seiner damaligen Kollegin, der anderweitig verurteilten früheren Zollhauptsekretärin A, die aufgrund einer Übereinkunft mit der Firma P … für jede Ausfuhrerklärung 5,- DM/2,50 € als Gegenleistung erhielt. Von dieser Vereinbarung hatte der Beklagte weder Kenntnis noch einen unmittelbaren oder mittelbaren Vorteil, sondern handelte aus Gefälligkeit gegenüber der Firma P … bzw. gegenüber Frau A.

3. Der Beklagte führte nach den Ermittlungen der Klägerin im Zeitraum von Juli 2005 bis Juli 2008 in insgesamt 180 Fällen unrechtmäßige Buchungen am elektronischen Zeiterfassungsgerät in der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) zugunsten von Frau A durch und verschaffte ihr dadurch ein nicht zustehendes Zeitguthaben von 90 Stunden, indem er Frau A mit deren Chipkarte als anwesend ein buchte, obwohl sie zum jeweiligen Zeitpunkt (noch) nicht anwesend war. Hierbei handelte der Beklagte auf Geheiß von Frau A aus Gefälligkeit gegenüber dieser.

4. Die Klägerin leitete am 9. Juli 2008 aufgrund der gegen den Beklagten erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe ein Disziplinarverfahren gegen diesen ein und setzte dieses wegen des sachgleichen Strafverfahrens vorläufig aus. Mit Verfügung vom 11. Juli 2008 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und mit Verfügung vom 11. August 2008 ab 1. September 2008 25% seiner Dienstbezüge einbehalten. Nach Abschluss des Strafverfahrens wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 29. März 2010 fortgesetzt und auf den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs zugunsten von Frau A ausgedehnt. Der Beklagte wurde am 30. Januar 2013 angehört und erhielt Gelegenheit, sich zum Ergebnis der Ermittlungen vom 5. Februar 2014 zu äußern. Auf Antrag des Beklagten wurde der Bezirkspersonalrat beteiligt.

Zur Beurteilung der Schuldfähigkeit des Beklagten gab die Klägerin im Januar 2012 eine psychiatrische Begutachtung durch Prof. Dr. N … und Dr. L …, LMU M …, in Auftrag. Laut Gutachten vom 25. März 2012 leidet der Beklagte an einer Persönlichkeitsstörung mit vermeidend-selbstunsicheren und dependenten Zügen, die die Eingangsmerkmale des § 20 StGB erfüllt. Aufgrund dieser Erkrankung sowie der spezifischen Abhängigkeitsbeziehung zu Frau A sei beim Beklagten von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB im Tatzeitpunkt auszugehen.

Am 13. Oktober 2014 hat die Klägerin Disziplinarklage erhoben, um den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Darin legt sie ihm neben den unter 2. und 3. genannten Vorwürfen weiter zur Last, schon seit 1999/2000 in einer Vielzahl von Fällen pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen für die Firma P … abgefertigt zu haben.

5. Mit Urteil vom 30. März 2015 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Der Beklagte habe die Vorwürfe, in 29.933 Fällen gegen § 9 AWV a.F. verstoßen und in 180 Fällen falsche Arbeitszeitbuchungen zugunsten von Frau A getätigt zu haben, eingeräumt. Das Fehlverhalten wiege sehr schwer und habe zum endgültigen Vertrauensverlust geführt. Der Beklagte habe vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen, die Gesetze zu beachten und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die schwerste Dienstpflichtverletzung stelle der innerdienstliche Verstoß gegen § 9 AWV a.F. dar, der zugleich den Tatbestand der Amtsanmaßung nach § 132 StGB erfülle. Schon dieses Fehlverhalten erfordere die Verhängung der Höchstmaßnahme, da der Beklagte dadurch im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt habe. Zudem habe er durch die unrechtmäßigen Buchungen einen Arbeitszeitbetrug begangen und das Vertrauen des Dienstherrn missbraucht. Zu seinen Lasten falle ins Gewicht, dass er vorsätzlich gehandelt habe, sich die Pflichtverletzungen über mehrere Jahre erstreckt hätten und er seiner Vorbildfunktion als Leiter der Zollstelle nicht gerecht geworden sei. Die ihm attestierte Persönlichkeitsstörung führe nicht zur Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit, da er hinsichtlich der Verstöße gegen § 9 AWV a.F. eine leicht zu befolgende Dienstpflicht verletzt habe, wobei ihm die Verwerflichkeit seines Verhaltens einsichtig gewesen sei. Es liege keine persönlichkeitsfremde Augenblickstat vor, da er bereits seit 1999/2000 pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen für die Firma P … abgefertigt habe. Eine günstige Zukunftsprognose sei zu verneinen. Die Entfernung aus dem Dienst sei aufgrund des endgültig zerstörten Vertrauens nicht unverhältnismäßig.

6. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erkennen.

Der Sachverhalt werde vom Beklagten vollumfänglich eingeräumt und die Berufung daher auf das Disziplinarmaß beschränkt. Das Verwaltungsgericht habe die auf die Maßnahmebemessung anzuwendenden Maßstäbe falsch angelegt und automatisch die Höchstmaßnahme verhängt, ohne eine mildere Disziplinarmaßnahme wie eine Dienstgradherabsetzung auch nur in Erwägung zu ziehen. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Fehlverhalten des Beklagten zwingend die Verhängung der Höchstmaßnahme zur Folge habe. Auch habe es nicht geprüft, ob das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig zerstört sei, sondern dies nur behauptet, ohne dies zu begründen. Weiter habe es eine positive Prognose ohne Begründung verneint, obwohl vorliegend von einer günstigen Prognose auszugehen sei, weil der Beklagte sich inzwischen erfolgreich in Therapie begeben habe. Fehlerhaft habe das Verwaltungsgericht dem Beklagten erschwerend zur Last gelegt, dass er vorsätzlich gehandelt habe, obwohl Amtsanmaßung nur vorsätzlich begangen werden könne. Unzutreffend habe es eine Erheblichkeit der vom Sachverständigen festgestellten verminderten Schuldfähigkeit verneint, ohne sich mit dem eingeholten Gutachten auseinanderzusetzen. Diese sei vorliegend als durchgreifender Milderungsgrund zu berücksichtigen. Der Beklagte habe mit seinem Verhalten auch erst begonnen, als er mit Frau A zusammengearbeitet habe. Er habe dadurch ihr Wohlwollen und ihre Aufmerksamkeit erlangen wollen. Er sei in sie „vernarrt“ und emotional völlig von ihr abhängig gewesen, was diese schamlos ausgenutzt habe. Er habe für sein Verhalten keinen Cent erhalten oder verlangt. Vielmehr habe er Frau A aufgrund einer Art „Verliebtheitswahn“ finanziell unterstützt. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht berücksichtigt, dass der Beklagte seine Dienstaufgaben vorbildlich erfüllt und eine Leistungsprämie sowie gute Beurteilungen erhalten habe und dass er weder strafnoch disziplinarrechtlich vorbelastet sei. Er habe die Taten auch eingeräumt und bereut. Er habe keine ausfuhrgenehmigungspflichtigen Waren abgefertigt oder den Export von Waren bestätigt. Durch sein Verhalten sei weder der Zollverwaltung noch Dritten ein Schaden entstanden. Aufgrund der Sachverhaltsidentität mit dem Strafverfahren sei eine zusätzliche disziplinarische Ahndung vorliegend nicht erforderlich.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Das Verwaltungsgericht habe aufgrund des festgestellten Dienstvergehens, das zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt habe, zu Recht auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt. Die vom Beklagten vorgebrachten Milderungsgründe seien nicht von einem solchen Gewicht, um ausnahmsweise eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme zu verhängen und den Beklagten weiter im Dienst zu belassen. Auch die dem Beklagten attestierte Persönlichkeitsstörung, die zu einer Verminderung der Schuldfähigkeit geführt habe, stelle im vorliegenden Fall keinen durchgreifenden Milderungsgrund dar, um von der Höchstmaßnahme abzusehen. Sei – wie vorliegend - die Frage der Schuldunfähigkeit verneint worden, habe das Gericht zu prüfen, ob bei Vorliegen der Eingangsvoraussetzungen des § 20 StGB ein Fall erheblich verminderter Schuldfähigkeit i.S.d. § 21 StGB vorliege. Die Frage der Erheblichkeit sei eine Rechtsfrage, die ohne Bindung an die Einschätzungen des Sachverständigen in eigener Verantwortung des Gerichts zu beantworten sei. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der durch den Beklagten über einen langen Zeitraum in einer Vielzahl von Fällen in eklatanter Weise vorsätzlich verletzten Kernpflichten zu der Annahme gelangt sei, dass die Erheblichkeitsschwelle hier nicht erreicht sei. Der Beklagte habe auch nicht erst unter dem Einfluss von Frau A, sondern unabhängig hiervon bereits ab 1999/2000 pflichtwidrig Ausfuhren für die Firma P … abgewickelt. Das Vertrauensverhältnis sei durch das Fehlverhalten des Beklagten endgültig zerstört worden. Da der eingetretene endgültige Vertrauensverlust selbst bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht wieder gutzumachen wäre, müsse dieses im Interesse der Leistungsfähigkeit der Zollverwaltung und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden. Es bedürfe deshalb auch keiner Einholung eines Ergänzungsgutachtens hinsichtlich der Frage der Zukunftsprognose.

Der Senat hat am 22. November 2017 öffentlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten, die trotz der ausdrücklich erklärten Beschränkung auf das Disziplinarmaß als uneingeschränkt eingelegt gilt (vgl. BVerwG, U.v. 28.7.2011 – 2 C 16.10 – juris Rn. 13), ist zulässig und hat in der Sache auch teilweise Erfolg. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts wird der Beklagte nach § 9 BDG in das Amt eines Zollobersekretärs (BesGr A 7 BBesO) versetzt.

1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.

2. Folgender Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats fest:

2.1 Der Beklagte hat als an der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) tätiger Zollbeamter im Zeitraum von Oktober 2002 bis Juli 2008 wissentlich und willentlich in 29.933 Fällen Ausfuhranmeldungen der Firma P … abgefertigt und abgestempelt, obwohl die betreffenden Waren - wie der Beklagte wusste - nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes - Außenwirtschaftsverordnung (AWV) vom 18. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2671) = AWV a.F. gestellt (körperlich vorgeführt) worden waren und er mangels eines Zusammenhangs mit Messewaren hierfür sachlich auch nicht zuständig war. Der Beklagte handelte dabei auf Bitten seiner damaligen Kollegin an der Zollabfertigungsstelle Messe, der früheren Zollhauptsekretärin A, die aufgrund einer Vereinbarung mit der Firma P … für jede auf diese Weise abgefertigte Ausfuhranmeldung 5,- DM bzw. 2,50 € als Gegenleistung erhielt. Davon hatte der Beklagte aber weder Kenntnis noch einen Vorteil, sondern er handelte aus Gefälligkeit gegenüber der Firma P … bzw. Frau A. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts M … vom 23. September 2009. Diese entfalten zwar keine Bindungswirkung gemäß § 57 Abs. 1 BDG, können nach § 65 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 57 Abs. 2 BDG der Entscheidung des Senats aber ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden, da der Beklagte keine Einwendungen hiergegen erhoben hat. Darüber hinaus hat er diesen Sachverhalt auch im Straf- und Disziplinarverfahren vollumfänglich eingeräumt (vgl. Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080; Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1088; Anhörung vom 30.1.2013 Disziplinarakte Bl. 295; Berufungsschriftsatz vom 8.7.2015).

Dagegen steht nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, ob der Beklagte bereits vor Oktober 2002 Ausfuhranmeldungen der Firma P … für Waren bearbeitet hat, die nicht gestellt worden waren. Auch wenn die Klägerin zutreffend darauf hinweist, dass der Beklagte in seiner Vernehmung vom 5. November 2008 (Strafakte Bl. 1088) angegeben hat, dass es so um 1999/2000 gewesen sein dürfte, als F … P … ihn darauf angesprochen habe, Ausfuhrbelege ohne vorherige Gestellung abzustempeln, hat der Beklagte in diesem Zusammenhang erklärt, er wisse nicht mehr genau, wann dies gewesen sei. Deshalb kann auch nicht unterstellt werden, der Beklagte habe eingeräumt, damit bereits 1999/2000 begonnen zu haben. Auch finden sich weder in den Strafnoch in den Disziplinarakten Anhaltspunkte, die belegen würden, dass der Beklagte bereits vor Oktober 2002 pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen für die Firma P … bearbeitet hätte. Derartige Fälle waren weder Gegenstand des Straf- bzw. des Disziplinarverfahrens, noch sind sie von der Disziplinarklage umfasst, in der nur von einer „Vielzahl von Fällen“ in den Jahren von 2000 bis 2008 die Rede ist. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine Disziplinarklageschrift, aus der hervorgehen muss, welche konkreten Sachverhalte dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die jeweiligen Geschehensabläufe müssen nachvollziehbar beschrieben werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Auch dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 – 2 B 69.10 – juris Rn. 6).

2.2 Der Beklagte hat weiter im Zeitraum von Juli 2005 bis Juli 2008 wissentlich und willentlich in 180 Fällen - wie der Beklagte wusste - unrechtmäßige Buchungen am elektronischen Zeiterfassungsgerät in der Zollabfertigungsstelle M …- … (Messe) zugunsten von Frau A durchführt und ihr dadurch ein nicht zustehendes Zeitguthaben von 90 Stunden verschafft, indem er diese mittels deren Chipkarte als anwesend einbuchte, obwohl sie nicht anwesend war. Der Beklagte handelte dabei auf Geheiß von Frau A aus Gefälligkeit gegenüber dieser. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Einlassungen des Beklagten im Straf- und Disziplinarverfahren, wo er die Falschbuchungen vollumfänglich eingeräumt hat (vgl. Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1090; Schriftsatz vom 7.5.2010 Disziplinarakte Bl. 111).

3. Der Beklagte hat durch den unter 2. festgestellten Sachverhalt vorsätzlich und schuldhaft gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen und dadurch ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i.S.d. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. begangen, da sowohl die Bearbeitung der Ausfuhranmeldungen der Firma P … als auch die Buchungen zugunsten seiner ehemaligen Kollegin A in sein Amt als Zollbeamter eingebunden waren (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 11).

3.1 Der Beklagte hat durch die Bearbeitung der von der Firma P … vorgelegten Ausfuhranmeldungen, obwohl die betreffenden Waren nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 AWV a.F. gestellt wurden, vorsätzlich gegen die Pflicht, die Gesetze zu beachten, sowie gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG n.F.) und zur Befolgung dienstlicher Weisungen und allgemeiner Richtlinien in Form zollrechtlicher Dienstvorschriften (§ 55 Satz 2 BBG a.F., § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) verstoßen (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.1979 – 1 D 64.78 – juris Rn. 36). Er hat dadurch zugleich eine Amtsanmaßung i.S.d. § 132 StGB begangen, weil er hierfür mangels eines Zusammenhangs mit Messewaren sachlich auch nicht zuständig war (vgl. Fischer, StGB, 66. Auflage 2017, § 132 Rn. 8). Da er hierbei aus Gefälligkeit gegenüber der Firma P … bzw. gegenüber Frau A handelte, liegt darin zudem ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Gebot der Unparteilichkeit (§ 52 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F., § 60 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) bzw. Uneigennützigkeit (§ 54 Satz 2 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.).

3.2 Der Beklagte hat durch die unzutreffende Buchung von Frau A als anwesend vorsätzlich gegen die Wahrheitspflicht sowie gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG n.F.) und zur Befolgung dienstlicher Weisungen und allgemeiner Richtlinien in Form der Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit vom 12. Oktober 2005 (§ 55 Satz 2 BBG a.F., § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) verstoßen (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2009 – 16a D 07.1479 – juris Rn. 95). Er hat dadurch zugleich Beihilfe zur Verletzung der Dienstleistungspflicht (§ 54 Satz 2 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG n.F.) durch Frau A geleistet (sog. „Arbeitszeitbetrug“, vgl. BayVGH a.a.O. Rn. 91). Da er hierbei aus Gefälligkeit gegenüber Frau A handelte, liegt darin zudem ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Gebot der Uneigennützigkeit (§ 54 Satz 2 BBG a.F., § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.).

3.3 Diese Dienstpflichtverletzungen sind dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbar, weil er schuldhaft handelte.

Laut psychiatrischem Sachverständigengutachten vom 25. März 2012 war eine Schuldunfähigkeit i.S.d. § 20 StGB beim Beklagten im Tatzeitpunkt auszuschließen (S. 35 f.). Dieser war danach sowohl hinsichtlich der pflichtwidrigen Ausfertigung und Abstempelung der Ausfuhranmeldungen der Firma P … als auch hinsichtlich der unrechtmäßigen Buchungen zugunsten von Frau A fähig, die Unrechtmäßigkeit seines Tuns einzusehen (ebda. S. 36). Der Beklagte hat auch selbst erklärt, dass ihm schon bewusst gewesen sei, dass die Bearbeitung von Ausfuhranmeldungen ohne Gestellung der Ware nicht rechtens (verboten) gewesen sei (vgl. Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080; Gutachten S. 21), und angegeben, unrechtmäßige Buchungen für Frau A vorgenommen zu haben (vgl. Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1090; Schriftsatz vom 7.5.2010 Disziplinarakte Bl. 111).

Im Gutachten wird allerdings auch festgestellt, dass beim Beklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung mit vermeidend-selbstunsicheren sowie dependenten Zügen vorliege, die als schwere seelische Abartigkeit i.S.d. § 20 StGB zu werten sei und die - vor allem in Bezug auf das besondere Abhängigkeitsverhältnis des Beklagten zu Frau A, in die der Beklagte intensiv verliebt gewesen sei, ohne dass dies von ihr erwidert worden wäre, vielmehr habe diese den Beklagten nur ausgenutzt (so habe dieser ihr nicht nur eine Mietwohnung und einen teuren PKW finanziert, sondern auch Urlaubsreisen bezahlt und andere, kostspielige Geschenke gemacht, ihr auf deren Anruf Geld in den Urlaub überwiesen, ihren Hund in der Mittagspause Gassi geführt oder ihr Auto aus der Werkstatt abgeholt, um dadurch ihr Wohlwollen und ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, ohne hierfür jemals eine Gegenleistung erhalten zu haben) - dazu geführt habe, dass er in ambivalenten Situationen nicht mehr fähig gewesen sei, selbständig zu entscheiden (a.a.O. S. 34 f.). Aufgrund der konstatierten Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend selbstunsicheren sowie abhängigen Zügen und infolge der spezifischen Abhängigkeitsbeziehung zu Frau A habe der Beklagte vielmehr deren Wünschen weit weniger Widerstand entgegensetzen können, als dies einer gesunden Person möglich gewesen wäre, so dass aus medizinischer Sicht von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit i.S.d. § 21 StGB zum jeweiligen Tatzeitpunkt auszugehen sei (a.a.O. S. 36). Der Senat geht demgemäß im Hinblick auf beide Vorwürfe von einer verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten aus.

4. Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BDG. Gleichwohl ist nach Überzeugung des Senats noch nicht von einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit auszugehen, der eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gebieten würde. Die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls erlauben vielmehr eine mildere Bewertung des Dienstvergehens und führen zur Zurückstufung des Beklagten um zwei Stufen.

4.1 Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 Abs. 1 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss deshalb in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12).

Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist dabei die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Das festgestellte Dienstvergehen muss nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 Abs. 1 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten sowie der Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße und nach den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach der Form und dem Gewicht des Verschuldens und nach den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte wie insbesondere dem eingetretenen Schaden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 16).

Setzt sich das Dienstvergehen - wie hier - aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung. Das ist hier der Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AWV a.F. und die damit einhergehende Amtsanmaßung nach § 132 StGB.

Der frühere 1. Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme bei vorsätzlichen Verstößen gegen zollrechtliche Vorschriften, die dazu führen, dass Waren unter Verletzung von Einbzw. Ausfuhrverboten oder -beschränkungen über die Grenze verbracht werden, i.d.R. als indiziert angesehen (vgl. BVerwG, U.v. 23.8.1979 – 1 D 64.78 – juris Rn. 37; U.v. 24.11.1998 – 1 D 16.97 – juris Rn. 16). Ein Zollbeamter, der daran mitwirkt, Waren unter Verletzung zollrechtlicher Bestimmungen ein- oder auszuführen, versagt im Kernbereich seines Amtes und macht sich dadurch für eine weitere Belassung in diesem Amt untragbar. Es gehört gerade zu den dienstlichen Kernpflichten eines Zollbeamten, der Verletzung von Zoll- und Steuervorschriften entgegenzuwirken. Für die Maßnahmebemessung ist dabei der enge dienstliche Bezug zum Fehlverhalten des Beamten entscheidend (vgl. BVerwG, B.v. 23.7.1998 – 1 DB 15.98 – juris Rn. 7).

Nach Ansicht des 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts ist hingegen bei innerwie bei außerdienstlich von einem Beamten begangenen Straftaten die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung des Dienstvergehens zu einer gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahme am jeweils gesetzlich bestimmten Strafrahmen geboten. Mit der jeweiligen Strafandrohung hat der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet dabei die nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung innerwie außerdienstlich begangener Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 17, 19). Dagegen kommt bei einem - wie vorliegend - innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung betroffen ist, dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine indizielle oder präjudizielle Bedeutung zu (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 15).

Das Strafgericht hat gegen den Beklagten wegen des ihm im Disziplinarverfahren zur Last gelegten Vorwurfs der Amtsanmaßung in 29.933 Fällen eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verhängt. Die dabei zur Anwendung gekommene Strafvorschrift des § 132 StGB sieht einen Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor. Begeht ein Beamter eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme grundsätzlich bis zur Zurückstufung. Weist ein Dienstvergehen indessen - wie hier aufgrund des gleichzeitig verwirklichten Verstoßes gegen zollrechtliche Bestimmungen gemäß § 9 Abs. 1 AWV a.F. - hinreichenden Bezug zum Amt des betreffenden Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen auch bei mittelschweren Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 18).

Danach bildet vorliegend die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 10 BDG den Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Ahndung des durch den Beklagten begangenen Dienstvergehens.

Die Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt allerdings nur in Betracht, wenn dies unter Würdigung aller belastenden und entlastenden Umstände des Einzelfalls dem Schweregehalt des konkret begangenen Dienstvergehens entspricht. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarische Höchstmaßnahme ist deshalb nur zulässig, wenn der Beamte wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Dienstpflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Die Verhängung der Höchstmaßnahme ist nur gerechtfertigt, wenn die Abwägung aller Umstände der Tat und der Persönlichkeit des Beamten ergibt, dass es dem Dienstherrn nicht mehr zuzumuten ist, das Dienstverhältnis mit dem Beamten fortzusetzen. Neben der Schwere des Dienstvergehens sind hierfür die persönlichen Verhältnisse und das Verhalten des Beamten vor, bei und nach der Tat zu berücksichtigen. Ergibt die vorzunehmende Gesamtabwägung, dass aufgrund des Fehlverhaltens des Beamten ein endgültiger Vertrauensverlust in die ordnungsgemäße Diensterfüllung eingetreten ist, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 13).

4.2 Vorliegend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass das Fehlverhalten des Beklagten zwar schwer i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG wiegt, dass der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit jedoch noch nicht endgültig verloren hat und deshalb die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens wegen der besonderen Umstände des Dienstvergehens nicht geboten ist.

4.2.1 Zwar ist zu Lasten des Beklagten zu gewichten, dass er von Oktober 2002 bis Juli 2008 und damit über einen Zeitraum von fast sechs Jahren in 29.933 Fällen pflichtwidrig Ausfuhranmeldungen der Firma P … bearbeitet hat, so dass es sich nicht um eine persönlichkeitsfremde Augensblickstat handelt. Er hat sich dadurch auch nicht nur einer - lediglich vorsätzlich begehbaren - Amtsanmaßung i.S.d. § 132 StGB schuldig gemacht, sondern zudem vorsätzlich gegen § 9 AWV a.F. verstoßen, so dass Waren unter Verletzung zollrechtlicher Vorschriften ausgeführt wurden. Die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 AWV a.F. grundsätzlich vorgeschriebene Gestellung (d.h. körperliche Vorführung) der Waren beim zuständigen Zollamt soll die Zollbeamten in die Lage versetzen, sich durch Sichtkontrolle davon zu überzeugen, dass die Ware mit den in der Ausfuhrerklärung gemachten Angaben übereinstimmt, da andernfalls dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet wird. Dies hat der Beklagte sehenden Auges vereitelt, auch wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass hierdurch Abgaben hinterzogen oder einem Ausfuhrverbot unterliegende Waren exportiert worden wären bzw. der Klägerin oder Dritten (finanzielle) Schäden entstanden wären. Damit hat der Beklagte im Kernbereich seines Amtes versagt, da es gerade zu den Dienstpflichten eines Zollbeamten gehört, der Verletzung von Zollvorschriften entgegenzuwirken. Durch sein Verhalten hat der Beklagte zudem das in ihn mit der Übertragung der Tätigkeit an der Zollabfertigungsstelle gesetzte Vertrauen des Dienstherrn in eine pflichtgemäße selbständige Diensterfüllung enttäuscht, auf das dieser angewiesen ist, da dort keine ständige und lückenlose Überwachung möglich ist. Der Beklagte handelte hierbei auch aus eigennützigen Motiven, weil er Frau A einen Gefallen erweisen wollte, um ihre Zuneigung zu gewinnen. Er hat auch versucht, seine Taten zu verschleiern, indem er Ausfuhrunterlagen vernichtet und diese nicht in Gegenwart Dritter bearbeitet hat. Hinzu kommt, dass der Beklagte daneben mit seiner Beihilfe zum Arbeitszeitbetrug durch Frau A aus eigennützigen Gründen einen weiteren schweren Vertrauensbruch mit erheblichem disziplinarem Eigengewicht begangen hat (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2009 – 16a D 07.1479 – juris Rn. 89).

4.2.2 Von der danach an sich verwirkten Höchstmaßnahme ist aber ausnahmsweise zugunsten einer milderen Disziplinarmaßnahme abzusehen, weil ein anerkannter Milderungsgrund von einem solchen Gewicht vorliegt, der geeignet ist, das schwere Dienstvergehen des Beklagten als weniger gravierend erscheinen zu lassen. Nach Überzeugung des Senats bestehen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen aufgrund einer krankhaften seelischen Störung in einem Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.d. §§ 20, 21 StGB begangen hat, so dass die Höchstmaßnahme nicht verhängt werden kann.

Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldfähigkeit des Beamten bei Begehung der Tat erheblich gemindert war, darf das Gericht im Rahmen seiner Zumessungsentscheidung diesen Aspekt nicht offen lassen bzw. ihn zugunsten des Betroffenen unterstellen und lediglich auf die Einsehbarkeit der betreffenden Pflicht abstellen. Vielmehr muss es die Frage einer etwaigen Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären. Dabei kann auch das Vorliegen einer krankhaften Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit unterhalb der Schwelle einer seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB für die Gesamtwürdigung von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2017 – 2 B 76.16 – juris Rn. 13).

Hat der Beamte zum Tatzeitpunkt an einer krankhaften seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten oder kann eine solche Störung nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht ausgeschlossen werden und ist die Verminderung der Schuldfähigkeit des Beamten erheblich, so ist dieser Umstand bei der Bewertung der Schwere des Dienstvergehens mit dem ihm zukommenden erheblichen Gewicht heranzuziehen. In diesem Fall kann die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht ausgesprochen werden (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2017 – 2 B 76.16 – juris Rn. 14).

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung i.S.v. § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Beamte den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte (vgl. BVerwG, U.v. 25.3.2010 – 2 C 83.08 – juris Rn. 29).

Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Schuldfähigkeit aufgrund der krankhaften seelischen Störung erheblich i.S.d. § 21 StGB war, ist zwar eine Rechtsfrage. Als Vorfrage muss jedoch geklärt werden, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer Krankheit gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat. Erst wenn die seelische Störung und ihr Schweregrad feststehen oder nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine erheblich geminderte Schuldfähigkeit vorliegen. Hierzu bedarf es i.d.R. besonderer ärztlicher Sachkunde (vgl. BVerwG, B.v. 29.8.2017 – 2 B 76.16 – juris Rn. 15).

Die im Rahmen des Disziplinarverfahrens von der Klägerin beauftragten beiden Sachverständigen Prof. Dr. N … und Dr. L … haben in ihrem psychiatrischen Fachgutachten vom 25. März 2012 ausdrücklich festgestellt, dass der Beklagte an einer schweren Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend vermeidend-selbstunsicheren und dependenten (d.h. abhängigen) Zügen leidet, die die Eingangsmerkmale des § 20 StGB (schwere seelische Abartigkeit) erfüllt (S. 35). Der Beklagte hatte danach zwar insoweit Einsicht in die Unrechtmäßigkeit seines Tuns (ebda. S. 36). Aufgrund der beschriebenen Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend selbstunsicheren sowie abhängigen Zügen und aufgrund der spezifischen Abhängigkeitsbeziehung zu Frau A konnte der Beklagte deren Wünschen und Vorschlägen jedoch sowohl hinsichtlich der Bearbeitung der Ausfuhranmeldungen der Firma P … als auch hinsichtlich des „Arbeitszeitbetrugs“ weitaus weniger Widerstand entgegensetzen, als dies einem Gesunden möglich wäre, so dass aus medizinischer Sicht von erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Taten auszugehen ist (a.a.O.).

Der Senat legt diese medizinische Einschätzung seiner Beurteilung zugrunde, ob die festgestellte Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten rechtlich erheblich i.S.d. § 21 StGB war. Er verkennt hierbei nicht, dass die Frage der Erheblichkeit eine Rechtsfrage darstellt, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung medizinischer Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Die Erheblichkeitsschwelle liegt dabei auch umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit i.S.v. § 21 StGB maßgeblich von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2008 – 2 B 48.08 – juris Rn. 7).

An der Erheblichkeit der festgestellten verminderten Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB bestehen für den Senat jedoch keine Zweifel. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass es sich bei den vom Beklagten verletzten Dienstpflichten jeweils um leicht einsehbare und erfüllbare Kernpflichten handelt, deren Einsichtsfähigkeit für den Beklagten auch durch das Gutachten nicht in Frage gestellt wird. Es greift allerdings zu kurz, deshalb die Erheblichkeit i.S.v. § 21 StGB zu verneinen, obwohl das Gutachten aufgrund der von ihm festgestellten abhängigen Persönlichkeitsstörung eine erhebliche Minderung der Steuerungsfähigkeit im Tatzeitpunkt bejaht hat. Der Senat geht aufgrund der im Gutachten nachvollziehbar dargelegten Einschränkungen der Steuerungsfähigkeit beim Beklagten (a.a.O. S. 32-35) trotz Verletzung leicht einsehbarer Kernpflichten vielmehr von erheblich verminderter Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB im Tatzeitpunkt aus, durch die die Erschwerungsgründe aufgewogen werden. Dies hat zur Folge, dass vorliegend die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2017 – 16a D 15.1777 – juris Rn. 41).

Die Klägerin kann diesbezüglich auch nicht einwenden, dass sich die aufgrund des spezifischen Abhängigkeitsverhältnisses zu Frau A festgestellte Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Beklagten nicht auf die seit Oktober 2002 vorgenommenen Abfertigungen der Ausfuhranmeldungen der Firma P … ausgewirkt haben könne, weil der Beklagte nicht erst unter dem Einfluss von Frau A, sondern unabhängig hiervon bereits ab etwa 1999/2000 begonnen habe, auf diese Weise pflichtwidrig Ausfuhren für die Firma P … abzuwickeln. Der Beklagte hat zwar angegeben (vgl. Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080; Vernehmung vom 5.11.2008 Strafakte Bl. 1088), bereits wohl seit etwa 1999/2000 - wenn auch nur in Ausnahmefällen - Ausfuhranmeldungen für die Firma P … in der vorgeworfenen Weise bearbeitet zu haben, nachdem er von F … P … darauf angesprochen worden sei. Doch hat er laut Gutachten (S. 21) erklärt, dass er erst 2002 damit angefangen habe, und zudem ausgeführt (Vernehmung vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1080), dass ihn erst Frau A beschwichtigt und letztlich überredet habe, dass man das schon so machen könne. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22. November 2017 (vgl. Protokoll S. 3) hat er erklärt, dass erst Frau A mit der Bitte auf ihn zugekommen sei, ob nicht zugunsten der Firma P … auf die Gestellung verzichtet werden könne. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte habe bereits seit 1999/2000 auf Ansinnen von F … P … damit begonnen, die Ausfuhranmeldungen auf diese Weise abzufertigen.

Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass der Beklagte und Frau A bereits seit 1998 in der Abfertigungsstelle zusammen arbeiteten (vgl. Vernehmung Beklagter vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1079; Vernehmung F … P … vom 9.7.2008 Strafakte Bl. 1137) und dass sie sich schon vorher kannten (vgl. Vernehmung Beklagter vom 8.7.2008 Strafakte Bl. 1079), so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass - selbst für den Fall, dass der Beklagte bereits vor Oktober 2002 Ausfuhranmeldungen für die Firma P … ohne Gestellung abgefertigt haben sollte - der Beklagte erst auf deren Drängen so verfahren ist. Im Übrigen geht das Gutachten auch davon aus (S. 33), dass der Beklagte aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung auch gegenüber der Firma P … nicht dazu in der Lage war, Forderungen nach einer Abfertigung ohne Gestellung abzulehnen.

Unabhängig hiervon ist der Klägerin eine Berufung darauf, dass der Beklagte bereits ca. 1999/2000 auch ohne eine Einflussnahme von Frau A damit begonnen habe, Ausfuhranmeldungen für die Firma P … ohne Gestellung abzufertigen, schon deshalb verwehrt, weil die angeblichen Dienstpflichtverletzungen ab 1999/2000 nach dem unter 2.1 Ausgeführten nicht wirksam zum Gegenstand der Disziplinarklage gemacht wurden und aus diesem Grund dem Beklagten nicht entgegengehalten werden können.

Das Gutachten ist von der Klägerin auch nicht substantiiert angegriffen worden. Die Exploration und der erhobene Befund sind nachvollziehbar. Anhaltspunkte, dass das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Grundlagen ausgehen, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweisen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter geben würde, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Das im Disziplinarverfahren eingeholte Gutachten kann auch im Gerichtsverfahren verwertet werden (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 2 B 40.16 – juris Rn. 10).

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sowohl hinsichtlich der Schwere des begangenen Dienstvergehens als auch im Hinblick auf das Persönlichkeitsbild des Beklagten noch kein endgültiger Vertrauensverlust i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG eingetreten ist. Laut Gutachten (S. 36) kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Persönlichkeitsstörung außerhalb einer spezifischen Abhängigkeitssituation wie zu Frau A zu einem kriminellen Rückfall führen dürfte.

4.2.3 Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sämtlicher den Beklagten be- und entlastenden Umstände ist unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beklagten zwar nicht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, aber dennoch eine deutliche Pflichtenmahnung in Form der Zurückstufung des Beamten um zwei Stufen in das Amt eines Zollobersekretärs (BesGr A 7 BBesO) geboten.

Diese Disziplinarmaßnahme ist im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens sowie den damit einhergehenden erheblichen Vertrauensschaden des Dienstherrn und der Allgemeinheit schuldangemessen und erforderlich. Dabei berücksichtigt der Senat, dass der Beklagte durch die Disziplinarmaßnahme nicht nur in eine um zwei Stufen niedrigere Besoldungsstufe versetzt wird, sondern dass dadurch zugleich die an das bisher innegehabte Amt in BesGr A 9 BBesO gebundene Amtszulage entfällt. Die damit verbundenen finanziellen Folgen für den Beklagten sind aus der Sicht des Senats erforderlich und geeignet, den Beklagten zu einem künftigen pflichtgemäßen Verhalten im Dienst anzuhalten. Die für den Beklagten sprechenden Umstände (gute dienstliche Leistungen; Einräumung der Taten nach Entdeckung; keine straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung; lange Dauer der Disziplinarverfahrens) sind dabei zwar durchaus mildernd zu berücksichtigen und rechtfertigen es, von einer Zurückstufung um drei Stufen in das Eingangsamt eines Zollsekretärs (BesGr A 6 BBesO) abzusehen. Sie führen angesichts der erheblichen Schwere des Dienstvergehens jedoch weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit dazu, dass der Beklagte nur um eine Stufe in das Amt eines Zollhauptsekretärs (BesGr A 8 BBesO) zurückgestuft bzw. dass nur eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG) verhängt werden könnte. Zum Absehen von der gebotenen Zurückstufung um zwei Stufen führt auch nicht die Tatsache, dass der inzwischen 60jährige Beklagte vor seinem Eintritt in den Ruhestand aller Voraussicht nicht mehr in sein bisheriges Amt bzw. in ein Amt der BesGr A 8 befördert werden wird, da er diesen Nachteil durch eigenes vorwerfbares und schwerwiegendes Fehlverhalten herbeigeführt hat. Da kein Rechtsanspruch auf Beförderung besteht, geht das Gesetz bei der gebotenen Degradierung grundsätzlich davon aus, dass der Beamte den durch die Disziplinarmaßnahme erlangten Status auch endgültig beibehält (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.1994 – 1 D 57.93 – juris Rn. 22). Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens erscheint es trotz der langen Dauer des Disziplinarverfahrens auch nicht angezeigt, den Zeitraum von fünf Jahren, in dem der Beklagte nicht befördert werden darf (§ 9 Abs. 3 Satz 1 BDG), nach § 9 Abs. 3 Satz 2 BDG abzukürzen.

Diese Maßnahme verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren, ist es notwendig, die disziplinare Maßnahme zu wählen, die dem Gewicht des Dienstvergehens und dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden entspricht. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt bei Disziplinarvergehen mit wirtschaftlichen Auswirkungen deshalb nicht, den durch das Dienstvergehen erstrebten Vorteil und den durch die Disziplinarmaßnahme eintretenden Nachteil miteinander abzuwägen. Ins Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beamten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, erhebliches Gewicht, so ist der Nachteil, der für den Beamten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt in seinem persönlichen Verantwortungsbereich und ist seinem schuldhaften und pflichtwidrigen Verhalten zuzurechnen (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.1994 – 1 D 57.93 – juris Rn. 22).

Ein Absehen von der gebotenen Disziplinarmaßnahme aufgrund der Identität des disziplinarrechtlichen Vorwurfs hinsichtlich des Verstoßes gegen zollrechtliche Vorschriften mit dem im sachgleichen Strafverfahren geahndeten Strafvorwurf der Amtsanmaßung kommt bei einer Zurückstufung nicht in Betracht (vgl. § 14 Abs. 1 BDG).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO).