Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 01.04.2019 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Eilantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.04.2019, in dem einem Antrag des Beigeladenen auf Gewährung von Verbraucherinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) stattgegeben wurde.

Die Antragstellerin ist Betreiberin mehrerer Selbstbedienungsmärkte in Deutschland, in denen Lebensmittel und andere Waren vertrieben werden. Streitgegenständlich ist ein Selbstbedienungsmarkt in der … Mit E-Mail vom 04.02.2019 beantragte der Beigeladene über die von foodwatch e.V. und FragDenStaat betriebene Plattform „Topf Secret“ die Herausgabe von folgenden Informationen über die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin:

1. Wann haben die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im folgenden Betrieb stattgefunden:

2. Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts an mich.

Um eine Anfrage über die Plattform „Topf Secret“ einzureichen, kann man im Rahmen des Internetauftritts von foodwatch bzw. FragDenStaat auf ein Restaurant oder einen Lebensmittelbetrieb in einer Straßenkarte klicken oder nach einem konkreten Betrieb suchen. Im nächsten Schritt muss der Antragstellende nur noch seinen Namen und seine E-Mail- und Postadresse eingeben. Die vorformulierte Anfrage wird dann automatisch per E-Mail an die zuständige Behörde geschickt.

Mit Bescheid vom 01.04.2019, adressiert an den Beigeladenen und diesem zugegangen am 03.04.2019, teilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen mit, dass dem Antrag auf Informationsgewährung stattgegeben werde. Die Informationsgewährung erfolge in folgender Form: Bekanntgabe der Daten der letzten beiden Betriebsüberprüfungen (a). Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte, wenn Beanstandungen im Sinne von unzulässigen Abweichungen von den Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), der auf Grund des LFGB erlassenen Rechtsverordnungen und unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des LFGB vorliegen (b). Die Information werde nach Ablauf von 10 Werktagen nach Zustellung dieses Bescheides an den betroffenen Dritten in Schriftform übermittelt, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei. Die Ziffern 1 und 2 dieses Bescheids seien kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Im Übrigen wird auf den Bescheid und seinen Inhalt Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 01.04.2019, der Antragstellerin zugegangen am 03.04.2019, teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin unter Beifügung einer Kopie des an den Beigeladenen adressierten Bescheids vom 01.04.2019 mit, dass dem Antrag auf Informationsgewährung stattgegeben werde und die beantragten Daten durch die Übermittlung der beiliegenden Kontrollberichte 10 Werktage nach Zustellung an den/die Antragsteller/in schriftlich bekannt gegeben werden, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei. Es bestehe grundsätzlich ein Anspruch auf Übermittlung der beantragten Daten, da keine Ausschluss- bzw. Beschränkungsgründe vorliegen. Im Übrigen wird auf das Schreiben und seinen Inhalt Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 12.04.2019, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ die Antragstellerin Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben (Az. RO 5 K 19.677) und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen.

Die Antragstellerin lässt im Wesentlichen vortragen, dass vorliegend in besonderem Maße zu berücksichtigen sei, dass eine einmal gewährte Information nicht mehr zurückgeholt werden könne und vorliegend aufgrund der Antragstellung über die von foodwatch e.V. bereitgestellte Plattform „FragDenStaat“ eine weltweite und zeitlich nicht eingrenzbare Veröffentlichung der begehrten Auskünfte im Internet bevorstehe, die nicht revidierbar sei. Auch verliere die Antragsgegnerin endgültig die Hoheit über die Dokumentation amtlicher Feststellungen, die nicht mit dem Bewusstsein erstellt worden seien, zeitlich unbegrenzt und weltweit der gesamten Öffentlichkeit offengelegt zu werden. Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, dessen Vollzug anstehe, ergebe sich unter anderem auch aus folgenden Gesichtspunkten. Der materielle Auskunftsanspruch mit Blick auf „nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen“ im Sinne des VIG sei ganz offensichtlich nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin gehe selbst davon aus, dass keine unzulässige Abweichung gegeben sei, ohne daraus die zutreffenden rechtlichen Rückschlüsse zu ziehen. Dem Bescheid seien bereits keine Ausführungen zu entnehmen, dass bei den letzten beiden Kontrollen überhaupt Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Vorgaben festgestellt worden seien. Wenn aber bereits keine Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Vorgaben festgestellt worden seien, seien die Voraussetzungen der bemühten Ermächtigungsgrundlage des § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG ganz offensichtlich nicht erfüllt und der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig. Der vorliegende Antrag sei alleine deshalb begründet. Weiter sprechen Verhältnismäßigkeitsüberlegungen gegen die Rechtmäßigkeit der Informationsgewährung. Art und Form der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs seien offensichtlich rechtsmissbräuchlich. Die von den genannten Nichtregierungsorganisationen bereitgestellte Infrastruktur zur massenhaften Generierung von VIG-Anträgen diene allein der eigenen Kampagnenführung sowie dem Zweck, die öffentliche Verwaltung zu lähmen und die Unfähigkeit öffentlichen Verwaltungshandelns herauszustellen, um so die Schlagkraft der privaten Nichtregierungsorganisationen zu demonstrieren. Mit Gewährung der begehrten Informationen im Kontext der genannten Internet-Plattform erfolge eine unzulässige Übertragung von hoheitlichen Handlungsbefugnissen auf private Stellen. Damit liege ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen das Demokratieprinzip gem. Art. 20 GG vor. Im Übrigen seien in Bezug auf die Auslegung des VIG zahlreiche Rechtsfragen offen, die ungeklärt und unklar seien. In einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren finde jedoch nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage statt, die der Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Anwendung und Auslegung des VIG nicht gerecht werde. Es gäbe keine Notwendigkeit, die vorliegend aufgeworfenen, komplexen Rechtsfragen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu klären.

Die Antragstellerin ließ beantragen,

die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin am 12.04.2019 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Auskunftsbescheid der Antragsgegnerin vom 01.04.2019, Az. 3.21 JLbe, anzuordnen,

hilfsweise festzustellen, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin vom 12.04.2019 gegen den Auskunftsbescheid der Antragsgegnerin vom 01.04.2019, Az. 3.21 JLbe, aufschiebende Wirkung hat,

äußerst hilfsweise die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der anfragenden Person die Kontrollberichte nicht oder nur verbunden mit der Untersagung der Veröffentlichung oder Zwangsgeldandrohung zu übersenden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

Der Antrag wird abgewiesen.

Zur Begründung führt die Antragsgegnerin aus, dass der Bescheid vom 01.04.2019, der Gegenstand des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO sei, rechtmäßig und durch die Stadt Amberg nach § 2 VIG zu erteilen gewesen sei, da keine Ausschlussgründe nach § 3 VIG entgegenstehen. Darüber hinaus ließen die Informationen, welche an den Beizuladenden gegeben würden, keine negativen Folgen für die Antragstellerin befürchten.

Mit Beschluss vom 21.05.2019 wurde … gem. § 65 Abs. 2 VwGO zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene stellte keinen Antrag und äußerte sich nicht.

Mit Schriftsatz vom 29.04.2019 teilte die Antragsgegnerin mit, dass aufgrund des eingelegten Eilantrags einstweilen bis zum Abschluss des Verfahrens im vorläufigen Rechtsschutz von einer Übersendung der Informationen an die Beigeladene abgesehen werde.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 16.04.2019 wurde die Antragsgegnerin gebeten, die Informationen, die dem Beigeladenen erteilt werden sollen, abstrakt zu beschreiben und von einer Vorlage der Kontrollberichte derzeit abzusehen. Mit Schriftsatz vom 29.04.2019 gab die Antragsgegnerin an, dass als Information an den Beigeladenen die Ergebnisse zweier Kontrollen durch die Lebensmittelüberwachung der Stadt Amberg aus dem Jahr 2018 eröffnet werden sollen. Beide Kontrollen seien hierbei ohne Beanstandungen erfolgt. Kontrollberichte seien nicht zu übersenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach den §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat Erfolg.

1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.

a) Statthaft ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, § 80 Abs. 5, VwGO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG, da die in der Hauptsache statthafte Drittanfechtungsklage in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Verbraucherinformationsgesetz (VIG) kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Vorliegend geht es um den Fall der festgestellten nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches, des Produktsicherheitsgesetzes, der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen und unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG (a.A. VG Stade, Beschluss vom 01. April 2019, Az. 6 B 380/19).

Der Auskunftsanspruch zu Überwachungsmaßnahmen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG regelt hingegen - in Abgrenzung zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG - die Herausgabe von Informationen über allgemeine, vom Einzelfall losgelöste Sachverhalte, die unmittelbar auf den Schutz der Interessen der Verbraucher gerichtet sind, wie beispielsweise Auswertungen, Jahresberichte oder Statistiken (vgl. VG Wiesbaden, LMRR 2012, 63; VG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2012 - 7 K 2119/11.F; Borchert, in: Beyerlein/Borchert, VIG, § 1 Rn. 56 ff.). Der Begriff der „Überwachungsmaßnahme“ ist dabei ein Oberbegriff, unter den - zunächst betreffend Erzeugnisse - die Maßnahmen nach Art. 54 VO (EG) 178/2002 und § 39 LFGB fallen. Im Hinblick auf Verbraucherprodukte sind die Maßnahmen der Marktüberwachung nach § 26 ProdSG als Hauptquelle von Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG zu nennen. Unter den Begriff „andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen“ fallen zudem auch behördliche Informationskampagnen und die Förderung von Verbraucherorganisationen (BeckOK, InfoMedienR/Rossi, 23. Ed. 01.05.2018, VIG § 2 Rn. 32). Konkrete Kontrollmaßnahmen und mögliche Verstöße einzelner Betriebe („Verstoß-Daten“) hingegen sollen über § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG erfragbar bleiben (Zipfel/Rathke, LebensmittelR/Heinicke, 172. EL November 2018, VIG § 2 Rn. 56 und BeckOK, InfoMedienR/Rossi, 23. Ed. 01.05.2018, VIG § 2 Rn. 32).

Dies deckt sich auch mit der Gesetzesbegründung zu § 5 VIG. Nach den dortigen Ausführungen schien es dem Gesetzgeber nach einer Abwägung der widerstreitenden Interessen sachgerecht lediglich bei Informationen über Rechtsverstöße die sofortige Vollziehbarkeit gesetzlich anzuordnen, da hier regelmäßig ein überragendes Interesse der Öffentlichkeit an einer schnellen Information bestehen werde (vgl. BT Drucksache 17/7374, S. 18), sodass er in § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG angeordnet hat, dass Widerspruch und Anfechtungsklage lediglich in den in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 VIG genannten Fällen keine aufschiebende Wirkung haben. Der Antrag des Beigeladenen zielt jedoch nach Sinn und Zweck und ausweislich seines Wortlauts genau darauf ab, Informationen über etwaige Rechtsverstöße zu erhalten. Ob in dem betroffenen Betrieb dann tatsächlich unzulässige Abweichungen von den Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFBG) festgestellt wurden und der Beigeladene einen Anspruch auf Information nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat, ist dagegen nicht im Rahmen der Statthaftigkeit des Antrags, sondern in der Begründetheit zu klären.

b) Die Antragstellerin ist nach § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt. Adressat des angegriffenen Bescheids ist zwar nur der Beigeladene und nicht die Antragstellerin. Jedoch kann die Antragstellerin auf der Grundlage ihres Antragsvorbringens die Verletzung einer drittschützenden Norm geltend machen. § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG sieht nach seinem ausdrücklichen Wortlaut auch den Schutz privater Belange vor. Hiernach entfällt der Anspruch auf Informationsgewährung, wenn die dort abschließend aufgezählten Belange berührt werden. Die Veröffentlichung von Informationen über (inzwischen beseitigte) Mängel im Betrieb der Antragstellerin kann möglicherweise auch zu einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 - 1 BvF 1/13 -, juris und VG Würzburg, Beschluss vom 08. Januar 2018 - W 8 S 17.1396 -, juris).

2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 01.04.2019 ist zudem begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 90 ff.).

Vorliegend ist zu beachten, dass es sich in der konkreten Fallkonstellation zum einen um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt und darüber hinaus eine Ablehnung des Antrags die Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte zur Folge hätte, was dazu führt, dass es sich bei der Ablehnung des Antrags um eine Regelung handelt, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, auch wenn die Entscheidung in der Hauptsache anders ausfällt. Regelungen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können und die praktisch die Hauptsache vorwegnehmen, sind im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes jedoch nur dann zulässig, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig sind und wenn außerdem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht. Die Rechtmäßigkeit allein genügt deshalb noch nicht, um eine Vorwegnahme der Hauptsache zu rechtfertigen (vgl. Kopp/Schenke, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 156, Eyermann/Hoppe, 15. Aufl. 2019, VwGO § 80 Rn. 92 und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Februar 2014 - OVG 12 S 124.12 -, juris).

Da der vorliegende Fall mehrere Sach- und Rechtsfragen aufwirft, kann im Rahmen der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung weder von einer (offensichtlichen) Rechtswidrigkeit noch von einer (offensichtlichen) Rechtmäßigkeit des an die Beigeladene adressierten Bescheids vom 01.04.2019 ausgegangen werden, sodass die Erfolgsaussichten als offen zu bewerten sind und insbesondere kein für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlicher „hoher Grad an Wahrscheinlichkeit“ für einen Erfolg der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren angenommen werden kann (a). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass eine sofortige Zugänglichmachung der Informationen nach dem VIG an den Beigeladenen aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes notwendig wäre. Die vorzunehmende Interessenabwägung fällt damit zugunsten der Antragstellerin aus (b).

a) Auf tatsächlicher Ebene ist in einem Hauptsacheverfahren zu klären, wie die Informationseröffnung durch die Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Fall nun konkret erfolgen sollte. Zwar ist der Ziffer 1. b) des an den Beigeladenen adressierten Bescheids vom 01.04.2019 zu entnehmen, dass eine Herausgabe der Kontrollberichte nur im Fall von Beanstandungen im Sinne von unzulässigen Abweichungen erfolgen soll. Jedoch führt die Antragsgegnerin im Schreiben an die Antragstellerin vom 01.04.2019 aus, dass dem Antrag auf Informationsgewährung stattgegeben und die beantragten Daten „durch die Übermittlung der beiliegenden Kontrollberichte“ 10 Werktage nach Zustellung an den/die Antragsteller/in schriftlich bekannt gegeben werden, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt ist (vgl. Blatt 9 der Behördenakte). Somit bleibt nach Aktenlage und jedenfalls auch für die Antragstellerin unklar, ob die streitgegenständlichen Kontrollberichte nun herausgegeben werden sollten oder nicht. Dies ist insofern relevant, da sich der Anspruch aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG auf den freien Zugang zu allen Daten über nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen und unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze bezieht, die Antragsgegnerin jedoch angibt, dass beide Kontrollen ohne Beanstandungen erfolgt seien (vgl. Blatt 174 der Gerichtsakte). „Nicht zulässige Abweichungen“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG erfordern jedoch eine objektive Diskrepanz zwischen den gesetzlichen Anforderungen und der tatsächlichen Situation, unabhängig von einem Verschulden (Grube/Immel ZLR 2011, 644 (646); diesen zust. Theis DVBl. 2013, 627 (628) und BeckOK, InfoMedienR/Rossi, 23. Ed. 01.05.2018, VIG § 2 Rn. 17). Im Übrigen würde eine Herausgabe der Kontrollberichte in diesem Fall auch über den Antrag des Beigeladenen hinausgehen, da der Beigeladene die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte nur für den Fall der festgestellten Beanstandungen beantragt hat.

Weiterhin erfordert der vorliegende Fall auch die Beantwortung komplexer Rechtsfragen, insbesondere hinsichtlich der Rechtsmissbräuchlichkeit eines über die von foodwatch/FragDenStaat betriebenen Plattform „Topf Secret“ gestellten Antrags, einer unzulässigen Umgehung des § 40 Abs. 1a LFGB und der Verfassungsmäßigkeit des Verbraucherinformationsgesetzes im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. März 2018, 1 BvF 1/13. Zwar handelt es sich vorliegend um kein staatliches Informationshandeln im Sinne einer unmittelbaren Veröffentlichung. Staatliches Handeln liegt grundsätzlich aber auch bereits in der behördlichen Herausgabe der Informationen an die antragstellenden Privatpersonen. Amtliche Informationen kommen einem Eingriff in die Berufsfreiheit aber jedenfalls dann gleich, wenn sie direkt auf die Marktbedingungen konkret individualisierter Unternehmen zielen, indem sie die Grundlagen von Konsumentscheidungen zweckgerichtet beeinflussen und die Markt- und Wettbewerbssituation zum Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 - 1 BvF 1/13 -, juris). Zwar ist das Schutzbedürfnis des Unternehmens vor einer aktiven staatlichen Veröffentlichung unrichtiger Informationen ungleich größer als in den Fällen der antragsveranlassten individuellen Einsichtsgewährung. Denn die Öffentlichkeitsinformation, die - wie etwa eine produktbezogene Warnung - auf Initiative des Staates erfolgt, ist ihrer Intention nach auf eine unmittelbare Unterrichtung des Marktes gerichtet. Der Staat nimmt in diesem Fall selbst am öffentlichen Kommunikationsprozess teil und wirkt unmittelbar auf ihn ein. Er selbst wählt dabei die Informationen aus, die er bekannt geben will. Die Informationen sollen für die Verbraucherinnen und Verbraucher verständlich dargestellt werden, § 6 Abs. 1 Satz 4 VIG. Informationen, die der Staat in einem solchen Sinne direkt an alle Markteilnehmer richtet, finden eine breite Beachtung. Sie wirken sich auf die Wettbewerbsposition eines am Markt tätigen Unternehmens grundsätzlich mit einer deutlich größeren Intensität aus als die Informationsgewährung an einen einzelnen Antragsteller (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2015 - 7 B 22.14 - Rn. 12 und BayVGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - 20 BV 15.2208 -, Rn. 54, jeweils juris).

Es stellt sich aber gerade in vorliegender Fallgestaltung die Frage, ob die staatliche Informationsweitergabe an einen Antragsteller, der seinen Antrag über die Plattform „Topf Secret“ stellt, aufgrund der zu erwartenden Veröffentlichung auf der Plattform in ihren Auswirkungen nicht einer unmittelbaren staatlichen Information sehr nahe kommt, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Staat - im Gegensatz zu einer eigenen Veröffentlichung der Informationen im Internet, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG - nach Herausgabe der Informationen an den Antragsteller auf den öffentlichen Kommunikationsprozess auf der von foodwatch/FragDenStaat betriebenen Plattform gerade nicht mehr einwirken kann und durch die Veröffentlichung der behördlichen Schreiben bzw. Bescheide beim Leser der Eindruck eines behördlichen Informationshandelns entstehen kann. Insofern müsste geprüft werden, ob in vorliegender Konstellation nicht ein wichtiger Grund i.S.d § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG gegeben ist, der dazu führt, dass man den Antragstellern, die ihren Antrag erkennbar über die Plattform „Topf Secret“ stellen, die streitgegenständlichen Informationen gerade nicht durch Übersendung der Kontrollberichte, sondern im Rahmen von Akteneinsicht oder durch Auskunftserteilung, die schon dem Wortlaut nach gerade nicht auf die bloße Übersendung der Kontrollberichte beschränkt ist, zugänglich macht.

b) Eine Abwägung der gegenläufigen Interessen der Antragstellerin und des Beigeladenen bzw. der Antragsgegnerin fällt vorliegend zugunsten der Antragstellerin aus.

Nach Auffassung der erkennenden Kammer überwiegt das Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Nichtherausgabe der streitgegenständlichen Informationen bis über das Hauptsacheverfahren entschieden worden ist, insbesondere da eine Herausgabe der streitgegenständlichen Kontrollberichte an den Beigeladenen und damit die entsprechende Kenntnisnahme des Beigeladenen von den Informationen nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Eine Herausgabe würde vollendete Tatsachen schaffen und damit zur Vorwegnahme der Hauptsache führen. Demgegenüber ist kein gesteigertes Interesse der Antragsgegnerin oder des Beigeladenen an der sofortigen Übermittlung der beantragten Informationen ersichtlich. Streitgegenständlich ist die Herausgabe zweier Kontrollberichte aus dem Jahr 2018, mithin um zwei Berichte, die jedenfalls vor über fünf Monaten erstellt wurden. Schwere und unzumutbare Nachteile aufgrund der vorläufigen Nicht-Zugänglichmachung der Information bis zur Entscheidung in der Hauptsache drohen für den Beigeladenen damit gerade nicht. Eine Eilbedürftigkeit der Herausgabe wurde zudem auch weder von Seiten der Antragsgegnerin noch von Seiten des Beigeladenen geltend gemacht.

Nach alledem war dem Antrag statt zu geben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, da die Antragsgegnerin unterlegen ist. Der Beigeladene hat im Verfahren keinen Antrag gestellt, § 154 Abs. 3 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Gemäß Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist für sonstige Maßnahmen im Lebensmittelrecht der Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkung, sonst der Auffangwert anzusetzen. Da keine Anhaltspunkte hinsichtlich der Höhe der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen im Falle einer Herausgabe der streitgegenständlichen Informationen bestehen, war der Auffangwert anzusetzen. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung hat das Gericht diesen Wert für die Streitwertfestsetzung halbiert (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 27. Mai 2019 - RO 5 S 19.676

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die Kennzeichnung, die Herkunft, die Verwendung, das Herstellen und das Behandeln von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten,
5.
zugelassene Abweichungen von den in Nummer 1 genannten Rechtsvorschriften über die in den Nummern 3 und 4 genannten Merkmale oder Tätigkeiten,
6.
die Ausgangsstoffe und die bei der Gewinnung der Ausgangsstoffe angewendeten Verfahren,
7.
Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen in § 39 Absatz 1 Satz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und § 8 des Marktüberwachungsgesetzes genannte Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen,
(Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des Absatzes 2 unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Der Anspruch nach Satz 1 besteht insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 vorliegt.

(2) Stelle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist

1.
jede Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen,
2.
jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen und der Aufsicht einer Behörde unterstellt ist.
Satz 1 gilt im Fall einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen worden sind.

(3) Zu den Stellen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 gehören nicht die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden, unabhängige Organe der Finanzkontrolle sowie Gerichte, Justizvollzugsbehörden, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden und diesen vorgesetzte Dienststellen.

(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über

1.
von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen
a)
des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,
b)
der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen,
c)
unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze
sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind,
2.
von einem Erzeugnis oder einem Verbraucherprodukt ausgehende Gefahren oder Risiken für Gesundheit und Sicherheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern,
3.
die Zusammensetzung von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten, ihre Beschaffenheit, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften einschließlich ihres Zusammenwirkens und ihrer Einwirkung auf den Körper, auch unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung oder vorhersehbaren Fehlanwendung,
4.
die Kennzeichnung, die Herkunft, die Verwendung, das Herstellen und das Behandeln von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten,
5.
zugelassene Abweichungen von den in Nummer 1 genannten Rechtsvorschriften über die in den Nummern 3 und 4 genannten Merkmale oder Tätigkeiten,
6.
die Ausgangsstoffe und die bei der Gewinnung der Ausgangsstoffe angewendeten Verfahren,
7.
Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen in § 39 Absatz 1 Satz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und § 8 des Marktüberwachungsgesetzes genannte Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen,
(Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des Absatzes 2 unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Der Anspruch nach Satz 1 besteht insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 vorliegt.

(2) Stelle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist

1.
jede Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen,
2.
jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen und der Aufsicht einer Behörde unterstellt ist.
Satz 1 gilt im Fall einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen worden sind.

(3) Zu den Stellen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 gehören nicht die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden, unabhängige Organe der Finanzkontrolle sowie Gerichte, Justizvollzugsbehörden, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden und diesen vorgesetzte Dienststellen.

(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.

Der Anspruch nach § 2 besteht wegen

1.
entgegenstehender öffentlicher Belange nicht,
a)
soweit das Bekanntwerden der Informationen
aa)
nachteilige Auswirkungen haben kann auf internationale Beziehungen oder militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr oder
bb)
die Vertraulichkeit der Beratung von Behörden berührt oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann;
b)
während der Dauer eines Verwaltungsverfahrens, eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines Disziplinarverfahrens, eines Gnadenverfahrens oder eines ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfahrens hinsichtlich der Informationen, die Gegenstand des Verfahrens sind, es sei denn, es handelt sich um Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt;
c)
soweit das Bekanntwerden der Information geeignet ist, fiskalische Interessen der um Auskunft ersuchten Stelle im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen, oder Dienstgeheimnisse verletzt werden könnten;
d)
soweit Informationen betroffen sind, die im Rahmen einer Dienstleistung entstanden sind, die die Stelle auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung außerhalb des ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs des Verbraucherschutzes erbracht hat;
e)
in der Regel bei Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, die vor mehr als fünf Jahren seit der Antragstellung entstanden sind;
2.
entgegenstehender privater Belange nicht, soweit
a)
Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt wird,
b)
der Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, dem Informationsanspruch entgegensteht,
c)
durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Rezepturen, Konstruktions- oder Produktionsunterlagen, Informationen über Fertigungsverfahren, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie sonstiges geheimnisgeschütztes technisches oder kaufmännisches Wissen, offenbart würden oder
d)
Zugang zu Informationen beantragt wird, die einer Stelle auf Grund einer durch Rechtsvorschrift angeordneten Pflicht zur Meldung oder Unterrichtung mitgeteilt worden sind; dies gilt auch, wenn das meldende oder unterrichtende Unternehmen irrig angenommen hat, zur Meldung oder Unterrichtung verpflichtet zu sein.
Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c gilt nicht, wenn die Betroffenen dem Informationszugang zugestimmt haben oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Im Fall des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b zweiter Halbsatz dürfen Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 während eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines Verfahrens vor einem Strafgericht nur
1.
soweit und solange hierdurch der mit dem Verfahren verfolgte Untersuchungszweck nicht gefährdet wird und
2.
im Benehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft oder dem zuständigen Gericht
herausgegeben werden. Im Fall des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a gilt § 5 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 und 4 des Informationsfreiheitsgesetzes entsprechend. Der Zugang zu folgenden Informationen kann nicht unter Berufung auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden:
1.
Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2,
2.
Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4, soweit im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von dem jeweiligen Erzeugnis oder Verbraucherprodukt eine Gefährdung oder ein Risiko für Sicherheit und Gesundheit ausgeht und auf Grund unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus sonstigen Gründen die Ungewissheit nicht innerhalb der gebotenen Zeit behoben werden kann, und
3.
Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6, soweit sie im Rahmen der amtlichen Überwachungstätigkeit nach den in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Vorschriften gewonnen wurden und die Einhaltung der Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen betreffen, die in den in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Vorschriften enthalten sind.
Gleiches gilt für den Namen des Händlers, der das Erzeugnis oder Verbraucherprodukt an Verbraucher abgibt, sowie für die Handelsbezeichnung, eine aussagekräftige Beschreibung und bildliche Darstellung des Erzeugnisses oder Verbraucherproduktes und in den Fällen des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zusätzlich für den Namen und die Anschrift des Herstellers, Bevollmächtigten, Einführers, Händlers sowie jedes Gliedes der Liefer- und Vertriebskette; Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a ist nicht anzuwenden.

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Verfahren einschließlich der Beteiligung Dritter, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz oder den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder. Für die Anhörung gelten § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder mit der Maßgabe, dass von einer Anhörung auch abgesehen werden kann

1.
bei der Weitergabe von Informationen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1,
2.
in Fällen, in denen dem oder der Dritten die Erhebung der Information durch die Stelle bekannt ist und er oder sie in der Vergangenheit bereits Gelegenheit hatte, zur Weitergabe derselben Information Stellung zu nehmen, insbesondere wenn bei gleichartigen Anträgen auf Informationszugang eine Anhörung zu derselben Information bereits durchgeführt worden ist.
Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 20 Personen gelten die §§ 17 und 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(2) Der Antrag ist in der Regel innerhalb von einem Monat zu bescheiden. Im Fall einer Beteiligung Dritter verlängert sich die Frist auf zwei Monate; der Antragsteller ist hierüber zu unterrichten. Die Entscheidung über den Antrag ist auch der oder dem Dritten bekannt zu geben. Auf Nachfrage des Dritten legt die Stelle diesem Namen und Anschrift des Antragstellers offen.

(3) Wird dem Antrag stattgegeben, sind Ort, Zeit und Art des Informationszugangs mitzuteilen. Wird der Antrag vollständig oder teilweise abgelehnt, ist mitzuteilen, ob und gegebenenfalls wann die Informationen ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt zugänglich sind.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage haben in den in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Fällen keine aufschiebende Wirkung. Auch wenn von der Anhörung Dritter nach Absatz 1 abgesehen wird, darf der Informationszugang erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem oder der Dritten bekannt gegeben worden ist und diesem ein ausreichender Zeitraum zur Einlegung von Rechtsbehelfen eingeräumt worden ist. Der Zeitraum nach Satz 2 soll 14 Tage nicht überschreiten.

(5) Ein Vorverfahren findet abweichend von § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann statt, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde erlassen worden ist. Widerspruchsbehörde ist die oberste Bundesbehörde.

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über

1.
von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen
a)
des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,
b)
der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen,
c)
unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze
sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind,
2.
von einem Erzeugnis oder einem Verbraucherprodukt ausgehende Gefahren oder Risiken für Gesundheit und Sicherheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern,
3.
die Zusammensetzung von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten, ihre Beschaffenheit, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften einschließlich ihres Zusammenwirkens und ihrer Einwirkung auf den Körper, auch unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung oder vorhersehbaren Fehlanwendung,
4.
die Kennzeichnung, die Herkunft, die Verwendung, das Herstellen und das Behandeln von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten,
5.
zugelassene Abweichungen von den in Nummer 1 genannten Rechtsvorschriften über die in den Nummern 3 und 4 genannten Merkmale oder Tätigkeiten,
6.
die Ausgangsstoffe und die bei der Gewinnung der Ausgangsstoffe angewendeten Verfahren,
7.
Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen in § 39 Absatz 1 Satz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und § 8 des Marktüberwachungsgesetzes genannte Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen,
(Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des Absatzes 2 unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Der Anspruch nach Satz 1 besteht insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 vorliegt.

(2) Stelle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist

1.
jede Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen,
2.
jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen und der Aufsicht einer Behörde unterstellt ist.
Satz 1 gilt im Fall einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen worden sind.

(3) Zu den Stellen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 gehören nicht die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden, unabhängige Organe der Finanzkontrolle sowie Gerichte, Justizvollzugsbehörden, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden und diesen vorgesetzte Dienststellen.

(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

1.
ermittelt und bewertet im Rahmen ihres allgemeinen Forschungsauftrags präventiv Sicherheitsrisiken und gesundheitliche Risiken, die mit der Verwendung von Produkten verbunden sind, und
2.
macht Vorschläge zur Verringerung der ermittelten Risiken.

(2) In Einzelfällen nimmt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Abstimmung mit den Marktüberwachungsbehörden Risikobewertungen von Produkten vor, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von ihnen eine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Personen ausgeht oder mit ihnen ein ernstes Risiko verbunden ist. Über das Ergebnis der Bewertung unterrichtet sie unverzüglich die zuständige Marktüberwachungsbehörde und in Abstimmung mit dieser den betroffenen Wirtschaftsakteur.

(3) In Einzelfällen nimmt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in eigener Zuständigkeit Risikobewertungen von Produkten vor, soweit ein pflichtgemäßes Handeln gegenüber den Organen der Europäischen Union dies erfordert.

(4) Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unterstützt die Marktüberwachungsbehörden bei der Entwicklung und Durchführung der Marktüberwachungsstrategie nach § 6 Absatz 2 des Marktüberwachungsgesetzes, insbesondere, indem sie festgestellte Mängel in der Beschaffenheit von Produkten wissenschaftlich auswertet. Sie unterrichtet die Marktüberwachungsbehörden sowie den Ausschuss für Produktsicherheit regelmäßig über den Stand der Erkenntnisse und veröffentlicht die gewonnenen Erkenntnisse regelmäßig in dem von ihr betriebenen zentralen Produktsicherheitsportal. Die Vorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung bleiben unberührt.

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über

1.
von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen
a)
des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,
b)
der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen,
c)
unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze
sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind,
2.
von einem Erzeugnis oder einem Verbraucherprodukt ausgehende Gefahren oder Risiken für Gesundheit und Sicherheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern,
3.
die Zusammensetzung von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten, ihre Beschaffenheit, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften einschließlich ihres Zusammenwirkens und ihrer Einwirkung auf den Körper, auch unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung oder vorhersehbaren Fehlanwendung,
4.
die Kennzeichnung, die Herkunft, die Verwendung, das Herstellen und das Behandeln von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten,
5.
zugelassene Abweichungen von den in Nummer 1 genannten Rechtsvorschriften über die in den Nummern 3 und 4 genannten Merkmale oder Tätigkeiten,
6.
die Ausgangsstoffe und die bei der Gewinnung der Ausgangsstoffe angewendeten Verfahren,
7.
Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen in § 39 Absatz 1 Satz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und § 8 des Marktüberwachungsgesetzes genannte Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen,
(Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des Absatzes 2 unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Der Anspruch nach Satz 1 besteht insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 vorliegt.

(2) Stelle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist

1.
jede Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen,
2.
jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen und der Aufsicht einer Behörde unterstellt ist.
Satz 1 gilt im Fall einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen worden sind.

(3) Zu den Stellen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 gehören nicht die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden, unabhängige Organe der Finanzkontrolle sowie Gerichte, Justizvollzugsbehörden, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden und diesen vorgesetzte Dienststellen.

(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.

(1) Das Verfahren einschließlich der Beteiligung Dritter, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz oder den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder. Für die Anhörung gelten § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder mit der Maßgabe, dass von einer Anhörung auch abgesehen werden kann

1.
bei der Weitergabe von Informationen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1,
2.
in Fällen, in denen dem oder der Dritten die Erhebung der Information durch die Stelle bekannt ist und er oder sie in der Vergangenheit bereits Gelegenheit hatte, zur Weitergabe derselben Information Stellung zu nehmen, insbesondere wenn bei gleichartigen Anträgen auf Informationszugang eine Anhörung zu derselben Information bereits durchgeführt worden ist.
Bei gleichförmigen Anträgen von mehr als 20 Personen gelten die §§ 17 und 19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend.

(2) Der Antrag ist in der Regel innerhalb von einem Monat zu bescheiden. Im Fall einer Beteiligung Dritter verlängert sich die Frist auf zwei Monate; der Antragsteller ist hierüber zu unterrichten. Die Entscheidung über den Antrag ist auch der oder dem Dritten bekannt zu geben. Auf Nachfrage des Dritten legt die Stelle diesem Namen und Anschrift des Antragstellers offen.

(3) Wird dem Antrag stattgegeben, sind Ort, Zeit und Art des Informationszugangs mitzuteilen. Wird der Antrag vollständig oder teilweise abgelehnt, ist mitzuteilen, ob und gegebenenfalls wann die Informationen ganz oder teilweise zu einem späteren Zeitpunkt zugänglich sind.

(4) Widerspruch und Anfechtungsklage haben in den in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Fällen keine aufschiebende Wirkung. Auch wenn von der Anhörung Dritter nach Absatz 1 abgesehen wird, darf der Informationszugang erst erfolgen, wenn die Entscheidung dem oder der Dritten bekannt gegeben worden ist und diesem ein ausreichender Zeitraum zur Einlegung von Rechtsbehelfen eingeräumt worden ist. Der Zeitraum nach Satz 2 soll 14 Tage nicht überschreiten.

(5) Ein Vorverfahren findet abweichend von § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann statt, wenn die Entscheidung von einer obersten Bundesbehörde erlassen worden ist. Widerspruchsbehörde ist die oberste Bundesbehörde.

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über

1.
von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen
a)
des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,
b)
der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen,
c)
unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze
sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind,
2.
von einem Erzeugnis oder einem Verbraucherprodukt ausgehende Gefahren oder Risiken für Gesundheit und Sicherheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern,
3.
die Zusammensetzung von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten, ihre Beschaffenheit, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften einschließlich ihres Zusammenwirkens und ihrer Einwirkung auf den Körper, auch unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung oder vorhersehbaren Fehlanwendung,
4.
die Kennzeichnung, die Herkunft, die Verwendung, das Herstellen und das Behandeln von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten,
5.
zugelassene Abweichungen von den in Nummer 1 genannten Rechtsvorschriften über die in den Nummern 3 und 4 genannten Merkmale oder Tätigkeiten,
6.
die Ausgangsstoffe und die bei der Gewinnung der Ausgangsstoffe angewendeten Verfahren,
7.
Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen in § 39 Absatz 1 Satz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und § 8 des Marktüberwachungsgesetzes genannte Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen,
(Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des Absatzes 2 unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Der Anspruch nach Satz 1 besteht insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 vorliegt.

(2) Stelle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist

1.
jede Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen,
2.
jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen und der Aufsicht einer Behörde unterstellt ist.
Satz 1 gilt im Fall einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen worden sind.

(3) Zu den Stellen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 gehören nicht die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden, unabhängige Organe der Finanzkontrolle sowie Gerichte, Justizvollzugsbehörden, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden und diesen vorgesetzte Dienststellen.

(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Der Anspruch nach § 2 besteht wegen

1.
entgegenstehender öffentlicher Belange nicht,
a)
soweit das Bekanntwerden der Informationen
aa)
nachteilige Auswirkungen haben kann auf internationale Beziehungen oder militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr oder
bb)
die Vertraulichkeit der Beratung von Behörden berührt oder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen kann;
b)
während der Dauer eines Verwaltungsverfahrens, eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, eines Disziplinarverfahrens, eines Gnadenverfahrens oder eines ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfahrens hinsichtlich der Informationen, die Gegenstand des Verfahrens sind, es sei denn, es handelt sich um Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt;
c)
soweit das Bekanntwerden der Information geeignet ist, fiskalische Interessen der um Auskunft ersuchten Stelle im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen, oder Dienstgeheimnisse verletzt werden könnten;
d)
soweit Informationen betroffen sind, die im Rahmen einer Dienstleistung entstanden sind, die die Stelle auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung außerhalb des ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs des Verbraucherschutzes erbracht hat;
e)
in der Regel bei Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, die vor mehr als fünf Jahren seit der Antragstellung entstanden sind;
2.
entgegenstehender privater Belange nicht, soweit
a)
Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt wird,
b)
der Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, dem Informationsanspruch entgegensteht,
c)
durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Rezepturen, Konstruktions- oder Produktionsunterlagen, Informationen über Fertigungsverfahren, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie sonstiges geheimnisgeschütztes technisches oder kaufmännisches Wissen, offenbart würden oder
d)
Zugang zu Informationen beantragt wird, die einer Stelle auf Grund einer durch Rechtsvorschrift angeordneten Pflicht zur Meldung oder Unterrichtung mitgeteilt worden sind; dies gilt auch, wenn das meldende oder unterrichtende Unternehmen irrig angenommen hat, zur Meldung oder Unterrichtung verpflichtet zu sein.
Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis c gilt nicht, wenn die Betroffenen dem Informationszugang zugestimmt haben oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Im Fall des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b zweiter Halbsatz dürfen Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 während eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines Verfahrens vor einem Strafgericht nur
1.
soweit und solange hierdurch der mit dem Verfahren verfolgte Untersuchungszweck nicht gefährdet wird und
2.
im Benehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft oder dem zuständigen Gericht
herausgegeben werden. Im Fall des Satzes 1 Nummer 2 Buchstabe a gilt § 5 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 und 4 des Informationsfreiheitsgesetzes entsprechend. Der Zugang zu folgenden Informationen kann nicht unter Berufung auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden:
1.
Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2,
2.
Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4, soweit im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von dem jeweiligen Erzeugnis oder Verbraucherprodukt eine Gefährdung oder ein Risiko für Sicherheit und Gesundheit ausgeht und auf Grund unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus sonstigen Gründen die Ungewissheit nicht innerhalb der gebotenen Zeit behoben werden kann, und
3.
Informationen nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 6, soweit sie im Rahmen der amtlichen Überwachungstätigkeit nach den in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Vorschriften gewonnen wurden und die Einhaltung der Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen betreffen, die in den in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Vorschriften enthalten sind.
Gleiches gilt für den Namen des Händlers, der das Erzeugnis oder Verbraucherprodukt an Verbraucher abgibt, sowie für die Handelsbezeichnung, eine aussagekräftige Beschreibung und bildliche Darstellung des Erzeugnisses oder Verbraucherproduktes und in den Fällen des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zusätzlich für den Namen und die Anschrift des Herstellers, Bevollmächtigten, Einführers, Händlers sowie jedes Gliedes der Liefer- und Vertriebskette; Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a ist nicht anzuwenden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

1. § 40 Absatz 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB), eingeführt durch Artikel 2 Nummer 2 des Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucher-information vom 15. März 2012 (Bundesgesetzblatt I Seite 476), ist insofern mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, als die dort angeordnete Veröffentlichung nicht zeitlich begrenzt ist.

2. Zur Abwendung der Nichtigkeit der Regelung obliegt es dem Gesetzgeber, bis zum 30. April 2019 eine Regelung zur Dauer der Veröffentlichung zu treffen.

3. Bis zu einer solchen Neuregelung, längstens aber bis zum 30. April 2019, darf die angegriffene Vorschrift nach Maßgabe der Gründe weiter angewandt werden.

Gründe

A.

1

Der Normenkontrollantrag ist gegen § 40 Abs. 1a LFGB gerichtet, der die amtliche Information der Öffentlichkeit über Verstöße im Anwendungsbereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs regelt.

I.

2

1. § 40 Abs. 1a LFGB wurde im Jahr 2012 in das seit 2005 geltende Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eingefügt. § 40 Abs. 1a LFGB ermächtigt und verpflichtet die Behörden, die Öffentlichkeit von Amts wegen über Verstöße von Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmen gegen Grenzwertregelungen und alle sonstigen Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes zu unterrichten, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen. Eine aktuelle Gesundheitsgefahr ist dabei nicht vorausgesetzt.

3

§ 40 Abs. 1a LFGB hat folgenden Wortlaut:

Die zuständige Behörde informiert die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 39 Absatz 1 Satz 2 auf der Grundlage mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen von Stellen nach Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass

1. in Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden oder

2. gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist.

4

Besondere lebensmittelrechtliche Grundlagen für die Information der Öffentlichkeit waren bereits mit der im September 2005 in Kraft getretenen Vorschrift des § 40 Abs. 1 LFGB vorhanden. Im September 2012 wurde § 40 LFGB durch Artikel 2 des Änderungsgesetzes zum Verbraucherinformationsgesetz (BGBl 2012 I S. 479 f.) um den hier angegriffenen Absatz 1a erweitert. Anders als § 40 Abs. 1 LFGB sieht der neuere Absatz 1a hinsichtlich der Veröffentlichung einer Information keinen behördlichen Ermessensspielraum vor. Vielmehr ist die Behörde durch § 40 Abs. 1a LFGB gebunden und zur Veröffentlichung verpflichtet. Damit reagierte der Gesetzgeber auf die - insbesondere in Ansehung aktueller Lebensmittelskandale - als zu zögerlich empfundene Behördenpraxis; er wollte zur effektiven Öffentlichkeitsinformation eine striktere Rechtsgrundlage schaffen. Bestimmte herausgehobene Rechtsverstöße sollten unabhängig vom Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 LFGB veröffentlicht werden (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 19 f.).

5

2. Auch im Lebensmittelrecht der Europäischen Union finden sich Transparenzvorschriften. Eine Regelung des konkreten Gehalts des hier angegriffenen § 40 Abs. 1a LFGB besteht im Unionsrecht allerdings nicht und ist dem deutschen Gesetzgeber auch nicht aufgegeben. Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABlEG 2002 Nr. L 31, S. 1 - BasisVO) enthält lediglich die Verpflichtung, die Öffentlichkeit im Falle des hinreichenden Verdachts über ein bestehendes Gesundheitsrisiko durch ein Lebensmittel oder Futtermittel aufzuklären. Darauf nimmt der hier nicht angegriffene § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB Bezug. Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABlEU 2004 Nr. L 165, S. 1 - KontrollVO) verpflichtet die zuständigen Behörden über Art. 10 BasisVO hinaus generell zu Transparenz und statuiert den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Kontrolltätigkeit der zuständigen Behörden. Eine Verpflichtung und Ermächtigung zur unternehmensspezifisch individualisierten Information der Öffentlichkeit über Rechtsverstöße, wie sie der hier angegriffene § 40 Abs. 1a LFGB begründet, ist nicht vorgesehen.

6

3. In den Ländern wurde durch Erlasse näher geregelt, wie die Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB durchgeführt werden soll. Nachdem einige Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe in Verfahren des Eilrechtsschutzes Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 40 Abs. 1a LFGB geäußert hatten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 9 S 2423/12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 18. März 2013 - 9 CE 13.80 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 13 ME 18/13 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 23. April 2013 - 8 B 28/13 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013 - 13 B 192/13 -, juris; offenlassend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Februar 2013 - 6 B 10035/13 -, juris) und nachdem die Niedersächsische Landesregierung den hiesigen Normenkontrollantrag gestellt hatte, wurde die Regelung in den Bundesländern nicht mehr vollzogen. Soweit mit der Anwendung bereits begonnen war, haben die Länder die Veröffentlichungen in ihren Internetportalen entfernt.

II.

7

Die Antragstellerin hält § 40 Abs. 1a LFGB für verfassungswidrig. Die in § 40 Abs. 1a LFGB vorgesehene Information der Öffentlichkeit greife in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Der Eingriff sei nicht gerechtfertigt, weil er die Information der Öffentlichkeit zeitlich nicht eingrenze. Die Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens greife angesichts der weitreichenden Verbreitung, die durch die automatische Abrufbarkeit über das Internet erreicht werde, sowie ihrer potentiell gewichtigen wirtschaftlichen Auswirkungen besonders intensiv in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Daher müsse der Gesetzgeber die zeitliche Wirkung dieser Veröffentlichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken. Dieser Mangel könne nicht durch eine entsprechende Anwendung anderer Rechtsnormen, verfassungskonforme Auslegung, eine allgemeine Verwaltungsentscheidung oder landesrechtliche Regelungen behoben werden. Die Bestimmung der Veröffentlichungsdauer dürfe der Gesetzgeber schon aus Gründen des Vorbehalts des Gesetzes und der Vorhersehbarkeit der Rechtslage für den Bürger nicht der Entscheidung der Exekutive, etwa mittels Verwaltungsvorschrift, überlassen. Daneben greife § 40 Abs. 1a LFGB in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit der Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen nach Art. 12 Abs. 1 GG ein.

III.

8

Gelegenheit zur Stellungnahme hatten der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung sowie alle Länderregierungen; ferner die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, alle Landesdatenschutzbeauftragten, das Bundesverwaltungsgericht, der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., foodwatch e.V., der Deutsche Verband Tiernahrung e.V. sowie der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V.

9

1. Die Bundesregierung hält § 40 Abs. 1a LFGB für verfassungsgemäß. Die Grundrechte seien gewahrt.

10

Der Gesetzgeber müsse die zeitliche Wirkung dieser Veröffentlichung nicht selbst durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken. Eine Veröffentlichung der Information im Internet sei nicht zwingend. Der Ort der Information sei vielmehr den durchführenden Behörden überlassen, für die die Länder Näheres vorgeben könnten. Im Übrigen bleibe jedenfalls eine analoge Anwendung von § 20 Abs. 2 BDSG möglich. Zudem seien die zuständigen Behörden gemäß § 39 Abs. 2 LFGB zu einer etwa erforderlichen Konkretisierung berufen. Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass die zeitliche Begrenzung einer expliziten gesetzlichen Regelung bedürfe, beeinträchtige dies die Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Norm nicht, weil die gesetzliche Regelung dann durch die Länder erfolgen müsse.

11

Die Norm genüge auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Insbesondere stehe es einer Veröffentlichung im Internet nicht entgegen, wenn die festgestellten Verstöße zwischenzeitig behoben seien. Nach dem Gesetzeszweck sei es dem Verbraucher zu überlassen, welche Schlüsse er aus vor kurzer Zeit festgestellten Verstößen gegen das Gesetz ziehe. Auch dass die Öffentlichkeit bereits bei Vorliegen eines hinreichend begründeten Verdachts informiert werden müsse, sei erforderlich. Müsste zunächst die endgültige Klärung der Umstände abgewartet werden, käme die Information der Öffentlichkeit regelmäßig zu spät, um Markttransparenz herzustellen. Zudem sei eine Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB nur zulässig, wenn in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt gegen die entsprechenden Verpflichtungen verstoßen worden sei. Ein nicht nur unerhebliches Ausmaß sei anzunehmen, wenn es sich um einen Verstoß mit besonders nachteiligen Folgen für den einzelnen Verbraucher handele oder eine Vielzahl von Verbrauchern potentiell betroffen sei. Hierbei seien die Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Ausmaß der Beeinträchtigung der Öffentlichkeit, mit zu berücksichtigen. Die Bekanntgabe von Bagatellverstößen sei hierdurch ausgeschlossen. Soweit die Bestimmung auf die Überschreitung zulässiger Grenzwerte abstelle, liege es in der Natur der Festlegung solcher Grenzwerte, dass sie nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls abstellen könnten. Auch könne sich das betroffene Unternehmen gegen belastende Informationen seinerseits marktgerecht durch Informationen wehren, etwa durch eigene Werbung und Betonung der Qualität seines Produkts.

12

2. Die Bayerische Staatsregierung teilt in ihrer Stellungnahme die von der Antragstellerin vorgetragenen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Norm wegen der mangelnden Befristung der Veröffentlichung und macht darüber hinaus Bedenken wegen der Erfassung von Bagatellverstößen und hinsichtlich der Bestimmtheit der Vorschrift geltend.

13

3. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der Hessische Datenschutzbeauftragte, der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt, der Thüringer sowie der Hamburgische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit halten § 40 Abs. 1a LFGB mit im Einzelnen divergierenden Erwägungen für verfassungswidrig. Insbesondere bemängeln sie, dass eine Befristung der Veröffentlichung fehle und die Eingriffsschwelle bei Bagatellverstößen zu niedrig und die Regelung deshalb unverhältnismäßig sei. Zum Teil wird die streitgegenständliche Norm als zu unbestimmt angesehen. Die Handlungspflicht werde von einem Bußgeld abhängig gemacht, dessen Höhe behördlich bestimmt werden könne. Eine Orientierung an einem Bußgeldkatalog sei nicht vorgesehen. Auch sonst fehle ein transparenter Maßstab für die Bemessung des Bußgeldes.

14

4. Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hält den Normenkontrollantrag für unbegründet. Insbesondere enthalte § 20 Abs. 2 BDSG eine hinreichend klare Regelung, wann personenbezogene Daten zu löschen seien.

15

5. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. hält § 40 Abs. 1a LFGB für verfassungswidrig. Die Grundrechtseingriffe hätten eine hohe Intensität. Die Namensnennung erfolge bereits auf der Basis eines bloßen Verdachts eines Rechtsverstoßes. Eine öffentliche Namensnennung könne die betroffenen Unternehmen oder Marken irreparabel schädigen oder gar finanziell ruinieren. Auch sei aufgrund der großen Menge ungefilterter und ungewichteter Informationen zweifelhaft, ob die Regelung zur Erreichung ihres Zwecks überhaupt geeignet sei. Jedenfalls sei sie weder erforderlich noch angemessen. Es hätte eine Löschungsfrist in die Norm aufgenommen werden müssen. Die Regelung stehe auch außer Verhältnis zum verfolgten Ziel. Unter Berücksichtigung der Schwere der Grundrechtseingriffe seien die niedrigen und dazu noch unbestimmten Eingriffsschwellen eines zu erwartenden Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro (Nr. 2) oder einer auch geringfügigen Überschreitung der Grenzwerte fern jeglicher Gesundheitsgefahr (Nr. 1) nicht angemessen. Die Norm entspreche hinsichtlich beider Tatbestandsalternativen (Nr. 1 und Nr. 2) nicht den rechtsstaatlichen Geboten der Normenklarheit und Bestimmtheit.

16

6. Der Verein foodwatch e.V. bezweifelt, dass überhaupt in Grundrechte eingegriffen werde. Jedenfalls seien etwaige Grundrechtseingriffe zur Sicherstellung des öffentlichen Informationsbedürfnisses und zur Verhinderung weiterer Lebensmittel- und Futtermittelskandale gerechtfertigt. Eine Löschung der veröffentlichten Daten sei nicht geboten. Im Gegenteil sei eine unbefristete Veröffentlichung erforderlich. Auch die in der Vergangenheit liegenden Verstöße stellten eine für die Konsumentscheidung des Verbrauchers in Gegenwart und Zukunft wesentliche Tatsache dar. Gewahrt sei auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Das Gewicht des (unterstellten) Eingriffs sei von vornherein gemildert. Denn den Anlass für den Grundrechtseingriff gäben die betroffenen Unternehmen selbst, indem sie lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften missachteten. Bedenken bestünden im Hinblick auf die Bestimmtheit und Vollzugsfähigkeit der Bagatellschwelle einer zu erwartenden Buße von dreihundertfünfzig Euro. Die Bagatellschwelle sei aus Sicht des Vereins zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit allerdings gar nicht erforderlich.

IV.

17

Die Antragstellerin hat auf eine mündliche Verhandlung (§ 25 Abs. 1 BVerfGG) verzichtet.

B.

18

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.

I.

19

1. Dass das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch nach § 1 Abs. 3 LFGB auch der Umsetzung und Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union dient, steht der Überprüfung von § 40 Abs. 1a LFGB durch das Bundesverfassungsgericht am Maßstab des Grundgesetzes nicht entgegen.

20

§ 40 Abs. 1a LFGB beruht nicht auf zwingenden Vorgaben des Unionsrechts, sondern geht über diese hinaus und kann daher an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen werden (vgl. dazu BVerfGE 118, 79 <95 ff.>; 121, 1 <15>; 125, 260 <306 f.>; 129, 78 <90 f.>; 133, 127 <313>; 142, 74 <112 Rn. 115>; in Bezug auf Verordnungen BVerfGE 73, 339; 102, 147). Zwar verpflichtet Art. 10 BasisVO die Behörde, Maßnahmen zur Aufklärung der Öffentlichkeit zu ergreifen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass ein Lebensmittel oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen kann; dem entspricht § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB. Die Veröffentlichungspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB geht hingegen deutlich weiter. Sie betrifft Verstöße gegen die dort genannten lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Vorschriften, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Gesundheitsrisiko vorliegt.

21

§ 40 Abs. 1a LFGB geht auch über die in Art. 7 KontrollVO getroffene Regelung hinaus. Art. 7 KontrollVO verpflichtet die zuständigen Behörden generell zu Transparenz und regelt den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Kontrolltätigkeit der zuständigen Behörden. Eine Verpflichtung und Ermächtigung zur unternehmensspezifisch individualisierten Information der Öffentlichkeit über Rechtsverstöße, wie sie der hier angegriffene § 40 Abs. 1a LFGB statuiert, enthält die Kontrollverordnung nicht.

22

2. Der Normenkontrolle steht auch nicht entgegen, dass teilweise angenommen wurde, das Unionsrecht regele die Öffentlichkeitsinformation hier abschließend und entfalte gegenüber weitergehenden mitgliedstaatlichen Informationsregelungen Sperrwirkung, so dass die Informationspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB nicht mit dem europäischen Sekundärrecht vereinbar sei (vgl. inzwischen aber EuGH, Urteil vom 11. April 2013, Rs. C-636/11, Berger, juris - zu § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 LFGB). Selbst wenn neben den verfassungsrechtlichen Bedenken weiterhin Zweifel an der Vereinbarkeit von § 40 Abs. 1a LFGB mit europäischem Sekundärrecht bestünden, könnte das Bundesverfassungsgericht unabhängig hiervon auf einen Normenkontrollantrag hin die Vereinbarkeit von § 40 Abs. 1a LFGB mit dem Grundgesetz überprüfen (vgl. entsprechend zur konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG BVerfGE 116, 202<214>; 129, 186 <203>).

II.

23

Die angegriffene Vorschrift ist in formeller Hinsicht mit der Verfassung vereinbar. Insbesondere besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Für die Regelung der Informationstätigkeit der Behörden im Bereich des Lebensmittel- und Futtermittelrechts hat der Bund das Recht der Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG. Die bundesrechtliche Regelung der Öffentlichkeitsinformation ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG (vgl. dazu BVerfGE 138, 136 <176 f. Rn. 109>), weil sie die Einheitlichkeit und Verständlichkeit der Information für ein bundesweites Marktgeschehen sichert. Eine solche Transparenz ist Voraussetzung für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Informationen (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 13; 17/12299, S. 7).

III.

24

§ 40 Abs. 1a LFGB ist materiell verfassungswidrig. Die Vorschrift verstößt insoweit gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), als eine gesetzliche Regelung zur zeitlichen Begrenzung der Informationsverbreitung fehlt. Im Übrigen können und müssen unverhältnismäßige Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit durch verfassungskonforme Anwendung der Vorschrift vermieden werden.

25

1. Die Regelung ermächtigt und verpflichtet die zuständigen Behörden zu Eingriffen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Die Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB sind an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, weil sie, als administrative Maßnahmen, direkt auf die Marktbedingungen individualisierter Unternehmen zielen, das Konsumverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinflussen und auf diese Weise mittelbar-faktisch die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern.

26

a) Art. 12 GG gewährt das Recht der freien Berufswahl und -ausübung und ist gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offensteht (vgl. BVerfGE 50, 290 <363>; 105, 252 <265>; stRspr).

27

Allerdings schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor bloßen Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Tätigkeit. In der bestehenden Wirtschaftsordnung umschließt das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG das berufsbezogene Verhalten der Unternehmen am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs. Marktteilnehmer haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder künftige Erwerbsmöglichkeiten. Vielmehr unterliegen die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Verhältnissen am Markt und damit nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl. BVerfGE 110, 274, 288 m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 98, 218 <258 f.>; 105, 252 <262>; 106, 275 <298 f.>). Regelungen, die die Wettbewerbssituation der Unternehmen lediglich im Wege faktisch-mittelbarer Auswirkungen beeinflussen, berühren den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGE 134, 204 <238> m.w.N.). Demgemäß ist nicht jedes staatliche Informationshandeln, das die Wettbewerbschancen von Unternehmen am Markt nachteilig verändert, ohne Weiteres als Grundrechtseingriff zu bewerten (vgl. BVerfGE 113, 63 <76>).

28

Die Grundrechtsbindung aus Art. 12 Abs. 1 GG besteht jedoch dann, wenn Normen, die zwar selbst die Berufstätigkeit nicht unmittelbar berühren, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent gleichkommen(vgl. BVerfGE 105, 252 <273>; 105, 279 <303>; 110, 177 <191>; 113, 63 <76>; 116, 135 <153>; 116, 202 <222>; 118, 1 <20>; s. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 2007 - 1 BvR 1031/07 -, juris, Rn. 32), die mittelbaren Folgen also kein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; BVerfGE 116, 202 <222> m.w.N.). Das gilt auch für die Grundrechtsbindung des Staates bei amtlichem Informationshandeln. Die amtliche Information der Öffentlichkeit kann in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent jedenfalls dann gleichkommen, wenn sie direkt auf die Marktbedingungen konkret individualisierter Unternehmen zielt, indem sie die Grundlagen der Entscheidungen am Markt zweckgerichtet beeinflusst und so die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändert.

29

b) Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB berühren die Berufsfreiheit nicht unmittelbar, kommen einem Eingriff in die Berufsfreiheit aber in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung gleich und sind darum an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen. § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die Behörden, der Öffentlichkeit lebensmittel- und futtermittelrechtliche Verstöße von Unternehmen umfassend und in unternehmensspezifisch individualisierter Form mitzuteilen. Die umfassende Information der Verbraucher erfolgt zu dem Zweck, diese in die Lage zu versetzen, ihre Konsumentscheidung in Kenntnis der veröffentlichten Missstände zu treffen und gegebenenfalls vom Vertragsschluss mit den benannten Unternehmen abzusehen. Die Information zielt also direkt auf eine Veränderung der Marktbedingungen konkret adressierter Unternehmen. Diese Veränderungen sind für die betroffenen Unternehmen nicht bloßer Reflex einer nicht auf sie ausgerichteten gesetzlichen Regelung. Die informationellen Grundlagen von Konsumentscheidungen zu verändern, ist vielmehr der originäre Zweck der Regelung (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 2).

30

2. Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht vollständig zu rechtfertigen, weil § 40 Abs. 1a LFGB den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht in jeder Hinsicht genügt. Mit § 40 Abs. 1a LFGB werden legitime Zwecke verfolgt (a), denen eine potentiell hohe Grundrechtsbeeinträchtigung der betroffenen Unternehmen gegenüber steht (b). Die Informationsverbreitungist bei verfassungskonformer Anwendung des § 40 Abs. 1a LFGB geeignet (c) und erforderlich (d), die Zwecke der Regelung zu erreichen. Die Regelung ist im Grundsatz auch verhältnismäßig im engeren Sinne, bedarf aber zum Teil verfassungskonformer Anwendung; sie ist insofern verfassungswidrig, als es an einer zeitlichen Begrenzung der Informationsverbreitung fehlt (e).

31

a) Die Information der Öffentlichkeit über lebensmittel- und futtermittelrecht-liche Missstände dient legitimen Zwecken.

32

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll die Regelung vor allem eine hinreichende Grundlage für eigenverantwortliche Konsumentscheidungen der Verbraucher schaffen (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 2). Daneben wird die Funktion des § 40 Abs. 1a LFGB hervorgehoben, zur Einhaltung der Bestimmungen desLebensmittel- und Futtermittelrechts beizutragen. Der drohende Nachteil der Informationsverbreitung soll das einzelne Unternehmen dazu veranlassen, den Betrieb im Einklang mit den lebensmittel- oder futtermittelrechtlichen Vorschriften zu betreiben (vgl. BTDrucks 17/12299, S. 7). Das dient letztlich der Durchsetzung des allgemeinen Zwecks des Gesetzes, Gesundheitsgefahren vorzubeugen und abzuwehren und die Verbraucher vor Täuschung zu schützen (vgl. § 1 Abs. 1 LFGB).

33

Die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele sind legitim, aber von unterschiedlichem Gewicht. Sofern die Einhaltung solcher Vorschriften gefördert werden soll, die dem Schutz vor Gesundheitsgefahren dienen, hat dies größeres Gewicht (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) als etwa die bloße Verbraucherinformation über (behobene) Hygienemängel. Allerdings besitzen auch der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung und das Ziel, deren Wissensgrundlage für eigenverantwortliche Entscheidungen zu verbessern, verfassungsrechtliche Bedeutung. Dies stärkt jedenfalls deren Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG). Im Übrigen kann der Gesetzgeber in die Berufsfreiheit auch zugunsten solcher Ziele eingreifen, die zu verfolgen er nicht bereits durch das Grundgesetz gehalten ist (vgl. BVerfGE 134, 204 <224>).

34

b) Die mit der Information der Öffentlichkeit einhergehende Beeinträchtigung der betroffenen Unternehmen kann von großem Gewicht sein. Je nach technischer Ausgestaltung können die Informationen insbesondere durch die Veröffentlichung im Internet sehr weite Verbreitung finden (vgl. dazu bereits BVerfGE 104, 65 <72>). § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die Behörde zwar nicht ausdrücklich zur Publikation im Internet, schließt dies aber auch nicht aus. Tatsächlich erfolgte die Veröffentlichung über das Internet, bis die Länder den Vollzug von § 40 Abs. 1a LFGB angehalten haben. Diese weithin einsehbare und leicht zugängliche Veröffentlichung von teilweise nicht endgültig festgestellten, teilweise bereits behobenen Rechtsverstößen kann zu einem erheblichen Verlust des Ansehens des Unternehmens und zu Umsatzeinbußen führen, was im Einzelfall bis hin zur Existenzvernichtung reichen kann. Zwar wird ein betroffenes Unternehmen seinerseits öffentlichkeitsgerichtete Maßnahmen ergreifen können, um dem Ansehensverlust entgegenzuwirken. Dass und in welchem Umfang dies gelingt, ist jedoch nicht gewiss.

35

Dabei hängt das Maß des potentiellen Ansehensverlusts auch von der konkreten Darstellung der Information durch die Behörde ab. So kann die Beeinträchtigung der betroffenen Unternehmen etwa durch einen ausdrücklichen Hinweis abgemildert werden, dass die Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB nicht auf einer behördlichen Einschätzung des Risikos weiterer künftiger Verstöße beruht, die Information also nicht etwa als amtliche Warnung aufzufassen ist. Im Verhältnis zu konkurrierenden Unternehmen können Wettbewerbsnachteile begrenzt werden, wenn deutlich erkennbar ist, dass es sich womöglich nur um das Ergebnis stichprobenweise erfolgter Kontrollen handelt. Ohne negative Folgen wird die Veröffentlichung für die Betroffenen indessen kaum bleiben. Nach ihrem Regelungszweck soll sie auch durchaus negative Folgen entfalten, weil gerade hierauf die generalpräventive Wirkung der drohenden Veröffentlichung beruht.

36

Allerdings ist der potentiell gewichtige Grundrechtseingriff dadurch relativiert, dass die betroffenen Unternehmen negative Öffentlichkeitsinformationen durch rechtswidriges Verhalten selbst veranlassen, umgekehrt also den Eingriff durch rechtstreues Verhalten verhindern können, und dass ihr Fehlverhalten angesichts seiner Konsequenzen für die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Öffentlichkeitsbezug aufweist (vgl. Reimer, JöR n.F. 58 (2010), S. 275 <286>; Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), S. 20 <44>). Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von der namentlichen Internetveröffentlichung bei der Vergabe von Agrarsubventionen (vgl.EuGH, Urteil vom 9. November 2010, Rs. C-92/09 und C-93/09, Volker und Markus Schecke u.a./Land Hessen, juris, Rn. 67).

37

c) Die angegriffene Bestimmung ist zur Erreichung der damit verfolgten Zwecke geeignet. Eine gesetzliche Regelung ist bereits dann verfassungsrechtlich geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung ausreichend ist (vgl. BVerfGE 126, 112 <144>; stRspr).

38

aa) Nicht nur die Publikation anhaltender, sondern auch die Veröffentlichung bereits beseitigter Verstöße ist zur Zweckerreichung geeignet. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den generalpräventiven Zweck der Regelung. Die Publikation behobener Verstöße erhöht die abschreckende Wirkung der Informationsregelung und fördert damit die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften. Daneben dient die Veröffentlichung behobener Verstöße auch dem Ziel der Verbraucherinformation, weil auch Informationen über rechtsverletzendes Verhalten in der Vergangenheit für die Konsumentscheidung Bedeutung haben können.

39

bb) Der Gesetzgeber hat im Ergebnis auch hinreichend berücksichtigt, dass nur die Verbreitung richtiger Information zur Erreichung des Informationszwecks geeignet ist (vgl. BVerfGE 105, 252 <272>). Nach § 40 Abs. 4 LFGB ist die Behörde gegebenenfalls zur Richtigstellung verpflichtet. Zur Sicherstellung der Eignung müssen die Behörden bei der Rechtsanwendung allerdings von Verfassungs wegen weitere Vorkehrungen treffen, um die Richtigkeit der Information zu sichern und Fehlvorstellungen der Verbraucher zu vermeiden.

40

(1) Die zuständigen Behörden müssen die Information mit der Mitteilung verbinden, ob und wann ein Verstoß behoben wurde. Dies ist verfassungsrechtlich unerlässlich. Ansonsten wäre die Veröffentlichung des Verstoßes zur Erreichung des Informationsziels nicht geeignet, weil die Fehlvorstellung entstehen könnte, der Verstoß bestehe fort. Für die Verbraucherentscheidung wird es regelmäßig eine Rolle spielen, ob und wie schnell ein Verstoß abgestellt wurde.

41

Zwar sieht das Gesetz eine solche Mitteilung nicht ausdrücklich vor. Es steht ihr jedoch auch nicht entgegen. Die zuständigen Behörden haben die Regelung insoweit verfassungskonform anzuwenden. In der Vergangenheit wurden die der Behörde belassenen Gestaltungsspielräume bei der Darstellung der Publikumsinformation bereits für entsprechende Hinweise genutzt.

42

(2) Um zu verhindern, dass Informationen verbreitet werden, die nicht richtig und damit zur Erreichung der Gesetzeszwecke ungeeignet sind, darf außerdem von der nach § 40 Abs. 1a LFGB bestehenden Möglichkeit, die Öffentlichkeit bereits im Fall des hinreichend begründeten Verdachts eines Verstoßes zu informieren, nur unter strengen Voraussetzungen Gebrauch gemacht werden.

43

Im Grunde ist eine Einbeziehung von Verdachtsfällen in die Informationsregelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil dies zur Erreichung der Gesetzeszwecke unverzichtbar ist. Dürfte eine Veröffentlichung erst dann erfolgen, wenn ein Verstoß bestands- oder rechtskräftig festgestellt wäre, würde die Information der Öffentlichkeit durch die vielfach zu erwartende Einlegung von Rechtsbehelfen voraussichtlich häufig herausgezögert und die Informationsregelung damit um ihre Effektivität gebracht (vgl. Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), S. 20 <32>, zu § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG a.F.). Um eigenverantwortliche Konsumentscheidungen treffen zu können, benötigen Verbraucherinnen und Verbraucher aktuelle Informationen. Eine möglicherweise um Jahre verzögerte Mitteilung über Rechtsverstöße ist zur Verbraucherinformation kaum noch geeignet.

44

Damit aber auch vor der bestandskräftigen Feststellung eines Verstoßes möglichst nur solche Informationen veröffentlicht werden, die sich auch nachträglich noch als richtig erweisen, sind an die Tatsachengrundlage des Verdachts von Verfassungs wegen hohe Anforderungen zu stellen. Dem wird § 40 Abs. 1a LFGB bei entsprechender Anwendung gerecht. § 40 Abs. 1a LFGB verlangt einen hinreichend begründeten Verdacht. Ein in tatsächlicher Hinsicht unaufgeklärter Verdacht der Behörde genügt nicht (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 20). Vielmehr muss der Verdacht nach dem Wortlaut der Vorschrift durch Tatsachen hinreichend begründet sein. Für den Fall von Proben ist dies im Gesetz dahingehend konkretisiert, dass sich der Verdacht auf mindestens zwei unabhängige Untersuchungen gründen muss. Der Gesetzgeber hat die Behörde insoweit praktisch zu einer abschließenden Ermittlung der Tatsachen verpflichtet. Hieran hat sich das Maß erforderlicher Tatsachenaufklärung auch für den Fall zu orientieren, dass dem Verdacht eines Verstoßes nicht durch Proben, sondern auf andere Weise, etwa durch Betriebskontrollen, nachgegangen wird. Auch dann müssen die den Verdacht begründenden Tatsachen aus Sicht der Behörde aufgeklärt und in den Überwachungsergebnissen entsprechend dokumentiert sein.

45

Unter welchen Voraussetzungen die Öffentlichkeit in Fällen einer Gesundheitsgefahr auch dann schon informiert werden darf und muss, wenn die Tatsachen aus Sicht der Behörde noch nicht aufgeklärt sind, ist keine Frage der Anwendung des § 40 Abs. 1a LFGB, sondern bestimmt sich insbesondere nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB.

46

(3) Inwiefern Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB praktisch zu einer gehaltvollen Information der Öffentlichkeit taugen, hängt maßgeblich davon ab, wie die zuständigen Behörden die Informationen aufbereiten und darstellen (vgl. nur Bäcker, JZ 2016, S. 595 <601>). Das Gesetz lässt für eine geeignete Gestaltung hinreichend Spielraum.

47

d) Die Regelung ist erforderlich. Eine staatliche Maßnahme darf nicht über das zur Verfolgung ihres Zwecks erforderliche Maß hinaus- und nicht weitergehen, als der mit ihr intendierte Schutzzweck reicht (vgl. BVerfGE 79, 179 <198>; 100, 226 <241>; 110, 1 <28>). An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn dem Normgeber ein gleich wirksames, aber für den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastendes Mittel zur Erreichung des Ziels zur Verfügung steht (vgl. BVerfGE 113, 167 <259>; 135, 90 <118>; stRspr). Gegen die Erforderlichkeit spricht hier insbesondere nicht, dass kein sogenanntes Selbsteintrittsrecht der Unternehmen gewährt ist, wie es nach § 40 Abs. 2 Satz 1 LFGB nur bezüglich Absatz 1, nicht aber bezüglich des hier streitigen Absatzes 1a vorgesehen ist. Ein Selbsteintrittsrecht wäre zwar ein milderes Mittel als die behördliche Information, wäre aber nicht ebenso effektiv. Insbesondere birgt es die Gefahr lückenhafter Verbraucherinformation (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 20).

48

e) Im Ergebnis verstößt § 40 Abs. 1a LFGB gegen Art. 12 Abs. 1 GG, weil die Vorschrift mangels Befristung der Veröffentlichung unverhältnismäßig im engeren Sinne ist. Zwar hat der Gesetzgeber im Grundsatz eine verfassungsrechtlich vertretbare Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen (aa). Durch verfassungskonforme Anwendung der Regelung lässt sich auch sicherstellen, dass nur über Verstöße von hinreichendem Gewicht informiert wird (bb). Indessen fehlt es an einer gesetzlichen Regelung über die zeitliche Befristung der Veröffentlichung, die zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne geboten ist (cc).

49

aa) Im Grunde hat der Gesetzgeber mit § 40 Abs. 1a LFGB eine verfassungsrechtlich vertretbare Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt, dass die Schwere der gesetzgeberischen Grundrechtsbeschränkung bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe steht. Dabei ist ein angemessener Ausgleich zwischen dem Eingriffsgewicht der Regelung und dem verfolgten gesetzgeberischen Ziel sowie der zu erwartenden Zielerreichung herzustellen (vgl. nur BVerfGE 133, 277 <322> m.w.N.; stRspr). Die angegriffene Regelung verfolgt wichtige Ziele (oben a). Im Grundsatz ist es angemessen, die Interessen der Unternehmen im Fall eines im Raum stehenden Rechtsverstoßes hinter die Schutz- und Informationsinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher zurücktreten zu lassen. Dass die Rechtsverstöße nicht notwendig mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sind, steht dem nicht entgegen, weil auch der Schutz vor Täuschung und der Nichteinhaltung hygienischer Anforderungen und die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen legitime Zwecke des Verbraucherschutzes sind.

50

bb) Im Ergebnis stehen die mit der Regelung einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen auch nicht deshalb außer Verhältnis zu den Zwecken des Gesetzes, weil sich die Veröffentlichungspflicht nicht auf den Verstoß gegen kataloghaft herausgehobene Tatbestände beschränkt und der Behörde kein Ermessen eingeräumt ist, das sie nutzen könnte, um die Veröffentlichung auf hinreichend gewichtige Fälle zu beschränken.Die Regelung knüpft die Veröffentlichungspflicht an Tatbestandsvoraussetzungen, die so angewendet werden können und müssen, dass nur über Verstöße von hinreichendem Gewicht informiert wird.

51

(1) Nach § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB erfolgt eine Veröffentlichung, wenn der Verdacht besteht, dass in Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden. Danach wird nicht jegliche Abweichung veröffentlicht, sondern es wird nur über solche Abweichungen informiert, die die in diesen Werten bereits enthaltenen Erheblichkeitsschwellen überschreiten. Dass dann aber schon eine geringe Überschreitung die Rechtsfolge auslöst, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, sondern liegt in der Natur von Grenz- und Höchstwerten.

52

(2) § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB verpflichtet in der ersten Alternative zur Veröffentlichung, wenn der Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist. Auch insoweit verletzt die Vorschrift nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil sie die Information der Öffentlichkeit an hinreichend gewichtige Voraussetzungen knüpft.

53

Zwar wird zum Teil bezweifelt, dass die Schwelle mit der zu erwartenden Bußgeldhöhe von mindestens dreihundertfünfzig Euro bestimmt und hoch genug gesetzt ist, um Bagatellfälle zuverlässig ausschließen zu können. Das steht der Verhältnismäßigkeit einer Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB in der ersten Alternative jedoch schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dieser - verfassungsrechtlich zweifelsfrei hinreichend bestimmten - Schwelle lediglich um eine von zwei kumulativ geforderten Erheblichkeitsvoraussetzungen handelt.

54

Neben der Bußgelderwartung muss der Verstoß von nicht nur unerheblichem Ausmaß sein. Dem kommt für die verfassungskonforme Anwendung der Regelung entscheidende Bedeutung zu. Der unbestimmte Rechtsbegriff des "nicht nur unerheblichen Ausmaßes" ist durch die zuständigen Behörden, im Klagefall auch durch die Verwaltungsgerichte, anhand von quantitativen und qualitativen Kriterien zu konkretisieren. Dabei können nur solche Verstöße als erheblich gelten, die von hinreichendem Gewicht sind, um für die betroffenen Unternehmen potentiell gravierende Folgen zu rechtfertigen. So geht etwa die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme davon aus, ein nicht nur unerhebliches Ausmaß sei dann anzunehmen, wenn es sich um einen Verstoß mit besonders nachteiligen Folgen für den einzelnen Verbraucher handele oder eine Vielzahl von Verbrauchern betroffen sei. Entsprechende Konkretisierungen finden sich in Erlassen der Landesministerien zu § 40 Abs. 1a LFGB. Dass der Gesetzgeber insoweit nicht selbst konkretere Vorgaben für die Bewertung des Verstoßes gemacht hat, sondern die Konkretisierung den Behörden und Gerichten überlässt, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

55

(3) § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB verpflichtet in der zweiten Alternative zur Veröffentlichung, wenn der Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes wiederholt verstoßen wurde und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist. Auch insoweit ist die Regelung mit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne vereinbar. Zwar setzt die Veröffentlichung hier nicht voraus, dass gegen die Vorschriften in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde. Es muss jedoch mehrfach verstoßen worden sein. Die Öffentlichkeit über wiederholte Verstöße zu informieren, auch wenn diese für sich genommen jeweils von geringerem Ausmaß sein können als in der ersten Tatbestandsalternative, ist zur Erreichung der Zwecke des § 40 Abs. 1a LFGB angemessen. Verstößt ein Unternehmen zum wiederholten Male gegen die Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes, deutet dies darauf hin, dass es nicht bereit oder nicht in der Lage ist, diesen rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Dies kann für die Konsumentscheidung von Bedeutung sein. Vor allem aber lässt sich mit der Veröffentlichung wiederholter, wenn auch geringerer Verstöße verhindern, dass Unternehmen weniger gewichtige Vorschriften generell ignorieren und sich damit nicht zuletzt einen Vorteil gegenüber jenen Unternehmen verschaffen, die sich konsequent um die Einhaltung aller Vorschriften bemühen. Indessen lässt sich durch die zusätzliche Voraussetzung, dass die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten sein muss, sichern, dass nicht schon jede Wiederholung des geringsten Verstoßes zur Information der Öffentlichkeit führt, zumal insoweit mit dem Erfordernis des Verschuldens als Voraussetzung einer vermuteten Ordnungswidrigkeit ein weiteres Korrektiv zum Tragen kommt.

56

cc) Unverhältnismäßig im engeren Sinne ist die Regelung jedoch insofern, als eine zeitliche Begrenzung der Informationsverbreitung im Gesetz fehlt (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 9 S 2423/12 -, juris, Rn. 24; BayVGH, Beschluss vom 18. März 2013 - 9 CE 13.80 -, juris, Rn. 18; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 13 ME 18/13 -, juris, Rn. 6; Hessischer VGH, Beschluss vom 23. April 2013 - 8 B 28/13 -, juris, Rn. 7; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013 - 13 B 192/13 -, juris, Rn. 21 ff.).

57

(1) Die mit der Regelung einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen geraten mit der Dauer der Veröffentlichung außer Verhältnis zu den mit der Veröffentlichung erreichbaren Zwecken. Je länger die Verbreitung andauert, umso größer wird die Diskrepanz zwischen der über die Zeit steigenden Gesamtbelastung des Unternehmens einerseits und dem abnehmenden Wert der Information für die Verbraucherinnen und Verbraucher andererseits und umso weniger ist den Betroffenen die Veröffentlichung zuzumuten.

58

Je weiter der Verstoß zeitlich entfernt ist, desto geringer ist auf der einen Seite noch der objektive Informationswert seiner Verbreitung, weil sich vom Verstoß in der Vergangenheit objektiv immer weniger auf die aktuelle Situation des betroffenen Unternehmens schließen lässt. Je länger eine für das Unternehmen negative Information in der Öffentlichkeit verbreitet wird, desto größer ist auf der anderen Seite dessen Belastung, weil umso mehr Verbraucherinnen und Verbraucher im Laufe der Zeit von dieser Information zuungunsten des Unternehmens beeinflusst werden können. Zwar wird auch aus deren Sicht die Bedeutung einer Information mit zunehmender Verbreitungsdauer und zunehmendem Abstand von dem die Informationspflicht auslösenden Rechtsverstoß regelmäßig sinken. Es kann jedoch nicht erwartet werden, dass alte Einträge immer zuverlässig als weniger relevant wahrgenommen werden. Vor allem aber änderte auch ein mit der Zeit sinkender Einfluss auf das Konsumverhalten nichts daran, dass noch lange Zeit nach dem eigentlichen Vorfall, wenn auch in abnehmender Zahl, Verbraucherinnen und Verbraucher von dieser Information zum Nachteil des Unternehmens beeinflusst werden. Eine zeitliche Begrenzung der Veröffentlichung ist daher verfassungsrechtlich geboten.

59

(2) Dem steht nicht entgegen, dass eine zeitliche Begrenzung im Fall der Verbreitung im Internet nicht vollständig realisiert werden könnte. Auf der Internetseite der veröffentlichenden Behörde kann der Inhalt der Veröffentlichung im Unterschied zu einer gedruckten Veröffentlichung nachträglich mit Hinweisen versehen, gelöscht oder auf sonstige Weise modifiziert werden. Soweit darüber hinaus eine zeitlich kaum begrenzte Zugriffsmöglichkeit vermittels des sogenannten "Caches" einer Suchmaschine oder sonstiger Archive besteht, lässt sich immerhin aus der äußeren Gestaltung ersehen, dass es sich nicht mehr um eine aktuelle und offizielle Information durch die Behörde handelt. Eine Zusammenstellung früherer Bekanntmachungen durch Dritte wäre im Übrigen auch im Fall einer gedruckten Veröffentlichung nicht auszuschließen und unterliegt eigenen Rechtmäßigkeitsanforderungen. Vor allem aber ändert der Umstand, dass sich die einmal im Internet verbreiteten Informationen möglicherweise nicht vollständig aus der Öffentlichkeit zurückholen lassen, nichts daran, dass eine zeitliche Begrenzung der unmittelbaren Verbreitung die Belastung abmildert und darum zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit geboten ist.

60

(3) In der Vergangenheit wurden entsprechende Vollzugshinweise durch die Landesregierungen bereits in Erlassen erteilt. Dabei wurde die Veröffentlichungsdauer auf längstens zwölf Monate begrenzt. Die zeitliche Begrenzung muss jedoch durch Gesetz geregelt werden und kann nicht allein durch Behördenpraxis oder Rechtsprechung erfolgen (entsprechend zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung BVerfGE 65, 1 <46>; 128, 1 <55 und 56>; 141, 220 <285 f. Rn. 144>; stRspr). Für die konkrete Ausgestaltung der Befristung sind unterschiedliche, jeweils bedeutende Belange und Parameter zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Das ist gesetzlicher Regelung vorbehalten. Eine hinreichend konkrete gesetzliche Befristung findet sich weder in § 39 Abs. 2 LFGB, noch lässt sie sich durch, allenfalls analog anwendbare, Löschungserfordernisse des Datenschutzrechts gewinnen.

61

(4) Der Bundesgesetzgeber hätte die Befristung selbst regeln müssen. Er besitzt für die zeitliche Begrenzung der Informationsverbreitung eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz, die auch insoweit aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG folgt. Selbst wenn die Länder die erforderliche zeitliche Begrenzung ebenfalls gesetzlich regeln dürften, waren sie hierzu jedenfalls nicht verpflichtet. Der Bundesgesetzgeber hat in § 40 Abs. 1a LFGB eine im Grunde vollständige Regelung getroffen, die auf direkte Anwendung zielt, jedoch mangels Befristungsvorschrift an einem verfassungsrechtlichen Mangel leidet. Diesen zu beheben, liegt in seiner Regelungskompetenz, von der er selbst hätte Gebrauch machen müssen.

IV.

62

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung tritt hinter Art. 12 Abs. 1 GG zurück, weil der Schutz von Unternehmen im Wettbewerb hier von der sachlich spezielleren Grundrechtsnorm des Art. 12 Abs. 1 GG vollständig erfasst wird (vgl. BVerfGE 105, 252 <279> m.w.N.).

C.

63

Danach ist § 40 Abs. 1a LFGB insoweit mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar, als die Information der Öffentlichkeit nicht gesetzlich befristet ist. Dies führt hier nicht gemäß § 78 Satz 1 BVerfGG zur Nichtigkeit der angegriffenen Vorschrift (vgl. BVerfGE 114, 1 <70>; 115, 277 <317>; 127, 87 <131 f.>; 128, 157 <192 f.>), weil § 40 Abs. 1a LFGB verfassungsrechtlichen Schutzaufträgen dient (oben B III 2 a), die gegenüber der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit überwiegen, die Öffentlichkeitsinformation durch Gesetz zu befristen (vgl. BVerfGE 127, 293 <333 f.> m.w.N.), zumal in der Rechtsanwendung ohnehin schon zeitliche Begrenzungen erfolgt sind.

64

Zur Abwendung der Nichtigkeit der Regelung obliegt es dem Gesetzgeber, bis zum 30. April 2019 die Dauer der Veröffentlichung zu regeln. § 40 Abs. 1a LFGB ist bis zu einer solchen Neuregelung, längstens aber bis zum 30. April 2019 anzuwenden. Aufgrund der bisherigen Behördenpraxis, die Veröffentlichung auf höchstens zwölf Monate zu befristen, ist zu erwarten, dass die zuständigen Behörden § 40 Abs. 1a LFGB in der Übergangszeit im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen anwenden werden (vgl. BVerfGE 127, 88 <132>).

65

Vom Befristungserfordernis abgesehen ist eine verfassungskonforme Anwendung der angegriffenen Regelung möglich, ohne dass es einer Nachbesserung durch den Gesetzgeber bedarf. Dazu müssen die zuständigen Behörden insbesondere strenge Anforderungen an die tatsächlichen Grundlagen des Verdachts eines Verstoßes im Sinne des § 40 Abs. 1a LFGB stellen und bei der Anwendung des Tatbestandsmerkmals des nicht nur unerheblichen Ausmaßes des Verstoßes (§ 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB) dafür Sorge tragen, dass der Verstoß von hinreichendem Gewicht ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über

1.
von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen
a)
des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes,
b)
der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen,
c)
unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze
sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a bis c genannten Abweichungen getroffen worden sind,
2.
von einem Erzeugnis oder einem Verbraucherprodukt ausgehende Gefahren oder Risiken für Gesundheit und Sicherheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern,
3.
die Zusammensetzung von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten, ihre Beschaffenheit, die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften einschließlich ihres Zusammenwirkens und ihrer Einwirkung auf den Körper, auch unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung oder vorhersehbaren Fehlanwendung,
4.
die Kennzeichnung, die Herkunft, die Verwendung, das Herstellen und das Behandeln von Erzeugnissen und Verbraucherprodukten,
5.
zugelassene Abweichungen von den in Nummer 1 genannten Rechtsvorschriften über die in den Nummern 3 und 4 genannten Merkmale oder Tätigkeiten,
6.
die Ausgangsstoffe und die bei der Gewinnung der Ausgangsstoffe angewendeten Verfahren,
7.
Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen in § 39 Absatz 1 Satz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und § 8 des Marktüberwachungsgesetzes genannte Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen,
(Informationen), die bei einer Stelle im Sinne des Absatzes 2 unabhängig von der Art ihrer Speicherung vorhanden sind. Der Anspruch nach Satz 1 besteht insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 vorliegt.

(2) Stelle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist

1.
jede Behörde im Sinne des § 1 Absatz 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen,
2.
jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts, die auf Grund
a)
anderer bundesrechtlicher oder
b)
landesrechtlicher
Vorschriften öffentlich-rechtliche Aufgaben oder Tätigkeiten wahrnimmt, die der Erfüllung der in § 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches genannten Zwecke oder bei Verbraucherprodukten der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit nach den Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes sowie der auf Grund des Produktsicherheitsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen dienen und der Aufsicht einer Behörde unterstellt ist.
Satz 1 gilt im Fall einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes nur, wenn der Gemeinde oder dem Gemeindeverband die Aufgaben nach diesem Gesetz durch Landesrecht übertragen worden sind.

(3) Zu den Stellen im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 gehören nicht die obersten Bundes- und Landesbehörden, soweit sie im Rahmen der Gesetzgebung oder beim Erlass von Rechtsverordnungen tätig werden, unabhängige Organe der Finanzkontrolle sowie Gerichte, Justizvollzugsbehörden, Strafverfolgungs- und Disziplinarbehörden und diesen vorgesetzte Dienststellen.

(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.

(1) Die zuständige Behörde soll die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels und des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt wurde oder in den Verkehr gelangt ist, und, wenn dies zur Gefahrenabwehr geeigneter ist, auch unter Nennung des Inverkehrbringers, nach Maßgabe des Artikels 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 informieren. Eine Information der Öffentlichkeit in der in Satz 1 genannten Art und Weise soll vorbehaltlich des Absatzes 1a auch erfolgen, wenn

1.
der hinreichende Verdacht besteht, dass ein Mittel zum Tätowieren, ein kosmetisches Mittel oder ein Bedarfsgegenstand ein Risiko für die menschliche Gesundheit mit sich bringen kann,
2.
der hinreichende Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Endverbraucher vor Gesundheitsgefährdungen dienen, verstoßen wurde,
3.
im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass von einem Erzeugnis eine Gefährdung für die Sicherheit und Gesundheit ausgeht oder ausgegangen ist und aufgrund unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnis oder aus sonstigen Gründen die Unsicherheit nicht innerhalb der gebotenen Zeit behoben werden kann,
4.
ein nicht gesundheitsschädliches, aber zum Verzehr ungeeignetes, insbesondere ekelerregendes Lebensmittel in nicht unerheblicher Menge in den Verkehr gelangt oder gelangt ist oder wenn ein solches Lebensmittel wegen seiner Eigenart zwar nur in geringen Mengen, aber über einen längeren Zeitraum in den Verkehr gelangt ist,
4a.
der durch Tatsachen hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Endverbraucher vor Täuschung dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde,
5.
Umstände des Einzelfalles die Annahme begründen, dass ohne namentliche Nennung des zu beanstandenden Erzeugnisses und erforderlichenfalls des Wirtschaftsbeteiligten oder des Inverkehrbringers, unter dessen Namen oder Firma das Erzeugnis hergestellt oder behandelt wurde oder in den Verkehr gelangt ist, erhebliche Nachteile für die Hersteller oder Vertreiber gleichartiger oder ähnlicher Erzeugnisse nicht vermieden werden können.
In den Fällen des Satzes 2 Nummer 3 bis 5 ist eine Information der Öffentlichkeit zulässig nach Abwägung der Belange der Betroffenen mit den Interessen der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung.

(1a) Die zuständige Behörde informiert die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 38 Absatz 2a Satz 2 auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen durch eine Stelle nach Artikel 37 Absatz 4 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2017/625, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass

1.
in Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden oder
2.
ein nach Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht zugelassener oder verbotener Stoff in dem Lebensmittel oder Futtermittel vorhanden ist oder
3.
gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Endverbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist oder eine Sanktionierung wegen einer Straftat zu erwarten ist und deswegen gemäß § 41 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfolgt ist.
Verstöße gegen bauliche Anforderungen, die keine Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln bewirken, sowie Aufzeichnungs- oder Mitteilungspflichten, die keine Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln bewirken, bleiben nach Satz 1 Nummer 3 außer Betracht. Bei Verstößen gegen hygienische Anforderungen kann abweichend von Satz 1 in der Information der Name des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmers sowie der Betrieb, in dem der Verstoß festgestellt wurde, genannt werden. Während eines laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens dürfen Informationen nach Satz 1 nur im Benehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft herausgegeben werden, wenn hierdurch nicht der mit dem Verfahren verfolgte Untersuchungszweck gefährdet wird.

(2) Eine Information der Öffentlichkeit nach Absatz 1 durch die Behörde ist nur zulässig, wenn andere ebenso wirksame Maßnahmen, insbesondere eine Information der Öffentlichkeit durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder den Wirtschaftsbeteiligten, nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden oder die Endverbraucher nicht erreichen. Unbeschadet des Satzes 1 kann die Behörde ihrerseits die Öffentlichkeit auf

1.
eine Information der Öffentlichkeit oder
2.
eine Rücknahme- oder Rückrufaktion
durch den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder den sonstigen Wirtschaftsbeteiligten hinweisen. Die Behörde kann unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch auf eine Information der Öffentlichkeit einer anderen Behörde hinweisen, soweit berechtigte Interessen der Endverbraucher in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich berührt sind.

(3) Bevor die Behörde die Öffentlichkeit nach den Absätzen 1 und 1a informiert, hat sie den Hersteller oder den Inverkehrbringer anzuhören, sofern hierdurch die Erreichung des mit der Maßnahme verfolgten Zwecks nicht gefährdet wird. Satz 1 gilt nicht in einem Fall des Absatzes 2 Satz 2 oder 3.

(4) Stellen sich die von der Behörde an die Öffentlichkeit gegebenen Informationen im Nachhinein als falsch oder die zu Grunde liegenden Umstände als unrichtig wiedergegeben heraus, so ist dies unverzüglich öffentlich bekannt zu machen, sofern der betroffene Wirtschaftsbeteiligte dies beantragt oder dies zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist. Sobald der der Veröffentlichung zu Grunde liegende Mangel beseitigt worden ist, ist in der Information der Öffentlichkeit unverzüglich hierauf hinzuweisen. Die Bekanntmachungen nach Satz 1 und Satz 2 sollen in derselben Weise erfolgen, in der die Information der Öffentlichkeit ergangen ist.

(4a) Die Information nach Absatz 1a ist einschließlich zusätzlicher Informationen nach Absatz 4 sechs Monate nach der Veröffentlichung zu entfernen.

(5) Abweichend von Absatz 1 ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zuständige Behörde, soweit ein nicht im Inland hergestelltes Erzeugnis erkennbar nicht im Inland in den Verkehr gebracht worden ist und

1.
ein Fall des Absatzes 1 Satz 1 vorliegt aufgrund
a)
einer Meldung nach Artikel 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 eines anderen Mitgliedstaates oder der Europäischen Kommission oder
b)
einer sonstigen Mitteilung eines anderen Mitgliedstaates, eines Drittlandes oder einer internationalen Organisation oder
2.
ein Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 vorliegt aufgrund einer sonstigen Mitteilung eines anderen Mitgliedstaates, der Europäischen Kommission, eines Drittlandes oder einer internationalen Organisation.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn
1.
ein Erzeugnis, das durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln im Sinne von § 312c Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeboten wird, nicht erkennbar im Inland hergestellt wurde und
2.
ein Inverkehrbringer mit Sitz im Inland nicht erkennbar ist.

Tenor

1. § 40 Absatz 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB), eingeführt durch Artikel 2 Nummer 2 des Gesetzes zur Änderung des Rechts der Verbraucher-information vom 15. März 2012 (Bundesgesetzblatt I Seite 476), ist insofern mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, als die dort angeordnete Veröffentlichung nicht zeitlich begrenzt ist.

2. Zur Abwendung der Nichtigkeit der Regelung obliegt es dem Gesetzgeber, bis zum 30. April 2019 eine Regelung zur Dauer der Veröffentlichung zu treffen.

3. Bis zu einer solchen Neuregelung, längstens aber bis zum 30. April 2019, darf die angegriffene Vorschrift nach Maßgabe der Gründe weiter angewandt werden.

Gründe

A.

1

Der Normenkontrollantrag ist gegen § 40 Abs. 1a LFGB gerichtet, der die amtliche Information der Öffentlichkeit über Verstöße im Anwendungsbereich des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs regelt.

I.

2

1. § 40 Abs. 1a LFGB wurde im Jahr 2012 in das seit 2005 geltende Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eingefügt. § 40 Abs. 1a LFGB ermächtigt und verpflichtet die Behörden, die Öffentlichkeit von Amts wegen über Verstöße von Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmen gegen Grenzwertregelungen und alle sonstigen Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes zu unterrichten, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen. Eine aktuelle Gesundheitsgefahr ist dabei nicht vorausgesetzt.

3

§ 40 Abs. 1a LFGB hat folgenden Wortlaut:

Die zuständige Behörde informiert die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen, im Falle von Proben nach § 39 Absatz 1 Satz 2 auf der Grundlage mindestens zweier unabhängiger Untersuchungen von Stellen nach Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass

1. in Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden oder

2. gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist.

4

Besondere lebensmittelrechtliche Grundlagen für die Information der Öffentlichkeit waren bereits mit der im September 2005 in Kraft getretenen Vorschrift des § 40 Abs. 1 LFGB vorhanden. Im September 2012 wurde § 40 LFGB durch Artikel 2 des Änderungsgesetzes zum Verbraucherinformationsgesetz (BGBl 2012 I S. 479 f.) um den hier angegriffenen Absatz 1a erweitert. Anders als § 40 Abs. 1 LFGB sieht der neuere Absatz 1a hinsichtlich der Veröffentlichung einer Information keinen behördlichen Ermessensspielraum vor. Vielmehr ist die Behörde durch § 40 Abs. 1a LFGB gebunden und zur Veröffentlichung verpflichtet. Damit reagierte der Gesetzgeber auf die - insbesondere in Ansehung aktueller Lebensmittelskandale - als zu zögerlich empfundene Behördenpraxis; er wollte zur effektiven Öffentlichkeitsinformation eine striktere Rechtsgrundlage schaffen. Bestimmte herausgehobene Rechtsverstöße sollten unabhängig vom Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 LFGB veröffentlicht werden (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 19 f.).

5

2. Auch im Lebensmittelrecht der Europäischen Union finden sich Transparenzvorschriften. Eine Regelung des konkreten Gehalts des hier angegriffenen § 40 Abs. 1a LFGB besteht im Unionsrecht allerdings nicht und ist dem deutschen Gesetzgeber auch nicht aufgegeben. Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABlEG 2002 Nr. L 31, S. 1 - BasisVO) enthält lediglich die Verpflichtung, die Öffentlichkeit im Falle des hinreichenden Verdachts über ein bestehendes Gesundheitsrisiko durch ein Lebensmittel oder Futtermittel aufzuklären. Darauf nimmt der hier nicht angegriffene § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB Bezug. Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABlEU 2004 Nr. L 165, S. 1 - KontrollVO) verpflichtet die zuständigen Behörden über Art. 10 BasisVO hinaus generell zu Transparenz und statuiert den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Kontrolltätigkeit der zuständigen Behörden. Eine Verpflichtung und Ermächtigung zur unternehmensspezifisch individualisierten Information der Öffentlichkeit über Rechtsverstöße, wie sie der hier angegriffene § 40 Abs. 1a LFGB begründet, ist nicht vorgesehen.

6

3. In den Ländern wurde durch Erlasse näher geregelt, wie die Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB durchgeführt werden soll. Nachdem einige Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe in Verfahren des Eilrechtsschutzes Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 40 Abs. 1a LFGB geäußert hatten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 9 S 2423/12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 18. März 2013 - 9 CE 13.80 -, juris; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 13 ME 18/13 -, juris; Hessischer VGH, Beschluss vom 23. April 2013 - 8 B 28/13 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013 - 13 B 192/13 -, juris; offenlassend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13. Februar 2013 - 6 B 10035/13 -, juris) und nachdem die Niedersächsische Landesregierung den hiesigen Normenkontrollantrag gestellt hatte, wurde die Regelung in den Bundesländern nicht mehr vollzogen. Soweit mit der Anwendung bereits begonnen war, haben die Länder die Veröffentlichungen in ihren Internetportalen entfernt.

II.

7

Die Antragstellerin hält § 40 Abs. 1a LFGB für verfassungswidrig. Die in § 40 Abs. 1a LFGB vorgesehene Information der Öffentlichkeit greife in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Der Eingriff sei nicht gerechtfertigt, weil er die Information der Öffentlichkeit zeitlich nicht eingrenze. Die Information der Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens greife angesichts der weitreichenden Verbreitung, die durch die automatische Abrufbarkeit über das Internet erreicht werde, sowie ihrer potentiell gewichtigen wirtschaftlichen Auswirkungen besonders intensiv in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Daher müsse der Gesetzgeber die zeitliche Wirkung dieser Veröffentlichung durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken. Dieser Mangel könne nicht durch eine entsprechende Anwendung anderer Rechtsnormen, verfassungskonforme Auslegung, eine allgemeine Verwaltungsentscheidung oder landesrechtliche Regelungen behoben werden. Die Bestimmung der Veröffentlichungsdauer dürfe der Gesetzgeber schon aus Gründen des Vorbehalts des Gesetzes und der Vorhersehbarkeit der Rechtslage für den Bürger nicht der Entscheidung der Exekutive, etwa mittels Verwaltungsvorschrift, überlassen. Daneben greife § 40 Abs. 1a LFGB in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit der Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen nach Art. 12 Abs. 1 GG ein.

III.

8

Gelegenheit zur Stellungnahme hatten der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung sowie alle Länderregierungen; ferner die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, alle Landesdatenschutzbeauftragten, das Bundesverwaltungsgericht, der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V., der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., foodwatch e.V., der Deutsche Verband Tiernahrung e.V. sowie der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V.

9

1. Die Bundesregierung hält § 40 Abs. 1a LFGB für verfassungsgemäß. Die Grundrechte seien gewahrt.

10

Der Gesetzgeber müsse die zeitliche Wirkung dieser Veröffentlichung nicht selbst durch Aufnahme einer Löschungsfrist einschränken. Eine Veröffentlichung der Information im Internet sei nicht zwingend. Der Ort der Information sei vielmehr den durchführenden Behörden überlassen, für die die Länder Näheres vorgeben könnten. Im Übrigen bleibe jedenfalls eine analoge Anwendung von § 20 Abs. 2 BDSG möglich. Zudem seien die zuständigen Behörden gemäß § 39 Abs. 2 LFGB zu einer etwa erforderlichen Konkretisierung berufen. Selbst wenn man aber annehmen wollte, dass die zeitliche Begrenzung einer expliziten gesetzlichen Regelung bedürfe, beeinträchtige dies die Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Norm nicht, weil die gesetzliche Regelung dann durch die Länder erfolgen müsse.

11

Die Norm genüge auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Insbesondere stehe es einer Veröffentlichung im Internet nicht entgegen, wenn die festgestellten Verstöße zwischenzeitig behoben seien. Nach dem Gesetzeszweck sei es dem Verbraucher zu überlassen, welche Schlüsse er aus vor kurzer Zeit festgestellten Verstößen gegen das Gesetz ziehe. Auch dass die Öffentlichkeit bereits bei Vorliegen eines hinreichend begründeten Verdachts informiert werden müsse, sei erforderlich. Müsste zunächst die endgültige Klärung der Umstände abgewartet werden, käme die Information der Öffentlichkeit regelmäßig zu spät, um Markttransparenz herzustellen. Zudem sei eine Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB nur zulässig, wenn in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt gegen die entsprechenden Verpflichtungen verstoßen worden sei. Ein nicht nur unerhebliches Ausmaß sei anzunehmen, wenn es sich um einen Verstoß mit besonders nachteiligen Folgen für den einzelnen Verbraucher handele oder eine Vielzahl von Verbrauchern potentiell betroffen sei. Hierbei seien die Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Ausmaß der Beeinträchtigung der Öffentlichkeit, mit zu berücksichtigen. Die Bekanntgabe von Bagatellverstößen sei hierdurch ausgeschlossen. Soweit die Bestimmung auf die Überschreitung zulässiger Grenzwerte abstelle, liege es in der Natur der Festlegung solcher Grenzwerte, dass sie nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls abstellen könnten. Auch könne sich das betroffene Unternehmen gegen belastende Informationen seinerseits marktgerecht durch Informationen wehren, etwa durch eigene Werbung und Betonung der Qualität seines Produkts.

12

2. Die Bayerische Staatsregierung teilt in ihrer Stellungnahme die von der Antragstellerin vorgetragenen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Norm wegen der mangelnden Befristung der Veröffentlichung und macht darüber hinaus Bedenken wegen der Erfassung von Bagatellverstößen und hinsichtlich der Bestimmtheit der Vorschrift geltend.

13

3. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der Hessische Datenschutzbeauftragte, der Landesbeauftragte für den Datenschutz Sachsen-Anhalt, der Thüringer sowie der Hamburgische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit halten § 40 Abs. 1a LFGB mit im Einzelnen divergierenden Erwägungen für verfassungswidrig. Insbesondere bemängeln sie, dass eine Befristung der Veröffentlichung fehle und die Eingriffsschwelle bei Bagatellverstößen zu niedrig und die Regelung deshalb unverhältnismäßig sei. Zum Teil wird die streitgegenständliche Norm als zu unbestimmt angesehen. Die Handlungspflicht werde von einem Bußgeld abhängig gemacht, dessen Höhe behördlich bestimmt werden könne. Eine Orientierung an einem Bußgeldkatalog sei nicht vorgesehen. Auch sonst fehle ein transparenter Maßstab für die Bemessung des Bußgeldes.

14

4. Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hält den Normenkontrollantrag für unbegründet. Insbesondere enthalte § 20 Abs. 2 BDSG eine hinreichend klare Regelung, wann personenbezogene Daten zu löschen seien.

15

5. Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V. hält § 40 Abs. 1a LFGB für verfassungswidrig. Die Grundrechtseingriffe hätten eine hohe Intensität. Die Namensnennung erfolge bereits auf der Basis eines bloßen Verdachts eines Rechtsverstoßes. Eine öffentliche Namensnennung könne die betroffenen Unternehmen oder Marken irreparabel schädigen oder gar finanziell ruinieren. Auch sei aufgrund der großen Menge ungefilterter und ungewichteter Informationen zweifelhaft, ob die Regelung zur Erreichung ihres Zwecks überhaupt geeignet sei. Jedenfalls sei sie weder erforderlich noch angemessen. Es hätte eine Löschungsfrist in die Norm aufgenommen werden müssen. Die Regelung stehe auch außer Verhältnis zum verfolgten Ziel. Unter Berücksichtigung der Schwere der Grundrechtseingriffe seien die niedrigen und dazu noch unbestimmten Eingriffsschwellen eines zu erwartenden Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro (Nr. 2) oder einer auch geringfügigen Überschreitung der Grenzwerte fern jeglicher Gesundheitsgefahr (Nr. 1) nicht angemessen. Die Norm entspreche hinsichtlich beider Tatbestandsalternativen (Nr. 1 und Nr. 2) nicht den rechtsstaatlichen Geboten der Normenklarheit und Bestimmtheit.

16

6. Der Verein foodwatch e.V. bezweifelt, dass überhaupt in Grundrechte eingegriffen werde. Jedenfalls seien etwaige Grundrechtseingriffe zur Sicherstellung des öffentlichen Informationsbedürfnisses und zur Verhinderung weiterer Lebensmittel- und Futtermittelskandale gerechtfertigt. Eine Löschung der veröffentlichten Daten sei nicht geboten. Im Gegenteil sei eine unbefristete Veröffentlichung erforderlich. Auch die in der Vergangenheit liegenden Verstöße stellten eine für die Konsumentscheidung des Verbrauchers in Gegenwart und Zukunft wesentliche Tatsache dar. Gewahrt sei auch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Das Gewicht des (unterstellten) Eingriffs sei von vornherein gemildert. Denn den Anlass für den Grundrechtseingriff gäben die betroffenen Unternehmen selbst, indem sie lebensmittel- und futtermittelrechtliche Vorschriften missachteten. Bedenken bestünden im Hinblick auf die Bestimmtheit und Vollzugsfähigkeit der Bagatellschwelle einer zu erwartenden Buße von dreihundertfünfzig Euro. Die Bagatellschwelle sei aus Sicht des Vereins zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit allerdings gar nicht erforderlich.

IV.

17

Die Antragstellerin hat auf eine mündliche Verhandlung (§ 25 Abs. 1 BVerfGG) verzichtet.

B.

18

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.

I.

19

1. Dass das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch nach § 1 Abs. 3 LFGB auch der Umsetzung und Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union dient, steht der Überprüfung von § 40 Abs. 1a LFGB durch das Bundesverfassungsgericht am Maßstab des Grundgesetzes nicht entgegen.

20

§ 40 Abs. 1a LFGB beruht nicht auf zwingenden Vorgaben des Unionsrechts, sondern geht über diese hinaus und kann daher an den Grundrechten des Grundgesetzes gemessen werden (vgl. dazu BVerfGE 118, 79 <95 ff.>; 121, 1 <15>; 125, 260 <306 f.>; 129, 78 <90 f.>; 133, 127 <313>; 142, 74 <112 Rn. 115>; in Bezug auf Verordnungen BVerfGE 73, 339; 102, 147). Zwar verpflichtet Art. 10 BasisVO die Behörde, Maßnahmen zur Aufklärung der Öffentlichkeit zu ergreifen, wenn ein hinreichender Verdacht besteht, dass ein Lebensmittel oder Futtermittel ein Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier mit sich bringen kann; dem entspricht § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB. Die Veröffentlichungspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB geht hingegen deutlich weiter. Sie betrifft Verstöße gegen die dort genannten lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Vorschriften, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Gesundheitsrisiko vorliegt.

21

§ 40 Abs. 1a LFGB geht auch über die in Art. 7 KontrollVO getroffene Regelung hinaus. Art. 7 KontrollVO verpflichtet die zuständigen Behörden generell zu Transparenz und regelt den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Kontrolltätigkeit der zuständigen Behörden. Eine Verpflichtung und Ermächtigung zur unternehmensspezifisch individualisierten Information der Öffentlichkeit über Rechtsverstöße, wie sie der hier angegriffene § 40 Abs. 1a LFGB statuiert, enthält die Kontrollverordnung nicht.

22

2. Der Normenkontrolle steht auch nicht entgegen, dass teilweise angenommen wurde, das Unionsrecht regele die Öffentlichkeitsinformation hier abschließend und entfalte gegenüber weitergehenden mitgliedstaatlichen Informationsregelungen Sperrwirkung, so dass die Informationspflicht nach § 40 Abs. 1a LFGB nicht mit dem europäischen Sekundärrecht vereinbar sei (vgl. inzwischen aber EuGH, Urteil vom 11. April 2013, Rs. C-636/11, Berger, juris - zu § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 LFGB). Selbst wenn neben den verfassungsrechtlichen Bedenken weiterhin Zweifel an der Vereinbarkeit von § 40 Abs. 1a LFGB mit europäischem Sekundärrecht bestünden, könnte das Bundesverfassungsgericht unabhängig hiervon auf einen Normenkontrollantrag hin die Vereinbarkeit von § 40 Abs. 1a LFGB mit dem Grundgesetz überprüfen (vgl. entsprechend zur konkreten Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG BVerfGE 116, 202<214>; 129, 186 <203>).

II.

23

Die angegriffene Vorschrift ist in formeller Hinsicht mit der Verfassung vereinbar. Insbesondere besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Für die Regelung der Informationstätigkeit der Behörden im Bereich des Lebensmittel- und Futtermittelrechts hat der Bund das Recht der Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG. Die bundesrechtliche Regelung der Öffentlichkeitsinformation ist zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG (vgl. dazu BVerfGE 138, 136 <176 f. Rn. 109>), weil sie die Einheitlichkeit und Verständlichkeit der Information für ein bundesweites Marktgeschehen sichert. Eine solche Transparenz ist Voraussetzung für das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Informationen (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 13; 17/12299, S. 7).

III.

24

§ 40 Abs. 1a LFGB ist materiell verfassungswidrig. Die Vorschrift verstößt insoweit gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), als eine gesetzliche Regelung zur zeitlichen Begrenzung der Informationsverbreitung fehlt. Im Übrigen können und müssen unverhältnismäßige Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit durch verfassungskonforme Anwendung der Vorschrift vermieden werden.

25

1. Die Regelung ermächtigt und verpflichtet die zuständigen Behörden zu Eingriffen in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Die Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB sind an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, weil sie, als administrative Maßnahmen, direkt auf die Marktbedingungen individualisierter Unternehmen zielen, das Konsumverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinflussen und auf diese Weise mittelbar-faktisch die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern.

26

a) Art. 12 GG gewährt das Recht der freien Berufswahl und -ausübung und ist gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offensteht (vgl. BVerfGE 50, 290 <363>; 105, 252 <265>; stRspr).

27

Allerdings schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor bloßen Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Tätigkeit. In der bestehenden Wirtschaftsordnung umschließt das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG das berufsbezogene Verhalten der Unternehmen am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs. Marktteilnehmer haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder künftige Erwerbsmöglichkeiten. Vielmehr unterliegen die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Verhältnissen am Markt und damit nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen (vgl. BVerfGE 110, 274, 288 m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 98, 218 <258 f.>; 105, 252 <262>; 106, 275 <298 f.>). Regelungen, die die Wettbewerbssituation der Unternehmen lediglich im Wege faktisch-mittelbarer Auswirkungen beeinflussen, berühren den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGE 134, 204 <238> m.w.N.). Demgemäß ist nicht jedes staatliche Informationshandeln, das die Wettbewerbschancen von Unternehmen am Markt nachteilig verändert, ohne Weiteres als Grundrechtseingriff zu bewerten (vgl. BVerfGE 113, 63 <76>).

28

Die Grundrechtsbindung aus Art. 12 Abs. 1 GG besteht jedoch dann, wenn Normen, die zwar selbst die Berufstätigkeit nicht unmittelbar berühren, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent gleichkommen(vgl. BVerfGE 105, 252 <273>; 105, 279 <303>; 110, 177 <191>; 113, 63 <76>; 116, 135 <153>; 116, 202 <222>; 118, 1 <20>; s. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 2007 - 1 BvR 1031/07 -, juris, Rn. 32), die mittelbaren Folgen also kein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind (vgl. BVerfGE 106, 275 <299>; BVerfGE 116, 202 <222> m.w.N.). Das gilt auch für die Grundrechtsbindung des Staates bei amtlichem Informationshandeln. Die amtliche Information der Öffentlichkeit kann in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent jedenfalls dann gleichkommen, wenn sie direkt auf die Marktbedingungen konkret individualisierter Unternehmen zielt, indem sie die Grundlagen der Entscheidungen am Markt zweckgerichtet beeinflusst und so die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändert.

29

b) Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB berühren die Berufsfreiheit nicht unmittelbar, kommen einem Eingriff in die Berufsfreiheit aber in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung gleich und sind darum an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen. § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die Behörden, der Öffentlichkeit lebensmittel- und futtermittelrechtliche Verstöße von Unternehmen umfassend und in unternehmensspezifisch individualisierter Form mitzuteilen. Die umfassende Information der Verbraucher erfolgt zu dem Zweck, diese in die Lage zu versetzen, ihre Konsumentscheidung in Kenntnis der veröffentlichten Missstände zu treffen und gegebenenfalls vom Vertragsschluss mit den benannten Unternehmen abzusehen. Die Information zielt also direkt auf eine Veränderung der Marktbedingungen konkret adressierter Unternehmen. Diese Veränderungen sind für die betroffenen Unternehmen nicht bloßer Reflex einer nicht auf sie ausgerichteten gesetzlichen Regelung. Die informationellen Grundlagen von Konsumentscheidungen zu verändern, ist vielmehr der originäre Zweck der Regelung (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 2).

30

2. Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht vollständig zu rechtfertigen, weil § 40 Abs. 1a LFGB den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht in jeder Hinsicht genügt. Mit § 40 Abs. 1a LFGB werden legitime Zwecke verfolgt (a), denen eine potentiell hohe Grundrechtsbeeinträchtigung der betroffenen Unternehmen gegenüber steht (b). Die Informationsverbreitungist bei verfassungskonformer Anwendung des § 40 Abs. 1a LFGB geeignet (c) und erforderlich (d), die Zwecke der Regelung zu erreichen. Die Regelung ist im Grundsatz auch verhältnismäßig im engeren Sinne, bedarf aber zum Teil verfassungskonformer Anwendung; sie ist insofern verfassungswidrig, als es an einer zeitlichen Begrenzung der Informationsverbreitung fehlt (e).

31

a) Die Information der Öffentlichkeit über lebensmittel- und futtermittelrecht-liche Missstände dient legitimen Zwecken.

32

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll die Regelung vor allem eine hinreichende Grundlage für eigenverantwortliche Konsumentscheidungen der Verbraucher schaffen (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 2). Daneben wird die Funktion des § 40 Abs. 1a LFGB hervorgehoben, zur Einhaltung der Bestimmungen desLebensmittel- und Futtermittelrechts beizutragen. Der drohende Nachteil der Informationsverbreitung soll das einzelne Unternehmen dazu veranlassen, den Betrieb im Einklang mit den lebensmittel- oder futtermittelrechtlichen Vorschriften zu betreiben (vgl. BTDrucks 17/12299, S. 7). Das dient letztlich der Durchsetzung des allgemeinen Zwecks des Gesetzes, Gesundheitsgefahren vorzubeugen und abzuwehren und die Verbraucher vor Täuschung zu schützen (vgl. § 1 Abs. 1 LFGB).

33

Die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele sind legitim, aber von unterschiedlichem Gewicht. Sofern die Einhaltung solcher Vorschriften gefördert werden soll, die dem Schutz vor Gesundheitsgefahren dienen, hat dies größeres Gewicht (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) als etwa die bloße Verbraucherinformation über (behobene) Hygienemängel. Allerdings besitzen auch der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Täuschung und das Ziel, deren Wissensgrundlage für eigenverantwortliche Entscheidungen zu verbessern, verfassungsrechtliche Bedeutung. Dies stärkt jedenfalls deren Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG). Im Übrigen kann der Gesetzgeber in die Berufsfreiheit auch zugunsten solcher Ziele eingreifen, die zu verfolgen er nicht bereits durch das Grundgesetz gehalten ist (vgl. BVerfGE 134, 204 <224>).

34

b) Die mit der Information der Öffentlichkeit einhergehende Beeinträchtigung der betroffenen Unternehmen kann von großem Gewicht sein. Je nach technischer Ausgestaltung können die Informationen insbesondere durch die Veröffentlichung im Internet sehr weite Verbreitung finden (vgl. dazu bereits BVerfGE 104, 65 <72>). § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die Behörde zwar nicht ausdrücklich zur Publikation im Internet, schließt dies aber auch nicht aus. Tatsächlich erfolgte die Veröffentlichung über das Internet, bis die Länder den Vollzug von § 40 Abs. 1a LFGB angehalten haben. Diese weithin einsehbare und leicht zugängliche Veröffentlichung von teilweise nicht endgültig festgestellten, teilweise bereits behobenen Rechtsverstößen kann zu einem erheblichen Verlust des Ansehens des Unternehmens und zu Umsatzeinbußen führen, was im Einzelfall bis hin zur Existenzvernichtung reichen kann. Zwar wird ein betroffenes Unternehmen seinerseits öffentlichkeitsgerichtete Maßnahmen ergreifen können, um dem Ansehensverlust entgegenzuwirken. Dass und in welchem Umfang dies gelingt, ist jedoch nicht gewiss.

35

Dabei hängt das Maß des potentiellen Ansehensverlusts auch von der konkreten Darstellung der Information durch die Behörde ab. So kann die Beeinträchtigung der betroffenen Unternehmen etwa durch einen ausdrücklichen Hinweis abgemildert werden, dass die Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB nicht auf einer behördlichen Einschätzung des Risikos weiterer künftiger Verstöße beruht, die Information also nicht etwa als amtliche Warnung aufzufassen ist. Im Verhältnis zu konkurrierenden Unternehmen können Wettbewerbsnachteile begrenzt werden, wenn deutlich erkennbar ist, dass es sich womöglich nur um das Ergebnis stichprobenweise erfolgter Kontrollen handelt. Ohne negative Folgen wird die Veröffentlichung für die Betroffenen indessen kaum bleiben. Nach ihrem Regelungszweck soll sie auch durchaus negative Folgen entfalten, weil gerade hierauf die generalpräventive Wirkung der drohenden Veröffentlichung beruht.

36

Allerdings ist der potentiell gewichtige Grundrechtseingriff dadurch relativiert, dass die betroffenen Unternehmen negative Öffentlichkeitsinformationen durch rechtswidriges Verhalten selbst veranlassen, umgekehrt also den Eingriff durch rechtstreues Verhalten verhindern können, und dass ihr Fehlverhalten angesichts seiner Konsequenzen für die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Öffentlichkeitsbezug aufweist (vgl. Reimer, JöR n.F. 58 (2010), S. 275 <286>; Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), S. 20 <44>). Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von der namentlichen Internetveröffentlichung bei der Vergabe von Agrarsubventionen (vgl.EuGH, Urteil vom 9. November 2010, Rs. C-92/09 und C-93/09, Volker und Markus Schecke u.a./Land Hessen, juris, Rn. 67).

37

c) Die angegriffene Bestimmung ist zur Erreichung der damit verfolgten Zwecke geeignet. Eine gesetzliche Regelung ist bereits dann verfassungsrechtlich geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung ausreichend ist (vgl. BVerfGE 126, 112 <144>; stRspr).

38

aa) Nicht nur die Publikation anhaltender, sondern auch die Veröffentlichung bereits beseitigter Verstöße ist zur Zweckerreichung geeignet. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den generalpräventiven Zweck der Regelung. Die Publikation behobener Verstöße erhöht die abschreckende Wirkung der Informationsregelung und fördert damit die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften. Daneben dient die Veröffentlichung behobener Verstöße auch dem Ziel der Verbraucherinformation, weil auch Informationen über rechtsverletzendes Verhalten in der Vergangenheit für die Konsumentscheidung Bedeutung haben können.

39

bb) Der Gesetzgeber hat im Ergebnis auch hinreichend berücksichtigt, dass nur die Verbreitung richtiger Information zur Erreichung des Informationszwecks geeignet ist (vgl. BVerfGE 105, 252 <272>). Nach § 40 Abs. 4 LFGB ist die Behörde gegebenenfalls zur Richtigstellung verpflichtet. Zur Sicherstellung der Eignung müssen die Behörden bei der Rechtsanwendung allerdings von Verfassungs wegen weitere Vorkehrungen treffen, um die Richtigkeit der Information zu sichern und Fehlvorstellungen der Verbraucher zu vermeiden.

40

(1) Die zuständigen Behörden müssen die Information mit der Mitteilung verbinden, ob und wann ein Verstoß behoben wurde. Dies ist verfassungsrechtlich unerlässlich. Ansonsten wäre die Veröffentlichung des Verstoßes zur Erreichung des Informationsziels nicht geeignet, weil die Fehlvorstellung entstehen könnte, der Verstoß bestehe fort. Für die Verbraucherentscheidung wird es regelmäßig eine Rolle spielen, ob und wie schnell ein Verstoß abgestellt wurde.

41

Zwar sieht das Gesetz eine solche Mitteilung nicht ausdrücklich vor. Es steht ihr jedoch auch nicht entgegen. Die zuständigen Behörden haben die Regelung insoweit verfassungskonform anzuwenden. In der Vergangenheit wurden die der Behörde belassenen Gestaltungsspielräume bei der Darstellung der Publikumsinformation bereits für entsprechende Hinweise genutzt.

42

(2) Um zu verhindern, dass Informationen verbreitet werden, die nicht richtig und damit zur Erreichung der Gesetzeszwecke ungeeignet sind, darf außerdem von der nach § 40 Abs. 1a LFGB bestehenden Möglichkeit, die Öffentlichkeit bereits im Fall des hinreichend begründeten Verdachts eines Verstoßes zu informieren, nur unter strengen Voraussetzungen Gebrauch gemacht werden.

43

Im Grunde ist eine Einbeziehung von Verdachtsfällen in die Informationsregelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil dies zur Erreichung der Gesetzeszwecke unverzichtbar ist. Dürfte eine Veröffentlichung erst dann erfolgen, wenn ein Verstoß bestands- oder rechtskräftig festgestellt wäre, würde die Information der Öffentlichkeit durch die vielfach zu erwartende Einlegung von Rechtsbehelfen voraussichtlich häufig herausgezögert und die Informationsregelung damit um ihre Effektivität gebracht (vgl. Wollenschläger, VerwArch 102 (2011), S. 20 <32>, zu § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG a.F.). Um eigenverantwortliche Konsumentscheidungen treffen zu können, benötigen Verbraucherinnen und Verbraucher aktuelle Informationen. Eine möglicherweise um Jahre verzögerte Mitteilung über Rechtsverstöße ist zur Verbraucherinformation kaum noch geeignet.

44

Damit aber auch vor der bestandskräftigen Feststellung eines Verstoßes möglichst nur solche Informationen veröffentlicht werden, die sich auch nachträglich noch als richtig erweisen, sind an die Tatsachengrundlage des Verdachts von Verfassungs wegen hohe Anforderungen zu stellen. Dem wird § 40 Abs. 1a LFGB bei entsprechender Anwendung gerecht. § 40 Abs. 1a LFGB verlangt einen hinreichend begründeten Verdacht. Ein in tatsächlicher Hinsicht unaufgeklärter Verdacht der Behörde genügt nicht (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 20). Vielmehr muss der Verdacht nach dem Wortlaut der Vorschrift durch Tatsachen hinreichend begründet sein. Für den Fall von Proben ist dies im Gesetz dahingehend konkretisiert, dass sich der Verdacht auf mindestens zwei unabhängige Untersuchungen gründen muss. Der Gesetzgeber hat die Behörde insoweit praktisch zu einer abschließenden Ermittlung der Tatsachen verpflichtet. Hieran hat sich das Maß erforderlicher Tatsachenaufklärung auch für den Fall zu orientieren, dass dem Verdacht eines Verstoßes nicht durch Proben, sondern auf andere Weise, etwa durch Betriebskontrollen, nachgegangen wird. Auch dann müssen die den Verdacht begründenden Tatsachen aus Sicht der Behörde aufgeklärt und in den Überwachungsergebnissen entsprechend dokumentiert sein.

45

Unter welchen Voraussetzungen die Öffentlichkeit in Fällen einer Gesundheitsgefahr auch dann schon informiert werden darf und muss, wenn die Tatsachen aus Sicht der Behörde noch nicht aufgeklärt sind, ist keine Frage der Anwendung des § 40 Abs. 1a LFGB, sondern bestimmt sich insbesondere nach § 40 Abs. 1 Satz 1 LFGB.

46

(3) Inwiefern Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB praktisch zu einer gehaltvollen Information der Öffentlichkeit taugen, hängt maßgeblich davon ab, wie die zuständigen Behörden die Informationen aufbereiten und darstellen (vgl. nur Bäcker, JZ 2016, S. 595 <601>). Das Gesetz lässt für eine geeignete Gestaltung hinreichend Spielraum.

47

d) Die Regelung ist erforderlich. Eine staatliche Maßnahme darf nicht über das zur Verfolgung ihres Zwecks erforderliche Maß hinaus- und nicht weitergehen, als der mit ihr intendierte Schutzzweck reicht (vgl. BVerfGE 79, 179 <198>; 100, 226 <241>; 110, 1 <28>). An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn dem Normgeber ein gleich wirksames, aber für den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastendes Mittel zur Erreichung des Ziels zur Verfügung steht (vgl. BVerfGE 113, 167 <259>; 135, 90 <118>; stRspr). Gegen die Erforderlichkeit spricht hier insbesondere nicht, dass kein sogenanntes Selbsteintrittsrecht der Unternehmen gewährt ist, wie es nach § 40 Abs. 2 Satz 1 LFGB nur bezüglich Absatz 1, nicht aber bezüglich des hier streitigen Absatzes 1a vorgesehen ist. Ein Selbsteintrittsrecht wäre zwar ein milderes Mittel als die behördliche Information, wäre aber nicht ebenso effektiv. Insbesondere birgt es die Gefahr lückenhafter Verbraucherinformation (vgl. BTDrucks 17/7374, S. 20).

48

e) Im Ergebnis verstößt § 40 Abs. 1a LFGB gegen Art. 12 Abs. 1 GG, weil die Vorschrift mangels Befristung der Veröffentlichung unverhältnismäßig im engeren Sinne ist. Zwar hat der Gesetzgeber im Grundsatz eine verfassungsrechtlich vertretbare Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen (aa). Durch verfassungskonforme Anwendung der Regelung lässt sich auch sicherstellen, dass nur über Verstöße von hinreichendem Gewicht informiert wird (bb). Indessen fehlt es an einer gesetzlichen Regelung über die zeitliche Befristung der Veröffentlichung, die zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne geboten ist (cc).

49

aa) Im Grunde hat der Gesetzgeber mit § 40 Abs. 1a LFGB eine verfassungsrechtlich vertretbare Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt, dass die Schwere der gesetzgeberischen Grundrechtsbeschränkung bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe steht. Dabei ist ein angemessener Ausgleich zwischen dem Eingriffsgewicht der Regelung und dem verfolgten gesetzgeberischen Ziel sowie der zu erwartenden Zielerreichung herzustellen (vgl. nur BVerfGE 133, 277 <322> m.w.N.; stRspr). Die angegriffene Regelung verfolgt wichtige Ziele (oben a). Im Grundsatz ist es angemessen, die Interessen der Unternehmen im Fall eines im Raum stehenden Rechtsverstoßes hinter die Schutz- und Informationsinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher zurücktreten zu lassen. Dass die Rechtsverstöße nicht notwendig mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sind, steht dem nicht entgegen, weil auch der Schutz vor Täuschung und der Nichteinhaltung hygienischer Anforderungen und die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen legitime Zwecke des Verbraucherschutzes sind.

50

bb) Im Ergebnis stehen die mit der Regelung einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen auch nicht deshalb außer Verhältnis zu den Zwecken des Gesetzes, weil sich die Veröffentlichungspflicht nicht auf den Verstoß gegen kataloghaft herausgehobene Tatbestände beschränkt und der Behörde kein Ermessen eingeräumt ist, das sie nutzen könnte, um die Veröffentlichung auf hinreichend gewichtige Fälle zu beschränken.Die Regelung knüpft die Veröffentlichungspflicht an Tatbestandsvoraussetzungen, die so angewendet werden können und müssen, dass nur über Verstöße von hinreichendem Gewicht informiert wird.

51

(1) Nach § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB erfolgt eine Veröffentlichung, wenn der Verdacht besteht, dass in Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes festgelegte zulässige Grenzwerte, Höchstgehalte oder Höchstmengen überschritten wurden. Danach wird nicht jegliche Abweichung veröffentlicht, sondern es wird nur über solche Abweichungen informiert, die die in diesen Werten bereits enthaltenen Erheblichkeitsschwellen überschreiten. Dass dann aber schon eine geringe Überschreitung die Rechtsfolge auslöst, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, sondern liegt in der Natur von Grenz- und Höchstwerten.

52

(2) § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB verpflichtet in der ersten Alternative zur Veröffentlichung, wenn der Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist. Auch insoweit verletzt die Vorschrift nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil sie die Information der Öffentlichkeit an hinreichend gewichtige Voraussetzungen knüpft.

53

Zwar wird zum Teil bezweifelt, dass die Schwelle mit der zu erwartenden Bußgeldhöhe von mindestens dreihundertfünfzig Euro bestimmt und hoch genug gesetzt ist, um Bagatellfälle zuverlässig ausschließen zu können. Das steht der Verhältnismäßigkeit einer Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB in der ersten Alternative jedoch schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dieser - verfassungsrechtlich zweifelsfrei hinreichend bestimmten - Schwelle lediglich um eine von zwei kumulativ geforderten Erheblichkeitsvoraussetzungen handelt.

54

Neben der Bußgelderwartung muss der Verstoß von nicht nur unerheblichem Ausmaß sein. Dem kommt für die verfassungskonforme Anwendung der Regelung entscheidende Bedeutung zu. Der unbestimmte Rechtsbegriff des "nicht nur unerheblichen Ausmaßes" ist durch die zuständigen Behörden, im Klagefall auch durch die Verwaltungsgerichte, anhand von quantitativen und qualitativen Kriterien zu konkretisieren. Dabei können nur solche Verstöße als erheblich gelten, die von hinreichendem Gewicht sind, um für die betroffenen Unternehmen potentiell gravierende Folgen zu rechtfertigen. So geht etwa die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme davon aus, ein nicht nur unerhebliches Ausmaß sei dann anzunehmen, wenn es sich um einen Verstoß mit besonders nachteiligen Folgen für den einzelnen Verbraucher handele oder eine Vielzahl von Verbrauchern betroffen sei. Entsprechende Konkretisierungen finden sich in Erlassen der Landesministerien zu § 40 Abs. 1a LFGB. Dass der Gesetzgeber insoweit nicht selbst konkretere Vorgaben für die Bewertung des Verstoßes gemacht hat, sondern die Konkretisierung den Behörden und Gerichten überlässt, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

55

(3) § 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB verpflichtet in der zweiten Alternative zur Veröffentlichung, wenn der Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes wiederholt verstoßen wurde und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten ist. Auch insoweit ist die Regelung mit dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne vereinbar. Zwar setzt die Veröffentlichung hier nicht voraus, dass gegen die Vorschriften in nicht nur unerheblichem Ausmaß verstoßen wurde. Es muss jedoch mehrfach verstoßen worden sein. Die Öffentlichkeit über wiederholte Verstöße zu informieren, auch wenn diese für sich genommen jeweils von geringerem Ausmaß sein können als in der ersten Tatbestandsalternative, ist zur Erreichung der Zwecke des § 40 Abs. 1a LFGB angemessen. Verstößt ein Unternehmen zum wiederholten Male gegen die Vorschriften im Anwendungsbereich des Gesetzes, deutet dies darauf hin, dass es nicht bereit oder nicht in der Lage ist, diesen rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Dies kann für die Konsumentscheidung von Bedeutung sein. Vor allem aber lässt sich mit der Veröffentlichung wiederholter, wenn auch geringerer Verstöße verhindern, dass Unternehmen weniger gewichtige Vorschriften generell ignorieren und sich damit nicht zuletzt einen Vorteil gegenüber jenen Unternehmen verschaffen, die sich konsequent um die Einhaltung aller Vorschriften bemühen. Indessen lässt sich durch die zusätzliche Voraussetzung, dass die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens dreihundertfünfzig Euro zu erwarten sein muss, sichern, dass nicht schon jede Wiederholung des geringsten Verstoßes zur Information der Öffentlichkeit führt, zumal insoweit mit dem Erfordernis des Verschuldens als Voraussetzung einer vermuteten Ordnungswidrigkeit ein weiteres Korrektiv zum Tragen kommt.

56

cc) Unverhältnismäßig im engeren Sinne ist die Regelung jedoch insofern, als eine zeitliche Begrenzung der Informationsverbreitung im Gesetz fehlt (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 9 S 2423/12 -, juris, Rn. 24; BayVGH, Beschluss vom 18. März 2013 - 9 CE 13.80 -, juris, Rn. 18; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 13 ME 18/13 -, juris, Rn. 6; Hessischer VGH, Beschluss vom 23. April 2013 - 8 B 28/13 -, juris, Rn. 7; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013 - 13 B 192/13 -, juris, Rn. 21 ff.).

57

(1) Die mit der Regelung einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigungen geraten mit der Dauer der Veröffentlichung außer Verhältnis zu den mit der Veröffentlichung erreichbaren Zwecken. Je länger die Verbreitung andauert, umso größer wird die Diskrepanz zwischen der über die Zeit steigenden Gesamtbelastung des Unternehmens einerseits und dem abnehmenden Wert der Information für die Verbraucherinnen und Verbraucher andererseits und umso weniger ist den Betroffenen die Veröffentlichung zuzumuten.

58

Je weiter der Verstoß zeitlich entfernt ist, desto geringer ist auf der einen Seite noch der objektive Informationswert seiner Verbreitung, weil sich vom Verstoß in der Vergangenheit objektiv immer weniger auf die aktuelle Situation des betroffenen Unternehmens schließen lässt. Je länger eine für das Unternehmen negative Information in der Öffentlichkeit verbreitet wird, desto größer ist auf der anderen Seite dessen Belastung, weil umso mehr Verbraucherinnen und Verbraucher im Laufe der Zeit von dieser Information zuungunsten des Unternehmens beeinflusst werden können. Zwar wird auch aus deren Sicht die Bedeutung einer Information mit zunehmender Verbreitungsdauer und zunehmendem Abstand von dem die Informationspflicht auslösenden Rechtsverstoß regelmäßig sinken. Es kann jedoch nicht erwartet werden, dass alte Einträge immer zuverlässig als weniger relevant wahrgenommen werden. Vor allem aber änderte auch ein mit der Zeit sinkender Einfluss auf das Konsumverhalten nichts daran, dass noch lange Zeit nach dem eigentlichen Vorfall, wenn auch in abnehmender Zahl, Verbraucherinnen und Verbraucher von dieser Information zum Nachteil des Unternehmens beeinflusst werden. Eine zeitliche Begrenzung der Veröffentlichung ist daher verfassungsrechtlich geboten.

59

(2) Dem steht nicht entgegen, dass eine zeitliche Begrenzung im Fall der Verbreitung im Internet nicht vollständig realisiert werden könnte. Auf der Internetseite der veröffentlichenden Behörde kann der Inhalt der Veröffentlichung im Unterschied zu einer gedruckten Veröffentlichung nachträglich mit Hinweisen versehen, gelöscht oder auf sonstige Weise modifiziert werden. Soweit darüber hinaus eine zeitlich kaum begrenzte Zugriffsmöglichkeit vermittels des sogenannten "Caches" einer Suchmaschine oder sonstiger Archive besteht, lässt sich immerhin aus der äußeren Gestaltung ersehen, dass es sich nicht mehr um eine aktuelle und offizielle Information durch die Behörde handelt. Eine Zusammenstellung früherer Bekanntmachungen durch Dritte wäre im Übrigen auch im Fall einer gedruckten Veröffentlichung nicht auszuschließen und unterliegt eigenen Rechtmäßigkeitsanforderungen. Vor allem aber ändert der Umstand, dass sich die einmal im Internet verbreiteten Informationen möglicherweise nicht vollständig aus der Öffentlichkeit zurückholen lassen, nichts daran, dass eine zeitliche Begrenzung der unmittelbaren Verbreitung die Belastung abmildert und darum zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit geboten ist.

60

(3) In der Vergangenheit wurden entsprechende Vollzugshinweise durch die Landesregierungen bereits in Erlassen erteilt. Dabei wurde die Veröffentlichungsdauer auf längstens zwölf Monate begrenzt. Die zeitliche Begrenzung muss jedoch durch Gesetz geregelt werden und kann nicht allein durch Behördenpraxis oder Rechtsprechung erfolgen (entsprechend zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung BVerfGE 65, 1 <46>; 128, 1 <55 und 56>; 141, 220 <285 f. Rn. 144>; stRspr). Für die konkrete Ausgestaltung der Befristung sind unterschiedliche, jeweils bedeutende Belange und Parameter zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Das ist gesetzlicher Regelung vorbehalten. Eine hinreichend konkrete gesetzliche Befristung findet sich weder in § 39 Abs. 2 LFGB, noch lässt sie sich durch, allenfalls analog anwendbare, Löschungserfordernisse des Datenschutzrechts gewinnen.

61

(4) Der Bundesgesetzgeber hätte die Befristung selbst regeln müssen. Er besitzt für die zeitliche Begrenzung der Informationsverbreitung eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz, die auch insoweit aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG folgt. Selbst wenn die Länder die erforderliche zeitliche Begrenzung ebenfalls gesetzlich regeln dürften, waren sie hierzu jedenfalls nicht verpflichtet. Der Bundesgesetzgeber hat in § 40 Abs. 1a LFGB eine im Grunde vollständige Regelung getroffen, die auf direkte Anwendung zielt, jedoch mangels Befristungsvorschrift an einem verfassungsrechtlichen Mangel leidet. Diesen zu beheben, liegt in seiner Regelungskompetenz, von der er selbst hätte Gebrauch machen müssen.

IV.

62

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung tritt hinter Art. 12 Abs. 1 GG zurück, weil der Schutz von Unternehmen im Wettbewerb hier von der sachlich spezielleren Grundrechtsnorm des Art. 12 Abs. 1 GG vollständig erfasst wird (vgl. BVerfGE 105, 252 <279> m.w.N.).

C.

63

Danach ist § 40 Abs. 1a LFGB insoweit mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar, als die Information der Öffentlichkeit nicht gesetzlich befristet ist. Dies führt hier nicht gemäß § 78 Satz 1 BVerfGG zur Nichtigkeit der angegriffenen Vorschrift (vgl. BVerfGE 114, 1 <70>; 115, 277 <317>; 127, 87 <131 f.>; 128, 157 <192 f.>), weil § 40 Abs. 1a LFGB verfassungsrechtlichen Schutzaufträgen dient (oben B III 2 a), die gegenüber der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit überwiegen, die Öffentlichkeitsinformation durch Gesetz zu befristen (vgl. BVerfGE 127, 293 <333 f.> m.w.N.), zumal in der Rechtsanwendung ohnehin schon zeitliche Begrenzungen erfolgt sind.

64

Zur Abwendung der Nichtigkeit der Regelung obliegt es dem Gesetzgeber, bis zum 30. April 2019 die Dauer der Veröffentlichung zu regeln. § 40 Abs. 1a LFGB ist bis zu einer solchen Neuregelung, längstens aber bis zum 30. April 2019 anzuwenden. Aufgrund der bisherigen Behördenpraxis, die Veröffentlichung auf höchstens zwölf Monate zu befristen, ist zu erwarten, dass die zuständigen Behörden § 40 Abs. 1a LFGB in der Übergangszeit im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen anwenden werden (vgl. BVerfGE 127, 88 <132>).

65

Vom Befristungserfordernis abgesehen ist eine verfassungskonforme Anwendung der angegriffenen Regelung möglich, ohne dass es einer Nachbesserung durch den Gesetzgeber bedarf. Dazu müssen die zuständigen Behörden insbesondere strenge Anforderungen an die tatsächlichen Grundlagen des Verdachts eines Verstoßes im Sinne des § 40 Abs. 1a LFGB stellen und bei der Anwendung des Tatbestandsmerkmals des nicht nur unerheblichen Ausmaßes des Verstoßes (§ 40 Abs. 1a Nr. 2 LFGB) dafür Sorge tragen, dass der Verstoß von hinreichendem Gewicht ist.

(1) Die informationspflichtige Stelle kann den Informationszugang durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnen. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs begehrt, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Die informationspflichtige Stelle kann Informationen, zu denen Zugang zu gewähren ist, auch unabhängig von einem Antrag nach § 4 Absatz 1 über das Internet oder in sonstiger öffentlich zugänglicher Weise zugänglich machen; § 5 Absatz 1 gilt entsprechend. Die Informationen sollen für die Verbraucherinnen und Verbraucher verständlich dargestellt werden.

(2) Soweit der informationspflichtigen Stelle keine Erkenntnisse über im Antrag nach § 4 Absatz 1 begehrte Informationen vorliegen, leitet sie den Antrag, soweit ihr dies bekannt und möglich ist, von Amts wegen an die Stelle weiter, der die Informationen vorliegen, und unterrichtet den Antragsteller über die Weiterleitung.

(3) Die informationspflichtige Stelle ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Informationen zu überprüfen, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten handelt. Der informationspflichtigen Stelle bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit sind mitzuteilen.

(4) Stellen sich die von der informationspflichtigen Stelle zugänglich gemachten Informationen im Nachhinein als falsch oder die zugrunde liegenden Umstände als unrichtig wiedergegeben heraus, so ist dies unverzüglich richtig zu stellen, sofern der oder die Dritte dies beantragt oder dies zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist. Die Richtigstellung soll in derselben Weise erfolgen, in der die Information zugänglich gemacht wurde.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, die Geflügel schlachtet und verarbeitet, wendet sich gegen den dem Beigeladenen gewährten Zugang zu Informationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) betreffend ihr Unternehmen.

Der Beigeladene, der sich in der Justizvollzugsanstalt F. in Sicherungsverwahrung befindet, beantragte mit Schreiben vom 8. April 2014, eingegangen am 10. April 2014, beim Landratsamt Straubing-Bogen Zugang zu den seit dem 2. September 2012 angefallenen Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG betreffend das Unternehmen der Klägerin.

Hierzu wurde die Klägerin mit Schreiben vom 17. April 2014 angehört, worauf sie unter dem 15. Mai 2014 Stellung nahm.

Mit Bescheid vom 5. Juni 2014 gab das Landratsamt Straubing-Bogen dem Antrag auf Informationszugang statt. Die Entscheidung wurde gegenüber der Klägerin mit Schreiben gleichen Datums näher begründet.

Gegen den ihr am 10. Juni 2014 zugestellten Bescheid ließ die Klägerin zunächst Widerspruch einlegen.

Mit am 7. Juli 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schriftsatz ließ die Klägerin Klage erheben und die Aufhebung des Bescheides vom 5. Juni 2014 beantragen.

Mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Niederbayern vom 23. Oktober 2014 wurde der Widerspruch der Klägerin als unzulässig zurückgewiesen.

Daraufhin ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2014 beantragen, den Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2014 aufzuheben und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Mit Urteil vom 9. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Durchführung eines Vorverfahrens vor Klageerhebung habe es nicht bedurft. An der Rechtsauffassung, dass aus § 5 Abs. 5 Satz 1 VIG die Notwendigkeit eines Vorverfahrens folge, werde nicht festgehalten. Die Klage sei jedoch unbegründet, da dem Beigeladenen ein Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG zustehe. Der Antrag genüge dem Bestimmtheitserfordernis des § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG, zumal ein Antragsteller im Voraus nicht wissen könne, welche konkreten Informationen bei der auskunftspflichtigen Stelle vorlägen. Deshalb müsse es ausreichen, wenn ein Antragsteller sein Informationsbegehren auf eine Datengruppe im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 VIG eingrenze. Bei den Informationen, die der Beklagte an den Beigeladenen herauszugeben beabsichtige, handle es sich um festgestellte, nicht zulässige Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Anforderungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1a VIG. Eine Abweichung in diesem Sinn liege schon dann vor, wenn ein Vorgang nicht mit den lebensmittelrechtlichen Vorschriften im Einklang stehe. Dementsprechend müsse es schon ausreichen, dass die Behörde unzulässige Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Vorschriften festgestellt habe. Es reiche jedoch nicht bereits eine Abweichung eines Untersuchungsergebnisses von Rechtsvorschriften im Sinne einer auf naturwissenschaftlich-analytischen Erkenntnissen beruhenden Abweichung (sog. „Beanstandung“) aus, vielmehr bedürfe diese naturwissenschaftlich-analytische Feststellung darüber hinaus noch einer juristisch-wertenden Einordnung durch die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde. Die Informationen, die der Beklagte an den Beigeladenen herausgeben wolle, unterfielen nach den vom Landratsamt gegebenen abstrakten Beschreibungen dem Begriff der „nicht zulässigen Abweichungen“. Die von der Behörde festgestellte „nicht zulässige Abweichung“ müsse auch keinen Produktbezug aufweisen. Der Beigeladene gehöre auch zum berechtigten Personenkreis. Zwar gehe § 1 VIG im Einleitungssatz davon aus, dass das VIG „Verbraucherinnen und Verbrauchern“ freien Informationszugang einräumen wolle. Gleichwohl sei es nicht gerechtfertigt, nur Verbraucherinnen und Verbraucher im Sinne des § 3 Nr. 4 LFGB, also Endverbraucher nach Art. 3 Nr. 18 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vom 28. Januar 2002, als anspruchsberechtigt anzusehen. Es erscheine auch nicht gerechtfertigt, den Anspruch auf mögliche Käufer oder auf solche Personen einzuschränken, die tatsächlich die Möglichkeit hätten, Produkte des fraglichen Unternehmens zu erwerben. Dem Anspruch stünden auch keine öffentlichen oder privaten Belange entgegen. Informationen über nicht zulässige Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Anforderungen dürften nicht unter Berufung auf das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden. Es handle sich auch nicht um einen rechtsmissbräuchlichen Antrag. Auch könne es dem Beigeladenen nicht verwehrt werden, zutreffende Informationen seinerseits an Dritte weiterzugeben. Gleichwohl stehe es der Klägerin ohne weiteres offen, bei verkürzter, verfälschter oder in sonstiger Weise manipulierter Weitergabe der Informationen durch den Beigeladenen zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Es bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Informationserteilung. Zum Ausgleich der kollidierenden Schutzinteressen des betroffenen Unternehmens einerseits und der Informationsfreiheit andererseits im Sinne praktischer Konkordanz sei eine informationspflichtige Stelle nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VIG dazu verpflichtet, dem Antragsteller bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit der Information mit der Informationsgewährung mitzuteilen. Durch die Zugänglichmachung der beantragten Informationen verstoße der Beklagte auch nicht gegen Europarecht. Insbesondere verbiete Art. 10 VO (EG) Nr. 178/2002 nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht die Öffentlichkeitsinformation außerhalb seines Anwendungsbereichs, wenn also keine Gesundheitsgefahr gegeben sei. Im Übrigen werde durch die Ausschluss- oder Beschränkungsmöglichkeit in § 3 VIG den Geheimhaltungspflichten nach Art. 7 Kontroll-VO Rechnung getragen.

Am 15. September 2015 ließ die Klägerin die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung einlegen, die mit Schriftsatz vom 19. November 2015 begründet wurde.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Juli 2015, zugestellt am 19. August 2015, Az. RN 5 K 14.1110 den Bescheid des Landratsamtes Straubing-Bogen vom 5. Juni 2014 aufzuheben.

Dem Beigeladenen stehe kein Anspruch auf Informationszugang zu. Es fehle bereits an einer verfassungskonformen Ermächtigungsgrundlage. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ermögliche unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte der Unternehmen. Die erlangten Informationen würden von den Antragstellern im Internet oder in der Presse unter Verweis auf amtliche Information, in der Regel unter Vorlage von amtlichen Dokumenten, veröffentlicht. Erschwerend komme hinzu, dass die Behörde die Informationen durch deren Herausgabe endgültig aus der Hand gebe. Sie könne diese weder zurückrufen noch wirksam richtigstellen. Auch sei der Schutzbereich des Art. 14 GG in der Ausgestaltung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eindeutig betroffen. Das Gleiche gelte für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG erfülle nicht die an die Normklarheit gestellten Anforderungen. Unter welchen Voraussetzungen von einer unzulässigen Abweichung auszugehen sei, habe der Gesetzgeber nicht normiert. Danach bestehe die Möglichkeit, auch in den Fällen, wo die zuständige Vollzugsbehörde keine Veranlassung zum Einschreiten sehe, weil die Beanstandung geringfügig sei oder der Mangel sofort nach dem entsprechenden Hinweis der Überwachungsbehörde beseitigt werde oder aus objektiver Sicht gar kein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen vorliege, Auskunft zu erteilen. Dies führe zu unumkehrbaren wirtschaftlichen oder sogar existenzgefährdenden Folgen. Bejahe die informationspflichtige Stelle unzutreffend eine Abweichung, könne sich der Betroffene auch nicht auf den Ausschlussgrund des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen. Dabei werde in Kauf genommen, dass die entsprechenden Informationen auch der Konkurrenz bekannt würden und dem Betroffenen ein wettbewerbsrechtlicher existenzgefährdender Nachteil entstehe. Durch den Austausch des Wortes „Verstöße“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG a.F. durch „nicht zulässige Abweichungen“ in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG n.F. sei keine Klarstellung erfolgt. Die Gesetzesbegründung spreche jedenfalls nicht zwingend dafür, dass sich der Auskunftsanspruch auch auf nicht in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren rechtskräftig festgestellte Verstöße erstrecken solle. Staatliche Informationen müssten des Weiteren den Anforderungen der inhaltlichen Richtigkeit genügen. Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VIG sei die informationspflichtige Stelle nicht einmal dazu verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Informationen zu überprüfen, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten handele. Zudem stünden dem geltend gemachten Anspruch europarechtliche Vorschriften entgegen. Der Europäische Gerichtshof habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei einer Information der Öffentlichkeit durch die nationalen Behörden zwingend die Vorgaben des Art. 7 Kontroll-VO zu beachten seien. Für andere als die dort genannten Informationen bestehe aber kein Zugang für die Öffentlichkeit, diese unterlägen vielmehr der Geheimhaltungspflicht. Außerhalb des Art. 10 der VO (EG) 178/2002 sei damit eine öffentliche Information darüber, dass Betriebskontrollen durchgeführt und Beanstandungen ausgesprochen worden seien, nicht zulässig. Im Gegensatz dazu könne nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG der Zugang zu Informationen in keinem Fall wegen entgegenstehender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt werden. Das Verwaltungsgericht habe auch die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch des Beigeladenen fehlerhaft bejaht. Die im Protokoll des Landratsamtes vom 28. Februar 2014 aufgeführten „Beanstandungen“ unterfielen nicht dem Informationsanspruch. Dort seien keine Anordnungen gegenüber der Klägerin getroffen, sondern lediglich die bei der Betriebskontrolle festgestellten Zustände festgehalten worden. Es handele sich um eine Momentaufnahme, die keine Beurteilung darüber zulasse, ob regelmäßig die erforderlichen Reinigungs- und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt würden. Im Zeitpunkt der Erstellung der Protokolle der Betriebskontrollen seien die meisten der dort aufgeführten „Beanstandungen“ bereits erledigt. Die juristische Bewertung werde erst im Rahmen der Anordnung zur Mängelbeseitigung durchgeführt, weshalb nur der Inhalt derselben vom Auskunftsanspruch umfasst werde. Ein Antrag auf Informationszugang sowie die zu gewährende Auskunft müssten auch auf ein bestimmtes Erzeugnis oder bestimmte Erzeugnisse konkretisiert sein. Allgemeine Hygieneinformationen sowie die Ergebnisse durchgeführter Betriebskontrollen fielen nicht in den Anwendungsbereich der Norm, was der Gesetzgeber durch § 1 VIG n.F. deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Der Beigeladene sei kein Verbraucher im Sinne der lebensmittelrechtlichen Vorschriften, insbesondere des § 3 Nr. 4 LFGB i.V.m. Art. 3 Nr. 18 der VO (EG) Nr. 178/2002, weil der Begriff des Verbrauchers durch die Verwendung des Produkts gekennzeichnet sei. Der Beigeladene verwende die Produkte der Klägerin nicht und könne aufgrund seiner Unterbringung in der Sicherungsverwahrung die Auswahl zwischen verschiedenen Produkten von verschiedenen Herstellern naturgemäß nicht treffen. Es gehe ihm vor allem nicht darum, Informationen für eine Kaufentscheidung zu erhalten, da er eine solche schon längst im Hinblick auf die Produkte der Marke getroffen habe, was aus den auf seiner Internetseite veröffentlichten Beiträgen hervorgehe. Der Beigeladene bemühe sich, einen Verein zur Wahrung der Tierrechte, der seit längerem eine Kampagne gegen Unternehmen der Klägerin führe, mit den entsprechenden Informationen zu versorgen. Daraus folge als eigentlicher Zweck des streitgegenständlichen Auskunftsbegehrens das Erlangen von skandalverdächtigen Informationen zum Zwecke der Versorgung der unterstützten Organisation oder Veröffentlichung im Internet und damit der Schädigung der Klägerin. Deshalb sei der streitgegenständliche Informationsantrag auch rechtsmissbräuchlich. Auch die Argumentation, dass der Klägerin im Falle einer manipulierten Weitergabe der erhaltenen Informationen unter Umständen zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zustünden, verfange nicht. Dabei bleibe unberücksichtigt, dass die einmal im Netz erfolgte Veröffentlichung und damit einhergehende Rufschädigung durch die nachträgliche Geltendmachung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen nicht beseitigt werden könne. Da den streitgegenständlichen Informationen jeglicher Produktbezug fehle, unterlägen diese dem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, wenn nicht positiv feststehe, dass die hergestellten Erzeugnisse im Rahmen des Produktionsprozesses nachteilig beeinflusst worden seien. Zu den Geschäftsgeheimnissen gehöre auch der Name des Herstellers, wenn die von dem Erzeugnis ausgehende Gefahr oder die Verantwortlichkeit des Herstellers nicht abschließend geklärt sei.

Für den Beklagten beantragt die Landesanwaltschaft Bayern,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe in seinen Urteilsgründen zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Informationsgewährung vorlägen. Es sei von einem zutreffenden Begriff der Abweichung im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG ausgegangen. Eine Abweichung sei stets dann gegeben, wenn ein Vorgang nicht mit den genannten Vorschriften im Einklang stehe. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Informationen nicht nur um ein Protokoll einer Betriebskontrolle bzw. nur um Verschmutzungen oder Verschleißerscheinungen im normalen Betrieb handele. Ein Produktbezug der Informationen sei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht erforderlich. Zu Recht sei auch der persönliche Anwendungsbereich des VIG unter Verweis auf § 2 Abs. 1 VIG bejaht worden. Es handele sich vorliegend auch um keinen rechtsmissbräuchlichen Antrag. Überdies diene die Regelung nur dem öffentlichen Interesse. Es liege kein der Informationsgewährung entgegenstehendes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vor. Vorliegend sollten ausschließlich Informationen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 VIG herausgegeben werden. Der Zugang hierzu könne nicht unter Berufung auf das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen seien zu anderen Vorschriften ergangen und daher auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Die verfassungsrechtlichen Einwendungen könnten ebenfalls nicht überzeugen. Gleiches gelte für die europarechtliche Argumentation.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Gerichts- und Behördenakten, auf die Akte des Berufungsverfahrens sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Juli 2015 ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sie zwar zulässig ist, der angefochtene Bescheid des Landratsamtes Straubing-Bogen vom 5. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Niederbayern vom 23. Oktober 2014 aber rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere steht der Klägerin die erforderliche Klagebefugnis zu. Der von ihr geltend gemachte Abwehranspruch gegen die vom Beklagten beabsichtigte Informationsgewährung folgt einfach-gesetzlich aus der drittschützenden Norm des § 3 Satz 1 Nr. 2 c) VIG, welche dem Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses dient. Das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis gehört zu den privaten Belangen, die einen Informationszugang nach § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG ausschließen oder beschränken können (Heinicke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band II C 114, Stand April 2015, § 3 VIG Rn. 3 ff., 20, 26 ff.). Im Übrigen folgt die Klagebefugnis eines Unternehmers wie der Klägerin gegen staatliche Informationstätigkeit, die sich nachteilig auf den Marktanteil oder die Chancen im Wettbewerb auswirken kann, auch aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 GG (BVerwG, U.v. 18.4.1985 - 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183, juris Rn. 35 ff.; U.v. 18.10.1999 - 3 C 2.88 - BVerwGE 87, 37, juris Rn. 55; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 42 Rn. 134 m.w.N.).

2. Nicht entscheidungserheblich ist die Rechtsfrage, ob die Klägerin unmittelbar Klage erheben konnte oder ob es nach § 5 Abs. 5 Satz 1 VIG auch in diesem Falle, in dem eine bayerische Landesbehörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, eines Vorverfahrens i.S.d. §§ 68 ff. VwGO bedurfte. Zwar würde nach Art. 15 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO eine bundes- oder landesrechtliche Regelung, nach der vor Erhebung der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage in allen Fällen ein Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO durchzuführen wäre, dem Ausschluss des Vorverfahrens gegen Verwaltungsakte bayerischer Behörden nach Art. 15 Abs. 2 AGVwGO i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorgehen. Ob § 5 Abs. 5 Satz 1 VIG eine solche spezialgesetzliche Anordnung des obligatorischen Vorverfahrens darstellt, braucht jedoch nicht entschieden zu werden, denn die Klägerin hat innerhalb der Frist nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO Widerspruch eingelegt. Wenngleich ein offensichtlich unzulässiger, weil unstatthafter Widerspruch nicht den Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsaktes hindern würde (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 68 Rn. 16), ist der streitgegenständliche Bescheid nicht bestandskräftig geworden. Denn die Klägerin hat den Ausgang des Widerspruchsverfahrens nicht abgewartet, sondern innerhalb noch offener Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) auch Klage erhoben. Diese war jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach dem Rechtsgedanken des § 75 VwGO auch zulässig (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 75 Rn. 6 ff., insb. 11 m.w.N.). Die Frage der Statthaftigkeit eines Vorverfahrens, das nur in den hier nicht einschlägigen Fällen eines fakultativen Vorverfahrens - beispielsweise nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO - zur Disposition der Beteiligten steht, ist daher für den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ohne Bedeutung.

Die Klägerin hat den Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2014 auch nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO wirksam und gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO fristgerecht in ihre Klage einbezogen; einer Klageänderung gemäß § 91 VwGO bedurfte es insoweit nicht (Kopp/Schenke a.a.O. § 91 Rn. 9 m.w.N.).

3. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (OVG NRW, U.v. 1.4.2014 - 8 A 654/12, 8 A 8 A 655/12 - Rn. 123 ff., insb. 131; anders - bei Verpflichtungsklage - Nds.OVG, U.v. 2.9.2015 - 10 LB 33/13 - juris), hier also derjenige des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2014.

4. Der Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde die Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 VIG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BayVwVfG am Verwaltungsverfahren beteiligt und gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG i.V.m. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört. Der Beklagte hat sich ausweislich der Ausführungen in der Bescheidsbegründung für die Klägerin auch mit deren Stellungnahme auseinandergesetzt.

5. Der Beklagte hat den Informationszugang auch in materieller Hinsicht rechtmäßig bewilligt. Der Beigeladene ist anspruchsberechtigt (a)) und hat seinen Antrag weder zu unbestimmt (b)) noch rechtsmissbräuchlich gestellt (c)). Des Weiteren sind die Informationen, zu denen der Beigeladene Zugang erhält, vom Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG erfasst (d)) und der Beklagte war nicht verpflichtet, die Richtigkeit dieser Informationen vorab zu überprüfen (e)). Der Informationszugang ist auch nicht nach § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG ausgeschlossen (f)). Die maßgeblichen Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes verstoßen auch weder gegen Verfassungsrecht (g)) noch gegen europarechtliche Vorschriften (f)).

a) Der Beigeladene ist, wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeht, als natürliche Person Berechtigter des Anspruchs auf Informationszugang nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG hat nach Maßgabe dieses Gesetzes „jeder“ Anspruch auf freien Zugang zu den dort näher bezeichneten Informationen. In der amtlichen Begründung zur früheren Fassung des VIG von 2008 (im Folgenden: VIG a.F.) wurde dazu ausgeführt, das Gesetz solle „jeder natürlichen oder juristischen Person“ einen freien Zugang zu Informationen gewähren, „der von keinem besonderen Interesse oder einer Betroffenheit abhängig ist“ (BT-Drs. 16/1408 S. 9; vgl. dazu BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 - juris Rn. 6). Dieses Jedermannsrecht wird durch die Umschreibung des Anwendungsbereichs in § 1 VIG 2012 (im Folgenden: VIG n.F.) nicht eingeschränkt. Zwar ist dort festgelegt, dass „Verbraucherinnen und Verbraucher“ freien Zugang zu den dort näher bezeichneten Informationen haben. Der Wortlaut dieser Vorschrift könnte damit auf eine Einschränkung hindeuten. Eine solche einschränkende Auslegung oder teleologische Reduktion widerspricht aber der Entstehungsgeschichte, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der §§ 1 und 2 VIG n.F.

Die durch das Gesetz zur Änderung des Rechts der Verbraucherinformation (VIG-ÄndG) vom 15. März 2012 (in Kraft getreten am 1.9.2012, BGBl. I S. 476) eingefügte Vorschrift des § 1 VIG n.F. bezweckte im Interesse einer größeren Normenklarheit und Anwenderfreundlichkeit eine Klarstellung des Anwendungsbereichs im Gesetz selbst (vgl. die amtliche Begründung, BT-Drs. 17/7374 S. 1, 14). Es wurde damit der im Zuge der Evaluation des VIG a.F. vorgebrachten Anregung Rechnung getragen, die Normen klarer und damit anwenderfreundlicher zu fassen. Insgesamt ist die Neuregelung des Verbraucherinformationsgesetzes, wie in der amtlichen Begründung des Gesetzesentwurfs und den Gesetzgebungsmaterialien deutlich wird, von dem gesetzgeberischen Willen getragen, die Informationsrechte der Verbraucherinnen und Verbraucher „als wesentlichen Baustein einer modernen Verbraucherpolitik“ zu stärken (BT-Drs. 17/7374 S. 14). Diesem Anliegen widerspräche es, der Wortwahl „Verbraucherinnen und Verbraucher“ in § 1 VIG n.F. eine einschränkende Bedeutung beizumessen.

Systematisch ist die Vorschrift des § 1 im Zusammenhang mit §§ 2 ff. VIG n.F. zu sehen. § 1 VIG n.F. trägt die Überschrift „Anwendungsbereich“. Dem gegenüber ist § 2 VIG n.F., der im Wesentlichen dem früheren § 1 VIG a.F. entspricht, als „Anspruch auf Zugang zu Informationen“ überschrieben. Dieser äußeren Systematik folgend umschreibt § 1 allgemein den Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsrechts, nämlich Erzeugnisse i.S.d. Lebens- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) sowie Produkte i.S.d. Produktsicherheitsgesetzes (ProdSiG). Dem gegenüber regelt § 2 den Kreis der Berechtigten, den Gegenstand und den Inhalt des Anspruchs auf Informationszugang. Nach dieser Gesetzessystematik hat § 1 VIG n.F. nicht den persönlichen, sondern nur den sachlichen Anwendungsbereich des Informationsrechtes zum Gegenstand. Dem gegenüber ist der Kreis der Berechtigten in § 2 VIG n.F. geregelt. Die in § 1 VIG n.F. verwendete Wortwahl „Verbraucherinnen und Verbraucher“ schränkt damit nicht den Kreis der Anspruchsberechtigten ein.

Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der o.g. Regelungen gegen eine Eingrenzung des Kreises der Berechtigten auf „Verbraucherinnen und Verbraucher“. Mit dem Verbraucherinformationsgesetz bezweckt der Gesetzgeber einen weiten Informationszugang, um Einzelpersonen zu Sachwaltern des Allgemeininteresses zu machen (BayVGH a.a.O. Rn. 11). Ihnen sollen entsprechend dem gesetzgeberischen Leitbild des „mündigen Verbrauchers“ die bei der Behörde vorhandenen Informationen grundsätzlich ungefiltert zugänglich gemacht werden (BVerwG, B.v. 15.6.2015 - 7 C 22.14 - juris Rn. 10). Damit sollen Einzelpersonen nicht nur in die Lage versetzt werden, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen, sondern allgemein als Teile der Öffentlichkeit „zu einer transparenten Gestaltung des Marktes und damit auch zur volkswirtschaftlich wünschenswerten Stärkung der Marktfunktion[en]“ beizutragen (BT-Drs. 17/7374 S. 14). Damit kommt der Bundesgesetzgeber auch den Transparenzvorschriften des europäischen Unionsrechts nach (Art. 10 Abs. 3 EUV, Art. 15 Abs. 2 AEUV, Art. 42 GR-Charta), die sich ausdrücklich auf alle „Bürgerinnen und Bürger“ beziehen und damit keine Einschränkung des informationsberechtigten Personenkreises enthalten (vgl. Heinicke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht Bd. II, C 114, Vorbem. Rn. 7 ff. und § 1 VIG Rn. 1). Dem widerspräche es, den Begriff des „Verbrauchers“ bzw. der „Verbraucherin“ als Einschränkung des Adressatenkreises des Informationsanspruchs zu verstehen.

Unabhängig davon kann der Beigeladene auch als „Verbraucher“ angesehen werden, weil er nach seinem eigenen Vortrag, den die Klägerin nicht substantiiert in Frage stellt, über den Gefangeneneinkauf bzw. im Rahmen der sog. „Ausführungen“ (vgl. § 11 Abs. 3 des fünften Buches des baden-württembergischen Justizvollzugsgesetzbuchs) auch die tatsächliche (theoretische) Möglichkeit hat, Produkte der Klägerin oder Waren, in denen deren Produkte enthalten sind, zu kaufen (vgl. auch den Beschluss des Senats vom 6.7.2015 - 20 ZB 14.977, juris Rn. 6). Soweit er dies trotz bestehender Möglichkeit nicht beabsichtigen sollte, stellt sich auch dies als eine Verbraucherentscheidung dar. Denn eine solche Entscheidung muss nicht notwendiger Weise erst durch entsprechende Informationen herbeigeführt werden, sondern könnte dadurch auch bestätigt oder neu getroffen werden.

b) Der Antrag des Beigeladenen entspricht, wovon auch das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeht, den Bestimmtheitsanforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG. Auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil (UA S. 11 f.) kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden (§ 130b Satz 2 VwGO). Eine strengere Handhabung würde den Informationszugang faktisch wesentlich erschweren oder gar unmöglich machen (ebenso OVG NRW, U.v. 1.4.2014 - 8 A 654/12, 8 A 8 A 655/12 - juris Rn. 138). Die Klägerin hat hierzu im Berufungsverfahren keine wesentlich neuen Aspekte vorgetragen.

c) Die Klägerin kann schließlich nicht mit ihrem Vortrag durchdringen, dass der Antrag des Beigeladenen nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG als rechtsmissbräuchlich abzulehnen sei. Insbesondere begründet die Vorschrift des § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG, wonach ein rechtsmissbräuchlicher Antrag abzulehnen ist, kein subjektives Abwehrrecht der Klägerin, sondern schützt allein das Allgemeininteresse an einer funktionierenden Verwaltung (BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977, juris Rn. 5). Der Senat folgt auch insoweit den zutreffenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts (UA S. 16 f.) und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 130b Satz 2 VwGO). Wesentlich neue Aspekte enthält der diesbezügliche Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren nicht.

d) Die Informationen, die das Landratsamt dem Beigeladenen zur Verfügung stellt, sind auch sachlich vom Informationsanspruch umfasst.

aa) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG umfasst der Anspruch auf freien Zugang alle Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen „festgestellte nicht zulässige Abweichungen“ von (a) Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) und des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSiG), (b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen und (c) unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie „Maßnahmen und Entscheidungen“, die im Zusammenhang mit den genannten Abweichungen getroffen worden sind.

bb) Das Landratsamt Straubing-Bogen ist als Behörde i.S.d. Art. 1 Abs. 4 BayVwVfG, die nach § 38 Abs. 1 LFGB i.V.m. Art. 1 Abs. 3 Nr. 4, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2, Art. 21 sowie Art. 21a Abs. 2 Satz 1 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes vom 24. Juli 2003 (GDVG, s. GVBl. S. 452, 752) Aufgaben der Lebensmittelüberwachung wahrnimmt, eine informationspflichtige Stelle i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 b) VIG.

cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Gegenstand des Informationsanspruchs nicht auf produktbezogene Informationen beschränkt (ebenso OVG NRW, U.v. 12.12.2016 - 13 A 941/15 - juris Rn. 63 ff.). Weder im Gesetzeswortlaut noch in der Systematik, Teleologie und Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG finden sich hinreichende Anhaltspunkte für eine derart weitgehende Einschränkung.

Die hier maßgebliche Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG enthält schon nach ihrem Wortlaut keine Beschränkung auf produktbezogene Informationen. Ein Bezug zu konkreten Produkten wird vielmehr nur in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VIG hergestellt, der sich auf Verbraucherinformationen zu Risiken und Gefahren bezieht, die von konkreten Erzeugnissen ausgehen. Der Beigeladene begehrt aber unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen derartiger Risiken Zugang zu Informationen über bei der Klägerin festgestellte Abweichungen von den o.g. Rechtsvorschriften.

Es würde dem oben dargestellten Sinn und Zweck des VIG, Einzelpersonen möglichst umfassende Informationen über Lebensmittel zu verschaffen und sie damit zu Sachwaltern des Allgemeininteresses zu machen, gerade zuwiderlaufen, den Informationszugang auf konkrete Erzeugnisse zu beschränken. Denn damit bliebe der Prozess der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und Lieferung solcher Erzeugnisse ausgeklammert (vgl. die urspr. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1408 S. 1, 7; BT-Drs. 16/5404 S. 1, 7). Ein derart enges Normverständnis widerspräche auch dem unionsrechtlichen Kontext des Verbraucherinformationsrechts. Nach dem vierten Erwägungsgrund der EG-KontrollVO (Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz v. 29.4.2004 - Abl. L 191, S. 1) geht das Lebensmittel- und Futtermittelrecht der Gemeinschaft von dem Grundsatz aus, „dass Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer auf allen Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs in den ihnen unterstehenden Unternehmen sicherstellen, dass Futtermittel und Lebensmittel die für ihre Tätigkeit relevanten Vorschriften des Futtermittel- und Lebensmittelrechts erfüllen“. Das VIG soll die Verbraucher in die Lage versetzen, als Sachwalter des Allgemeininteresses die Einhaltung dieser Anforderungen umfassend zu kontrollieren. Deshalb soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers der Informationszugang nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG a.F. „alle Daten über Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht sowie in diesem Zusammenhang getroffene Maßnahmen und Entscheidungen“ umfassen (BT-Drs. 16/1408 S. 9; BT-Drs. 16/5404 S. 10); zu diesem Zweck wurde auch die Möglichkeit des betroffenen Unternehmens, sich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu berufen, ausgeschlossen (vgl. BT-Drs. 16/2011 S. 7).

Dem gegenüber verfolgt die Neufassung des Gesetzes von 2012 mit der Einfügung des § 1 Nr. 1 VIG n.F. keine Einschränkung des Informationszugangs. Zwar ist in § 1 Nr. 1 VIG von „Erzeugnissen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel)“ und in Nr. 2 von „Verbraucherprodukten, die § 2 Nummer 26 des Produktsicherheitsgesetzes unterfallen (Verbraucherprodukte)“ die Rede. Das Ziel dieser Ergänzung war jedoch zum einen, wie bereits ausgeführt, eine Verbesserung des Verbraucherinformationsrechts im Sinne einer „noch verbraucherfreundlicheren Ausgestaltung“ sowie einer umfassenderen Information. Deshalb wurde zur Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit und Rechtssicherheit der Anwendungsbereich im Gesetzestext selbst beschrieben (BT-Drs. 17/7374 S. 1, 11 ff.; BT-Drs. 17/7993 S. 17 f.). Des Weiteren wurde der Anwendungsbereich um Informationen nach dem ProdSiG erweitert. Für eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ergeben sich somit auch aus der Entstehungsgeschichte und der amtlichen Begründung keine Anhaltspunkte (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977, juris Rn. 4).

dd) Auch der Begriff der „festgestellten nicht zulässigen Abweichungen“ in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vermag eine restriktive Handhabung des Informationszugangs, wie sie die Klägerin begehrt, nicht überzeugend zu begründen.

Der Begriff der „nicht zulässigen Abweichung“ ersetzt aufgrund des VIG-ÄndG von 2012 den vorher in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG a.F. verwendeten Begriff des „Verstoßes“. Dieser Begriff wurde im Einklang mit Art. 2 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. Nr. L 165, S. 1 ff. - EG-KontrollVO) ausgelegt. Danach ist ein Verstoß die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“. Entsprechend nahm der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen das LFGB an, wenn ein Vorgang nicht im Einklang mit den darin festgelegten Vorschriften stand (BayVGH, B.v. 22.12.2009 - G 09.1 - juris Rn. 23). Ausreichend war damit ein objektives Nichtübereinstimmen mit den rechtlichen Vorgaben; eine Ahndung in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren wurde nicht verlangt (BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 - juris Rn. 3; B.v. 22.12.2009 - G 09.1 - juris Rn. 23; BT-Drs. 17/7374 S. 15).

Mit der Ersetzung des Wortes „Verstoß“ durch das Wort „Abweichung“ geht keine einschränkende, klarstellende Neufassung einher (BayVGH, B.v. 6.7.2015 a.a.O.; OVG NRW, U.v. 1.4.2014 - 8 A 655/12 - juris). Der Wortlaut der „nicht zulässigen Abweichung“ legt gegenüber dem früher verwendeten Begriff des „Verstoßes“ sogar eine niedrigere Eingriffsschwelle nahe, d.h. er scheint jede Nichtbeachtung von Rechtsvorschriften, gleich ob vorwerfbar oder nicht, ausreichen zu lassen. Einen Hinweis auf ein Verschuldenserfordernis oder gar eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit oder Straftat enthält der Begriff der „Abweichung“ nicht, er umfasst vielmehr jedes objektive Nichtübereinstimmen mit den einschlägigen Rechtsvorschriften ohne Berücksichtigung subjektiver Elemente (OVG NRW, U.v. 12.12.2016 - 13 A 941/15 - juris Rn. 97; Nds.OVG, U.v. 2.9.2015 - 10 LB 33/13 - juris Rn. 59; Heinicke in Zipfel/Rathke, VIG, § 2 Rn. 23).

Dieses Normverständnis legt auch der systematische Kontext nahe. In § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VIG ist der Informationsanspruch in Bezug auf „zugelassene Abweichungen“ von den in Nummer 1 genannten Rechtsvorschriften verankert. Das Gesetz unterscheidet somit zwischen zugelassenen und nicht zulässigen Abweichungen. Dagegen wird nicht nach subjektiven Elementen wie Verschulden oder Vorwerfbarkeit unterschieden. Der Umstand, dass das Gesetz auch zugelassene Abweichungen kennt, spricht vielmehr für ein objektives Verständnis der Abweichung.

Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes, dem Anspruchsteller die relevanten Informationen grundsätzlich ungefiltert zukommen zu lassen (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2015 - 7 C 22.14 - juris Rn. 10 sowie die amtliche Begründung in BT-Drs. 16/1408, 16/5404 S. 10).

Die Entstehungsgeschichte bestätigt dieses Ergebnis: Die Änderung der Formulierung des „Verstoßes“ in „Abweichung“ diente der Klarstellung, weil die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung den Begriff des Verstoßes nicht einheitlich auslegte. Eine Einschränkung war mit dieser Präzisierung nicht bezweckt. Die Ergänzung „nicht zulässige“ [Abweichungen] wurde auf Vorschlag des Bundesrates eingefügt, den sich auch der zuständige Bundestagsausschuss zu Eigen gemacht hatte. Der Zweck dieser Ergänzung war, den sachlichen Anwendungsbereich der Nummer 1 (des § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG) von der Nummer 5 abzugrenzen, die sich auf „zugelassene Abweichungen“ bezieht (BT-Drs. 17/7374 S. 22, 26; BT-Drs. 17/7993 S. 4, 17 f.).

Die von der Klägerin zur Stützung ihrer Rechtsauffassung angeführte Rechtsprechung verschiedener Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte bezieht sich auf die von einer Behörde aktiv betriebene Information der Öffentlichkeit nach § 40 LFGB wie z.B. Produktwarnungen und nicht auf den von einer Einzelperson begehrten Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 - juris Rn. 4).

ee) Die zusätzliche Anforderung, dass die Abweichung „festgestellt“ sein muss, sollte klarstellen, dass es einer Feststellung der Abweichung durch die zuständige Behörde bedarf. Den Anlass zu dieser Änderung gab die in der Rechtsprechung und Literatur zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG a.F. umstrittene Frage, ob auch bloße Abweichungen eines Untersuchungsergebnisses von Rechtsvorschriften in einem naturwissenschaftlich-technischen Sinne (sog. „Beanstandungen“) vom Informationszugangsrecht erfasst sind (BT-Drs. 17/7374, S. 15). Den Bedenken des Bundesrates, dass durch diese Formulierung eine bundesweit einheitliche Auslegung nicht sichergestellt sei (vgl. auch Nds.OVG, U.v. 2.9.2015 - 10 LB 33/13 - juris Rn. 56), wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht Rechnung getragen, weil die durch das Merkmal „nicht zulässige Abweichungen“ erfolgte Klarstellung für ausreichend erachtet wurde (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/7374 S. 26). Der Senat ist davon überzeugt, dass die Formulierung eine von der zuständigen Behörde festgestellte Abweichung erfordert, mithin - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - eine rechtliche Subsumtion der Kontroll- und Untersuchungsergebnisse durch die zuständige Vollzugsbehörde erfolgt sein muss. Dagegen bedarf es dazu keines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens.

ff) Ferner lassen sich weder den Gesetzesmaterialien noch der Gesetzessystematik oder dem Sinn und Zweck der Norm Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass diese „Feststellung“ einen bestandskräftigen Verwaltungsakt voraussetzt. Auch sonst stellt das Gesetz nicht auf unanfechtbare Verwaltungsakte als Voraussetzung eines Informationszugangs ab. Soweit in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VIG von „zugelassenen Abweichungen“ die Rede ist, wird auch hier, soweit ersichtlich, kein bestandskräftiger Verwaltungsakt verlangt. Schließlich spricht auch die Pflicht zur nachträglichen Richtigstellung nach § 6 Abs. 4 Satz 1 VIG gegen ein Erfordernis der Bestands- oder Rechtskraft, weil bestandskräftige Verwaltungsakte eine Bindungswirkung für die Behörde selbst und andere Stellen der öffentlichen Verwaltung ohne weitere inhaltliche Prüfung entfalten (sog. Tatbestands- bzw. Feststellungswirkung). Vor allem könnte aber ein Bestandskrafterfordernis auch dem gesetzgeberischen Anliegen einer umfassenden Information des Verbrauchers nicht gerecht werden. Denn der Informationszugang kann seinen Zweck nur erreichen, wenn er die relevanten Vorgänge auch zeitnah erfasst. Müsste erst die Bestandskraft entsprechender Verwaltungsakte abgewartet werden und damit unter Umständen auch die Rechtskraft einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, wäre eine zeitnahe Verbraucherinformation nicht mehr gewährleistet.

gg) Die Anordnung sowie das Schreiben des Landratsamtes, welche der Beklagte dem Beigeladenen zur Verfügung stellen möchte (Anlagen 1 und 2 der Klageerwiderung vom 15. September 2014, Bl. 57 f. der VG-Akte), sind vom Informationsanspruch erfasst. Hierbei handelt es sich um zielgerichtete Maßnahmen und Entscheidungen als Reaktion auf eine Normabweichung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG und nicht um bloße Mitteilungen eines Wissensstandes.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG erstreckt sich das Informationsrecht auf „Maßnahmen und Entscheidungen“, die im Zusammenhang mit den genannten Verstößen getroffen werden. Die informationsberechtigten Personen sollen damit auch erfragen können, welche verwaltungsrechtlichen Maßnahmen aufgrund der genannten Rechtsvorschriften ergangen sind oder verfügt wurden (Heinicke in Zipfel/Rathke a.a.O., § 2 VIG Rn. 20). Auf eine weitere Konkretisierung dieser Begriffe hat der Gesetzgeber ausdrücklich verzichtet. Einer entsprechenden Anregung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Änderungsgesetz von 2012 im Interesse der bundeseinheitlichen Auslegung (vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drs. 17/7374 S. 22) wurde nicht Rechnung getragen (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/7374 S. 26). Dies spricht für ein weites Verständnis der genannten Begriffe. Ausreichend ist damit, dass es sich um Maßnahmen oder Entscheidungen der Behörde handelt, die als Reaktion aufgrund einer Normabweichung getroffen wurden (vgl. OVG NRW, U.v. 12.12.2016 - 13 A 941/15 - juris Rn. 106) und Außenwirkung gegenüber dem betroffenen Unternehmen entfalten.

Die vom Beklagten als Anlage 1 zur Klageerwiderung vom 15. September 2014 (Bl. 57 der VG-Akte) auszugsweise vorgelegte zwangsgeldbewehrte Anordnung mit Sofortvollzug des Landratsamtes Straubing-Bogen gegenüber der Klägerin erfüllt als Verwaltungsakt, durch den die einschlägigen Anforderungen des Lebensmittelrechts im Einzelfalle konkretisiert und ggf. mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden sollen, unzweifelhaft den Begriff der Maßnahme oder Entscheidung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts kann insoweit verwiesen werden (§ 130b Satz 2 VwGO).

Ebenso trifft dies aber entgegen der Auffassung der Klägerin auf das auszugsweise als Anlage 2 zum genannten Schriftsatz des Beklagten (Bl. 58 der VG-Akte) sowie von der Klägerin als Anlage K40 (Bl. 70 der VG-Akte) vorgelegte Schreiben des Landratsamtes zu. Es kann offen bleiben, ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zutrifft, es handele sich dabei um einen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Darauf kommt es nicht an, weil es sich jedenfalls um eine Maßnahme oder Entscheidung im Zusammenhang mit einer festgestellten nicht zulässigen Abweichung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG handelt. Unbehelflich ist insoweit der Hinweis der Klägerin darauf, dass das Schreiben in Fettdruck die Überschrift „Betriebskontrolle“ aufweist. Denn dies bezeichnet nur den in behördlichen Anschreiben üblichen sog. Betreff, d.h. den konkreten Anlass des Schreibens (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern - AGO - v. 12.12.2000, GVBl. S. 873). Damit ist aber nichts über die Rechtsnatur des Schreibens ausgesagt. Ausweislich der für den Verwaltungsgerichtshof zugänglichen, d.h. nicht unkenntlich gemachten Teile dieses Schreibens wurde am 27. Februar 2014 im Betrieb der Klägerin eine Betriebskontrolle durchgeführt, bei der verschiedene Mängel festgestellt wurden, die (zumindest) unter den laufenden Nummern 1 und 2 des Schreibens näher aufgeführt sind. An die - dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorliegenden - Mängelbeschreibungen schließen sich jeweils unter der Rubrik „Behebung:“ behördliche Vorgaben zur Behebung dieser Mängel sowie eine Fristsetzung an. Ein derartiges behördliches Schreiben, welches aufgrund der Fristsetzung einen gewissen Nachdruck erzeugen und die Betroffenen zu entsprechenden Dispositionen veranlassen soll, die unter Umständen mit einem nicht unerheblichen sachlichen, finanziellen oder personellen Aufwand verbunden sein können, setzt zwingend eine rechtliche Subsumtion der festgestellten Mängel durch die Behörde voraus. Es handelt sich damit nicht lediglich um ein Protokoll der Betriebskontrolle, sondern um eine Maßnahme i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG.

hh) Nach dem Vortrag des Beklagten in der Klageerwiderung (Bl. 55 der VG-Akte), dem die Klägerin nicht substantiiert widersprochen hat, handelte es sich bei den festgestellten Abweichungen auch nicht um Umstände, die zwangsläufig im täglichen Arbeitsablauf auftreten und bei den täglichen Reinigungsabläufen unmittelbar beseitigt werden. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vortrag unzutreffend sein könnte, bestehen nicht. Dass die festgestellten Abweichungen noch andauern, ist hingegen nicht Voraussetzung des Informationszugangs (OVG Saarland, B.v. 3.2.2011 - 3 A 270/10 - juris Rn. 40 ff.).

e) Die Informationen können im Einklang mit § 6 Abs. 3 Satz 1 VIG ohne Überprüfung ihrer Richtigkeit gewährt werden. Zwar ist die „Richtigkeit“ der Information nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG eine verfassungsrechtliche Grundvoraussetzung aktiver staatlicher Informationstätigkeit. Erweist sich eine Information nachträglich als unrichtig, ist der Staat von Verfassungs wegen - entsprechend dem Grundsatz der Folgenbeseitigung - zur Berichtigung verpflichtet (BVerfG, B.v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 - juris). Diese Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die aktive staatliche Information der Öffentlichkeit formuliert hat, gelten allerdings nicht gleichermaßen für die auf Antrag erfolgende Informationsgewährung. Das Schutzbedürfnis des Unternehmens vor einer aktiven staatlichen Veröffentlichung unrichtiger Informationen ist ungleich größer als in den Fällen der antragsveranlassten individuellen Einsichtsgewähr. Denn die Öffentlichkeitsinformation, die - wie etwa eine produktbezogene Warnung - auf Initiative des Staates erfolgt, ist ihrer Intention nach auf eine unmittelbare Unterrichtung des Marktes gerichtet. Der Staat nimmt in diesem Fall selbst am öffentlichen Kommunikationsprozess teil und wirkt unmittelbar auf ihn ein. Er selbst wählt dabei die Informationen aus, die er bekannt geben will. Informationen, die der Staat in einem solchen Sinne direkt an alle Markteilnehmer richtet, finden eine breite Beachtung. Sie wirken sich auf die Wettbewerbsposition eines am Markt tätigen Unternehmens mit einer deutlich größeren Intensität aus als die Informationsgewährung an einen einzelnen Antragsteller (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 15.6.2015 - 7 B 22.14 - juris Rn. 12; OVG NRW, U.v. 1.4.2014 a.a.O.). In § 6 Abs. 4 VIG wird diesen verfassungsrechtlichen Bedenken dennoch Rechnung getragen und eine Pflicht zur nachträglichen Richtigstellung auf Antrag geregelt, soweit sich Informationen als unrichtig erweisen. Im Übrigen kann sich die Klägerin, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht hinweist, gegen eine Verbreitung sachlich unrichtiger Informationen durch den Beigeladenen zivilrechtlich zur Wehr setzen. Damit stellen die einschlägigen Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes einen angemessenen Ausgleich zwischen den verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen der Unternehmen und den Verbraucherinteressen von Verfassungsrang dar (BVerwG, B.v. 15.6.2015 - 7 B 22.14 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 - juris Rn. 13).

f) Die Klägerin kann dem Informationszugang des Beigeladenen auch keine Ausschluss- oder Beschränkungsgründe nach § 3 Satz 1 Nr. 2 a) oder c) VIG entgegen halten.

aa) Zwar besteht der Informationsanspruch gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 a) VIG wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt wird. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Namen des Herstellers um ein personenbezogenes Datum in diesem Sinne handelt, ist dem Beigeladenen aber der Unternehmensname der Klägerin bekannt, denn er hat ihn selbst in seinem Antrag auf Informationszugang genannt (vgl. Heinicke in Zipfel/Rathke, VIG, § 3 Rn. 21). Im Übrigen lässt § 3 Satz 6 VIG die Nennung des Herstellernamens unter bestimmten Umständen ausdrücklich zu.

bb) Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Ausschluss bzw. die Beschränkung des Informationszugangs zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen berufen. Zwar besteht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 c) VIG der Anspruch wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Nach § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG kann jedoch der Zugang zu Informationen u.a. nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG - wie hier - nicht unter Berufung auf das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden. Diese Rückausnahme vom Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses war im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht enthalten und fand auf Empfehlung des zuständigen Bundestagsausschusses Eingang in § 2 Satz 3 VIG 2008 (BT-Drs. 16/1408 S. 4; BT-Drs. 16/2011 S. 4, 7). In der parlamentarischen Debatte bestand Einigkeit, dass festgestellte Rechtsverstöße nicht unter Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse fallen sollen, weil an deren Geheimhaltung kein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht (BT-Drs. 16/5404 S. 12). Die entsprechende Regelung wurde in § 3 Satz 5 des VIG 2012 nur redaktionell an die neue Paragrafennummerierung angepasst, aber inhaltlich unverändert übernommen. Der in der Gesetzesfassung von 2012 nicht mehr enthaltene Begriff der „sonstigen wettbewerbsrelevanten Informationen“, auf den die Klägerin zur Begründung eines Ausschlussgrundes Bezug nimmt, wurde durch das VIG-ÄndG ersatzlos gestrichen. Daraus kann jedoch nach der Überzeugung des Senats nicht geschlossen werden, dass dieser Begriff dennoch weiterhin eine Rolle spielt (so aber Nds.OVG, U.v. 2.9.2015 - 10 LB 33/13 - juris Rn. 88). Denn die Annahme eines ungeschriebenen Ausschluss- oder Beschränkungsgrund liefe der Zielsetzung des Gesetzes ersichtlich zuwider. Vielmehr sind ausgehend von dieser Zielsetzung die Ausschluss- und Beschränkungsgründe keiner erweiternden Auslegung zugänglich.

cc) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelungen des VIG bestehen nach der Überzeugung des Senates nicht (ebenso Nds.OVG, U.v. 2.9.2015 - 10 LB 33/13 - juris Rn. 97 ff.). Vor allem verkennt die Klägerin, dass der Verbraucherschutz ein verfassungsrechtlicher Gemeinwohlbelang ist, dem der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts einen hohen Stellenwert beigemessen hat und der eine Einschränkung des Schutzgehalts der von der Klägerin angeführten Grundrechte rechtfertigen kann (vgl. BVerfG, B.v. 13.7.1992 - 1 BvR 303/90 - NJW 1993, 1969, v. 13.7.1992 - 1 BvR 238/92 - GRUR 1993, 754, und v. 4.8.1998 - 1 BvR 2652/95 - NJW 1998, 2811, sowie v. 22.1.1997 - 2 BvR 1915/91 - BVerfGE 95, 173). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 2 Abs. 1 VIG steht im Einklang mit den Grundrechten der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte verbürgen zwar auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen; der grundrechtliche Geheimnisschutz wird allerdings durch die einfach-rechtlichen Verbraucherschutz- und -informationsrechte entscheidend mitbestimmt. Die vorgenannten grundrechtlichen Gewährleistungen schützen ein am Markt tätiges Unternehmen, das sich der Kommunikation und damit auch der Kritik der Qualität seiner Produkte oder seines Verhaltens aussetzt, nicht vor diesbezüglichen „Imageschäden“ und dadurch bedingten „Umsatzeinbußen“. Vor allem Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht; ein solches Recht kann auch nicht in Parallele zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht begründet werden, weil auch dieses einen solchen Anspruch nicht umfasst. Vielmehr sichert Art. 12 Abs. 1 GG nur die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Der Schutz der unternehmerischen Berufstätigkeit am Markt - um den es auch hier geht - wird insofern durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Diese Regeln sind zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, B.v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 - BVerfGE 105, 252; OVG NRW, U.v. 1.4.2014 a.a.O.). Die von der Klägerin zum Beleg einer Grundrechtsverletzung genannten Entscheidungen betreffen die aktive staatliche Information nach § 40 LFGB bzw. vergleichbaren Vorschriften und sind wegen der dort weitaus größeren Intensität der Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition eines Unternehmens nicht auf die - hier inmitten stehende - Verbraucherinformation auf Antrag übertragbar (BVerwG, B.v. 15.6.2015 - 7 B 22.14 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977 - juris Rn. 7).

g) Der Einwand der Klägerin, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG sei zu unbestimmt und damit verfassungswidrig, trägt nicht. Das Verwaltungsgericht hat den unbestimmten Rechtsbegriff unter Zugrundelegung der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung ausgelegt. Dass der Klägerin diese Auslegung zu weit geht, führt nicht zur Unbestimmtheit der Regelung. Ebenso wenig ist dadurch das Rechtsstaatsgebot verletzt (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2015 - 20 ZB 14.977, juris; 20 ZB 14.978, juris).

Dass das Verbraucherinformationsgesetz gegen die Rechtsweggarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG und gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstößt, ist nicht ersichtlich. In § 5 Abs. 1 Satz 1 VIG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BayVwVfG und § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG i.V.m. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG sind umfassende Beteiligungs- und Anhörungsrechte der Drittbetroffenen geregelt. Der Beklagte hat die Klägerin, wie ausgeführt, im Einklang mit diesen Verfahrensregelungen beteiligt und angehört. Gegen den Bescheid, mit welchem der Informationszugang gewährt wird, steht der Klägerin der Rechtsweg offen. Dem Umstand, dass nach § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, kommt hier keine Bedeutung zu, weil das Landratsamt gemäß § 80 Abs. 4 VwGO die Vollziehung ausgesetzt hat. Im Übrigen bestünde für den Fall der sofortigen Vollziehbarkeit die Möglichkeit, bei Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu beantragen.

h) Der dem Beigeladenen gewährte Informationszugang verstößt auch nicht gegen europäisches Gemeinschafts- bzw. Unionsrecht (ebenso OVG NRW, U.v. 12.12.2016 - 13 A 941/15 - juris Rn. 86 ff.). Nach der grundlegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 11. April 2013 (EuGH, U.v. 11.4.2013 - C-636/11 - juris) entfaltet Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit vom 28. Januar 2002 (ABl. Nr. L 31, S. 1 - EG-BasisVO) keine Sperrwirkung für mitgliedstaatliche Rechtsvorschriften zur Verbraucherinformation unterhalb der Gefahrenschwelle. Auch Art. 7 Abs. 2 und 3 der EG-KontrollVO Nr. 882/2004 stehen dem Informationszugang insoweit nicht entgegen. Insbesondere begründen sie keine subjektiven Rechte der Klägerin (BayVGH, B.v. 22.12.2009 - G 09.1 - juris Rn. 26 m.w.N.). Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird Bezug genommen (§ 130b Satz 2 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da sich die vom Senat gefundenen Ergebnisse ohne weiteres aus dem Gesetz unter Zugrundelegung der gängigen Auslegungsmethoden ergeben und damit keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO haben.

(1) Die informationspflichtige Stelle kann den Informationszugang durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnen. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs begehrt, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Die informationspflichtige Stelle kann Informationen, zu denen Zugang zu gewähren ist, auch unabhängig von einem Antrag nach § 4 Absatz 1 über das Internet oder in sonstiger öffentlich zugänglicher Weise zugänglich machen; § 5 Absatz 1 gilt entsprechend. Die Informationen sollen für die Verbraucherinnen und Verbraucher verständlich dargestellt werden.

(2) Soweit der informationspflichtigen Stelle keine Erkenntnisse über im Antrag nach § 4 Absatz 1 begehrte Informationen vorliegen, leitet sie den Antrag, soweit ihr dies bekannt und möglich ist, von Amts wegen an die Stelle weiter, der die Informationen vorliegen, und unterrichtet den Antragsteller über die Weiterleitung.

(3) Die informationspflichtige Stelle ist nicht verpflichtet, die inhaltliche Richtigkeit der Informationen zu überprüfen, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten handelt. Der informationspflichtigen Stelle bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit sind mitzuteilen.

(4) Stellen sich die von der informationspflichtigen Stelle zugänglich gemachten Informationen im Nachhinein als falsch oder die zugrunde liegenden Umstände als unrichtig wiedergegeben heraus, so ist dies unverzüglich richtig zu stellen, sofern der oder die Dritte dies beantragt oder dies zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist. Die Richtigstellung soll in derselben Weise erfolgen, in der die Information zugänglich gemacht wurde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.