Verwaltungsgericht Münster Urteil, 19. Mai 2015 - 6 K 2474/13
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2013 wird aufgehoben, soweit damit ein Kostenbeitrag für die Zeit vom 5. bis einschließlich 7. November 2012 festgesetzt worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist der Vater des am 30. Juli 1992 geborenen E. C. .
3Mit Bescheid vom 5. November 2012 gewährte die Beklagte Herrn E. C. auf dessen Antrag ab dem 5. November 2012 Hilfe für junge Volljährige in Form von Heimerziehung. Mit Schreiben vom 5. November 2012, dem Kläger zugestellt am 8. November 2012, teilte die Beklagte dem Kläger unter anderem mit: Sie gewähre seinem Sohn ab dem 5. November 2012 Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch in Höhe von monatlich etwa 4.300 €. Zu diesen Kosten habe der Kläger in zumutbarem Umfang beizutragen. Soweit der Unterhalt des jungen Menschen im Rahmen der Jugendhilfegewährung sichergestellt werde, sei regelhaft auch dessen bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsanspruch gedeckt. Als unterhaltspflichtiger Elternteil werde der Kläger hierdurch jedoch nicht seiner materiellen Verantwortung gegenüber diesem jungen Menschen enthoben. Statt des bürgerlich-rechtlichen Unterhalts werde nun ein öffentlich-rechtlicher Kostenbeitrag fällig. Sollte der Kläger für sein untergebrachtes Kind bereits durch Urteil, Vergleich, Urkunde etc. zum Unterhalt verpflichtet sein, so brauche er für die Zeit der Hilfegewährung bei vollstationären Maßnahmen (Unterbringung über Tag und Nacht) den festgesetzten Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten nicht zu zahlen. Dies bedeute, dass er neben einem Kostenbeitrag keine zusätzlichen Unterhaltszahlungen für das untergebrachte Kind erbringen müsse. Mit Beendigung der Hilfe trete seine privatrechtliche Unterhaltsverpflichtung wieder in Kraft. Damit der Kostenbeitrag festgesetzt werden könne, werde der Kläger gebeten, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen und zu belegen.
4Mit Schreiben vom 14. November 2012 teilte der Kläger der Beklagten im Wesentlichen mit: Er gehe davon aus, dass er nicht zum Kostenbeitrag herangezogen werden könne. Er habe bereits bezahlt, als sein Sohn früher in einer Einrichtung untergebracht gewesen sei. Auch habe er seinem Sohn dabei Hilfe geleistet, dass er zur Schule gegangen sei und sogar den Hauptschulabschluss gemacht habe. Danach habe er ihm eine Lehrstelle beschafft. Sein Sohn habe aber die Schule geschwänzt, weshalb sein Ausbildungsvertrag wieder aufgehoben worden sei. Dann habe er ihm eine Wohnung besorgt. Sein Sohn sei aber in keiner Weise tätig geworden. Er habe vielmehr eine Bewährungsstrafe erhalten und die Bewährungsauflagen nicht eingehalten. Sein Sohn sei gesund und könne arbeiten. Dagegen gehe er, der Kläger, einer schweren Arbeit im Betonwerk nach, obwohl er zu 40 % in der Erwerbsfähigkeit gemindert sei. Außerdem zahle er Unterhalt für drei Kinder in Höhe von 700 € monatlich. Sein Sohn habe ihm völlig grundlos Schläge angedroht und ihm gegenüber geäußert: „Ich schlage dich zusammen. Ich schlage alles kaputt“, und ihn auch als „Hurensohn“ bezeichnet. Außerdem habe er seine Lebensgefährtin und deren Tochter als „Schlampe“ und „fette Kuh“ usw. beleidigt. Daher sei nicht zu erkennen, aus welchem rechtlichen Gesichtspunkt er zu Zahlungen für seinen Sohn verpflichtet sei.
5Mit Bescheid vom 14. Dezember 2012 setzte die Beklagte den Kostenbeitrag des Klägers ab dem 5. November 2012 in Höhe des anteiligen Kindergeldes für seinen Sohn E. von 184,00 € fest. Unter dem 11. Januar 2013 und 16. Mai 2013 forderte die Beklagte den Kläger unter Androhung von Zwangsgeldern auf, seine Einkommensverhältnisse darzulegen.
6Mit Bescheid vom 12. Juli 2013 setzte die Beklagte unter Berücksichtigung der vom Kläger zwischenzeitlich eingereichten Unterlagen einen Kostenbeitrag ab dem 5. November 2012 in Höhe von monatlich 275,00 € fest. Unter dem 23. Juli 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Hilfe für seinen Sohn ende am 29. Juli 2013, weshalb der Kläger gebeten werde, für Juli 2013 eine einmalige Zahlung von 257,26 € zu leisten.
7Der Kläger hat am 2. August 2013 Klage erhoben.
8Zur Begründung wiederholt er den Inhalt seines Schreibens an die Beklagte vom 14. November 2012 und macht ergänzend im Wesentlichen geltend: Sein Sohn habe geraucht, getrunken und Drogen konsumiert sowie die Familie tyrannisiert. Er habe ihm, dem Kläger, mehrfach Schläge angedroht, weshalb er sogar einmal die Polizei habe rufen müssen. Darüber hinaus habe er seine Lebensgefährtin bedroht und ihrer Tochter nachgestellt, sie bei anderen Leuten schlecht gemacht und sie beleidigt. Daher sei er seinem Sohn nicht zur Unterhaltszahlung verpflichtet.
9Der Kläger beantragt,
10den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie ist der Auffassung: Für die Kostenbeitragspflicht komme es nicht darauf an, ob der Vater des stationäre Hilfe empfangenden Jugendlichen diesem gegenüber unterhaltspflichtig sei. Daher sei es belanglos, ob der Kläger sich auf groben Undank oder ähnliche, einen Unterhaltsanspruch ausschließende Tatbestände berufen könne. Daraus, dass der Kostenbeitrag von eventuellen Unterhaltspflichten entbinde, weil der Hilfeempfänger vom Jugendhilfeträger unterhalten werde, folge nicht, dass Elternbeiträge nur zu leisten wären, wenn Unterhaltspflichten bestünden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2013 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
17Soweit mit dem angefochtenen Bescheid ein Kostenbeitrag ab dem 5. November 2012 bis einschließlich 7. November 2012 festgesetzt worden ist, fehlt es für die Beitragspflicht des Klägers an der Voraussetzung des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Danach kann ein Kostenbeitrag erst ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Eine solche Aufklärung des Klägers ist bis einschließlich 7. November 2012 nicht erfolgt, weil das Schreiben vom 5. November 2012, mit dem die Beklagte dem Kläger die Gewährung der Jugendhilfe für seinen Sohn mitgeteilt und ihn – in nicht zu beanstandender Weise – über die Folgen für seine Unterhaltspflicht aufgeklärt hat,
18vgl. zum erforderlichen Inhalt einer Aufklärung gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII: BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 – 5 C 22.11 -, JAmt 2013, 38,
19dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde erst am 8. November 2012 zugestellt worden ist.
20Demgegenüber ist der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit die Beklagte den Kostenbeitrag des Klägers für die seinem Sohn E. C. gewährte Hilfe für junge Volljährige in Form der Heimerziehung für die Zeit ab dem 8. November 2012 auf monatlich 275,00 € (und für den Monat Juli 2013 auf 257,26 €) festgesetzt hat.
21Die insoweit erfolgte Heranziehung des Klägers zum Kostenbeitrag findet ihre Rechtsgrundlage in § 91 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII. Danach können Elternteile zu den Kosten einer vollstationären Unterbringung im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege, in einem Heim oder einer sonstigen betreuten Wohnform bzw. in intensiver sozialpädagogische Einzelbetreuung, sofern sie außerhalb des Elternhauses erfolgt, aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 SGB VIII herangezogen werden. Die danach erforderlichen Voraussetzungen für die Heranziehung des Klägers zum Kostenbeitrag in der festgesetzten Höhe liegen für die Zeit ab dem 8. November 2012 vor.
22Insbesondere ist der Kläger als Vater des Hilfeempfängers E. C. kostenbeitragspflichtiger Elternteil im Sinne von § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII.
23Demgegenüber greift der Einwand des Klägers nicht durch, seine Heranziehung zum Kostenbeitrag sei ausgeschlossen, weil er seinem Sohn nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet sei, nachdem dieser aus eigenem Verschulden seinen Ausbildungsplatz verloren, sich trotz gutem gesundheitlichem Zustand weder um Ausbildung noch um Arbeit gekümmert habe, sich stattdessen in erheblichem Umfang strafbar gemacht und ihm, dem Kläger, mehrfach Schläge angedroht sowie ihn und seine Lebensgefährtin und deren Tochter beleidigt habe.
24Es kann offen bleiben, ob die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seinem Sohn E. C. gemäß § 1611 Abs. 1 BGB beschränkt oder entfallen ist. Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat u.a. in den Fällen, in denen der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist oder er sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat, der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Nach § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB fällt die Verpflichtung ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Selbst wenn danach die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seinem Sohn ausgeschlossen sein sollte, entfiele hierdurch nicht seine Verpflichtung, zu den Kosten der seinem Sohn gewährten Hilfe für junge Volljährige beizutragen.
25Zwar ist in § 10 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestimmt, dass an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch „unterhaltspflichtige“ Personen nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b SGB VIII beteiligt werden. Hieraus folgt jedoch nicht, dass ein Kostenbeitrag nach §§ 91 ff. SGB VIII nur erhoben werden darf, wenn der Kostenbeitragspflichtige auch nach Maßgabe der §§ 1601 ff. BGB zivilrechtlich zu Unterhaltsleistungen verpflichtet ist. Mit den durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe – KICK – vom 8. September 2005 (BGBl I S. 2729) novellierten Regelungen über die Kostenbeteiligung in der Kinder- und Jugendhilfe verfolgte der Gesetzgeber das Ziel der „Entflechtung des bislang überaus komplizierten Zusammenspiels unterhaltsrechtlicher und sozialrechtlicher Bestimmungen in diesem Bereich“ (vgl. BT-Drucks. 15/3676 S. 28), indem er bestimmte, dass anstelle des gesetzlichen Übergangs von Unterhaltsansprüchen - der dazu führen konnte, dass die Jugendhilfeträger die übergegangenen Ansprüche ggf. vor den Zivilgerichten geltend zu machen hatten - nunmehr ausschließlich ein Kostenbeitrag erhoben wird. Damit wurde neben der Leistungsgewährung nun auch die Heranziehung zu den Kosten der gewährten Leistungen ausschließlich öffentlich-rechtlich ausgestaltet und der Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte unterstellt.
26Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 – 5 C 10.09 – BVerwGE 137, 357 = juris, Rn. 13; OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2012 – 12 A 370/12 -.
27Mit der Loslösung vom bürgerlichen Unterhaltsrecht wollte der Gesetzgeber allerdings die Unterhaltspflichtigen nicht aus ihrer Verantwortung für die Pflege und Erziehung und damit auch zur Sicherstellung des materiellen Wohls des betreffenden jungen Menschen entlassen. Vielmehr soll durch die Verpflichtung zur Kostenbeteiligung dem auch für die Jugendhilfe geltenden Grundsatz der Selbsthilfe Rechnung getragen werden (vgl. BT-Drucks. 15/3676, S. 31). Dementsprechend sind in § 92 Abs. 1 und 1a SGB VIII die Personen bezeichnet, deren Verantwortung in materieller Hinsicht entweder für sich selbst (§ 92 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3, Abs. 1a SGB VIII), für ihren Ehegatten oder Lebenspartner (§ 92 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII) oder für ihr Kind (§ 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII) fortbestehen soll und die deshalb – aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 SGB VIII - zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 SGB VIII genannten Leistungen heranzuziehen sind. Auch wenn diese Bestimmung der zum Kostenbeitrag Heranzuziehenden zeigt, dass die Kostenbeitragspflicht der Sache nach an eine Unterhaltspflicht anknüpft,
28vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O.,
29lässt sich den Vorschriften kein Hinweis darauf entnehmen, dass die Kostenbeitragspflicht nur dann besteht, wenn die heranzuziehenden Personen dem betreffenden jungen Menschen gegenüber auch zivilrechtlich zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind. Vielmehr erschöpft sich der Sinn und Zweck der Bestimmung der „unterhaltspflichtigen“ zu den kostenbeitragspflichtigen Personen in § 10 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII darin, den Personenkreis zu bezeichnen, der trotz teil- oder vollstationärer Leistungen der Jugendhilfe nicht aus seiner materiellen Verantwortung für den betreffenden jungen Menschen entlassen werden soll. Dass die Kostenbeitragspflicht nicht die zivilrechtliche Verpflichtung zu Unterhaltsleistungen voraussetzt, zeigt sich auch daran, dass während einer kostenbeitragspflichtigen Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe die Unterhaltspflicht erlischt, weil die teil- bzw. vollstationären Angebote auch die Sicherstellung des notwendigen Unterhalts des untergebrachten jungen Menschen umfassen,
30vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 – XII ZR 197/04 –, NJW-RR 2007, 505,
31insoweit also der Bedarf des jungen Menschen durch die Leistungen der Jugendhilfe gedeckt ist (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII). Ist die Unterhaltspflicht danach ohnehin ausgeschlossen, besteht für die Heranziehung eines die Unterhaltspflicht beschränkenden oder ganz ausschließenden Tatbestandes nach § 1611 Abs. 1 Satz 1 oder 2 BGB von vornherein kein Raum.
32Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass es der Gesetzgeber bei der bezweckten Entflechtung des Zusammenspiels unterhaltsrechtlicher und sozialrechtlicher Bestimmungen vermeiden wollte, dass sie „zu materiellen Wertungswidersprüchen mit dem Unterhaltsrecht“ führt (vgl. BT-Drucks. 15/3676 S. 28), und das Bundesverwaltungsgericht hieraus gefolgert hat, ein vom Gesetzgeber nicht gewollter, gravierender materieller Wertungswiderspruch zum Unterhaltsrecht bestehe dann, wenn die Festsetzung des Kostenbeitrags im Ergebnis Grundprinzipien des Unterhaltsrechts nicht beachte.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., juris, Rn. 14.
34Dabei kann es offen bleiben, ob die Beschränkung bzw. der Wegfall der Unterhaltspflicht in den Fällen des § 1611 Abs. 1 BGB zu den „Grundprinzipien des Unterhaltsrechts“ gehört. Jedenfalls bezieht sich die genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erkennbar nicht auf den Grund der Heranziehung zum Kostenbeitrag, sondern allein auf deren Umfang. So hat das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach jede Unterhaltspflicht dort ihre Grenze finde, wo dem Betroffenen nicht die Mittel für den eigenen notwendigen Lebensbedarf verblieben,
35vgl. hierzu: BGH, Urteile vom 28. März 1984 – IVb ZR 53/82 – NJW 1984, 1614 f., und vom 2. Mai 1990 – XII ZR 72/89 – NJW 1991, 356 f.,
36klargestellt, es gehöre zu den elementaren Grundprinzipien des Unterhaltsrechts, dass dem Unterhaltspflichtigen der so genannte Eigenbedarf bzw. Selbstbehalt zu belassen sei, und gefolgert, dass die Heranziehung zum Kostenbeitrag nur dann im Sinne des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in angemessenem Umfang erfolge, wenn dem Kostenbeitragspflichtigen der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt belassen werde.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, a.a.O., juris, Rn. 16.
38Danach ist zwar im Einzelfall darauf zu achten, dass im Ergebnis der Kostenbeitrag nur so hoch ist, dass der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt nicht berührt wird. Dass darüber hinaus weitere „Grundprinzipien des Unterhaltsrechts“ zu beachten sind, ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr ist es nicht Aufgabe der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sowie ggf. der Verwaltungsgerichte, im Rahmen eines Verfahrens zur Heranziehung zum Kostenbeitrag inzident Einzelheiten des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs nach Maßgabe der §§ 1601 ff. BGB zu prüfen. Dabei muss insbesondere die Frage, ob eine Unterhaltsverpflichtung dem Grunde nach tatsächlich besteht oder etwa nach § 1611 Abs. 1 BGB ganz oder teilweise ausgeschlossen ist, der Klärung im unterhaltsrechtlichen Verfahren vorbehalten bleiben.
39Vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 13. April 2012 – 7 K 3041/10 –, juris, Rn. 29; VG Münster, Urteil vom 17. Mai 2011 – 6 K 1143/09 –, juris, Rn. 18.
40Dies wird bestätigt durch § 92 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII, wonach von der Heranziehung zum Kostenbeitrag im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden soll, wenn sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Hiermit ist die Berücksichtigung von etwaigen einer Kostenbeteiligung entgegenstehenden besonderen Umständen im Einzelfall bei der Heranziehung zum Kostenbeitrag besonders – nämlich kostenbeitragsrechtlich – geregelt. Eine Berücksichtigung solcher Umstände anhand unterhaltsrechtlicher Vorschriften kommt daher nicht in Betracht.
41Der mithin dem Grunde nach bestehenden Kostenbeitragspflicht des Klägers steht auch § 92 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII nicht entgegen. Das von ihm angeführte Verhalten seines Sohnes E. C. vermag nicht zu der Annahme zu führen, dass die Heranziehung des Klägers zum Kostenbeitrag für ihn eine besondere Härte im Sinn der genannten Vorschrift bedeuten würde.
42Da durch die Rücksichtnahme auf besondere Härtefälle atypischen Fällen Rechnung getragen werden soll, die mit den auf die individuelle Zumutbarkeit abgestellten, letztlich aber doch pauschalierten Heranziehungsvorschriften nicht hinreichend erfasst werden, stellt die Erhebung eines Kostenbeitrags nur dann eine besondere Härte dar, wenn sie zu einem Ergebnis führt, das den Leitvorstellungen der §§ 91 bis 93 SGB VIII nicht entspricht und mit atypischen, unzumutbaren finanziellen Belastungen des Beitragspflichtigen verbunden ist.
43Vgl. Hamb.OVG, Urteil vom 3. September 1993 – Bf IV 28/92 –, juris, Rn. 36.
44Zu einer solchen atypischen Belastung des Klägers führt seine Heranziehung zum Kostenbeitrag zu der seinem Sohn gewährten Hilfe für junge Volljährige in Form der Heimerziehung nicht. Das vom Kläger angeführte Verhalten seines Sohnes lag vielmehr gerade im Regelbereich derjenigen Lebenssachverhalte, die im Interesse eines jungen Menschen eine Intervention des Jugendamts auslösen, um Schaden von dem jungen Menschen, ggf. auch von seinen nächsten Angehörigen, abzuwenden. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass gerade die vom Kläger beschriebenen Persönlichkeitsdefizite seines Sohnes zur Bewilligung der Hilfe für junge Volljährige geführt haben. So hatte der Sohn des Klägers die Gewährung der Jugendhilfe beantragt, weil er große Schwierigkeiten damit habe, seinen Alltag geregelt zu gestalten (vgl. den schriftlichen Antrag vom 5. Juli 2012, Bl. 19 der Verwaltungsakten), viel getrunken habe, aggressiv geworden sei, kaum die Schule besucht habe, nicht mehr bei seinem Vater habe bleiben können, Unterstützung in vielen Lebensbereichen benötige und nicht wolle, dass sein Leben so weiterlaufe (vgl. das Protokoll des Hilfeplangesprächs vom 21. November 2012, Bl. 15R der Verwaltungsakten). Dass die Eltern zu den Kosten einer in einer derartigen Situation eingreifenden Maßnahme der Jugendhilfe generell beizutragen haben, weil – wie oben dargelegt – die finanzielle Verantwortung für ihr Kind gerade auch in solchen Situationen fortbesteht, gehört zur Grundvorstellung der Bestimmungen über die Kostenbeitragspflicht von Eltern für eine Jugendhilfemaßnahme.
45Vgl. VG Minden, Urteil vom 9. Januar 2015 – 6 K 1539/14 –, juris, Rn. 122, mit weiteren Nachweisen.
46Von einem atypischen Fall im oben genannten Sinn kann daher keine Rede sein.
47Die Heranziehung des Klägers zum Kostenbeitrag ab dem 8. November 2012 begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere hat die Beklagte die Höhe des Kostenbeitrags in einer den Regelungen des § 93 SGB VIII und der Kostenbeitragsverordnung entsprechenden Weise zutreffend errechnet. Soweit der Kläger geltend macht, drei weiteren Personen gegenüber unterhaltspflichtig zu sein, hat die Beklagte dem in zutreffender Weise dadurch Rechnung getragen, dass sie gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Kostenbeitragsverordnung das maßgebliche Einkommen des Klägers einer um drei Stufen niedrigeren Einkommensgruppe zugeordnet hat. Bedenken gegen die Berechnung des Kostenbeitrags sind auch im Übrigen weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
48Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist bzw. nur zu einem geringen Teil obsiegt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
49Die Berufung war aus dem in § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO genannten Grund zuzulassen. Der Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, weil insbesondere die Frage, ob die Kostenbeitragspflicht der unterhaltspflichtigen Personen nach § 10 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII nur dann besteht, wenn diese dem betreffenden jungen Menschen gegenüber zivilrechtlich zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat und in der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung – soweit ersichtlich - nicht geklärt ist.
50Rechtsmittelbelehrung
51Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster), schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (Elektronische Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungs- und Finanzgerichte – ERVVO VG/FG) vom 7. November 2012 (GV. NRW S. 548) Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster (Postanschrift: Postfach 6309, 48033 Münster) einzureichen. Statt in Schriftform kann die Begründung dort auch in elektronischer Form nach Maßgabe der ERVVO VG/FG eingereicht werden.
52Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte – außer im Prozesskostenhilfeverfahren – durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:
- 1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen, - 2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen, - 3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen, - 4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.
(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.
(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.
(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für
- 1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und - 2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen
- 1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und - 2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie - 3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere
- 1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, - 2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, - 3.
Schuldverpflichtungen.
(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.
(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.
(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.
(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.
(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.
(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.
(6) (weggefallen)
(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:
- 1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen, - 2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen, - 3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen, - 4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.
(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.
(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.
(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.
(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.
(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:
- 1.
Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen, - 2.
junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 1, 4 und 8 genannten Leistungen, - 3.
Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 Nummer 2 genannten Leistungen, - 4.
Elternteile zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.
(2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.
(3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.
(4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.
(5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für
- 1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und - 2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen
- 1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und - 2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie - 3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere
- 1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, - 2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, - 3.
Schuldverpflichtungen.
(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.
(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.
(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.
(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.
(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.
(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.
(6) (weggefallen)
(1) Zu folgenden vollstationären Leistungen und vorläufigen Maßnahmen werden Kostenbeiträge erhoben:
- 1.
der Unterkunft junger Menschen in einer sozialpädagogisch begleiteten Wohnform (§ 13 Absatz 3), - 2.
der Betreuung von Müttern oder Vätern und Kindern in gemeinsamen Wohnformen (§ 19), - 3.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen (§ 20), - 4.
der Unterstützung bei notwendiger Unterbringung junger Menschen zur Erfüllung der Schulpflicht und zum Abschluss der Schulausbildung (§ 21), - 5.
der Hilfe zur Erziehung - 6.
der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche durch geeignete Pflegepersonen sowie in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Absatz 2 Nummer 3 und 4), - 7.
der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 8.
der Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 5 und 6 genannten Leistungen entspricht (§ 41).
(2) Zu folgenden teilstationären Leistungen werden Kostenbeiträge erhoben:
- 1.
der Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen nach § 20, - 2.
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 und anderen teilstationären Leistungen nach § 27, - 3.
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche in Tageseinrichtungen und anderen teilstationären Einrichtungen nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 und - 4.
Hilfe für junge Volljährige, soweit sie den in den Nummern 2 und 3 genannten Leistungen entspricht (§ 41).
(3) Die Kosten umfassen auch die Aufwendungen für den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe.
(4) Verwaltungskosten bleiben außer Betracht.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe tragen die Kosten der in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen unabhängig von der Erhebung eines Kostenbeitrags.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger begehren von den Beklagten als ihren Adoptiveltern Kindesunterhalt für die Zeit ab Januar 2000.
- 2
- Der am 6. Februar 1932 geborene Beklagte zu 1 ist Konzertorganist und pensionierter Musikhochschullehrer. Die am 13. Februar 1959 geborene Beklagte zu 2 ist Studiendirektorin, hat sich während des vorliegenden Rechtsstreits vom Schuldienst beurlauben lassen und arbeitet jetzt als Teilzeitkraft an einer Universität.
- 3
- Seit 1996 adoptierten die Beklagten drei mittelamerikanische Kinder in ihren Heimatländern (Mexiko und Guatemala). Das zunächst in Mexiko adop- tierte, am 6. Januar 1986 geborene Mädchen M. wurde auf Veranlassung der Beklagten wieder dorthin zurückgebracht, weil diese mit ihren Eigenschaften nicht zufrieden waren. In der Folgezeit adoptierten die Beklagten in Mexiko den am 18. Juni 1988 geborenen Kläger zu 1. Die Adoption wurde auf Antrag der Beklagten erneut durch Beschluss des Amtsgerichts Emmerich vom 9. April 1998 (6 XVI 5/98) ausgesprochen. Im Jahre 1999 adoptierten die Beklagten in Guatemala den am 22. März 1990 geborenen Kläger zu 2. Durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 10. Juni 2005 (98 XVI 27/02) wurde dieses Annahmeverhältnis anerkannt und ausgesprochen, dass es einem nach deutschem Recht begründeten Annahmeverhältnis gleich steht. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Beklagten hat das Landgericht Düsseldorf durch Beschluss vom 20. Juli 2006 als unzulässig verworfen (25 T 467/06). Die Beklagten haben gegen diese Entscheidungen Verfassungsbeschwerde eingelegt. Ein weiteres aus Guatemala stammendes und am 30. Mai 1992 geborenes Mädchen M. gaben die Beklagten während der Adoptionsanwartschaft wieder zurück.
- 4
- Im November 1999 wurden die Kläger wegen Verdachts der Kindesmisshandlung durch die Beklagten vom Jugendamt in Obhut genommen und in Kinderheimen untergebracht. Mit Beschluss vom 7. März 2000 wurde den Beklagten das Sorgerecht entzogen und das zuständige Jugendamt zum Vormund bestellt. Ein Antrag auf Rückübertragung des Sorgerechts für den Kläger zu 1 blieb in zwei Instanzen erfolglos (OLG Düsseldorf Beschluss vom 16. Februar 2004 - 3 UF 40/03).
- 5
- Jedenfalls seit Dezember 1999 erhalten die Kläger Hilfe zur Erziehung nach den Vorschriften des SGB VIII. Die monatlichen Kosten der Heimunterbringung belaufen sich insgesamt auf mehr als 3.000 €. Im Januar 2000 übersandte das Jugendamt den Beklagten eine Rechtswahrungsanzeige. Durch Leistungsbescheid der Stadt E. vom 4. Oktober 2000 wurden die Beklagten zu "Kostenbeiträgen gemäß § 94 Abs. 1 und 2 KJHG" herangezogen. Gegen diesen Bescheid legten sie Widerspruch ein; das Verwaltungsverfahren ruht derzeit.
- 6
- Nach Rückübertragung der Unterhaltsansprüche durch den Träger der Jugendhilfe begehren die Kläger Unterhalt von den Beklagten. Das Amtsgericht gab der Klage überwiegend statt und verurteilte die Beklagten, an den Kläger zu 1 einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von Januar 2000 bis März 2001 in Höhe von 16.800 DM und laufenden Unterhalt ab April 2001 in Höhe von monatlich 1.120 DM und ab Juli 2001 in Höhe von monatlich 1.175 DM sowie an den Kläger zu 2 rückständigen Unterhalt für die Zeit von Januar bis März 2001 in Höhe von 14.550 DM und laufenden Unterhalt für die Zeit ab April 2001 in Höhe von monatlich 970 DM und ab Juli 2001 in Höhe von monatlich 1.013 DM zu zahlen. Auf die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Kläger.
Entscheidungsgründe:
- 7
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 8
- Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in KindPrax 2005, 108 veröffentlicht ist, hat die Klage abgewiesen, weil die Kläger nicht unterhaltsbedürftig seien. Zwar bemesse sich der Unterhaltsbedarf der Kläger nach den konkret entstandenen Kosten der Heimunterbringung. Der einer Unterbringung entgegen stehende Wille der Beklagten sei unbeachtlich, weil ihnen die elterliche Sorge entzogen und das Jugendamt als Vormund berechtigt sei, die Art und Weise der Unterhaltsgewährung zu bestimmen.
- 9
- Der Unterhaltsbedarf der Kläger sei allerdings durch die Leistungen der Jugendhilfe in vollem Umfang gedeckt. Zwar seien auch Leistungen der Jugendhilfe grundsätzlich gegenüber einem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch subsidiär, wie sich aus § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergebe. Diese Regelung werde indes durch die speziellen Heranziehungs- und Übergangsvorschriften der §§ 92, 94 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 SGB VIII konkretisiert. Nach § 94 Abs. 2 SGB VIII könnten die Eltern ohnehin nur in Höhe der durch die auswärtige Unterbringung ersparten Kosten herangezogen werden. Nur in diesem Umfang könne der Träger der Jugendhilfe in der gesetzlich vorgesehenen Form bei den unterhaltspflichtigen Eltern Rückgriff nehmen. Auch wenn nach § 94 Abs. 3 SGB VIII kein Kostenbeitrag erhoben werden könne, gehe der Unterhaltsanspruch eines Kindes nur in Höhe des Betrages auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über, der zu zahlen wäre, wenn die Leistung der Jugendhilfe und der sie veranlassende besondere Bedarf außer Betracht bleibe. Da die Leistungen der Jugendhilfe in dem darüber hinausgehenden Umfang auch der Familienförderung dienten, seien sie gegenüber dem Kindesunterhalt nur insoweit nachrangig, als das Gesetz die Heranziehung der Eltern zu den Kosten vorsehe.
- 10
- Nach § 94 Abs. 3 SGB VIII gehe der Unterhaltsanspruch nur dann auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über, wenn die Eltern vor Beginn der Hilfe nicht mit dem Kind zusammengelebt hätten. Selbst wenn dem Jugendamt die Befugnis zur Beantragung der Jugendhilfe hier erst einige Wochen nach Herausnahme der Kinder aus der Familie übertragen worden sei, ändere das nichts daran, dass die Beklagten vor Beginn der Hilfen mit den Klägern zusammengelebt hätten. Die Leistungen der Jugendhilfe stünden in engem Zusammenhang mit der Herausnahme der Kinder aus dem Haushalt der Beklagten, wobei es auf eine kurze Zwischenzeit ohne Leistungsbewilligung nicht ankomme. Die gesetzliche Regelung in § 94 Abs. 3 SGB VIII differenziere nicht danach , aus welchen Gründen die Kinder aus der Familie genommen und ins Heim gegeben seien. Ein Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe sei wegen des früheren Zusammenlebens auch dann ausgeschlossen, wenn wegen Erziehungsversagens der Eltern eine spätere Rückkehr nicht in Betracht komme. Das folge schon aus § 34 SGB VIII, wonach die Heimunterbringung Jugendlichen auch eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten könne und nicht auf den Versuch einer Rückkehr in die Familie beschränkt sei. Soweit die Leistungen der Jugendhilfe - in Höhe der durch die auswärtige Unterbringung ersparten Aufwendungen - nicht nachrangig seien, scheide ein Unterhaltsanspruch gleichwohl aus. Denn aus der Rückgriffsvorschrift des § 94 Abs. 2 SGB VIII folge, dass der Unterhalt zunächst gedeckt sei und der Jugendhilfeträger im Wege des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs Rückgriff nehmen müsse. Nur so könne für die Beklagten die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme vermieden werden.
II.
- 11
- Diese Erwägungen überzeugen auch gegenüber den Einwendungen der Revision.
- 12
- Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Unterhaltsbedarf der Kläger durch die Leistungen der Jugendhilfe vollständig gedeckt ist und dem Träger der Jugendhilfe lediglich ein Anspruch auf Zahlung eines öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrags gegen die Beklagten zusteht. Dabei ist nach der Übergangsregelung zu den am 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Änderungen des SGB VIII zwischen Unterhaltsansprüchen für die Zeit bis zum 31. März 2006 und solchen für die Zeit ab April 2006 zu unterscheiden. Denn nach § 97 b SGB VIII erfolgte die Heranziehung zu den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen, die - wie hier - schon vor dem 1. Oktober 2005 fortlaufend gewährt worden sind, bis zum 31. März 2006 nach dem früheren Recht und erst für die Zeit ab April 2006 nach den zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen geänderten Vorschriften des SGB VIII.
- 13
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht Unterhaltsansprüche der Kläger für die Zeit bis zum 31. März 2006 abgewiesen, weil ihr Unterhaltsbedarf vollständig gedeckt war. Solche Ansprüche konnten deswegen nicht mehr auf den Träger der Jugendhilfe übergehen und von diesem auch nicht auf die Kläger zurückübertragen werden.
- 14
- a) Der Unterhaltsbedarf der Kläger bemisst sich allerdings nach den konkreten Kosten für ihre Heimunterbringung. Zwar schulden die Eltern einem auswärts untergebrachten minderjährigen Kind neben dem Barunterhalt auch Betreuungsunterhalt, der sich regelmäßig pauschal nach der Höhe des Barunterhalts richtet (Senatsurteil vom 30. August 2006 - XII ZR 138/04 – FamRZ 2006, 1597, 1598 f. mit Anm. Born). Sind die Kinder allerdings in einem Heim untergebracht, richtet sich ihr Unterhaltsbedarf nach den durch die Heimunterbringung veranlassten und konkret feststehenden Kosten. Der einer Heimunterbringung entgegenstehende Wille der Beklagten ist insoweit unerheblich, weil ihnen nach § 1666 BGB die elterliche Sorge entzogen wurde und das Recht zur Bestimmung der Art und Weise der Unterhaltsgewährung nach § 1612 Abs. 2 BGB somit auf das Jugendamt als Vormund übergegangen ist.
- 15
- b) Dieser Unterhaltsbedarf der Kläger war allerdings durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in vollem Umfang gedeckt. Die nach den Vorschriften des SGB VIII in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung (SGB VIII a.F.) gewährten Leistungen waren zwar grundsätzlich gegenüber Unterhaltsansprüchen subsidiär, zumal durch sie Verpflichtungen Anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger ausdrücklich nicht berührt werden sollten (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII a.F.; Wiesner SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe 2. Aufl. vor § 90 Rdn. 2 f.). Allerdings wurde diese grundsätzliche Subsidiarität schon nach früherem Recht durch diverse Vorschriften eingeschränkt und speziell ausgestaltet (Wiesner aaO § 10 Rdn. 22; Schellhorn SGB VIII § 10 Rdn. 13 f. m.w.N.; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 327 a und OLG Schleswig OLGR 2001, 322).
- 16
- aa) Danach waren Kinder, Jugendliche oder deren Eltern teilweise individuell durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festzusetzen war, zu den Kosten der Hilfe zur Erziehung in einem Heim heranzuziehen (§ 92 Abs. 2 i.V.m. § 91 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII a.F.). Teilweise ging der Unterhaltsanspruch des Kindes auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über (§ 94 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII a.F.; OLG Karlsruhe OLGR 1999, 276). Im Übrigen konnte der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Anspruch gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen bei Leistungen an einen jungen Volljährigen auf sich überleiten (§ 96 SGB VIII a.F.; Münder Frankfurter Kommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe 4. Aufl. § 96 Rdn. 1). Für die Art der Heranziehung der Eltern des unterhaltsbedürftigen Kindes oder Jugendlichen unterschied die Sonderregelung in § 94 SGB VIII a.F. danach, ob sie vor Beginn der Hilfe mit dem Kind oder dem Jugendlichen zusammengelebt, ihm also im Wesentlichen Naturalunterhalt geleistet hatten (so § 94 Abs. 2 SGB VIII a.F.), oder ob die Eltern schon in diesem Zeitpunkt nicht mit dem Kind oder Jugendlichen zusammengelebt hatten, ihm also schon zuvor Barunterhalt schuldeten (§ 94 Abs. 3 SGB VIII a.F.). In beiden Fällen sollte die finanzielle Belastung der Eltern durch die Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe nicht verändert werden, also gegenüber der vorher bestehenden Situation weder sinken noch steigen (Wiesner aaO § 94 Rdn. 2).
- 17
- Nur wenn die Kinder schon zuvor von ihren Eltern getrennt lebten, war von diesen kein Kostenbeitrag zu erheben, da der (laufende) Unterhaltsanspruch des Kindes oder des Jugendlichen in Höhe des Betrages, der zu zahlen wäre, wenn die Leistungen der Jugendhilfe und der sie veranlassende besondere Bedarf außer Betracht bleibt, auf den Träger der öffentlichen Jugendhilfe überging. In solchen Fällen war der Unterhaltsbedarf der Kinder wegen der Subsidiarität der Kinder- und Jugendhilfe nicht gedeckt, was einen Übergang ihrer Forderungen auf den Träger der Jugendhilfe ermöglichte. Nur über diese Ansprüche, die der Träger der öffentlichen Jugendhilfe - wie hier geschehen - auf das Kind oder den Jugendlichen zurückübertragen kann (Münder aaO § 94 Rdn. 7 ff.; Wiesner aaO § 94 Rdn. 19 ff.), ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden (§ 94 Abs. 3 Satz 2 und 4 SGB VIII a.F.; Wiesner aaO § 94 Rdn. 2).
- 18
- Demgegenüber erfolgte die Heranziehung der Eltern, die bis zum Beginn der Jugendhilfe mit den Kindern oder Jugendlichen zusammenlebten, allein durch öffentlich-rechtlichen Leistungsbescheid. Um eine doppelte Inanspruchnahme der Eltern sowohl durch Leistungsbescheid als auch aufgrund des fami- lienrechtlichen Unterhaltsanspruchs zu vermeiden, sah das Gesetz für diese Fälle keinen Übergang des Unterhaltsanspruchs vor. Diese gesetzliche Regelung sprach dafür, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes oder Jugendlichen in solchen Fällen durch die Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe voll abgedeckt und ein Rückgriff gegen die Eltern auf den öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag beschränkt sein sollte (vgl. Münder aaO § 94 Rdn. 1, 3 ff. und Wiesner aaO Rdn. 5, 12 ff.; zur Berechnung des Kostenbeitrags nach altem Recht vgl. BVerwGE 108, 222, 226 ff.).
- 19
- Aus diesen gesetzlichen Regelungen ergibt sich, dass die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Fällen, in denen die Eltern vor Beginn der Hilfe mit dem Kind oder dem Jugendlichen zusammenlebten, ausnahmsweise bedarfsdeckend auf den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch anzurechen waren. Dafür spricht, dass die Eltern stets nur den Unterhalt schuldeten, der zu zahlen wäre, wenn die Leistungen der Jugendhilfe und der sie veranlassende besondere Bedarf außer Betracht blieb (§ 94 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 SGB VIII a.F.) und dieser Betrag in solchen Fällen als Kostenbeitrag zu erheben war (§§ 91 Abs. 1 Nr. 4c, Abs. 5, 92 Abs. 2 SGB VIII a.F.). Wegen der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme konnte der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch in solchen Fällen daneben nicht fortbestehen. Im Einklang damit sah das Gesetz für diese Fälle weder einen Anspruchsübergang noch eine Überleitungsmöglichkeit vor (§ 94 Abs. 3 S. 2, Abs. 4 SGB VIII a.F.) und verwies zur Durchsetzung auch nicht auf den Zivilrechtsweg (§ 94 Abs.3 S. 4 SGB VIII a.F.).
- 20
- bb) Zu Recht ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagten bis zum Beginn der Leistungen öffentlicher Jugendhilfe mit den Klägern zusammengelebt haben und nach § 94 Abs. 2 SGB VIII deswegen nur eine Heranziehung zu öffentlich-rechtlichen Unterhaltsbeiträgen in Betracht kommt.
- 21
- Eltern oder Elternteile lebten mit dem Kind oder dem Jugendlichen im Sinne des § 94 Abs. 2 SGB VIII a.F. zusammen, wenn mit ihm eine Wirtschaftsund Lebensgemeinschaft bestand. Nach dem Sinn der Regelung war eine nur vorübergehende Unterbrechung der Wirtschafts- und Lebensgemeinschaft, etwa durch eine auswärtige Unterbringung, unschädlich (Wiesner aaO § 94 Rdn. 5; BVerwGE 68, 299, 301). Denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen des § 94 Abs. 2 SGB VIII a.F. einerseits und des § 94 Abs. 3 SGB VIII a.F. andererseits fanden ihren Grund in dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kind bei Beginn der öffentlichen Jugendhilfe. Wurde diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Trennung der Kinder von ihren Eltern geleistet, war deren Kostenbeteiligung im Wege des öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrags durchzusetzen.
- 22
- So lag der Fall hier. Grund für die Heimunterbringung der Kläger und somit für die öffentlich-rechtlichen Fürsorgeleistungen war die Entziehung des Sorgerechts nach § 1666 BGB und die Herausnahme der Kläger aus der Wirtschafts - und Lebensgemeinschaft mit den Beklagten. Die Leistungen der Jugendhilfe waren mithin unmittelbare Folge der Herausnahme der Kläger aus der Familie der Beklagten. Darauf, dass die Kläger schon im November 1999 vom Jugendamt in Obhut genommen worden waren, während sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts möglicherweise erst ab Dezember 1999 Hilfe zur Erziehung nach den Vorschriften des SGB VIII erhielten, kommt es nicht an. Die bei Beginn der Leistungen bestehende kurzfristige Unterbrechung der Wirtschafts - und Lebensgemeinschaft mit den Adoptiveltern ist für die Anwendbarkeit des § 94 Abs. 2 SGB VIII a.F. deswegen unerheblich.
- 23
- cc) Das Berufungsgericht hat Unterhaltsansprüche der Kläger für die Zeit bis März 2006 deswegen zu Recht abgewiesen, weil ihr voller Unterhaltsbedarf durch die Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe gedeckt war. Damit geht einher , dass solche Unterhaltsansprüche auch nicht mehr auf den Träger der öf- fentlichen Jugendhilfe übergehen konnten und dieser auf einen öffentlichrechtlichen Kostenbeitrag der Eltern nach §§ 91 ff., 94 Abs. 2 SGB VIII a.F. verwiesen war. Ebenso schied eine Überleitung von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen aus, weil solches nach § 96 SGB VIII a.F. nur bei Unterhaltsansprüchen junger Volljähriger in Betracht kam und beide Kläger in der hier relevanten Zeit bis März 2006 noch minderjährig waren.
- 24
- 2. Unterhaltsansprüche der Kläger gegen die Beklagten scheiden erst recht auf der Grundlage der zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Änderungen des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) für die Zeit ab April 2006 aus.
- 25
- a) Zwar werden nach § 10 Abs. 1 SGB VIII Verpflichtungen Anderer durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe weiterhin nicht berührt. Zugleich hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 2 SGB VIII aber die Inanspruchnahme unterhaltspflichtiger Personen dahin konkretisiert, dass diese nach den §§ 90 bis 97 b SGB VIII an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen zu beteiligen sind. Damit wollte der Gesetzgeber insbesondere die Eltern nicht aus ihrer Verantwortung zur Pflege und Erziehung und damit zur Sicherstellung des materiellen Wohls ihrer Kinder entlassen. Einen rechtlichen Nachrang der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gegenüber der Elternverantwortung hat das Gesetz aber nur insoweit konkretisiert, als der Träger der Kinder - und Jugendhilfe öffentlich-rechtliche Kostenbeiträge erheben kann (Münder Frankfurter Kommentar zum SGB VIII Kinder- und Jugendhilferecht 5. Aufl. § 10 Rdn. 28; Wiesner SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe 3. Aufl. § 10 Rdn. 28; Jans/Happe/Saurbier/Maas Kinder- und Jugendhilferecht 3. Aufl. Stand Januar 2006 B II Art. 1 § 10 Rdn. 23).
- 26
- aa) Unterhaltspflichten sind somit gegenüber Leistungen nach dem SGB VIII anders als gegenüber den meisten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch grundsätzlich nicht vorrangig. Im Recht der Kinder- und Jugendhilfe ist dies schon deswegen geboten, weil die Leistungsgewährung nicht wegen des Ausbleibens der Unterhaltszahlungen erfolgt, sondern unabhängig davon erzieherischen , behinderungsbedingten oder anderen Förderbedarf voraussetzt. Die Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts durch den Jugendhilfeträger nach § 39 SGB VIII wirkt sich deswegen auch auf den zivilrechtlichen Unterhaltsbedarf des Kindes aus.
- 27
- Entsprechend ordnet § 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII nunmehr ausdrücklich an, dass der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach dem SGB VIII gedeckt ist und dies bei der Berechnung des Unterhalts berücksichtigt werden muss. Zwar entfällt der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch dadurch nicht dem Grunde nach. Die mit den Leistungen des Kinder- und Jugendhilferechts verbundene Bedarfsdeckung kann aber die Höhe des Unterhaltsanspruchs reduzieren oder zu seinem vollständigen Wegfall führen. Soweit der Unterhalt im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB VIII sichergestellt ist, ist auch der unterhaltsrechtliche Bedarf des Leistungsempfängers in aller Regel gedeckt (Münder aaO § 10 Rdn. 29 f.; BT-Drucks. 15/3676 S. 31). Dadurch wird der Unterhaltspflichtige seiner materiellen Verantwortung gegenüber dem jungen Menschen zwar nicht enthoben, weil er durch die Erhebung eines Kostenbeitrags in die Pflicht genommen werden kann. Eine doppelte Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen mittels Kostenbeitrags einerseits und Unterhaltsanspruchs andererseits ist aber ausgeschlossen.
- 28
- bb) Im Einklang damit regelt § 92 Abs. 2 SGB VIII, dass die Heranziehung durch Erhebung eines Kostenbeitrags erfolgt. Zum Umfang der Heranzie- hung enthält § 94 Abs. 5 SGB VIII nunmehr eine Verordnungsermächtigung, von der durch die Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe (Kostenbeitragsverordnung - KostenbeitragsV) vom 1. Oktober 2005 (BGBl. I S. 2907; vgl. auch Wiesner aaO § 94 und Münder aaO Anh. zu § 94) Gebrauch gemacht wurde.
- 29
- Weil die Inanspruchnahme der Eltern nunmehr stets auf einen öffentlichrechtlichen Kostenbeitrag beschränkt ist, hat der Gesetzgeber durch das Kinder - und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz 2005 die frühere Vorschrift zur Überleitung von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen aufgehoben. Denn die Konzentration der Heranziehung auf einen öffentlich-rechtlichen Kostenbeitrag macht weitere Regelungen über die Überleitung von Ansprüchen gegen eine nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichtige Person entbehrlich (BT-Drucks. 15/3676 S. 42; Münder aaO Anm. zu § 96).
- 30
- b) Für die Zeit ab April 2006 ist der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch der Kläger dem Grunde nach zwar nicht entfallen, der Unterhaltsbedarf aber durch die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vollständig gedeckt. Ein Unterhaltsanspruch der Kläger besteht somit auch für diese Zeit nicht mehr. Der Rückgriff gegen die dem Grunde nach unterhaltspflichtigen Eltern ist deswegen lediglich in Form der pauschalierten Kostenbeteiligung nach §§ 90 ff. SGB VIII im Wege des Verwaltungsverfahrens zulässig. Der Träger der Kinder- und Jugendhilfe muss sich deswegen auf das schon anhängige Verwaltungsverfahren verweisen lassen. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
AG Emmerich am Rhein, Entscheidung vom 19.07.2001 - 5 F 147/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.08.2004 - II/3 UF 197/01 -
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.
(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.
(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.
(2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.
(3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.
(4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.
(5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.
(6) (weggefallen)
(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.
(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.
Tenor
Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 13.07.2009 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 08.07.2010 werden insoweit geändert, als für Juni 2009 nur ein Kostenbeitrag in Höhe von 227,50 EUR zu entrichten ist.
Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 5.6.2014 wird aufgehoben, soweit die Beklagte für die Zeit ab Januar 2014 einen Kostenbeitrag des Klägers von mehr als 437 € monatlich festgesetzt hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt 13/15, die Beklagte trägt 2/15 der Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Kostengläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist der Vater des am 5.7.1995 geborenen Sohnes T. und eines knapp drei Jahre älteren Sohnes, der seit Mitte Juni 2014 nach Abschluss einer dreijährigen Berufsausbildung Arbeitslosengeld bezieht. Im Herbst 2011 machten der Kläger und seine Ehefrau gegenüber der Beklagten eine ADHS-Erkrankung von T. geltend, für den die Beklagte gemäß Bescheid vom 3.2.2014 mit Wirkung ab dem 9.12.2013 antragsgemäß wegen einer hyperkinetischen Verhaltens- und einer sozialen Anpassungsstörung - beides diagnostizierte ein Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeut Ende 2012 bei ihm - einen Grad der Behinderung von 70 anerkannte. Im Spätsommer 2013 befand sich T. für zwei Monate zur psychiatrischen Behandlung in einer Fachabteilung der Klinik Q. . D. C1. , bis er wegen Alkohol- und Drogenkonsums aus der Behandlung entlassen wurde. In einer ärztlichen Stellungnahme vom 16.9.2013 erklärten der Oberarzt und eine Psychologin der Fachabteilung, bei T1. Erkrankung handele es sich um eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F61) mit Anteilen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus sowie Anteilen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung.
3Nach mehreren vorangegangenen, noch von T1. Eltern als Personensorgeberechtigte beantragten Jugendhilfemaßnahmen erhält T. auf eigenen Antrag hin, begründet mit dem Wunsch nach Stabilisierung seiner psychischen Befindlichkeit und Entwicklung weiterer Schritte für eine Wohn- und Arbeitsperspektive, seit dem 13.12.2013 stationäre Hilfe für einen jungen Volljährigen. Die Hilfe, die ursprünglich schon am 18.11.2013 beginnen sollte - damals kam T. aber vorübergehend nochmals in die Fachabteilung der Klinik Q. -, wird in einer Einrichtung der Stiftung C1. in C2. (P. -S. -I. , I1. A. ) erbracht. Die Beklagte, der dadurch Kosten von über 2.500 € im Monat entstehen, bewilligte T. mit Bescheid vom 21.11.2013 die Hilfeleistung gemäß § 41 i.V.m. § 35a SGB VIII, zunächst befristet bis Ende April 2014; für die Zeit ab Mai 2014 erließ sie entsprechende Bewilligungsbescheide. Mit Einschreiben vom 25.11.2013 teilte sie dem Kläger die Hilfeleistung mit und klärte ihn über deren unterhaltsrechtlichen Folgen auf.
4Nach Anhörung des Klägers, der zahlreiche Unterlagen vorlegte, setzte die Beklagte ihm gegenüber mit Bescheid vom 5.6.2014 einen Kostenbeitrag aus Einkommen für die Zeit vom 13. bis zum 31.12.2013 in Höhe von 267,84 € und ab Januar 2014 von monatlich 510 € fest. Die Beklagte legte dabei als Pauschalabzug für Belastungen des Klägers 25 % seines Nettoeinkommens zu Grunde und ging zudem beitragsmindernd von einer im Vergleich mit T. mindestens gleichrangigen Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seiner Ehefrau aus. Mit Bescheid vom 26.6.2014 setzte die Beklagte einen weiteren Kostenbeitrag des Klägers in Höhe des ihm für seinen Sohn gewährten Kindergeldes von 184 € je Monat fest.
5Am 25.6.2014 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 5.6.2014 Klage erhoben mit der Begründung, die Beklagte habe es unterlassen zu prüfen, ob seinem Sohn wegen des erteilten Schwerbehindertenausweises nunmehr Hilfe nach dem SGB XII statt Jugendhilfe zu leisten sei. Bei Hilfe nach dem SGB XII würde sich sein Kostenbeitrag auf eine Pauschale von höchstens 54,96 € monatlich reduzieren, zu deren Zahlung er bereit sei. Im Falle einer wesentlichen geistigen und/oder körperlichen Behinderung sei Eingliederungshilfe nach dem SGB XII vorrangig. Bei Zweifeln an der Zuordnung der Behinderung müsse der Sozialhilfeträger Ermessen ausüben und notfalls unter Mitwirkung des Jugendhilfeträgers einen Hilfeplan erstellen. Die neben den seelischen Problemen seines Sohnes im Schwerbehindertenausweis festgestellten Störungen begründeten dessen geistig-körperliche Behinderung i.S.d. §§ 53 ff. SGB XII, was einen Hilfebedarf im Erziehungsgeschehen als weiteren behindertenspezifischen Bedarf einschließe.
6Abgesehen davon sei der geforderte Kostenbeitrag überhöht, weil die Beklagte wesentliche Teile seiner nachgewiesenen finanziellen Belastungen nicht anerkannt habe. Das betreffe seine Aufwendungen für das Familieneigenheim (Zins, Tilgung, Erbpacht und Reparaturrücklage), die durch Spareinlagen und das Familienheim zu gewährleistende Alterssicherung seiner nur über eine relativ geringe Rentenanwartschaft verfügenden Ehefrau sowie den Unterhalt für seinen bei ihm wohnenden älteren Sohn, der seit Beendigung seiner Berufsausbildung Arbeitslosengeld beziehe. Schließlich sei seine Kostenbeitragspflicht wegen einer unbilligen Härte ausgeschlossen, denn es widerspreche dem Gleichheitssatz aus Art. 3 GG, Kostenbeitragspflichtige nach dem SGB VIII mit höheren Beträgen als nach dem SGB XII zu belasten. Im Rahmen der Härteprüfung hätte die Beklagte außerdem die aktenkundige schwere Krankheit der Kindesmutter berücksichtigen müssen. Zudem habe sein Sohn ihm und seiner Ehefrau gegenüber schwere Verfehlungen begangen und dadurch seinen Unterhaltsanspruch verwirkt, indem er sie bestohlen, ihnen absichtlich Schaden zugefügt und ihm zeitweilig nach dem Leben getrachtet habe.
7Der Kläger beantragt,
8den Bescheid der Beklagten vom 5.6.2014 aufzuheben,
9hilfsweise ein medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob bei dem Kläger eine Behinderung auf Grund seines festgestellten Gesamtgrades der Behinderung von 70 vorliegt.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie macht geltend, der Sohn des Klägers sei laut allen ihr vorliegenden ärztlichen Gutachten seelisch, nicht aber geistig oder körperlich behindert. Die Feststellung des Grades der Behinderung des Sohnes beruhe auf externen ärztlichen Unterlagen. Sie besage als solche nichts über die Art der Behinderung, deute nach ihrem Inhalt aber gerade nicht auf eine geistige oder körperliche Behinderung. Die festgestellten Beeinträchtigungen seien den Verhaltens- und emotionalen Störungen zuzuordnen und ließen keinen Rückschluss auf eine Intelligenzstörung zu, die für eine geistige Behinderung vorliegen müsse. Im Übrigen habe sie den Kostenbeitrag des Klägers zutreffend festgesetzt, wobei sie das Nettoeinkommen des Jahres 2012, das für den Kostenbeitrag im Jahr 2013 maßgebend sei, irrtümlich sogar etwas zu niedrig angenommen habe, allerdings ohne Auswirkung auf die ermittelte Einkommensgruppe. Auch bei der Berechnung des für den Kostenbeitrag im Jahr 2014 maßgeblichen Nettoeinkommens im Jahr 2013 wirkten sich zwei Berechnungsfehler im Ergebnis nicht aus. Die Aufwendungen für das Familienheim überstiegen den gegenzurechnenden Wohnwert selbst bei Einrechnung des Erbbauzinses allenfalls sehr gering. Ansparungen seien weder Teil der Altersvorsorgeaufwendungen i.S.d. § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII noch als Belastungen i.S.d. § 93 Abs. 3 SGB VIII anzuerkennen, weil sie sich nicht von einer reinen Vermögensvermehrung abgrenzen ließen. Obendrein lägen die nachgewiesenen anerkennungsfähigen Belastungen deutlich unter der ohnehin zu berücksichtigenden Abzugspauschale. Im Rahmen der unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung sei der weitere Sohn des Klägers auch neben dem inzwischen nur noch bezogenen Arbeitslosengeld nicht ergänzend unterhaltsberechtigt. Schließlich bedeute der festgesetzte Kostenbeitrag keine besondere Härte. Es verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG; dass Eltern bei Gewährung von Jugendhilfe für ihr Kind einen anderen Kostenbeitrag als bei Gewährung von Sozialhilfe zu leisten hätten. Der Gesetzgeber dürfe die Kostenbeteiligung in unterschiedlichen Leistungsgesetzen differenziert regeln, weil es einen sachlichen Grund dafür gebe, seelisch behinderte junge Menschen vorrangig der Jugendhilfe und geistig behinderte junge Menschen vorrangig der Sozialhilfe zuzuordnen. Während Letztere grundsätzlich auf Dauer beeinträchtigt seien und Unterstützung benötigten, sei bei den Erstgenannten auf Grund entsprechender Hilfen ein bis ins Erwachsenenalter andauernder Unterstützungsbedarf regelmäßig nicht absehbar. Dass die schwere Erkrankung der Ehefrau des Klägers einen besonderen Bedarf oder besondere Kosten verursache, habe der Kläger bislang weder geltend gemacht noch belegt. Auch das Fehlverhalten des Sohnes rechtfertige weder einen Wegfall seines Unterhaltsanspruchs noch ein Absehen von einem Kostenbeitrag des Klägers, denn es beruhe auf einer psychischen Störung, zu deren Überwindung gerade die dem Sohn derzeit geleistete Hilfe dienen solle.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (drei Hefte) verwiesen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die zulässige Anfechtungsklage ist teilweise begründet. Der Bescheid vom 5.6.2014 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat mit diesem Bescheid den aus dem Einkommen des Klägers resultierenden Kostenbeitrag für Dezember 2013 zutreffend, für die Zeit ab Januar 2014 aber überhöht festgesetzt.
16Ob für die gerichtliche Überprüfung eines Kostenbeitragsbescheides der Zeitpunkt seines Erlasses oder derjenige der gerichtlichen Entscheidung maßgebend ist,
17vgl. einerseits OVG NRW, Beschluss vom 21.9.2007 - 12 E 812/07 -, JAmt 2007, 597 = www.nrwe.de = juris, und VG Minden, z.B. Urteil vom 27.6.2014 - 6 K 3022/13 -, www.nrwe.de, m.w.N.; andererseits OVG NRW, Urteil vom 15.10.2013 - 12 A 80/11 -, www.nrwe.de = juris,
18kann dahinstehen, weil die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Fall insoweit zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen führt. Der Kläger hat im Klageverfahren nichts vorgebracht, was die rechtliche Beurteilung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten ändern könnte.
19Der - formell rechtmäßige - Bescheid vom 5.6.2014 hat seine Ermächtigungsgrundlage in den §§ 92 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 5, 91 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Nr. 6 SGB VIII. Danach erfolgt die (getrennte) Heranziehung der Elternteile zu den vollstationären Leistungen der Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII), die der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen durch geeignete Pflegepersonen und in Einrichtungen über Tag und Nacht und in sonstigen Wohnformen (§ 35a Abs. 2 Nrn. 3 und 4 SGB VIII) entspricht, durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird.
20Der Sohn des Klägers erhält von der Beklagten zu Recht vollstationäre Leistungen nach § 41 SGB VIII. Die Rechtmäßigkeit der Jugendhilfeleistung ist - nach dem seit Oktober 2005 geltenden Kostenbeitragsrecht ebenso wie nach der vorherigen Rechtslage - Voraussetzung für eine rechtmäßige Heranziehung zu einem Kostenbeitrag.
21Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29.4.1999 - 16 A 1224/97 -, FamRZ 2000, 293 = juris, und vom 6.6.2008 - 12 A 144/06 -, FamRZ 2008, 2314 = www.nrwe.de = juris, sowie Beschluss vom 14.1.2009 - 12 E 1693/08 -; Wiesner, SGB VIII, Komm., 4. Aufl. 2011, § 91 Rdnr. 13.
22Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII soll einem jungen Volljährigen Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe auf Grund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist. Nach § 41 Abs. 2 SGB VIII gilt für die Ausgestaltung der Hilfe u.a. § 35a SGB VIII entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.
23Die dem Sohn des Klägers bewilligte Hilfe entspricht der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen in Einrichtungen über Tag und Nacht i.S.d. § 35a Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII. Dass die Hilfe für T. wegen einer seelischen Behinderung erfolgt, ergibt sich übereinstimmend aus allen der Kammer vorliegenden einschlägigen Unterlagen. Schon ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der Fachklinik, in der T. sich Ende 2012 befand, diagnostizierte im Entlassungsbericht vom 17.12.2012 für ihn nach der ICD 10 eine hyperkinetische Störung (F90.0 G1) sowie eine Störung des Sozialverhaltens (F91 G1) - beides Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F90 - F98), die den seelischen Störungen zuzurechnen sind - und hielt dementsprechend auf Grund der hyperkinetischen Symptomatik eine Weiterführung der Neurofeedbackbehandlung sowie eine ambulante Psychotherapie für indiziert, beides Maßnahmen wegen seelischer Beeinträchtigungen. Kurz danach führte genau das zuvor beschriebene Behinderungsbild des Sohnes des Klägers zur Anerkennung seiner Schwerbehinderung mit einem GdB von 70. Auch der Oberarzt und eine Psychologin der Fachabteilung der Klinik Q. , in der T. sich im Spätsommer 2013 befand, ordneten in ihrer Stellungnahme vom 16.9.2013 T1. Erkrankung mit der Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F61) mit Anteilen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus sowie Anteilen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung den seelischen Behinderungen zu (ICD 10 F60 - F 69: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen), nicht aber den geistigen Erkrankungen, wie sie durch die ICD 10 etwa in der Intelligenzstörung (F70 - F79) beschrieben wird. Bezeichnenderweise haben der Kläger und seine Ehefrau mit Schreiben vom 5.12.2013 selbst erklären lassen, ihr Sohn sei seit früher Kindheit neurologisch-psychologisch erkrankt.
24Dass die Behinderung des Sohnes des Klägers eine Behinderung i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sein mag, die nach § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe rechtfertigt, vermag an der vorstehenden rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Denn sowohl Personen mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung als auch Personen mit einer seelischen Behinderung können Leistungen nach § 53 SGB XII erhalten, wie der Wortlaut des Abs. 1 dieser Norm i.V.m. dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verdeutlicht. Bei jungen Menschen im Alter von unter 27 Jahren (vgl. § 7 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 SGB VIII) mit einem dieser verschiedenen Behinderungsbilder ist der Träger der Sozialhilfe aber nur insoweit gegenüber dem Träger der Jugendhilfe vorrangig leistungsverpflichtet, als diese jungen Menschen körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind (§ 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII). Im Übrigen, also namentlich bei Hilfe für seelisch behinderte junge Menschen, gehen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII die Leistungen des Jugendhilfeträgers nach dem SGB VIII (vgl. dessen § 35a Abs. 1) den Leistungen des Sozialhilfeträgers nach dem SGB XII vor, ohne dass bei der Frage, ob für einen bestimmten Bedarf Leistungen der Jugendhilfe oder der Sozialhilfe in Betracht kommen, auf den Schwerpunkt des Bedarfs oder des Leistungszwecks oder -ziels abzustellen wäre.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.1999 - 5 C 26.98 -, FEVS 51, 337 = DVBl. 2000, 1208 = NJW 2000, 2688; VG Stuttgart, Urteil vom 19.12.2013 - 7 K 122/12 -, JAmt 2014, 271 = EuG 68, 505.
26Irgendwelche Ermessenserwägungen der Träger der Jugend- und der Sozialhilfe sind in diesem Zusammenhang entgegen der Meinung des Klägers nicht angebracht. Auch seinem hilfsweise gestellten Beweisantrag war - mangels Erheblichkeit der Beweisfrage - nicht nachzugehen, weil eine Behinderung als solche unstreitig ist und ein GdB von 70 (wie schon in der mündlichen Verhandlung erläutert) nichts über die Art der festgestellten Behinderung aussagt, insbesondere nicht - worauf der Antrag aber wohl zielt - für eine geistige Behinderung spricht.
27Die seit Mitte Dezember 2013 gewährte Hilfeleistung für T1. Persönlichkeitsentwicklung und zu seiner eigenverantwortlichen Lebensführung ist rechtmäßig. Die Beklagte durfte sie als notwendig und geeignet ansehen. Dass die Hilfemaßnahme geeignet und notwendig ist, ist auch im Rahmen des § 41 SGB VIII zu verlangen.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2.9.2010 - 12 B 950/10 -; VG Minden, Urteile vom 24.5.2013 - 6 K 1775/12 - und vom 19.7.2013 - 6 K 1479/12 - sowie Beschluss vom 21.8.2014 - 6 K 353/14 -, jew. www.nrwe.de = juris.
29Aus den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, insbesondere der ärztlichen Stellungnahme der Klinik Q. vom 16.9.2013 mit Begleitschreiben vom 23.9.2013, der Falldarstellung der Beklagten vom 2.10.2013, den Vermerken der Beklagten vom 9.12.2013 und 5.2.2014 sowie dem Inhalt des Protokolls vom 7.2.2014 zum Hilfeplangespräch am 13.12.2013, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer, dass der Sohn des Klägers als junger Volljähriger seit dem 13.12.2013 zur Förderung seiner Entwicklung und zur psychischen Stabilisierung stationärer Hilfe bedarf, indem ihm eine auf längere Zeit angelegte Unterbringung in einer Einrichtung über Tag und Nacht geboten wird mit dem Ziel der Hilfe für seine Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung (§ 41 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 i.V.m. § 35a Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII), und dass die Beklagte zu Recht davon ausgehen durfte, dass die dem Sohn des Klägers dazu bewilligte stationäre Hilfe in einer Einrichtung der Stiftung C1. eine geeignete und notwendige Hilfeleistung darstellt.
30Es ist unerheblich, dass die bislang gewährte und noch fortgesetzte Hilfe offenbar noch nicht zum gewünschten endgültigen Erfolg, sondern nur zu einzelnen, möglicherweise auch nur kleinen Fortschritten in der Persönlichkeitsentwicklung und der Fähigkeit des Sohnes des Klägers zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung geführt hat. § 41 SGB VIII verlangt nämlich keine Prognose dahin, dass die Befähigung des jungen Volljährigen zu eigenverantwortlicher Lebensführung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres oder bis zu einem begrenzten Zeitraum darüber hinaus, gemäß § 7 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 SGB VIII längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, erreicht wird. Zwar ist es Aufgabe und Zielrichtung der Hilfe für junge Volljährige, deren Persönlichkeitsentwicklung und Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensführung zu fördern, und soll die Hilfe so lange wie notwendig, aber in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt und in begründeten Einzelfällen für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Doch weder dem Wortlaut noch der Systematik noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist zu entnehmen, dass ein Anspruch auf Hilfe nur gegeben ist, wenn Aussicht besteht, dass mit der Hilfe eine Verselbstständigung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres oder in einem begrenzten Zeitraum darüber hinaus erreicht werden kann. Da die Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden soll, ist der Abschluss einer positiven Persönlichkeitsentwicklung bzw. die Verselbstständigung mit der Befähigung zu eigenverantwortlicher Lebensführung das möglichst anzustrebende Optimum. Nach § 41 SGB VIII soll dem jungen Volljährigen Hilfe „für die Persönlichkeitsentwicklung“ und „zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung“ gewährt werden. Sie ist also nicht notwendig auf einen bestimmten Entwicklungsabschluss gerichtet, sondern auch schon auf einen Fortschritt im Entwicklungsprozess bezogen. Eine Hilfe für junge Volljährige bietet demgemäß hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn eine spürbare Verbesserung und Förderung der Persönlichkeitsentwicklung des jungen Volljährigen und seiner Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensführung innerhalb des der Hilfegewährung zugänglichen Zeitraums zu erwarten ist.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.9.1999 - 5 C 26.98 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 20.2.1997 - 16 B 3118/96 -, FEVS 47, 505 = NDV-RD 1997, 58 = NVwZ-RR 1998, 315; Wiesner, a.a.O., § 41 Rdnrn. 23 ff.; Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Komm. (Stand: Juni 2014), § 41 Rdnr. 8.
32Dass die Beklagte im Dezember 2013 Fortschritte und Verbesserungen in der Persönlichkeitsentwicklung des Sohnes des Klägers und in dessen Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung prognostiziert hat, wenn er die Hilfe nach § 41 i.V.m. § 35a SGB VIII erhält, ist nach den in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Unterlagen aus der maßgebenden Sicht der Beklagten fachlich vertretbar und für die Kammer nachvollziehbar. Weitere Möglichkeiten der inhaltlichen Überprüfung einer Jugendhilfemaßnahme sind den Gerichten nicht eröffnet. Denn dem Jugendhilfeträger steht bei seiner Entscheidung über die Gewährung einer Hilfeleistung ein Beurteilungsspielraum zu, der nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Bei der Entscheidung über die Geeignetheit und Notwendigkeit einer Jugendhilfemaßnahme handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung des jungen Menschen und mehrerer Fachkräfte (vgl. § 36 SGB VIII), das nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten soll, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich dabei darauf zu beschränken, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet worden, keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind.
33Vgl. BVerwG, Urteile vom 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, FEVS 51, 152 = NVwZ 2000, 325 = NDV-RD 2000, 4, und vom 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, NJW 2013, 1111 = NDV-RD 2013, 45; OVG NRW, Beschlüsse vom 18.7.2013 - 12 A 892/13 -, www.nrwe.de = juris, vom 11.10.2013 - 12 A 1590/13 -, JAmt 2014, 90 = www.nrwe.de = juris, und vom 21.1.2014 - 12 A 2470/13 -, www.nrwe.de = juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 4.7.2006 - 2 O 20/06 -, NJW 2007, 243 = NDV-RD 2006, 105, m.w.N.; BayVGH, Beschluss vom 21.2.2013 - 12 CE 12.2136 -, juris; VG Minden, Urteile vom 19.7.2013 - 6 K 1479/12 -, a.a.O., vom 15.11.2013 - 6 K 2198/13 - und vom 13.12.2013 - 6 K 1278/11 - sowie Beschluss vom 21.8.2014 - 6 K 353/14 -, a.a.O.
34Die letztgenannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall sämtlich erfüllt.
35Für die Rechtmäßigkeit der Jugendhilfeleistung ab dem 13.12.2013 waren auch weder ein Antrag noch das Einverständnis des Klägers als Vater des damals bereits volljährigen Leistungsempfängers, der seinen Antrag für die Zeit seiner Volljährigkeit zu Recht selbst gestellt hatte, erforderlich (vgl. § 41 Abs. 2 SGB VIII).
36Vgl. VG Minden, Urteile vom 22.1.2007 - 6 K 2017/06 - und vom 29.5.2009 - 6 K 2664/08 -, www.nrwe.de = openJur 2011, 69992, sowie Beschluss vom 21.8.2014 - 6 K 353/14 -, a.a.O.; Tammen, in: Münder u.a., FK-SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 41 Rdnr. 3.
37Gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hat die Beklagte - als zusätzliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Kostenbeitragsbescheides - den Kläger außerdem in dem am 26.11.2013 eingelieferten Einschreiben vom 25.11.2013, das gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG als am 29.11.2013 zugestellt gilt, hinreichend über die zivilrechtlichen Folgen einer öffentlich-rechtlichen Kostenbeitragspflicht (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) aufgeklärt
38zu den Anforderungen vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - 5 C 22.11 -, NJW 2013, 629 = NDV-RD 2013, 20 = JAmt 2013, 38; OVG NRW, Beschlüsse vom 26.6.2008 - 12 E 683/07 -, JAmt 2008, 547 = www.nrwe.de, vom 9.9.2010 - 12 A 1567/09 - und vom 13.3.2012 - 12 A 1662/11 -, jew. www.nrwe.de = juris
39und ihm die Leistungsgewährung mitgeteilt. Das hat den Beginn der grundsätzlichen Kostenbeitragspflicht des Klägers am 13.12.2013, dem Tag des Hilfebeginns, zur Folge.
40Der geforderte Kostenbeitrag von 267,84 € für die Zeit vom 13. bis zum 31.12.2013 und von 510 € monatlich ab Januar 2014 unterschreitet jeweils (sehr deutlich) die tatsächlichen Aufwendungen der Beklagten (§ 94 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) im Umfang von mehr als 2.500 € je Monat. Außerdem fehlt es an vorrangigen Kostenbeitragsverpflichtungen anderer Personen, die eine Beitragspflicht des Klägers in der festgesetzten Höhe auch nur teilweise ausschließen könnten (§ 94 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB VIII).
41Die Beklagte hat den Kostenbeitrag für einen Teil des Monats Dezember 2013 in zutreffender Höhe festgesetzt.
42Zur Ermittlung des für Dezember 2013 festgesetzten Kostenbeitrags ist das monatliche Bruttodurchschnittseinkommen des Klägers im Jahr 2012 als das dem Kalenderjahr der im Dezember 2013 geleisteten Jugendhilfe vorangehende Jahr heranzuziehen (vgl. die durch Art. 1 Nr. 9 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 KJVVG, BGBl. I S. 3464, eingeführte Regelung des § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII in der insoweit seit dem 3.12.2013 geltenden Fassung - SGB VIII n.F. -). Laut den in der Entgeltabrechnung des Klägers für Dezember 2012 ausgewiesenen Jahressummen und seinem Einkommensteuerbescheid für 2012 belief sich sein Bruttoverdienst im Jahr 2012 auf 64.080,97 €. Ausweislich dieses Einkommensteuerbescheides erhielt der Kläger im Jahr 2012 zudem eine Steuererstattung von 492,66 €. Auch ein Steuererstattungsbetrag gehört zum Einkommen i.S.d. § 93 Abs. 1 SGB VIII.
43Vgl. VG Minden, Urteile vom 19.4.2013 - 6 K 2743/10 - und vom 19.7.2013 - 6 K 1305/13 -, jew. www.nrwe.de = juris.
44Aus der Summe dieser Jahresbruttoeinkünfte von 64.573,63 € resultiert ein durchschnittliches Monatsbruttoeinkommen von 5.381,14 €. Von diesem Betrag hat die Beklagte zu Recht aber noch den Arbeitgeberanteil zur vermögenswirksamen Leistung
45vgl. dazu VG Minden, Urteile vom 19.7.2013 - 6 K 1305/13 - und vom 11.10.2013 - 6 K 1183/12 -, jew. www.nrwe.de = juris; ausführlich VG Augsburg, Beschluss vom 16.12.2003 - Au 9 K 03.549 -, juris
46in Höhe von monatlich 26,59 € abgezogen, was letztlich zu einem Bruttoeinkommen von 5.354,55 € führt.
47Vom Bruttoeinkommen sind gemäß § 93 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGB VIII gezahlte Steuern, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und Versicherungsbeiträge zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit abzuziehen.
48Die Abzüge nach § 93 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGB VIII (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge) beliefen sich beim Kläger im Jahr 2012 auf (9.965,46 € + 326,04 € + 533,52 € + [7.114,56 € - 3.350,76 €) + [895,08 € - 447,48 €] + 6.279,95 € + 961,21 € =) 22.277,58 €, im Monatsdurchschnitt also auf 1.856,47 €.
49Abzüge im Rahmen des § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII sind nur in geringem Umfang gerechtfertigt. Nach dieser Norm sind nur Versicherungsbeiträge zur Absicherung der dort abschließend aufgezählten Risiken abzugsfähig.
50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, www.nrwe.de = juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.8.2012 - 4 LA 113/11 -, FEVS 64, 319 = EuG 67, 196; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.9.2012 - 6 S 24.12 -, ZfSH/ SGB 2012, 741; VG Minden, Urteil vom 27.6.2014 - 6 K 3022/13 - und Beschluss vom 21.8.2014 - 6 K 353/14 -, jew. www.nrwe.de = juris; Schindler, in: Münder u.a., FK-SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 93 Rdnr. 21; Kunkel, in: LPK-SGB VIII, Komm., 3. Aufl. 2006, § 93 Rdnr. 16.
51Dazu zählen von den vom Kläger geltend gemachten Versicherungen lediglich seine private Rentenversicherung (50 € Monatsbeitrag), die - entgegen der Auffassung der Beklagten - nach Grund und Höhe angemessen i.S.d. § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII erscheint, weil aus der Sicht eines vorausplanenden Bürgers ohne überzogenes Sicherheitsbedürfnis ratsam,
52vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, a.a.O. (allerdings ohne nähere Begründung); Wiesner, a.a.O., § 93 Rdnr. 21; Schindler, in: Münder u.a., a.a.O., § 93 Rdnr. 21,
53und eventuell die ADAC-Auslandskrankenversicherung (1,55 € Monatsbeitrag, nachgewiesen aber nur ab Mai 2013).
54Eine Lebensversicherung deckt hingegen keines der in § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII aufgeführten Risiken ab, denn das Risiko Tod ist in der genannten Norm nicht aufgeführt.
55Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.8.2012 - 4 LA 113/11 -, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.9.2012 - 6 S 24.12 -, a.a.O.; VG Minden, Urteil vom 27.6.2014 - 6 K 3022/13 - und Beschluss vom 21.8.2014 - 6 K 353/14 -, jew. a.a.O.; Schindler, a.a.O., § 93 Rdnr. 21.
56Dasselbe gilt für eine Berufsunfähigkeitsversicherung
57vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 2.8.2012 - 4 LA 113/11 -, a.a.O.; Schindler, a.a.O., § 93 Rdnr. 21
58und eine Bausparversicherung.
59Vgl. VG Minden, Beschluss vom 2.4.2014 - 6 K 2753/13 -.
60Folglich ist für 2012 von einem Nettomonatseinkommen des Klägers (§ 93 Abs. 1 und 2 SGB VIII) in Höhe von mindestens (5.354,55 € - 1.856,47 € - 50 € - 1,55 € =) 3.446,53 € auszugehen. Die Beklagte hat demgegenüber im streitigen Bescheid lediglich 3.387,48 € zu Grunde gelegt, während sie inzwischen von einem Nettoeinkommen von 3.457,03 € ausgeht; beide Abweichungsbeträge wirken sich auf die Höhe des Kostenbeitrags für Dezember 2013 aber nicht aus.
61Nach Abzug der aus einem Nettoeinkommen von 3.446,53 € berechneten 25%-Pauschale für Belastungen (§ 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII n.F.) von 861,63 € bleibt ein bereinigtes Einkommen von 2.584,90 €, das noch über dem im streitigen Bescheid angenommenen Betrag von 2.540,61 € liegt, während es den von der Beklagten inzwischen für zutreffend erachteten Betrag von (3.457,03 € - 864,26 € =) 2.592,77 € leicht unterschreitet; diese von der Berechnung durch die Kammer jeweils abweichenden Beträge bleiben allerdings ohne Auswirkung auf die Höhe des sich daraus ergebenden Kostenbeitrags.
62Mehr als die Pauschale von 861,63 € für Belastungen ist keinesfalls zu berücksichtigen. Der Kläger hat keine höheren, nach Grund und Höhe angemessenen und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzenden Belastungen nachgewiesen.
63Falls die Summe der geltend gemachten Belastungen 25 % des Nettoeinkommens übersteigt, ist ein diese Pauschale übersteigender Abzug nur möglich, soweit die Belastungen nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen (§ 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII n.F.). Da die kostenbeitragspflichtige Person solche Belastungen nachweisen muss (§ 93 Abs. 3 Satz 5 SGB VIII), gilt die Nachweispflicht auch für die Angemessenheit dieser weiter gehenden Belastungen.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.3.2009 - 12 E 578/08 -; VG Minden, Urteile vom 19.4.2013 - 6 K 2743/10 - und vom 19.7.2013 - 6 K 1479/12 und 6 K 1305/13 -, jew. www.nrwe.de = juris.
65Erst nach einem solchen Nachweis wird der Träger der Jugendhilfe in die Lage versetzt, nach pflichtgemäßem Ermessen („können ... abgezogen werden“)
66vgl. Wiesner, a.a.O., § 94 Rdnr. 28
67über die zusätzliche Abzugsmöglichkeit zu entscheiden.
68Danach kann der Kläger nicht verlangen, dass sein Nettoeinkommen um mehr als 861,63 € für Belastungen vermindert wird.
69Dabei unterstellt die Kammer bereits zu Gunsten des Klägers, dass bei denjenigen Belastungen, für die er als abzugsfähig nach § 93 Abs. 3 SGB VIII in Betracht kommende Aufwendungen nur für das Jahr 2013 nachgewiesen hat, bereits im Jahr 2012 Beiträge in gleicher Höhe zu zahlen waren. Da im Übrigen schon nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII nur Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person selbst von deren Nettoeinkommen abzuziehen sind und deshalb Beiträge für Versicherungen, die von dem Ehegatten oder einem sonstigen Familienangehörigen des Kostenbeitragspflichtigen oder zu Gunsten einer solchen Person abgeschlossen worden sind, als Abzugsbeträge nach § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 SGB VIII n.F. ausscheiden,
70vgl. VG Minden, Beschluss vom 2.4.2014 - 6 K 2753/13 -, bestätigt durch Beschluss des OVG NRW vom 19.5.2014 - 12 E 471/14 -,
71ist außerdem fraglich, ob der Beitrag für die auch mit auf den Namen der Ehefrau des Klägers abgeschlossene Unfallversicherung mit der Endnummer 363441 in (nur für 2013 belegter) voller monatlicher Höhe von 7,08 € anerkennungsfähig ist; die Kammer kann dies zu Gunsten des Klägers aber ebenfalls unterstellen. Schließlich kann die Kammer zum abermaligen Vorteil des Klägers die Angemessenheit aller nachfolgend als abzugsfähig bezeichneten Belastungen (näher dazu unten) unterstellen, obschon dies zumindest teilweise (z.B. Versicherungsbeiträge für zweiten PKW und Motorrad) erheblich zweifelhaft ist.
72Als monatliche Aufwendungen des Klägers für eigene Versicherungen i.S.d. § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 SGB VIII n.F. sind selbst nach diesen Maßgaben höchstens 207,53 € anzuerkennen: 71,43 € + 47,92 € für zwei Lebensversicherungen (eine von ihnen bezeichnet der Kläger als Berufsunfähigkeitsversicherung), 7,08 € + 7,57 € für zwei Unfallversicherungen, 24,25 € (evtl. auch nur 24,05 €) für die Versicherung des nicht beruflich genutzten zweiten PKW der Familie, 4,67 € für eine Motorradversicherung, 8,29 € für eine Haftpflichtversicherung, 14,76 € für eine Hausratversicherung und 21,56 € für eine Gebäudeversicherung.
73Einen Beitrag für eine Rechtsschutzversicherung jeglicher Art - der Kläger macht Aufwendungen für eine Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutzversicherung geltend - ist nicht nach § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 SGB VIII n.F. abzugsfähig, sei es wegen der bereits durch die Vorschriften über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) gewährten Daseinsvorsorge,
74vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, a.a.O.; VG Oldenburg, Urteil vom 31.3.2008 - 13 A 5469/05 -, juris; Schindler, a.a.O., § 93 Rdnr. 28,
75sei es, weil eine Rechtsschutzversicherung zur Deckung der dadurch abgesicherten Risiken nicht allgemein üblich und deshalb schon dem Grunde nach unangemessen i.S.d. § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII n.F. ist.
76Vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 17.2.2010 - 4 A 27/09 -, juris, mit Verweis auf OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.2.2001 - 12 L 4305/00 -, FEVS 52, 476.
77Berufsbedingte Fahrtkosten des Klägers als mit der Einkommenserzielung verbundene notwendige Ausgaben i.S.d. § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 SGB VIII n.F.
78vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2008 - 12 E 1458/08 -, www.nrwe.de = juris, m.w.N.
79sind höchstens mit 77 € abzugsfähig.
80In Übereinstimmung mit Nr. 12.6.2 der von einer Arbeitsgemeinschaft zahlreicher Landesjugendämter herausgegebenen „Gemeinsamen Empfehlungen für die Heranziehung zu den Kosten nach §§ 90 ff. SGB VIII“ - Stand 4.12.2013 - wären bei entsprechender Anwendung der steuerrechtlichen Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG (in der insoweit seit Ende April 2009 unverändert geltenden Fassung)
81für einschlägig erachtet vom OVG Lüneburg, z.B. Beschlüsse vom 16.2.2011 - 4 PA 205/10 -, JurBüro 2011, 311 = juris (Rdnr. 8 a.E.), und vom 9.3.2011 - 4 PA 275/10 -, EuG 65, 459
82hierfür 38,50 € anzusetzen, nämlich 0,30 € pro vollem Entfernungskilometer bei auf zwölf Monate aufgeteilten üblichen 220 Jahresarbeitstagen; die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte des Klägers (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) beträgt unstreitig 7 volle km.
83Allerdings kommt auch eine für den Kläger ungünstigere Berechnung nach Maßgabe des § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a VO zu § 82 SGB XII in Betracht.
84Dafür: OVG NRW, Beschluss vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, a.a.O.; VGH München, Beschluss vom 25.10.2012 - 12 ZB 11.501 -, NJW 2013, 633; VG Würzburg, Urteil vom 8.3.2012 - W 3 K 11.851 -, juris; Wiesner, a.a.O., § 93 Rdnr. 23;
85offen gelassen: OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2008 - 12 E 1458/08 - (§ 9 EStG oder § 3 VO zu § 82 SGB XII), a.a.O.; VG Minden, Beschluss vom 22.1.2013 - 6 K 2032/10 - und Urteil vom 24.5.2013 - 6 K 1775/12 -, jew. www.nrwe.de = juris;
86für die grundsätzliche sinngemäße Anwendbarkeit der im Sozialhilferecht geltenden Berechnungsvorschriften zur Ausfüllung von Regelungslücken im Kostenbeitragsrecht (unter Hinweis darauf, dass dies im Urteil vom 19.8.2010 - 5 C 10.09 - bei der Frage der Fahrtkostenberechnung noch offen geblieben war): BVerwG, Urteil vom 11.10.2012 - 5 C 22.11 -, a.a.O.
87Nach diesen Vorschriften ist für jeden vollen Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, gedeckelt auf 40 Entfernungskilometer, ein monatlicher Pauschbetrag von 5,20 € vorgesehen; das entspräche im Falle des Klägers einem Abzugsbetrag von nur (7 x 5,20 € =) 36,40 €.
88Die Kammer braucht nicht zu entscheiden, ob im Rahmen des § 93 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII eine dieser beiden Berechnungsmethoden - und ggf. welche - anzuwenden ist oder ob ein Kostenbeitragspflichtiger stattdessen die Berücksichtigung einer an Hand unterhaltsrechtlicher Leitlinien errechneten wesentlich höheren Fahrtkostenpauschale beanspruchen kann,
89vgl. OVG Schleswig, Urteil vom 27.4.2009 - 2 LB 7/09 -, juris; OVG Saarlouis, Beschluss vom 28.11.2012 - 3 A 368/11 -, NVwZ-RR 2013, 265;
90offen gelassen: BVerwG, Urteil vom 19.8.2010 - 5 C 10.09 -, BVerwGE 137, 357 = NJW 2011, 97 = FEVS 62, 359; OVG NRW, Beschluss vom 13.6.2013 - 12 E 168/13 - (nicht ausgeschlossen, dass ein Abzug etwa auf der Grundlage der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des örtlich zuständigen OLG sachgerecht sein kann),
91die hier nach Maßgabe von Nr. 10.2.2 der Hammer Leitlinien (Stand: 1.1.2013 - zum 1.1.2014 nicht geändert -) 77 € betrüge (7 volle Entfernungskilometer x 2 x 0,30 € x 220 Arbeitstage : 12 Monate). Mit dieser höchstmöglichen Fahrtkostenpauschale sind dann allerdings auch sämtliche PKW-Kosten (z.B. Versicherungen - Haftpflicht, Verkehrsrechtsschutz - und Steuer) einschließlich derjenigen für Abnutzung und Finanzierungsaufwand abgegolten.
92Vgl. BGH, Urteil vom 1.3.2006 - XII ZR 157/03 -, NJW 2006, 2182 = FamRZ 2006, 846; OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.2.2011 - 4 PA 205/10 -, JurBüro 2011, 311 = juris (Rdnr. 7); VG Minden, Urteil vom 11.10.2013 - 6 K 1183/12 -, www.nrwe.de = juris, und Beschluss vom 2.4.2014 - 6 K 2753/13 -.
93Doch auch Fahrtkosten von monatlich 77 € rechtfertigen zusammen mit den übrigen höchstens abzugsfähigen konkreten Belastungen des Klägers noch keine Erhöhung des Pauschalabzugs von 861,63 €.
94Als nach § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 SGB VIII n.F. abzugsfähige monatliche Schuldverpflichtung macht der Kläger einen Monatsbeitrag von 6,63 € für einen ADAC-Schutzbrief geltend, dessen Angemessenheit i.S.d. § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII n.F. jedoch fragwürdig ist. An der Angemessenheit einer Schuldverpflichtung fehlt es in der Regel, wenn sie nicht zur Anschaffung notwendiger Gegenstände des täglichen Lebens unumgänglich ist, sondern zum Erwerb von Luxusgütern oder zur Deckung der Kosten für die allgemeine Lebensführung eingegangen wird, die angesichts der Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII und der Grundsicherung nach dem SGB II nicht über die Aufnahme von Krediten finanziert zu werden braucht.
95Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, a.a.O., m.w.N.; VG Minden, Beschlüsse vom 3.6.2013 - 6 K 2643/12 und 6 K 2644/12 - sowie Urteil vom 19.7.2013 - 6 K 1479/12 -, a.a.O.; Wiesner, a.a.O., § 93 Rdnr. 24.
96Als Schuldverpflichtung führt der Kläger zweitens Zahlungspflichten aus der Finanzierung seines Eigenheims an. Die Kosten der Finanzierung von Wohneigentum können im Rahmen des § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 SGB VIII n.F. grundsätzlich zwar berücksichtigt werden, sind jedoch nur insoweit als Belastung nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII n.F. anzusehen, als den Finanzierungskosten der durch die Nutzung des Eigentums erzielte Wohnwert gegenübergestellt und in Abzug gebracht wird.
97Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.12.2008 - 12 E 1458/08 -, a.a.O., m.w.N.; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 26.1.2010 - 4 ME 2/10 -, FEVS 62, 95 = EuG 65, 8, und vom 18.7.2012 - 4 LA 90/11 -, FEVS 64, 237 = EuG 67, 153; Wiesner, a.a.O., § 93 Rdnr. 24; Schindler, a.a.O., § 93 Rdnr. 29.
98Die finanzielle Belastung des Klägers aus dem Erwerb des Familieneigenheims setzt sich zusammen aus den auf ihn entfallenden Anteilen sowohl der Zinszahlungen als auch der Tilgungsbeträge für Kredite.
99Vgl. VG Minden, Urteil vom 19.7.2013 - 6 K 1305/13 -, a.a.O., unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 19.3.2003 - XII ZR 123/00 -, NJW 2003, 2306 = NDV-RD 2003, 96 (zum Unterhaltsrecht); im Ergebnis ebenso: Nr. 5.4 Abs. 1 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Hamm - Hammer Leitlinien - für 2013.
100Die für die Immobilienfinanzierung nachgewiesenen monatlichen Zahlbeträge im Jahr 2012 beliefen sich auf mindestens (198 € + 404,17 € + 236,56 € =) 838,73 €. Falls zusätzlich der Bausparbeitrag von 111 € - der Bausparvertrag befindet sich noch in der Ansparphase - und der Erbbauzins von 69,45 € berücksichtigungsfähig sein sollten - möglicherweise ist letzterer aber wie Mietkosten (näher dazu unten) als bereits in die Kostenbeitragstabelle eingearbeitet anzusehen -, läge die Summe aller zur Immobilienfinanzierung bestimmten Aufwendungen bei 1.019,18 € je Monat. Die inzwischen nachgewiesene jährliche Sonderzahlung von 2.500 € ist demgegenüber eine nicht zu berücksichtigende freiwillige, überobligatorische Leistung, zu der der Kläger nicht verpflichtet ist. Auch die Bildung von Rücklagen für künftige Reparaturen am I. beruht auf keiner Schuldverpflichtung i.S.d. § 93 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 SGB VIII n.F.
101Ob ein Betrag von 1.019,18 € in voller Höhe als Belastung (nur) des Klägers anzusehen wäre, obwohl sämtliche Finanzierungsverträge ausweislich der Adressierung der dazu vorgelegten Unterlagen bzw. der darin gewählten Anrede von den Eheleuten gemeinsam abgeschlossen worden sein dürften mit der Folge, dass jedem der Ehegatten nur die Hälfte der monatlichen Zahlungen als Belastung zuzurechnen wäre, braucht die Kammer wiederum nicht aufzuklären bzw. zu entscheiden, weil, wie später ausgeführt wird, auch eine monatliche Finanzierungsbelastung von 1.019,18 € nicht zu einer Kostenbeitragsreduzierung führt.
102Der Wohnwert des Hauses des Klägers ist mit 631,20 € anzunehmen. Dafür ist sachgerecht die für den Wohnort des Klägers gültige Mietwerttabelle (Bielefelder Mietspiegel 2014) heranzuziehen, die für eine bis zum Jahr 1977 gebaute Wohnung - dieses Baujahr behauptet der Kläger für sein I. - in mittlerer Wohnlage mit bis zu 120 m2 Wohnfläche eine mittlere m2-Monatsmiete von 5,26 € nennt (bereits ab dem Baujahr 1978 läge dieser Wert schon bei 6,03 €). Durch Multiplikation mit der unstreitigen Wohnfläche von 120 m2 ergibt sich der genannte Miet- und gleichzeitige Wohnwert.
103Eine Halbierung des Wohnwerts ist nicht angezeigt. Der Wohnwert ist beim Kläger in voller Höhe zu berücksichtigen, auch wenn er und seine Ehefrau das Wohnhaus gemeinsam nutzen. Trotzdem lässt sich der Wohnwert nicht auf die Eheleute aufteilen, denn jeder Ehegatte profitiert von dem gesamten Wohnwert.
104Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 18.7.2012 - 4 LA 90/11 -, a.a.O.; VG Minden, Urteil vom 19.7.2013 - 6 K 1305/13 -, a.a.O.
105Damit übersteigen die anerkennungsfähigen Finanzierungskosten den Wohnwert des Familieneigenheims allerhöchstens um (1.019,18 € - 631,20 € =) 387,98 €.
106Die üblichen Wohnnebenkosten, die einem Wohnungseigentümer ebenso wie einem Mieter (im Wege der Umlage) entstehen (Energiekosten, Müllabfuhr- Straßenreinigungs- und Schornsteinfegergebühren, Grundbesitzabgaben usw.), sowie sämtliche Kosten der allgemeinen Lebenshaltung (wozu z.B. Rundfunk- und Telefongebühren gehören) sind nicht als Schuldverpflichtungen abzugsfähig, weil solche Kosten bereits bei Aufstellung der Kostenbeitragstabelle berücksichtigt und dort eingearbeitet worden sind.
107Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18.12.2008 - 12 E 1458/08 -und vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, jew. a.a.O.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 26.1.2010 - 4 ME 2/10 -, a.a.O., m.w.N.; VG Minden, Urteile vom 22.1.2007 - 6 K 2025/06 - und vom 19.7.2013 - 6 K 1479/12 -, a.a.O.; Wiesner, a.a.O., § 93 Rdnr. 24; Schindler, a.a.O., § 93 Rdnr. 26.
108Aus allem Vorstehenden folgt, dass vom Nettoeinkommen des Klägers (3.446,53 €) bei konkreter Betrachtung seiner günstigstenfalls zu berücksichtigenden Belastungen 207,53 € für Versicherungsbeiträge, 77 € für berufsbedingte Fahrtkosten und (6,63 € + 387,98 € =) 394,61 € für Schuldverpflichtungen anerkennungsfähig sind, zusammengenommen also 679,14 €. Selbst dieser Betrag, der sich, wie oben im Einzelnen ausgeführt, nur bei wiederholten Unterstellungen zu Gunsten des Klägers ergibt, liegt immer noch deutlich unter der auf jeden Fall abziehbaren Belastungspauschale von 861,63 €.
109Das um diesen Pauschalabzug reduzierte Nettoeinkommen führt mit einem bereinigten Einkommen von (3.446,53 € - 861,63 € =) 2.584,90 € - ebenso wie der von der Beklagten angenommene Betrag von 2.540,61 € - zur Zuordnung in die Einkommensgruppe 10 (2.401 bis 2.700,99 €) der Tabelle in der Anlage zur gemäß § 94 Abs. 5 SGB VIII erlassenen Kostenbeitragsverordnung (KbV) in der seit dem 4.12.2013 gültigen Fassung der 1. ÄndVO vom 5.12.2013 (BGBl. I S. 4040). Da der Kläger gegenüber seiner Ehefrau im Vergleich mit seinem Sohn T. mindestens gleichrangig unterhaltsverpflichtet ist, wovon die Beklagte im streitigen Bescheid zutreffend ausgeht, ist die Einkommenszuordnung um eine Tabellenstufe auf die Stufe 9 zu reduzieren (§ 94 Abs. 2 und 5 SGB VIII i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 KbV und § 1609 BGB). Eine weitere Tabellenrückstufung wegen des zweiten Sohnes ist nicht vorzunehmen. Denn dieser Sohn ist gegenüber dem Kläger nicht unterhaltsberechtigt, weil er seinen Unterhaltsbedarf zunächst durch seine Ausbildungsvergütung decken konnte und seit Mitte Juni 2013 durch das ihm gewährte Arbeitslosengeld decken kann.
110Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KbV und der zugehörigen Kostenbeitragstabelle führt die Kostenbeitragspflicht zu den Kosten vollstationärer Leistungen für eine Person in der Einkommensgruppe 9 zu einem monatlichen Kostenbeitrag von 437 €, dem von der Beklagten zu Grunde gelegten Betrag. Auf die streitgegenständliche Zeit im Dezember 2013 vom 13. (Beginn der Kostenbeitragspflicht des Klägers) bis zum 31. des Monats entfallen anteilig 19/31 des festgesetzten Monatsbeitrags, also 267,84 €, wie die Beklagte zutreffend errechnet hat.
111Ausführlich zum Erfordernis einer taggenauen Berechnung: VG Minden, Gerichtsbescheid vom 13.8.2012 - 6 K 1629/12 - und Urteil vom 19.4.2013 - 6 K 2743/10 -, jew. www.nrwe.de = juris.
112Der von der Beklagten festgesetzte Kostenbeitrag ist nicht weiter zu reduzieren. Denn weder schmälert er Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter (§ 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII) noch ist er unangemessen i.S.d. § 94 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB VIII, weil dem Kläger, wenn von seinem damaligen relevanten Nettoeinkommen von über 3.400 € neben dem Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau noch der geforderte Kostenbeitrag abgezogen wird, auf jeden Fall der unterhaltsrechtlich angemessene Selbstbehalt verbleibt. Die seit dem 4.12.2013 geltende geänderte Kostenbeitragstabelle macht durch die jetzt sichergestellte Wahrung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts eine detaillierte unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung entbehrlich (vgl. A.I.1 der Begründung des Entwurfs des KJVVG, BT-Drs. 17/13023 S. 10, und A.II der Begründung des Entwurfs der 1. ÄndVO zur KbV, BR-Drs. 119/13 S. 5 f.)
113Vgl. VG Minden, Beschluss vom 2.12.2014 - 6 K 1149/14 -, www.nrwe.de = juris.
114Von einer Heranziehung des Klägers zu einem Kostenbeitrag ist nicht nach § 92 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII abzusehen. Danach soll von der Heranziehung im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Im vorliegenden Fall fehlt es an einer solchen besonderen Härte.
115Da durch die Rücksichtnahme auf besondere Härtefälle atypischen Fällen Rechnung getragen werden soll, die mit den auf die individuelle Zumutbarkeit abgestellten, letztlich aber doch pauschalierten Heranziehungsvorschriften nicht hinreichend erfasst werden, stellt die Erhebung eines Kostenbeitrags nur dann eine besondere Härte dar, wenn sie zu einem Ergebnis führt, das den Leitvorstellungen der §§ 91 bis 93 SGB VIII nicht entspricht und mit atypischen, unzumutbaren finanziellen Belastungen des Beitragspflichtigen verbunden ist.
116Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, vom 24.6.2010 - 12 A 2575/09 - und vom 20.7.2011 - 12 A 805/11 -, jew. www.nrwe.de = juris; OVG Hamburg, Urteil vom 3.9.1993 - Bf IV 28/92 -, FEVS 44, 448 (453 f.); OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 19.6.2003 - 4 A 4/02 -, FEVS 55, 156 (164); Wiesner, a.a.O., § 92 Rdnr. 20.
117So bleibt z.B. Raum für die Berücksichtigung atypischer finanzieller Belastungen, die von den nach Einkommensgruppen gestaffelten Pauschalbeträgen nicht erfasst werden.
118Vgl. Wiesner, a.a.O., § 92 Rdnr. 20; Schindler, a.a.O., § 92 Rdnr. 32.
119Dabei muss sich die besondere Härte nicht notwendig aus der Person des Beitragspflichtigen selbst ableiten, sondern kann auch in der Person eines Dritten begründet sein, etwa im Hinblick auf Unterhaltsverpflichtungen.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20.7.2011 - 12 A 805/11 -, a.a.O.
121Die Pfändungsfreibeträge der §§ 850 ff. ZPO sind bereits im Rahmen der Kostenbeitragstabelle berücksichtigt und eingearbeitet worden. Dies kann wegen der Unterschiedlichkeit des Regelungsgegenstandes nicht mit dem bloßen Hinweis auf eine (angebliche) Überschreitung der individuellen Pfändungsfreigrenze im Einzelfall in Frage gestellt werden. Bei der Prüfung, ob eine besondere Härte i.S.d. § 92 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII vorliegt, bedarf es zur Wahrung der Zumutbarkeitsgrenze insoweit keiner Gleichbehandlung. Vielmehr kann es auch bei (etwaiger) Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze als ausgeschlossen angesehen werden, dass bei der Erhebung eines Kostenbeitrags die Existenzsicherung des Kostenbeitragspflichtigen gefährdet werden könnte.
122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.3.2009 - 12 A 3019/08 -, a.a.O.
123Nach den vorstehenden Maßgaben begründet ein Kostenbeitrag von 267,84 € für Dezember 2013 keine besondere Härte, weil er, wie bereits gesagt, keine Unterhaltsansprüche vor- oder gleichrangig Berechtigter beeinträchtigt und für den Kläger oder dritte Personen nicht zu einer atypischen, unzumutbaren finanziellen Belastung führt. Vielmehr bleiben dem Kläger angesichts der Höhe seines Einkommens mehr als ausreichende Mittel, um die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten zusätzlichen finanziellen Wünsche (z.B. Alterssicherung seiner Ehefrau) erfüllen zu können. Dass seine Ehefrau einen krankheitsbedingten außerordentlichen finanziellen Mehrbedarf hätte, der den festgesetzten Kostenbeitrag als eine besondere Härte erscheinen lassen könnte, hat er nicht substanziiert geltend gemacht. Bezeichnenderweise sieht er sich stattdessen ohne weiteres in der Lage, für die Familie einen zweiten PKW und ein Motorrad zu finanzieren, eine jährliche Sonderzahlung zur beschleunigten Schuldentilgung für die Hausfinanzierung zu leisten und Rücklagen für künftige Renovierungskosten zu bilden.
124Auch die offenbar schon seit Jahren angespannte Familiensituation und das unerfreuliche Verhalten des Sohnes des Klägers gegenüber seinen Eltern in der Vergangenheit (Diebstähle, empfundener Wunsch zur Tötung des Klägers), das der Kläger als massives, einen Unterhaltsanspruch verwirkendes Fehlverhalten bezeichnet, können keine besondere Härte begründen. Das vom Kläger angeführte Verhalten seines Sohnes lag vielmehr gerade im Regelbereich derjenigen Lebenssachverhalte, die im Interesse eines jungen Menschen eine Intervention des Jugendamtes auslösen, um Schaden von dem jungen Menschen und der Allgemeinheit, ggf. auch von seinen nächsten Angehörigen, abzuwenden. Dass die Eltern zu den Kosten einer solchen Maßnahme generell beizutragen haben, weil die finanzielle Verantwortung für ihr Kind gerade auch in solchen Situationen fortbesteht, gehört zur Grundvorstellung der Bestimmungen über die Kostenbeitragspflicht von Eltern für eine Jugendhilfemaßnahme.
125Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 3.9.1993 - Bf IV 28/92 -, a.a.O. (S. 455); VG Minden, Urteile vom 22.1.2007 - 6 K 2017/06 - und vom 29.5.2009 - 6 K 2664/08 -, a.a.O., sowie Beschluss vom 21.8.2014 - 6 K 353/14 -, a.a.O.
126Außerdem liegt eine besondere Härte dann nicht vor, wenn - wie es nach dem Vorbringen des Klägers und dem aussagekräftigen Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten auch hier der Fall ist - das Verhältnis zwischen dem kostenbeitragspflichtigen Elternteil und dem Hilfe empfangenden Kind ohnehin schon so distanziert ist, dass eine Inanspruchnahme des Pflichtigen daran nichts Wesentliches mehr zu verschlechtern vermag.
127Vgl. VG Minden, Urteile vom 22.1.2007 - 6 K 2017/06 - und vom 29.5.2009 - 6 K 2664/08 -, a.a.O., sowie Beschluss vom 21.8.2014 - 6 K 353/14 -, a.a.O.; Kunkel, a.a.O., § 92 Rdnr. 24, unter Hinweis auf VGH Mannheim, Urteil vom 10.6.1991 - 6 S 1185/91 - (n.v.).
128Schließlich bedeutet es weder eine besondere Härte noch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG, dass der sich aus den Vorschriften des SGB VIII ergebende Kostenbeitrag des Klägers höher ist, als es eine Kostenbeteiligung nach den Regeln des SGB XII wäre. Eine Differenzierung der Beitragshöhe in diesen beiden Leistungsgesetzen ist allein schon deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, weil in diesen Gesetzen unterschiedliche Lebenssachverhalte betroffen sind, die vor dem jeweiligen sozialpolitischen Hintergrund
129für § 92 SGB XII vgl. Behrend, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 92 Rdnr. 17
130eine unterschiedlich motivierte Beitragspflicht auslösen. Sinn und Zweck des § 92 Abs. 2 SGB XII (u.a. auf diese Norm verweist der Kläger) ist es, die Eltern behinderter Kinder bezogen auf Eingliederungshilfemaßnahmen mit den Eltern nichtbehinderter Kinder gleichzustellen. Die durch eine angemessene Bildung ihrer behinderten Kinder entstehenden höheren Kosten sollen ausgeglichen werden. Insofern sollen die Eltern behinderter Kinder in ihrer aktiven Mitwirkung an der Eingliederung ihrer Kinder unterstützt werden; dieses Allgemeininteresse an der Eingliederung soll nicht durch wirtschaftliche Überlegungen der Eltern gefährdet werden.
131Vgl. Behrend, a.a.O., § 92 Rdnr. 18, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 22.5.1975 - V C 19.74 -, BVerwGE 48, 228 = FEVS 23, 403 = juris (Rdnr. 27).
132Demgegenüber geht es im SGB VIII nicht um die Kompensation einer materiellen Notsituation, sondern um die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen, für die der Staat neben den Eltern eine Verantwortung trägt.
133Vgl. Armbruster, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 93 Rdnr. 10.
134So fehlt etwa im SGB VIII bewusst eine dem § 94 SGB XII - auch auf diese Norm bezieht sich der Kläger - nachgebildete Vorschrift.
135Vgl. Armbruster, a.a.O., § 94 Rdnr. 18.
136Die in den §§ 91 ff. SGB VIII normierte Kostenbeitragspflicht knüpft daran an, dass die kostenbeitragspflichtigen Personen durch die staatliche Leistung materiell entlastet werden. In dieser Beschränkung kommt der staatliche Verantwortungsanteil zum Ausdruck. Im SGB XII findet sich eine entsprechende Struktur in den Leistungen, die als „erweiterte Hilfe“ aber ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen gewährt werden und dann auch nur zum begrenzten Kostenbeitrag ermächtigen.
137Vgl. Armbruster, a.a.O., § 93 Rdnr. 11.
138Der für die Zeit ab dem 1.1.2014 festgesetzte Kostenbeitrag des Klägers von monatlich 510 € ist überhöht. Die Beklagte kann monatlich nur 437 € beanspruchen.
139Für die Zeit ab dem 1.1.2014 gelten dieselbe Berechnungsweise und dieselbe Kostenbeitragstabelle wie für den Beitragszeitraum 13. bis 31.12.2013, gemäß § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII n.F. nunmehr allerdings orientiert am monatlichen Durchschnittseinkommen des Klägers im Jahr 2013. Dessen Jahresbruttoeinkommen 2013 aus nichtselbstständiger Arbeit betrug ausweislich der Entgeltabrechnung für den Dezember jenes Jahres 66.515,93 €. Hinzu kommt eine im Jahr 2013 erhaltene Steuererstattung von 201,54 €. Ein Jahresbruttoeinkommen von insgesamt 66.717,47 € bedeutet ein monatliches Durchschnittsbruttoeinkommen von 5.559,79 €. Abzüglich des Arbeitgeberanteils zur vermögenswirksamen Leistung von 26,59 € verbleiben letztlich 5.533,20 €.
140Die Abzüge nach § 93 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGB VIII (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge) betrugen im Jahr 2013 (10.540,31 € + 354,42 € + 579,96 € + 3.874,56 € + 484,32 € + 6.285,76 € + 997,73 € =) 23.117,06 €, im Monatsdurchschnitt also 1.926,42 €. Als Versicherungsbeiträge i.S.d. § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII kommen erneut neben 50 € Monatsbeitrag zur privaten Rentenversicherung allenfalls 1,55 € Monatsbeitrag für die ADAC-Auslandskrankenversicherung in Betracht. Die demnach höchstens möglichen Abzüge im Rahmen des § 93 Abs. 2 SGB VIII von (1.926,42 € + 50 € + 1,55 € =) 1.977,97 € ergeben ein monatliches Nettoeinkommen von mindestens (5.533,20 € - 1.977,97 € =) 3.555,23 €; ohne Berücksichtigung des Beitrags für die Auslandskrankenversicherung ergibt sich ein geringfügig höheres maximales Nettoeinkommen von 3.556,78 €. Dass die Beklagte an dieser Stelle im streitigen Bescheid von 3.767,98 € ausgeht, beruht im Wesentlichen auf der Außerachtlassung eines Lohnsteuer-Jahresteilbetrags von 2.136 € (berücksichtigt hat sie damals lediglich 8.404,31 €), worauf sie im Schreiben vom 18.9.2014 selbst verweist. In diesem Schreiben geht sie nunmehr - allerdings weiterhin überhöht - von einem Nettoeinkommen von 3.606,78 € aus.
141Die Pauschale für Belastungen von 25 % des Nettoeinkommens (§ 93 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII n.F.) bedeutet einen Abzugsbetrag von (3.555,23 € x 25 % =) 888,81 €. Mehr als dieser Pauschalbetrag für Belastungen ist keinesfalls abzugsfähig. Das folgt, ohne dass abermals wie für den vorangegangenen Kostenbeitragszeitraum umfangreiche Einzelberechnungen erforderlich wären, allein schon daraus, dass die monatliche Belastung für die Hausfinanzierung im Jahr 2013 gegenüber dem Jahr 2012 ausweislich der durch entsprechende Unterlagen bestätigten, der „Auskunft über Einkommensverhältnisse“ vom 18.12.2013 beigefügten Kostenaufstellung des Klägers deutlich geringer ausfällt und die übrigen geltend gemachten Belastungen entweder betragsmäßig unverändert sind oder nur marginal nach oben oder unten gegenüber dem Vorjahr abweichen. Da aber schon die Summe der im Vorjahr höheren konkreten Belastungen, soweit sie überhaupt als anerkennungsfähig in Betracht kommen, niedriger war als der Pauschalabzugsbetrag von 25 % des durchschnittlichen Nettomonatseinkommens, das seinerseits unter demjenigen im Jahr 2013 lag, gilt das für die Belastungen im Jahr 2013 erst recht.
142Nach Abzug der Belastungspauschale (888,81 €) vom Nettoeinkommen (3.555,23 €) bleibt ein bereinigtes Einkommen von 2.666,42 €, das in der Kostenbeitragstabelle anders als der von der Beklagten im streitigen Bescheid angenommene Betrag von 2.825,99 € und der inzwischen für richtig gehaltene Betrag von 2.705,08 € nicht der Einkommensgruppe 11 (2.701 bis 3.000,99 €), sondern der Einkommensgruppe 10 (2.401 bis 2.700,99 €) zugeordnet ist. An diesem Ergebnis würde sich nichts ändern, wenn der (sehr geringe) Monatsbeitrag des Klägers zur ADAC-Auslandskrankenversicherung als Abzugsbetrag unberücksichtigt bliebe.
143Wegen der Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner Ehefrau ist auch jetzt wieder wie für den vorangegangenen Kostenbeitragszeitraum eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe in die Gruppe 9 vorzunehmen. Der monatliche Kostenbeitrag des Klägers ab Januar 2014 beträgt damit nicht 510 €, wie von der Beklagten festgesetzt, sondern 437 €. Eine weitere Reduzierung dieses Betrages ist aus den zum vorangegangenen Beitragszeitraum ausführlich dargelegten Gründen jedoch nicht geboten.
144Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 1, Satz 2 Halbs. 1 VwGO, die Anordnungen zu ihrer vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach oder entsprechend dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Eine Entschädigung, die nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Geldleistungen, die dem gleichen Zwecke wie die jeweilige Leistung der Jugendhilfe dienen, zählen nicht zum Einkommen und sind unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen; dies gilt nicht für
- 1.
monatliche Leistungen nach § 56 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 61 Absatz 2 Satz 1 und § 62 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches für sonstige Bedürfnisse genannten Betrages und - 2.
monatliche Leistungen nach § 122 des Dritten Buches bis zu einer Höhe des in § 123 Satz 1 Nummer 2, § 124 Nummer 2 und § 125 des Dritten Buches genannten Betrages.
(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen
- 1.
auf das Einkommen gezahlte Steuern und - 2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung sowie - 3.
nach Grund und Höhe angemessene Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen zur Absicherung der Risiken Alter, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.
(3) Von dem nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrag sind Belastungen der kostenbeitragspflichtigen Person abzuziehen. Der Abzug erfolgt durch eine Kürzung des nach den Absätzen 1 und 2 errechneten Betrages um pauschal 25 vom Hundert. Sind die Belastungen höher als der pauschale Abzug, so können sie abgezogen werden, soweit sie nach Grund und Höhe angemessen sind und die Grundsätze einer wirtschaftlichen Lebensführung nicht verletzen. In Betracht kommen insbesondere
- 1.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, - 2.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, - 3.
Schuldverpflichtungen.
(4) Maßgeblich ist das durchschnittliche Monatseinkommen, das die kostenbeitragspflichtige Person in dem Kalenderjahr erzielt hat, welches dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme vorangeht. Auf Antrag der kostenbeitragspflichtigen Person wird dieses Einkommen nachträglich durch das durchschnittliche Monatseinkommen ersetzt, welches die Person in dem jeweiligen Kalenderjahr der Leistung oder Maßnahme erzielt hat. Der Antrag kann innerhalb eines Jahres nach Ablauf dieses Kalenderjahres gestellt werden. Macht die kostenbeitragspflichtige Person glaubhaft, dass die Heranziehung zu den Kosten aus dem Einkommen nach Satz 1 in einem bestimmten Zeitraum eine besondere Härte für sie ergäbe, wird vorläufig von den glaubhaft gemachten, dem Zeitraum entsprechenden Monatseinkommen ausgegangen; endgültig ist in diesem Fall das nach Ablauf des Kalenderjahres zu ermittelnde durchschnittliche Monatseinkommen dieses Jahres maßgeblich.
(1) Ist die kostenbeitragspflichtige Person gegenüber anderen Personen nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs im mindestens gleichen Rang wie dem untergebrachten jungen Menschen oder Leistungsberechtigten nach § 19 des Achten Buches Sozialgesetzbuch zum Unterhalt verpflichtet und lebt sie mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt oder weist sie nach, dass sie ihren Unterhaltspflichten regelmäßig nachkommt, so ist sie
- 1.
bei einer Zuordnung des maßgeblichen Einkommens zu einer der Einkommensgruppen 2 bis 6 je Unterhaltspflicht einer um zwei Stufen niedrigeren Einkommensgruppe zuzuordnen, - 2.
bei einer Zuordnung des maßgeblichen Einkommens zu einer der Einkommensgruppen 7 bis 18 je Unterhaltspflicht einer um eine Stufe niedrigeren Einkommensgruppe zuzuordnen
(2) Würden die Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter trotz einer niedrigeren Einstufung nach Absatz 1 auf Grund der Höhe des Kostenbeitrags geschmälert, so ist der Kostenbeitrag entsprechend zu reduzieren. Lebt die kostenbeitragspflichtige Person nicht in einem Haushalt mit der Person, gegenüber der sie mindestens im gleichen Rang zum Unterhalt verpflichtet ist, findet eine Reduzierung nur statt, wenn die kostenbeitragspflichtige Person nachweist, dass sie ihren Unterhaltspflichten regelmäßig nachkommt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen und der Schulen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Buch entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
(2) Unterhaltspflichtige Personen werden nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b an den Kosten für Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch beteiligt. Soweit die Zahlung des Kostenbeitrags die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen mindert oder der Bedarf des jungen Menschen durch Leistungen und vorläufige Maßnahmen nach diesem Buch gedeckt ist, ist dies bei der Berechnung des Unterhalts zu berücksichtigen.
(3) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Zweiten Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 3 Absatz 2, den §§ 14 bis 16g, 16k, § 19 Absatz 2 in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches sowie Leistungen nach § 6b Absatz 2 des Bundeskindergeldgesetzes in Verbindung mit § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches den Leistungen nach diesem Buch vor.
(4) Die Leistungen nach diesem Buch gehen Leistungen nach dem Neunten und Zwölften Buch vor. Abweichend von Satz 1 gehen Leistungen nach § 27a Absatz 1 in Verbindung mit § 34 Absatz 6 des Zwölften Buches und Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, den Leistungen nach diesem Buch vor. Landesrecht kann regeln, dass Leistungen der Frühförderung für Kinder unabhängig von der Art der Behinderung vorrangig von anderen Leistungsträgern gewährt werden.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.