Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am ... 1986 geborene Kläger wurde mit Wirkung zum 1. April 2016 zum Rechtsreferendar bestellt. Mit Bescheid des Landesjustizprüfungsamtes vom 10. April 2018 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er den schriftlichen Teil des Zweiten Juristischen Staatsexamens nicht bestanden habe, da er den erforderlichen Notengesamtdurchschnitt nicht erreicht habe. Mit Bescheid vom 17. April 2018 wurde dem Kläger die Ableistung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes erlassen.

Mit Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts München vom 6. September 2017 wurde der Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2018 zur Ableistung des Pflichtwahlpraktikums im Berufsfeld 1 – Justiz – der Staatsanwaltschaft München I zugewiesen. Außerdem habe er dort bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst seine Ausbildung weiter zu absolvieren.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts München vom 7. Dezember 2017 wurde der Bescheid vom 6. September 2017 hinsichtlich der Zuweisung des Referendars zur Staatsanwaltschaft München I aufgehoben. Für die Zeit während des Pflichtwahlpraktikums und bis zu seinem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst wurde der Kläger dem Landgericht München I zugewiesen. Der Referendar habe zu einer Staatsanwältin seit 20. September 2017 persönlichen Kontakt aufgenommen und zahlreiche E-Mails mit persönlichem Inhalt geschrieben, obwohl diese ihn aufgefordert habe, eine weitere Kontaktaufnahme zu unterlassen. Der Leiter der Staatsanwaltschaft München I habe am 15. November 2017 die Anweisung erteilt, dass der Referendar die Staatsanwaltschaft München I nicht mehr betreten dürfe. Am 14. November 2017 wurde der Kläger auf dem Dach des Anwesens Bayerstr. 73 in München angetroffen, wo er sich den ganzen Nachmittag aufgehalten habe. Bei der Feststellung der Personalien durch die Polizei habe er die Staatsanwältin als Bezugsperson angegeben, die nach einem Anruf durch die Polizei versichert habe, in keinem persönlichen Verhältnis zu dem Kläger zu stehen. Eine ordnungsgemäße Ausbildung bei der Staatsanwaltschaft könne daher nicht gewährleistet werden. Außerdem gebiete es die Fürsorge gegenüber der Staatsanwältin, eine Begegnung in der Behörde zu unterbinden.

Ein hiergegen erhobener Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts München vom 14. Dezember 2017 zurückgewiesen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 8. Februar 2018 (533 F 250/18) wurde dem Kläger im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 1 Gewaltschutzgesetz sofort vollziehbar untersagt, sich der Staatsanwältin zu nähern oder Kontakt mit ihr aufzunehmen. Das Oberlandesgericht München lehnte mit Beschluss vom 21. März 2018 (12 UF 236/18) die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 8. Februar 2018 ab.

Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2017, eingegangen bei Gericht am 20. Dezember 2017, hat der Kläger Klage erhoben und zuletzt beantragt,

I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 7. Dezember 2017 wegen Änderung der Zuweisung im Pflichtwahlpraktikum sowie für die Zeit vom 1. April 2018 bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst und der Widerrufsbescheid (richtigerweise: Widerspruchsbescheid) vom 14. Dezember 2017 rechtswidrig gewesen sind.

II. Der Beklagte wird verpflichtet, einen Zuteilungsbescheid für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2018 sowie vom 1. April 2018 bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst an eine/n Ausbilder/in bei der Staatsanwaltschaft München I zu erlassen.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Es bestehe eine Wiederholungsgefahr, ebenso ein Rehabilitationsinteresse sowie ein Interesse aufgrund einer schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung im Hinblick auf die Berufswahlfreiheit des Klägers (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 101 BV). Es bestehe auch ein Präjudizinteresse des Klägers. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit sei für die Geltendmachung einer Amtshaftungsklage im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechtsverletzung sowie die entgangene Berufspraxis des Klägers erheblich. Bei der Staatsanwaltschaft erfolge der Sitzungsdienst durch Referendare selbständig, beim Landgericht sei das nicht der Fall. Der Änderungsbescheid basiere auf Verleumdungen. Die dem Beschluss des Amtsgerichts zugrunde liegenden eidesstattlichen Versicherungen der Staatsanwältin seien falsch. Die Unterstellung einer Belästigung oder Nachstellung gegenüber der Staatsanwältin sei falsch. Eine Aufforderung zur Unterlassung von E-Mails oder irgendwelche arbeitsrechtlichen Maßnahmen, wie etwa eine Abmahnung, sei von keiner Seite erfolgt. Es sei nicht darauf eingegangen worden, dass der Kläger bei einem Gespräch mit der Ausbildungsleitung am 21. November 2017 angeboten habe, vorsorglich eine Unterlassungserklärung abzugeben. Der Polizeibericht betreffend des Vorkommnisses vom 14. November 2017, als sich der Kläger angeblich auf dem Dach eines Hauses befunden habe und aufgegriffen worden sei, sei überwiegend unzutreffend. Der Kläger nahm weiter Bezug auf sein Vorbringen hinsichtlich der vor dem Verwaltungsgericht geführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Änderung der Zuweisung sowie in den vor dem Amtsgericht München und Oberlandesgericht München geführten Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz.

Der Präsident des Oberlandesgerichts München hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bestehe kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Es liege kein tiefgreifender Grundrechtseingriff vor, keine Wiederholungsgefahr, kein Rehabilitierungsinteresse wie auch kein Präjudizinteresse für einen beabsichtigten Amtshaftungsanspruch.

Ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die mit Bescheid vom 9. Januar 2018 verfügte Anordnung der sofortigen Vollziehung des Änderungsbescheids vom 7. Dezember 2018 sowie der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Antragsgegner zu verpflichten, einen Zuteilungsbescheid für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2018 sowie vom 1. April 2018 bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst zu erlassen, wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 5. Februar 2018 abgelehnt (M 5 E 17.6144, M 5 S 18.251).

Zwei Anträge auf Abänderung dieses Beschlusses und antragsgemäße Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung eines Zuweisungsbescheids wurden mit Beschlüssen vom 6. März 2018 (M 5 S7 18.684, M 5 E 18.688) und vom 14. Mai 2018 (M 5 S7 18.1600, M 5 E 18.1599) abgelehnt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in den Verfahren M 5 K 17.5928, M 5 S7 18.684, M 5 E 18.688, M 5 S7 18.1600 und M 5 E 18.1599 verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung konnte ohne Anwesenheit der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung ergehen. Die Ladung enthält den Zusatz, dass für den Fall, dass ein Beteiligter nicht erscheint, auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger wurde mit Postzustellungsurkunde am 31. März 2018 zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen. Erhebliche Gründe für eine Terminsänderung wurden von der Klagepartei nicht vorgetragen und sind auch ansonsten nicht ersichtlich.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig, weil es an dem hierfür erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt. Auch die Verpflichtungsklage mit dem Ziel, einen Zuteilungsbescheid zur Staatsanwaltschaft München I zu erlassen, ist unzulässig.

1. Die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 7. Dezember 2017 sowie des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2017 festzustellen, ist unzulässig. Denn der Kläger verfügt nicht über das hierfür nötige Feststellungsinteresse.

Die ursprüngliche, auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids vom 7. Dezember 2017 sowie des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2017 gerichtete Anfechtungsklage hat sich erledigt, nachdem dem Kläger mit Bescheid vom 10. April 2018 mitgeteilt wurde, dass er den schriftlichen Teil des Zweiten Juristischen Staatsexamens nicht bestanden hat. Nach § 56 Satz 1 Nr. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) vom 13. Oktober 2013 (GVBl S. 758), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Januar 2018 (GVBl S. 38), ist der Kläger aus dem Vorbereitungsdienst mit Zustellung der schriftlichen Mitteilung vom 10. April 2018 ausgeschieden. Das öffentliche-rechtliche Dienstverhältnis ist damit beendet.

Der Erledigung der Anfechtungsklage hat der Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen, dass er den Klageantrag auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt hat.

Die Kläger kann sich jedoch nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Zulässig ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, U.v. 12.12.2016 – 10 BV 13.1005 – juris Rn. 30) auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 13; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris Rn. 20). Es ist dabei Sache des Klägers, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (zum Ganzen auch: BayVGH, U.v. 7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 28).

a) Eine Wiederholungsgefahr ist zu verneinen. Ein berechtigtes Interesse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, U.v. 2.11.2017 – 7 C 26.15 – juris Rn. 18). Da die Ausbildung des Klägers als Rechtsreferendar beendet ist und ihm insbesondere die Ableistung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes nach § 71 Abs. 2 JAPO mit Bescheid vom 17. April 2018 erlassen wurde, wird für den Kläger bis zum Abschluss seiner Ausbildung kein öffentlich–rechtliches Dienstverhältnis mehr begründet. Eine erneute Zuweisung zu einer Ausbildungsstelle ist daher ausgeschlossen.

b) Die Zulässigkeit der Klage lässt sich auch nicht mit dem vom Kläger geltend gemachten Rehabilitationsinteresse begründen.

Ein Rehabilitationsinteresse liegt nur vor, wenn von der ursprünglichen Maßnahme eine diskriminierende Wirkung ausgeht, die auch nach der Erledigung der Maßnahme noch fortwirkt. Die diskriminierende Wirkung muss grundsätzlich von der erledigten Maßnahme selbst ausgehen und über die bloße Behauptung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme hinausgehen. Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls auch als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme subjektiv als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche (Nach-) Wirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6.12 – juris Rn. 15). Hinzu kommt, dass sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergeben muss, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss deshalb Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 21; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris Rn. 25; B.v. 4.10.2006 – 6 B 64.06 – juris Rn. 10; insgesamt auch: BayVGH, U.v. 7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 32).

Die streitgegenständlichen Bescheide und die Änderung der Zuweisung des Klägers während des Pflichtwahlpraktikums bis zum Abschluss der Ausbildung haben keine Außenwirkung erlangt. Eine Herabsetzung seines Ansehens in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld war mit der streitgegenständlichen Maßnahme nicht verbunden. Insbesondere konnte der Kläger ohne Unterbrechung weiter an der Ausbildung teilnehmen. Auch die Argumentation, dass die der Zuweisungsänderung zugrunde liegenden Vorwürfe falsch und haltlos seien, begründet keine bis jetzt fortwirkende Stigmatisierung des Klägers. Die Begründung der Bescheide zur Änderung der Zuweisung des Klägers stützt sich im Wesentlichen auf die weitere Kontaktaufnahme trotz der Aufforderung das zu unterlassen, dem Betretungsverbot bei der Staatsanwaltschaft München I sowie dem Verhalten am 14. November 2017, als der Kläger von der Polizei auf einem Dach bzw. einer Dachterrasse angetroffen wurde. Das sind Umstände, die nicht nach außen gedrungen oder ohne weiteres von Dritten erkennbar sind. Insbesondere war dem Kläger die Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft ohne weiteres möglich. Die Begründung der Bescheide enthält auch kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten. Dem Kläger wird kein Strafvorwurf gemacht. Im Bescheid vom 7. Dezember 2017 ist nur davon die Rede, dass er sich bei einer weiteren Kontaktaufnahme nach § 238 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar machen könnte (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38/12 – NdsVBl 2014, 124, juris Rn. 16). Das ist lediglich ein Hinweis auf eine mögliche Strafbarkeit. Die Beschlüsse nach dem Gewaltschutzgesetz (AG München, B.v. 8.2.2018 – 533 F 250/18; OLG München, B.v. 21.3.2018 – 12 UF 236/18) ergingen erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids. Die streitgegenständlichen Bescheide sind hierauf nicht gestützt. Insofern kann die angebliche Unrichtigkeit der diesen Beschlüssen zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen nicht angeführt werden, um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hinsichtlich der zuvor ergangenen Bescheide des Präsidenten des Oberlandesgerichts zu begründen.

c) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich hier auch nicht, weil die Maßnahme mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, der sich typischerweise kurzfristig erledigt, verbunden gewesen wäre (BayVGH, U.v.7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 38; BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38.12 – NdsVBl 2014, 124, juris Rn. 18).

Hierzu fehlt es bereits an einem gewichtigen Grundrechtseingriff. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.2013 – 2 BvR 370/13 – juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/Grundgesetz (GG) oder die Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG tangieren (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2001 – 2 BvR 527/99 – juris Rn. 37: Abschiebungshaft). Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall jedoch auszuschließen.

Soweit der Kläger seine Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG wie auch Art. 101 der Verfassung des Freistaats Bayern/BV) tangiert sieht, wird in dieses Grundrecht nicht eingegriffen. Denn durch die Zuteilungsänderung soll ausdrücklich das Absolvieren einer ordnungsgemäßen Ausbildung sichergestellt werden (Bescheid vom 7.12.2017, S. 5). Durch die Änderung der Zuteilung im Pflichtwahlpraktikum von der Staatsanwaltschaft zu einem Zivilgericht wurde dem Wunsch des Klägers auf Ausbildung bei der Staatsanwaltschaft nicht Rechnung getragen. Das stellt eine nur geringfügige Änderung des Ausbildungsablaufs dar, die keine Auswirkung auf die Berufsfreiheit hat. Selbst wenn diese berührt werden sollte, erfolgt das nur in einem geringfügigen Ausmaß.

Eine Ausbildung bei einer anderen Station als der von einem Rechtsreferendar gewünschten verändert den Charakter oder den Schwerpunkt der Ausbildung nicht. Denn sowohl die Staatsanwaltschaft wie auch das Zivilgericht gehören zum Berufsfeld 1. Justiz nach § 49 Abs. 1 JAPO. Hinzu kommt der überschaubare Zeitraum von drei Monaten zuzüglich der Zeit bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst (hier Zustellung des Bescheids vom 10. April 2018). Die Regelungen über die Ausbildung der Referendare im Pflichtwahlpraktikum (§ 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 JAPO) und bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst (§ 48 Abs. 3 Satz 1 JAPO) begründen weder vom grammatikalischen Verständnis („Die Rechtsreferendare werden ausgebildet:“) noch von der Systematik oder dem Sinn her einen Anspruch des einzelnen Referendars auf Zuweisung zu einer von ihm gewählten Ausbildungsstelle. Die entsprechenden Vorgaben der JAPO stellen lediglich objektiv-rechtliche Regelungen über den Ablauf der Ausbildung dar, ohne dem einzelnen Referendar eine subjektiv-rechtliche Rechtsposition auf Ausbildung bei einer bestimmten Stelle einzuräumen. Das zeigt auch der Blick auf das Beamtenverhältnis: Dort kommt dem einzelnen Beamten kein Anspruch auf Zuweisung oder Beibehaltung konkreter amtsangemessener Aufgaben zu. Eine Versetzung oder eine Umsetzung sind aus jedem dienstlichen Grund immer möglich (BVerwG, B.v. 7.4.2014 – 2 B 33/14 – Buchholz 232.01 § 35 BeamtStG Nr. 2, juris Rn. 10 m.w.N.). Wenn dort kein subjektiver Anspruch auf eine bestimmte Tätigkeit besteht, muss das erst recht in dem von geringeren rechtlichen Bindungen gekennzeichneten Referendarverhältnis nach der JAPO gelten. Zudem ist dort eine relativ rasche Abfolge wechselnder Ausbildungsstationen vorgegeben, was einem Anspruch auf Ausbildung bei einer bestimmten Behörde entgegensteht. Der Ausbildungsleitung wäre ansonsten eine organisatorische Reaktion beim Erreichen der Ausbildungskapazität mancher besonders gefragter Ausbildungsstationen nur schwer möglich, was zu einer Ausbildungsverzögerung führen könnte. Auch der Hinweis, dass dem Kläger durch die Ausbildung beim Landgericht die Wahrnehmung selbständiger Sitzungsleitungen nicht möglich sei, während die selbständige Sitzungsvertretung bei der Staatsanwaltschaft regelmäßig stattfinde, bedingt nichts anderes. Die konkrete Ausbildung steht im Ermessen des Ausbilders. Auf die Wahrnehmung bestimmter Tätigkeiten in der Stationsausbildung, insbesondere Sitzungsdienst, besteht kein Anspruch (BayVGH, U.v.7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 41 m.w.N.).

d) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines angekündigten Schadensersatzprozesses hergeleitet werden. Auch unter Anlegung eines strengen Maßstabs ist in keiner Weise ersichtlich, welcher Schaden dem Kläger durch die Änderung der Zuweisung entstanden sein soll, der im Wege der Amtshaftungsklage geltend gemacht werden könnte (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – BVerwGE 146, 303, juris Rn. 44). Denn es ist nicht ersichtlich, welchen Schaden der Kläger durch die Änderung der Zuweisung im Pflichtwahlpraktikum und bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst erlitten haben sollte. Das gilt sowohl hinsichtlich der angeführten Verletzung seines Persönlichkeitsrechts wie einer angeblich entgangenen Berufspraxis. Dem Kläger wurde das Absolvieren seiner Ausbildung auch während des Pflichtwahlpraktikums in dem von ihm gewählten Berufsfeld ermöglicht. Eine angeblich entgangene Berufspraxis, da der Kläger beim Landgericht in geringerem Umfang als bei der Staatsanwaltschaft selbständig Sitzungsdienst wahrnehmen kann, betrifft nur die Möglichkeit der Ausgestaltung der Ausbildung. Auch ein irgendwie zu bemessender Schaden ist unter keinen Umständen ersichtlich. Ob die Ausbildung während des Pflichtwahlpraktikums im Berufsfeld 1. Justiz bei der Staatsanwaltschaft oder dem Landgericht absolviert wird, kann sich nicht auf das berufliche Fortkommen auswirken. Das wird in erster Linie durch die Examensnote und die erreichte Platzziffer bestimmt sowie ergänzend durch weitere Auswahlverfahren potentieller Arbeitgeber und nicht durch die konkrete Stationsausbildung (BayVGH, U.v. 27.9.1995 – 3 B 95.491 – BayVBl 1996, 27/28).

e) Das Erfordernis eines besonderen Feststellungsinteresses für eine Klage gegen eine bereits erledigte Maßnahme widerspricht auch nicht dem Unionsrecht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG. Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage verstößt weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz (vgl. zum Ganzen ausführlich: BayVGH, U.v.7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 44 ff. m.w.N.).

2. Die Klage mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, einen Zuteilungsbescheid für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2018 sowie vom 1. April 2018 bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst an eine/n Ausbilder/in bei der Staatsanwaltschaft München I zu erlassen, ist unzulässig.

Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Vorbereitungsdienst mit der Zustellung des Bescheids vom 10. April 2018 über das Nichtbestehen des schriftlichen Teil des Zweiten Juristischen Staatsexamens hat sich das Klagebegehren erledigt. Denn die geltend gemachte Zuweisung kann nicht mehr ergehen. Der Kläger hat diesen Antrag mit Schriftsatz vom 6. Mai 2018 ausdrücklich aufrecht erhalten, obwohl ihm sein Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst vor Augen stand. Eine prozessuale Konsequenz hat er für dieses Klageziel – anders als für die Änderung der Zuweisung – nicht gezogen.

3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1990 geborene Klägerin ist muslimischen Glaubens und trägt als Ausdruck ihrer persönlichen religiösen Überzeugung ein Kopftuch.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 3. September 2014 wurde die Klägerin zum juristischen Vorbereitungsdienst mit Beginn zum 1. Oktober 2014 mit der Auflage zugelassen, dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation), keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung einzuschränken. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung:.

Nach Antritt des Vorbereitungsdienstes beim Amtsgericht Augsburg nahm die Klägerin am 7., 14., 21. und 28. November 2014 jeweils gemeinsam mit einer Mitreferendarin an mündlichen Verhandlungen ihrer Ausbilderin in der Zivilstation teil. Während der Mitreferendarin am 21. November 2014 am Richtertisch u.a. die Einführung in den Sach- und Streitstand übertragen wurde, wohnte die Klägerin der Verhandlung im Zuschauerbereich bei. Hierauf wurde sie auch von einem Rechtsanwalt als Vertreter der Prozesspartei angesprochen. An den übrigen drei Tagen im November wurde die Klägerin genauso behandelt wie ihre Mitreferendarin. Beide Referendarinnen saßen im Zuschauerraum und beobachteten den Verlauf der Verhandlungen.

Am 20. Januar 2015 erhob die Klägerin, die zuvor am 14. November 2014 gegenüber ihrer Ausbildungsrichterin gegen die Auflage remonstriert hatte, Widerspruch gegen die Auflage, der mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des OLG München vom 3. März 2015 zurückgewiesen wurde.

Mit der beim Verwaltungsgericht am 3. April 2015 eingegangenen Klage beantragte die Klägerin zunächst, die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage sowie den Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 aufzuheben.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2015 hob der Präsident des OLG München die streitgegenständliche Auflage vom 3. September 2014 auf, da die Strafrechtsstation mit Ablauf des 31. Mai 2015 beendet worden und die Auflage daher nicht mehr erforderlich sei.

Die Klägerin beantragte unter dem 9. Juli 2015 nunmehr,

festzustellen, dass die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage „dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Sachverständigen und Zeugen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen“ rechtswidrig gewesen ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

Das Verwaltungsgericht entschied antragsgemäß mit Urteil vom 30. Juni 2016. Die Klage sei zulässig, weil sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den mit Klageschrift vom 27. Juni 2016 vor dem Landgericht München I anhängig gemachten Entschädigungsanspruch aus Amtshaftung ergebe. Sie sei auch begründet, da die Auflage aufgrund des Fehlens einer deren Erlass rechtfertigen Rechtsgrundlage rechtswidrig sei. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt der Beklagte die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer vermeintlichen Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Auflage. Auch bei Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auflage erweise sich die Rechtsauffassung des angegriffenen Urteils als unzutreffend, weil sich für die streitige Nebenbestimmung in Art. 97 GG i.V.m. §§ 25, 39 DRiG eine Rechtsgrundlage finde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht. Die streitgegenständliche Auflage sei rechtswidrig, da sie ohne taugliche Rechtsgrundlage erteilt worden sei. Art. 97 GG i.V.m. § 39 DRiG sei weder direkt noch analog anwendbar.

Der Beklagte vertiefte sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 13. April, 6. Juni, 17. Juli, 1. September und 27. November 2017.

Die Klägerin teilte unter dem 19. Juli 2017 mit, dass der Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht München I mit Datum vom gleichen Tag zurückgenommen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 verwies die Klägerin auf Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse dazu führen, das vorliegend das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen sei.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 äußerte sich die Klägerin abschließend. Der Beklagte erwiderte hierauf abschließend unter dem 21. Februar 2018.

Gegenwärtig ist die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig.

Der Senat hat am 7. März 2018 mündlich zur Sache verhandelt. Auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die von der Klägerin erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig, weil es an dem hierfür erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt. Es kommt daher nicht mehr streitentscheidend darauf an, ob die Klage begründet gewesen wäre.

1. Die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage (a.) ist unzulässig, weil die Klägerin nicht über das hierfür nötige Feststellungsinteresse verfügt (b.). Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte besondere Feststellungsinteresse ist auch mit Unionsrecht vereinbar (c.).

a. Die ursprüngliche, auf Aufhebung der streitgegenständlichen Auflage gerichtete Anfechtungsklage (zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen belastende Nebenbestimmungen: BVerwG, U.v. 21.6.2007 - 3 C 39.06 - juris Rn. 20 m.w.N.) hat sich erledigt, nachdem der Präsident des OLG München die Auflage mit Bescheid vom 31. Mai 2015 aufgehoben hat.

Der Erledigung der Anfechtungsklage hat die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen, dass sie den Klageantrag umgestellt und nunmehr beantragt hat, festzustellen, dass die Auflage rechtswidrig gewesen sei. Da Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind, war die Umstellung des Antrags nicht als eine Änderung der Klage im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO anzusehen, sondern gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zulässig.

b. Die Klägerin kann sich jedoch nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Zulässig ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur, wenn die Klägerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 - juris Rn. 30) auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 13; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 20). Es ist dabei Sache des Klägers, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 42.90 - juris Rn. 13).

(1) Eine Wiederholungsgefahr ist insoweit zu verneinen. Ein berechtigtes Interesse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, U.v. 2.11.2017 - 7 C 26.15 - juris Rn. 18). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Feststellungsinteresse nicht mehr mit einer Wiederholungsgefahr begründet. Eine solche ist auch nicht ersichtlich, da mit dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Vorbereitungsdienst wesentlich veränderte tatsächliche Umstände eingetreten sind. Auch die rechtlichen Umstände haben sich mit dem am 22. Februar 2018 vom Bayerischen Landtag beschlossenen Art. 73a Abs. 11 Nr. 6 i.V.m. Art. 11 des Bayerischen Richter- und Staatsanwaltsgesetzes (GVBl. 2018 S. 118), das am 1. April 2018 in Kraft getreten ist (Art. 74 Abs. 1 BayRiStAG), wesentlich geändert.

(2) Die Zulässigkeit der Klage lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitationsinteresses begründen.

Die Klägerin trägt hierzu vor, sie sei durch die streitige Auflage diskriminiert und dadurch tiefgreifend in ihren Grundrechten verletzt worden. Die Auflage verkürze zum einen die grundrechtlich verbürgte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Sie führe zu einem ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung, der in der Personalakte der Klägerin festgehalten sei und ihr nicht lediglich für die Dauer des Vorbereitungsdienstes anhafte. Auch bei etwaigen zukünftigen Bewerbungen im öffentlichen Dienst werde ihre Personalakte herangezogen werden, sodass der Makel weiter fortwirke und zu einem möglichen Zugangshindernis zu bestimmten Berufen erstarken könne. Die Auflage diskriminiere die Klägerin zudem auch als Angehörige des islamischen Glaubens sowie als Frau (Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), weil sie ausschließlich auf muslimische Rechtsreferendarinnen Anwendung finde.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ein Rehabilitationsinteresse darzutun. Ein Rehabilitationsinteresse liegt nur vor, wenn von der ursprünglichen Maßnahme eine diskriminierende Wirkung ausgeht, die auch nach der Erledigung der Maßnahme noch fortwirkt. Die diskriminierende Wirkung muss grundsätzlich von der erledigten Maßnahme selbst ausgehen und über die bloße Behauptung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme hinausgehen. Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls auch als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme subjektiv als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche (Nach-) Wirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.3.2013 - 3 C 6.12 - juris Rn. 15). Hinzu kommt, dass sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergeben muss, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss deshalb Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 21; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; B.v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die streitige Auflage führte nicht zu einer Stigmatisierung der Klägerin. Vielmehr diente die Auflage der Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots. Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 50). Durch das Tragen religiös konnotierter Kleidungsstücke oder Symbole kann es zu einem Konflikt zwischen der Glaubensfreiheit einerseits und dem staatlichen Neutralitätsgebot andererseits kommen. In dem Versuch des Beklagten, diesen Konflikt durch die streitige Auflage zu lösen, liegt daher weder eine Diskriminierung der Klägerin noch eine Stigmatisierung in Form eines ethischen Unwerturteils, das geeignet wäre, das soziale Ansehen der Klägerin herabzusetzen. Es lässt sich weder eine Ehrverletzung feststellen, noch enthält die Auflage einen persönlichen Vorwurf oder setzte die Klägerin sonst irgendeinem persönlichen Makel aus. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass die Auflage abstrakt-generell formuliert ist und nicht allein die Person der Klägerin in den Blick genommen hat. Damit fehlt es an einem konkreten, personenbezogenen Vorwurf (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 16). Auch eine Beschränkung des Verbots des Tragens religiöser Symbole allein auf (weibliche) muslimische Religionsangehörige ist mit der streitigen Auflage ersichtlich nicht verbunden, sondern sie erfasst auch religiöse Symbole u. dgl. von Angehörigen sonstiger Religionsgruppen.

Der streitigen Auflage haftet auch nicht der Makel der (fachlichen) Ungeeignetheit an. Zwar wird im Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 als Ermächtigungsgrundlage für die streitige Auflage Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG genannt und auf § 46 Abs. 6 JAPO Bezug genommen. Nach dieser Bestimmung kann die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst Bewerbern u.a. dann versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die Bewerber für den Vorbereitungsdienst als ungeeignet erscheinen lassen, insbesondere wenn Tatsachen in der Person der Bewerber die Gefahr begründen, dass durch die Aufnahme der Bewerber wichtige öffentliche Belange - hier die weltanschaulich-religiöse Neutralität - erheblich beeinträchtigt würden (§ 46 Abs. 6 Nr. 2b) JAPO). Der Umstand, dass die Klägerin vom Beklagten zum Vorbereitungsdienst zugelassen worden ist, zeigt jedoch, dass die Klägerin von ihm als hierfür geeignet erachtet worden ist. Von einem „ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung“, der sich als rufbeeinträchtigende (Nach-) Wirkung aus der aufgehobenen Auflage ergebe, kann daher nicht die Rede sein.

Selbst unterstellt, eine Stigmatisierung oder Rufschädigung der Klägerin läge vor, besäße die Klägerin gleichwohl kein Rehabilitationsinteresse. Die Stigmatisierung bzw. Rufschädigung dauerte nicht bis in die Gegenwart fort, sondern realisierte sich ausschließlich während der Zivilrechtsstation. Die Klägerin ist aber nicht mehr Rechtsreferendarin, sondern als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig. Der Umstand, dass die Auflage nach wie vor in der Personalakte dokumentiert wird, ändert daran nichts. Die Klägerin kann sich diesbezüglich nicht mehr auf eine auch für Außenstehende erkennbare fortdauernde Stigmatisierung durch die (aufgehobene) Auflage berufen, die geeignet wäre, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit und in ihrem sozialen Umfeld herabzusetzen. Bei einer Bewerbung der Klägerin ist deren Eignung erneut zu prüfen. Ihre fachliche Eignung ergibt sich aus der Note in der 2. Juristischen Staatsprüfung.

Insoweit kann sich die Klägerin nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 1991 (7 C 36.90 - BVerwGE 88, 111 - juris Rn. 9) berufen. In dieser Entscheidung hatte der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts den „Makel“ eines „Durchfallkandidaten“ als einen Umstand gewertet, aus dem möglicherweise bei Entscheidungen, die - wie bei Bewerbungen - für die berufliche Laufbahn von Bedeutung sind, negative Schlüsse gezogen werden können, sodass ein Prüfling durch Nichtbestehen der Erstprüfung auch bei Bestehen der Wiederholungsprüfung weiterhin beschwert sein kann. Eine vergleichbare Situation besteht hier nicht, zumal die fachliche Eignung der Klägerin zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen worden ist. Das Unterbleiben der Wahrnehmung richterlicher Aufgaben i.S.d. § 10 Satz 2 GVG hat sich für die Klägerin auch nicht negativ auf die Stationsnote ausgewirkt.

Die Klägerin kann sich zudem auch deshalb nicht auf ein Rehabilitationsinteresse berufen, weil sie sich in der Zivilstation der Auflage „unterworfen“ hat, ohne dagegen unverzüglich Widerspruch einzulegen. Eine Anfechtung der streitigen Auflage wäre jedoch das naheliegende und gebotene Rechtsmittel gewesen, um die Auflage bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit zu suspendieren. Da die ersten Ausbildungstage in der Zivilrechtsstation am 7. und 14. November 2014 stattfanden, verstößt es gegen Treu und Glauben, zunächst das tatsächliche Ausmaß der streitigen Auflage für die Referendarausbildung abzuwarten und nur eine nicht mit aufschiebender Wirkung verbundene „Beschwerde“ bei der Ausbildungsrichterin einzulegen, anstatt hiergegen mit einem aufschiebenden Rechtsbehelf vorzugehen (§ 839 Abs. 3 BGB analog).

(3) Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich hier auch nicht deshalb, weil die Auflage mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, der sich typischerweise kurzfristig erledigt, verbunden gewesen wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 – juris Rn. 18).

Hierzu fehlt es bereits an einem gewichtigen Grundrechtseingriff. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.2013 - 2 BvR 370/13 - juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG oder die Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG tangieren (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 - juris Rn. 37: Abschiebungshaft). Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall jedoch auszuschließen. Die Auflage führt zwar zu einem Grundrechtseingriff (a), dieser ist jedoch nicht tiefgreifend (b).

(a) Eine einem Rechtsreferendar auferlegte Pflicht, bei Tätigkeiten, bei denen er als Repräsentant des Staates wahrgenommen wird oder als solcher wahrgenommen werden könnte, die eigene Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft nicht durch das Befolgen von religiös begründeten Bekleidungsregeln sichtbar werden zu lassen, greift in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte individuelle Glaubensfreiheit ein. Sie stellt den Betroffenen vor die Wahl, entweder die angestrebte Tätigkeit auszuüben oder dem von ihm als verpflichtend angesehenen religiösen Bekleidungsgebot Folge zu leisten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 37). Die Klägerin kann sich auch als in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befindliche Rechtsreferendarin auf ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen; ihre Grundrechtsberechtigung wird durch die Eingliederung in den staatlichen Aufgabenbereich nicht von vornherein oder grundsätzlich in Frage gestellt (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 38). Musliminnen, die ein in der für ihren Glauben typischen Weise gebundenes Kopftuch tragen, können sich deshalb auch im Rahmen eines juristischen Vorbereitungsdienstes auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 39). Ein solches Verbot kann daneben auch die persönliche Identität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin berühren (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 40) sowie in die Grundrechte der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 GG eingreifen.

(b) Mit der Auflage war jedoch kein tiefgreifender Grundrechtseingriff verbunden. Die Auflage griff nur zeitlich und örtlich beschränkt in die Grundrechte der Klägerin ein (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 41). Die Klägerin wurde ausschließlich von der Ausübung hoheitlichen Tätigkeiten mit Außenwirkung im Rahmen der Referendarausbildung i.S.d. § 10 Satz 2 GVG ausgeschlossen, soweit sie dabei das Kopftuch tragen wollte (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation). So erstreckte sich das Verbot nur auf den Zeitraum einer mündlichen Verhandlung und das Platznehmen hinter der Richterbank. Hingegen blieben die übrigen, weit überwiegenden Ausbildungsinhalte im Rahmen der Einzelausbildung oder der Arbeitsgemeinschaften unberührt. Die Klägerin konnte deshalb grundsätzlich ein normales Referendariat von zweijähriger Dauer ableisten. Lediglich an einem Tag hatte sie - anders als ihre Mitreferendarin - hierbei nicht die Möglichkeit, am Richtertisch in den Sach- und Streitstand einzuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rechtsreferendare keinen Anspruch auf Übernahme und Durchführung solcher Tätigkeiten haben (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 42). Es kommt durchaus auch vor, dass Referendare während der Zivilstation überhaupt keine richterliche Tätigkeit wahrnehmen. Angesichts dessen, dass sich die Auflage nur an einem Tag der Zivilstation für kurze Zeit ausgewirkt hat, ist nicht von einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff auszugehen. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin während ihrer Ausbildung in der Zivilstation im Amtsgericht Augsburg unter dem dort aufgehängten Kreuz teilnehmen musste. Denn unabhängig davon, dass die Klägerin selbst bekundet hat, dass sie hiergegen keine Einwände erhoben hat, und ggf. auch hiergegen vorgehen hätte können (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.2001 - 3 B 98.563 - VGHE n.F. 55, 52), betrifft die Frage, ob sich der Beklagte auf die Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots berufen kann, allein die Begründetheit der Klage.

Im Übrigen zählt die streitige Auflage - anders als z.B. eine Hausdurchsuchung oder ein Versammlungsverbot - auch nicht zu den Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr wäre es der Klägerin zumutbar und grundsätzlich auch möglich gewesen, hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz auch in der Hauptsache zu erhalten. Dass sich die Auflage vorliegend durch ihre Aufhebung untypisch frühzeitig erledigt hat, ändert daran nichts (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 33 f.). Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Auflage, hat die Klägerin bereits durch deren Aufhebung erreicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O. Rn. 35).

(4) Mit der Rücknahme der Amtshaftungsklage vor dem Landgericht München I ist ein etwaiges Präjudizinteresse der Klägerin entfallen. Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Auflage kann ihr keine Erkenntnisse („Früchte“) mehr bringen.

c. Das Erfordernis eines besonderen Feststellungsinteresses für eine Klage gegen eine bereits erledigte Maßnahme widerspricht auch nicht dem Unionsrecht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (also des Diskriminierungsverbots gemäß Art. 2 Abs. 1 RL 2000/78/EG) in ihren Rechten verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungs Weg sowie, wenn die Mitgliedsstaaten es für angezeigt halten, im Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, währenddessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist. Das in Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG statuierte Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz folgt primärrechtlich aus Art. 47 GRC (EuGH, U.v. 14.10.2010 - Rs. C-243/09 - juris Rn. 66). Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG beruht auf dem mittlerweile aufgehobenen Art. 1 der Beweislast-Richtlinie (RL 97/80/EG), wonach mit der Richtlinie eine wirksamere Durchführung der Maßnahmen gewährleistet werden sollte, die von den Mitgliedstaaten in Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes getroffen werden, damit jeder, der sich wegen Nichtanwendung dieses Grundsatzes auf ihn für beschwert hält, seine Rechte nach etwaiger Befassung anderer Stellen gerichtlich geltend machen kann (EuGH, U.v. 21.7.2011 - Rs. C-104/10 - juris Rn. 33). Dieser Grundsatz wurde in Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG, Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie in Art. 17 Abs. 1 RL 2006/54/EG übernommen (EuGH, U.v. 19.4.2012 - Rs. C-415/10 - juris Rn. 38). Nach der Rechtsprechung des EuGH bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip und das Effektivitätsgebot (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 39 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH; Mohr in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 9 RL 2000/78/EG Rn. 1).

Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage verstößt weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz.

Nach dem Grundsatz der Äquivalenz dürfen die nationalen Verfahrensregelungen nicht ungünstiger ausgestaltet sein, als gleichartige, das innerstaatliche Recht betreffende Verfahren. Der Äquivalenzgrundsatz erfordert, dass eine Regelung in gleicher Weise für Klagen gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben. Es darf somit bei der Anwendung der für Rechtsbehelfe geltenden Vorschriften nicht danach unterschieden werden, ob ein Verstoß gegen Unionsrecht oder gegen innerstaatliches Recht gerügt wird (EuGH, U.v. 8.7.2010 - Rs. C-246/09 - juris Rn. 26). Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz ist nicht erkennbar, da für eine Fortsetzungsfeststellungsklage stets ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der behaupteten Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts gegeben sein muss. Eine Privilegierung von Ansprüchen, die auf nationalem Recht beruhen, gibt es nicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 40).

Auch liegt kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz vor. Nach dem Grundsatz der Effektivität darf das mitgliedstaatliche Verfahrensrecht die Ausübung der aus dem Unionsrecht erwachsenen Rechte weder praktisch unmöglich machen noch übermäßig erschweren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 42). Das ist nicht der Fall. Aus dem Effektivitätsgebot lässt sich keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O.).

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, U.v. 6.10.1982 - Rs. C-283/81 - juris Rn. 16 ff.). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den EuGH ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht geboten (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 43).

2. Aufgrund der Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage war über das eigentliche Anliegen der Klägerin - die Klärung der Frage, ob die Neutralitätsregel (hier in Form der streitgegenständlichen Auflage) vor dem Hintergrund ihrer „erzwungenen Ausbildung ‚unter dem Kreuz‘ im Gerichtssaal“ dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. hierzu EuGH, U.v. 14.3.2017 - Rs C-157/15 - juris) - nicht mehr zu befinden. Diese Frage und die Prüfung, ob die streitige Auflage auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung beruht, gehören zur Begründetheit, die mangels zulässiger Klage nicht mehr zu prüfen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2, 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer anderen Person in einer Weise unbefugt nachstellt, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung nicht unerheblich zu beeinträchtigen, indem er wiederholt

1.
die räumliche Nähe dieser Person aufsucht,
2.
unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation oder über Dritte Kontakt zu dieser Person herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten dieser Person
a)
Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen für sie aufgibt oder
b)
Dritte veranlasst, Kontakt mit ihr aufzunehmen,
4.
diese Person mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person bedroht,
5.
zulasten dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person eine Tat nach § 202a, § 202b oder § 202c begeht,
6.
eine Abbildung dieser Person, eines ihrer Angehörigen oder einer anderen ihr nahestehenden Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
7.
einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, diese Person verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Vortäuschung der Urheberschaft der Person verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
8.
eine mit den Nummern 1 bis 7 vergleichbare Handlung vornimmt.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 7 wird die Nachstellung mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch die Tat eine Gesundheitsschädigung des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person verursacht,
2.
das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahestehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt,
3.
dem Opfer durch eine Vielzahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten nachstellt,
4.
bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 ein Computerprogramm einsetzt, dessen Zweck das digitale Ausspähen anderer Personen ist,
5.
eine durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangte Abbildung bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 6 verwendet,
6.
einen durch eine Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 5 erlangten Inhalt (§ 11 Absatz 3) bei einer Tathandlung nach Absatz 1 Nummer 7 verwendet oder
7.
über einundzwanzig Jahre ist und das Opfer unter sechzehn Jahre ist.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung, mit der ihm die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten verboten wurde.

2

Der Kläger vermittelte am F. Platz ... in O. Sportwetten an die I. in G., die über eine Genehmigung der dort zuständigen Behörde verfügte. Nach vorheriger Anhörung untersagte das Landratsamt M. dem Kläger mit Bescheid vom 5. Juni 2008 die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele in dieser Betriebsstätte und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgeldes von 25 000 € auf, die verbotene Tätigkeit einzustellen. Es stützte die Untersagung auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) und die Erwägung, eine Erlaubnis könne wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ohnehin nicht erteilt werden. Zur Begründung der Vollzugsregelung wurde ausgeführt, ein Zuwarten komme nicht in Betracht, da der Betreiber des Wettlokals sich zumindest wegen Beihilfe zum Veranstalten unerlaubten öffentlichen Glücksspiels nach § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB strafbar mache.

3

Die am 9. Juni 2008 erhobene Anfechtungsklage hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 28. April 2009 abgewiesen.

4

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat der Kläger zunächst sein Anfechtungsbegehren weiterverfolgt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Begehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 5. Juni 2008 bis zum 31. Januar 2009 umgestellt und vorgetragen, er habe den Zugriff auf seine Betriebsstätte wegen der Kündigung des Mietverhältnisses zum 31. Januar 2009 endgültig verloren. Sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Absicht, unionsrechtliche Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend zu machen, unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr sowie aus einem schwerwiegenden Eingriff in seine Berufswahlfreiheit. Schließlich könne er wegen des Vorwurfs eines Verstoßes gegen § 284 StGB ein Rehabilitierungsinteresse geltend machen. Aufgrund der polizeilichen Überprüfungen der Betriebsstätte sei er einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt gewesen.

5

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 24. April 2012 das erstinstanzliche Urteil geändert und festgestellt, der angegriffene Bescheid vom 5. Juni 2008 sei vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum 31. Januar 2009 rechtswidrig gewesen. Die Untersagungsverfügung habe sich mit dem Verlust der Zugriffsmöglichkeit auf die Betriebsstätte endgültig erledigt. Die deshalb auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellte Klage sei zulässig. Der Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens begründe ein Rehabilitierungsinteresse, zumal gegen den Kläger ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Darüber hinaus habe der Kläger auch wegen des tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit und die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagung. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei auch begründet. Sowohl die Untersagungsverfügung als auch die Zwangsgeldandrohung seien vom Erlass des Bescheides bis zum 31. Januar 2009 rechtswidrig gewesen. Die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, da sie sich auf das staatliche Sportwettenmonopol stütze, das seinerseits gegen unionsrechtliche Grundfreiheiten verstoße. Die Monopolregelung sei wegen konterkarierender Regelung des Sektors der gewerblichen Automatenspiele inkohärent und beschränke die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49, 56 AEUV unverhältnismäßig; sie dürfe deshalb nicht angewendet werden.

6

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die fehlerhafte Anwendung des unionsrechtlichen Kohärenzerfordernisses und macht geltend, bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der monopolbedingten Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit müsse auch berücksichtigt werden, wie der Sportwettensektor sich ohne das Monopol entwickelt hätte, und dass dieses nicht nur der Suchtbekämpfung und dem Spieler- und Jugendschutz, sondern darüber hinaus der Kriminalitätsbekämpfung diene.

7

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. April 2012 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2009 zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht, weil es unzutreffend annimmt, der Kläger habe gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung für den in Rede stehenden Zeitraum. Das Urteil beruht auch auf dieser Rechtsverletzung und erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Rechtsanwendung hätte es die Fortsetzungsfeststellungsklage für unzulässig halten müssen. Dies führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils. Dem steht nicht entgegen, dass der Klagantrag im Berufungsverfahren umgestellt wurde.

11

Mit Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Fortsetzungsfeststellungsklage für statthaft erachtet. Nachdem der Kläger den Zugriff auf seine Betriebsstätte zum 31. Januar 2009 endgültig verloren hatte, hat sich die Untersagungsverfügung des Beklagten, die sich allein auf diese Betriebsstätte bezog, endgültig erledigt. Maßnahmen zur Vollstreckung der Untersagung, die noch rückgängig gemacht werden könnten, sind nicht ersichtlich.

12

Zulässig ist die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings nur, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Danach kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz an.

13

1. Für diesen Zeitpunkt lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Untersagung maßgeblichen rechtlichen Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Dem steht nicht entgegen, dass der allgemeine Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Ermächtigung zur Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fortgelten. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

14

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

15

2. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses des Klägers zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens und des dazu durchgeführten, im Juli 2008 eingestellten Ermittlungsverfahrens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

16

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>). Soweit die Begründung der Untersagungsverfügung davon ausgeht, der Kläger habe strafbare Beihilfe zum unerlaubten Glücksspiel geleistet, kann offenbleiben, ob dies als stigmatisierender Vorwurf schuldhaft-kriminellen Verhaltens zu verstehen war und wegen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens Außenwirkung erlangt hat. Selbst in diesem Fall wäre der Vorwurf wegen der Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 153 StPO am 22. Juli 2008 gegenwärtig - im Frühjahr 2013 - nicht (mehr) geeignet, das soziale Ansehen des Klägers herabzusetzen. Zweifeln, ob das Ermittlungsverfahren an den verfahrensgegenständlichen Bescheid anknüpfte oder ob es einen anderen, in der Ermittlungsakte genannten Bescheid vom 13. Mai 2008 und eine andere Betriebsstätte betraf, muss nicht mehr nachgegangen werden. Das Ermittlungsverfahren hat zudem nicht zu einer Bestätigung des Strafbarkeitsvorwurfs geführt. Es wurde vielmehr mit der Begründung eingestellt, die Rechtslage sei auch nach dem Glücksspielstaatsvertrag weiterhin unklar, und eine Schuld wäre als gering anzusehen. Die Einstellung nach § 153 StGB impliziert keine Strafbarkeit und insbesondere keinen Schuldvorwurf. Sie kann deshalb kein Rehabilitierungsinteresse begründen. Die gegenteilige Auffassung (VG Berlin, Urteil vom 21. Dezember 2005 - 1 A 162.01 - juris Rn. 21) geht von einer unzutreffenden Auslegung des § 153 StPO aus. Wie sich schon aus dessen Entstehungsgeschichte ergibt, setzt dieser gerade keine Schuldfeststellung voraus, sondern soll in Bagatellfällen, in denen Schuld und Strafbarkeit erst durch weitere Ermittlung zu klären wären, das Legalitätsprinzip durchbrechen und die Staatsanwaltschaft von der Pflicht entbinden, weitere Ermittlungen zur völligen Entlastung des Beschuldigten durchzuführen (Schoreit, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 153 Rn. 7 und 15 f.). Hier verdeutlicht der Hinweis auf die Unklarheit der Rechtslage, dass die Strafbarkeit des Verhaltens aus der Sicht der Staatsanwaltschaft ungewiss war und wegen Geringfügigkeit einer allfälligen Schuld nicht weiter aufgeklärt werden sollte. Die Feststellung zur Schwere einer für den Fall der Anwendbarkeit des § 284 Abs. 1 StGB möglichen Schuld sind also rein hypothetisch. Eine fortdauernde Außenwirkung ist nicht zu erkennen. Die Einstellung nach § 153 StPO wird nicht im Zentralregister eingetragen.

17

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführten Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern vom 21. März 2013 ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

18

3. Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses (a) hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (b). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 GRC in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (c).

19

a) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 12). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

20

b) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

21

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

22

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

23

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung dem Kläger mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

24

c) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

25

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil der Kläger Rechtsschutz wegen einer Beschränkung seiner Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991 I-2951 ), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

26

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter a) und b) (Rn. 19 und 20 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

27

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653 ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ).

28

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301 ). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

29

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

30

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. ). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992 I-4897 ). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

31

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. - Slg. 1982, S. 3415 ). Die vom Kläger angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

32

4. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den vom Kläger angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass dem Kläger selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

33

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991 I-5357 ) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

34

Der Kläger hat den Zugriff auf seine Betriebsstätte Ende Januar 2009 endgültig verloren. Denkbare Schadensersatzansprüche betreffen also nur den Zeitraum vor Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069, - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010 I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010 I-8041). Für diesen Zeitraum scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

35

a) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 ), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

36

b) Im Zeitraum bis zum Herbst 2010 - und damit auch für den vorliegend strittigen Zeitraum bis Januar 2009 - fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 ). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

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c) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

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5. Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1990 geborene Klägerin ist muslimischen Glaubens und trägt als Ausdruck ihrer persönlichen religiösen Überzeugung ein Kopftuch.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 3. September 2014 wurde die Klägerin zum juristischen Vorbereitungsdienst mit Beginn zum 1. Oktober 2014 mit der Auflage zugelassen, dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation), keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung einzuschränken. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung:.

Nach Antritt des Vorbereitungsdienstes beim Amtsgericht Augsburg nahm die Klägerin am 7., 14., 21. und 28. November 2014 jeweils gemeinsam mit einer Mitreferendarin an mündlichen Verhandlungen ihrer Ausbilderin in der Zivilstation teil. Während der Mitreferendarin am 21. November 2014 am Richtertisch u.a. die Einführung in den Sach- und Streitstand übertragen wurde, wohnte die Klägerin der Verhandlung im Zuschauerbereich bei. Hierauf wurde sie auch von einem Rechtsanwalt als Vertreter der Prozesspartei angesprochen. An den übrigen drei Tagen im November wurde die Klägerin genauso behandelt wie ihre Mitreferendarin. Beide Referendarinnen saßen im Zuschauerraum und beobachteten den Verlauf der Verhandlungen.

Am 20. Januar 2015 erhob die Klägerin, die zuvor am 14. November 2014 gegenüber ihrer Ausbildungsrichterin gegen die Auflage remonstriert hatte, Widerspruch gegen die Auflage, der mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des OLG München vom 3. März 2015 zurückgewiesen wurde.

Mit der beim Verwaltungsgericht am 3. April 2015 eingegangenen Klage beantragte die Klägerin zunächst, die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage sowie den Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 aufzuheben.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2015 hob der Präsident des OLG München die streitgegenständliche Auflage vom 3. September 2014 auf, da die Strafrechtsstation mit Ablauf des 31. Mai 2015 beendet worden und die Auflage daher nicht mehr erforderlich sei.

Die Klägerin beantragte unter dem 9. Juli 2015 nunmehr,

festzustellen, dass die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage „dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Sachverständigen und Zeugen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen“ rechtswidrig gewesen ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

Das Verwaltungsgericht entschied antragsgemäß mit Urteil vom 30. Juni 2016. Die Klage sei zulässig, weil sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den mit Klageschrift vom 27. Juni 2016 vor dem Landgericht München I anhängig gemachten Entschädigungsanspruch aus Amtshaftung ergebe. Sie sei auch begründet, da die Auflage aufgrund des Fehlens einer deren Erlass rechtfertigen Rechtsgrundlage rechtswidrig sei. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt der Beklagte die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer vermeintlichen Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Auflage. Auch bei Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auflage erweise sich die Rechtsauffassung des angegriffenen Urteils als unzutreffend, weil sich für die streitige Nebenbestimmung in Art. 97 GG i.V.m. §§ 25, 39 DRiG eine Rechtsgrundlage finde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht. Die streitgegenständliche Auflage sei rechtswidrig, da sie ohne taugliche Rechtsgrundlage erteilt worden sei. Art. 97 GG i.V.m. § 39 DRiG sei weder direkt noch analog anwendbar.

Der Beklagte vertiefte sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 13. April, 6. Juni, 17. Juli, 1. September und 27. November 2017.

Die Klägerin teilte unter dem 19. Juli 2017 mit, dass der Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht München I mit Datum vom gleichen Tag zurückgenommen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 verwies die Klägerin auf Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse dazu führen, das vorliegend das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen sei.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 äußerte sich die Klägerin abschließend. Der Beklagte erwiderte hierauf abschließend unter dem 21. Februar 2018.

Gegenwärtig ist die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig.

Der Senat hat am 7. März 2018 mündlich zur Sache verhandelt. Auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die von der Klägerin erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig, weil es an dem hierfür erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt. Es kommt daher nicht mehr streitentscheidend darauf an, ob die Klage begründet gewesen wäre.

1. Die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage (a.) ist unzulässig, weil die Klägerin nicht über das hierfür nötige Feststellungsinteresse verfügt (b.). Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte besondere Feststellungsinteresse ist auch mit Unionsrecht vereinbar (c.).

a. Die ursprüngliche, auf Aufhebung der streitgegenständlichen Auflage gerichtete Anfechtungsklage (zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen belastende Nebenbestimmungen: BVerwG, U.v. 21.6.2007 - 3 C 39.06 - juris Rn. 20 m.w.N.) hat sich erledigt, nachdem der Präsident des OLG München die Auflage mit Bescheid vom 31. Mai 2015 aufgehoben hat.

Der Erledigung der Anfechtungsklage hat die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen, dass sie den Klageantrag umgestellt und nunmehr beantragt hat, festzustellen, dass die Auflage rechtswidrig gewesen sei. Da Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind, war die Umstellung des Antrags nicht als eine Änderung der Klage im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO anzusehen, sondern gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zulässig.

b. Die Klägerin kann sich jedoch nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Zulässig ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur, wenn die Klägerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 - juris Rn. 30) auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 13; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 20). Es ist dabei Sache des Klägers, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 42.90 - juris Rn. 13).

(1) Eine Wiederholungsgefahr ist insoweit zu verneinen. Ein berechtigtes Interesse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, U.v. 2.11.2017 - 7 C 26.15 - juris Rn. 18). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Feststellungsinteresse nicht mehr mit einer Wiederholungsgefahr begründet. Eine solche ist auch nicht ersichtlich, da mit dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Vorbereitungsdienst wesentlich veränderte tatsächliche Umstände eingetreten sind. Auch die rechtlichen Umstände haben sich mit dem am 22. Februar 2018 vom Bayerischen Landtag beschlossenen Art. 73a Abs. 11 Nr. 6 i.V.m. Art. 11 des Bayerischen Richter- und Staatsanwaltsgesetzes (GVBl. 2018 S. 118), das am 1. April 2018 in Kraft getreten ist (Art. 74 Abs. 1 BayRiStAG), wesentlich geändert.

(2) Die Zulässigkeit der Klage lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitationsinteresses begründen.

Die Klägerin trägt hierzu vor, sie sei durch die streitige Auflage diskriminiert und dadurch tiefgreifend in ihren Grundrechten verletzt worden. Die Auflage verkürze zum einen die grundrechtlich verbürgte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Sie führe zu einem ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung, der in der Personalakte der Klägerin festgehalten sei und ihr nicht lediglich für die Dauer des Vorbereitungsdienstes anhafte. Auch bei etwaigen zukünftigen Bewerbungen im öffentlichen Dienst werde ihre Personalakte herangezogen werden, sodass der Makel weiter fortwirke und zu einem möglichen Zugangshindernis zu bestimmten Berufen erstarken könne. Die Auflage diskriminiere die Klägerin zudem auch als Angehörige des islamischen Glaubens sowie als Frau (Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), weil sie ausschließlich auf muslimische Rechtsreferendarinnen Anwendung finde.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ein Rehabilitationsinteresse darzutun. Ein Rehabilitationsinteresse liegt nur vor, wenn von der ursprünglichen Maßnahme eine diskriminierende Wirkung ausgeht, die auch nach der Erledigung der Maßnahme noch fortwirkt. Die diskriminierende Wirkung muss grundsätzlich von der erledigten Maßnahme selbst ausgehen und über die bloße Behauptung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme hinausgehen. Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls auch als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme subjektiv als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche (Nach-) Wirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.3.2013 - 3 C 6.12 - juris Rn. 15). Hinzu kommt, dass sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergeben muss, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss deshalb Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 21; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; B.v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die streitige Auflage führte nicht zu einer Stigmatisierung der Klägerin. Vielmehr diente die Auflage der Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots. Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 50). Durch das Tragen religiös konnotierter Kleidungsstücke oder Symbole kann es zu einem Konflikt zwischen der Glaubensfreiheit einerseits und dem staatlichen Neutralitätsgebot andererseits kommen. In dem Versuch des Beklagten, diesen Konflikt durch die streitige Auflage zu lösen, liegt daher weder eine Diskriminierung der Klägerin noch eine Stigmatisierung in Form eines ethischen Unwerturteils, das geeignet wäre, das soziale Ansehen der Klägerin herabzusetzen. Es lässt sich weder eine Ehrverletzung feststellen, noch enthält die Auflage einen persönlichen Vorwurf oder setzte die Klägerin sonst irgendeinem persönlichen Makel aus. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass die Auflage abstrakt-generell formuliert ist und nicht allein die Person der Klägerin in den Blick genommen hat. Damit fehlt es an einem konkreten, personenbezogenen Vorwurf (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 16). Auch eine Beschränkung des Verbots des Tragens religiöser Symbole allein auf (weibliche) muslimische Religionsangehörige ist mit der streitigen Auflage ersichtlich nicht verbunden, sondern sie erfasst auch religiöse Symbole u. dgl. von Angehörigen sonstiger Religionsgruppen.

Der streitigen Auflage haftet auch nicht der Makel der (fachlichen) Ungeeignetheit an. Zwar wird im Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 als Ermächtigungsgrundlage für die streitige Auflage Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG genannt und auf § 46 Abs. 6 JAPO Bezug genommen. Nach dieser Bestimmung kann die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst Bewerbern u.a. dann versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die Bewerber für den Vorbereitungsdienst als ungeeignet erscheinen lassen, insbesondere wenn Tatsachen in der Person der Bewerber die Gefahr begründen, dass durch die Aufnahme der Bewerber wichtige öffentliche Belange - hier die weltanschaulich-religiöse Neutralität - erheblich beeinträchtigt würden (§ 46 Abs. 6 Nr. 2b) JAPO). Der Umstand, dass die Klägerin vom Beklagten zum Vorbereitungsdienst zugelassen worden ist, zeigt jedoch, dass die Klägerin von ihm als hierfür geeignet erachtet worden ist. Von einem „ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung“, der sich als rufbeeinträchtigende (Nach-) Wirkung aus der aufgehobenen Auflage ergebe, kann daher nicht die Rede sein.

Selbst unterstellt, eine Stigmatisierung oder Rufschädigung der Klägerin läge vor, besäße die Klägerin gleichwohl kein Rehabilitationsinteresse. Die Stigmatisierung bzw. Rufschädigung dauerte nicht bis in die Gegenwart fort, sondern realisierte sich ausschließlich während der Zivilrechtsstation. Die Klägerin ist aber nicht mehr Rechtsreferendarin, sondern als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig. Der Umstand, dass die Auflage nach wie vor in der Personalakte dokumentiert wird, ändert daran nichts. Die Klägerin kann sich diesbezüglich nicht mehr auf eine auch für Außenstehende erkennbare fortdauernde Stigmatisierung durch die (aufgehobene) Auflage berufen, die geeignet wäre, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit und in ihrem sozialen Umfeld herabzusetzen. Bei einer Bewerbung der Klägerin ist deren Eignung erneut zu prüfen. Ihre fachliche Eignung ergibt sich aus der Note in der 2. Juristischen Staatsprüfung.

Insoweit kann sich die Klägerin nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 1991 (7 C 36.90 - BVerwGE 88, 111 - juris Rn. 9) berufen. In dieser Entscheidung hatte der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts den „Makel“ eines „Durchfallkandidaten“ als einen Umstand gewertet, aus dem möglicherweise bei Entscheidungen, die - wie bei Bewerbungen - für die berufliche Laufbahn von Bedeutung sind, negative Schlüsse gezogen werden können, sodass ein Prüfling durch Nichtbestehen der Erstprüfung auch bei Bestehen der Wiederholungsprüfung weiterhin beschwert sein kann. Eine vergleichbare Situation besteht hier nicht, zumal die fachliche Eignung der Klägerin zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen worden ist. Das Unterbleiben der Wahrnehmung richterlicher Aufgaben i.S.d. § 10 Satz 2 GVG hat sich für die Klägerin auch nicht negativ auf die Stationsnote ausgewirkt.

Die Klägerin kann sich zudem auch deshalb nicht auf ein Rehabilitationsinteresse berufen, weil sie sich in der Zivilstation der Auflage „unterworfen“ hat, ohne dagegen unverzüglich Widerspruch einzulegen. Eine Anfechtung der streitigen Auflage wäre jedoch das naheliegende und gebotene Rechtsmittel gewesen, um die Auflage bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit zu suspendieren. Da die ersten Ausbildungstage in der Zivilrechtsstation am 7. und 14. November 2014 stattfanden, verstößt es gegen Treu und Glauben, zunächst das tatsächliche Ausmaß der streitigen Auflage für die Referendarausbildung abzuwarten und nur eine nicht mit aufschiebender Wirkung verbundene „Beschwerde“ bei der Ausbildungsrichterin einzulegen, anstatt hiergegen mit einem aufschiebenden Rechtsbehelf vorzugehen (§ 839 Abs. 3 BGB analog).

(3) Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich hier auch nicht deshalb, weil die Auflage mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, der sich typischerweise kurzfristig erledigt, verbunden gewesen wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 – juris Rn. 18).

Hierzu fehlt es bereits an einem gewichtigen Grundrechtseingriff. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.2013 - 2 BvR 370/13 - juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG oder die Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG tangieren (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 - juris Rn. 37: Abschiebungshaft). Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall jedoch auszuschließen. Die Auflage führt zwar zu einem Grundrechtseingriff (a), dieser ist jedoch nicht tiefgreifend (b).

(a) Eine einem Rechtsreferendar auferlegte Pflicht, bei Tätigkeiten, bei denen er als Repräsentant des Staates wahrgenommen wird oder als solcher wahrgenommen werden könnte, die eigene Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft nicht durch das Befolgen von religiös begründeten Bekleidungsregeln sichtbar werden zu lassen, greift in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte individuelle Glaubensfreiheit ein. Sie stellt den Betroffenen vor die Wahl, entweder die angestrebte Tätigkeit auszuüben oder dem von ihm als verpflichtend angesehenen religiösen Bekleidungsgebot Folge zu leisten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 37). Die Klägerin kann sich auch als in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befindliche Rechtsreferendarin auf ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen; ihre Grundrechtsberechtigung wird durch die Eingliederung in den staatlichen Aufgabenbereich nicht von vornherein oder grundsätzlich in Frage gestellt (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 38). Musliminnen, die ein in der für ihren Glauben typischen Weise gebundenes Kopftuch tragen, können sich deshalb auch im Rahmen eines juristischen Vorbereitungsdienstes auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 39). Ein solches Verbot kann daneben auch die persönliche Identität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin berühren (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 40) sowie in die Grundrechte der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 GG eingreifen.

(b) Mit der Auflage war jedoch kein tiefgreifender Grundrechtseingriff verbunden. Die Auflage griff nur zeitlich und örtlich beschränkt in die Grundrechte der Klägerin ein (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 41). Die Klägerin wurde ausschließlich von der Ausübung hoheitlichen Tätigkeiten mit Außenwirkung im Rahmen der Referendarausbildung i.S.d. § 10 Satz 2 GVG ausgeschlossen, soweit sie dabei das Kopftuch tragen wollte (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation). So erstreckte sich das Verbot nur auf den Zeitraum einer mündlichen Verhandlung und das Platznehmen hinter der Richterbank. Hingegen blieben die übrigen, weit überwiegenden Ausbildungsinhalte im Rahmen der Einzelausbildung oder der Arbeitsgemeinschaften unberührt. Die Klägerin konnte deshalb grundsätzlich ein normales Referendariat von zweijähriger Dauer ableisten. Lediglich an einem Tag hatte sie - anders als ihre Mitreferendarin - hierbei nicht die Möglichkeit, am Richtertisch in den Sach- und Streitstand einzuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rechtsreferendare keinen Anspruch auf Übernahme und Durchführung solcher Tätigkeiten haben (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 42). Es kommt durchaus auch vor, dass Referendare während der Zivilstation überhaupt keine richterliche Tätigkeit wahrnehmen. Angesichts dessen, dass sich die Auflage nur an einem Tag der Zivilstation für kurze Zeit ausgewirkt hat, ist nicht von einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff auszugehen. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin während ihrer Ausbildung in der Zivilstation im Amtsgericht Augsburg unter dem dort aufgehängten Kreuz teilnehmen musste. Denn unabhängig davon, dass die Klägerin selbst bekundet hat, dass sie hiergegen keine Einwände erhoben hat, und ggf. auch hiergegen vorgehen hätte können (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.2001 - 3 B 98.563 - VGHE n.F. 55, 52), betrifft die Frage, ob sich der Beklagte auf die Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots berufen kann, allein die Begründetheit der Klage.

Im Übrigen zählt die streitige Auflage - anders als z.B. eine Hausdurchsuchung oder ein Versammlungsverbot - auch nicht zu den Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr wäre es der Klägerin zumutbar und grundsätzlich auch möglich gewesen, hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz auch in der Hauptsache zu erhalten. Dass sich die Auflage vorliegend durch ihre Aufhebung untypisch frühzeitig erledigt hat, ändert daran nichts (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 33 f.). Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Auflage, hat die Klägerin bereits durch deren Aufhebung erreicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O. Rn. 35).

(4) Mit der Rücknahme der Amtshaftungsklage vor dem Landgericht München I ist ein etwaiges Präjudizinteresse der Klägerin entfallen. Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Auflage kann ihr keine Erkenntnisse („Früchte“) mehr bringen.

c. Das Erfordernis eines besonderen Feststellungsinteresses für eine Klage gegen eine bereits erledigte Maßnahme widerspricht auch nicht dem Unionsrecht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (also des Diskriminierungsverbots gemäß Art. 2 Abs. 1 RL 2000/78/EG) in ihren Rechten verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungs Weg sowie, wenn die Mitgliedsstaaten es für angezeigt halten, im Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, währenddessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist. Das in Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG statuierte Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz folgt primärrechtlich aus Art. 47 GRC (EuGH, U.v. 14.10.2010 - Rs. C-243/09 - juris Rn. 66). Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG beruht auf dem mittlerweile aufgehobenen Art. 1 der Beweislast-Richtlinie (RL 97/80/EG), wonach mit der Richtlinie eine wirksamere Durchführung der Maßnahmen gewährleistet werden sollte, die von den Mitgliedstaaten in Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes getroffen werden, damit jeder, der sich wegen Nichtanwendung dieses Grundsatzes auf ihn für beschwert hält, seine Rechte nach etwaiger Befassung anderer Stellen gerichtlich geltend machen kann (EuGH, U.v. 21.7.2011 - Rs. C-104/10 - juris Rn. 33). Dieser Grundsatz wurde in Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG, Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie in Art. 17 Abs. 1 RL 2006/54/EG übernommen (EuGH, U.v. 19.4.2012 - Rs. C-415/10 - juris Rn. 38). Nach der Rechtsprechung des EuGH bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip und das Effektivitätsgebot (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 39 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH; Mohr in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 9 RL 2000/78/EG Rn. 1).

Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage verstößt weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz.

Nach dem Grundsatz der Äquivalenz dürfen die nationalen Verfahrensregelungen nicht ungünstiger ausgestaltet sein, als gleichartige, das innerstaatliche Recht betreffende Verfahren. Der Äquivalenzgrundsatz erfordert, dass eine Regelung in gleicher Weise für Klagen gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben. Es darf somit bei der Anwendung der für Rechtsbehelfe geltenden Vorschriften nicht danach unterschieden werden, ob ein Verstoß gegen Unionsrecht oder gegen innerstaatliches Recht gerügt wird (EuGH, U.v. 8.7.2010 - Rs. C-246/09 - juris Rn. 26). Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz ist nicht erkennbar, da für eine Fortsetzungsfeststellungsklage stets ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der behaupteten Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts gegeben sein muss. Eine Privilegierung von Ansprüchen, die auf nationalem Recht beruhen, gibt es nicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 40).

Auch liegt kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz vor. Nach dem Grundsatz der Effektivität darf das mitgliedstaatliche Verfahrensrecht die Ausübung der aus dem Unionsrecht erwachsenen Rechte weder praktisch unmöglich machen noch übermäßig erschweren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 42). Das ist nicht der Fall. Aus dem Effektivitätsgebot lässt sich keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O.).

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, U.v. 6.10.1982 - Rs. C-283/81 - juris Rn. 16 ff.). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den EuGH ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht geboten (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 43).

2. Aufgrund der Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage war über das eigentliche Anliegen der Klägerin - die Klärung der Frage, ob die Neutralitätsregel (hier in Form der streitgegenständlichen Auflage) vor dem Hintergrund ihrer „erzwungenen Ausbildung ‚unter dem Kreuz‘ im Gerichtssaal“ dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. hierzu EuGH, U.v. 14.3.2017 - Rs C-157/15 - juris) - nicht mehr zu befinden. Diese Frage und die Prüfung, ob die streitige Auflage auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung beruht, gehören zur Begründetheit, die mangels zulässiger Klage nicht mehr zu prüfen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2, 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht vorliegen.

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 14. Januar 2013 - 82/8 Qs 239/12 - verletzt, soweit er sich auf die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume bezieht, den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 in Verbindung mit Artikel 13 des Grundgesetzes.

Der Beschluss wird im vorgenannten Umfang aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Neubrandenburg zurückverwiesen.

...

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Rechtsschutzbedürfnis nach Durchsuchung von Geschäftsräumen.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Gewerbe, dessen Geschäftsgegenstand unter anderem die Wintereinlagerung von Booten, deren Kranung und auch Reparatur sind. Des Weiteren betreibt der Beschwerdeführer einen Kfz-Handel und einen dazugehörigen Reparaturbetrieb mit allen mit diesen werbenden Tätigkeiten in Zusammenhang stehenden Arbeiten. Die Gewerbetätigkeiten üben der Beschwerdeführer und seine Ehefrau in den Hallen der ehemaligen Justizvollzugsanstalt in Ueckermünde-Berndshof aus.

3

2. Auf den Hinweis eines Zeugen, der gegenüber der zuständigen Staatsanwaltschaft Neubrandenburg mitgeteilt hatte, dass er bei einer Begehung der Geschäftsräume des Beschwerdeführers sehr große Mengen an Kleidung habe feststellen können, die noch mit Preisschildern versehen gewesen sei, sowie eine größere Anzahl von Außenbordmotoren, die unfachmännisch gelagert worden seien, beantragte die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg noch am selben Tag, dem 23. Oktober 2012, gegenüber dem Amtsgericht Neubrandenburg fernmündlich den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses gegen den Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau gemäß §§ 102, 105 StPO wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Hehlerei (§§ 259, 260 StGB).

4

Das Amtsgericht Neubrandenburg ordnete die Durchsuchung sowohl der Wohn- als auch der Geschäftsräume in Ueckermünde-Berndshof gemäß §§ 102, 105 StPO antragsgemäß - ebenfalls fernmündlich - an.

5

3. Die Durchsuchungsanordnung wurde am 23. Oktober 2012 vollstreckt. Es konnten keine verfahrensrelevanten Beweismittel aufgefunden und sichergestellt werden.

6

4. a) Auf die gegen den Durchsuchungsbeschluss gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers vom 5. November 2012 stellte das Landgericht Neubrandenburg mit angegriffenem Beschluss vom 14. Januar 2013 fest, dass die durch das Amtsgericht Neubrandenburg erlassene Durchsuchungsanordnung rechtswidrig gewesen sei, soweit sie die Wohnräume des Beschwerdeführers betroffen habe. Der erforderliche Anfangsverdacht hinsichtlich der Begehung einer gewerbsmäßigen Hehlerei habe aufgrund des Fehlens zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht vorgelegen. Grundlage der Durchsuchungsanordnung seien ein bloßes Gerücht beziehungsweise vage Verdächtigungen gewesen, welche nicht geeignet gewesen seien, den erforderlichen Anfangsverdacht zu begründen.

7

b) Im Übrigen - soweit sich die Beschwerde gegen die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume des Beschwerdeführers richtete - verwarf das Landgericht Neubrandenburg die Beschwerde als unzulässig.

8

Hinsichtlich der Geschäftsräume des Beschwerdeführers sei die Beschwerde aufgrund prozessualer Überholung unzulässig. Die angegriffene Entscheidung enthalte aufgrund deren Vollzugs keine Beschwer mehr für den Beschwerdeführer. Zwar sei die Durchsuchung auch der Wohnung aufgrund ihrer tatsächlichen Durchführung am 23. Oktober 2012 abgeschlossen und damit ebenfalls prozessual überholt. Für eine Aufhebung der Durchsuchungsanordnung bestehe daher kein Raum. Der Beschwerdeführer habe aber in Bezug auf seine Wohnräume ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung einer etwaigen Rechtswidrigkeit der richterlichen Durchsuchungsanordnung.

II.

9

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angegriffenen Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG verletzt.

10

Das Landgericht Neubrandenburg habe seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG verletzt, indem es seine Beschwerde in Bezug auf die Durchsuchung seiner Geschäftsräume mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen habe. Anders als vom Landgericht angenommen liege ein schwerwiegender Grundrechtseingriff auch in der Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume. Das Bundesverfassungsgericht beziehe in den Schutzbereich von Art. 13 GG ausdrücklich neben der Unverletzlichkeit der Wohnung auch die Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsstätten mit ein (vgl. BVerfGE 76, 83 <88>). Bei einem derart tiefgreifenden, tatsächlich jedoch nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriff bestehe das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fort. Die durch das Landgericht Neubrandenburg vorgenommene Differenzierung im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis danach, ob die Durchsuchung einer Wohnung oder von Geschäftsräumen angeordnet worden sei, sei nicht nachvollziehbar und in sich widersprüchlich. Zudem führe eine entsprechende Differenzierung dazu, dass die Anordnung der Durchsuchung von Geschäftsräumen aufgrund der Regelung des § 33 Abs. 4 StPO regelmäßig nicht mehr fachgerichtlich nachprüfbar sei und die gesetzlich vorgesehene Beschwerdemöglichkeit insofern leerlaufe.

III.

11

1. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die teilweise Verwerfung der gegen den amtsgerichtlichen Durchsuchungsbeschluss gerichteten Beschwerde des Beschwerdeführers als unzulässig durch das Landgericht Neubrandenburg unter Hinweis auf ein fehlendes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung im Hinblick auf Geschäftsräume werde den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht.

12

Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, sei es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Gerichte ein Rechtsschutzbedürfnis nur so lange als gegeben ansähen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen könne, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Darüber hinaus sei ein Rechtsschutzbedürfnis aber auch in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen könne. Effektiver Grundrechtsschutz gebiete es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhalte, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen. Zu der Fallgruppe tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet seien, gehöre die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung. Der Begriff der "Wohnung" im Sinne von Art. 13 Abs. 1 GG umfasse dabei auch beruflich genutzte Räume, also Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume, so dass die durch das Landgericht Neubrandenburg vorgenommene Differenzierung den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genüge.

13

2. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten 731 Js 18041/12 der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg vorgelegen.

B.

14

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 96, 27) und die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 13 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

I.

15

Der angegriffene Beschluss verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG.

16

1. a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privatsphäre in räumlicher Hinsicht. Damit wird dem Einzelnen ein elementarer Lebensraum zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, in Ruhe gelassen zu werden (BVerfGE 27, 1 <6>; 51, 97 <107>). Im Interesse eines wirksamen Schutzes hat das Bundesverfassungsgericht den Begriff der Wohnung weit ausgelegt. Er umfasst auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (vgl. BVerfGE 32, 54 <68 ff.>; 42, 212 <219>; 44, 353 <371>; 76, 83 <88>). In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 103, 142 <150 f.>).

17

b) aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 8, 274 <326>; 67, 43 <58>; 104, 220 <231>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne gerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>; 104, 220 <231>; stRspr). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Ein Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und für den Betroffenen leerlaufen lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <98 f.>; 96, 27 <39>; 104, 220 <232>).

18

bb) Hiervon muss sich das Rechtsmittelgericht auch bei der Antwort auf die Frage leiten lassen, ob im jeweiligen Einzelfall für ein nach der Prozessordnung statthaftes Rechtsmittel ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, ist es zwar grundsätzlich vereinbar, wenn die Rechtsmittelgerichte ein Rechtsschutzbedürfnis nur so lange als gegeben ansehen, wie ein gerichtliches Verfahren dazu dienen kann, eine gegenwärtige Beschwer auszuräumen, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen. Darüber hinaus ist ein solches Rechtsschutzbedürfnis aber jedenfalls auch in Fällen gewichtiger Grundrechtseingriffe gegeben, in denen die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich nach dem typischen Verlauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 81, 138 <140 f.>; 110, 77 <86>; 117, 244 <268>). Effektiver Grundrechtsschutz gebietet es in diesen Fällen, dass der Betroffene Gelegenheit erhält, die Berechtigung des schwerwiegenden - wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden - Grundrechtseingriffs gerichtlich klären zu lassen (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>).

19

Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfGE 104, 220 <233>; für weitere Fallkonstellationen siehe BVerfGE 110, 77 <86>; BVerfGK 3, 147 <150>). Zu der Fallgruppe tiefgreifender Grundrechtseingriffe, die ihrer Natur nach häufig vor möglicher gerichtlicher Überprüfung schon wieder beendet sind, gehört die Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung (BVerfGE 96, 27 <40>).

20

cc) Gemäß §§ 304 ff. StPO ist gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung eine Beschwerde statthaft. Die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist vom angerufenen Fachgericht unter Beachtung der soeben dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beurteilen. Danach darf eine Beschwerde nicht allein deswegen, weil die richterliche Anordnung vollzogen worden sei und die Maßnahme sich deshalb erledigt habe, unter dem Gesichtspunkt prozessualer Überholung als unzulässig verworfen werden (BVerfGE 96, 27 <41>).

21

2. Gemessen an diesen Maßstäben verletzt der angegriffene Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 14. Januar 2013 den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG.

22

a) Die Beschwerde des Beschwerdeführers betraf einen Fall, in dem das Beschwerdegericht entsprechend dem oben dargestellten Maßstab von dem Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses hätte ausgehen müssen. Ein schwerwiegender Grundrechtseingriff in Form einer Wohnungsdurchsuchung war erfolgt. Der Beschwerdeführer hatte daher ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der richterlichen Anordnung. Die Verwerfung der Beschwerde als unzulässig, soweit sie sich gegen die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume richtet, hält mithin verfassungsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.

23

Das Bundesverfassungsgericht legt den Begriff der Wohnung weit aus, so dass neben den Wohnräumen vom Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume erfasst sind. Aus diesem Grund kann auch im Rahmen der Beurteilung der Schwere eines bereits erfolgten, tatsächlich allerdings nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriffs und des anschließenden Rechtsschutzes keine Differenzierung dahingehend vorgenommen werden, ob die Durchsuchungsanordnung sich auf eine Wohnung oder auf Geschäftsräume bezogen hat. Beide Bereiche werden gleichermaßen vom Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG erfasst. Die durch das Landgericht Neubrandenburg dennoch vorgenommene Differenzierung genügt daher nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

24

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg beruht auch auf dem dargelegten Grundrechtsverstoß. Das Landgericht Neubrandenburg hat seine Entscheidung nicht zusätzlich und selbständig tragend auf die Nichterfüllung anderer Zulässigkeitsvoraussetzungen gestützt, so dass davon auszugehen ist, dass es bei hinreichender Beachtung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 13 GG zu einem anderen Ergebnis im Hinblick auf die Zulässigkeit der gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung gerichteten Beschwerde gelangt wäre.

II.

25

1. Der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 14. Januar 2013 ist insoweit aufzuheben, als die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die richterliche Anordnung der Durchsuchung der Geschäftsräume zurückgewiesen worden ist. Die Sache ist im vorgenannten Umfang an das Landgericht Neubrandenburg zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

26

2. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass einer der Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO vorliegt.

2

Die Beklagte setzte den Kläger, der als Technischer Regierungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11) in ihrem Dienst steht, im Januar 2012 auf einen anderen Dienstposten innerhalb des damaligen Bundesamts für ... um. Auf seinem alten Dienstposten hatte der Kläger im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben Kontakte zu Vertretern von Rüstungsunternehmen. Grund für die Umsetzung war, dass der Kläger die Behörde durch unangebrachtes dienstliches Verhalten gegenüber zwei Rüstungsunternehmen und anderen Ämtern in Misskredit gebracht habe. Im Zuge der Auflösung seiner Beschäftigungsbehörde wurde der Kläger im September 2012 auf einen nicht struktursicheren Dienstposten bei der neu geschaffenen Behörde versetzt.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es im Wesentlichen, der Dienstherr könne Umsetzungen aus jedem dienstlichen Grund nach pflichtgemäßem Ermessen vornehmen. Die Auswirkungen auf den beruflichen Werdegang und die Lebensführung des Beamten seien in die Ermessenserwägungen einzustellen. Ein dienstlicher Grund für eine Umsetzung liege auch vor, wenn der Dienstherr aufgrund des Verhaltens des Beamten berechtigten Anlass zu der Befürchtung habe, dessen Verbleib auf dem Dienstposten könne die reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen. Auf ein Verschulden des Beamten komme es nicht an. Dies sei hier der Fall: Der Kläger habe durch sein Verhalten im Dienst jedenfalls dazu beigetragen, dass die für die Aufgabenerfüllung notwendige Zusammenarbeit mit den Rüstungsunternehmen erheblich gestört gewesen sei.

4

1. Der Kläger wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Frage auf, ob die Umsetzung eines Beamten von einem struktursicheren auf einen künftig wegfallenden Dienstposten mit dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung vereinbar ist oder zumindest das Umsetzungsermessen aus Fürsorgegründen erheblich einschränkt.

5

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, wenn der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage aufwirft, die sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist (stRspr; vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Ein solcher Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).

6

Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die vom Kläger gestellten Rechtsfragen nicht vor. Die Anforderungen einer Umsetzung sind ebenso geklärt wie der Inhalt des Rechts auf amtsangemessene Beschäftigung.

7

Die Umsetzung stellt eine innerbehördliche Maßnahme dar, durch die der dienstliche Aufgabenbereich eines Beamten geändert wird. Dessen Ämter im statusrechtlichen und im abstrakt-funktionellen Sinn bleiben unberührt. Dem Beamten wird ein anderer, bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteter Dienstposten (Amt im konkret-funktionellen Sinn) übertragen, der nach seiner Wertigkeit dem Amt des Beamten im statusrechtlichen Sinn zugeordnet ist.

8

Die Berechtigung des Dienstherrn zur Vornahme von Umsetzungen folgt aus seiner Organisationsgewalt. Bei der Umsetzung handelt es sich um eine dienstliche Anordnung, der der betroffene Beamte aufgrund seiner Weisungsgebundenheit Folge zu leisten hat (vgl. nunmehr § 35 Satz 2 BeamtStG). Umsetzungen müssen von einem dienstlichen Grund getragen sein. Davon ausgehend hat der Dienstherr über die Umsetzung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die tatsächlichen Auswirkungen der Umsetzung auf den beruflichen Werdegang des Betroffenen oder dessen private Lebensführung sind aus Fürsorgegründen in die Ermessenserwägungen einzustellen. Der Dienstherr muss sowohl das dienstliche Interesse an der Umsetzung als auch die entgegenstehenden Belange des Betroffenen mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die Abwägung einstellen und gewichten. Grundsätzlich gilt, dass die dienstlichen Belange, die der Umsetzung zugrunde liegen, umso gewichtiger sein müssen, je schwerer die Folgen einer Umsetzung für den Beamten sind. Umsetzungen sind nach § 114 Satz 1 VwGO von den Verwaltungsgerichten daraufhin nachzuprüfen, ob der Dienstherr die das Ermessen einschränkenden Rechtsgrundsätze beachtet hat (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Januar 2008 - 2 BvR 754/07 - NVwZ 2008, 547 <548 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2011 - BVerwG 2 A 8.09 - Buchholz 232 § 55 BBG Nr. 16 Rn. 19 und Beschluss vom 21. Juni 2012 - BVerwG 2 B 23.12 - NVwZ 2012, 1481 Rn. 7 f.).

9

Der dienstliche Grund für eine Umsetzung kann sich aus jedem sachlichen Grund ergeben, der sich auf das Interesse des Dienstherrn an einer effektiven Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zurückführen lässt. Hierzu gehört auch, dass ein Beamter aufgrund seines dienstlichen Verhaltens jedenfalls dazu beigetragen hat, dass der Dienstbetrieb beeinträchtigt ist oder dies bei seinem Verbleib auf dem Dienstposten zu erwarten ist. Welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen, kann nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise vorgegeben werden. Entscheidend ist stets die Würdigung der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles (stRspr; vgl. zuletzt Beschluss vom 16. Juli 2012 - BVerwG 2 B 16.12 - juris Rn. 6).

10

Auch der Bedeutungsgehalt des durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Rechts des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung ist in der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht geklärt. Danach kann ein Beamter aufgrund seines Amtes im statusrechtlichen Sinne beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt und ein konkret-funktionelles Amt, d.h. ein Dienstposten, übertragen werden, deren Wertigkeit der Bedeutung des statusrechtlichen Amtes entspricht. Dem Beamten darf kein dienstlicher Aufgabenbereich übertragen werden, der in Anbetracht seines Statusamtes „unterwertig" ist. Dagegen folgt aus dem Recht auf amtsangemessene Beschäftigung kein Anspruch auf Übertragung amtsangemessener Aufgaben eines bestimmten Inhalts und demzufolge kein Schutz vor Versetzung oder Umsetzung. Die Funktionsämter des Beamten können aus jedem dienstlichen Grund geändert werden, sofern ihm ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleibt (BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - BVerfGE 70, 251 <266>; BVerwG, Urteile vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3, vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 30.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 91 = NVwZ-RR 2008, 268 und vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 98).

11

Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtsgrundsätze der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Umsetzung auf den vorliegenden Fall angewandt. Es hat den festgestellten Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger durch sein dienstliches Verhalten berechtigten Anlass für eine Umsetzung gegeben hat. Diese rechtliche Würdigung stellt Rechtsanwendung im Einzelfall dar, aus der sich ein Bedarf an rechtsgrundsätzlicher Klärung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ergeben kann.

12

2. Davon ausgehend kann der Kläger mit der weiteren als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Frage, ob eine Umsetzung auf nicht belegte oder sogar erwiesenermaßen falsche Anschuldigungen Dritter gegen den Beamten gestützt werden kann, die Revisionszulassung schon deshalb nicht erreichen, weil deren Beantwortung für den Ausgang eines Revisionsverfahrens nicht entscheidungserheblich wäre. Das Oberverwaltungsgericht hat gerade nicht festgestellt, dass die Beklagte die Umsetzung auf unwahre oder nicht erwiesene Tatsachenbehauptungen gestützt hat. Vielmehr hat es tatsächliche, nach § 137 Abs. 2 VwGO bindende Feststellungen zu bestimmten Vorfällen bei dienstlichen Kontakten des Klägers mit Unternehmensvertretern getroffen und dem Kläger jedenfalls eine Mitverantwortung für die sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen zugewiesen.

13

3. Mit der Divergenzrüge macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2006 – BVerwG 2 C 26.05 - (BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3) zum Inhalt des Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung ab, weil das Oberverwaltungsgericht die Umsetzung auf einen Dienstposten gebilligt habe, dessen ersatzloser Wegfall bereits festgestanden habe.

14

Der Kläger hat eine für eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erforderliche prinzipielle Abweichung des Oberverwaltungsgerichts von einem abstrakten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht dargelegt. Wie unter 1. ausgeführt, hat dieses in dem angeführten Urteil entschieden, dass der durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung die Übertragung eines Dienstpostens verlangt, dessen Aufgaben der Wertigkeit des statusrechtlichen Amtes des Beamten entsprechen. Daraus folgt, dass dem Beamten ein anderer amtsangemessener Dienstposten übertragen werden muss, wenn sein bisheriger Dienstposten aufgrund organisatorischer Änderungen wegfällt. Darüber hinausgehende Anforderungen an den Inhalt der dienstlichen Aufgaben und an die organisatorische Einbindung des Dienstpostens ergeben sich aus Art. 33 Abs. 5 GG nicht.

15

Von diesem Rechtsgrundsatz ist das Oberverwaltungsgericht offensichtlich nicht abgewichen. Im Übrigen ergibt sich aus den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Gerichts, dass die Beklagte das Recht des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung durch die Umsetzung im Januar 2012 gewahrt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger den nach Besoldungsgruppe A 11 ausgebrachten Dienstposten eines Sachbearbeiters im Servicebereich ... erhalten hat. Die Amtsangemessenheit dieses dem statusrechtlichen Amt des Klägers entsprechenden Dienstpostens wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass er kurze Zeit später aufgrund der Auflösung der Beschäftigungsbehörde weggefallen ist. Die dadurch notwendig gewordene Versetzung des Klägers im September 2012 ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, sodass darauf bezogene Rechtsfragen mangels Entscheidungserheblichkeit einen Revisionszulassungsgrund nicht begründen können.

16

4. Mit der Gehörsrüge macht der Kläger zum einen geltend, er habe nicht damit rechnen müssen, dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung auf tatsächliche Angaben stützen würde, die eines der Rüstungsunternehmen in einem abgelehnten Beiladungsantrag gemacht hat.

17

Das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom Prozessstoff voraus (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381<392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129>). Darüber hinaus darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>).

18

Nach diesen Maßstäben lässt der Beschwerdevortrag nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht durch die Berücksichtigung der Begründung des Beiladungsantrags den Gehörsanspruch des Klägers verletzt hat.

19

Da die Beklagte die Umsetzung auf das dienstliche Verhalten des Klägers gegenüber den Unternehmen und dessen Folgen für den Dienstbetrieb gestützt hat, hat der Kläger bei sorgfältiger Prozessführung damit rechnen müssen, dass sämtliche prozessrechtlich verwertbaren Angaben der Rüstungsunternehmen zu diesem Verhalten entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen könnten. Hierzu gehören auch die Ausführungen in dem Beiladungsantrag.

20

5. Weiterhin sieht der Kläger seinen Gehörsanspruch verletzt, weil er nicht mit den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts habe rechnen können, dass bestimmte von ihm getätigte Äußerungen aus Sicht des betroffenen Unternehmens unstreitig unverständlich gewesen seien und er mit seinen Äußerungen, die sich auf juristische Bewertungen und amtsinterne Prioritäten bezogen hätten, über seine Zuständigkeit hinausgegangen sei.

21

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, einen Gehörsverstoß darzulegen. Der Kläger macht weder geltend, er habe sich zu den angesprochenen Gesichtspunkten nicht äußern können, noch, das Oberverwaltungsgericht habe seine Einlassungen bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt. Vielmehr wendet er sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts. Er beanstandet, dass sich das Gericht seiner Beweisführung nicht angeschlossen hat.

22

Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts kann vom Revisionsgericht nur daraufhin nachgeprüft werden, ob die allgemeinen Regeln der Beweiswürdigung eingehalten sind. Das Tatsachengericht darf sich seine Überzeugung nicht aufgrund eines Sachverhaltsirrtums gebildet und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze sowie gegen die Gebote der Logik (Denkgesetze) und der rationalen Beurteilung verstoßen haben (stRspr; vgl. Urteile vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 < 339 f.> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f. und vom 5. Juli 1992 - BVerwG 3 C 16.90 - Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 68 S. 64; Beschluss vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 7). Für einen solchen Fehler ergeben sich keine Anhaltspunkte aus dem Beschwerdevortrag des Klägers, auf dessen Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1990 geborene Klägerin ist muslimischen Glaubens und trägt als Ausdruck ihrer persönlichen religiösen Überzeugung ein Kopftuch.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 3. September 2014 wurde die Klägerin zum juristischen Vorbereitungsdienst mit Beginn zum 1. Oktober 2014 mit der Auflage zugelassen, dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation), keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung einzuschränken. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung:.

Nach Antritt des Vorbereitungsdienstes beim Amtsgericht Augsburg nahm die Klägerin am 7., 14., 21. und 28. November 2014 jeweils gemeinsam mit einer Mitreferendarin an mündlichen Verhandlungen ihrer Ausbilderin in der Zivilstation teil. Während der Mitreferendarin am 21. November 2014 am Richtertisch u.a. die Einführung in den Sach- und Streitstand übertragen wurde, wohnte die Klägerin der Verhandlung im Zuschauerbereich bei. Hierauf wurde sie auch von einem Rechtsanwalt als Vertreter der Prozesspartei angesprochen. An den übrigen drei Tagen im November wurde die Klägerin genauso behandelt wie ihre Mitreferendarin. Beide Referendarinnen saßen im Zuschauerraum und beobachteten den Verlauf der Verhandlungen.

Am 20. Januar 2015 erhob die Klägerin, die zuvor am 14. November 2014 gegenüber ihrer Ausbildungsrichterin gegen die Auflage remonstriert hatte, Widerspruch gegen die Auflage, der mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des OLG München vom 3. März 2015 zurückgewiesen wurde.

Mit der beim Verwaltungsgericht am 3. April 2015 eingegangenen Klage beantragte die Klägerin zunächst, die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage sowie den Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 aufzuheben.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2015 hob der Präsident des OLG München die streitgegenständliche Auflage vom 3. September 2014 auf, da die Strafrechtsstation mit Ablauf des 31. Mai 2015 beendet worden und die Auflage daher nicht mehr erforderlich sei.

Die Klägerin beantragte unter dem 9. Juli 2015 nunmehr,

festzustellen, dass die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage „dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Sachverständigen und Zeugen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen“ rechtswidrig gewesen ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

Das Verwaltungsgericht entschied antragsgemäß mit Urteil vom 30. Juni 2016. Die Klage sei zulässig, weil sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den mit Klageschrift vom 27. Juni 2016 vor dem Landgericht München I anhängig gemachten Entschädigungsanspruch aus Amtshaftung ergebe. Sie sei auch begründet, da die Auflage aufgrund des Fehlens einer deren Erlass rechtfertigen Rechtsgrundlage rechtswidrig sei. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt der Beklagte die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer vermeintlichen Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Auflage. Auch bei Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auflage erweise sich die Rechtsauffassung des angegriffenen Urteils als unzutreffend, weil sich für die streitige Nebenbestimmung in Art. 97 GG i.V.m. §§ 25, 39 DRiG eine Rechtsgrundlage finde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht. Die streitgegenständliche Auflage sei rechtswidrig, da sie ohne taugliche Rechtsgrundlage erteilt worden sei. Art. 97 GG i.V.m. § 39 DRiG sei weder direkt noch analog anwendbar.

Der Beklagte vertiefte sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 13. April, 6. Juni, 17. Juli, 1. September und 27. November 2017.

Die Klägerin teilte unter dem 19. Juli 2017 mit, dass der Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht München I mit Datum vom gleichen Tag zurückgenommen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 verwies die Klägerin auf Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse dazu führen, das vorliegend das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen sei.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 äußerte sich die Klägerin abschließend. Der Beklagte erwiderte hierauf abschließend unter dem 21. Februar 2018.

Gegenwärtig ist die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig.

Der Senat hat am 7. März 2018 mündlich zur Sache verhandelt. Auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die von der Klägerin erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig, weil es an dem hierfür erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt. Es kommt daher nicht mehr streitentscheidend darauf an, ob die Klage begründet gewesen wäre.

1. Die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage (a.) ist unzulässig, weil die Klägerin nicht über das hierfür nötige Feststellungsinteresse verfügt (b.). Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte besondere Feststellungsinteresse ist auch mit Unionsrecht vereinbar (c.).

a. Die ursprüngliche, auf Aufhebung der streitgegenständlichen Auflage gerichtete Anfechtungsklage (zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen belastende Nebenbestimmungen: BVerwG, U.v. 21.6.2007 - 3 C 39.06 - juris Rn. 20 m.w.N.) hat sich erledigt, nachdem der Präsident des OLG München die Auflage mit Bescheid vom 31. Mai 2015 aufgehoben hat.

Der Erledigung der Anfechtungsklage hat die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen, dass sie den Klageantrag umgestellt und nunmehr beantragt hat, festzustellen, dass die Auflage rechtswidrig gewesen sei. Da Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind, war die Umstellung des Antrags nicht als eine Änderung der Klage im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO anzusehen, sondern gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zulässig.

b. Die Klägerin kann sich jedoch nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Zulässig ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur, wenn die Klägerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 - juris Rn. 30) auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 13; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 20). Es ist dabei Sache des Klägers, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 42.90 - juris Rn. 13).

(1) Eine Wiederholungsgefahr ist insoweit zu verneinen. Ein berechtigtes Interesse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, U.v. 2.11.2017 - 7 C 26.15 - juris Rn. 18). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Feststellungsinteresse nicht mehr mit einer Wiederholungsgefahr begründet. Eine solche ist auch nicht ersichtlich, da mit dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Vorbereitungsdienst wesentlich veränderte tatsächliche Umstände eingetreten sind. Auch die rechtlichen Umstände haben sich mit dem am 22. Februar 2018 vom Bayerischen Landtag beschlossenen Art. 73a Abs. 11 Nr. 6 i.V.m. Art. 11 des Bayerischen Richter- und Staatsanwaltsgesetzes (GVBl. 2018 S. 118), das am 1. April 2018 in Kraft getreten ist (Art. 74 Abs. 1 BayRiStAG), wesentlich geändert.

(2) Die Zulässigkeit der Klage lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitationsinteresses begründen.

Die Klägerin trägt hierzu vor, sie sei durch die streitige Auflage diskriminiert und dadurch tiefgreifend in ihren Grundrechten verletzt worden. Die Auflage verkürze zum einen die grundrechtlich verbürgte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Sie führe zu einem ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung, der in der Personalakte der Klägerin festgehalten sei und ihr nicht lediglich für die Dauer des Vorbereitungsdienstes anhafte. Auch bei etwaigen zukünftigen Bewerbungen im öffentlichen Dienst werde ihre Personalakte herangezogen werden, sodass der Makel weiter fortwirke und zu einem möglichen Zugangshindernis zu bestimmten Berufen erstarken könne. Die Auflage diskriminiere die Klägerin zudem auch als Angehörige des islamischen Glaubens sowie als Frau (Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), weil sie ausschließlich auf muslimische Rechtsreferendarinnen Anwendung finde.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ein Rehabilitationsinteresse darzutun. Ein Rehabilitationsinteresse liegt nur vor, wenn von der ursprünglichen Maßnahme eine diskriminierende Wirkung ausgeht, die auch nach der Erledigung der Maßnahme noch fortwirkt. Die diskriminierende Wirkung muss grundsätzlich von der erledigten Maßnahme selbst ausgehen und über die bloße Behauptung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme hinausgehen. Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls auch als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme subjektiv als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche (Nach-) Wirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.3.2013 - 3 C 6.12 - juris Rn. 15). Hinzu kommt, dass sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergeben muss, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss deshalb Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 21; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; B.v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die streitige Auflage führte nicht zu einer Stigmatisierung der Klägerin. Vielmehr diente die Auflage der Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots. Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 50). Durch das Tragen religiös konnotierter Kleidungsstücke oder Symbole kann es zu einem Konflikt zwischen der Glaubensfreiheit einerseits und dem staatlichen Neutralitätsgebot andererseits kommen. In dem Versuch des Beklagten, diesen Konflikt durch die streitige Auflage zu lösen, liegt daher weder eine Diskriminierung der Klägerin noch eine Stigmatisierung in Form eines ethischen Unwerturteils, das geeignet wäre, das soziale Ansehen der Klägerin herabzusetzen. Es lässt sich weder eine Ehrverletzung feststellen, noch enthält die Auflage einen persönlichen Vorwurf oder setzte die Klägerin sonst irgendeinem persönlichen Makel aus. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass die Auflage abstrakt-generell formuliert ist und nicht allein die Person der Klägerin in den Blick genommen hat. Damit fehlt es an einem konkreten, personenbezogenen Vorwurf (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 16). Auch eine Beschränkung des Verbots des Tragens religiöser Symbole allein auf (weibliche) muslimische Religionsangehörige ist mit der streitigen Auflage ersichtlich nicht verbunden, sondern sie erfasst auch religiöse Symbole u. dgl. von Angehörigen sonstiger Religionsgruppen.

Der streitigen Auflage haftet auch nicht der Makel der (fachlichen) Ungeeignetheit an. Zwar wird im Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 als Ermächtigungsgrundlage für die streitige Auflage Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG genannt und auf § 46 Abs. 6 JAPO Bezug genommen. Nach dieser Bestimmung kann die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst Bewerbern u.a. dann versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die Bewerber für den Vorbereitungsdienst als ungeeignet erscheinen lassen, insbesondere wenn Tatsachen in der Person der Bewerber die Gefahr begründen, dass durch die Aufnahme der Bewerber wichtige öffentliche Belange - hier die weltanschaulich-religiöse Neutralität - erheblich beeinträchtigt würden (§ 46 Abs. 6 Nr. 2b) JAPO). Der Umstand, dass die Klägerin vom Beklagten zum Vorbereitungsdienst zugelassen worden ist, zeigt jedoch, dass die Klägerin von ihm als hierfür geeignet erachtet worden ist. Von einem „ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung“, der sich als rufbeeinträchtigende (Nach-) Wirkung aus der aufgehobenen Auflage ergebe, kann daher nicht die Rede sein.

Selbst unterstellt, eine Stigmatisierung oder Rufschädigung der Klägerin läge vor, besäße die Klägerin gleichwohl kein Rehabilitationsinteresse. Die Stigmatisierung bzw. Rufschädigung dauerte nicht bis in die Gegenwart fort, sondern realisierte sich ausschließlich während der Zivilrechtsstation. Die Klägerin ist aber nicht mehr Rechtsreferendarin, sondern als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig. Der Umstand, dass die Auflage nach wie vor in der Personalakte dokumentiert wird, ändert daran nichts. Die Klägerin kann sich diesbezüglich nicht mehr auf eine auch für Außenstehende erkennbare fortdauernde Stigmatisierung durch die (aufgehobene) Auflage berufen, die geeignet wäre, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit und in ihrem sozialen Umfeld herabzusetzen. Bei einer Bewerbung der Klägerin ist deren Eignung erneut zu prüfen. Ihre fachliche Eignung ergibt sich aus der Note in der 2. Juristischen Staatsprüfung.

Insoweit kann sich die Klägerin nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 1991 (7 C 36.90 - BVerwGE 88, 111 - juris Rn. 9) berufen. In dieser Entscheidung hatte der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts den „Makel“ eines „Durchfallkandidaten“ als einen Umstand gewertet, aus dem möglicherweise bei Entscheidungen, die - wie bei Bewerbungen - für die berufliche Laufbahn von Bedeutung sind, negative Schlüsse gezogen werden können, sodass ein Prüfling durch Nichtbestehen der Erstprüfung auch bei Bestehen der Wiederholungsprüfung weiterhin beschwert sein kann. Eine vergleichbare Situation besteht hier nicht, zumal die fachliche Eignung der Klägerin zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen worden ist. Das Unterbleiben der Wahrnehmung richterlicher Aufgaben i.S.d. § 10 Satz 2 GVG hat sich für die Klägerin auch nicht negativ auf die Stationsnote ausgewirkt.

Die Klägerin kann sich zudem auch deshalb nicht auf ein Rehabilitationsinteresse berufen, weil sie sich in der Zivilstation der Auflage „unterworfen“ hat, ohne dagegen unverzüglich Widerspruch einzulegen. Eine Anfechtung der streitigen Auflage wäre jedoch das naheliegende und gebotene Rechtsmittel gewesen, um die Auflage bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit zu suspendieren. Da die ersten Ausbildungstage in der Zivilrechtsstation am 7. und 14. November 2014 stattfanden, verstößt es gegen Treu und Glauben, zunächst das tatsächliche Ausmaß der streitigen Auflage für die Referendarausbildung abzuwarten und nur eine nicht mit aufschiebender Wirkung verbundene „Beschwerde“ bei der Ausbildungsrichterin einzulegen, anstatt hiergegen mit einem aufschiebenden Rechtsbehelf vorzugehen (§ 839 Abs. 3 BGB analog).

(3) Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich hier auch nicht deshalb, weil die Auflage mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, der sich typischerweise kurzfristig erledigt, verbunden gewesen wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 – juris Rn. 18).

Hierzu fehlt es bereits an einem gewichtigen Grundrechtseingriff. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.2013 - 2 BvR 370/13 - juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG oder die Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG tangieren (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 - juris Rn. 37: Abschiebungshaft). Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall jedoch auszuschließen. Die Auflage führt zwar zu einem Grundrechtseingriff (a), dieser ist jedoch nicht tiefgreifend (b).

(a) Eine einem Rechtsreferendar auferlegte Pflicht, bei Tätigkeiten, bei denen er als Repräsentant des Staates wahrgenommen wird oder als solcher wahrgenommen werden könnte, die eigene Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft nicht durch das Befolgen von religiös begründeten Bekleidungsregeln sichtbar werden zu lassen, greift in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte individuelle Glaubensfreiheit ein. Sie stellt den Betroffenen vor die Wahl, entweder die angestrebte Tätigkeit auszuüben oder dem von ihm als verpflichtend angesehenen religiösen Bekleidungsgebot Folge zu leisten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 37). Die Klägerin kann sich auch als in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befindliche Rechtsreferendarin auf ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen; ihre Grundrechtsberechtigung wird durch die Eingliederung in den staatlichen Aufgabenbereich nicht von vornherein oder grundsätzlich in Frage gestellt (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 38). Musliminnen, die ein in der für ihren Glauben typischen Weise gebundenes Kopftuch tragen, können sich deshalb auch im Rahmen eines juristischen Vorbereitungsdienstes auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 39). Ein solches Verbot kann daneben auch die persönliche Identität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin berühren (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 40) sowie in die Grundrechte der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 GG eingreifen.

(b) Mit der Auflage war jedoch kein tiefgreifender Grundrechtseingriff verbunden. Die Auflage griff nur zeitlich und örtlich beschränkt in die Grundrechte der Klägerin ein (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 41). Die Klägerin wurde ausschließlich von der Ausübung hoheitlichen Tätigkeiten mit Außenwirkung im Rahmen der Referendarausbildung i.S.d. § 10 Satz 2 GVG ausgeschlossen, soweit sie dabei das Kopftuch tragen wollte (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation). So erstreckte sich das Verbot nur auf den Zeitraum einer mündlichen Verhandlung und das Platznehmen hinter der Richterbank. Hingegen blieben die übrigen, weit überwiegenden Ausbildungsinhalte im Rahmen der Einzelausbildung oder der Arbeitsgemeinschaften unberührt. Die Klägerin konnte deshalb grundsätzlich ein normales Referendariat von zweijähriger Dauer ableisten. Lediglich an einem Tag hatte sie - anders als ihre Mitreferendarin - hierbei nicht die Möglichkeit, am Richtertisch in den Sach- und Streitstand einzuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rechtsreferendare keinen Anspruch auf Übernahme und Durchführung solcher Tätigkeiten haben (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 42). Es kommt durchaus auch vor, dass Referendare während der Zivilstation überhaupt keine richterliche Tätigkeit wahrnehmen. Angesichts dessen, dass sich die Auflage nur an einem Tag der Zivilstation für kurze Zeit ausgewirkt hat, ist nicht von einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff auszugehen. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin während ihrer Ausbildung in der Zivilstation im Amtsgericht Augsburg unter dem dort aufgehängten Kreuz teilnehmen musste. Denn unabhängig davon, dass die Klägerin selbst bekundet hat, dass sie hiergegen keine Einwände erhoben hat, und ggf. auch hiergegen vorgehen hätte können (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.2001 - 3 B 98.563 - VGHE n.F. 55, 52), betrifft die Frage, ob sich der Beklagte auf die Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots berufen kann, allein die Begründetheit der Klage.

Im Übrigen zählt die streitige Auflage - anders als z.B. eine Hausdurchsuchung oder ein Versammlungsverbot - auch nicht zu den Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr wäre es der Klägerin zumutbar und grundsätzlich auch möglich gewesen, hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz auch in der Hauptsache zu erhalten. Dass sich die Auflage vorliegend durch ihre Aufhebung untypisch frühzeitig erledigt hat, ändert daran nichts (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 33 f.). Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Auflage, hat die Klägerin bereits durch deren Aufhebung erreicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O. Rn. 35).

(4) Mit der Rücknahme der Amtshaftungsklage vor dem Landgericht München I ist ein etwaiges Präjudizinteresse der Klägerin entfallen. Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Auflage kann ihr keine Erkenntnisse („Früchte“) mehr bringen.

c. Das Erfordernis eines besonderen Feststellungsinteresses für eine Klage gegen eine bereits erledigte Maßnahme widerspricht auch nicht dem Unionsrecht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (also des Diskriminierungsverbots gemäß Art. 2 Abs. 1 RL 2000/78/EG) in ihren Rechten verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungs Weg sowie, wenn die Mitgliedsstaaten es für angezeigt halten, im Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, währenddessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist. Das in Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG statuierte Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz folgt primärrechtlich aus Art. 47 GRC (EuGH, U.v. 14.10.2010 - Rs. C-243/09 - juris Rn. 66). Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG beruht auf dem mittlerweile aufgehobenen Art. 1 der Beweislast-Richtlinie (RL 97/80/EG), wonach mit der Richtlinie eine wirksamere Durchführung der Maßnahmen gewährleistet werden sollte, die von den Mitgliedstaaten in Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes getroffen werden, damit jeder, der sich wegen Nichtanwendung dieses Grundsatzes auf ihn für beschwert hält, seine Rechte nach etwaiger Befassung anderer Stellen gerichtlich geltend machen kann (EuGH, U.v. 21.7.2011 - Rs. C-104/10 - juris Rn. 33). Dieser Grundsatz wurde in Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG, Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie in Art. 17 Abs. 1 RL 2006/54/EG übernommen (EuGH, U.v. 19.4.2012 - Rs. C-415/10 - juris Rn. 38). Nach der Rechtsprechung des EuGH bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip und das Effektivitätsgebot (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 39 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH; Mohr in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 9 RL 2000/78/EG Rn. 1).

Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage verstößt weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz.

Nach dem Grundsatz der Äquivalenz dürfen die nationalen Verfahrensregelungen nicht ungünstiger ausgestaltet sein, als gleichartige, das innerstaatliche Recht betreffende Verfahren. Der Äquivalenzgrundsatz erfordert, dass eine Regelung in gleicher Weise für Klagen gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben. Es darf somit bei der Anwendung der für Rechtsbehelfe geltenden Vorschriften nicht danach unterschieden werden, ob ein Verstoß gegen Unionsrecht oder gegen innerstaatliches Recht gerügt wird (EuGH, U.v. 8.7.2010 - Rs. C-246/09 - juris Rn. 26). Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz ist nicht erkennbar, da für eine Fortsetzungsfeststellungsklage stets ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der behaupteten Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts gegeben sein muss. Eine Privilegierung von Ansprüchen, die auf nationalem Recht beruhen, gibt es nicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 40).

Auch liegt kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz vor. Nach dem Grundsatz der Effektivität darf das mitgliedstaatliche Verfahrensrecht die Ausübung der aus dem Unionsrecht erwachsenen Rechte weder praktisch unmöglich machen noch übermäßig erschweren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 42). Das ist nicht der Fall. Aus dem Effektivitätsgebot lässt sich keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O.).

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, U.v. 6.10.1982 - Rs. C-283/81 - juris Rn. 16 ff.). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den EuGH ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht geboten (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 43).

2. Aufgrund der Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage war über das eigentliche Anliegen der Klägerin - die Klärung der Frage, ob die Neutralitätsregel (hier in Form der streitgegenständlichen Auflage) vor dem Hintergrund ihrer „erzwungenen Ausbildung ‚unter dem Kreuz‘ im Gerichtssaal“ dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. hierzu EuGH, U.v. 14.3.2017 - Rs C-157/15 - juris) - nicht mehr zu befinden. Diese Frage und die Prüfung, ob die streitige Auflage auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung beruht, gehören zur Begründetheit, die mangels zulässiger Klage nicht mehr zu prüfen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2, 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht vorliegen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Untersagungsverfügung, mit der ihr die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten verboten wurde.

2

In der G.straße ... in M. und in drei weiteren Betriebsstätten im Stadtgebiet der Beklagten vermittelte die Klägerin Sportwetten an die I. in G., die über eine dort erteilte Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten verfügte. Die Beklagte untersagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung mit Verfügung vom 18. Juni 2008 die Veranstaltung, Vermittlung und Durchführung von Sportwetten sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet für jede Betriebsstätte in M. Sie gab der Klägerin auf, den Betrieb mit Ablauf des 19. Juni 2008 einzustellen, und drohte ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 25 000 € an. Die Untersagung stützte sie auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 i.V.m. § 4 Abs. 1, 2 und 4 des Glücksspielstaatsvertrages in der seinerzeit geltenden Fassung (GlüStV). Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, das Wettangebot der Klägerin erfülle den Straftatbestand unerlaubten Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB). Eine Erlaubnis könne wegen des staatlichen Wettmonopols nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV nicht erteilt werden. Bei sachgerechter Ermessensausübung komme keine andere Entscheidung als eine Untersagung in Betracht. Diese sei auch verhältnismäßig.

3

Am 23. Juni 2008 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht München Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Wenige Tage später wurde bei einer Polizeikontrolle in der G.straße ... die Vermittlung von Sportwetten der I. festgestellt. Daraufhin stellte die Beklagte das Zwangsgeld fällig und verfügte die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Am 26. Juni 2008 wurde das Wettbüro der Klägerin polizeilich geschlossen und versiegelt. Dagegen erhob die Klägerin - in einem anderen Verfahren - ebenfalls Klage und bat um vorläufigen Rechtsschutz.

4

Das Verwaltungsgericht München lehnte mit Beschluss vom 3. Juli 2008 den Eilantrag betreffend die Untersagungsverfügung und die Zwangsgeldandrohung ab. Mit weiterem Beschluss vom 7. Juli 2008 ordnete es die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung unmittelbaren Zwangs unter der Auflage an, dass in der G.straße ... keine unerlaubte Sportwettenvermittlung mehr durchgeführt werde. Die Beklagte setzte das fällig gestellte Zwangsgeld vom Soll ab und hob die Versiegelung auf. Das Eilverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eingestellt; der Klage gegen die Anordnung unmittelbaren Zwangs wurde im Januar 2009 stattgegeben.

5

Die Klage gegen die Untersagungsverfügung und die Zwangsgeldandrohung hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27. Januar 2009 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Klagebegehren für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt und an der Anfechtung nur für den anschließenden Zeitraum festgehalten. Sie meint, ihr Feststellungsinteresse für die Vergangenheit ergebe sich aus der Versiegelung ihrer Betriebsstätte in der Zeit vom 26. Juni bis zum 8. Juli 2008 sowie aus der Absicht, unionsrechtliche Staatshaftungsansprüche geltend zu machen. Darüber hinaus bestehe eine Wiederholungsgefahr und - wegen des Vorwurfes strafrechtswidrigen Verhaltens - ein Rehabilitierungsinteresse. Die Beklagte hat in ihrer Berufungserwiderung die Auffassung vertreten, die formelle Illegalität der Vermittlung rechtfertige die Untersagung auch unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Monopols. Mit Bezug darauf hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2010 die Ermessenserwägungen des angegriffenen Bescheides ausdrücklich um Ausführungen zur - nach ihrer Ansicht fehlenden - materiellen Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten ergänzt.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 12. Januar 2012 das erstinstanzliche Urteil geändert, den angefochtenen Bescheid vom 18. Juni 2008 aufgehoben und dessen Rechtswidrigkeit im Zeitraum bis zur Berufungsentscheidung festgestellt. Die in die Zukunft gerichtete, zulässige Anfechtungsklage sei begründet, weil die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft sei. Sie stütze sich maßgeblich auf das staatliche Sportwettenmonopol, das seinerseits gegen Unionsrecht verstoße. Es schränke die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig ein, da es nicht den Anforderungen der Geeignetheit und dem daraus abzuleitenden Erfordernis der Kohärenz entspreche. Dass es irgendeinen Beitrag zur Verwirklichung der mit dem Monopol verfolgten Ziele leiste, reiche nicht aus. Zu fordern sei vielmehr ein glücksspielsektorenübergreifender, konzeptionell und inhaltlich aufeinander bezogener, systematischer Regelungszusammenhang, mit dem diese Ziele konsequent verfolgt würden. Daran fehle es im maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsentscheidung schon wegen der gegenläufigen Regelung des gewerblichen Automatenspiels. Die Expansionspolitik in diesem Bereich führe dazu, dass die Monopolziele der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes nicht mehr wirksam verfolgt werden könnten. Auf Interdependenzen zwischen den beiden Glücksspielsektoren komme es dabei nicht an. Bei einem derartig widersprüchlichen Regelungs- und Schutzkonzept sei nicht nur die Geeignetheit der Beschränkung in einem Teilsegment, sondern ihre Verhältnismäßigkeit insgesamt in den Blick zu nehmen.

7

Die Untersagungsverfügung könne auch nicht mit dem Hinweis auf die formelle Illegalität und die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit der Wettvermittlung aufrechterhalten werden. Eine vollständige Untersagung sei nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit gerechtfertigt. Außerdem stehe § 114 Satz 2 VwGO einer Berücksichtigung der nachgeschobenen Ermessenserwägungen entgegen. Diesen sei auch kein Neuerlass der Untersagungsverfügung unter konkludenter Rücknahme des Ausgangsbescheides zu entnehmen. Wegen der Rechtswidrigkeit der Untersagung könne die Zwangsgeldandrohung ebenfalls keinen Bestand haben.

8

Der Antrag, die Rechtswidrigkeit der Untersagung für die Vergangenheit festzustellen, sei zulässig und begründet. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung bestehe jedenfalls in Gestalt eines Rehabilitierungsinteresses. Dieses ergebe sich schon aus dem Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens. Im Übrigen sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch wegen des tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit zu bejahen, da andernfalls effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet sei. Auf das Vorliegen eines Präjudizinteresses komme es danach nicht an. Die Begründetheit des Fortsetzungsfeststellungsantrags ergebe sich aus den Urteilserwägungen zur Anfechtungsklage.

9

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision macht die Beteiligte geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht. Ein Rehabilitierungsinteresse scheide aus, da die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen könne. Die Untersagungsverfügung bewirke auch keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff, sondern erschöpfe sich in einer Berufsausübungsregelung. Materiell-rechtlich wende das Berufungsgericht das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unzutreffend an. Unabhängig davon werde die Untersagung auch von den nachgeschobenen Gründen getragen. Außerdem macht die Beteiligte Verfahrensmängel geltend.

10

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 hat die Beklagte erklärt, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung ab dem 1. Juli 2012 keine Rechte mehr herzuleiten. Daraufhin haben die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

11

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Januar 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Januar 2009 zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit noch nicht - in Bezug auf die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - in der Hauptsache erledigt ist, sowie der Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens insgesamt aufzuerlegen.

12

Die Beklagte schließt sich dem Revisionsvorbringen der Beteiligten an, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

13

Die Klägerin beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass anstelle der Aufhebung der Untersagungsverfügung deren Rechtswidrigkeit - auch - in der Zeit von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs bis zum 30. Juni 2012 festgestellt wird, sowie die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt dem Freistaat Bayern aufzuerlegen.

14

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und meint, ein ideelles Feststellungsinteresse ergebe sich auch aus dem tiefgreifenden Eingriff in unionsrechtliche Grundfreiheiten in Verbindung mit der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs nach Art. 47 Abs. 1 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC). Dazu regt die Klägerin eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union an. Für die von ihr formulierte Vorlagefrage wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift verwiesen. Ferner macht die Klägerin ein Präjudizinteresse wegen unionsrechtlicher Staatshaftungsansprüche geltend. Die formelle Illegalität ihrer Tätigkeit könne ihr nicht entgegengehalten werden, weil ihr die Erlaubnis zur Vermittlung an private Wettanbieter unionsrechtswidrig vorenthalten worden sei. Ein Verneinen des Feststellungsinteresses entwerte ihren prozessualen Aufwand und bringe sie um die Früchte des mehr als vierjährigen Verfahrens. Materiell-rechtlich hält die Klägerin den Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV für unionsrechtswidrig und die Monopolregelung für inkohärent.

Entscheidungsgründe

15

Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit mit Schriftsätzen vom 15. und 23. November 2012 übereinstimmend - bezüglich der Zeit seit dem 1. Juli 2012 - für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Einer Zustimmung des am Verfahren beteiligten Vertreters des öffentlichen Interesses bedurfte es nicht. Im Umfang der Teilerledigung sind das erstinstanzliche und das Berufungsurteil wirkungslos geworden.

16

Im Übrigen - soweit die Klägerin begehrt, die Rechtswidrigkeit der Untersagung bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts und darüber hinaus bis zum 30. Juni 2012 festzustellen - ist die zulässige Revision begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht, weil es unzutreffend annimmt, die Klägerin habe gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit für den bereits abgelaufenen Zeitraum. Das Urteil beruht auch auf dieser Rechtsverletzung und erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Bei zutreffender Rechtsanwendung hätte es die Fortsetzungsfeststellungsklage für unzulässig halten müssen. Dies führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils. Dem steht nicht entgegen, dass der Klagantrag umgestellt wurde.

17

1. In Bezug auf den noch verfahrensgegenständlichen, bereits abgelaufenen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 kann die Untersagungsverfügung nur mit der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO angegriffen werden.

18

a) Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof den entsprechenden Antrag der Klägerin für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung für statthaft gehalten, da die Untersagung sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum erledigt. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Maßnahmen zur Vollstreckung der Untersagung schließen eine Erledigung nur aus, wenn sie bei Aufhebung der Grundverfügung noch rückgängig zu machen sind. Das ist bei der Schließung der Betriebsstätte durch unmittelbaren Zwang vom 26. Juni bis zum 8. Juli 2008 nicht der Fall.

19

b) Für den Zeitraum von der Berufungsentscheidung bis zum Ablauf der Wirkung der Untersagung infolge ihrer nachträglichen Befristung zum 30. Juni 2012 hat die Klägerin ihr Anfechtungsbegehren im Revisionsverfahren zulässig auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Das Verbot der Klageänderung gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nur einer Änderung des Streitgegenstandes entgegen. Es schließt jedoch nicht aus, von der Anfechtung eines Verwaltungsakts zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag überzugehen. Dieser Antrag ist für die Zeit bis zum 30. Juni 2012 auch statthaft, da sich die angegriffene Untersagung bis zu diesem Tag weiter fortlaufend und mit seinem Ablauf endgültig erledigt hat. Vorher ist keine endgültige Erledigung eingetreten, weil die Klägerin ihre Betriebsstätte nach der vorübergehenden polizeilichen Schließung wieder zur Vermittlung von Pferdewetten nutzte und auch die Vermittlung von Sportwetten dort jederzeit hätte wieder aufnehmen können.

20

2. Zulässig ist die statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage allerdings nur, wenn die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Danach kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz an.

21

a) Für diesen Zeitpunkt lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu ist nicht nur die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die für die Beurteilung einer glücksspielrechtlichen Untersagung maßgeblichen rechtlichen Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Dem steht nicht entgegen, dass der allgemeine Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Ermächtigung zur Untersagung der unerlaubten Veranstaltung und Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fortgelten. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; dazu näher unten Rn. 54 f.). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

22

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

23

b) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

24

Allerdings fehlt ein Rehabilitierungsinteresse nicht etwa deshalb, weil die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sich nach Art. 19 Abs. 3 GG insgesamt auf juristische Personen erstreckt. Sie können jedenfalls Ausprägungen dieses Rechts geltend machen, die nicht an die charakterliche Individualität und die Entfaltung der natürlichen Person anknüpfen, sondern wie das Recht am eigenen Wort oder das Recht auf Achtung des sozialen Geltungsanspruchs und auf Abwehr von Rufschädigungen auch Personengesamtheiten und juristischen Personen zustehen können (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 805/98 - BVerfGE 106, 28 <42 ff.>; BGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85 - BGHZ 98, 94 <97>). Die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar hat aber keinen den Betroffenen diskriminierenden Charakter und kann deshalb noch kein Rehabilitierungsinteresse auslösen.

25

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>).

26

Einen solchen Vorwurf hat die Beklagte nach der revisionsrechtlich fehlerfreien Auslegung der Untersagungsverfügung durch die Vorinstanz hier nicht erhoben. Vielmehr bleibt offen, ob angesichts der umstrittenen und seinerzeit ungeklärten Rechtslage ein Entschuldigungsgrund in Gestalt eines unvermeidbaren Verbotsirrtums vorlag (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078 zur Rechtslage unter dem Lotteriestaatsvertrag). Die Einschätzung, die untersagte Tätigkeit sei objektiv strafbar, hat überdies keine Außenwirkung erlangt. Der Bescheid ist nur an die Klägerin gerichtet. Eine Weitergabe an Dritte ist weder substantiiert vorgetragen worden noch aus den Akten zu ersehen.

27

Der vorübergehenden polizeilichen Schließung des Wettlokals kam zwar Außenwirkung zu, sie hatte jedoch keinen diskriminierenden Charakter. Aus dem Vollzug einer Verwaltungsmaßnahme lässt sich nur ableiten, dass dem Betroffenen ein Verstoß gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften und Anordnungen vorgeworfen wird. Ein solcher Vorwurf bewirkt jedoch im Gegensatz zum Vorwurf schuldhafter Verletzung von Strafgesetzen keine Stigmatisierung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 a.a.O.). Sie ergibt sich hier auch nicht aus der Art und Weise der Schließung des Lokals.

28

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

29

c) Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses (aa) hinaus verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (bb). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 GRC in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (cc).

30

aa) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 20). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

31

bb) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

32

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

33

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

34

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung dem Kläger mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

35

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird deren prozessualer Aufwand mit der endgültigen Erledigung des Verfahrens, wenn kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen ist, auch nicht entwertet. Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Untersagung, wird infolge der zur Erledigung führenden Befristung durch das Unwirksamwerden der Verbotsverfügung mit Fristablauf erreicht. Das prozessuale Vorbringen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage im Zeitpunkt der Erledigung kann sich bei der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO zugunsten der Klägerin auswirken. Eine Hauptsacheentscheidung in jedem Einzelfall oder gar ein vollständiger Instanzenzug wird durch Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleistet.

36

cc) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

37

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil die Klägerin Rechtsschutz wegen einer Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991 I-2951 ), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

38

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter aa) und bb) (Rn. 30 und 31 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

39

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991 I-3783 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009 I-6653 ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ).

40

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005 I-2301 ). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

41

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. ; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. ). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

42

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. ). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992 I-4897 ). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

43

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. -, Slg. 1982, S. 3415 ). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

44

d) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

45

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991 I-5357 ) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

46

aa) Für den Zeitraum vom Erlass der Untersagung bis zum Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010 I-8069, - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010 I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010 I-8041) scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

47

(1) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren - unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit des Monopols - für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 ), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

48

(2) Im Zeitraum bis zum Herbst 2010 fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 ). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

49

bb) Für den anschließenden Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung der angegriffenen Untersagung am 30. Juni 2012 bedarf es keiner Prüfung, ob eine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung der Behörden oder ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht zu bejahen ist. Jedenfalls fehlt offensichtlich die erforderliche Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden. Das ergibt sich schon aus den allgemeinen Grundsätzen zur Kausalität von fehlerhaften Ermessensentscheidungen für einen etwaigen Schaden.

50

(1) Die Amtshaftung setzt gemäß § 839 BGB voraus, dass der Schaden durch das schuldhaft rechtswidrige Handeln des Amtsträgers verursacht wurde. Bei Ermessensentscheidungen ist das zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178).

51

Die unionsrechtliche Staatshaftung greift nur bei einem unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverletzung und dem Schaden ein. Diese unionsrechtlich vorgegebene Haftungsvoraussetzung ist im mitgliedstaatlichen Recht umzusetzen (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 a.a.O. ). Sie ist erfüllt, wenn ein unmittelbarer ursächlicher und adäquater Zusammenhang zwischen dem hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß und dem Schaden besteht (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30 <39 f.>; Papier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 Rn. 101). Bei Ermessensentscheidungen ist dieser Kausalzusammenhang nicht anders zu beurteilen als in den Fällen der Amtshaftung. Er fehlt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schaden auch bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung eingetreten wäre.

52

Nach beiden Anspruchsgrundlagen käme daher eine Haftung nur in Betracht, wenn feststünde, dass der Schaden bei rechtmäßiger Ermessensausübung vermieden worden wäre. Das ist für den noch offenen Zeitraum vom Herbst 2010 bis zum 30. Juni 2012 offenkundig zu verneinen. In dieser Zeit war eine Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zur Durchsetzung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 GlüStV ermessensfehlerfrei gemäß Art. 40 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) möglich. Es steht auch nicht fest, dass die Beklagte in Kenntnis dieser Befugnis von einer Untersagung abgesehen hätte.

53

(2) Der Erlaubnisvorbehalt selbst war unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols verfassungskonform (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 ; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 73, 77 ff.) und verstieß auch nicht gegen Unionsrecht. Er diente nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung. Das in Art. 2 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (BayAGGlüStV) näher geregelte Erlaubnisverfahren ermöglichte die präventive Prüfung, ob unter anderem die für die Tätigkeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit vorlag (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAGGlüStV) und die in Art. 2 Abs. 1 BayAGGlüStV in Bezug genommenen Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes nach §§ 4 ff. GlüStV sowie die besonderen Regelungen der gewerblichen Vermittlung und des Vertriebs von Sportwetten nach §§ 19, 21 GlüStV beachtet wurden. Diese gesetzlichen Anforderungen waren im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel verhältnismäßig und angemessen (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 80 f., 83). Darüber hinaus waren sie hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend. Gegen etwa rechtswidrige Ablehnungsentscheidungen standen wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung (zu diesen Anforderungen vgl. EuGH, Urteile vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08, Engelmann - Slg. 2010 I-8219 , vom 19. Juli 2012 - Rs. C-470/11, SIA Garkalns - NVwZ 2012, 1162 sowie vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 und C-209/11, Stanleybet Int. Ltd. u.a. - ZfWG 2013, 95 ).

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(3) Weil die Klägerin nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung und die Vermittlung der von ihr vertriebenen Sportwetten verfügte, war der Tatbestand der Untersagungsermächtigung offenkundig erfüllt. Art. 40 BayVwVfG ließ auch eine Ermessensausübung im Sinne einer Untersagung zu. Sie entsprach dem Zweck der Norm, da die Untersagungsermächtigung dazu diente, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren. Die Rechtsgrenzen des Ermessens schlossen ein Verbot ebenfalls nicht aus. Insbesondere verpflichtete das Verhältnismäßigkeitsgebot die Beklagte nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - mit Ausnahme der möglicherweise rechtswidrigen Monopolvorschriften - erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar war. Dann war die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall war die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht wurden.

55

Aus dem Urteil des Senats vom 1. Juni 2011 (BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; vgl. die Parallelentscheidungen vom selben Tag - BVerwG 8 C 4.10 - ZfWG 2011, 341 und Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 und BVerwG BVerwG 8 C 12.10 - je juris Rn. 53) ergibt sich nichts anderes. Die dortige Formulierung, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit, mag Anlass zu Missverständnissen gegeben haben. Sie ist aber nicht als Verschärfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit präventiver Untersagungen zu verstehen und behauptet keine Pflicht der Behörde, eine unerlaubte Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das ergibt sich schon aus dem Zusammenhang der zitierten Formulierung mit der unmittelbar daran anschließenden Erwägung, bei Zweifeln hinsichtlich der Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht. Dies beschränkt die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nicht auf Fälle, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt. Hervorgehoben wird nur, dass eine vollständige Untersagung unverhältnismäßig ist, wenn Nebenbestimmungen ausreichen, die Legalität einer im Übrigen offensichtlich erlaubnisfähigen Tätigkeit zu sichern. Das setzt zum einen den Nachweis der Erlaubnisfähigkeit im Übrigen und zum anderen einen Erlaubnisantrag voraus, da Nebenbestimmungen sonst nicht erlassen werden können. Solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, bleibt die Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Urteil vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 13.09 a.a.O. ). Es erkennt eine Reduzierung des Untersagungsermessens zulasten des Betroffenen an, wenn feststeht, dass dessen unerlaubte Tätigkeit wesentliche Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt. Damit bietet es jedoch keine Grundlage für den - unzulässigen - Umkehrschluss, nur in diesem Fall sei eine Untersagung verhältnismäßig.

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Die unionsgerichtliche Rechtsprechung, nach der gegen den Betroffenen keine strafrechtlichen Sanktionen wegen des Fehlens einer unionsrechtswidrig vorenthaltenen oder verweigerten Erlaubnis verhängt werden dürfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2007 I-1932 sowie vom 16. Februar 2002 - Rs. C-72/10 und C-77/10, Costa und Cifone - EuZW 2012 275 ), schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit ebenfalls nicht aus. Insbesondere verlangt das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat in einer solchen Situation frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u. a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - a.a.O. ). Einen Anspruch auf Duldung einer unerlaubten Tätigkeit vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.

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Keiner näheren Prüfung bedarf die Verhältnismäßigkeit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts für den Fall, dass die Betroffenen keine Möglichkeit hatten, eine Erlaubnis zu erlangen. Der Freistaat Bayern hat nämlich die Entscheidungen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum Anlass genommen, das Erlaubnisverfahren nach Art. 2 BayAGGlüStV für private Anbieter und die Vermittler an diese zu öffnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin bot diese Regelung in Verbindung mit den Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens. Die Zuständigkeit der Regierung der Oberpfalz ergab sich aus Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayAGGlüStV. Der möglichen Rechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols war durch Nichtanwenden der Monopol- und monopolakzessorischen Regelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlich normierten materiell-rechtlichen Anforderungen an das Wettangebot und dessen Vermittlung ließen sich entsprechend auf das Angebot privater Wettunternehmer und dessen Vertrieb anwenden. Einzelheiten, etwa die Richtigkeit der Konkretisierung einer solchen entsprechenden Anwendung in den im Termin zur mündlichen Verhandlung angesprochenen, im Verfahren BVerwG 8 C 15.12 vorgelegten Checklisten sowie die Frage, ob und in welcher Weise private Anbieter in das bestehende Spielersperrsystem einzubeziehen waren, müssen hier nicht erörtert werden. Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und deren Vermittler möglich war und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stand. Der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, eine Erlaubniserteilung sei bisher nicht bekannt geworden, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwangsläufig auf systematische Rechtsverstöße zurückzuführen. Er kann sich auch daraus ergeben haben, dass in den zur Kenntnis des Berufungsgerichts gelangten Fällen mindestens eine wesentliche und auch nicht durch Nebenbestimmungen zu sichernde Erlaubnisvoraussetzung fehlte.

58

(4) Im vorliegenden Falle war die materielle Erlaubnisfähigkeit der unerlaubten Tätigkeit für die Behörde der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht offensichtlich. Vielmehr war für sie nicht erkennbar, inwieweit die gewerbliche Sportwettenvermittlung der Klägerin den ordnungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des Jugend- und des Spielerschutzes genügte. Die Klägerin hatte dazu keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt, sondern meinte, ihre unerlaubte Tätigkeit müsse aus unionsrechtlichen Gründen hingenommen werden.

59

Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten ist auch nicht festzustellen, dass diese die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis der Möglichkeit einer rechtsfehlerfreien Untersagung geduldet hätte.

60

cc) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

61

e) Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die 1990 geborene Klägerin ist muslimischen Glaubens und trägt als Ausdruck ihrer persönlichen religiösen Überzeugung ein Kopftuch.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 3. September 2014 wurde die Klägerin zum juristischen Vorbereitungsdienst mit Beginn zum 1. Oktober 2014 mit der Auflage zugelassen, dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation), keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung einzuschränken. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung:.

Nach Antritt des Vorbereitungsdienstes beim Amtsgericht Augsburg nahm die Klägerin am 7., 14., 21. und 28. November 2014 jeweils gemeinsam mit einer Mitreferendarin an mündlichen Verhandlungen ihrer Ausbilderin in der Zivilstation teil. Während der Mitreferendarin am 21. November 2014 am Richtertisch u.a. die Einführung in den Sach- und Streitstand übertragen wurde, wohnte die Klägerin der Verhandlung im Zuschauerbereich bei. Hierauf wurde sie auch von einem Rechtsanwalt als Vertreter der Prozesspartei angesprochen. An den übrigen drei Tagen im November wurde die Klägerin genauso behandelt wie ihre Mitreferendarin. Beide Referendarinnen saßen im Zuschauerraum und beobachteten den Verlauf der Verhandlungen.

Am 20. Januar 2015 erhob die Klägerin, die zuvor am 14. November 2014 gegenüber ihrer Ausbildungsrichterin gegen die Auflage remonstriert hatte, Widerspruch gegen die Auflage, der mit Widerspruchsbescheid des Präsidenten des OLG München vom 3. März 2015 zurückgewiesen wurde.

Mit der beim Verwaltungsgericht am 3. April 2015 eingegangenen Klage beantragte die Klägerin zunächst, die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage sowie den Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 aufzuheben.

Mit Bescheid vom 15. Juni 2015 hob der Präsident des OLG München die streitgegenständliche Auflage vom 3. September 2014 auf, da die Strafrechtsstation mit Ablauf des 31. Mai 2015 beendet worden und die Auflage daher nicht mehr erforderlich sei.

Die Klägerin beantragte unter dem 9. Juli 2015 nunmehr,

festzustellen, dass die mit dem Einstellungsbescheid vom 3. September 2014 verbundene Auflage „dass bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Sachverständigen und Zeugen in der Zivilstation) keine Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale getragen werden dürfen, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung zu beeinträchtigen“ rechtswidrig gewesen ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt.

Das Verwaltungsgericht entschied antragsgemäß mit Urteil vom 30. Juni 2016. Die Klage sei zulässig, weil sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den mit Klageschrift vom 27. Juni 2016 vor dem Landgericht München I anhängig gemachten Entschädigungsanspruch aus Amtshaftung ergebe. Sie sei auch begründet, da die Auflage aufgrund des Fehlens einer deren Erlass rechtfertigen Rechtsgrundlage rechtswidrig sei. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung rügt der Beklagte die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer vermeintlichen Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Auflage. Auch bei Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auflage erweise sich die Rechtsauffassung des angegriffenen Urteils als unzutreffend, weil sich für die streitige Nebenbestimmung in Art. 97 GG i.V.m. §§ 25, 39 DRiG eine Rechtsgrundlage finde.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 30. Juni 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht. Die streitgegenständliche Auflage sei rechtswidrig, da sie ohne taugliche Rechtsgrundlage erteilt worden sei. Art. 97 GG i.V.m. § 39 DRiG sei weder direkt noch analog anwendbar.

Der Beklagte vertiefte sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 13. April, 6. Juni, 17. Juli, 1. September und 27. November 2017.

Die Klägerin teilte unter dem 19. Juli 2017 mit, dass der Amtshaftungsprozess vor dem Landgericht München I mit Datum vom gleichen Tag zurückgenommen worden sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 verwies die Klägerin auf Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse dazu führen, das vorliegend das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen sei.

Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 äußerte sich die Klägerin abschließend. Der Beklagte erwiderte hierauf abschließend unter dem 21. Februar 2018.

Gegenwärtig ist die Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig.

Der Senat hat am 7. März 2018 mündlich zur Sache verhandelt. Auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.

Zu den Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die von der Klägerin erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig, weil es an dem hierfür erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt. Es kommt daher nicht mehr streitentscheidend darauf an, ob die Klage begründet gewesen wäre.

1. Die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage (a.) ist unzulässig, weil die Klägerin nicht über das hierfür nötige Feststellungsinteresse verfügt (b.). Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte besondere Feststellungsinteresse ist auch mit Unionsrecht vereinbar (c.).

a. Die ursprüngliche, auf Aufhebung der streitgegenständlichen Auflage gerichtete Anfechtungsklage (zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen belastende Nebenbestimmungen: BVerwG, U.v. 21.6.2007 - 3 C 39.06 - juris Rn. 20 m.w.N.) hat sich erledigt, nachdem der Präsident des OLG München die Auflage mit Bescheid vom 31. Mai 2015 aufgehoben hat.

Der Erledigung der Anfechtungsklage hat die Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen, dass sie den Klageantrag umgestellt und nunmehr beantragt hat, festzustellen, dass die Auflage rechtswidrig gewesen sei. Da Rechtsschutzziel und Prozessstoff unverändert geblieben sind, war die Umstellung des Antrags nicht als eine Änderung der Klage im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO anzusehen, sondern gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten zulässig.

b. Die Klägerin kann sich jedoch nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Zulässig ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur, wenn die Klägerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 10 BV 13.1005 - juris Rn. 30) auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 13; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 20). Es ist dabei Sache des Klägers, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (BVerwG, U.v. 17.12.1991 - 1 C 42.90 - juris Rn. 13).

(1) Eine Wiederholungsgefahr ist insoweit zu verneinen. Ein berechtigtes Interesse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, U.v. 2.11.2017 - 7 C 26.15 - juris Rn. 18). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihr Feststellungsinteresse nicht mehr mit einer Wiederholungsgefahr begründet. Eine solche ist auch nicht ersichtlich, da mit dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Vorbereitungsdienst wesentlich veränderte tatsächliche Umstände eingetreten sind. Auch die rechtlichen Umstände haben sich mit dem am 22. Februar 2018 vom Bayerischen Landtag beschlossenen Art. 73a Abs. 11 Nr. 6 i.V.m. Art. 11 des Bayerischen Richter- und Staatsanwaltsgesetzes (GVBl. 2018 S. 118), das am 1. April 2018 in Kraft getreten ist (Art. 74 Abs. 1 BayRiStAG), wesentlich geändert.

(2) Die Zulässigkeit der Klage lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitationsinteresses begründen.

Die Klägerin trägt hierzu vor, sie sei durch die streitige Auflage diskriminiert und dadurch tiefgreifend in ihren Grundrechten verletzt worden. Die Auflage verkürze zum einen die grundrechtlich verbürgte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Sie führe zu einem ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung, der in der Personalakte der Klägerin festgehalten sei und ihr nicht lediglich für die Dauer des Vorbereitungsdienstes anhafte. Auch bei etwaigen zukünftigen Bewerbungen im öffentlichen Dienst werde ihre Personalakte herangezogen werden, sodass der Makel weiter fortwirke und zu einem möglichen Zugangshindernis zu bestimmten Berufen erstarken könne. Die Auflage diskriminiere die Klägerin zudem auch als Angehörige des islamischen Glaubens sowie als Frau (Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), weil sie ausschließlich auf muslimische Rechtsreferendarinnen Anwendung finde.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ein Rehabilitationsinteresse darzutun. Ein Rehabilitationsinteresse liegt nur vor, wenn von der ursprünglichen Maßnahme eine diskriminierende Wirkung ausgeht, die auch nach der Erledigung der Maßnahme noch fortwirkt. Die diskriminierende Wirkung muss grundsätzlich von der erledigten Maßnahme selbst ausgehen und über die bloße Behauptung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme hinausgehen. Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls auch als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme subjektiv als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche (Nach-) Wirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.3.2013 - 3 C 6.12 - juris Rn. 15). Hinzu kommt, dass sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergeben muss, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss deshalb Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27.15 - juris Rn. 21; U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 25; B.v. 4.10.2006 - 6 B 64.06 - juris Rn. 10).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die streitige Auflage führte nicht zu einer Stigmatisierung der Klägerin. Vielmehr diente die Auflage der Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots. Auch Rechtsreferendare, die als Repräsentanten staatlicher Gewalt auftreten und als solche wahrgenommen werden, haben das staatliche Neutralitätsgebot zu beachten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 50). Durch das Tragen religiös konnotierter Kleidungsstücke oder Symbole kann es zu einem Konflikt zwischen der Glaubensfreiheit einerseits und dem staatlichen Neutralitätsgebot andererseits kommen. In dem Versuch des Beklagten, diesen Konflikt durch die streitige Auflage zu lösen, liegt daher weder eine Diskriminierung der Klägerin noch eine Stigmatisierung in Form eines ethischen Unwerturteils, das geeignet wäre, das soziale Ansehen der Klägerin herabzusetzen. Es lässt sich weder eine Ehrverletzung feststellen, noch enthält die Auflage einen persönlichen Vorwurf oder setzte die Klägerin sonst irgendeinem persönlichen Makel aus. Insoweit ist auch von Bedeutung, dass die Auflage abstrakt-generell formuliert ist und nicht allein die Person der Klägerin in den Blick genommen hat. Damit fehlt es an einem konkreten, personenbezogenen Vorwurf (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 - juris Rn. 16). Auch eine Beschränkung des Verbots des Tragens religiöser Symbole allein auf (weibliche) muslimische Religionsangehörige ist mit der streitigen Auflage ersichtlich nicht verbunden, sondern sie erfasst auch religiöse Symbole u. dgl. von Angehörigen sonstiger Religionsgruppen.

Der streitigen Auflage haftet auch nicht der Makel der (fachlichen) Ungeeignetheit an. Zwar wird im Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 als Ermächtigungsgrundlage für die streitige Auflage Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG genannt und auf § 46 Abs. 6 JAPO Bezug genommen. Nach dieser Bestimmung kann die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst Bewerbern u.a. dann versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die die Bewerber für den Vorbereitungsdienst als ungeeignet erscheinen lassen, insbesondere wenn Tatsachen in der Person der Bewerber die Gefahr begründen, dass durch die Aufnahme der Bewerber wichtige öffentliche Belange - hier die weltanschaulich-religiöse Neutralität - erheblich beeinträchtigt würden (§ 46 Abs. 6 Nr. 2b) JAPO). Der Umstand, dass die Klägerin vom Beklagten zum Vorbereitungsdienst zugelassen worden ist, zeigt jedoch, dass die Klägerin von ihm als hierfür geeignet erachtet worden ist. Von einem „ungerechtfertigten Makel der mangelnden Eignung“, der sich als rufbeeinträchtigende (Nach-) Wirkung aus der aufgehobenen Auflage ergebe, kann daher nicht die Rede sein.

Selbst unterstellt, eine Stigmatisierung oder Rufschädigung der Klägerin läge vor, besäße die Klägerin gleichwohl kein Rehabilitationsinteresse. Die Stigmatisierung bzw. Rufschädigung dauerte nicht bis in die Gegenwart fort, sondern realisierte sich ausschließlich während der Zivilrechtsstation. Die Klägerin ist aber nicht mehr Rechtsreferendarin, sondern als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der juristischen Fakultät der Universität Augsburg tätig. Der Umstand, dass die Auflage nach wie vor in der Personalakte dokumentiert wird, ändert daran nichts. Die Klägerin kann sich diesbezüglich nicht mehr auf eine auch für Außenstehende erkennbare fortdauernde Stigmatisierung durch die (aufgehobene) Auflage berufen, die geeignet wäre, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit und in ihrem sozialen Umfeld herabzusetzen. Bei einer Bewerbung der Klägerin ist deren Eignung erneut zu prüfen. Ihre fachliche Eignung ergibt sich aus der Note in der 2. Juristischen Staatsprüfung.

Insoweit kann sich die Klägerin nicht auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. April 1991 (7 C 36.90 - BVerwGE 88, 111 - juris Rn. 9) berufen. In dieser Entscheidung hatte der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts den „Makel“ eines „Durchfallkandidaten“ als einen Umstand gewertet, aus dem möglicherweise bei Entscheidungen, die - wie bei Bewerbungen - für die berufliche Laufbahn von Bedeutung sind, negative Schlüsse gezogen werden können, sodass ein Prüfling durch Nichtbestehen der Erstprüfung auch bei Bestehen der Wiederholungsprüfung weiterhin beschwert sein kann. Eine vergleichbare Situation besteht hier nicht, zumal die fachliche Eignung der Klägerin zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen worden ist. Das Unterbleiben der Wahrnehmung richterlicher Aufgaben i.S.d. § 10 Satz 2 GVG hat sich für die Klägerin auch nicht negativ auf die Stationsnote ausgewirkt.

Die Klägerin kann sich zudem auch deshalb nicht auf ein Rehabilitationsinteresse berufen, weil sie sich in der Zivilstation der Auflage „unterworfen“ hat, ohne dagegen unverzüglich Widerspruch einzulegen. Eine Anfechtung der streitigen Auflage wäre jedoch das naheliegende und gebotene Rechtsmittel gewesen, um die Auflage bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit zu suspendieren. Da die ersten Ausbildungstage in der Zivilrechtsstation am 7. und 14. November 2014 stattfanden, verstößt es gegen Treu und Glauben, zunächst das tatsächliche Ausmaß der streitigen Auflage für die Referendarausbildung abzuwarten und nur eine nicht mit aufschiebender Wirkung verbundene „Beschwerde“ bei der Ausbildungsrichterin einzulegen, anstatt hiergegen mit einem aufschiebenden Rechtsbehelf vorzugehen (§ 839 Abs. 3 BGB analog).

(3) Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich hier auch nicht deshalb, weil die Auflage mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, der sich typischerweise kurzfristig erledigt, verbunden gewesen wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 38.12 – juris Rn. 18).

Hierzu fehlt es bereits an einem gewichtigen Grundrechtseingriff. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.2013 - 2 BvR 370/13 - juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG oder die Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG tangieren (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 - juris Rn. 37: Abschiebungshaft). Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall jedoch auszuschließen. Die Auflage führt zwar zu einem Grundrechtseingriff (a), dieser ist jedoch nicht tiefgreifend (b).

(a) Eine einem Rechtsreferendar auferlegte Pflicht, bei Tätigkeiten, bei denen er als Repräsentant des Staates wahrgenommen wird oder als solcher wahrgenommen werden könnte, die eigene Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft nicht durch das Befolgen von religiös begründeten Bekleidungsregeln sichtbar werden zu lassen, greift in die von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verbürgte individuelle Glaubensfreiheit ein. Sie stellt den Betroffenen vor die Wahl, entweder die angestrebte Tätigkeit auszuüben oder dem von ihm als verpflichtend angesehenen religiösen Bekleidungsgebot Folge zu leisten (BVerfG, B.v. 27.6.2017 - 2 BvR 1333/17 - juris Rn. 37). Die Klägerin kann sich auch als in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befindliche Rechtsreferendarin auf ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen; ihre Grundrechtsberechtigung wird durch die Eingliederung in den staatlichen Aufgabenbereich nicht von vornherein oder grundsätzlich in Frage gestellt (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 38). Musliminnen, die ein in der für ihren Glauben typischen Weise gebundenes Kopftuch tragen, können sich deshalb auch im Rahmen eines juristischen Vorbereitungsdienstes auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 39). Ein solches Verbot kann daneben auch die persönliche Identität (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Klägerin berühren (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 40) sowie in die Grundrechte der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 GG eingreifen.

(b) Mit der Auflage war jedoch kein tiefgreifender Grundrechtseingriff verbunden. Die Auflage griff nur zeitlich und örtlich beschränkt in die Grundrechte der Klägerin ein (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 41). Die Klägerin wurde ausschließlich von der Ausübung hoheitlichen Tätigkeiten mit Außenwirkung im Rahmen der Referendarausbildung i.S.d. § 10 Satz 2 GVG ausgeschlossen, soweit sie dabei das Kopftuch tragen wollte (z.B. Wahrnehmung des staatsanwaltlichen Sitzungsdienstes, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen in der Zivilstation). So erstreckte sich das Verbot nur auf den Zeitraum einer mündlichen Verhandlung und das Platznehmen hinter der Richterbank. Hingegen blieben die übrigen, weit überwiegenden Ausbildungsinhalte im Rahmen der Einzelausbildung oder der Arbeitsgemeinschaften unberührt. Die Klägerin konnte deshalb grundsätzlich ein normales Referendariat von zweijähriger Dauer ableisten. Lediglich an einem Tag hatte sie - anders als ihre Mitreferendarin - hierbei nicht die Möglichkeit, am Richtertisch in den Sach- und Streitstand einzuführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Rechtsreferendare keinen Anspruch auf Übernahme und Durchführung solcher Tätigkeiten haben (BVerfG, B.v. 27.6.2017 a.a.O. Rn. 42). Es kommt durchaus auch vor, dass Referendare während der Zivilstation überhaupt keine richterliche Tätigkeit wahrnehmen. Angesichts dessen, dass sich die Auflage nur an einem Tag der Zivilstation für kurze Zeit ausgewirkt hat, ist nicht von einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff auszugehen. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin während ihrer Ausbildung in der Zivilstation im Amtsgericht Augsburg unter dem dort aufgehängten Kreuz teilnehmen musste. Denn unabhängig davon, dass die Klägerin selbst bekundet hat, dass sie hiergegen keine Einwände erhoben hat, und ggf. auch hiergegen vorgehen hätte können (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.2001 - 3 B 98.563 - VGHE n.F. 55, 52), betrifft die Frage, ob sich der Beklagte auf die Sicherung des staatlichen Neutralitätsgebots berufen kann, allein die Begründetheit der Klage.

Im Übrigen zählt die streitige Auflage - anders als z.B. eine Hausdurchsuchung oder ein Versammlungsverbot - auch nicht zu den Maßnahmen, die sich typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr wäre es der Klägerin zumutbar und grundsätzlich auch möglich gewesen, hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz auch in der Hauptsache zu erhalten. Dass sich die Auflage vorliegend durch ihre Aufhebung untypisch frühzeitig erledigt hat, ändert daran nichts (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 33 f.). Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Auflage, hat die Klägerin bereits durch deren Aufhebung erreicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O. Rn. 35).

(4) Mit der Rücknahme der Amtshaftungsklage vor dem Landgericht München I ist ein etwaiges Präjudizinteresse der Klägerin entfallen. Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Auflage kann ihr keine Erkenntnisse („Früchte“) mehr bringen.

c. Das Erfordernis eines besonderen Feststellungsinteresses für eine Klage gegen eine bereits erledigte Maßnahme widerspricht auch nicht dem Unionsrecht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (also des Diskriminierungsverbots gemäß Art. 2 Abs. 1 RL 2000/78/EG) in ihren Rechten verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungs Weg sowie, wenn die Mitgliedsstaaten es für angezeigt halten, im Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, währenddessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist. Das in Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG statuierte Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz folgt primärrechtlich aus Art. 47 GRC (EuGH, U.v. 14.10.2010 - Rs. C-243/09 - juris Rn. 66). Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG beruht auf dem mittlerweile aufgehobenen Art. 1 der Beweislast-Richtlinie (RL 97/80/EG), wonach mit der Richtlinie eine wirksamere Durchführung der Maßnahmen gewährleistet werden sollte, die von den Mitgliedstaaten in Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes getroffen werden, damit jeder, der sich wegen Nichtanwendung dieses Grundsatzes auf ihn für beschwert hält, seine Rechte nach etwaiger Befassung anderer Stellen gerichtlich geltend machen kann (EuGH, U.v. 21.7.2011 - Rs. C-104/10 - juris Rn. 33). Dieser Grundsatz wurde in Art. 7 Abs. 1 RL 2000/43/EG, Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie in Art. 17 Abs. 1 RL 2006/54/EG übernommen (EuGH, U.v. 19.4.2012 - Rs. C-415/10 - juris Rn. 38). Nach der Rechtsprechung des EuGH bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip und das Effektivitätsgebot (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 39 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH; Mohr in Franzen/Gallner/Oetker, Kommentar zum europäischen Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2018, Art. 9 RL 2000/78/EG Rn. 1).

Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage verstößt weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz.

Nach dem Grundsatz der Äquivalenz dürfen die nationalen Verfahrensregelungen nicht ungünstiger ausgestaltet sein, als gleichartige, das innerstaatliche Recht betreffende Verfahren. Der Äquivalenzgrundsatz erfordert, dass eine Regelung in gleicher Weise für Klagen gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben. Es darf somit bei der Anwendung der für Rechtsbehelfe geltenden Vorschriften nicht danach unterschieden werden, ob ein Verstoß gegen Unionsrecht oder gegen innerstaatliches Recht gerügt wird (EuGH, U.v. 8.7.2010 - Rs. C-246/09 - juris Rn. 26). Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz ist nicht erkennbar, da für eine Fortsetzungsfeststellungsklage stets ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der behaupteten Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts gegeben sein muss. Eine Privilegierung von Ansprüchen, die auf nationalem Recht beruhen, gibt es nicht (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 40).

Auch liegt kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz vor. Nach dem Grundsatz der Effektivität darf das mitgliedstaatliche Verfahrensrecht die Ausübung der aus dem Unionsrecht erwachsenen Rechte weder praktisch unmöglich machen noch übermäßig erschweren (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 42). Das ist nicht der Fall. Aus dem Effektivitätsgebot lässt sich keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für den Kläger allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 a.a.O.).

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG sowie des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, U.v. 6.10.1982 - Rs. C-283/81 - juris Rn. 16 ff.). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den EuGH ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht geboten (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 43).

2. Aufgrund der Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage war über das eigentliche Anliegen der Klägerin - die Klärung der Frage, ob die Neutralitätsregel (hier in Form der streitgegenständlichen Auflage) vor dem Hintergrund ihrer „erzwungenen Ausbildung ‚unter dem Kreuz‘ im Gerichtssaal“ dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. hierzu EuGH, U.v. 14.3.2017 - Rs C-157/15 - juris) - nicht mehr zu befinden. Diese Frage und die Prüfung, ob die streitige Auflage auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung beruht, gehören zur Begründetheit, die mangels zulässiger Klage nicht mehr zu prüfen war.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2, 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht vorliegen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.