Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Jan. 2017 - M 26 K 16.2293

bei uns veröffentlicht am16.01.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen.

Der Kläger wurde im Rahmen des einmaligen Meldedatenabgleichs vom Beklagten ermittelt. Auskunftsersuchen beantwortete der Kläger nicht. Mit Schreiben vom ... Dezember 2013 informierte der Beklagte den Kläger über die von ihm vorgenommene Anmeldung zum ... Januar 2013.

Nachdem der Kläger Zahlungsaufforderungen des Beklagten unter Verweis auf Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit widersprach und Beitragszahlungen nicht leistete, setzte der Beklagte mit Festsetzungsbescheid vom 2. Januar 2015 für den Zeitraum Januar 2013 bis März 2014 277,70 EUR (rückständige Rundfunkbeiträge und einen Säumniszuschlag von 8,00 EUR) fest. Mit E-Mail vom ... Januar 2015 wandte sich der Kläger hiergegen.

Mit Festsetzungsbescheid vom 1. Juni 2015 setzte der Beklagte für April 2014 bis März 2015 weitere 223,76 EUR (Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag) fest. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom ... Juni 2015 Widerspruch mit der Begründung ein, dass er selbst entscheiden wolle, welche Produkte er erwerbe.

Ein weiterer Festsetzungsbescheid erging mit Schreiben vom ... Februar 2016 für April 2015 bis Dezember 2015 über einen Betrag von 165,50 EUR.

Mit Schreiben vom ... Mai 2015, ... Dezember 2015 und ... April 2016 mahnte der Beklagte den Kläger jeweils zu den Forderungen aus den Bescheiden vom 2. Januar 2015, 1. Juni 2015 bzw. 1. Februar 2016. Mit Schreiben vom ... Mai 2016 ersuchte der Beklagte das Amtsgericht München zu diesen Forderungen um Vollstreckung.

Ebenfalls am 2. Mai 2016 erging ein Festsetzungsbescheid für Januar 2016 bis März 2016 über 60,50 Euro. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom ... Mai 2016 Widerspruch ein.

Mit Schriftsatz vom ... Mai 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am ... Mai 2016, erhob der Kläger Klage gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Mai 2016. Zur Begründung führte er aus, dass er die Klage aus wirtschaftlichen Gründen erhebe. Er habe Produkte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht bestellt und sei nicht daran interessiert. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse stellten sich so dar, dass er über ein durchschnittliches Jahreseinkommen verfüge, welches knapp unter dem Grundbedarf nach Hartz IV liege und keine finanziellen Spielräume lasse. Ausgaben für kostenintensive öffentliche Medien seien nicht vorgesehen. Der Kläger beabsichtige nicht, seine wirtschaftliche Bedürftigkeit durch einen Antrag auf Arbeitslosengeld II nachzuweisen. Dies stünde in keiner Relation zum Aufwand, der betrieben werden müsse. Er habe schon mit der Arbeitsagentur leidige Erfahrungen gemacht. Letzten Endes wolle der Kläger, dass man seine wirtschaftliche Lage anerkenne und respektiere. Er verlange die Stornierung sämtlicher Forderungsbeträge von ARD/ZDF Deutschlandradio einschließlich der Zuschläge und Gebühren, den zukünftigen Verzicht auf weitere Forderungen, die Löschung aus der Datenbank der Beitragszahler, eine Kosten- und Aufwandsentschädigung von a... EUR und ein Schmerzensgeld wegen Nötigung und Mobbing von b... EUR.

Mit Schriftsatz vom 11. August 2016 beantragte der Beklagte, die Klage abzuweisen. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger am ... Mai 2016 Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Mai 2016 erhoben habe. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Der Kläger sei als Wohnungsinhaber rundfunkbeitragspflichtig. Wenn er sich dazu entschlossen habe, trotz Bedürftigkeit keine Sozialleistungen zu beantragen, könne er keine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht erhalten.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 12. Oktober 2016 der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Am 16. Januar 2017 fand mündliche Verhandlung statt, zu der der Beklagte keinen Vertreter entsandte. Der Kläger beantragte,

die Bescheide des Beklagten vom 2. Januar 2015, 1. Juni 2015, 1. Februar 2016 und 2. Mai 2016 aufzuheben.

Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auch auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2017, und auf die vom Beklagten vorgelegte Akte verwiesen.

Gründe

Über die Klage konnte trotz der Abwesenheit des Beklagten aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2017 entschieden werden. Denn er ist ausweislich der Feststellung in der Sitzungsniederschrift vom 16. Januar 2017 zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen worden (s. § 102 Abs. 1 und 2 VwGO).

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Die nach sachdienlicher Klageerweiterung in der mündlichen Verhandlung (§ 91 Abs. 1 VwGO) nunmehr gegen die Bescheide des Beklagten vom2. Januar 2015, 1. Juni 2015, 1. Februar 2016 und 2. Mai 2016 gerichtete Klage ist zum Teil bereits unzulässig. Die Bescheide vom 2. Januar 2015 und 1. Februar 2016 sind nämlich schon bestandskräftig. Es ist nicht ersichtlich, dass gegen sie rechtzeitig und wirksam innerhalb der mit der Bekanntgabe eingeleiteten Rechtsmittelfrist von einem Monat ein Rechtsbehelf eingelegt worden wäre (s. § 74 Abs. 1, § 68 Abs. 1 VwGO, Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO analog). Die Einlegung eines Widerspruchs per E-Mail entspricht nicht dem Erfordernis der Schriftlichkeit (s. § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Zulässig ist dagegen die Klage gegen die rechtzeitig mit Widersprüchen angegriffenen Bescheide vom 1. Juni 2015 und 2. Mai 2016. Über die Widersprüche ist noch nicht entschieden worden (s. § 75 VwGO).

2. Jedenfalls ist die Anfechtungsklage aber unbegründet. Sämtliche Bescheide des Beklagten, mit denen dieser rückständige Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge festsetzte, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1. Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV - in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011 (GVBl S. 258), § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags - RFinStV - in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001 (GVBl S. 566), zuletzt geändert durch Art. 1 des 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 16. März 2015. Im privaten Bereich ist nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Dieser betrug bis einschließlich März 2015 17,98 EUR pro Monat (s. § 8 RFinStV in der bis 31.3.2015 gültigen Fassung). Seit 1. April 2015 sind monatlich 17,50 EUR zu zahlen. Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).

Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaber einer Wohnung gewesen zu sein. Er war demnach Beitragsschuldner. Darauf, ob er die öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebote seinerzeit nutzte, kommt es nicht an.

2.2. Ein Befreiungs- oder Ermäßigungsantrag, der beim Beklagten so rechtzeitig gestellt worden wäre, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum Bedeutung erlangen könnte, ist vom Kläger weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich (s. § 4 Abs. 4 RBStV).

Abgesehen davon hätte der Kläger für die streitgegenständlichen Zeiträume auch keinen Anspruch auf Befreiung, weil er nach seinem Vortrag keine Leistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 RBStV bezogen hat (oder bezieht) und dementsprechend auch keine Nachweise nach § 4 Abs. 7 RBStV vorlegen kann. Auch ein Anspruch wegen des Vorliegens eines besonderen Härtefalls nach § 4 Abs. 6 RBStV würde ausscheiden. Die in § 4 Abs. 1 und 6 RBStV vom Normgeber - bewusst - so ausgestaltete Systematik verknüpft geschriebene (Abs. 1) wie ungeschriebene (Abs. 6 Satz 1) Befreiungstatbestände grundsätzlich mit dem Erfordernis einer zuvor durchgeführten Prüfung und Bescheinigung der Bedürftigkeit von der für die Bewilligung der Sozialleistung zuständigen Behörde. So setzt § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV in einem gesetzlich geregelten Härtefall wegen finanzieller Bedürftigkeit voraus, dass von der für die Bewilligung der Sozialleistung zuständigen Behörde ein Bescheid erlassen worden ist, nach dem eine zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht führende Sozialleistung nach Abs. 1 mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Aus der genannten Vorschrift und § 4 Abs. 1 sowie Abs. 7 RBStV ist abzuleiten, dass Befreiungstatbestände wegen Bedürftigkeit auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle beschränkt werden sollen und Personen mit geringem Einkommen, die keine der in § 4 Abs. 1 RBStV genannten Sozialleistungen erhalten, nicht dem Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zuzuordnen sind. Eine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Bedarfslage, die durch Anwendung der Härtefallregelung ihren Ausgleich finden soll, liegt nicht vor. Dass auch die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht bei der Geltendmachung eines Härtefalls bescheidsgebunden ist, wenn Bedürftigkeit geltend gemacht wird, ist in der Rechtsprechung sowohl der erkennenden Kammer als auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs längst geklärt (s. BayVGH, B. v. 3.12.2013 - 7 ZB 13.1817 - juris; s. auch OVG Berlin-Bbg, B. v. 9.1.2014 - OVG 11 N 23.13 - juris; BVerwG, U. v. 12.10.2011 - 6 C 34/10 - juris).

Vorliegend ist es das Recht des Klägers und seine Entscheidung, auf ihm (mutmaßlich) zustehende Sozialleistungen zu verzichten. Begehrt er dennoch eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag - welche letztlich ebenfalls eine Sonderform einer Sozialleistung darstellt - so unterliegt er den insoweit gesetzlich geregelten Bewilligungsvoraussetzungen. Erfüllt er diese nicht, kann er auch keine Befreiung beanspruchen.

2.3. Auch die grundsätzlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Einwendungen des Klägers gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags sind nicht durchgreifend.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat bereits am 15. Mai 2014 auf zwei Popularklagen hin unanfechtbar und für alle bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof - VfGHG) u. a. entschieden hat, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RBStV über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung und unabhängig von der Frage, ob Empfangsgeräte vorgehalten werden, mit der Bayerischen Verfassung - BV - vereinbar ist (E. v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 - juris).

Der Rundfunkbeitrag werde als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (Leitsatz Nr. 2). Die Abgabe habe den Charakter einer Vorzugslast; dem stehe nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig seien. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwinge den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollten (Leitsatz Nr. 3). Im privaten Bereich werde mit der Anbindung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) die Möglichkeit der Rundfunknutzung als abzugeltender Vorteil sachgerecht erfasst (Leitsatz Nr. 4).

Das Recht aus Art. 112 Abs. 2 BV auf Rundfunkempfangsfreiheit werde nicht beeinträchtigt (Rn. 63). Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) sei ebenfalls nicht verletzt (Rn. 65), insbesondere weil das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV nicht wegen eines Widerspruchs zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt sei (Rn. 68). Der Freistaat Bayern habe mit seiner Zustimmung zum RBStV von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 GG Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des GG gezogenen Grenzen zu überschreiten (Rn. 70). Unter der Prämisse, dass der Rundfunkbeitrag seiner Zweckbestimmung nach darauf beschränkt ist sicherzustellen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Funktion als Grundversorgung in der gegenwärtigen Rundfunkordnung ungeschmälert erfüllen kann, hat er keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten haben könnte (Rn. 83 f.). Die Zahlungspflichten im privaten und nicht privaten Bereich seien verhältnismäßig (Rn. 97).

Die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV (Rn. 101). Indem der Gesetzgeber für jede Wohnung deren Inhaber ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlege, habe er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Anknüpfungspunkt für die Rundfunkbeitragspflicht sei die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet werde. Diese Typisierung für den privaten Bereich beruhe auf einleuchtenden, sachlich vertretbaren Gründen und sei auch unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit nicht zu beanstanden (Rn. 105 ff). Die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen können, seien in Anbetracht der Höhe der Rundfunkbeitragspflicht nicht besonders intensiv und hielten sich angesichts der in § 4 RBStV vorgesehenen Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren (Rn. 110).

Wegen der weiteren Einzelheiten und Begründungen wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 verwiesen.

Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof mit seiner Entscheidung unmittelbar nur die Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung überprüft. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit sich die mit den jeweiligen Normen der Bayerischen Verfassung korrespondierenden Regelungen des Grundgesetzes von diesen dermaßen unterscheiden sollten, dass mit der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs nicht zugleich feststünde, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag auch nicht gegen die übereinstimmenden Normen des Grundgesetzes verstößt (vgl. Art. 142 GG). Diese Sicht wird im Übrigen auch durch die jetzt vorliegenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 18.3.2016 - 6 C 6/15 - juris, U. v. 15.6.2016 - 6 C 35/15 - juris) bestätigt. Anzumerken ist noch, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof seine Prüfung bei Popularklageverfahren auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung erstreckt, selbst wenn sie von der Antragspartei nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (BayVerfGH, a. a. O. Rn. 60).

Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt entschieden, dass die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung (§ 2 RBStV), unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Sie verletze weder die Informationsfreiheit (Rundfunkempfangsfreiheit) noch die allgemeine Handlungsfreiheit oder den allgemeinen Gleichheitssatz (BayVGH, seit U. v. 19.7.2015 - 7 BV 14.1707 - juris). Zum gleichen Ergebnis kommt das Bundesverwaltungsgericht (a. a. O.). Die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen, seien für die Betroffenen in ihren finanziellen Auswirkungen nicht besonders intensiv und hielten sich in Anbetracht der Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen in § 4 RBStV für den Fall fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren. Die Höhe des Rundfunkbeitrags bleibe auch mit Blick auf diejenigen Personen, die das Programmangebot nicht nutzen (wollen) und früher mangels Empfangsgeräts überhaupt keine oder nur eine niedrigere Rundfunkgebühr zahlen mussten, in einer moderaten Höhe, die durch die Ausgleichsfunktion des Rundfunkbeitrags gerechtfertigt sei. Der aus der Achtung und dem Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip herzuleitenden Verpflichtung des Staates, jenes Existenzminimum zu gewährleisten, das ein menschenwürdiges Dasein ausmacht, habe der Gesetzgeber durch die in § 4 RBStV vorgesehenen und auch an fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpfenden Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen hinreichend Rechnung getragen (s. BayVGH, U. v. 24.6.2015 - 7 B 15.252 - juris Rn. 29).

Das erkennende Gericht folgt der vorgenannten Rechtsprechung.

2.4. Die Festsetzung durch Bescheide durfte erfolgen, weil der Kläger die festgesetzten Rundfunkbeiträge trotz deren Fälligkeit nicht gezahlt hat (§ 10 Abs. 5 Satz 1, § 7 Abs. 3 RBStV). Die Festsetzung eines Säumniszuschlags von jeweils 8,00 EUR beruht auf § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge -Rundfunkbeitragssatzung - und ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 727,46 festgesetzt (§ 52 Abs. 3Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

...

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

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(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Mit Schreiben vom 17. Januar 2009 teilte die Klägerin der Gebühreneinzugszentrale - GEZ - der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit, dass sie in Gießen studiere und einen PC nutze. Sie wohne dort im Studentenheim und erhalte einen rückzahlbaren Studienkredit. Gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Befreiung von der Zahlung der Rundfunkgebühren. Mit Schreiben vom 10. Februar 2009 bestätigte die GEZ die Anmeldung und teilte ihr mit, dass die gesetzliche Rundfunkgebühr für ein neuartiges Rundfunkgerät monatlich 5,76 € betrage. Mit weiterem Schreiben vom 11. Februar 2009 bat sie außerdem hinsichtlich der beantragten Gebührenbefreiung um Übersendung des Bewilligungsbescheids.

2

Mit Bescheid vom 1. April 2009 lehnte die GEZ den Befreiungsantrag der Klägerin ab. Zur Begründung stützte sie sich auf § 6 Abs. 1 RGebStV und führte aus, die Klägerin habe mangels Vorlage eines entsprechenden Bescheides die für die Befreiung erforderlichen Voraussetzungen nicht nachgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 19. April 2009 Widerspruch. Zur Begründung machte sie geltend, sie sei einkommenslos und finanziere sich über einen Studienkredit. Dass ihr keine Sozialleistungen zustünden, führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Empfängern von Sozialleistungen. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn einem einkommenslosen Menschen Leistungen abgefordert würden, die ein Sozialleistungsempfänger nicht erbringen müsse.

3

Mit Bescheid vom 28. Juli 2009, zugestellt am 3. August 2009, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er aus, sämtliche Befreiungstatbestände knüpften an den Empfang bestimmter staatlicher Leistungen oder eine bestehende Schwerbehinderung an und seien an einen Leistungsbescheid oder Schwerbehindertenausweis mit RF-Merkzeichen gebunden. Da die Klägerin einen Studienkredit erhalte, erfülle sie die Voraussetzungen für eine Befreiung nicht. Bei den in § 6 Abs. 1 RGebStV angegebenen Befreiungsvoraussetzungen handele es sich um eine abschließende Aufzählung; eine analoge Anwendung der Vorschriften komme nicht in Betracht.

4

Am 2. September 2009 hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Gießen erhoben und dort Aufhebung der Bescheide vom 1. April und 28. Juli 2009, hilfsweise Verpflichtung des Beklagten zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht beantragt. Mit Urteil vom 2. Februar 2010 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der PC der Klägerin sei nicht rundfunkgebührenpflichtig, da er jedenfalls nicht zum Empfang bereit gehalten werde. Internetfähige PC's seien als multifunktionale Geräte zwar Rundfunkempfangsgeräte, sie würden jedoch in Deutschland noch nicht typischerweise, sondern nur ausnahmsweise zum Rundfunkempfang genutzt.

5

Auf die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. Juni 2010 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, ein internetfähiger PC sei ein Rundfunkempfangsgerät, das zum Empfang bereit gehalten werde und dessen Einbeziehung in die Rundfunkgebührenpflicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Ferner habe der Beklagte auch zu Recht die von der Klägerin beantragte Gebührenbefreiung abgelehnt, weil auf sie kein Befreiungstatbestand zutreffe.

6

Nach § 6 Abs. 1 RGebStV würden Personen, welche die dort genannten Voraussetzungen erfüllten und dies durch Vorlage entsprechender Bescheide nachwiesen, im ausschließlich privaten Bereich auf Antrag von der Zahlung der Rundfunkgebühren befreit. Begünstigt durch diese Regelung würden u.a. Personen, welche bestimmte Leistungen nach dem SGB II bzw. XII oder nach dem BAföG erhielten. Nach dieser Regelung könne die Klägerin eine Befreiung von der Zahlung der Rundfunkgebühren für ihren PC aber nicht beanspruchen, weil sie keine der dort genannten Transferleistungen erhalte und damit zu keiner der in dieser Vorschrift genannten, begünstigten Personengruppen gehöre. Nach eigenen Angaben habe die Klägerin kein sonstiges Einkommen und erhalte auch von ihren Eltern keinen Unterhalt. Sie habe sich zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts während des Studiums für einen Studienkredit und nicht für Leistungen nach dem BAföG entschieden. Ihre Situation sei daher vergleichbar mit der eines Menschen, der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII hätte, diese aber nicht in Anspruch nehme.

7

Auch eine entsprechende Anwendung der für BAföG-Empfänger geltenden Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 RGebStV komme nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe die Fälle, in denen eine Befreiung gewährt werden solle, selbst detailliert aufgelistet. Zudem zeige die Entstehungsgeschichte, dass die Regelung, wonach Personen, deren monatliches Einkommen eine bestimmte Grenze nicht überstiegen habe, von der Zahlung der Rundfunkgebühren befreit gewesen seien, nicht in die Liste der neuen Befreiungstatbestände aufgenommen worden sei. Damit sei deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers geringe Einkommensverhältnisse allein nicht mehr zur Befreiung von Rundfunkgebühren führen sollten. Schließlich habe der Beklagte zu Recht auch eine Befreiung der Klägerin von den Rundfunkgebühren nach der Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 RGebStV abgelehnt, denn beschränkte finanzielle Mittel der Gebührenpflichtigen allein rechtfertigten noch nicht die Annahme eines Härtefalls im Sinne dieser Regelung.

8

Ihre vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision begründet die Klägerin u.a. damit, internetfähige PC's unterfielen nicht der Rundfunkgebührenpflicht. Jedenfalls sei sie aber gemäß § 6 RGebStV von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien. Ihr Fall stehe nicht einem solchen gleich, in dem Sozialhilfe nicht gewährt werde, weil sie nicht beantragt worden sei, sondern gar mit einer Konstellation vergleichbar, in der eine Person Sozialhilfe deshalb nicht erhalte, weil sie ihr nicht zustehe. Von Sozialhilfe sei sie ausgeschlossen, weil sie einen Studienkredit beziehe. Da sie lediglich über ein Einkommen verfüge, welches auf Sozialhilfeniveau oder darunter liege, liege ein besonderer Härtefall vor, so dass sie von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien sei. Allein darauf abzustellen, ob Sozialhilfe oder BAföG in Anspruch genommen werden könne, verstoße entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs gegen das in Art. 20 GG verankerte Sozialstaatsprinzip. Sie sei faktisch einkommenslos und werde schlechter gestellt als jemand, der einen Sozialtransfer erhalte. Ausbildungsförderung nach dem BAföG werde lediglich teilweise und ohne Zinsen zurückgezahlt, während der Studienkredit im Ganzen zurückzuzahlen sei und verzinst werde. Sie übernehme somit ein erhebliches wirtschaftliches Risiko. Ihre wirtschaftliche Belastung werde durch die Rundfunkgebühr erheblich verschärft. Die unterschiedliche Behandlung von vergleichbar einkommenslosen Gruppen verstoße gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und der daraus ableitbaren Forderung der Belastungsgleichheit unter einkommenslosen Studenten.

9

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juni 2010 zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 2. Februar 2010 zurückzuweisen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, sie von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.

10

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Zur Begründung verweist er auf die - zwischenzeitlich ergangen - Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in den Verfahren BVerwG 6 C 12.09, 6 C 17.09 und 6 C 21.09.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet, denn der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung des Beklagten zu Recht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Haupt- und Hilfsantrag sind unbegründet. Die angefochtenen Bescheide, mit denen die Rundfunkgebührenpflicht für das von der Klägerin angemeldete Gerät festgestellt und zugleich die Gebührenbefreiung abgelehnt wurde, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO), weil sie nach den Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrages - RGebStV - vom 31. August 1991 (GVBl I S. 367) in der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 12. Juni 2008 (Gesetz vom 30. September 2008 - GVBl I S. 840) und in der zum 1. Juni 2009 in Kraft getretenen Fassung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 18. Dezember 2008 (Gesetz vom 4. März 2009 - GVBl I S. 58) zur Zahlung von Rundfunkgebühren verpflichtet ist (1.) sowie keinen Anspruch darauf hat, von dieser Zahlungsverpflichtung befreit zu werden (2. bis 4.) und diese Rechtslage auch mit Bundesverfassungsrecht übereinstimmt (5.).

13

1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Rundfunkgebühr zumindest in Form einer Grundgebühr zu entrichten. Die Klägerin ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV Rundfunkteilnehmerin, weil es sich bei dem von ihr zu Studienzwecken benutzten internetfähigen PC im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV um ein Rundfunkempfangsgerät handelt und sie das Gerät im Rechtssinne zum Empfang bereithält (vgl. Urteil vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 6 C 12.09 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 58 = NJW 2011, 946 Rn. 15). Der Tatbestand des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgerätes zum Empfang in § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV knüpft nicht an die tatsächliche Verwendung des Gerätes durch den Nutzer an, sondern stellt lediglich auf die Eignung des Gerätes zum Empfang von Rundfunkdarbietungen ab. In diesem Sinne geeignet ist ein Gerät schon dann, wenn mit ihm ohne besonderen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen empfangen werden können (a.a.O. Rn. 28). Die Erhebung einer Rundfunkgebühr, anknüpfend an den Besitz eines internetfähigen PC, stellt keinen verfassungswidrigen Eingriff in das Recht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG dar (a.a.O. Rn. 37). Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG wird durch die Erhebung von Rundfunkgebühren für internetfähige PC nach der derzeitigen Erhebungspraxis nicht verletzt (a.a.O. Rn. 49). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das vorgenannte Urteil verwiesen.

14

2. Von der Rundfunkgebührenpflicht werden nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV auf Antrag natürliche Personen im ausschließlich privaten Bereich - unter anderem - befreit, wenn sie entweder gemäß Nr. 1 Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (Sozialhilfe) sind oder gemäß Nr. 5 Buchst. a Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beziehen. Diese - hier allein in Betracht zu ziehenden - Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Nach den Feststellungen im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs bezieht sie diese Leistungen kraft eigener Entschließung nicht und gehört damit zu keiner der in diesen Vorschriften genannten, begünstigten Personengruppen (BA S. 22). Deshalb kann sie auch nicht gemäß § 6 Abs. 2 RGebStV die Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht durch Vorlage einer entsprechenden Bestätigung des Leistungsträgers im Original oder durch die Vorlage des entsprechenden Bescheides im Original oder in beglaubigter Kopie nachweisen. Ihre Situation ist nach den Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vergleichbar mit der eines Menschen, der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII hätte, diese aber nicht in Anspruch nimmt (BA S. 22).

15

3. Eine analoge Anwendung von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 5 Buchst. a RGebStV kommt nicht in Betracht. Eine Analogie setzt eine planwidrige Lücke im Gesetz voraus. Selbst wenn es als Lücke anzusehen wäre, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV den Fall nicht erfasst, in dem jemand staatliche Transferleistungen nicht erhält, obwohl er die Voraussetzungen erfüllt, wäre diese Lücke nicht planwidrig. Sinngemäß müsste für die "Planwidrigkeit" nämlich angeführt werden, dass Fälle niedrigen Einkommens nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers ein Grund für eine Gebührenbefreiung sein sollten. Dagegen spricht aber die Entstehung der Norm. Mit der Neuregelung des § 6 RGebStV wurden wesentliche Befreiungstatbestände aus § 1 Abs. 1 BefrVO unmittelbar in den RGebStV übernommen. Der Gesetzgeber hat allerdings die früheren Tatbestände nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 und 8 BefrVO, die eine Befreiung wegen geringen Einkommens ermöglichten, bewusst abgeschafft. Stattdessen hat er für sämtliche Befreiungstatbestände das Grundprinzip eingeführt, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zusteht, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und in deren Bescheid bestätigt wird oder dem - wie bisher - vom Staat im Schwerbehindertenausweis bestätigt wurde, dass er die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebühr erfüllt (Gall/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, § 6 RGebStV Rn. 3). Dafür, dass bei der Formulierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 Buchst. a RGebStV die Berechtigten von Leistungen übersehen worden sein könnten, die Ansprüche auf deren Gewährung bewusst nicht geltend machen, gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der betreffende Personenkreis bewusst keinen Eingang in die Vorschrift gefunden hat. Dafür spricht um so mehr, dass der Katalog der in § 6 Abs. 1 RGebStV aufgeführten Befreiungstatbestände mit dem zum 1. März 2007 in Kraft getretenen Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag um drei weitere Fallgruppen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 5a, 5b und 11 RGebStV n.F.) ausgedehnt worden ist, in denen eine den übrigen Fällen vergleichbare Bedürftigkeit anzunehmen ist (vgl. zum Fall von den im RGebStV nicht berücksichtigten Wohngeldempfängern, VGH Mannheim, Urteil vom 15. Januar 2009 - VGH 2 S 1949/08 -). Im Übrigen ist § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV im Hinblick auf die gebotene enge Auslegung von Katalogregelungen nicht durch Auslegung oder auch Analogie erweiterbar (Gall/Siekmann, a.a.O. Rn. 11).

16

4. Auch der von der Klägerin geltend gemachte Befreiungsanspruch nach § 6 Abs. 3 RGebStV ist unbegründet. Unbeschadet der Gebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV kann gemäß § 6 Abs. 3 RGebStV die Rundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreien. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht.

17

a) Der Begriff des "besonderen Härtefalls" wird im RGebStV nicht näher umschrieben. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist darunter im vorliegenden Zusammenhang ein Fall zu verstehen, der den in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 10 RGebStV genannten Fällen weitgehend ähnlich ist und in dem es deshalb als nicht hinnehmbar erscheint, eine Gebührenbefreiung zu versagen (OVG Lüneburg, Urteil vom 18. Juli 2006 - OVG 12 LC 87/06). Der Wortlaut weist somit in die Richtung, dass "besondere" Fälle erfasst werden sollen, die beispielsweise in § 6 Abs. 1 RGebStV nicht katalogisiert sind oder unter keinen Katalogtatbestand passen.

18

b) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nur, dass ergänzend zu dem Katalog von Befreiungstatbeständen in § 6 Abs. 1 RGebStV nach § 6 Abs. 3 RGebStV für die Rundfunkanstalten die - früher in § 2 BefrVO geregelte - Möglichkeit der Ermessensentscheidung bei der Befreiung in besonderen Härtefällen erhalten bleiben sollte. Ein besonderer Härtefall liegt nach der Vorstellung des Gesetzgebers insbesondere vor, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV gegeben sind, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann.

19

§ 6 Abs. 3 RGebStV enthält nach der Absicht des Gesetzgebers aber keine allgemeine Härte-Auffangklausel. Nicht gemeint sind von vornherein diejenigen Fälle, die vom Normbereich des § 6 Abs. 1 RGebStV erfasst werden. Dies trifft aber auf die Klägerin zu, deren Lebenssituation wahlweise unter die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 5 Buchst. a RGebStV fällt und deshalb auch nur dort entschieden werden kann. Raum für eine Härtefall-Entscheidung nach § 6 Abs. 3 RGebStV ist darüber hinaus nicht.

20

c) Auch die Auslegung nach Sinn und Zweck spricht gegen den Befreiungsanspruch der Klägerin. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 5 Buchst. a RGebStV werden von der Rundfunkgebührenpflicht die dort genannten Empfänger von Hilfeleistungen befreit; die Voraussetzungen für die Befreiung sind durch Vorlage des entsprechenden Bescheides nachzuweisen (§ 6 Abs. 2 RGebStV), auf dessen Gültigkeitsdauer die Befreiung zu befristen ist (§ 6 Abs. 6 Satz 1 RGebStV). Daraus folgt, dass die bloße Einkommensschwäche als solche im Gegensatz zum früheren Recht nicht mehr zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht führt. Die vertragschließenden Länder strebten mit dem nun geltenden Gebührenstaatsvertragsrecht eine Erleichterung des Verfahrens an, um die bislang umfangreichen und schwierigen Berechnungen (auch) der Rundfunkanstalten bei der Befreiung wegen geringen Einkommens zu vermeiden. Durch § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV sollte für den einkommensschwachen Personenkreis eine "bescheidgebundene Befreiungsmöglichkeit" eröffnet werden, wobei die Befreiungstatbestände abschließend und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden sein sollten.

21

Der erkennende Senat hat angesichts dieses Normzwecks, der in dem geltenden § 6 RGebStV klar zum Ausdruck kommt, entschieden, dass die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden kann, dass einkommensschwache Personen, die keine Sozialhilfe erhalten, weil sie deren Voraussetzungen (noch) nicht erfüllen oder weil sie diese Leistung nicht in Anspruch nehmen wollen, dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden. Auch ohne eine allgemeine Begriffsbestimmung der "besonderen Härte" ist eindeutig, dass das bloße Bestehen eines gegenüber dem Sozialhilfeträger noch nicht geltend gemachten Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt die Voraussetzungen eines besonderen Härtefalles unter Berücksichtigung des auf Entlastung der Rundfunkanstalten zielenden Normzwecks nicht erfüllen kann (Beschluss vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 1.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 44 Rn. 5).

22

Die "besondere Härte" in § 6 Abs. 3 RGebStV betrifft einen Fall, der nicht von der Typologie des § 6 Abs. 1 RGebStV erfasst wird. Sofern bei einer Gebührenpflichtigen eine soziale oder ökonomische Härte eintritt, die zwar unter die Fallgruppen für die Befreiung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV fällt, die diese aber nicht zur behördlichen Prüfung stellt, kann es auch keinen Bescheid geben, der ihre Situation erfasst, so dass eine bescheidabhängige - d.h. von einem Bescheid einer Sozialbehörde - Entscheidung der Landesrundfunkanstalt nicht möglich ist. Mit der Intention des Gesetzgebers wäre es nicht zu vereinbaren, wenn die Landesrundfunkanstalten oder die für sie handelnde Gebühreneinzugszentrale das Vorliegen eines Härtefalles nach § 6 Abs. 3 RGebStV auch dann unter Berücksichtigung der jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Einzelfall zu prüfen hätten, wenn keine atypische, vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Situation vorliegt, sondern eine Bedarfslage, für die der Normgeber keine Befreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV gewähren wollte (OVG Magdeburg, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - OVG 3 L 417/08 -).

23

5. Das gefundene Ergebnis verstößt entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen das Sozialstaatsgebot (a)) und den Gleichbehandlungsgrundsatz (b)).

24

a) Dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) tragen die Befreiungstatbestände des § 6 RGebStV offenkundig dadurch Rechnung, dass sie einkommensschwachen Personen die Möglichkeit einer "bescheidgebundenen" Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht einräumen (Beschluss vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 1.08 - a.a.O. Rn. 7). Auch im Hinblick auf das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 20 GG verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum ist die o.g. Regelung des § 6 RGebStV nicht zu beanstanden, da die aktuellen Regelsatzleistungen nicht mit den verfassungsrechtlich gebotenen Mindestleistungen gleichgesetzt werden können (OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. April 2007 - OVG 4 PA 101/07 - unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 29. September 1998 - BVerwG 5 B 82.97 - Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr. 18 = NVwZ 1999, 669, zur Verfassungsmäßigkeit der Grundleistungen nach dem AsylbLG).

25

b) Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass die in § 6 Abs. 1 RGebStV enthaltene sog. bescheidabhängige Gewährung der Gebührenbefreiung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Was den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) betrifft, verlangt dieser erkennbar nicht, den Empfängern von Sozialhilfe solche Personen gleichzustellen, denen Sozialhilfe zustände, falls sie sie beantragen würden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, falls seine Auswahl sachgerecht ist. Dabei ist er - insbesondere bei Massenerscheinungen - auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die damit verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und diese nicht sehr intensiv belasten (BVerfG, Beschlüsse vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <318 f.> und vom 21. Juni 2006 - 2 BvL 2/99 - BVerfGE 116, 164 <182 f.>, jeweils m.w.N.). Danach ist es nicht zu beanstanden, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 RGebStV die Rundfunkgebührenbefreiung für einkommensschwache Personen an die Vorlage eines Sozialhilfebescheides knüpft. Müssten die Rundfunkanstalten jeder im Einzelfall geltend gemachten Unterschreitung einer sozialrechtlich relevanten Einkommens- und Vermögensgrenze nachgehen, würde sie dies vor beträchtliche Schwierigkeiten stellen, da sie - anders als die sozialrechtlichen Fachbehörden - nicht über die dafür erforderlichen Sachaufklärungsmittel verfügen. Der Wegfall der früher vorhandenen Möglichkeit, Gebührenbefreiung zu erlangen, ohne die betreffende Sozialleistung in Anspruch zu nehmen, belastet nur den relativ kleinen Personenkreis, der diese Leistung nicht in Anspruch nehmen will, obwohl sie ihm zusteht. Auch für diese Personen ist die Belastung, die darin besteht, dass sie die Gebührenbefreiung nicht einzeln, sondern nur als Teil eines "Gesamtpakets" in Anspruch nehmen können, überschaubar. Sie ist in Anbetracht der den Gebührenzahlern zugutekommenden Verwaltungsvereinfachung hinzunehmen und gebietet deshalb von Verfassungs wegen nicht die Anerkennung eines besonderen Härtefalles (Beschluss vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 1.08 - a.a.O. Rn. 7).

(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemißt sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

Ungeachtet der Vorschrift des Artikels 31 bleiben Bestimmungen der Landesverfassungen auch insoweit in Kraft, als sie in Übereinstimmung mit den Artikeln 1 bis 18 dieses Grundgesetzes Grundrechte gewährleisten.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 BV 14.1707

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. Juni 2015

(VG München, Entscheidung vom 16. Juli 2014, Az.: M 6b K 13.5628)

7. Senat

Hauptpunkte:

Rundfunkfreiheit Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Rundfunkbeitrag

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

... Juristische Direktion, R-platz ..., M.,

- Beklagter -

beteiligt:

...

als Vertreter des öffentlichen Interesses, L-str. ..., M.

wegen Rundfunkbeitrags;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. Juli 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmeichel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Lotz-Schimmelpfennig ohne mündliche Verhandlung am 19. Juni 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung des Rundfunkbeitrags.

Der Kläger hatte nach Maßgabe des bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Rundfunkgebührenstaatsvertrags keine Rundfunkgebühren an den Beklagten gezahlt, weil er weder ein Fernsehgerät noch ein Hörfunkgerät zum Rundfunkempfang bereitgehalten hat. Seit Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) zum 1. Januar 2013 verlangt der Beklagte vom Kläger einen Rundfunkbeitrag in Höhe von (seinerzeit) monatlich 17,98 Euro (vierteljährlich: 53,94 Euro), dessen Zahlung der Kläger verweigert.

Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 1. Dezember 2013 für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013 einen rückständigen Rundfunkbeitrag in Höhe von 115,88 Euro fest (107,77 Euro Rundfunkbeitrag und 8 Euro Säumniszuschlag).

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 16. Juli 2014 abgewiesen. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags, die den Vorgaben des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags entspreche, begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 über die Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung werde verwiesen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Bescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2013 aufzuheben.

Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich (§ 2 Abs. 1 RBStV) verletze die Informationsfreiheit und Rundfunkempfangsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz sowie das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen. Der im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehene Meldeabgleich (§ 14 Abs. 9 RBStV) verstoße zudem gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Rundfunkbeitrag dürfe ferner nicht, wie gesetzlich vorgesehen (§ 1 RBStV), der Finanzierung von Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages dienen. Denn bei den dort genannten Aufgaben handele es sich um Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen der Landesmedienanstalten oder um Förderungen, die nicht als Gegenleistung (Vorteil) zu werten seien, welche eine Beitragspflicht rechtfertigen könnten. Derartige Aufgaben seien aus dem allgemeinen Steueraufkommen der Länder zu finanzieren.

Der Rundfunkbeitrag sei vor allem deshalb verfassungswidrig, weil er von jedem Wohnungsinhaber zu entrichten sei, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Gerät zum Rundfunkempfang bereitgehalten werde oder nicht. Es handele sich bei ihm tatsächlich nicht um einen „Beitrag“, sondern um eine „Steuer“, für deren Erhebung es den Ländern an einer Rechtsgrundlage fehle. Der Abgabentatbestand des Rundfunkbeitrags (Innehaben einer Wohnung) entferne sich zu weit von dem menschlichen Verhalten, welches abgabepflichtig sein solle (Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots) und widerspreche einem abgabenrechtlichen Grundsatz, dass der Kreis der beitragspflichtigen Personen kleiner sein müsse als die Gesamtheit der Personen. Der Personenkreis der Wohnungsinhaber entspreche demgegenüber der Allgemeinheit der in Deutschland wohnenden Bevölkerung. Die Wohnungsinhaberschaft sei ohnehin kein sachgerechtes Anknüpfungskriterium für eine Vermutung der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots. Mit mobilen Empfangsgeräten sei die Nutzung des Rundfunkangebots an jedem beliebigen Aufenthaltsort möglich.

Im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag fehle die nach der Systematik des Abgabenrechts notwendige Angabe des besonderen wirtschaftlichen Vorteils als Tatbestandsmerkmal, an den das Gesetz die Rechtsfolge der Beitragspflicht knüpfe. Das Innehaben einer Wohnung sei jedenfalls kein besonderer wirtschaftlicher Vorteil, der aus der Veranstaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks folge und deshalb beitragspflichtig sein könne. Im Übrigen dürfe auch nur ein individueller Vorteil mit einer Beitragspflicht belegt werden. Der Kläger halte allerdings kein (herkömmliches oder neuartiges) Gerät zum Rundfunkempfang bereit, so dass er die Möglichkeit zum Rundfunkempfang tatsächlich nicht nutzen könne. Der Gesetzgeber habe Fallgestaltungen wie beim Kläger, der kein bewusster „Medienverweigerer“ sei, sondern sein bisheriges Leben lediglich unverändert fortführen wolle, ersichtlich nicht im Blick.

Das öffentlich-rechtliche Programmangebot sei ferner keine „Gegenleistung“, welche eine Beitragserhebung rechtfertigen könne, weil das Programmangebot zu „kommerziell“ sei und durch Werbung finanziert werde und dem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werde, zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung beizutragen und einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben sowie der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unterscheide sich nicht vom Programmangebot privatrechtlicher Anbieter.

Es sei schließlich verfassungswidrig, wenn die „Vermutung“ der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots, welche der Gesetzgeber ohnehin nicht ausdrücklich formuliert habe, auch für denjenigen unwiderlegbar sein solle, der tatsächlich keine Möglichkeit zum Rundfunkempfang habe. Hierin liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), der auch durch die Befugnis des Gesetzgebers zu typisierendem Vorgehen nicht gerechtfertigt sei, weil sich diese Befugnis nur auf das „Wie“, nicht jedoch auf das „Ob“ der Abgabepflicht erstrecken könne. Eine Abgabenregelung sei verfassungswidrig, wenn man der Abgabe nicht ausweichen könne. Dies sei vorliegend der Fall, weil niemand seine Wohnung aufgebe, um der Rundfunkbeitragspflicht zu entgehen.

Der Beklagte beantragt unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses (ohne eigene Antragstellung) am Verfahren beteiligt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils. Die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (§ 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags [RBStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258; BayRS 2251S]) ist verfassungsgemäß. Sie verletzt weder die Informationsfreiheit (Rundfunkempfangsfreiheit) noch die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor.

a) Das Grundrecht der Informationsfreiheit gewährleistet das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Es wird auch in seiner besonderen Ausprägung als Rundfunkempfangsfreiheit durch den Rundfunkbeitrag weder unmittelbar noch mittelbar beeinträchtigt. Der Kläger wird durch die Beitragserhebung weder gehindert noch verpflichtet, den öffentlichrechtlichen Rundfunk als Informationsquelle zu benutzen. Eine Garantie kostenloser Information enthält Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags zielt auch nicht - ebenso wenig wie die frühere Erhebung von Rundfunkgebühren - darauf ab, Interessenten von Informationen aus bestimmten Quellen fernzuhalten (vgl. BVerfG, B.v. 6.9.1999 - 1 BvR 1013/99 - BayVBl 2000, 208).

b) Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich verstößt weder gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Das Grundrecht des Klägers, nur aufgrund solcher Vorschriften mit einer Abgabe belastet zu werden, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 26.5.1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223), ist auch dann beachtet, wenn der Rundfunkbeitrag unabhängig davon erhoben wird, ob der Kläger in seiner Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit hält oder nicht.

aa) Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um eine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche und in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende Abgabe (Beitrag).

(1) Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast ohne individuelle Gegenleistung („voraussetzungslos“) zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden. Für eine Steuer ist somit wesentlich, dass sie ohne Gegenleistung erhoben wird (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, 1448; B.v. 26.5.1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223). Abgaben, die einen individuellen Vorteil ausgleichen sollen, sind als Vorzugslasten zulässig. Darunter fallen Gebühren und Beiträge. Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Das gilt entsprechend für Beiträge, die im Unterschied zu Gebühren schon für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung erhoben werden (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, 1448).

(2) Der Rundfunkbeitrag, der - wie schon die frühere Rundfunkgebühr - dem der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegenden Bereich des Rundfunks zuzuordnen ist (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/1 - NJW 2012, 3423), erfüllt die an die Erhebung einer Abgabe in Gestalt eines Beitrags zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Er dient nach § 1 RBStV der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von § 12 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV und fließt damit nicht in den allgemeinen staatlichen Haushalt. Er wird im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Weil er ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten und -absichten verlangt wird, also für die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ist er eine Vorzugslast in Gestalt des Beitrags und durch die mit ihm verfolgten Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs legitimiert (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

bb) Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat als die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung in ständiger Rechtsprechung die „Gebührenfinanzierung“ als Vorzugslast anerkannt (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/11 -BVerfGK 20, 37 m. w. N.). Die Gebührenfinanzierung erlaubt es dem öffentlichrechtlichen Rundfunk, unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht. In der ungeschmälerten Erfüllung dieser Funktion und in der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System findet die Gebührenfinanzierung ihre Rechtfertigung (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 m. w. N.). Schon die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren war von den tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten des Rundfunkteilnehmers unabhängig. Als Rundfunkteilnehmer galt bereits derjenige, der ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithielt (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags [RGebStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251S; GVBl S. 561], zuletzt geändert durch Art. 6 des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 5.5.2009 [GVBl S. 193]).

(2) Auch bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags kommt es auf die tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten des Beitragspflichtigen in Bezug auf das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht an. Der Wechsel des Anknüpfungstatbestands vom bisherigen Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts zum Empfang hin zum nunmehr geforderten Innehaben einer Wohnung ist dadurch veranlasst, dass mit der technischen Entwicklung neuartiger Rundfunkempfangsgeräte, die Rundfunkprogramme z. B. über Angebote aus dem Internet wiedergeben können (vgl. § 5 Abs. 3 RGebStV), der bisherigen Gebührenfinanzierung ein strukturelles Erhebungs- und Vollzugsdefizit drohte, weil das Bereithalten derartiger Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang (neben oder anstelle herkömmlicher Rundfunkempfangsgeräte wie Hörfunk- und Fernsehgeräten) nur unvollständig ermittelt und überprüft werden konnte und deshalb Anreize zur „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ bot (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/11 - BVerfGK 20, 37). Das an das Innehaben einer Wohnung typisierend und pauschalierend anknüpfende Modell des Rundfunkbeitrags vereinfacht demgegenüber das Erhebungsverfahren deutlich, weil sich die Ermittlung von Art und Zahl der (herkömmlichen oder neuartigen) zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte nunmehr erübrigt. Damit wird auch die bisher von behördlichen Ermittlungen beeinträchtigte Privatsphäre der Bürger besser geschützt. Ermittlungen „hinter der Wohnungstür“ entfallen. Das stellt einen gewichtigen Gemeinwohlbelang dar, zumal es zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen der Abgabenerhebung führen kann, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg verfehlt wird (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723 m. w. N.).

(3) Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung ist entgegen der Ansicht des Klägers sachgerecht.

Die Rundfunkfreiheit dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit zielt auf eine Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Die gesetzlichen Regelungen sollen es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ermöglichen, seinen klassischen Funktionsauftrag zu erfüllen, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information seine kulturelle Verantwortung umfasst. Nur wenn dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk dies gelingt und er im publizistischen Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann, ist das duale System in seiner gegenwärtigen Form, in der die privatwirtschaftlich finanzierten Programme weniger strengen Anforderungen unterliegen als die öffentlichrechtlichen, mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der dualen Rundfunkordnung gehört die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter Einschluss seiner bedarfsgerechten Finanzierung. Dies hat sich im Grundsatz durch die technologischen Neuerungen der letzten Jahre und die dadurch ermöglichte Vermehrung der Übertragungskapazitäten sowie die Entwicklung der Medienmärkte nicht geändert (vgl. BVerfG, U.v. 11.9.2007 - 1 BvR 2270/05 u. a. - BVerfGE 119, 181).

Weil das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgrund des gesetzlichen Auftrags an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien [Rundfunkstaatsvertrag - RStV]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251S; GVBl S. 502], zuletzt geändert durch Art. 3 des Fünfzehnten Rundfunkänderungs-staatsvertrages vom 7. Juni 2011 [GVBl S. 258]), innerhalb der Gesellschaft jedem Einzelnen zugutekommt, ist grundsätzlich auch jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu beteiligen. Auf die Möglichkeit der demokratischen Teilhabe am Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung kann der Einzelne nicht verzichten. Es gibt auch entgegen der Ansicht des Klägers keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, wonach es möglich sein müsse, einer gesetzlich geregelten Abgabe „auszuweichen“.

Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kann (mittels herkömmlicher oder neuartiger Rundfunkempfangsgeräte) in ganz Deutschland flächendeckend und von jedermann - sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Wohnung -empfangen werden. Typischerweise besteht damit auch für jede Person in ihrer Wohnung die regelmäßig auch genutzte Möglichkeit zum Rundfunkempfang. Dass der beitragspflichtige Personenkreis der (volljährigen) Wohnungsinhaber (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV) sehr groß ist, ist abgabenrechtlich unerheblich. Denn die Breite der Finanzierungsverantwortung korrespondiert mit der Größe des Adressatenkreises, an den sich das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks richtet (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723). Der Rundfunkbeitrag - ebenso wie zuvor die Rundfunkgebühr - gilt daher unverändert den individuell bestehenden Vorteil der jederzeitigen Möglichkeit des Rundfunkempfangs ab. Dies kommt entgegen der Ansicht des Klägers im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, der den Zweck des Rundfunkbeitrags und den Anknüpfungstatbestand für die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags ausdrücklich nennt, auch hinreichend klar zum Ausdruck.

(4) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, dass dem einzelnen Wohnungsinhaber zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht empfangen. Insbesondere muss der Gesetzgeber nicht an der für die frühere Rundfunkgebühr maßgeblichen Unterscheidung festhalten, ob ein Empfangsgerät bereitgehalten wird oder nicht.

Aus dem Gleichheitssatz folgt für das Abgabenrecht der Grundsatz der Belastungsgleichheit. Bei der Auswahl des Abgabengegenstands sowie bei der Bestimmung von Beitragsmaßstäben und Abgabensatz hat der Gesetzgeber allerdings einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, der sich nicht nur auf das „Wie“, sondern auch auf das „Ob“ der Abgabepflicht erstrecken kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Abgabengesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben abgabenrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und können dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Es ist auch ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Erhebung von Abgaben so auszugestalten, dass sie praktikabel bleibt und von übermäßigen, mit Rechtsunsicherheit verbundenen Differenzierungsanforderungen entlastet wird (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, [1448]).

Aufgrund der technischen Entwicklung der elektronischen Medien im Zuge der Digitalisierung hat das Bereithalten eines Fernsehers oder Radios als Indiz für die Zuordnung eines Vorteils aus dem Rundfunkangebot spürbar an Überzeugungs- und Unterscheidungskraft eingebüßt. Rundfunkprogramme werden nicht mehr nur herkömmlich - terrestrisch, über Kabel oder Satellit - verbreitet, sondern im Rahmen des für neue Verbreitungsformen offenen Funktionsauftrags zugleich auch in das Internet eingestellt. Aufgrund der Vielgestaltigkeit und Mobilität neuartiger Rundfunkempfangsgeräte ist es nahezu ausgeschlossen, das Bereithalten solcher Geräte in einem Massenverfahren in praktikabler Weise und ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich festzustellen, zumal sich individuelle Nutzungsgewohnheiten und Nutzungsabsichten jederzeit ändern können. Deshalb darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil allgemein und geräteunabhängig besteht. Da der Beitragstatbestand im Regelfall einfach und anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, beugt die Typisierung zudem gleichheitswidrigen Erhebungsdefiziten oder Umgehungen und beitragsvermeidenden Gestaltungen vor, wie sie durch weitere Differenzierungen zwangsläufig hervorgerufen würden. Er dient damit auch einer größeren Abgabengerechtigkeit (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. -NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

Die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen, sind für die Betroffenen in ihren finanziellen Auswirkungen von monatlich derzeit 17,50 Euro (§ 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag [RFinStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251S; GVBl S. 566], zuletzt geändert durch Art. 1 des Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 16.3.2015 [GVBl S. 26]) nicht besonders intensiv. Sie halten sich, zumal in § 4 RBStV Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen für den Fall fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorgesehen sind, unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren. Die Höhe des Rundfunkbeitrags bleibt auch mit Blick auf diejenigen Personen, die das Programmangebot nicht nutzen (wollen) und früher mangels Empfangsgeräts überhaupt keine Rundfunkgebühr zahlen mussten, in einer moderaten Höhe, die durch die Ausgleichsfunktion des Rundfunkbeitrags gerechtfertigt ist (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

cc) Die Einwände des Klägers, beim Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks handle es sich nicht um eine anzuerkennende „Gegenleistung“ und der Rundfunkbeitrag dürfe nicht, wie gesetzlich vorgesehen (§ 1 RBStV), der Finanzierung von Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages dienen, greifen nicht durch.

(1) Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auch dann als „Gegenleistung“ in Bezug auf die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags anzuerkennen, wenn Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms nicht jedermanns Zustimmung finden.

Die grundrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleistet die Programmfreiheit (Programmautonomie). Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms sind danach Sache des Rundfunks selbst. Der Rundfunk darf bei der Entscheidung über die zur Erfüllung seines Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen des Programms weder den Interessen des Staates noch einer gesellschaftlichen Gruppe oder gar dem Einfluss einer einzelnen Person untergeordnet oder ausgeliefert werden. Der Rundfunk muss vielmehr die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnehmen und wiedergeben, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60). Es ist dem Einzelnen deshalb verwehrt, seine Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags davon abhängig zu machen, ob ihm das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefällt oder nicht. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob der Einzelne das Programmangebot für „zu kommerziell“ und dem Programmangebot privatrechtlicher Anbieter vergleichbar hält oder nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch Einnahmen aus Werbung als zulässig angesehen und ferner betont, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk im dualen System im Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern steht und deshalb auch ein dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechendes Programm für die gesamte Bevölkerung anbieten darf, das dem Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern standhalten kann (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60).

(2) Dass der Rundfunkbeitrag - wie früher bereits die Rundfunkgebühr - zu einem geringen Teil auch der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrags dient (§ 1 RBStV), ist unbedenklich.

Nach Maßgabe des § 40 RStV darf der in § 10 RFinStV bestimmte Anteil (1,8989 v. H. des Rundfunkbeitragsaufkommens) für die Finanzierung von Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen der Landesmedienanstalten und die Förderung offener Kanäle verwendet werden (§ 40 Abs. 1 Satz 1 RStV). Mittel aus diesem Anteil können bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund besonderer Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber auch für die Förderung von landesrechtlich gebotener technischer Infrastruktur zur Versorgung des Landes und zur Förderung von Projekten für neuartige Rundfunkübertragungstechniken verwendet werden (§ 40 Abs. 1 Satz 2 RStV). Ebenso können Formen der nichtkommerziellen Veranstaltung von lokalem und regionalem Rundfunk und Projekte zur Förderung der Medienkompetenz aus dem genannten Anteil aufgrund besonderer Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber gefördert werden (§ 40 Abs. 1 Satz 4 RStV).

Der in § 10 RFinStV bestimmte Anteil des Rundfunkbeitragsaufkommens kommt dem Rundfunk zugute. Die verfassungsrechtliche Garantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erstreckt sich nicht nur auf seinen bisherigen Bestand, sondern auch auf seine künftige Entwicklung. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss auch für neue Inhalte und Formate und neue Verbreitungsformen offen bleiben. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist damit dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 11.9.2007 - 1 BvR 2270/05 u. a. - BVerfGE 119,181). Die in § 40 RStV genannten Aufgaben sind im dualen System nicht nur für den privaten Rundfunk, sondern stets auch für die künftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Wettbewerb mit privaten Rundfunkveranstaltern von Bedeutung. Die Finanzierung dieser Aufgaben mit einem Anteil am Rundfunkbeitragsaufkommen ist daher sachlich gerechtfertigt und hat nicht zwingend aus dem allgemeinem Steueraufkommen zu erfolgen.

c) Entgegen dem nicht näher substantiierten Vorbringen des Klägers enthalten die Bestimmungen über die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich weder unmittelbar noch mittelbar nachteilige Ungleichbehandlungen, die an eine Behinderung anknüpfen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG).

Personen mit Behinderungen nutzen in der Regel uneingeschränkt das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Nur soweit eine Nutzungsmöglichkeit aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen oder wesentlich gemindert ist, das Programmangebot den Einzelnen also aus objektiven Gründen nicht oder nur deutlich eingeschränkt erreichen kann, ist systembedingt mangels beitragsrelevantem Vorteil eine Ausnahme oder Vergünstigung angezeigt. Dem trägt der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag dadurch Rechnung, dass aus gesundheitlichen Gründen - unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - insbesondere taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe nach § 72 SGB XII von der Beitragspflicht befreit werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV) und der Rundfunkbeitrag für blinde, hörgeschädigte und behinderte Menschen unter den in § 4 Abs. 2 Satz 1 RBStV genannten Voraussetzungen auf ein Drittel ermäßigt wird. Sollten diese grundsätzlich ausreichenden Typisierungen nicht jeden Einzelfall erfassen, in dem es an einem Vorteil aus dem Programmangebot fehlt, kann dem durch eine Einzelfallprüfung im Rahmen der Härteregelung des § 4 Abs. 6 RBStV Rechnung getragen werden (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

d) Entgegen dem ebenfalls nicht näher substantiierten Vorbringen des Klägers verstößt auch der im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehene Meldeabgleich (§ 14 Abs. 9 RBStV) nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Das durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 29.9.2013 - 2 BvR 939/13 - NStZ-RR 2014, 48). § 14 Abs. 9 RBStV greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, indem er anordnet, dass jede Meldebehörde einmalig zum Zweck der Bestands- und Ersterfassung für einen bundesweit einheitlichen Stichtag automatisiert in standardisierter Form im Einzelnen bezeichnete Daten aller volljährigen Personen an die jeweils zuständige Landesrundfunkanstalt übermittelt. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil er im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgt.

§ 14 Abs. 9 RBStV regelt einen einmaligen Meldedatenabgleich. Er erlaubt es den Landesrundfunkanstalten einmalig zum Inkrafttreten des neuen Rundfunkbeitragsmodells, ihre Rundfunkteilnehmerdatenbank im privaten Bereich zu konsolidieren, indem sie ihre vorhandenen Daten mit einem Katalog an Meldedaten aller volljährigen Personen abgleichen. Unverzüglich nach dem Abgleich werden die erhobenen Meldedaten wieder gelöscht, soweit sie nicht mehr benötigt werden. Indem der einmalige Abgleich der Rundfunkteilnehmerdatenbank mit den Meldedaten die Vervollständigung und Konsolidierung des vorhandenen Datenbestandes ermöglicht, dient er zugleich der Herstellung größerer Beitragsgerechtigkeit und der Vermeidung eines Vollzugsdefizits (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

e) Sonstige Verstöße gegen Grundrechte des Klägers oder in Bezug auf europarechtliche Bestimmungen sind weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

3. Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) schriftlich eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 115,88 Euro festgesetzt. (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 B 15.252

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 24. Juni 2015

(VG München, Entscheidung vom 13. August 2014, Az.: M 6b K 13.5459)

7. Senat

Sachgebietsschlüssel: 250

Hauptpunkte:

Rundfunkfreiheit, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Rundfunkbeitrag

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Bayerischen Rundfunk Juristische Direktion, Rundfunkplatz 1, 80335 München,

- Beklagter -

wegen Rundfunkbeitrags;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. August 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmeichel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Lotz-Schimmelpfennig ohne mündliche Verhandlung am 24. Juni 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung des Rundfunkbeitrags.

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid des Beklagten vom 1. November 2013, der für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 einen rückständigen Betrag in Höhe von 64,04 Euro (56,04 Euro Rundfunkbeitrag und 8 Euro Säumniszuschlag) festsetzt. Der Bescheid berücksichtigt die Zahlungen, welche die Klägerin für das von ihr genutzte Radiogerät auch weiterhin zu zahlen bereit ist. Einen Fernseher besitzt die Klägerin nach eigenen Angaben nicht.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die gegen den Bescheid gerichtete Klage mit Urteil vom 13. August 2014 abgewiesen. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags, die den Vorgaben des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags entspreche, begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 über die Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung werde verwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 1. November 2013 aufzuheben.

Bei dem Rundfunkbeitrag handele es sich um eine Zwangsabgabe in Gestalt einer Steuer, bei welcher der Nutzer keine Möglichkeit habe, einzuwenden, dass er das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt nicht nutzen wolle. Die unterschiedslose Belastung aller Haushalte, unabhängig davon, ob Rundfunkempfangsgeräte vorhanden seien oder nicht, sei ungerecht. Dies hätten auch die Landesrundfunkanstalten erkannt, weil nach einer neuen Verwaltungspraxis „Lauben, Datschen und Wochenendhäuser“ eine pauschale halbjährliche Beitragsbefreiung erhielten. Die Klägerin fühle sich auch in ihrer Entscheidungsfreiheit verletzt, keinen Fernseher besitzen zu wollen. Die Klägerin, die lediglich eine geringe Rente erhalte, aufgrund vorhandenen geringen Vermögens jedoch nicht berechtigt sei, Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, sei durch die Erhebung des erhöhten Rundfunkbeitrags in ihrer Menschenwürde verletzt sowie in ihrem Eigentumsrecht, weil sie den Rundfunkbeitrag von ihrem Sparguthaben bestreiten müsse.

Der Beklagte beantragt unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils. Die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (§ 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags [RBStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258; BayRS 2251-17-S]) ist verfassungsgemäß.

a) Der Rundfunkbeitrag verstößt nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) oder den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Das Grundrecht der Klägerin, nur aufgrund solcher Vorschriften mit einer Abgabe belastet zu werden, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 26.5.1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223), ist auch dann beachtet, wenn der Rundfunkbeitrag unabhängig davon erhoben wird, ob die Klägerin in ihrer Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit hält oder nicht. Damit ist auch unerheblich, ob die Klägerin in ihrer Wohnung nur ein Hörfunkgerät und nicht auch ein Fernsehgerät zum Empfang bereithält. Auf die Nutzungsabsichten und Nutzungsgewohnheiten der Klägerin kommt es bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht an.

aa) Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht um eine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche und in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende Abgabe (Beitrag).

(1) Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast ohne individuelle Gegenleistung („voraussetzungslos“) zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden. Für eine Steuer ist somit wesentlich, dass sie ohne Gegenleistung erhoben wird (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, 1448; B.v. 26.5.1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223). Abgaben, die einen individuellen Vorteil ausgleichen sollen, sind als Vorzugslasten zulässig. Darunter fallen Gebühren und Beiträge. Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Das gilt entsprechend für Beiträge, die im Unterschied zu Gebühren schon für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung erhoben werden (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, 1448).

(2) Der Rundfunkbeitrag, der - wie schon die frühere Rundfunkgebühr - dem der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegenden Bereich des Rundfunks zuzuordnen ist (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/11 - NJW 2012, 3423), erfüllt die an die Erhebung einer Abgabe in Gestalt eines Beitrags zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Er dient nach § 1 RBStV der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von § 12 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV und fließt damit nicht in den allgemeinen staatlichen Haushalt. Er wird im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Weil er ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten und -absichten verlangt wird, also für die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ist er eine Vorzugslast in Gestalt des Beitrags und durch die mit ihm verfolgten Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs legitimiert (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

bb) Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat als die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung in ständiger Rechtsprechung die „Gebührenfinanzierung“ als Vorzugslast anerkannt (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/11 - BVerfGK 20, 37 m. w. N.). Die Gebührenfinanzierung erlaubt es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht. In der ungeschmälerten Erfüllung dieser Funktion und in der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System findet die Gebührenfinanzierung ihre Rechtfertigung (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 m. w. N.). Schon die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren war von den tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten des Rundfunkteilnehmers unabhängig. Als Rundfunkteilnehmer galt bereits derjenige, der ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithielt (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags [RGebStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251-14-S; GVBl S. 561], zuletzt geändert durch Art. 6 des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 5.5.2009 [GVBl S. 193]).

(2) Auch bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags kommt es auf die tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten des Beitragspflichtigen in Bezug auf das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht an. Der Wechsel des Anknüpfungstatbestands vom bisherigen Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts zum Empfang hin zum nunmehr geforderten Innehaben einer Wohnung ist dadurch veranlasst, dass mit der technischen Entwicklung neuartiger Rundfunkempfangsgeräte, die Rundfunkprogramme z. B. über Angebote aus dem Internet wiedergeben können (vgl. § 5 Abs. 3 RGebStV), der bisherigen Gebührenfinanzierung ein strukturelles Erhebungs- und Vollzugsdefizit drohte, weil das Bereithalten derartiger Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang (neben oder anstelle herkömmlicher Rundfunkempfangsgeräte wie Hörfunk- und Fernsehgeräten) nur unvollständig ermittelt und überprüft werden konnte und deshalb Anreize zur „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ bot (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/11 - BVerfGK 20, 37). Das an das Innehaben einer Wohnung typisierend und pauschalierend anknüpfende Modell des Rundfunkbeitrags vereinfacht demgegenüber das Erhebungsverfahren deutlich, weil sich die Ermittlung von Art und Zahl der (herkömmlichen oder neuartigen) zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte nunmehr erübrigt. Damit wird auch die bisher von behördlichen Ermittlungen beeinträchtigte Privatsphäre der Bürger besser geschützt. Ermittlungen „hinter der Wohnungstür“ entfallen. Das stellt einen gewichtigen Gemeinwohlbelang dar, zumal es zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen der Abgabenerhebung führen kann, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg verfehlt wird (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723 m. w. N.).

(3) Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung ist sachgerecht.

Die Rundfunkfreiheit dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit zielt auf eine Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Die gesetzlichen Regelungen sollen es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ermöglichen, seinen klassischen Funktionsauftrag zu erfüllen, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information seine kulturelle Verantwortung umfasst. Nur wenn dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk dies gelingt und er im publizistischen Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann, ist das duale System in seiner gegenwärtigen Form, in der die privatwirtschaftlich finanzierten Programme weniger strengen Anforderungen unterliegen als die öffentlich-rechtlichen, mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der dualen Rundfunkordnung gehört die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter Einschluss seiner bedarfsgerechten Finanzierung. Dies hat sich im Grundsatz durch die technologischen Neuerungen der letzten Jahre und die dadurch ermöglichte Vermehrung der Übertragungskapazitäten sowie die Entwicklung der Medienmärkte nicht geändert (vgl. BVerfG, U.v. 11.9.2007 - 1 BvR 2270/05 u. a. - BVerfGE 119, 181).

Weil das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgrund des gesetzlichen Auftrags an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien [Rundfunkstaatsvertrag - RStV]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251-6-S; GVBl S. 502], zuletzt geändert durch Art. 3 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 7. Juni 2011 [GVBl S. 258]), innerhalb der Gesellschaft jedem Einzelnen zugutekommt, ist grundsätzlich auch jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu beteiligen. Auf die Möglichkeit der demokratischen Teilhabe am Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung kann der Einzelne nicht verzichten.

Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kann (mittels herkömmlicher oder neuartiger Rundfunkempfangsgeräte) in ganz Deutschland flächendeckend und von jedermann - sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Wohnung - empfangen werden. Typischerweise besteht damit auch für jede Person in ihrer Wohnung die regelmäßig auch genutzte Möglichkeit zum Rundfunkempfang. Dass der beitragspflichtige Personenkreis der (volljährigen) Wohnungsinhaber (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV) sehr groß ist, ist abgabenrechtlich unerheblich. Denn die Breite der Finanzierungsverantwortung korrespondiert mit der Größe des Adressatenkreises, an den sich das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks richtet (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723). Der Rundfunkbeitrag - ebenso wie zuvor die Rundfunkgebühr - gilt daher unverändert den individuell bestehenden Vorteil der jederzeitigen Möglichkeit des Rundfunkempfangs ab. Dies kommt im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, der den Zweck des Rundfunkbeitrags und den Anknüpfungstatbestand für die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags ausdrücklich nennt, auch hinreichend klar zum Ausdruck.

Der Begriff der Wohnung ist im Gesetz hinreichend klar definiert (§ 3 RBStV). Dass im Einzelfall - etwa bei Lauben, Datschen und Wochenendhäusern - zweifelhaft sein kann, ob diese Raumeinheiten Wohnungen im Sinne des Gesetzes sind, etwa weil sie nicht (dauerhaft) zum Wohnen oder Schlafen geeignet sind oder genutzt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBStV) oder weil sie möglicherweise Bauten nach § 3 des Bundeskleingartengesetzes sind (§ 3 Abs. 1 Satz 3 RBStV), ändert an dieser Beurteilung nichts.

Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin, einen Fernseher nicht besitzen zu wollen, wird im Übrigen durch die Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht beeinträchtigt.

(4) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, dass dem einzelnen Wohnungsinhaber zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht empfangen. Insbesondere muss der Gesetzgeber nicht an der für die frühere Rundfunkgebühr maßgeblichen Unterscheidung festhalten, ob und welche Art von Empfangsgerät (Hörfunk- oder Fernsehgerät) zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht.

Aus dem Gleichheitssatz folgt für das Abgabenrecht der Grundsatz der Belastungsgleichheit. Bei der Auswahl des Abgabengegenstands sowie bei der Bestimmung von Beitragsmaßstäben und Abgabensatz hat der Gesetzgeber allerdings einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, der sich nicht nur auf das „Wie“, sondern auch auf das „Ob“ der Abgabepflicht erstrecken kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Abgabengesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben abgabenrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und können dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Es ist auch ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Erhebung von Abgaben so auszugestalten, dass sie praktikabel bleibt und von übermäßigen, mit Rechtsunsicherheit verbundenen Differenzierungsanforderungen entlastet wird (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, 1448).

Aufgrund der technischen Entwicklung der elektronischen Medien im Zuge der Digitalisierung hat das Bereithalten eines Fernsehers oder Radios als Indiz für die Zuordnung eines Vorteils aus dem Rundfunkangebot spürbar an Überzeugungs- und Unterscheidungskraft eingebüßt. Rundfunkprogramme werden nicht mehr nur herkömmlich - terrestrisch, über Kabel oder Satellit - verbreitet, sondern im Rahmen des für neue Verbreitungsformen offenen Funktionsauftrags zugleich auch in das Internet eingestellt. Aufgrund der Vielgestaltigkeit und Mobilität neuartiger Rundfunkempfangsgeräte ist es nahezu ausgeschlossen, das Bereithalten solcher Geräte in einem Massenverfahren in praktikabler Weise und ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich festzustellen, zumal sich individuelle Nutzungsgewohnheiten und Nutzungsabsichten jederzeit ändern können. Deshalb darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil allgemein und geräteunabhängig besteht. Da der Beitragstatbestand im Regelfall einfach und anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, beugt die Typisierung zudem gleichheitswidrigen Erhebungsdefiziten oder Umgehungen und beitragsvermeidenden Gestaltungen vor, wie sie durch weitere Differenzierungen zwangsläufig hervorgerufen würden. Er dient damit auch einer größeren Abgabengerechtigkeit (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

Die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen, sind für die Betroffenen in ihren finanziellen Auswirkungen von monatlich derzeit 17,50 Euro (§ 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag [RFinStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251-15-S; GVBl S. 566], zuletzt geändert durch Art. 1 des Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 16.3.2015 [GVBl S. 26]) nicht besonders intensiv. Sie halten sich, zumal in § 4 RBStV Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen für den Fall fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorgesehen sind, unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren. Die Höhe des Rundfunkbeitrags bleibt auch mit Blick auf diejenigen Personen, die das Programmangebot nicht nutzen (wollen) und früher mangels Empfangsgeräts überhaupt keine oder nur eine niedrigere Rundfunkgebühr zahlen mussten, in einer moderaten Höhe, die durch die Ausgleichsfunktion des Rundfunkbeitrags gerechtfertigt ist (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

b) Der Einwand der Klägerin, die Erhebung des Rundfunkbeitrags verletze ihre Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und ihr Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG), greift nicht durch.

Der aus der Achtung und dem Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip herzuleitenden Verpflichtung des Staates, jenes Existenzminimum zu gewährleisten, das ein menschenwürdiges Dasein ausmacht (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 12.5.2015 - 2 BvR 2954/10 - juris Rn. 25), hat der Gesetzgeber durch die in § 4 RBStV vorgesehenen und auch an fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anknüpfenden Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen hinreichend Rechnung getragen.

Ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht erkennbar, weil die Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags nur das Vermögen der Klägerin betrifft, nicht jedoch an von der Rechtsordnung anerkannte einzelne Vermögensrechte anknüpft (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 1.10.2012 - 1 BvR 3046/11 - juris Rn. 5).

c) Sonstige Verstöße gegen Grundrechte der Klägerin oder gegen europarechtliche Bestimmungen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

3. Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) schriftlich eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 64,04 Euro festgesetzt.

(§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.