Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Juli 2018 - M 1 K 16.147

bei uns veröffentlicht am10.07.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. 1541 Gem. … und wendet sich als Nachbar gegen die der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Erweiterung einer Biogasanlage auf dem Grundstück FlNr. 1534 Gem. … Die Beigeladene betreibt auf dem genannten Grundstück einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung. Mit Bescheid vom 7. September 2004 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage zur Vergärung von nachwachsenden Rohstoffen (NawaRo) und Wirtschaftsdünger mit einer maximalen elektrischen Stromerzeugungsleistung von 170 kW; die Anlage bestand ursprünglich aus Blockheizkraftwerk, Fermenter, Endlager und Fahrsilo. Mit Bescheid vom 12. September 2006 wurde die Erweiterung der Biogasanlage durch Errichtung eines Nachgärbehälters und eines weiteren Endlagers genehmigt. Am 7. September 2011 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung und Änderung der Biogasanlage. Vorgesehen ist nunmehr die Erhöhung der Stromerzeugungsleistung auf 340 kW durch die Erweiterung um ein Blockheizkraftwerk, die Änderung der Nutzung bestehender Anlagen und die Errichtung weiterer Endlager. Zuletzt am 12. September 2012 hatte die Beigeladene eine bauaufsichtliche Genehmigung für die Ertüchtigung auf insgesamt zwei Blockheizkraftwerke mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von jeweils 492 kW erhalten. Die Klage gegen diese Genehmigung wurde abgewiesen (M 1 K 12.4605). Das Berufungsverfahren wurde ausgesetzt und ruht seither (1 B 14.1571).

Die Biogasanlage und die seit vielen Jahren betriebene Rinderhaltung der Beigeladenen liegen auf dem Grundstück FlNr. 1534 der Gem. … im Nordosten der Ansiedlung H. Diese besteht aus sechs Anwesen mit acht Hausnummern, darunter drei weitere Tierhaltungsbetriebe, nämlich eine Schweinehaltung westlich der Hofstelle der Beigeladenen, eine Rinderhaltung und eine Pferdehaltung südlich davon, sowie zwei reinen Wohnanwesen. Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus und einem Pferdestall bebauten, südlich der Biogasanlage gelegenen Grundstücks FlNr. 1548/1; die Entfernung seines Wohnhauses zu den Blockheizkraftwerken beträgt mehr als 150 Meter.

Unter dem 1. März 2012 hat die Beigeladene eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eine NawaRo-Biogasanlage zur Vergärung von nachwachsenden Rohstoffen und Gülle zur Erzeugung von Strom und Wärme i.S.d. Nr. 1.4. Spalte 2 b) aa) des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) beantragt. Mit dieser Genehmigung sollte die Gesamtfeuerungswärmeleistung auf maximal 1.438 kW gesteigert werden; das Blockheizkraftwerk 1 sollte bei einer Leistung von 492 kW bleiben, das Blockheizkraftwerk 2 auf eine Leistung von 946 kW erweitert werden. Die Biogasmenge sollte auf 2,045 Millionen Nm³ Rohgas pro Jahr erhöht werden. Beantragt war ein Einsatz von 12 Tonnen Gülle und Festmist täglich (4.380 Tonnen pro Jahr).

Am 25. März 2013 wurde das vom Landratsamt in Auftrag gegebene Gutachten der … GmbH zur Luftreinhaltung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens vom 28. November 2012 vorgelegt. Das Gutachten untersucht auch den beantragten Betriebszustand mit einer Verstromungsleitung von 551 kW elektrischer Leistung, was bei einem Wirkungsgrad von 38,31% (elektrische Leistung x 100 / Gesamtfeuerungswärmeleistung) der Gesamtfeuerungswärmeleistung von 1.438 kW entspricht. Hierbei wird sowohl die Gesamtbelastung durch alle Emissionsquellen der Biogasanlage betrachtet, als auch die Vorbelastung durch sämtliche Tierhaltungsbetriebe in H. untersucht. Eine Prognose bezüglich der am Grundstück des Klägers zu erwartenden Geruchsimmissionen im worst-case-Szenario (maximaler -nicht lediglich genehmigterTierbesatz in allen Tierhaltungsbetrieben und Verstromungsleistung der Biogasanlage bei 551 kW) kam zu dem Ergebnis, dass am Anwesen des Klägers mit einer Geruchsstundenhäufigkeit zwischen 47 und 69% der Jahresstunden zu rechnen sei. Aus dem Vergleich der Geruchszusatzbelastung durch die Biogasanlage mit dem Zustand ohne sie werde deutlich, dass die Biogasanlage einen verhältnismäßig geringen Anteil an der Geruchsbelastung in H. aufweise. Die wesentlichen Geruchsbelastungen werden hiernach durch die bestehenden Tierhaltungsbetriebe hervorgerufen. Am Wohnhaus des Klägers nimmt dem Gutachten zufolge die Belastung durch die Erweiterung der Biogasanlage auf eine elektrische Leistung von 551 kW um 1 bis 2% zu.

Das Sachgebiet Umwelttechnik des Landratsamts hat sich unter dem 18. März 2013 und dem 16. Oktober 2013 u.a. auch zu Gerüchen, Ammoniakemissionen und Stickoxiden geäußert. Die untere Naturschutzbehörde des Landratsamts hat ihre abschließende Stellungnahme unter dem 11. April 2013 abgegeben. Mit Aktenvermerk vom 17. April 2013 hat die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass keine UVP durchzuführen ist. Dieses Ergebnis wurde am 19. April 2013 im Amtsblatt des Landkreises Altötting öffentlich bekannt gemacht.

Mit Bescheid vom 11. November 2013 erteilte das Landratsamt die immissionsschutzrechtliche Neugenehmigung für die Erweiterung der bestehenden Biogasanlage auf dem Grundstück FlNr. 1534 mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 1,438 MW. Sie wurde dem Bevollmächtigten des Klägers auf dessen Anforderung am 15. Dezember 2015 übersandt.

Die Klage gegen den Bescheid vom 11. November 2013 ging am 13. Januar 2016 bei Gericht ein. Der Kläger macht geltend, sie sei fristgerecht, weil ihm die Genehmigung nicht zugestellt worden sei. Sie sei rechtswidrig und verletze ihn in eigenen Rechten. Die Verfahrensvorschriften gemäß § 4 UVPG seien nicht beachtet worden. Die Naturschutzbehörde habe die erforderlichen Unterlagen nicht gehabt und habe deshalb auch keine fachliche Stellungnahme abgeben können. Das Vorhaben verursache Ammoniakemissionen und vor allem Stickoxide, die sich durch die Erweiterung deutlich erhöhen würden. Von seiner eigenen Pferdehaltung, deren Genehmigung er anstrebe, gingen keine unzumutbaren Immissionen aus, was sich auch der Geruchsimmissionsprognose des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. vom 13. Mai 2014 entnehmen lasse. Am Wohnhaus „des“ Beigeladenen (gemeint wohl: von Herrn …) würden 0% Geruchsstunden durch die Pferdehaltung verursacht. Sie sei zudem ungenehmigt und solle sogar beseitigt werden. Die Beurteilung durch das Gutachten der … vom 28. November 2012 unterschätze seine Geruchsbelastung in erheblichem Umfang und stelle sie zu niedrig dar. Insbesondere werde der Platzgeruch zu Unrecht nicht einbezogen, die bestehenden Vorbelastungen würden nicht zutreffend einbezogen und die Berücksichtigung der lokalen Topographie sowie der speziellen Windsysteme fehle. Er werde durch die Biogasanlage schädlichen Umwelteinwirkungen in Gestalt von unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt. Selbst nach dem …-Gutachten erzeuge die streitige Biogasanlage eine Zusatzbelastung von 1 bis 2% Geruchsstundenhäufigkeit im Jahr, was bedeute, dass die ohnehin enorme Vorbelastung noch einmal spürbar erhöht werde. Angesichts des Umstands, dass die Leistung der Anlage nahezu verdoppelt werde, werde auch in Abrede gestellt, dass es bei einer Geruchszunahme von 2% bleibe. Ferner werde auf weitere, bislang unberücksichtigte Anlagen der Beigeladenen hingewiesen, nämlich eine Trocknungsanlage, eine in Betrieb befindliche Separieranlage sowie eine ungenehmigte Miststatt.

Mit am 25. Mai 2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz teilt der Kläger mit, dass unter dem 9. April 2018 ein neuer Bescheid mit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Erweiterung der streitigen Biogasanlage ergangen ist, welcher ihm am 26. April 2018 zugegangen sei. Deshalb dürfe der angefochtene Bescheid vom 11. November 2013 wohl erledigt sein. Ihm sei nicht bekannt, ob diese Genehmigung zurückgenommen worden sei. Es werde um einen richterlichen Hinweis gebeten. Der neue Bescheid werde zum Gegenstand der Anfechtungsklage gemacht. Er sei ebenfalls rechtswidrig. Durch die Erweiterung auf nunmehr vier Blockheizkraftwerke mit einer Vervielfachung der Leistung auf 4.154 kW komme es zu einer noch größeren erheblichen Geruchszunahme in dem ohnehin schon sehr stark vorbelasteten Gebiet. Durch die Genehmigung vom 9. April 2018 wird die Produktionskapazität der Biogaserzeugung auf 2,291 Nm³ Rohgas pro Jahr gesteigert.

Der Kläger beantragt zuletzt,

Die Bescheide des Landratsamts A. vom 11. November 2013 und 9. April 2018 über die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Biogasanlage werden aufgehoben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger werde durch die Genehmigung vom 11. November 2013 nicht in seinen Rechten verletzt. Die Geruchsbelastung an seinem Wohnhaus verändere sich hierdurch nicht nennenswert. Zwar liege die Vorbelastung bei einer Geruchsstundenhäufigkeit von 44 bis 58% im Jahr und damit deutlich über den 25%, die die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) grundsätzlich im Außenbereich heranziehe. Hierbei handle es sich aber nicht um einen starren Wert. Vielmehr sei anerkannt, dass an Wohngebäuden, die einem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet seien, ein weit höherer Wert an Jahresstunden zumutbar sei. Die Geruchseinwirkungen am Wohnhaus des Klägers würden überwiegend von den bereits vorhandenen Betrieben und insbesondere auch von seiner eigenen Pferdehaltung hervorgerufen. Die Biogasanlage insgesamt habe lediglich einen verhältnismäßig geringen Anteil von 4 bis 5% an der Geruchsbelastung. Zwar ergebe sich aus der am 11. November 2013 genehmigten Erweiterung rechnerisch eine geringfügige Zunahme der Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers von 1 bis 2%. Dies habe aber keine tatsächliche sinnliche Wahrnehmung für den Kläger zur Folge. Von einer spürbaren, nicht zumutbaren Erhöhung könne nicht die Rede sein. Was das Gutachten der … vom 28. November 2012 angehe, habe sogar der Sachverständige des Klägers, Dipl.-Ing. H., erklärt, dass dessen Ergebnisse plausibel seien. Die Angriffe des Klägers auf das …-Gutachten gingen fehl. Auch durch die Genehmigung vom 9. April 2018 ergäben sich keine höheren Geruchsbelastungen. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens sei eine Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt worden. Bei Biogansanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 1 MW und einer jährlichen Biogaserzeugung von mehr als 1,2 Millionen Nm³ Rohgas seien zum Zeitpunkt der Genehmigung vom 11. November 2013 die Motoren als Hauptanlage und die Biogaserzeugung als Nebenanlage zu sehen, so dass sich die Erforderlichkeit der Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach Nr. 1.2.2.2 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG ergeben habe. Aus der Stellungnahme des Fachbereichs Umwelttechnik vom 18. März 2013 ergebe sich, dass sich aus immissionsschutzfachlicher Sicht für die Ammoniak- und Abgasemissionen keine erheblich nachteiligen Auswirkungen für die nächsten Waldflächen und geschützten Biotope in 400 bis 500 m Entfernung ergäben. Was die Pferdehaltung durch den Kläger betreffe, habe dieser am 28. Oktober 2013 nachträglich eine bauaufsichtliche Genehmigung für seinen Offenstall, den Pferdeunterstand und den Reitplatz beantragt. Mit Betriebsbeschreibung vom 8. Januar 2014 seien hierfür elf Pferde angegeben worden. Auch der Sachverständige des Klägers, Dipl.-Ing. H., beziehe sich auf elf Pferde. Das Vorbringen des Klägers, er habe auf sechs Pferde reduziert, sei insofern nicht ganz nachvollziehbar. Sinn und Zweck der Ausführungen zum Immissionsbeitrag der Pferdehaltung des Klägers am Wohnhaus „des“ Beigeladenen (gemeint wohl Herr …*) seien unklar. Eine Trocknungsanlage sei bei zwei Ortsterminen am 11. Juli 2013 und am 3. Juli 2014 bei der Beigeladenen nicht vorgefunden worden. Derzeit (September 2016) befinde sich in einer geschlossenen Halle ein landwirtschaftlicher Kipper mit 20 m³ Fassungsvermögen, in dem mittels warmer Luft an sieben bis acht Tagen im Jahr Holzhackschnitzel für den Eigenbedarf getrocknet würden. Ein relevanter Geruchbeitrag hierdurch sei auszuschließen. „Der“ Beigeladene habe dem Landratsamt mit Schreiben vom 25. August 2016 versichert, dass die seit kurzem auf dem Hof befindliche Separieranlage mit Miststatt nicht betrieben werde.

Der Beigeladene verteidigt die angefochtenen Genehmigungen und beantragt gleichfalls,

die Klage abzuweisen.

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme aufgrund des Vorliegens von dem Kläger unzumutbaren Geruchsbelästigungen scheide aus. Der Stellenwert der GIRL für die Beurteilung landwirtschaftlicher Gerüche in Bayern sei nicht vollständig geklärt. Zwar sei anerkannt, dass die GIRL im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden könne. Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof habe aber bezweifelt, ob die Richtwerte der GIRL die Grenze des Zumutbaren i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder die Grenze der Erheblichkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG definierten. Nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs seien jedenfalls keine strengeren Anforderungen als nach der GIRL zu stellen und unzumutbare Geruchsimmissionen jedenfalls dann auszuschließen, wenn die Richtwerte der GIRL eingehalten seien. Unstreitig werde der in der GIRL genannte Wert von 25% Jahresstundenhäufigkeit am Anwesen des Klägers nicht eingehalten. Der Kläger sei jedoch zum einen auf die Schicksalsgemeinschaft der Landwirte und zum anderen auf seinen erheblichen eigenen Zusatzbeitrag zu verweisen. Die Biogasanlage der Beigeladenen sei genehmigt und entspreche in allen Betriebsteilen dem Stand der Technik. Soweit der Kläger am Gutachten der … vom 28. November 2012 Kritik übe, sei dies verwunderlich, weil sein eigener Sachverständiger, Dipl.-Ing. H. es in der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2016 als plausibel bezeichnet habe. Sofern man zugunsten des Klägers annehme, dass er nicht einen Verstoß gegen „§ 4 UVP-Gesetz“, sondern eine Verletzung von § 4 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) rügen wollte, sei nicht klar, um welchen Verstoß es ihm diesbezüglich genau gehe. Jedenfalls habe das materielle Naturschutzrecht nach ständiger Rechtsprechung keine drittschützende Wirkung.

Nach dem Bekunden des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2018 wurde die Pferdehaltung des Klägers mit Bescheid vom 13. November 2017 bauaufsichtlich genehmigt.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2016 inklusive der Bekundungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. und der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2018 wird auf die Niederschriften, wegen der weiteren Einzelheiten sowie wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und ist daher abzuweisen. Die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 11. November 2013 und vom 9. April 2018 verletzen den Kläger nicht in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Sie wurde gegen beide Bescheide fristgerecht i.S.d. § 74 Abs. 1 VwGO erhoben. Der Bescheid vom 11. November 2013 gelangte erst am 15. Dezember 2015 zur Kenntnis des Klägers, so dass die Klageerhebung am 13. Januar 2016 innerhalb der Monatsfrist ab Kenntnis erfolgt ist. Da Gegenstand der Genehmigung die Erweiterung der elektrischen Leistung der Biogasanlage ist, musste der Kläger auch nicht ohne weiteres als Nachbar „optische“ Kenntnis haben, weshalb es auf die Jahresfrist entsprechend § 58 Abs. 2 VwGO nicht ankommt.

Von der Genehmigung vom 9. April 2018 hat der Kläger am 26. April 2018 Kenntnis erhalten, so dass die Einbeziehung in das laufende Gerichtsverfahren mit am 25. Mai 2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz rechtzeitig erfolgt ist. Der Beklagte und die Beigeladene haben der Einbeziehung dieses Bescheids in das laufende Verfahren zugestimmt.

2. Der Klage gegen den Bescheid vom 11. November 2013 fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dieser Bescheid ist weder überholt noch hat er sich in der Sache erledigt. Vielmehr haben die Bescheide vom 11. November 2013 und vom 9. April 2018 unterschiedliche Regelungsgegenstände. Mit Bescheid vom 11. November 2013 wird die Erweiterung der Biogasanlage auf eine von insgesamt zwei Blockheizkraftwerken erzeugte Gesamtfeuerungswärmeleistung von 1.438 kW genehmigt. Die Genehmigung vom 9. April 2018 setzt hierauf auf und genehmigt zusätzlich noch zwei weitere Blockheizkraftwerke mit jeweils 1.358 kW Gesamtfeuerungswärmeleistung. Durch beide Bescheide wird somit insgesamt eine von vier Blockheizkraftwerken erzeugte Gesamtfeuerungswärmeleistung von 4.154 kW genehmigt.

II.

Die Klage ist im Hinblick auf beide angefochtenen Bescheide unbegründet.

Der Kläger wird weder durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 11. November 2013 (2.) noch durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 9. April 2018 (3.) in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen der Nachbaranfechtung ist grundsätzlich jeweils der Zeitpunkt der Behördenentscheidung.

1. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG besteht ein Anspruch auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer aufgrund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Diese Vorschriften finden auch im vereinfachten Verfahren Anwendung.

Die Erweiterungen der Biogasanlage der Beigeladenen bedürfen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG. Dabei ist das Blockheizkraftwerk zur Stromerzeugung als Biogasverwertungsanlage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 der 4. BImSchV in der zur Zeit der Genehmigung vom 11. November 2013 geltenden Fassung die Hauptanlage. Die Biogaserzeugungsanlage dagegen ist Nebenanlage i.S.d § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV. Gemäß Nr. 1.2.2.2 Anhang 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) in der am 11. November 2013 gültigen Fassung sind Anlagen zur Erzeugung von Strom in einer Verbrennungseinrichtung durch den Einsatz von gasförmigen Brennstoffen (insbesondere auch Biogas) mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 Megawatt bis weniger als 10 Megawatt, bei Verbrennungsmotoranlagen oder Gasturbinenanlagen im vereinfachten Verfahren gemäß § 19 BImSchG zu genehmigen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, die Gesamtfeuerungswärmeleistung nach der Genehmigung vom 11. November 2013 beträgt 1,438 kW = 1.438 MW, diejenige infolge der Genehmigung vom 9. April 2018 4,154 kW = 4.154 MW. Die Biogaserzeugung ist nach Nr. 8.6.3.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV in der am 11. November 2013 geltenden Fassung ebenfalls im vereinfachten Verfahren gemäß § 19 BImSchG zu genehmigen. Hiernach bedürfen Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen und sonstigen Stoffen, u.a. von Gülle, soweit die Behandlung ausschließlich zur Verwertung durch anaerobe Vergärung (Biogaserzeugung) erfolgt, mit einer Durchsatzkapazität von weniger als 100 Tonnen je Tag, soweit die Produktionskapazität von Rohgas 1,2 Mio. Normkubikmetern je Jahr oder mehr beträgt, einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren. Die Biogasanlage erfüllt mit einer zulässigen Biogasmenge von 2,045 Millionen Nm³ Rohgas pro Jahr diese Voraussetzung. Gemäß § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV bedarf es für Haupt- und Nebenanlage lediglich einer einheitlichen Genehmigung.

Ein Dritter kann die Aufhebung einer den Bescheidsadressaten begünstigenden Genehmigung nicht bereits dann verlangen, wenn diese objektiv rechtswidrig ist, sondern nur dann, wenn sie ihn darüber hinaus in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, die zumindest auch gerade seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - juris Rn. 19 - NVwZ 1994, 686 ff.; BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 17).

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung vermittelt grundsätzlich ebenso Drittschutz wie § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (zu schädlichen Umwelteinwirkungen eines Bauvorhabens), der über § 6 Abs. 1 Nr. 2 BauGB als „andere öffentlich-rechtliche Vorschrift“ einschlägig ist, weil die streitige Biogasanlage im Außenbereich liegt. Aus diesen grundsätzlich auch seinem Schutz als Nachbarn dienenden Vorschriften kann der Kläger hier aber keinen Prozesserfolg herleiten, weil die Erweiterung der Biogasanlage der Beigeladenen ihm gegenüber keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen hervorruft.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen verletzt die Genehmigung vom 11. November 2013 den Kläger nicht in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten; er hat keinen Anspruch auf deren Aufhebung.

a) Die Berufung auf ein Fehlen der UVP oder auf Mängel bei der Durchführung der UVP-Vorprüfung verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Die UVP-Vorprüfung und ihr Ergebnis begegnen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (§ 3a Satz 4 UVPG in der am 11. November 2013 geltenden Fassung - im Folgenden a.F.).

aa) Der Kläger kann sich auf die Durchführung einer UVP grundsätzlich berufen (§ 4 UmwRG).

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die UVP, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften erforderliche UVP oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Die Aufhebung kann gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 UmwRG grundsätzlich jeder Beteiligte i.S.d. § 61 Nr. 1 VwGO verlangen, somit auch der Kläger. Dies war zwar nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung geltenden Fassung von § 4 UmwRG noch nicht der Fall. Da aber die Vorschrift des § 4 UmwRG insoweit auch prozessrechtlichen Charakter hat, ist von deren Geltung auszugehen, obwohl sie zum materiell-rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt nicht galt.

Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchst. a) UmwRG ist dieses Gesetz u.a. anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer UVP bestehen kann. Dies ist hier der Fall.

bb) Durchzuführen war eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls (§ 3c Satz 2 UVPG a.F.). Dass die Behörde ab Juli 2012 von der Notwendigkeit einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls i.S.d. § 3c Satz 1 UVPG a.F. ausging, ist unschädlich, denn diese stellt die weiter gehenden Anforderungen. Zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses war im Übrigen wieder die standortbezogene Prüfung des Einzelfalls ausreichend.

In der Zeit zwischen Antragstellung am 1. März 2012 und Genehmigungserteilung am 11. November 2013 gab es insgesamt sieben Änderungen des UVPG und seiner Anlagen. Auch die einschlägige Anlage 1, aus der sich ergibt, welche Art von Prüfung für unterschiedliche Vorhaben vorzunehmen ist, hat mehrere Änderungen erfahren, ohne dass es hierfür eine Übergangsvorschrift gäbe. Ursprünglich ist die Genehmigungsbehörde nach Nr. 1.3.2 und Nr. 8.4.2 der Anlage 1 zum UVPG in der Fassung, die am 1. März 2012 galt, zu Recht davon ausgegangen, dass es lediglich einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls bedarf. Mit E-Mail vom 5. Juli 2012 hat sie zu Recht darauf hingewiesen, dass mit der am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Änderung nunmehr gemäß Nr. 1.11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nötig war. Hierbei blieb es bis 1. Mai 2013. Zum 2. Mai 2013 trat die Fassung des UVPG in Kraft, die auch noch zum Zeitpunkt der Genehmigung vom 11. November 2013 galt. Nach deren Anlage 1 Nr. 1.2.2.2 war für die Biogasverwertungsanlage mit einer Stromerzeugung von 1,438 MW nunmehr wieder bloß eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls i.S.d. § 3c Satz 2 UVPG a.F. durchzuführen. Dasselbe gilt gemäß Nr. 8.4.2.2 des Anhangs 1 für die Biogaserzeugungsanlage mit einem Gülleeinsatz von weniger als 50, nämlich 12 Tonnen je Tag und einer Produktionskapazität von 2,045 Millionen Normkubikmeter Rohgas je Jahr.

cc) Die Vorprüfung wurde durchgeführt, entspricht den Anforderungen an eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG und ist in Verfahren und Ergebnis nicht zu beanstanden.

(1) Gemäß § 3c UVPG a.F. ist, sofern in der Anlage 1 für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, ist eine UVP durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Sofern - wie hier - für ein Vorhaben mit geringer Größe oder Leistung eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, gilt Gleiches, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Bei der Vorprüfung ist zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung sind zu dokumentieren. Diese Vorgaben für die Vorprüfung wurden erfüllt.

Der Genehmigungsbehörde steht im Rahmen einer UVP-Vorprüfung des Einzelfalls für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen eines Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zu. Die gerichtliche Überprüfung des Ergebnisses der Vorprüfung beschränkt sich deshalb nach § 3a Satz 4 UVPG a.F. auf eine Plausibilitätskontrolle (BVerwG, U.v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 - juris Ls.1 - BVerwGE 141, 282 ff.). Die Einschätzung der zuständigen Behörde ist in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

Die Genehmigungsbehörde darf nicht bereits mit einer der UVP vergleichbaren Prüfungstiefe „durchermitteln“ und damit die eigentliche UVP unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen, sondern ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Die Vorprüfung darf sich aber auch nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, U.v. 24.5.2018 - 4 C 4/17 - juris Rn. 17f. - NVwZ 2018, 1647 ff.).

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die UVP-Vorprüfung des streitigen Vorhabens in Verfahren und Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Genehmigungsbehörde hat die zur Beurteilung der Standortkriterien von Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG a.F. berufenen Stellen von dem Vorhaben und der Notwendigkeit der Vorprüfung in Kenntnis gesetzt und diese um Stellungnahme gebeten. Die Stellungnahmen sind erfolgt. Konkret wendet der Kläger ein, die Naturschutzbehörde habe die erforderlichen Unterlagen nicht gehabt und habe deshalb auch keine fachliche Stellungnahme abgeben können. Das Vorhaben verursache Ammoniakemissionen und vor allem Stickstoffoxide, die sich durch die Erweiterung deutlich erhöhen würden. Diese Einwände führen nicht zum Erfolg der Klage.

Es kann unterstellt werden, dass die abschließende Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 11. April 2013 in Unkenntnis des dem Landratsamt erst am 25. März 2013 übermittelten Gutachtens der … vom 28. November 2012 erfolgt ist, denn dies hat nicht zur Folge, dass das Ergebnis der Vorprüfung im Sinne von § 3c UVPG unrichtig wäre und eine UVP hätte durchgeführt werden müssen.

Die untere Naturschutzbehörde hat in der Stellungnahme vom 11. April 2013 insbesondere Mitteilung über die Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung der im Einzelnen aufgeführten, ausdrücklich ausgewiesenen schutzwürdigen Gebiete i.S.d. Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG gemacht. Im Einzelnen wurden drei Biotope in einem Abstand zwischen 370 und 500 Metern zum Vorhaben, eine Wasserschutzgebietszone ca. 650 Meter östlich des Vorhabenstandorts sowie weiterer Biotope in 730 und 750 Meter Entfernung benannt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass von dem beantragten Vorhaben allein wohl keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Ergänzend hat sie angemerkt, dass „keine Unterlagen zur Verfügung“ gestanden hätten, „die nachvollziehbare Aussagen zu den bereits bestehenden Emissionsbelastungen machen“. Damit wird angesprochen, dass die Vorbelastung des Gebiets nicht in die naturschutzfachliche Betrachtung einbezogen werden konnte, was aber im Ergebnis unschädlich ist.

Ob die Vorbelastung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG überhaupt zu berücksichtigen ist, lässt sich der Vorschrift selbst nicht eindeutig entnehmen; ist aber im Ergebnis zu bejahen. Dem Wortlaut nach ist zu untersuchen, ob „das Vorhaben“ erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Dies spricht zunächst für eine isolierte Betrachtung des Vorhabens selbst. Da die UVP aber genehmigungsorientiert in dem Sinne ist, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Fachrechts den Prüfungshorizont darstellen, und im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung die entstehende Gesamtbelastung unter Einschluss der vorhandenen Vorbelastungen maßgeblich ist, wird man von einer Relevanz auch der Vorbelastungen ausgehen müssen (vgl. BVerwG, U.v. 20.8.2008 - 4 C 11.70 - juris Rn.33; Schink, Die Vorprüfung in der UVP nach § 3c UVPG, NVwZ 2004, 1182 ff./1186; wohl auch Spannowsky, Der Ausschlussgrund für die Anwendung des beschleunigten Verfahrens der Bebauungsplanung nach § 13a Abs. 1 S. 4 BauGB am Beispiel des Neubaus oder der Erweiterung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs ZfBR 2018, 544 ff./553).

Jedoch ist zum einen die Prüfungstiefe in der UVP-Vorprüfung eingeschränkt und zum anderen letztlich die Einschätzung der Genehmigungsbehörde und nicht die der zu beteiligenden Behörden ausschlaggebend (vgl. oben und BVerwG, U.v. 24.5.2018 - 4 C 4/17 - juris Rn. 17f.).

Vor diesem Hintergrund ist im zu entscheidenden Fall die Feststellung der Genehmigungsbehörde durch Aktenvermerk vom 17. April 2013, dass keine Pflicht zur Durchführung einer UVP besteht, nachvollziehbar und plausibel. Denn diese Einschätzung ist gerade keine oberflächliche Spekulation, sondern beruht auf den eingeholten Fachgutachten (zu Lärm und Geruch) sowie hinsichtlich der vom Kläger ins Feld geführten Luftschadstoffe insbesondere auf der Stellungnahme des Sachgebiets Umwelttechnik des Landratsamts vom 18. März 2013. Hieraus durfte die Genehmigungsbehörde, in Zusammenschau mit der Anlagen- und Betriebsbeschreibung, die die Beigeladene mit ihrem Antrag eingereicht hat, den Schluss ziehen, dass vor allem auch im Hinblick auf Ammoniak und Stickstoffoxid keine erheblichen schädlichen Umwelteinwirkungen durch das streitige Vorhaben hervorgerufen werden. Das Sachgebiet Umwelttechnik kommt zu dem Ergebnis, dass die Ammoniakemissionen als gering einzustufen seien, weil die Endläger als potentielle Emissionsquellen ganzjährig abgedeckt seien. Ammoniakemissionen seien lediglich an 18 Tagen im Jahr beim Abtanken der Gärreste in geringem Umfang zu erwarten. Da die externe Schweinegülle über einen festen Anschluss in den Sammelbehälter 2 geleitet werde, würden Ammoniak- sowie Geruchsemissionen verhindert. Ebenso werde die Rindergülle über eine Rohrleitung in den Sammelbehälter 2 und von dort direkt in den Fermenter unter den Flüssigkeitsspiegel abgeleitet. Die Beschreibung der Anlagen und des Betriebsablaufs in den Antragsunterlagen sowie die in den Bescheid aufgenommenen Anlagenkenn- und -leistungsdaten belegen, dass diese Annahmen des Sachgebiets für Umwelttechnik zutreffen. Eine detaillierte Berechnung nach Nr. 4.8 TA Luft i.V.m. Anhang 1 und deren Abb. 4 ist nach dem Sinn und Zweck der UVP-Vorprüfung, die nicht „durchermitteln“ und damit die eigentliche UVP vorwegnehmen darf (BVerwG, U.v. 24.5.2018 - 4 C 4/17 - juris Rn. 17f. - NVwZ 2018, 1647 ff.), nicht nur nicht erforderlich, sondern sogar unzulässig. Aus Nr. 4.8. TA Luft i.V.m. deren Anhang 1 ist im Übrigen ersichtlich, dass nicht die Lagerung von Gülle in geschlossenen Systemen, sondern eher die Tierhaltung selbst in Bezug auf Ammoniakemissionen kritisch ist.

Auch die Bagatellmassenströme der Immissionswerte nach der TA Luft für Schwefeldioxid und Stickoxid werden nach der Einschätzung des Sachgebiets Umwelttechnik in den Stellungnahmen vom 18. März 2013 durch die Abgase der Blockheizkraftwerke sicher eingehalten. Der Hersteller garantiere die Abgasgrenzwerte der TA Luft. Die Annahme, dass die Immissionswerte nach der TA Luft eingehalten werden, wird durch die Nebenbestimmungen Nr. III. 1.1 und Nr. 1.2. im Bescheid vom 11. November 2013 abgesichert, wonach die Bestimmungen der TA Luft gelten und maximal 0,50 g/m³ Stickstoffoxide (NOx) emittiert werden dürfen.

Bestätigt werden die Ergebnisse auch unter Würdigung des …-Gutachtens vom 28. November 2012 nochmals in der Stellungnahme des Sachgebiets Umwelttechnik vom 16. Oktober 2013.

(3) Die nach § 3a Abs. 2 Satz 2 UVPG a.F. am 19. April 2013 erfolgte Bekanntmachung des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung bezieht sich ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls was von 1. Juni 2012 bis 1. Mai 2013 auch zutraf. Erst mit der Gesetzesänderung ab 2. Mai 2013 änderte die Rechtslage sich wieder in Richtung auf eine standortbezogene Vorprüfung (s.o. II.2. a) bb). Im Übrigen würde sogar das völlige Fehlen einer Bekanntgabe entgegen § 3a Satz 2 UVPG nicht zur Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung führen (BVerwG, U.v. 20.8.2008 - 4 C 11/07 - Juris Ls. 2 - BVerwGE 131, 352 ff.).

b) Auch das Vorbringen bezüglich unzumutbarer Geruchsimmissionen auf das klägerische Anwesen führt die Klage nicht zum Erfolg.

aa) Das streitige Vorhaben und das Anwesen des Klägers liegen im Außenbereich i.S.d. § 35 BauGB. H. ist ein typischer landwirtschaftlicher Weiler, geprägt durch vier Tierhaltungsbetriebe mit zugeordneter Wohnnutzung. Weder vom Gewicht der Bebauung noch von der Siedlungsstruktur kann von einem Ortsteil i.S.d § 34 BauGB ausgegangen werden.

bb) Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Geruchsimmissionen wird in der TA Luft nach deren Nr. 1 Abs. 3 nicht geregelt. Die Schwelle der Erheblichkeit von Geruchseinwirkungen ist nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften bestimmt. Es kommt deshalb darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation erhebliche und zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. Bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelästigungen können nach ständiger Rechtsprechung technische Regelwerke wie die sogenannte Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) als Orientierungshilfe herangezogen werden, wenngleich diese keine Bindungswirkung entfalten (BVerwG B.v. 28.7.2010 - 4 B 29.10 - juris Rn. 3 - BauR 2010, 2083; BayVGH B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 10). Zwar ist es richtig, dass die Beurteilung von Geruchsbelästigungen anhand der GIRL auch nach deren Überarbeitung im Jahr 2008 aus den bekannten Gründen zu einer „Überzeichnung“ von Gerüchen aus der Landwirtschaft führen kann. Genau aus diesem Grund bietet sich die GIRL dann an, wenn es darum geht, eine unzumutbare Belästigung von Nachbarn durch Gerüche aus der Landwirtschaft im Grundsatz dann auszuschließen, wenn (sogar) die nach GIRL maßgeblichen Jahresgeruchsstunden eingehalten werden. Mangels anderweitiger Orientierungshilfen und gerade wegen der immensen geruchlichen Vorbelastungen kann daher auf die GIRL als maßgebliche Erkenntnisquelle zurückgegriffen werden, weil sie als „komfortables worst-case-Szenario“ im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit einen Berechnungsweg aufzeigt, der jedenfalls dem Rücksichtnahmegebot gerecht wird und daher „auf der sicheren Seite“ liegt (BayVGH, B.v. 15.10.2012 - 1 ZB 12.1021 - juris Rn. 10). Diese Erwägungen gelten entsprechend auch im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 19 BImSchG, zumal gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB auch das Rücksichtnahmegebot hier einschlägig ist.

cc) Nr. 3.1 der GIRL in der Fassung vom 29. Februar 2008 und der Ergänzung vom 10. September 2008 kennt grundsätzlich Immissionswerte für drei verschiedene Nutzungsgebiete und legt in Tabelle 1 fest, welche Geruchsstundehäufigkeit jeweils in welchem Gebiet zulässig ist. Der Außenbereich als Nutzungsgebiet ist hierbei nicht vorgesehen. Für Dorfgebiete gilt eine Geruchsstundenhäufigkeit von 0,15. Es würde jedoch dem Sinn und Zweck insbesondere von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sowie der planartigen Zuweisung der Landwirtschaft in den Außenbereich zuwiderlaufen, diesen Wert unverändert auch auf landwirtschaftliche Nutzungen im Außenbereich anzuwenden. Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL stellen deshalb klar, dass unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25% Geruchsstundenhäufigkeit für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen ist. Auch dieser Wert ist nur als Anhaltspunkt, nicht aber als starre Obergrenze anzusehen.

Sinn und Zweck sowie Systematik der GIRL und deren Auslegungshinweise rechtfertigen nicht die Annahme, der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL genannte Wert von 0,25 sei eine Obergrenze, die in keinem Fall überschritten werden dürfe. Allerdings berücksichtigt Nr. 3.1 i.V.m. Nr. 5 GIRL, dass zur Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung ein Vergleich mit den Immissionswerten der Tabelle 1 mitunter nicht ausreichen kann, so dass im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit eine Einzelfallprüfung stattzufinden hat, die nach der Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls einer Vielzahl von Kriterien zu einem Ergebnis führen kann, das von den Werten in Tabelle 1 (Nr. 3.1 GIRL) nach oben oder nach unten abweicht. Hieraus ergibt sich, dass bereits den in der GIRL genannten Immissionswerten keine abschließend geregelte Verbindlichkeit zukommen soll. Die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL bestätigen diesen Befund. Denn dort werden die „speziellen Fälle“, zu denen auch die Möglichkeit der Erhöhung des Immissionswerts auf bis zu 0,25 bei Geruchsimmissionen und schutzbedürftigen Objekten im Außenbereich gehört, ausdrücklich als „Beispiele“ bezeichnet; die Auslegungshinweise schließen die Erhöhung der unter Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, genannten Immissionswerte auch in andern geeigneten Ausnahmefällen somit nicht aus. Zudem sieht Nr. 5 GIRL in begründeten Einzelfällen die Zulässigkeit weiterer Abweichungen von den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten vor. Die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL nennen als einen der möglichen, beispielhaft genannten Ausnahmefälle das Nebeneinander von geruchsemittierenden landwirtschaftlichen Betrieben und verweisen insoweit auf die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“. Wie der im Unterabschnitt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ enthaltene Hinweis auf einen ungewöhnlichen, vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall des „landwirtschaftsbezogenen Wohnens“ zeigt (B.v. 18.3.2002 - 7 B 315/02 - NVwZ 2002, 1390), kann unter besonderen Umständen sogar eine Geruchshäufigkeit von 50% noch zumutbar sein. Zutreffend ist zwar, dass bei der Annahme, eine Geruchshäufigkeit von mehr als 25% sei noch zumutbar, auch im Außenbereich große Zurückhaltung geboten ist und eine Geruchshäufigkeit von 50% nicht zur regelmäßigen Beurteilung solcher Fälle herangezogen werden soll. Das bedeutet aber umgekehrt, dass bei einem Nebeneinander mehrerer emittierender landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe in besonderen Einzelfällen auch derartige Geruchshäufigkeiten zumutbar sein können (zum Ganzen BayVGH, B.v. 27.3.2014 - 22 ZB 13.692 - juris Rn. 10 ff.).

Aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. Juni 2015 (8 A 1760/13 - juris Rn. 82 und 93 ff.) ergibt sich nichts anderes. Sie geht von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ aus, wonach Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen kann. Insoweit sei generalisierend davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden. Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung könne mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Der Wert einer Geruchsstundenhäufigkeit von 0,25% für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stelle allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gingen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssten. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 komme allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.

Mit Urteil vom 27. Juni 2017 schließlich hat das Bundesverwaltungsgerichts (4 C 3.16 - juris Rn. 13 m.w.N.) bekräftigt, dass bei der Bestimmung der Zumutbarkeit von Belästigungen etwaige Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen sind, die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort vorfindet, der durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist. Im Umfang der Vorbelastung sind Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären. Soll in einem erheblich vorbelasteten Gebiet ein weiteres emittierendes Vorhaben zugelassen werden, ist das hiernach jedenfalls dann möglich, wenn dadurch die vorhandene Immissionssituation verbessert oder aber zumindest nicht verschlechtert wird, sofern die Vorbelastung die Grenze zur Gesundheitsgefahr noch nicht überschritten hat (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

dd) Gemessen an diesen Erwägungen ist die im zu entscheidenden Fall beim Kläger gegebene Geruchsstundenhäufigkeit von 47% im speziellen Einzelfall noch als zumutbar anzusehen.

Das von der Genehmigungsbehörde (nicht vom Beigeladenen) in Auftrag gegebene Geruchsgutachten der … vom 28. November 2012 ist überzeugend und nachvollziehbar, so dass die dortigen Ausbreitungsberechnungen und Ergebnisse zugrunde zu legen sind. Das Anwesen des Klägers wird dort als Immissionsort betrachtet. Die Vorbelastungen werden einbezogen. Der Erholung eines weiteren Fachgutachtens bedarf es daher nach Auffassung der Kammer nicht. Daraus ergibt sich folgendes:

Der Geruchsbeitrag der genehmigten Biogasanlage am Anwesen des Klägers im Zustand vor der streitgegenständlichen Erweiterung beträgt bei einer Füllhöhe von 5 Metern 5% der Jahresstunden an der Nordseite und 4% an der der Biogasanlage abgewandten Südseite des klägerischen Wohnhauses (Abbildung A1-7). Der Geruchsbeitrag der genehmigten Biogasanlage bei einer Füllhöhe von 5 Metern mit dem Beitrag der vorhandenen Tierhaltungen beträgt an der Nordseite 47% und 69% an der der Biogasanlage abgewandten Südseite des klägerischen Anwesens (Abbildung A1-8).

Der Geruchsbeitrag der am 1. März 2012 beantragten Biogasanlage am Anwesen des Klägers E beträgt bei einer Füllhöhe von 5 Metern ebenfalls 5% der Jahresstunden an der Nordseite und 4% an der der Biogasanlage abgewandten Südseite des klägerischen Wohnhauses (Abbildung A1-10). Der Geruchsbeitrag der beantragten Biogasanlage bei einer Füllhöhe von 5 Metern mit dem Beitrag der vorhandenen Tierhaltungen beträgt gleichfalls an der Nordseite 47% und 69% an der der Biogasanlage abgewandten Südseite des klägerischen Anwesens (Abbildung A1-11).

Hieraus lässt sich eindeutig der Befund der Gutachter begründen, wonach der Geruchsimmissionsbeitrag der Biogasanlage der Beigeladenen im Verhältnis zu den Tierhaltungen kaum ins Gewicht fällt. Ferner lässt sich erkennen, dass die - inzwischen genehmigte - eigene Pferdehaltung des Klägers einen erheblichen Beitrag zu seiner Geruchsbelastung leistet; anders wäre nicht erklärbar, dass die Belastung auf der der Biogasanlage abgewandten Südseite des klägerischen Anwesens so deutlich steigt. Schließlich wird plausibel aufgezeigt, dass die Geruchsbelastung des Klägers durch die mit Bescheid vom 11. November 2013 genehmigte Erweiterung im Verhältnis zum Zustand infolge der Baugenehmigung vom 12. September 2012 nicht verschlechtert wird.

Weil der 47% der Jahresstunden übersteigende Wert an der Südseite des klägerischen Wohnhauses durch die von ihm selbst betriebene Tierhaltung verursacht sein muss, wird der Einzelfallprüfung nach der GIRL der an der Nordseite ermittelte Wert einer Geruchsstundenhäufigkeit von 47% der Jahresstunden zugrunde gelegt. Dieser Wert ist angesichts der Gesamtumstände als ausnahmsweise noch zumutbar zu erachten, weil sich durch das streitige Erweiterungsvorhaben keine nennenswerte Zusatzbelastung ergibt und der Kläger mit seiner Tierhaltung selbst einen erheblichen Beitrag zu seiner Geruchsbelastung leistet.

c) Ein Verstoß gegen die 12. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) ist nicht gegeben. Aus der abschließenden immissionsschutzfachlichen Stellungnahme des technischen Umweltschutzes vom 16. Oktober 2013 ergibt sich, dass die Mengenschwelle von § 1 Abs. 1 Satz 1 der 12. BImSchV i.V.m. Anhang 1 Nr. 5 Spalte 4 (10.000 kg für das produzierte Gas als explosionsgefährlicher Stoff) nicht erreicht ist.

3. Auch die Genehmigung vom 9. April 2018 verletzt den Kläger nicht in drittschützenden subjektiv-öffentlichen Rechten.

Die Beigeladenen hat am 24 März 2016, zuletzt modifiziert mit den Unterlagen vom 16. Dezember 2017, erneut einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für eine Erweiterung der Biogasanlage gestellt. Beabsichtigt sind zwei weitere Blockheizkraftwerke mit je einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 1.358 kW und einer elektrischen Leistung von 550 kW. Die Gesamtfeuerungswärmeleistung der Biogasanlage wird somit von 1.438 kW auf insgesamt 4.154 kW gesteigert, die elektrische Leistung auf 1.651 kW. Die Biogasmenge von 2,045 Millionen Nm³ Rohgas pro Jahr steigt auf 2,291 Millionen Nm³ Rohgas. Der Einsatz von Rindergülle steigt von 2 Tonnen auf 3,9 Tonnen jährlich, die Menge der eingesetzten Schweinegülle bleibt gleich. Die errechnete Masse an Biogas beträgt 9.940,12 kg pro Jahr. Ferner ist eine Erweiterung des Generatorgebäudes um knapp 67 m² geplant.

a) Zwar kann der Kläger sich auch hier grundsätzlich auf § 4 UmwRG berufen (s.o. II.2.a) aa). Jedoch ist die Umweltverträglichkeitsprüfung auch hier zu Recht unterblieben. Die gemäß Nr. 1.2.2.2 und Nr. 8.6.3.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV erforderliche standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG wurde im Sinne der erforderlichen überschlägigen Prüfung durchgeführt, entspricht den gesetzlichen Vorgaben und ist im Ergebnis nachvollziehbar und plausibel. Ihr lag unter anderem die Anlage 5 des immissionsschutzrechtlichen Antrags vom 24. März 2016 zugrunde, mit der die Beigeladene Unterlagen zur UVP-Vorprüfung vorgelegt hat. Ferner wurden in die UVP-Vorprüfung u.a. die Stellungnahmen des Sachgebiets Umwelttechnik im Landratsamt vom 28. Februar 2018 und der unteren Naturschutzbehörde vom 17. Juli 2017 einbezogen. Auch in diesem Verfahren liegt eine gutachtliche Stellungnahme zur Luftreinhaltung der … vom 20. Dezember 2017 vor. Mit Aktenvermerk vom 27. März 2018 kam die Genehmigungsbehörde beanstandungsfrei zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf. Das Ergebnis wurde im Amtsblatt vom 6. April 2018 bekannt gemacht. Wegen der rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Ausführungen zur Genehmigung vom 11. November 2013 verwiesen.

b) Auch bezogen auf die Genehmigung vom 9. April 2018 sind die auf das Wohnhaus des Klägers einwirkenden Geruchsimmissionen ausnahmsweise im speziellen Einzelfall zumutbar. Insoweit wird für die rechtlichen Erwägungen auf die obigen Ausführungen unter II.2.b) dieses Urteils verwiesen. Die gutachtliche Stellungnahme zur Luftreinhaltung der … vom 20. Dezember 2017 berücksichtigt die Genehmigungsunterlagen, sämtliche Betriebsteile und Betriebsabläufe wie auch die Vorbelastungen durch die bestehenden Tierhaltungsbetriebe. Es ist plausibel und nachvollziehbar, so dass auch insoweit die Einholung eines weiteren Fachgutachtens nicht erforderlich erscheint. Das …-Gutachten berücksichtigt auch den Umstand, dass mit der zuletzt beantragten Erweiterung auch eine Separation von Gülle und Gärresten ermöglicht und hierdurch eine neue Emissionsquelle geschaffen wird. Die zentrale Emissionsquelle ist nach dem Gutachten die Anschnittfläche des Fahrsilos. Deren Verkleinerung führt nach dem Ergebnis des Gutachtens zu einer Reduzierung der Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers. Der Gutachter stellt den bestandskräftig genehmigten Ist-Zustand der Biogasanlage dem nunmehr geplanten Erweiterungszustand gegenüber. Weder die Baugenehmigung vom 12. September 2012 noch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 11. November 2013 ist bestandskräftig. Als Ist-Zustand wird hier somit die Biogasanlage mit einem Blockheizkraftwerk und einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 492 kW und einer Stromerzeugungsleistung von 170 kW angenommen. Dieser wird verglichen mit dem beantragten Zustand (Gesamtfeuerungswärmeleitung 4.154 kW, elektrische Leistung 1.651 kW, 2,291 Millionen Nm³ Rohgas) jeweils unter Berücksichtigung der eigenen Tierhaltung. Beim Kläger ergibt sich damit in beiden Zuständen die gleiche Geruchsbelastung. Die sich ergebende Geruchsstundenhäufigkeit von 32 bis 33% am Wohnhaus des Klägers ist unter denselben Erwägungen, wie sie bezüglich der Genehmigung vom 11. November 2013 angestellt wurden, ausnahmsweise zumutbar.

Die die Geruchsbelastung deutlich verbessernde Verkleinerung der Anschnittfläche ist in der Nebenbestimmung Nr. IV. 1.29 zur Genehmigung vom 9. April 2018 festgeschrieben. In den Nebenbestimmungen Nr. IV. 1.23 bis IV. 1.28 sind weitere Vorkehrungen enthalten, die einen möglichst wenig geruchsintensiven Betrieb des Fahrsilos und die größtmögliche Vermeidung von Platzgerüchen sicherstellen sollen.

c) Ein Verstoß gegen die 12. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Störfall-Verordnung - 12. BImSchV) ist nicht gegeben. Die Mengenschwelle von § 1 Abs. 1 Satz 1 der 12. BImSchV i.V.m. Anhang 1 Nr. 5 Spalte 4 (10.000 kg für das produzierte Gas als explosionsgefährlicher Stoff) ist mit einer Produktionsmenge von 9.940,12 kg pro Jahr nicht erreicht.

Abschließend bleibt darauf hinzuweisen, dass ein etwaig von den Genehmigungen abweichender Betrieb der Biogasanlage jederzeit zu Maßnahmen, z.B. gemäß § 20 BImSchG führen kann, jedoch die Rechtmäßigkeit der Genehmigung selbst nicht berührt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO. Nachdem die Beigeladene einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Juli 2018 - M 1 K 16.147 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2017 - 15 ZB 16.398

bei uns veröffentlicht am 06.02.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. III. Der Streitwert für das Zulassungsver

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. März 2014 - 22 ZB 13.692

bei uns veröffentlicht am 27.03.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt. Gründe

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 24. Mai 2018 - 4 C 4/17

bei uns veröffentlicht am 24.05.2018

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich als Grundeigentümer gegen einen Planfeststellungsbeschluss für eine Hochspannungsfreileitung.

Referenzen

Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die Zulassungsentscheidungen dienen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. Satz 1 gilt für Abfallentsorgungsanlagen entsprechend.

(2) In dem vereinfachten Verfahren sind § 10 Absatz 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden.

(3) Die Genehmigung ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens abweichend von den Absätzen 1 und 2 nicht in einem vereinfachten Verfahren zu erteilen.

(4) Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung und Betrieb der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird, der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten wird oder eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst wird. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 10 mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6 anzuwenden. § 10 Absatz 3 Satz 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur die Personen Einwendungen erheben können, deren Belange berührt sind oder Vereinigungen, welche die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Bei störfallrelevanten Änderungen ist § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich als Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks (FlNr. … der Gemarkung A …) gegen eine dem Beigeladenen auf dem nördlichen Nachbargrundstück (FlNr. … = Baugrundstück) genehmigte „Nutzungsänderung eines Mehrfamilienhauses zu einem Wohn- und Geschäftshaus sowie Kellererweiterung zu einer Garage mit Autoaufzug“. Anstelle des bisherigen Mehrfamilienhauses mit drei bestehenden Wohnungen soll im Erdgeschoss eine Gewerbenutzung erfolgen, während die Bestandswohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss unter Einschluss des auszubauenden Dachgeschosses zu einer Wohnung vereinigt werden sollen. Das Baugrundstück (Hinterliegergrundstück) wird ausgehend von der südlich verlaufenden S.-…straße über einen westlich des klägerischen Grundstücks verlaufenden Privatweg (FlNr. …) erschlossen, der im Miteigentum des Klägers (zu ½) sowie zu je ¼ im Miteigentum des Beigeladenen und der Eigentümer des Grundstücks FlNr. … (ebenfalls Hinterliegergrundstück nördlich des Klägergrundstücks) steht. Für die betroffene Innenbereichslage besteht kein Bebauungsplan.

Mit Bescheid vom 25. September 2014 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung für das Vorhaben. Mit Bescheid vom 19. November 2015 ergänzte die Beklagte die Baugenehmigung wie folgt: „Für die beantragte Nutzung wird eine Ausnahme erteilt. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB können sonstige nicht störende Gewerbebetriebe in allgemeinen Wohngebieten ausnahmsweise zugelassen werden.“

Mit Urteil vom 17. Dezember 2015 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die Klage des Klägers gegen die Baugenehmigung sowie den Ergänzungsbescheid ab. Ein sog. Gebietserhaltungsanspruch scheide aus. Aufgrund bestehender nichtwohnlicher Nutzungen in der Umgebung (Rechtsanwaltskanzlei, Gaststättenverband, Steuerberaterbüro, Arztpraxis, Osteoporosepraxis, Labor, Übungsraum für Kampfsport, Gaststätte, Lager für Import/Export, Büro, Schulgebäude) liege kein reines Wohngebiet i.S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 3 BauNVO vor. Gehe man von einem Mischgebiet aus - was mangels gleichwertigen Nebeneinanders von gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung zu verneinen sei -, wäre das Vorhaben nach § 6 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 4 BauNVO seiner Art nach allgemein zulässig. Ginge man von einer Gemengelage aus, wäre von vornherein kein Gebietserhaltungsanspruch denkbar. Im Falle eines faktischen allgemeinen Wohngebiets würde es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben - wenn es nicht schon als nicht störender Handwerksbetrieb allgemein gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig sein sollte - um einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb handeln, der gem. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig sei. Mangels zu prognostizierender unzumutbarer Lärmimmissionen, die die maßgeblichen Richtwerte der TA Lärm überschritten, liege auch keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten des Klägers vor. Bloße Wertminderungen des Nachbargrundstücks oder angedrohte Mietminderungen des Mieters bildeten, auch wenn es sich bei ihnen um eine Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten Baugenehmigung handele, für sich genommen keinen Maßstab des Rücksichtnahmegebots. Auf eine Verletzung des Art. 6 BayBO könne sich der Kläger nicht berufen, weil die erteilte Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften allein die östliche Grundstücksgrenze, nicht aber die südliche Außenwand in Richtung des klägerischen Grundstücks betreffe.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Der Beigeladene ist dem schriftsätzlich entgegengetreten und hat die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt. Die Beklagte hat sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

Gründe

1. Die Berufung ist nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger durch die angegriffene Baugenehmigung nicht in seinen Rechten verletzt wird, weil das Vorhaben keinen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, die auch seinem (Nachbar-)Schutz dienen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1, Art. 59 Satz 1 BayBO i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist nicht ernstlich zweifelhaft. Das insoweit maßgebliche, in offener Frist bei Gericht eingegangene Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine andere Beurteilung.

a) Soweit der Kläger vorträgt, es sei von einem (faktischen) allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO i.V. mit § 34 Abs. 2 BauGB auszugehen, und rügt, dass die Zulassung der Ausnahme durch den Ergänzungsbescheid nach § 31 Abs. 1 BauGB formell und materiell rechtswidrig gewesen sei, vermag dies den Zulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu begründen.

aa) Der Vortrag des Klägers, das streitgegenständliche Vorhaben sei weder ein der Versorgung des Gebiets dienender, nicht störender Handwerksbetrieb i.S. von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO noch ein sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb i.S. von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, stellt die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, dass der sog. Gebietserhaltungsanspruchs nicht einschlägig sei, nicht in Frage.

Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die weit reichende nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.). Aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der Baunutzungsverordnung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz schon vom Bundesgesetzgeber festgelegt worden ist (BVerwG, U.v. 16.9.1993 a.a.O. juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 9.12.2015 - 15 CS 15.1935 - juris Rn. 17; B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 23).

Soweit der Kläger sich gegen die Einschlägigkeit der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wendet, gehen seine Ausführungen an den relevanten Sach- und Rechtsfragen vorbei. Auch setzt er sich nicht mit den Erwägungen im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts (Rn. 40 ff.) auseinander. Er spricht dem genehmigten Vorhaben die Eigenschaft eines nicht störenden Gewerbebetriebs i.S. von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO im Wesentlichen deshalb ab, weil sich - unabhängig von der Beeinträchtigung durch Immissionen - bodenrechtlich relevante Spannungen daraus ergäben, dass das Vorhaben ihn als hälftigen Miteigentümer, der die Hälfte der Lasten sowie der Erhaltungs- und Verwaltungskosten zu tragen habe, hinsichtlich einer künftig vermehrten Nutzung des Erschließungswegs FlNr. … überproportional und deshalb unzumutbar belaste. Vor der Abtrennung der FlNr. … von FlNr. … habe das Wegegrundstück nur zur Erschließung eines hinterliegenden Wohnhauses gedient. Damals habe die Lasten und Kostenteilung mit dem ehemaligen (ebenfalls hälftigen Mit-) Eigentümer dem Verhältnis der jeweiligen Nutzungen entsprochen.

Ob eine Nutzung als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb i.S. des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig ist, ist aufgrund einer typisierenden Betrachtungsweise zu beantworten. Danach ist eine Ausnahme gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht einschlägig, wenn das Vorhaben - bezogen auf den Wohngebietscharakter - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirkt (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.1990 - 4 B 121.90 - NVwZ 1991, 267 = juris Rn. 2; B.v. 25.3.2004 - 4 B 15.04 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 7.10.2015 - 15 ZB 12.2042 - juris Rn. 16; Stock in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: August 2016, § 4 BauNVO Rn. 119). Ein Gewerbebetrieb stört m.a.W. dann nicht, wenn er i.S. von § 4 Abs. 1 BauNVO grundsätzlich gebietsverträglich ist (VGH BW, U.v. 2.11.2016 - 5 S 2291/15 - juris Rn. 48). Ausschlaggebend ist, ob der konkrete Betrieb seiner Art nach erfahrungsgemäß generell geeignet ist, das Wohnen in einem allgemeinen Wohngebiet nicht zu stören (Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 72). Fallbezogen kommt es mithin darauf an, ob die hier genehmigte „Nutzungsänderung eines Mehrfamilienhauses zu einem Wohn- und Geschäftshaus sowie für die Kellererweiterung zu einer Garage mit Autoaufzug“ seiner Art nach typischerweise geeignet ist, das Wohnen wesentlich zu stören, oder ob dies regelmäßig (typischerweise) nicht der Fall ist. Soweit der Kläger mit der vorgenannten Argumentation im Schwerpunkt rügt, sein Miteigentumsanteil an der Zuwegung (FlNr. …*) sei unzumutbar beeinträchtigt, weil die neuen Nutzungen auf FlNr. … und … zu einer im Verhältnis zur Miteigentumsquote überproportionalen Nutzung durch die Hinteranlieger führe, hat dies mit der Frage, ob der Gewerbebetrieb des Beigeladenen im vorgenannten Sinne typischerweise in einem allgemeinen Wohngebiet als störend oder nicht störend einzuordnen ist, nichts zu tun.

Auch soweit der Kläger bei der Rechtsanwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO Belastungen durch den Fahrverkehr erwähnt, um die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, das streitgegenständliche Vorhaben des Beigeladen sei ein nicht störender Gewerbebetrieb, in Zweifel zu ziehen, vermag dies die Berufungszulassung nicht zu begründen. Der Vortrag begrenzt sich auf die schlichte Behauptung, der Verkehr über das Wegegrundstück sei künftig nach Art (nicht nur Pkw, sondern auch Kleinlaster) und Ausmaß (Fahrfrequenz und Fahrgeschwindigkeit) für ihn unzumutbar. Die pauschale, nicht näher untermauerte Argumentation, wonach das Vorhaben aufgrund des mit ihm verbundenen an- und abfahrenden Verkehrs nicht mehr wohnverträglich und damit im allgemeinen Wohngebiet unzulässig sein soll, genügt den Darlegungsanforderungen für die Berufungszulassung gem. § 124 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht. Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (zum Ganzen BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 8 m.w.N.).

Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Klägers in Bezug auf den Zu- und Abgangsverkehr nicht gerecht. Zu den für die Rechtsanwendung des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO relevanten Auswirkungen können zwar auch der mit dem Betrieb regelmäßig verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr sowie die von ihm bewirkten Geräusch- und sonstigen Immissionen gehören (vgl. BVerwG, B.v. 25.3.2004 - 4 B 15.04 - juris Rn. 9; VGH BW, U.v. 2.11.2016 - 5 S 2291/15 - juris Rn. 48; Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 72). Es bedarf dann aber für eine substanziierte Darlegung der Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils unter Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung der näheren Darlegung, inwiefern speziell der mit dem Betrieb verbundene An- und Abfahrtsverkehr bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise eine Gebietsunverträglichkeit in Bezug auf § 4 BauNVO begründet. Hierzu findet sich in der Zulassungsbegründung nichts, obwohl die Betriebsbeschreibung, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt hat, auf einen auf einen überschaubaren Zu- und Abgangsverkehr hinweist.

Ob das genehmigte Vorhaben des Beigeladenen den Tatbestand einer im (faktischen) allgemeinen Wohngebiet generell zulässigen Nutzung gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO erfüllt, ist nicht entscheidungserheblich und daher für das Zulassungsverfahren irrelevant (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 1 ZB 13.92 - juris Rn. 3; B.v. 23.12.2015 - 21 ZB 15.2418 - juris Rn. 18). Das Verwaltungsgericht hat diese Frage in seiner Entscheidung ausdrücklich dahinstehen lassen und hat tragend darauf abgestellt, dass die Beklagte mit dem Ergänzungsbescheid jedenfalls eine rechtlich zulässige Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB erteilt habe, weil es sich bei der gewerblichen Nutzung des Baugrundstücks um einen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb i.S. von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO handele.

Da der Kläger nach seinem eigenen Vortrag ausschließlich von einem allgemeinen Wohngebiet ausgeht und eine andere bauplanungsrechtliche Einordnung (Gemengelage oder Mischgebiet) nicht in Erwägung zieht, bedarf es mit Blick auf die Begrenzung der gerichtlichen Prüfung im Zulassungsverfahren auf das gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO Dargelegte auch keiner weiteren Erörterung mehr, inwiefern das Verwaltungsgericht hinsichtlich seiner Alternativerwägungen (kein faktisches reines Wohngebiet i.S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 3 BauNVO; bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung nach § 6 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 4 BauNVO bei Annahme eines Mischgebiets; Ausschluss eines Gebietserhaltungsanspruchs bei Annahme einer Gemengelage) richtig liegt.

bb) Bei - mangels hinreichend substanziierter diesbezüglicher Einwendung (s.o.) zu Grunde zu legender - Annahme eines nicht störenden Gewerbebetriebs i.S. von § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO und eines auch aus der Sicht des Klägers bestehenden (faktischen) allgemeinen Wohngebiets (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 4 BauNVO) scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch aus. Bei einer ausnahmsweise zulässigen Nutzung im Sinne des jeweiligen dritten Absatzes der §§ 2 ff. BauNVO handelt es sich grundsätzlich nicht um eine für die Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs erforderliche gebietsfremde Nutzung (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2009 - 1 CS 09.287 - BauR 2010, 120 = juris Rn. 31; B.v. 10.11.2014 - 2 ZB 13.1048 - juris Rn. 6; B.v. 9.12.2016 - 15 CS 16.1417 - juris Rn. 14). Die Nachbarrechte werden bei einer ausnahmsweise zulässigen Nutzung im Rahmen der Erteilung der Ausnahme und dem dabei zu prüfenden Gebot der Rücksichtnahme bereits ausreichend geschützt, sofern die Erteilung der Ausnahme nicht generell zu einem sogenannten Kippen des Gebietscharakters führen würde (BayVGH, B.v. 10.11.2014 a.a.O.). Soweit der Kläger vorträgt, es sei ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 31 Abs. 1 BauGB, „dass die jeweilige Gebietsverträglichkeit gewahrt bleiben“ müsse, und ohne weitere Ausführung behauptet, dass „aufgrund der Vorbelastung der näheren Umgebung mit gewerblichen Nutzungen (…) das Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Erteilung einer Ausnahme verletzt“ werde, bleibt sein Vortrag zu pauschal und hinsichtlich der konkreten Subsumtion unklar, sodass auch insofern die Darlegungsobliegenheiten gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht erfüllt sind.

cc) Soweit der Kläger einwendet, dass die Zulassung der Ausnahme im Ergänzungsbescheid formell und materiell am Maßstab von § 34 Abs. 2 letzter Halbsatz, § 31 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauGB rechtswidrig sei, kann dies die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht begründen, weil nicht ersichtlich ist, inwiefern der Kläger hierdurch in subjektiven Rechten verletzt sein könnte, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dritte - wie hier der Kläger als Nachbar - können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betroffenen Nachbarn zu dienen bestimmt sind (sog. Schutznormtheorie, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 14; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Weder hinsichtlich der als verletzt gerügten Formerfordernisse gem. Art. 63 Abs. 2 BayBO (Antragserfordernis) und Art. 65 BayBO (Beteiligungsverfahren) noch hinsichtlich des als unterlassen gerügten Verfahrens bzgl. § 36 Abs. 1 BauGB ist eine Drittschutzbetroffenheit in Bezug auf den Kläger ersichtlich. Auch Art. 66 BayBO (Verfahrensbeteiligung der Nachbarn) ist keine drittschützende Vorschrift in dem Sinne, dass allein wegen ihrer Missachtung der Nachbar die Baugenehmigung (hier den Ergänzungsbescheid) erfolgreich anfechten könnte. Die Vorschriften über die Nachbarbeteiligung begünstigen zwar den Nachbarn; sie dienen aber nicht in dem Sinne dem Nachbarschutz, dass der Nachbar schon dann im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt wäre, wenn die nach Art. 66 BayBO gebotene Beteiligung unterblieben ist oder fehlerhaft durchgeführt wurde (Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 66 Rn. 35 m.w.N.). Die Nachbarbeteiligung ist ein Mittel für die Behörde, sich möglichst umfassend über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu unterrichten; der Schutzzweck liegt aber nicht in der Wahrung der Beteiligungsrechte selbst (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2010 - 9 CS 10.2197 - juris Rn. 11 m.w.N.). Eine unterlassene Nachbarbeteiligung hat allein zur Folge, dass der Genehmigungsbescheid gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 6 BayBO dem Nachbarn zuzustellen ist, wobei diese Zustellung den Fristlauf für eine Klageerhebung auslöst (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2010 - 14 CS 10.327 - juris Rn. 27).

b) Unter Zugrundelegung des Vortrags in der Zulassungsbegründung ist die Richtigkeit des angefochtenen Urteils auch nicht insofern ernstlich zweifelhaft, als das Verwaltungsgericht keine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots zu Lasten des Klägers sah. Dem Gebot der Rücksichtnahme, das vorliegend über das Einfügungsgebot des § 34 Abs. 1 BauGB, über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 BauNVO und / oder (aufgrund der erteilten Ausnahme im Ergänzungsbescheid) über § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB i.V. mit § 31 Abs. 1 BauGB (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2014 - 2 ZB 13.1048 - juris Rn. 6) Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet, kommt drittschützende Wirkung nur zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 21 m.w.N.).

aa) Soweit der Kläger darauf abstellt, dass sein hälftiges Miteigentum am Zufahrts Weg FlNr. … überproportional im Verhältnis zu den Miteigentumsquoten von den Hinteranliegern und damit auch vom Beigeladenen in Anspruch genommen werde (s.o.), begründet dies kein Abwehrrecht aus dem Rücksichtnahmegebot. Gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO wird die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt. Daher begründet ein privates Recht grundsätzlich auch kein Abwehrrecht des Nachbarn gegen die Baugenehmigung, sondern muss vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 19 m.w.N.). Auch der vorliegende Streit zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen über den Umfang einer Berechtigung an einem Zufahrtsgrundstück stellt eine privatrechtliche Streitfrage dar, die im Zivilrechtsweg einer Klärung zugeführt werden muss (vgl. auch BayVGH, B.v. 14.9.2016 - 1 CS 16.1436 - juris Rn. 4).

bb) Soweit in der Zulassungsbegründung allgemein behauptet wird, der Gewerbebetrieb des Beigeladenen sei störend, da „seine Auswirkungen das gebietsadäquate Maß akzeptabler Störungen“ überschritten und der „Verkehr über das Wegegrundstück (…) jedenfalls nach Art (nicht nur PKW, sondern auch Kleinlaster) und Ausmaß (Fahrfrequenz und Fahrgeschwindigkeit) für den Kläger unzumutbar“ sei, bleibt der Vortrag unsubstanziiert und vermag eine Nachbarrechtsverletzung nicht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO zu begründen. Hinsichtlich des monierten Baustellenverkehrs wird ergänzend darauf hingewiesen, dass Art. 9 Abs. 1 BayBO, wonach Baustellen so einzurichten sind, dass bauliche Anlagen ordnungsgemäß errichtet, geändert, beseitigt oder instand gehalten werden können und dass keine Gefahren, vermeidbare Nachteile oder vermeidbare Belästigungen entstehen, nicht zum Prüfprogramm im Baugenehmigungsverfahren gehört. Für das Bauvorhaben ergibt sich dies schon aus dem einschlägigen vereinfachten Verfahren gem. Art. 59 Satz 1 BayBO, wonach die Anforderungen der BayBO selbst nicht als Genehmigungsvoraussetzungen zu prüfen sind. Selbst bei einem umfassenden Genehmigungsverfahren gem. Art. 60 BayBO wäre Gegenstand der Prüfung aber nur das zur Genehmigung gestellte „Bauvorhaben“, nicht der Errichtungsvorgang als solcher (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2011 - 2 CS 11.1218 - juris Rn. 9; B.v. 21.4.2016 - 15 ZB 14.2572 - juris Rn. 23; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Oktober 2016, Art. 9 Rn. 9).

cc) Auch hinsichtlich der die Bestimmtheit der Betriebsbeschreibung betreffenden Einwendungen des Klägers ist die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich zweifelhaft.

Eine Baugenehmigung kann Rechte des Nachbarn verletzen, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unbestimmt ist und daher im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 17.6.2016 - 15 ZB 15.644 - juris Rn. 5; B.v. 18.7.2016 - 15 ZB 15.12 - juris Rn. 13 - jeweils m.w.N.). Gerade über eine hinreichende Betriebsbeschreibung gem. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV, die zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht wird, oder über Inhalts- oder Nebenbestimmungen zum Geschäftsbetrieb kann die Baugenehmigungsbehörde aber dafür Sorge tragen, dass eine Baugenehmigung auch in Bezug auf nachbarrechtsrelevante Auswirkungen den Bestimmtheitsanforderungen genügt (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 17.6.2016 - 15 ZB 15.644 - juris Rn. 6; B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 - juris Rn. 4, 5).

Der Einwand des Klägers, der Tenor des Ergänzungsbescheids verweise nicht auf die ergänzende Betriebs- und Nutzungsbeschreibung vom 18. November 2015, sodass letztere nicht maßgeblich sei, ist unberechtigt. Die Betriebsbeschreibung trägt den Genehmigungsstempel der Beklagten vom 19. November 2015; auch ist durch den weiteren Stempel auf der Betriebsbeschreibung „Zu Baugesuch …, 19. Nov. 2015“ klargestellt, dass sich die Betriebsbeschreibung auf den dasselbe Aktenzeichen tragenden Ergänzungsbescheid bezieht. Zudem wird in den Gründen des Ergänzungsbescheids auf die Betriebsbeschreibung vom 18. November 2015 Bezug genommen und diese dort ausdrücklich zum Bestandteil des Bescheids erklärt. Damit ist eindeutig, dass die Betriebsbeschreibung Gegenstand des Ergänzungsbescheids geworden ist.

Die weitere Rüge des Klägers, die „neue“ Betriebsbeschreibung (gemeint: Betriebsbeschreibung vom 18. November 2015) sei nicht hinreichend konkret, vermag die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ebenfalls nicht zu begründen. Die Betriebsbeschreibung hat folgenden - insgesamt recht umfassenden - Inhalt:

„Es handelt sich um eine Modernisierung eines Stadthauses mit 3 bestehenden Wohnungen in ein Wohn- und Atelierhaus mit einer Wohnung, Büro und Atelierräume im EG und Garage mit Autoaufzug. Die Bestandswohnungen im 1. OG und 2. OG werden zu einer Wohnung vereinigt, im Dachgeschoss wird eine Nasszelle eingebaut.

A) Tätigkeitsbeschreibung

Konzeption und Beratung sowie Produktmanagement und Verkauf kundenspezifischer Bekleidungsteile wie z.B. Motorradbekleidung.

Im Objekt S* …str. … werden dabei ausschließlich administrative Tätigkeiten ausgeübt:

– Auftragsverwaltung

– Administration der Aufträge

– Organisation der Aufträge

– Koordination der Aufträge

– Office-Arbeiten (Email/Kommunikation/Rechnungswesen)

B) Betriebsablauf:

Es handelt sich hierbei um eine koordinierende und organisierende Bürotätigkeit mit ausgelagerten Leistungen und Ressourcen, gewerbliche Arbeiten und Produktion werden an verschiedenen Standorten ausgeführt, im Objekt ausschließlich die administrativen Arbeiten.

– Das Musteratelier der Textilagentur A. ist in … … angesiedelt. Hier findet auch die handwerkliche Entwicklung statt.

– Die Buchhaltung erfolgt durch eine externe Stelle, derzeit die Steuerkanzlei W. in G.

– Das Logistiklager mit Rohwarenlager wird über die Spedition B. in H. ausgeführt.

– Der Import/Export erfolgt durch die Spedition A. in M.

– Die tatsächliche Produktion erfolgt in Osteuropa und Asien.

Die Textilagentur A* … unterhält kein Fertigteil-Lager, da es sich um eine ausschließlich auftragsbezogene Produktion mit direkter Kundenbelieferung vom Produzenten aus handelt.

C) Anzahl Mitarbeiter / Kundenverkehr / Lieferverkehr

Mitarbeiter / Bearbeiter:

– Herr A. als Leiter der Textilagentur

– 1 - 2 Mitarbeiter für die in der Tätigkeitsbeschreibung beschriebenen Aufgaben sowie die Lebensgefährtin Frau F.

– Hier dazu passend das Fahrzeugaufkommen

Kunden:

– Nach aktueller durchgeführter Zählung sind ca. 3 Kundenbesuche pro Monat zu verzeichnen. Herr A. fährt in der Regel zum Kunden.

– Die Dokumentation kann belegbar zur Verfügung gestellt werden.

Lieferverkehr durch normale Firmenpost und Paketverkehr:

– 1 x täglich im ‚worst case‘ von allen üblichen Lieferdiensten: …

Geschäftszeiten:

Die Geschäftszeiten sind vergleichbar mit einer freiberuflichen Tätigkeit. Die Mitarbeiter werden üblicherweise zwischen 8:00 Uhr und 18:00 Uhr tätig sein.“

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil mit eingehender Begründung ausgeführt, ausgehend von Art und Umfang des in der Betriebsbeschreibung dargestellten An- und Abfahrtsverkehrs hätten sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit auf dem Beigeladenen-grundstück nicht wohnverträglich sei und dass die maßgeblichen Richtwerte der TA Lärm am Grundstück des Klägers zur Tagzeit überschritten würden. Vor diesem Hintergrund erfüllt die nicht weiter begründete Behauptung, die neue Betriebsbeschreibung sei „inhaltlich nicht hinreichend konkret oder belastbar“, schon mangels inhaltlicher Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht. Soweit der Kläger unter Hinweis auf Paketpost und Eintragungen im Handelsregister in Zweifel zieht, dass hinsichtlich der gewerblichen Nutzung nicht ausschließlich administrative Tätigkeiten ausgeführt werden, ist dies irrelevant, weil Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ausschließlich die Baugenehmigung mit dem durch die Betriebsbeschreibung konkretisierten Inhalt ist.

dd) Die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils des Verwaltungsgerichts kann auch nicht deshalb als ernstlich zweifelhaft angesehen werden, weil die in der Baugenehmigung enthaltene Auflage IV. B. nicht hinreichend i.S. von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG bestimmt wäre. Die Auflage beschränkt sich weitgehend auf die Wiedergabe der (früheren) Betriebsbeschreibung vom 15. Mai 2014. Insofern geht der Vortrag der Zulassungsbegründung schon deswegen ins Leere, weil die ältere Betriebsbeschreibung vom 15. Mai 2014 durch die neuere Betriebsbeschreibung vom 18. November 2015, die über den Ergänzungsbescheid und den Genehmigungsstempel der Genehmigungsbehörde der Beklagten zum Gegenstand der Baugenehmigung wurde - s.o. cc) -, ersetzt wurde. Unabhängig hiervon könnte die Zulassungsbegründung auch inhaltlich keine Berufungszulassung stützen. Der Kläger beschränkt sich - nach Wiederholung des Inhalts der Auflage - auf die Behauptung, dass die Auflage „nicht geeignet“ sei, ihn „vor schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von erheblich belästigenden Geräuschemissionen zu schützen“. Worin genau die in der Zulassungsbegründung im Folgenden pauschal behaupteten Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten, die sich auf das drittschützende Rücksichtnahmegebot auswirken könnten, zu sehen sein sollen und welche Auslegungsprobleme diesbezüglich bestehen könnten, wird aber nicht begründet. Auch insofern genügt die Zulassungsbegründung daher den gesetzlichen Darlegungsanforderungen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht.

c) Gleiches gilt für die Ausführung in der Zulassungsbegründung, wonach „die Frage, ob und inwieweit das Nachschieben von Gründen durch die Beklagte aufgrund der Wesensänderung des Verwaltungsakts (Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung auf eine andere Rechtsgrundlage gestellt) unzulässig“ sei, „(erneut) in die Beurteilung des Gerichts“ gestellt werde.

d) Die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist auch mit Blick auf eine vom Kläger behauptete Verletzung des - grundsätzlich nachbarschützenden - Art. 6 BayBO nicht ernstlich zweifelhaft.

Im Baugenehmigungsbescheid vom 25. September 2014 wurde zwar eine Abweichung von den nach Art. 6 Abs. 4 BayBO einzuhaltenden Abstandsflächentiefen zugelassen, dies aber nur, weil nach Osten hin ein Bedürfnis für eine Abweichung bestand. Im Bescheid vom 25. September 2014 heißt es hierzu:

„1. Der geplante Dachaufbau widerspricht wegen seiner Lage zur östlichen Grundstücksgrenze den Abstandsflächenvorschriften in Art. 6 Abs. 4 BayBO.

2. Die direkt betroffene Nachbarschaft hat dem Bauvorhaben auf den Plänen unterschriftlich zugestimmt.

3. Von der vorgenannten baurechtlichen Anforderung wird gem. Art. 63 BayBO ermessensfehlerfrei eine Abweichung zugelassen, da (….).“

Das Verwaltungsgericht hat eine Rechtsverletzung des Klägers mit der Argumentation verneint, dass die allein in Betracht kommende Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften, soweit der Dachaufbau wegen seiner Lage zur östlichen Grundstücksgrenze den Abstandsflächenvorschriften widerspreche, die dem Grundstück des Klägers abgewandte Außenwand des Gebäudes betreffe. Dahinter steckt die rechtlich richtige Erwägung, dass jede Verkürzung der Abstandsflächentiefe, sei es mit oder ohne Zulassung von Abweichungen, nur den Eigentümer des Grundstücks in seinen Rechten verletzen kann, dem gegenüber die Verkürzung vorgenommen wurde (BayVGH, B.v. 17.4.2000 - GrS 1/1999, 14 B 9714 B 97.2901 - BayVBl. 2000, 562 = juris Rn. 20: „ungeschriebenes gesetzliches Strukturprinzip“). Der Kläger kann daher in seinen Rechten aus Art. 6 BayBO nur dann verletzt sein, wenn sich die betreffende Abstandsfläche gerade auf sein Grundstück erstreckt. Soweit die Zulassungsbegründung auf den generell drittschützenden Charakter des Abstandsflächenrechts und insofern auf ein „Ermessensdefizit“ verweist, genügt dies hingegen nicht, um eine Nachbarrechtsverletzung zu begründen. Dass - entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts - die streitgegenständliche Baugenehmigung die Anforderungen des Abstandsflächenrechts gerade gegenüber dem Grundstück des Klägers (also nach Süden bzw. Südosten hin) nicht einhält, wird vom Kläger nicht i.S. von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO substanziiert dargelegt.

e) Eine Rechtsverletzung des Klägers wegen einer am Maßstab von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB unzureichenden Erschließung des Baugrundstücks scheidet aus. Unabhängig davon, dass sich im Urteil keine vertieften begründenden Ausführungen zur Erschließung und zum diesbezüglichen Drittschutz finden, ist die Klage auch insofern jedenfalls offensichtlich im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden (zum Rückgriff auf den Rechtsgedanken aus § 144 Abs. 4 VwGO im Berufungszulassungsverfahren bei offensichtlicher Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung unabhängig vom Zulassungsvortrag: BayVGH, B.v. 12.8.2016 - 15 ZB 15.696 - juris Rn. 20 m.w.N.).

Die (u.a. verkehrsmäßige) Erschließung muss gem. § 30 Abs. 1 BauGB bzw. im unbeplanten Innenbereich (wie hier) gem. § 34 Abs. 1 BauGB dauerhaft zur Verfügung stehen oder gesichert sein. Grenzt ein Grundstück - etwa ein sog. Hinterliegergrundstück - nicht an eine öffentliche Straße, ist hierfür grundsätzlich eine öffentlich-rechtliche Baulast oder eine dinglich-privatrechtliche Absicherung (etwa durch eine Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB) zu fordern; eine rein schuldrechtliche Vereinbarung reicht mangels Dauerhaftigkeit der Sicherung nicht aus (BVerwG, U.v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 - NVwZ 1989, 353 = juris Rn. 14; B.v. 27.9.1990 - 4 B 34.90 u.a. - ZfBR 1991, 31 = juris Rn. 6 f.; BGH, U.v. 21.5.1991 - III ZR 14/91 - BGHZ 118, 263 = juris Rn. 14 f.; Tophoven in Spannowsky/Uechtritz, Beck’scher Online-Kommentar BauGB, Stand: Oktober 2016, § 30 Rn. 41; Mitschang in Battis/Krautz-berger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 30 Rn. 22, 24, 26). Das gilt jedenfalls, sofern der Eigentümer des Hinterliegergrundstück nicht auch Eigentümer eines geeigneten Zuwegungsgrundstücks ist, das das Baugrundstück mit einer öffentlichen Straße verbindet (für den Sonderfall eines mehrere Hektar umfassenden, zusammenhängenden Grundbesitzes vgl. aber BVerwG, B.v. 11.4.1990 - 4 B 62.90 - ZfBR 1990, 205 = juris Rn. 3 ff.). Die Erschließung eines Hinterlieger-Baugrundstücks kann auch über ein an eine öffentliche Straße grenzendes privates Wegegrundstück, das im Miteigentum des Baugrundstückseigentümers steht, hinreichend gesichert sein. In diesem Fall kann die Sicherung der dauerhaften Erschließung auch ohne Baulast oder privatrechtliche Grunddienstbarkeit etwa dadurch erfolgen, dass eine Miteigentümervereinbarung geschlossen wurde, die ggf. neben Nutzungsregelungen auch einen gem. § 1010 BGB im Grundbuch eingetragenen unbefristeten Ausschluss des Rechts enthält, die Aufhebung der Gemeinschaft ohne wichtigen Grund zu verlangen, § 749 Abs. 2 BGB (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2013 - 2 ZB 12.1742 - juris Rn. 9 ff.).

Ob nach den vorgenannten Maßstäben die Erschließung des Beigeladenengrundstücks hinreichend gesichert ist, kann der Senat weder anhand der Zulassungsbegründung noch anhand der vorliegenden Akten abschließend beurteilen. Sollten tatsächlich keinerlei Sicherungen der o.g. Art bestehen, wäre das objektiv-rechtliche Genehmigungserfordernis der gesicherten Erschließung jedenfalls zweifelhaft (zum Erschließungsbeitragsrecht vgl. auch BayVGH, B.v. 4.7.2005 - 6 ZB 03.591 - juris Rn. 9). Dies kann aber vorliegend dahinstehen, da es jedenfalls an der Verletzung einer den Kläger schützenden nachbarschützenden Norm durch die streitgegenständliche Baugenehmigung fehlt.

Das Erfordernis der gesicherten planungsrechtlichen Erschließung dient grundsätzlich nur den öffentlichen Interessen und hat folglich keine nachbarschützende Funktion (vgl. - jeweils m.w.N. - z.B. BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 17; B.v. 1.3.2016 - 1 ZB 15.1560 - juris Rn. 9; B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 25; OVG Saarl., U.v. 14.7.2016 - 2 A 46/15 - juris Rn. 52). Soweit sich der Kläger wegen der Erschließung des Baugrundstücks über den Zufahrts Weg FlNr. … in seinem Miteigentum an dieser Zufahrt beeinträchtigt sieht, weil er der Ansicht ist, dass dieser Weg von den sonstigen Miteigentümern (also von dem Beigeladenen als Eigentümer des Baugrundstücks sowie von den Eigentümern der FlNr. …*) nunmehr unter Berücksichtigung der jeweiligen Anteilsquoten überproportional benutzt werde, muss er sich auf den Zivilrechtsweg verweisen lassen, weil die Baugenehmigung gem. Art. 68 Abs. 4 BayBO unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird (s.o.).

Ein Genehmigungsabwehranspruch käme ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn die wegen des Fehlens der Erschließung rechtswidrige Baugenehmigung unmittelbar in das Grundeigentum des Klägers eingreifen und dadurch dessen Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzen würde. Zur Begründung einer Nachbarrechtsverletzung durch eine erteilte Baugenehmigung kann allerdings im Regelfall nicht allein auf das Eigentumsgrundrecht zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber in Ausfüllung seines legislatorischen Gestaltungsspielraums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) nachbarliche Abwehrrechte im Baurecht verfassungskonform ausgestaltet und insofern unter Einschluss der Grundsätze des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ein geschlossenes System des nachbarlichen Drittschutzes bereitgestellt hat (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 - 4 C 5.87 - BVerwGE 89, 69 = juris Rn. 40; U.v. 23.8.1996 - 4 C 13.94 - BVerwGE 101, 364 = juris Rn. 40 ff.; U.v. 7.11.1997 - 4 C 7.97 - NVwZ 1998, 735 = juris Rn. 20 f.). Ausnahmen anerkennt die Rechtsprechung nur in Fallgestaltungen, in denen das genehmigte Bauvorhaben eine praktisch unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes zur Folge hat. Einem Nachbarn kann daher ein Abwehrrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG gegenüber einer Baugenehmigung dann zustehen, wenn deren Umsetzung infolge des Fehlens der wegemäßigen Erschließung des Baugrundstücks zur Begründung oder Ausweitung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 BGB an seinem Grundstück führt und damit gleichsam im Wege einer „Automatik“ eine unmittelbare Verschlechterung seiner Eigentumsrechte bewirkt, ohne dass ihm im Übrigen hiergegen ein sonstiger effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht, weil die Baugenehmigung nach Bestandskraft auch für die Zivilgerichte bindende Wirkung entfaltet (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 16 m.w.N.; NdsOVG, U.v. 21.1.2016 - 1 LB 57/15 - juris Rn. 14). Eine solche Situation ist hier offensichtlich nicht gegeben.

aa) Soweit der Kläger aus dem Fehlen bzw. der Nichtkenntnis einer ihn bindenden Ausgestaltung der Miteigentümergemeinschaft am Zuwegungsgrundstück FlNr. … schließt, dass über § 749 Abs. 1, § 753 Abs. 1 Satz 1 die Gemeinschaft durch Zwangsversteigerung und durch Teilung des Erlöses aufgehoben werden könne und dass deshalb die Erschließung ohne weiteres jederzeit entfallen könne, ist auch daraus kein Nachbarschutz im o.g. Sinne ersichtlich. Selbst wenn der Kläger die Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft ohne weiteres herbeiführen könnte (vgl. aber BGH, B.v. 12.11.2007 - II ZR 293/06 - NJW-RR 2008, 612 = juris Rn. 2 ff., wonach - wenn nicht bereits von einer stillschweigenden Vereinbarung eines Aufhebungsverbots auszugehen ist - einem auf § 749 Abs. 1 BGB gestützten Aufhebungsverlangen im Fall eines Zuwegungsgrundstücks ggf. der Einwand unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegengehalten werden kann), scheitert ein unmittelbarer, „automatischer“ Eingriff in Rechte des Klägers aus Art. 14 Abs. 1 GG im o.g. Sinn schon daran, dass im Fall der Auflösung der Bruchteils-/Miteigentümergemeinschaft durch Zwangsversteigerung auch der Kläger seinen Miteigentumsanteil am Zuwegungsgrundstück verlöre, sodass ein Notwegerecht oder eine sonstige unmittelbare Belastung seines Eigentumsgrundrechts an diesem Weg nicht mehr entstehen könnte (er könnte allenfalls über einen rechtlichen Zwischenschritt Alleineigentümer am Erschließungs Weg werden, wenn er selbst in der Zwangsversteigerung mitböte und den Zuschlag erhielte). Der diesbezügliche Einwand geht mithin nicht über eine rein objektiv-rechtliche Relevanz hinaus.

bb) Soweit der Kläger für den Fall des Fortbestehens der Miteigentümergemeinschaft am Zufahrts Weg FlNr. … darauf verweist, dass ihm, sollte er sich mit dem Beigeladenen und den Eigentümern des Grundstücks FlNr. … „nicht über die Erschließung der hinterliegenden Grundstücke einigen können“, „zum Schutz seines (Mit-) Eigentums vor einer Belastung durch ein mögliches Notleitungsrecht ein Abwehranspruch gegen die rechtswidrig erteilte Baugenehmigung“ zustehe, ist schon nicht ersichtlich, wie ein Notwegerecht gem. § 917 Abs. 1 BGB im Sinne eines Automatismus entstehen könnte, falls die streitgegenständliche Baugenehmigung bestandskräftig werden sollte. Bei einem Fehlen einer den Kläger, den Beigeladenen und die Eigentümer der FlNr. … bindenden Nutzungsvereinbarung (wovon der Kläger ausgeht) ist nach § 743 Abs. 2 BGB jeder Teilhaber zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Gegenstands insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtigt wird. Soweit das Gebäude des Beigeladenen auf FlNr. … nach Maßgabe der streitgegenständlichen Baugenehmigung zu einem Wohn- und Geschäftshaus mit Gewerbenutzung im Erdgeschoss und einer Wohnung in den beiden Obergeschossen und dem Dachgeschoss umgebaut und umgenutzt werden soll und sich dabei die Nutzung inklusive des An- und Abfahrtsverkehrs innerhalb des genehmigten Rahmens hält, ist nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger hinsichtlich des Gebrauchs seines Miteigentums an dem privaten Erschließungs Weg beeinträchtigt sein könnte. Im Übrigen wäre zivilrechtlich ggf. an einen Anspruch des Klägers auf Zustimmung der übrigen Miteigentümer zu einer Verwaltungs- und Benutzungsregelung nach Maßgabe von § 745 Abs. 2 BGB zu denken (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 745 Rn. 5; speziell für den Fall einer Bruchteilsgemeinschaft an einer Zuwegung: BGH, U.v. 3.12.1990 - II ZR 107/90 - BauR 1991, 227 = juris Rn. 5 ff.; U.v. 8.3.2004 - II ZR 5/02 - NJW-RR 2004, 809 = juris Rn. 6 ff.; LG Hamburg, B.v. 8.11.2010 - 318 T 67/10 - juris Rn. 5 ff.; vgl. auch BGH, U.v. 19.9.2008 - V ZR 164/07 - NJW 2008, 3703 = juris Rn. 26), wobei im Einzelfall auf ein entsprechendes Verlangen auch ggf. ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung entstehen kann (vgl. OLG München, U.v. 9.5.2012 - 3 U 5004/11 - juris Rn. 17 ff.; BbgOLG, U.v. 27.7.2011 - 13 U 133/09 - juris Rn. 13 ff.). Es kommt damit jedenfalls nicht im Sinne einer „Automatik“ zu einem Entstehen eines Notwegerechts gem. § 917 BGB, wenn die streitgegenständliche Baugenehmigung in Bestandskraft erwächst.

Im Übrigen läge ein Eingriff in das Eigentum selbst bei Entstehung eines Notwegerechts nur dann vor, wenn die künftige Inanspruchnahme des Wegegrundstücks als Folge der Umsetzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht nur derart unwesentlich ist, dass der Kläger die damit verbundenen Nachteile nach der Interessenwertung des § 906 Abs. 1 BGB im Vergleich zur bisherigen Situation ohne Weiteres hinnehmen muss (BVerwG, U.v. 26.3.1976 - IV C 7.74 - BVerwGE 50, 282 = juris Rn. 28; im Anschluss: vgl. VGH BW, B.v. 21.12.2001 - 8 S 2749/01 - BauR 2002, 931 = juris Rn. 3 f.; OVG NRW, B.v. 14.5.2003 - 10 B 787/03 - juris Rn. 6 ff.). Vorliegend ist aber nicht ersichtlich, dass mit dem genehmigten Vorhaben (gewerbliche Nutzung im Erdgeschoss bei einer größeren Wohnung in den Obergeschossen mit Zu- und Abfahrtsverkehr nach Maßgabe der Betriebsbeschreibung vom 18. November 2015) im Vergleich zum bisherigen Zustand (Mehrfamilienhaus mit drei Einzelwohnungen) mehr als nur unwesentliche Beeinträchtigungen in Bezug auf die Benutzung des gemeinsamen Wegs (FlNr. …) verbunden sind. Inwiefern dies auch für die - im vorliegenden Verfahren nicht streitgegenständliche - „neue“ Wohnnutzung in Bezug auf die FlNr. … als weiteres Hinterliegergrundstück gilt, bedarf hier keiner Betrachtung.

2. Der Rechtsstreit weist entgegen dem Vorbringen des Klägers keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern. Mit Blick auf die oben zu 1. zitierte Rechtsprechung trifft die Behauptung des Klägers, es sei „nur unzureichend geklärt, ob die konkrete Gefahr der Inanspruchnahme eines Grundstücks zur Erschließung des Baugrundstücks für eine Rechtsverletzung ausreicht“, nicht zu. Die Beantwortung dieser Frage kann ohne weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 - 6 B 58.10 - juris Rn. 3; B.v. 17.12.2010 - 8 B 38.10 - juris Rn. 8). Die vom Kläger aufgeworfene und als grundsätzlich bezeichnete Frage, „ob und inwieweit die konkrete Gefahr der Inanspruchnahme eines Grundstücks zur Erschließung des Baugrundstücks für eine Rechtsverletzung ausreicht“, weist mit Blick auf die oben zu 1. zitierte Rechtsprechung keine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung auf, deren Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte; die diesbezüglichen fallübergreifenden Rechtsfragen sind vielmehr geklärt.

4. Soweit der Kläger im Rahmen seines Vortrags zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allgemein darauf verweist, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil seinen Vortrag zur Erschließung vollständig übergangen habe, ist die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels infolge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 2 VwGO).

Das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör soll sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben. Der Gehörsanspruch verlangt nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Urteilsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass es die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 8.9.2016 - 2 C 10.16 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 8.11.2016 - 15 ZB 15.1069 - juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 17.11.2016 - 15 ZB 15.468 - juris Rn. 17 m.w.N.).

Unabhängig davon, dass sich der Kläger nicht ausdrücklich auf § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO berufen hat, hat er sich in der Zulassungsbegründung mit den diesbezüglichen Voraussetzungen nicht substanziiert auseinandergesetzt. Er ist daher den Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO auch in Bezug auf den Zulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO allein mit der Behauptung, das Verwaltungsgericht habe den klägerischen Vortrag zur Erschließung vollständig übergangen, nicht gerecht geworden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht im Tatbestand seines Urteils vom 17. Dezember 2015 beim Rechtsvortrag des Klägers dargestellt, dass dieser die mangelnde gesicherte Erschließung durch das private Weggrundstück FlNr. … gerügt hat (Seite 5). Zudem hat es in den Entscheidungsgründen dargelegt, dass die gesicherte Erschließung zu den bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB zählt (Seite 8 unten), allerdings eine Baunachbarklage nur dann Erfolg haben kann, wenn sie gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt (Seite 7). Damit ist auch in der Sache nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Klägers zur mangelnden gesicherten Erschließung überhaupt nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), dass der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt. Zwar ist im Zulassungsverfahren die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen nicht allein schon deshalb gerechtfertigt, wenn dieser erfolgreich die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt hat. Denn der Beigeladene setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO) typischerweise keinem eigenen Kostenrisiko aus. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung gemäß § 162 Abs. 3 VwGO können aber auch andere Umstände berücksichtigt werden, etwa dass durch den Beitrag des Beigeladenen das Verfahren nicht unwesentlich gefördert wurde (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2016 - 15 ZB 15.2761). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Beigeladene hat sich mit dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag näher auseinandergesetzt und dabei mit zutreffender Argumentation zur Verfahrensförderung beigetragen.

6. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts. Der Anregung des Klägers, den Streitwert auf 11.250 Euro als Mittelwert nach Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs zu erhöhen, folgt der Senat nicht. Die streitgegenständliche Baugenehmigung betrifft lediglich die Nutzungsänderung eines bestehenden Mehrfamilienhauses in ein Wohnhaus mit gewerblicher Nutzung (mit einer Kellererweiterung) sowie im Übrigen eher geringfügigen baulichen Änderungen. Eine Streitwertfestsetzung im unteren Bereich des Rahmens der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs erscheint daher gerechtfertigt.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der Flächennutzungsplan bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde.

(2) Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder diesem Gesetzbuch, den auf Grund dieses Gesetzbuchs erlassenen oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht.

(3) Können Versagungsgründe nicht ausgeräumt werden, kann die höhere Verwaltungsbehörde räumliche oder sachliche Teile des Flächennutzungsplans von der Genehmigung ausnehmen.

(4) Über die Genehmigung ist binnen eines Monats zu entscheiden; die höhere Verwaltungsbehörde kann räumliche und sachliche Teile des Flächennutzungsplans vorweg genehmigen. Aus wichtigen Gründen kann die Frist auf Antrag der Genehmigungsbehörde von der zuständigen übergeordneten Behörde verlängert werden, in der Regel jedoch nur bis zu drei Monaten. Die Gemeinde ist von der Fristverlängerung in Kenntnis zu setzen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist unter Angabe von Gründen abgelehnt wird.

(5) Die Erteilung der Genehmigung ist ortsüblich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung wird der Flächennutzungsplan wirksam. Jedermann kann den Flächennutzungsplan, die Begründung und die zusammenfassende Erklärung nach § 6a Absatz 1 einsehen und über deren Inhalt Auskunft verlangen.

(6) Mit dem Beschluss über eine Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans kann die Gemeinde auch bestimmen, dass der Flächennutzungsplan in der Fassung, die er durch die Änderung oder Ergänzung erfahren hat, neu bekannt zu machen ist.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Schutzgüter im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit,
2.
Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
3.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
4.
kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sowie
5.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

(2) Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind unmittelbare und mittelbare Auswirkungen eines Vorhabens oder der Durchführung eines Plans oder Programms auf die Schutzgüter. Dies schließt auch solche Auswirkungen des Vorhabens ein, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

(3) Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltauswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Staat.

(4) Vorhaben im Sinne dieses Gesetzes sind nach Maßgabe der Anlage 1

1.
bei Neuvorhaben
a)
die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage,
b)
der Bau einer sonstigen Anlage,
c)
die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme,
2.
bei Änderungsvorhaben
a)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage,
b)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage,
c)
die Änderung, einschließlich der Erweiterung, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme.

(5) Windfarm im Sinne dieses Gesetzes sind drei oder mehr Windkraftanlagen, deren Einwirkungsbereich sich überschneidet und die in einem funktionalen Zusammenhang stehen, unabhängig davon, ob sie von einem oder mehreren Vorhabenträgern errichtet und betrieben werden. Ein funktionaler Zusammenhang wird insbesondere angenommen, wenn sich die Windkraftanlagen in derselben Konzentrationszone oder in einem Gebiet nach § 7 Absatz 3 des Raumordnungsgesetzes befinden.

(6) Zulassungsentscheidungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
die Bewilligung, die Erlaubnis, die Genehmigung, der Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, einschließlich des Vorbescheids, der Teilgenehmigung und anderer Teilzulassungen, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren,
2.
Linienbestimmungen und andere Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren nach den §§ 47 und 49,
3.
Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen, durch die die Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage 1 begründet werden soll, sowie Beschlüsse nach § 10 des Baugesetzbuchs über Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage 1 ersetzen.

(7) Pläne und Programme im Sinne dieses Gesetzes sind nur solche bundesrechtlich oder durch Rechtsakte der Europäischen Union vorgesehenen Pläne und Programme, die

1.
von einer Behörde ausgearbeitet und angenommen werden,
2.
von einer Behörde zur Annahme durch eine Regierung oder im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden oder
3.
von einem Dritten zur Annahme durch eine Behörde ausgearbeitet werden.
Ausgenommen sind Pläne und Programme, die ausschließlich Zwecken der Verteidigung oder der Bewältigung von Katastrophenfällen dienen, sowie Finanz- und Haushaltspläne und -programme.

(8) Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes sind einzelne oder mehrere natürliche oder juristische Personen sowie deren Vereinigungen.

(9) Betroffene Öffentlichkeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, deren Belange durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt werden; hierzu gehören auch Vereinigungen, deren satzungsmäßiger Aufgabenbereich durch eine Zulassungsentscheidung oder einen Plan oder ein Programm berührt wird, darunter auch Vereinigungen zur Förderung des Umweltschutzes.

(10) Umweltprüfungen im Sinne dieses Gesetzes sind Umweltverträglichkeitsprüfungen und Strategische Umweltprüfungen.

(11) Einwirkungsbereich im Sinne dieses Gesetzes ist das geographische Gebiet, in dem Umweltauswirkungen auftreten, die für die Zulassung eines Vorhabens relevant sind.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Grundeigentümer gegen einen Planfeststellungsbeschluss für eine Hochspannungsfreileitung.

2

Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 27. Dezember 2012 stellt den Plan für den "Ersatzneubau der 110-kV-Freileitung Hemmoor - Industriestraße mit Abzweig Otterndorf in der Stadt Cuxhaven sowie den Samtgemeinden Hemmoor, Land Hadeln, Börde Lamstedt und Am Dobrock, Landkreis Cuxhaven" fest. Die knapp 35 km lange 110-kV-Leitung ersetzt bei im Wesentlichen gleichem Trassenverlauf eine frühere Freileitung. Die bisherigen Maststandorte bleiben erhalten, die Masten werden an etlichen Standorten - im Einzelfall um mehr als 10 m - erhöht und erreichen in der Regel eine Höhe zwischen 24,60 m und 32,40 m. Auf einer Länge von 1 700 m wird die Leitung durch das FFH-Gebiet "Balksee und Randmoore, Nordahner Holz" (DE 2220-301) geführt, auf rund 500 m durch das Naturschutzgebiet "Balksee und Randmoore". Der Planfeststellungsbeschluss sieht ferner den Ersatz einer etwa 3 km langen Abzweigung und Änderungen an einer weiteren Anlage vor. Die Leitung ist inzwischen errichtet und in Betrieb.

3

Im Planaufstellungsverfahren unterblieb eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), weil die Beklagte bereits vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens im Rahmen einer Vorprüfung zur UVP der Einschätzung der Vorhabenträgerin gefolgt war, eine UVP sei nicht erforderlich.

4

Der Kläger ist Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke im Außenbereich, die teils für Maststandorte und jedenfalls für Schutzstreifen in Anspruch genommen werden. Der Mast 89 steht etwa 4 m von einer Scheune entfernt, der Hofstelle nähert er sich auf 35 bis 40 m.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss aufgehoben (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Oktober 2016 - 7 KS 3/13 - DVBl. 2017, 262). Die UVP-Vorprüfung verfehle den gesetzlichen Maßstab und stehe damit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG einer nicht durchgeführten UVP-Vorprüfung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UmwRG gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen haben könne, obwohl für Auswirkungen auf verschiedene Schutzgüter eine "hohe Wahrscheinlichkeit", eine "geringe Wiederherstellbarkeit" und eine "lange Dauer" angenommen worden seien. Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, weil die Masten des beantragten und planfestgestellten Vorhabens höher seien als in der UVP-Vorprüfung angenommen. Der Kläger habe auch einen Anspruch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG, weil die nach der UVP-Vorprüfung verbleibenden Zweifel ein Besorgnispotential zeigten, das eine UVP erfordere. Diese Fehler führten nach § 4 Abs. 1 UmwRG zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit scheide bei dem bereits errichteten Vorhaben aus.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie meint, die UVP-Vorprüfung genüge den gesetzlichen Anforderungen. Das Oberverwaltungsgericht habe mit der Feststellung einer UVP-Pflicht die Einschätzungsprärogative der Behörde verletzt. Jedenfalls könne ein Mangel nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, das Gericht müsse sich auf eine Feststellung beschränken und die Möglichkeit eröffnen, Fehler in einem ergänzenden Verfahren zu heilen.

7

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

8

Die Beigeladene, eine Rechtsnachfolgerin der Vorhabenträgerin, teilt die Rechtsauffassung der Beklagten, stellt aber keinen Antrag.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hält eine Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren für möglich und einen Feststellungsausspruch an Stelle einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für geboten. Dies sei mit Unionsrecht vereinbar.

10

Der Kläger hat vor Errichtung der Leitung erfolglos um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. Dezember 2013 - 7 MS 4/13 - UPR 2014, 114). Das Oberverwaltungsgericht hat die Rügen einer mangelhaften UVP-Vorprüfung und einer fehlenden UVP für präkludiert gehalten und weitere Einwände gegen den Planfeststellungsbeschluss inhaltlich zurückgewiesen. Anhörungsrüge und Gegenvorstellung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Februar 2014 - 7 MS 122/13) sowie eine Verfassungsbeschwerde gegen den Eilbeschluss sind gescheitert (BVerfG, Beschluss vom 17. März 2014 - 1 BvR 20/14).

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil entspricht nicht in vollem Umfang dem revisiblem Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Zur abschließenden Entscheidung bedarf es weiterer Feststellungen. Die Sache ist daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

12

A. Der von enteignungsrechtlicher Vorwirkung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 EnWG betroffene Kläger kann Fehler der UVP-Vorprüfung und das Unterlassen einer UVP geltend machen. Er ist mit diesem Einwand nicht präkludiert.

13

Zwar sind nach § 43a Nr. 7 EnWG in der bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) (im Folgenden: EnWG a.F.) und nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Diese Vorschriften finden aber keine Anwendung, ungeachtet, ob sie den Einwand einer fehlerhaften oder unterlassenen UVP-Vorprüfung oder UVP überhaupt regeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 31).

14

Maßgeblich für die Revisionsentscheidung ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290) (UmwRG), weil auch die Vorinstanz diese Rechtslage zugrunde zu legen hätte, wenn sie jetzt entschiede (BVerwG, Urteile vom 18. Oktober 2017 - 4 C 5.16 - ZfBR 2018, 256 Rn. 11 und vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - DVBl. 2018, 656 Rn. 8 ). Denn die Klage richtet sich gegen eine nach dem 25. Juni 2005 ergangene Zulassungsentscheidung für ein allgemein UVP-vorprüfungspflichtiges Vorhaben nach § 3c Satz 1 i.V.m. Nr. 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geltenden Fassung (im Folgenden: UVPG a.F.). Für solche Rechtsbehelfe gilt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in seiner derzeitigen Fassung.

15

Nach § 7 Abs. 4 und Abs. 6, § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO findet in Rechtsbehelfsverfahren natürlicher Personen gegen einen Planfeststellungsbeschluss für die Zulassung eines UVP-vorprüfungspflichtigen Vorhabens § 73 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwVfG keine Anwendung. Dem Kläger kann eine Präklusion damit nicht entgegen gehalten werden, weil § 7 Abs. 4 UmwRG auch die mit § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG des Bundes inhaltsgleichen Regelungen des Landesrechts erfasst und auf § 43a Nr. 7 EnWG a.F. analog anzuwenden ist (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - DVBl. 2018, 656 Rn. 12 und 14).

16

B. Das Oberverwaltungsgericht hat die UVP-Vorprüfung beanstandet und eine UVP für erforderlich gehalten. Dies steht mit revisiblem Recht in Einklang.

17

Sofern - wie hier nach Nr. 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG a.F. (Errichtung und Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV bis zu 220 kV) - für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, ist nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. eine UVP durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörden aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG a.F. aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG a.F. zu berücksichtigen wären. Die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung sind nach § 3c Satz 6 UVPG a.F. zu dokumentieren. Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG a.F., ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 3a Satz 4 UVPG a.F. nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden und das Ergebnis nachvollziehbar ist.

18

Die Anforderungen an eine UVP-Vorprüfung sowie Aufgabe und Grenzen der gerichtlichen Kontrolle sind geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 29 f. m.w.N.): Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der UVP-Vorprüfung nicht bereits mit einer der UVP vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit die eigentliche UVP unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu. Das Gericht hat aber zu prüfen, ob eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden hat oder das Ergebnis der Vorprüfung Rechtsfehler aufweist, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Von diesen Maßstäben ist die Vorinstanz ausgegangen.

19

I. Das Oberverwaltungsgericht hat die UVP-Vorprüfung im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG a.F. beanstandet, weil das zur Genehmigung gestellte und später mit weiteren Abweichungen vom Antrag genehmigte Vorhaben eine deutlich höhere Umweltrelevanz habe als das in der UVP-Vorprüfung beschriebene Vorhaben. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

20

In Planungsverfahren führt insbesondere die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Umweltvereinigungen und der Behörden regelmäßig zu Änderungen eines Vorhabens und zur Aufnahme von Nebenbestimmungen. Eine UVP-Vorprüfung könnte ihre verfahrenslenkende Funktion nicht erfüllen, wenn solche Änderungen stets und ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung das Ergebnis der UVP-Vorprüfung als fehlerhaft erschienen ließen und sie damit nachträglich entwerteten. Spätere Erkenntnisse, welche die Auswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können daher für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer UVP nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 30).

21

Indes muss Gegenstand einer UVP-Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. das Vorhaben sein, über dessen Zulässigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 UVPG a.F. der Planfeststellungsbeschluss entscheidet. Denn eine UVP-Vorprüfung kann ihre verfahrenslenkende Funktion nur erfüllen, wenn das in der Vorprüfung beurteilte Vorhaben und das in der Planfeststellung beantragte und später planfestgestellte Vorhaben im Kern übereinstimmen, insbesondere mit Blick auf seine Umweltauswirkungen. Die Planfeststellungsbehörde muss daher bis zum Abschluss des Planfeststellungsverfahrens das Ergebnis der UVP-Vorprüfung "unter Kontrolle halten" und darauf prüfen, ob Änderungen im Verlaufe des Planungsprozesses ein Ausmaß erreicht haben, welches das Ergebnis der UVP-Vorprüfung nicht mehr als tragfähig erscheinen lässt. Dabei ist ein strengerer Maßstab angezeigt, wenn die UVP-Vorprüfung nach § 3a Satz 1 UVPG a.F. der Einreichung der Planunterlagen vorausgeht: Denn bis zu diesem Zeitpunkt ist es ausschließlich Sache des Vorhabenträgers sicherzustellen, dass Veränderungen des Vorhabens einer möglicherweise vorzeitig erstellten UVP-Vorprüfung nicht die Grundlage entziehen.

22

Nach den tatrichterlichen Feststellungen sind insbesondere mehr als die Hälfte der Masten des zur Genehmigung gestellten Vorhabens um mehr als 20 % höher als in der UVP-Vorprüfung angenommen. Wegen der daraus folgenden Beeinträchtigung des Landschaftsbildes im Nahbereich und einer jedenfalls möglichen Beeinträchtigung von Vogel- und Fledermausarten hat das Oberverwaltungsgericht eine deutliche Erhöhung der Umweltrelevanz angenommen (UA S. 19). Auf der Grundlage dieser den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Bewertung genügte die UVP nicht den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG a.F. Denn sie ist nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden. Es fehlt die grundsätzliche Übereinstimmung des in der UVP-Vorprüfung geprüften und im Planfeststellungsverfahren beantragten Vorhabens, wenn das beantragte Vorhaben eine wesentlich höhere Umweltrelevanz besitzt als das in der UVP-Vorprüfung beurteilte.

23

II. Die Vorinstanz hat das Ergebnis der UVP-Vorprüfung als nicht nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG a.F. beurteilt, weil diese mit bestimmten Auswirkungen auf relevante Schutzgüter rechnet und in erheblichem Umfang besonders geschützte Gebiete betroffen sind. Dies hält den Angriffen der Revision stand. Anders als die Revision meint, hat das Oberverwaltungsgericht seine Prüfung nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 27. Juli 2009 beschränkt, sondern die vom Vorhabenträger vorgelegten Gutachten und Unterlagen berücksichtigt (UA S. 16 ff.). Mit ihrer Rüge gegen deren tatrichterliche Bewertung dringt die Revision schon deshalb nicht durch, weil diese Würdigung nach § 137 Abs. 2 VwGO revisionsgerichtlicher Kontrolle entzogen ist.

24

III. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass es einer UVP bedurft hätte, weil nach dem Ergebnis der UVP-Vorprüfung ein Besorgnispotential verbleibe, dem in einer UVP nachzugehen sei.

25

Das planfestgestellte Vorhaben kann erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c UVPG a.F. haben. Nachteilige Umweltauswirkungen sind nicht allein solche Auswirkungen, die nach Maßgabe des materiellen Zulassungsrechts zur Versagung der Zulassung führen können, sondern auch solche, die in der Abwägung Beachtung verlangen (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Allerdings löst nicht jeder abwägungserhebliche Umweltbelang die Pflicht zur Durchführung einer UVP aus. Es bedarf vielmehr bereits in der Vorprüfung einer Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG a.F. aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 22).

26

Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, erhebliche Auswirkungen seien nicht zu besorgen, ist nicht nachvollziehbar. Ob daraus notwendig folgt, dass eine UVP hätte durchgeführt werden müssen (in diese Richtung BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 33), hält der Senat für zweifelhaft, kann aber auf sich beruhen. Das Oberverwaltungsgericht hat ein Besorgnispotential erkannt, dem in einer UVP nachzugehen sei, weil das Vorhaben gemessen an den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. UA S. 14, 24) erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Jedenfalls in diesem Fall fordert § 3c Satz 1 UVPG a.F. eine UVP.

27

Die Einschätzungsprärogative der Beklagten steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Allerdings misst § 3c Satz 1 UVPG a.F. der Behörde einen Einschätzungsspielraum zu und beschränkt § 3a Satz 4 UVPG a.F. die gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 151, 92 Rn. 26 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 30). Ungeachtet dessen kann das zur Überprüfung einer Zulassungsentscheidung berufene Verwaltungsgericht die Überzeugung erlangen, dass eine rechtmäßige Wahrnehmung des Einschätzungsspielraums die Notwendigkeit einer UVP erkennen muss. Daher sieht sich auch das Bundesverwaltungsgericht als befugt an, in Fällen mangelhafter UVP-Vorprüfung gegebenenfalls selbst die Notwendigkeit einer UVP auszusprechen (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 33 und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 35, 39).

28

C. Die Verfahrensfehler führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz verletzt § 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG.

29

I. Nach nationalem Recht durfte das Oberverwaltungsgericht den Planfeststellungsbeschluss nicht aufheben, weil die festgestellten Verfahrensfehler in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.

30

1. Für den Rechtsbehelf des Klägers gilt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO der § 4 Abs. 1 bis 2 UmwRG. Der Kläger kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG rügen, dass eine nach dem UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist, sowie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Satz 2 UmwRG, dass eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG bzw. hier § 3a Satz 4 UVPG a.F. genügt hat. Ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, spielt keine Rolle (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34).

31

Zwar kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG die Aufhebung einer Entscheidung verlangt werden. Gemäß § 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG bleiben aber § 75 Abs. 1a VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung unberührt. Wegen der Erstreckung auf "entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung" kann offen bleiben, ob die Regelungen über die Planerhaltung für den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG oder dem bei seinem Erlass geltenden § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. zu entnehmen sind. Jedenfalls führt nach diesen Vorschriften eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Kann der Mangel in einem ergänzenden Verfahren behoben werden, spricht das Gericht nur die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses aus (BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <372>).

32

Aus dem vom Oberverwaltungsgericht angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2015 - 7 C 15.13 - (Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 16 Rn. 22) folgt nichts Anderes. Denn das Urteil ist vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1b UmwRG durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12 vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069) ergangen. Hiervon unabhängig gibt die von der Vorinstanz angeführte Passage nur den Gesetzestext von § 4 Abs. 1 UmwRG wieder, ohne sich zur Tenorierung stattgebender Urteile zu äußern.

33

2. Die tatrichterlichen Feststellungen erlauben den Schluss, dass der festgestellte Fehler nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG bzw. § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. behoben werden kann, wenn die rechtswidrig unterlassene UVP in einem ergänzenden Verfahren durchgeführt wird. Eine solche Fehlerbehebung ließe zugleich die Fehler der UVP-Vorprüfung entfallen, da eine fehlerfreie UVP-Vorprüfung ohnehin die UVP-Pflicht feststellen müsste.

34

Im ergänzenden Verfahren heilbar sind die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften oder Fehler bei der Abwägung, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde nach erneuter Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhält und hierzu im Rahmen ihres planerischen Ermessens auch berechtigt ist (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 7 C 11.12 - BVerwGE 151, 213 Rn. 46). Ein ergänzendes Verfahren scheidet dagegen aus, wenn der Verfahrensfehler die Gesamtkonzeption der Planung betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 27), also die Planung von vornherein als Ganzes in Frage gestellt ist (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 153).

35

Nach diesen Maßstäben ist eine UVP in einem ergänzenden Verfahren nachholbar (BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 2008 - 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 78, vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 35, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 35 und 42 f. und vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 25 ff.; zur Feststellung der Nichtvollziehbarkeit auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 28). Angesichts des Ergebnisses der FFH-Prüfung, der von der Vorinstanz angeführten Schutzmaßnahmen und Ersatzzahlungen sowie der Inanspruchnahme eines bereits genutzten Trassenraums spricht nichts dafür, dass die in einer UVP zu betrachtenden Umweltbelange ein Gewicht erreichen könnten, das die Gesamtkonzeption der Planung von vornherein in Frage stellt und daher ein ergänzendes Verfahren hindert.

36

3. Das Oberverwaltungsgericht hält eine UVP im ergänzenden Verfahren für unzulässig, weil das Vorhaben bereits errichtet ist.

37

Für eine solche Differenzierung bietet indes weder § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG noch § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. einen Anhalt. Sie folgt auch nicht aus dem Gebot der Ergebnisoffenheit. Dass das ergänzende Verfahren ergebnisoffen zu führen ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 36, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 43 und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 230), verlangt keine Planung auf "freiem Felde" (so bereits BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309 <316>). Vielmehr muss die Planung stets tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragen, die je nach den örtlichen und rechtlichen Umständen mit unterschiedlichem Gewicht für oder gegen bestimmte Varianten streiten. Es ist Sache eines Vorhabenträgers, sein Vorhaben unter Berücksichtigung dieser Umstände zu planen und in einer bestimmten Ausgestaltung und Trassenführung zu beantragen, während es der Planfeststellungsbehörde aufgegeben ist, die planerischen Erwägungen des Vorhabenträgers zu kontrollieren und dabei auch bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen (im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <151> und vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 168). In einem ergänzenden Verfahren darf der Vorhabenträger daher das Ziel verfolgen, an einer als vorzugswürdig erkannten Gestaltung eines Vorhabens festzuhalten, auch dann, wenn dieses bereits errichtet ist. Allein darin liegt noch kein Verstoß gegen das rechtliche Gebot einer Ergebnisoffenheit des ergänzenden Verfahrens. Hiervon unabhängig wäre der Vorhabenträger auch nach Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses nicht gehindert, an einer von ihm ins Werk gesetzten Ausgestaltung und Trassenführung festzuhalten, wenn diese Entscheidung der behördlichen Abwägung und der gerichtlichen Abwägungskontrolle standhält.

38

II. Die nationale Rechtslage steht insoweit mit dem Unionsrecht in Einklang, namentlich mit den Verpflichtungen aus der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 L 26 S. 1) (UVP-Richtlinie - UVP-RL), die für den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss nach Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 S. 1) maßgeblich ist.

39

1. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 UVP-RL treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit "vor Erteilung der Genehmigung" die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Prüfungen, die erst nach der Zulassungsentscheidung erfolgen, sind danach grundsätzlich unbeachtlich (EuGH, Urteile vom 3. Juli 2008 - C-215/06 [ECLI:EU:C:2008:380] - Rn. 49 und vom 24. November 2011 - C-404/09 [ECLI:EU:C:2011:768] - Rn. 83 und 93). Die UVP-Richtlinie enthält indes keine Bestimmungen dazu, welche Konsequenzen aus einem Verstoß gegen die Verpflichtung zu einer vorherigen Prüfung zu ziehen sind. Das Unionsrecht steht nationalen Vorschriften nicht entgegen, die in bestimmten Fällen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, wenn diese Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden und somit die Ausnahme bleibt (EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 [ECLI:EU:C:2017:589] - Rn. 34, 37 f. m.w.N.).

40

Die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene UVP nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die UVP wird dadurch verhindert; diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten. Die nachträgliche Fehlerbehebung bleibt zudem die Ausnahme, weil die §§ 3a ff. UVPG a.F. gewährleisten, dass im Regelfall frühzeitig vor der Zulassungsentscheidung die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens ermittelt und dementsprechend dessen Umweltverträglichkeit rechtzeitig geprüft wird (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 36 und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 43).

41

2. Wenn eine Anlage bereits errichtet und in Betrieb ist, verbietet es die UVP-Richtlinie nicht, zur Legalisierung der Anlage eine UVP durchzuführen, sofern die diese Legalisierung gestattenden nationalen Vorschriften den Betreffenden keine Gelegenheit bieten, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und die zur Legalisierung durchgeführte Prüfung nicht nur die künftigen Umweltauswirkungen dieser Anlage umfasst, sondern auch die seit deren Errichtung eingetretenen Umweltauswirkungen berücksichtigt (EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 ).

42

Wird der Plan für eine Hochspannungsfreileitung festgestellt, so kann der Vorhabenträger zwar wegen der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nach § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG a.F. noch vor Abschluss einer gerichtlichen Überprüfung mit Bau und Betrieb der Leitung beginnen, auch wenn eine notwendige UVP unterblieben ist. Betroffenen steht mit dem vorläufigen Rechtsschutz nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO aber ein effektives Rechtsschutzinstrument zu Gebote, um den Vollzug einstweilen zu verhindern. Dass dieses Instrument im Fall des Klägers nicht zum Erfolg geführt hat, beruhte auf Regelungen zur Präklusion, die nach der geltenden Rechtslage in § 7 Abs. 4 und 6 UmwRG keine Anwendung mehr finden könnten. Einer Umgehung des Unionsrechts wirkt zudem entgegen, dass auch der Betrieb einer Hochspannungsfreileitung nach § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG a.F. der Planfeststellung bedarf, so dass der Ausspruch der Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zwar einen Bau nicht rückgängig macht, aber den Betrieb der Leitung hindert, so den Verstoß gegen das Unionsrecht bis zur Fehlerbehebung wirtschaftlich effektiv sanktioniert und seiner Durchsetzung den nötigen Nachdruck verleiht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 9 C 2.16 - BVerwGE 159, 95 Rn. 30 und Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 30. März 2017 in den Verfahren C-196/16 und C-197/16 [ECLI:EU:C:2017:249] - Rn. 41). Das nationale Recht bietet dem Vorhabenträger damit keine Gelegenheit, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, sondern stellt sicher, dass Verstöße die Ausnahme bleiben.

43

Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf es nicht, da die maßgeblichen Fragen zu Möglichkeiten und Grenzen der Behebung von Verstößen gegen die UVP-Pflicht in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausreichend geklärt sind (insbesondere EuGH, Urteile vom 7. Januar 2004 - C-201/02 [ECLI:EU:C:2004:12] - Rn. 64 f., vom 3. Juli 2008 - C-215/06 - Rn. 55 ff., vom 17. November 2016 - C-348/15 [ECLI:EU:C:2016:882] - Rn. 36 ff., vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 - Rn. 34 ff. und vom 28. Februar 2018 - C-117/17 [ECLI:EU:C:2018:129] - Rn. 29 ff.).

44

D. Weil das Oberverwaltungsgericht zu den weiteren Einwänden des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss keine Feststellungen getroffen hat, ist der Senat gehindert festzustellen, ob sich die angegriffene Entscheidung nach § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Senat hebt nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

45

Das Oberverwaltungsgericht wird im Rahmen seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung klären müssen, ob der Planfeststellungsbeschluss aus weiteren Gründen rechtsfehlerhaft ist. Nach Maßgabe dieser Prüfung wäre der Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und jedenfalls hinsichtlich seines Betriebes für nicht vollziehbar zu erklären. Mit der Rechtskraft eines solchen Feststellungsurteils stände zwischen den Beteiligten zugleich bindend fest, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus nicht an weiteren Fehlern leidet (BVerwG, Urteile vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28 und vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 39 und Beschluss vom 20. März 2018 - 9 B 43.16 - juris Rn. 65).

46

Anknüpfend an sein Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - (BVerwGE 151, 138 Rn. 46) lässt der Senat offen, ob es Fallgestaltungen geben mag, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Feststellung der Nichtvollziehbarkeit abgesehen werden muss. Ein solcher Fall käme nur in Betracht, wenn der Betrieb der Leitung von überragender Bedeutung für das Gemeinwohl wäre und Behörde und Vorhabenträger alles in ihrer Macht Stehende unternommen hätten, den eingetretenen Verstoß gegen das Unionsrecht zeitnah zu beheben. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen bieten die bisherigen tatrichterlichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt.

(1) Ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) kann im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt

1.
weniger als 20 000 Quadratmetern, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder
2.
20 000 Quadratmetern bis weniger als 70 000 Quadratmetern, wenn auf Grund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Absatz 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.
Wird in einem Bebauungsplan weder eine zulässige Grundfläche noch eine Größe der Grundfläche festgesetzt, ist bei Anwendung des Satzes 2 die Fläche maßgeblich, die bei Durchführung des Bebauungsplans voraussichtlich versiegelt wird. Das beschleunigte Verfahren ist ausgeschlossen, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen. Das beschleunigte Verfahren ist auch ausgeschlossen, wenn Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.

(2) Im beschleunigten Verfahren

1.
gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Absatz 2 und 3 Satz 1 entsprechend;
2.
kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen;
3.
soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden;
4.
gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 6 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig.

(3) Bei Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ist ortsüblich bekannt zu machen,

1.
dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufgestellt werden soll, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 einschließlich der hierfür wesentlichen Gründe, und
2.
wo sich die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung unterrichten kann und dass sich die Öffentlichkeit innerhalb einer bestimmten Frist zur Planung äußern kann, sofern keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Absatz 1 stattfindet.
Die Bekanntmachung nach Satz 1 kann mit der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 2 Absatz 1 Satz 2 verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 erfolgt die Bekanntmachung nach Satz 1 nach Abschluss der Vorprüfung des Einzelfalls.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung eines Bebauungsplans.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Grundeigentümer gegen einen Planfeststellungsbeschluss für eine Hochspannungsfreileitung.

2

Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 27. Dezember 2012 stellt den Plan für den "Ersatzneubau der 110-kV-Freileitung Hemmoor - Industriestraße mit Abzweig Otterndorf in der Stadt Cuxhaven sowie den Samtgemeinden Hemmoor, Land Hadeln, Börde Lamstedt und Am Dobrock, Landkreis Cuxhaven" fest. Die knapp 35 km lange 110-kV-Leitung ersetzt bei im Wesentlichen gleichem Trassenverlauf eine frühere Freileitung. Die bisherigen Maststandorte bleiben erhalten, die Masten werden an etlichen Standorten - im Einzelfall um mehr als 10 m - erhöht und erreichen in der Regel eine Höhe zwischen 24,60 m und 32,40 m. Auf einer Länge von 1 700 m wird die Leitung durch das FFH-Gebiet "Balksee und Randmoore, Nordahner Holz" (DE 2220-301) geführt, auf rund 500 m durch das Naturschutzgebiet "Balksee und Randmoore". Der Planfeststellungsbeschluss sieht ferner den Ersatz einer etwa 3 km langen Abzweigung und Änderungen an einer weiteren Anlage vor. Die Leitung ist inzwischen errichtet und in Betrieb.

3

Im Planaufstellungsverfahren unterblieb eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), weil die Beklagte bereits vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens im Rahmen einer Vorprüfung zur UVP der Einschätzung der Vorhabenträgerin gefolgt war, eine UVP sei nicht erforderlich.

4

Der Kläger ist Eigentümer landwirtschaftlich genutzter Grundstücke im Außenbereich, die teils für Maststandorte und jedenfalls für Schutzstreifen in Anspruch genommen werden. Der Mast 89 steht etwa 4 m von einer Scheune entfernt, der Hofstelle nähert er sich auf 35 bis 40 m.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss aufgehoben (OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Oktober 2016 - 7 KS 3/13 - DVBl. 2017, 262). Die UVP-Vorprüfung verfehle den gesetzlichen Maßstab und stehe damit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG einer nicht durchgeführten UVP-Vorprüfung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b UmwRG gleich. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen haben könne, obwohl für Auswirkungen auf verschiedene Schutzgüter eine "hohe Wahrscheinlichkeit", eine "geringe Wiederherstellbarkeit" und eine "lange Dauer" angenommen worden seien. Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, weil die Masten des beantragten und planfestgestellten Vorhabens höher seien als in der UVP-Vorprüfung angenommen. Der Kläger habe auch einen Anspruch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG, weil die nach der UVP-Vorprüfung verbleibenden Zweifel ein Besorgnispotential zeigten, das eine UVP erfordere. Diese Fehler führten nach § 4 Abs. 1 UmwRG zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Eine bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit scheide bei dem bereits errichteten Vorhaben aus.

6

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie meint, die UVP-Vorprüfung genüge den gesetzlichen Anforderungen. Das Oberverwaltungsgericht habe mit der Feststellung einer UVP-Pflicht die Einschätzungsprärogative der Behörde verletzt. Jedenfalls könne ein Mangel nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, das Gericht müsse sich auf eine Feststellung beschränken und die Möglichkeit eröffnen, Fehler in einem ergänzenden Verfahren zu heilen.

7

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

8

Die Beigeladene, eine Rechtsnachfolgerin der Vorhabenträgerin, teilt die Rechtsauffassung der Beklagten, stellt aber keinen Antrag.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses hält eine Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren für möglich und einen Feststellungsausspruch an Stelle einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für geboten. Dies sei mit Unionsrecht vereinbar.

10

Der Kläger hat vor Errichtung der Leitung erfolglos um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. Dezember 2013 - 7 MS 4/13 - UPR 2014, 114). Das Oberverwaltungsgericht hat die Rügen einer mangelhaften UVP-Vorprüfung und einer fehlenden UVP für präkludiert gehalten und weitere Einwände gegen den Planfeststellungsbeschluss inhaltlich zurückgewiesen. Anhörungsrüge und Gegenvorstellung (OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Februar 2014 - 7 MS 122/13) sowie eine Verfassungsbeschwerde gegen den Eilbeschluss sind gescheitert (BVerfG, Beschluss vom 17. März 2014 - 1 BvR 20/14).

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil entspricht nicht in vollem Umfang dem revisiblem Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Zur abschließenden Entscheidung bedarf es weiterer Feststellungen. Die Sache ist daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

12

A. Der von enteignungsrechtlicher Vorwirkung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 EnWG betroffene Kläger kann Fehler der UVP-Vorprüfung und das Unterlassen einer UVP geltend machen. Er ist mit diesem Einwand nicht präkludiert.

13

Zwar sind nach § 43a Nr. 7 EnWG in der bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) (im Folgenden: EnWG a.F.) und nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG mit Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Diese Vorschriften finden aber keine Anwendung, ungeachtet, ob sie den Einwand einer fehlerhaften oder unterlassenen UVP-Vorprüfung oder UVP überhaupt regeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 31).

14

Maßgeblich für die Revisionsentscheidung ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290) (UmwRG), weil auch die Vorinstanz diese Rechtslage zugrunde zu legen hätte, wenn sie jetzt entschiede (BVerwG, Urteile vom 18. Oktober 2017 - 4 C 5.16 - ZfBR 2018, 256 Rn. 11 und vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - DVBl. 2018, 656 Rn. 8 ). Denn die Klage richtet sich gegen eine nach dem 25. Juni 2005 ergangene Zulassungsentscheidung für ein allgemein UVP-vorprüfungspflichtiges Vorhaben nach § 3c Satz 1 i.V.m. Nr. 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808) geltenden Fassung (im Folgenden: UVPG a.F.). Für solche Rechtsbehelfe gilt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UmwRG das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in seiner derzeitigen Fassung.

15

Nach § 7 Abs. 4 und Abs. 6, § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO findet in Rechtsbehelfsverfahren natürlicher Personen gegen einen Planfeststellungsbeschluss für die Zulassung eines UVP-vorprüfungspflichtigen Vorhabens § 73 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwVfG keine Anwendung. Dem Kläger kann eine Präklusion damit nicht entgegen gehalten werden, weil § 7 Abs. 4 UmwRG auch die mit § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG des Bundes inhaltsgleichen Regelungen des Landesrechts erfasst und auf § 43a Nr. 7 EnWG a.F. analog anzuwenden ist (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2017 - 4 C 6.16 - DVBl. 2018, 656 Rn. 12 und 14).

16

B. Das Oberverwaltungsgericht hat die UVP-Vorprüfung beanstandet und eine UVP für erforderlich gehalten. Dies steht mit revisiblem Recht in Einklang.

17

Sofern - wie hier nach Nr. 19.1.2 der Anlage 1 zum UVPG a.F. (Errichtung und Betrieb einer Hochspannungsfreileitung im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes mit einer Länge von mehr als 15 km und mit einer Nennspannung von 110 kV bis zu 220 kV) - für ein Vorhaben eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist, ist nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. eine UVP durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörden aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG a.F. aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG a.F. zu berücksichtigen wären. Die Durchführung und das Ergebnis der Vorprüfung sind nach § 3c Satz 6 UVPG a.F. zu dokumentieren. Beruht die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG a.F., ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 3a Satz 4 UVPG a.F. nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden und das Ergebnis nachvollziehbar ist.

18

Die Anforderungen an eine UVP-Vorprüfung sowie Aufgabe und Grenzen der gerichtlichen Kontrolle sind geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 29 f. m.w.N.): Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der UVP-Vorprüfung nicht bereits mit einer der UVP vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit die eigentliche UVP unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt. Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können. Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu. Das Gericht hat aber zu prüfen, ob eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden hat oder das Ergebnis der Vorprüfung Rechtsfehler aufweist, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Von diesen Maßstäben ist die Vorinstanz ausgegangen.

19

I. Das Oberverwaltungsgericht hat die UVP-Vorprüfung im Sinne von § 3a Satz 4 UVPG a.F. beanstandet, weil das zur Genehmigung gestellte und später mit weiteren Abweichungen vom Antrag genehmigte Vorhaben eine deutlich höhere Umweltrelevanz habe als das in der UVP-Vorprüfung beschriebene Vorhaben. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

20

In Planungsverfahren führt insbesondere die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Umweltvereinigungen und der Behörden regelmäßig zu Änderungen eines Vorhabens und zur Aufnahme von Nebenbestimmungen. Eine UVP-Vorprüfung könnte ihre verfahrenslenkende Funktion nicht erfüllen, wenn solche Änderungen stets und ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung das Ergebnis der UVP-Vorprüfung als fehlerhaft erschienen ließen und sie damit nachträglich entwerteten. Spätere Erkenntnisse, welche die Auswirkungen eines Vorhabens in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, können daher für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer UVP nicht maßgeblich sein (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 30).

21

Indes muss Gegenstand einer UVP-Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG a.F. das Vorhaben sein, über dessen Zulässigkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 UVPG a.F. der Planfeststellungsbeschluss entscheidet. Denn eine UVP-Vorprüfung kann ihre verfahrenslenkende Funktion nur erfüllen, wenn das in der Vorprüfung beurteilte Vorhaben und das in der Planfeststellung beantragte und später planfestgestellte Vorhaben im Kern übereinstimmen, insbesondere mit Blick auf seine Umweltauswirkungen. Die Planfeststellungsbehörde muss daher bis zum Abschluss des Planfeststellungsverfahrens das Ergebnis der UVP-Vorprüfung "unter Kontrolle halten" und darauf prüfen, ob Änderungen im Verlaufe des Planungsprozesses ein Ausmaß erreicht haben, welches das Ergebnis der UVP-Vorprüfung nicht mehr als tragfähig erscheinen lässt. Dabei ist ein strengerer Maßstab angezeigt, wenn die UVP-Vorprüfung nach § 3a Satz 1 UVPG a.F. der Einreichung der Planunterlagen vorausgeht: Denn bis zu diesem Zeitpunkt ist es ausschließlich Sache des Vorhabenträgers sicherzustellen, dass Veränderungen des Vorhabens einer möglicherweise vorzeitig erstellten UVP-Vorprüfung nicht die Grundlage entziehen.

22

Nach den tatrichterlichen Feststellungen sind insbesondere mehr als die Hälfte der Masten des zur Genehmigung gestellten Vorhabens um mehr als 20 % höher als in der UVP-Vorprüfung angenommen. Wegen der daraus folgenden Beeinträchtigung des Landschaftsbildes im Nahbereich und einer jedenfalls möglichen Beeinträchtigung von Vogel- und Fledermausarten hat das Oberverwaltungsgericht eine deutliche Erhöhung der Umweltrelevanz angenommen (UA S. 19). Auf der Grundlage dieser den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Bewertung genügte die UVP nicht den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG a.F. Denn sie ist nicht entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG a.F. durchgeführt worden. Es fehlt die grundsätzliche Übereinstimmung des in der UVP-Vorprüfung geprüften und im Planfeststellungsverfahren beantragten Vorhabens, wenn das beantragte Vorhaben eine wesentlich höhere Umweltrelevanz besitzt als das in der UVP-Vorprüfung beurteilte.

23

II. Die Vorinstanz hat das Ergebnis der UVP-Vorprüfung als nicht nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG a.F. beurteilt, weil diese mit bestimmten Auswirkungen auf relevante Schutzgüter rechnet und in erheblichem Umfang besonders geschützte Gebiete betroffen sind. Dies hält den Angriffen der Revision stand. Anders als die Revision meint, hat das Oberverwaltungsgericht seine Prüfung nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 27. Juli 2009 beschränkt, sondern die vom Vorhabenträger vorgelegten Gutachten und Unterlagen berücksichtigt (UA S. 16 ff.). Mit ihrer Rüge gegen deren tatrichterliche Bewertung dringt die Revision schon deshalb nicht durch, weil diese Würdigung nach § 137 Abs. 2 VwGO revisionsgerichtlicher Kontrolle entzogen ist.

24

III. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass es einer UVP bedurft hätte, weil nach dem Ergebnis der UVP-Vorprüfung ein Besorgnispotential verbleibe, dem in einer UVP nachzugehen sei.

25

Das planfestgestellte Vorhaben kann erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen im Sinne des § 3c UVPG a.F. haben. Nachteilige Umweltauswirkungen sind nicht allein solche Auswirkungen, die nach Maßgabe des materiellen Zulassungsrechts zur Versagung der Zulassung führen können, sondern auch solche, die in der Abwägung Beachtung verlangen (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Allerdings löst nicht jeder abwägungserhebliche Umweltbelang die Pflicht zur Durchführung einer UVP aus. Es bedarf vielmehr bereits in der Vorprüfung einer Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 zum UVPG a.F. aufgeführten vorhaben- und standortbezogenen Kriterien (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 22).

26

Das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, erhebliche Auswirkungen seien nicht zu besorgen, ist nicht nachvollziehbar. Ob daraus notwendig folgt, dass eine UVP hätte durchgeführt werden müssen (in diese Richtung BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 33), hält der Senat für zweifelhaft, kann aber auf sich beruhen. Das Oberverwaltungsgericht hat ein Besorgnispotential erkannt, dem in einer UVP nachzugehen sei, weil das Vorhaben gemessen an den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. UA S. 14, 24) erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Jedenfalls in diesem Fall fordert § 3c Satz 1 UVPG a.F. eine UVP.

27

Die Einschätzungsprärogative der Beklagten steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Allerdings misst § 3c Satz 1 UVPG a.F. der Behörde einen Einschätzungsspielraum zu und beschränkt § 3a Satz 4 UVPG a.F. die gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 151, 92 Rn. 26 und vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 30). Ungeachtet dessen kann das zur Überprüfung einer Zulassungsentscheidung berufene Verwaltungsgericht die Überzeugung erlangen, dass eine rechtmäßige Wahrnehmung des Einschätzungsspielraums die Notwendigkeit einer UVP erkennen muss. Daher sieht sich auch das Bundesverwaltungsgericht als befugt an, in Fällen mangelhafter UVP-Vorprüfung gegebenenfalls selbst die Notwendigkeit einer UVP auszusprechen (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 33 und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 35, 39).

28

C. Die Verfahrensfehler führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz verletzt § 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG.

29

I. Nach nationalem Recht durfte das Oberverwaltungsgericht den Planfeststellungsbeschluss nicht aufheben, weil die festgestellten Verfahrensfehler in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.

30

1. Für den Rechtsbehelf des Klägers gilt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 61 Nr. 1 VwGO der § 4 Abs. 1 bis 2 UmwRG. Der Kläger kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG rügen, dass eine nach dem UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist, sowie nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Satz 2 UmwRG, dass eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG bzw. hier § 3a Satz 4 UVPG a.F. genügt hat. Ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, spielt keine Rolle (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - BVerwGE 151, 138 Rn. 34).

31

Zwar kann nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG die Aufhebung einer Entscheidung verlangt werden. Gemäß § 4 Abs. 1b Satz 2 Nr. 2 UmwRG bleiben aber § 75 Abs. 1a VwVfG und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung unberührt. Wegen der Erstreckung auf "entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung" kann offen bleiben, ob die Regelungen über die Planerhaltung für den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG oder dem bei seinem Erlass geltenden § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. zu entnehmen sind. Jedenfalls führt nach diesen Vorschriften eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Kann der Mangel in einem ergänzenden Verfahren behoben werden, spricht das Gericht nur die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses aus (BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <372>).

32

Aus dem vom Oberverwaltungsgericht angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2015 - 7 C 15.13 - (Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 16 Rn. 22) folgt nichts Anderes. Denn das Urteil ist vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1b UmwRG durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zur Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 7. November 2013 in der Rechtssache C-72/12 vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069) ergangen. Hiervon unabhängig gibt die von der Vorinstanz angeführte Passage nur den Gesetzestext von § 4 Abs. 1 UmwRG wieder, ohne sich zur Tenorierung stattgebender Urteile zu äußern.

33

2. Die tatrichterlichen Feststellungen erlauben den Schluss, dass der festgestellte Fehler nach § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG bzw. § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. behoben werden kann, wenn die rechtswidrig unterlassene UVP in einem ergänzenden Verfahren durchgeführt wird. Eine solche Fehlerbehebung ließe zugleich die Fehler der UVP-Vorprüfung entfallen, da eine fehlerfreie UVP-Vorprüfung ohnehin die UVP-Pflicht feststellen müsste.

34

Im ergänzenden Verfahren heilbar sind die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften oder Fehler bei der Abwägung, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde nach erneuter Abwägung an der getroffenen Entscheidung festhält und hierzu im Rahmen ihres planerischen Ermessens auch berechtigt ist (BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 7 C 11.12 - BVerwGE 151, 213 Rn. 46). Ein ergänzendes Verfahren scheidet dagegen aus, wenn der Verfahrensfehler die Gesamtkonzeption der Planung betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 27), also die Planung von vornherein als Ganzes in Frage gestellt ist (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 153).

35

Nach diesen Maßstäben ist eine UVP in einem ergänzenden Verfahren nachholbar (BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 2008 - 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 78, vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 35, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 35 und 42 f. und vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 25 ff.; zur Feststellung der Nichtvollziehbarkeit auch BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 28). Angesichts des Ergebnisses der FFH-Prüfung, der von der Vorinstanz angeführten Schutzmaßnahmen und Ersatzzahlungen sowie der Inanspruchnahme eines bereits genutzten Trassenraums spricht nichts dafür, dass die in einer UVP zu betrachtenden Umweltbelange ein Gewicht erreichen könnten, das die Gesamtkonzeption der Planung von vornherein in Frage stellt und daher ein ergänzendes Verfahren hindert.

36

3. Das Oberverwaltungsgericht hält eine UVP im ergänzenden Verfahren für unzulässig, weil das Vorhaben bereits errichtet ist.

37

Für eine solche Differenzierung bietet indes weder § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG noch § 43e Abs. 4 Satz 2 EnWG a.F. einen Anhalt. Sie folgt auch nicht aus dem Gebot der Ergebnisoffenheit. Dass das ergänzende Verfahren ergebnisoffen zu führen ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 36, vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 43 und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 230), verlangt keine Planung auf "freiem Felde" (so bereits BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309 <316>). Vielmehr muss die Planung stets tatsächlichen Verhältnissen Rechnung tragen, die je nach den örtlichen und rechtlichen Umständen mit unterschiedlichem Gewicht für oder gegen bestimmte Varianten streiten. Es ist Sache eines Vorhabenträgers, sein Vorhaben unter Berücksichtigung dieser Umstände zu planen und in einer bestimmten Ausgestaltung und Trassenführung zu beantragen, während es der Planfeststellungsbehörde aufgegeben ist, die planerischen Erwägungen des Vorhabenträgers zu kontrollieren und dabei auch bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen (im Einzelnen BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <151> und vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 168). In einem ergänzenden Verfahren darf der Vorhabenträger daher das Ziel verfolgen, an einer als vorzugswürdig erkannten Gestaltung eines Vorhabens festzuhalten, auch dann, wenn dieses bereits errichtet ist. Allein darin liegt noch kein Verstoß gegen das rechtliche Gebot einer Ergebnisoffenheit des ergänzenden Verfahrens. Hiervon unabhängig wäre der Vorhabenträger auch nach Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses nicht gehindert, an einer von ihm ins Werk gesetzten Ausgestaltung und Trassenführung festzuhalten, wenn diese Entscheidung der behördlichen Abwägung und der gerichtlichen Abwägungskontrolle standhält.

38

II. Die nationale Rechtslage steht insoweit mit dem Unionsrecht in Einklang, namentlich mit den Verpflichtungen aus der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 L 26 S. 1) (UVP-Richtlinie - UVP-RL), die für den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss nach Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 S. 1) maßgeblich ist.

39

1. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 UVP-RL treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit "vor Erteilung der Genehmigung" die Projekte, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Prüfungen, die erst nach der Zulassungsentscheidung erfolgen, sind danach grundsätzlich unbeachtlich (EuGH, Urteile vom 3. Juli 2008 - C-215/06 [ECLI:EU:C:2008:380] - Rn. 49 und vom 24. November 2011 - C-404/09 [ECLI:EU:C:2011:768] - Rn. 83 und 93). Die UVP-Richtlinie enthält indes keine Bestimmungen dazu, welche Konsequenzen aus einem Verstoß gegen die Verpflichtung zu einer vorherigen Prüfung zu ziehen sind. Das Unionsrecht steht nationalen Vorschriften nicht entgegen, die in bestimmten Fällen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, wenn diese Möglichkeit den Betroffenen keine Gelegenheit bietet, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden und somit die Ausnahme bleibt (EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 [ECLI:EU:C:2017:589] - Rn. 34, 37 f. m.w.N.).

40

Die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit stellt sicher, dass die Zulassungsentscheidung nicht ausgeführt werden darf, bevor die unterbliebene UVP nachgeholt und die in ihrem Rahmen getroffenen Feststellungen und Bewertungen der Umweltauswirkungen des Vorhabens in einer erneuten Zulassungsentscheidung gewürdigt worden sind. Diese Würdigung muss ergebnisoffen erfolgen und ist wiederum mit Rechtsbehelfen angreifbar. Eine Umgehung oder Nichtanwendung der Regelungen über die UVP wird dadurch verhindert; diese können vielmehr ihre volle Wirkkraft entfalten. Die nachträgliche Fehlerbehebung bleibt zudem die Ausnahme, weil die §§ 3a ff. UVPG a.F. gewährleisten, dass im Regelfall frühzeitig vor der Zulassungsentscheidung die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens ermittelt und dementsprechend dessen Umweltverträglichkeit rechtzeitig geprüft wird (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 36 und vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 43).

41

2. Wenn eine Anlage bereits errichtet und in Betrieb ist, verbietet es die UVP-Richtlinie nicht, zur Legalisierung der Anlage eine UVP durchzuführen, sofern die diese Legalisierung gestattenden nationalen Vorschriften den Betreffenden keine Gelegenheit bieten, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, und die zur Legalisierung durchgeführte Prüfung nicht nur die künftigen Umweltauswirkungen dieser Anlage umfasst, sondern auch die seit deren Errichtung eingetretenen Umweltauswirkungen berücksichtigt (EuGH, Urteil vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 ).

42

Wird der Plan für eine Hochspannungsfreileitung festgestellt, so kann der Vorhabenträger zwar wegen der sofortigen Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses nach § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG a.F. noch vor Abschluss einer gerichtlichen Überprüfung mit Bau und Betrieb der Leitung beginnen, auch wenn eine notwendige UVP unterblieben ist. Betroffenen steht mit dem vorläufigen Rechtsschutz nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO aber ein effektives Rechtsschutzinstrument zu Gebote, um den Vollzug einstweilen zu verhindern. Dass dieses Instrument im Fall des Klägers nicht zum Erfolg geführt hat, beruhte auf Regelungen zur Präklusion, die nach der geltenden Rechtslage in § 7 Abs. 4 und 6 UmwRG keine Anwendung mehr finden könnten. Einer Umgehung des Unionsrechts wirkt zudem entgegen, dass auch der Betrieb einer Hochspannungsfreileitung nach § 43 Satz 1 Nr. 1 EnWG a.F. der Planfeststellung bedarf, so dass der Ausspruch der Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zwar einen Bau nicht rückgängig macht, aber den Betrieb der Leitung hindert, so den Verstoß gegen das Unionsrecht bis zur Fehlerbehebung wirtschaftlich effektiv sanktioniert und seiner Durchsetzung den nötigen Nachdruck verleiht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 9 C 2.16 - BVerwGE 159, 95 Rn. 30 und Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 30. März 2017 in den Verfahren C-196/16 und C-197/16 [ECLI:EU:C:2017:249] - Rn. 41). Das nationale Recht bietet dem Vorhabenträger damit keine Gelegenheit, das Unionsrecht zu umgehen oder nicht anzuwenden, sondern stellt sicher, dass Verstöße die Ausnahme bleiben.

43

Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf es nicht, da die maßgeblichen Fragen zu Möglichkeiten und Grenzen der Behebung von Verstößen gegen die UVP-Pflicht in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausreichend geklärt sind (insbesondere EuGH, Urteile vom 7. Januar 2004 - C-201/02 [ECLI:EU:C:2004:12] - Rn. 64 f., vom 3. Juli 2008 - C-215/06 - Rn. 55 ff., vom 17. November 2016 - C-348/15 [ECLI:EU:C:2016:882] - Rn. 36 ff., vom 26. Juli 2017 - C-196/16 und C-197/16 - Rn. 34 ff. und vom 28. Februar 2018 - C-117/17 [ECLI:EU:C:2018:129] - Rn. 29 ff.).

44

D. Weil das Oberverwaltungsgericht zu den weiteren Einwänden des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss keine Feststellungen getroffen hat, ist der Senat gehindert festzustellen, ob sich die angegriffene Entscheidung nach § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Senat hebt nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück.

45

Das Oberverwaltungsgericht wird im Rahmen seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung klären müssen, ob der Planfeststellungsbeschluss aus weiteren Gründen rechtsfehlerhaft ist. Nach Maßgabe dieser Prüfung wäre der Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und jedenfalls hinsichtlich seines Betriebes für nicht vollziehbar zu erklären. Mit der Rechtskraft eines solchen Feststellungsurteils stände zwischen den Beteiligten zugleich bindend fest, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus nicht an weiteren Fehlern leidet (BVerwG, Urteile vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28 und vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 39 und Beschluss vom 20. März 2018 - 9 B 43.16 - juris Rn. 65).

46

Anknüpfend an sein Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 36.13 - (BVerwGE 151, 138 Rn. 46) lässt der Senat offen, ob es Fallgestaltungen geben mag, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Feststellung der Nichtvollziehbarkeit abgesehen werden muss. Ein solcher Fall käme nur in Betracht, wenn der Betrieb der Leitung von überragender Bedeutung für das Gemeinwohl wäre und Behörde und Vorhabenträger alles in ihrer Macht Stehende unternommen hätten, den eingetretenen Verstoß gegen das Unionsrecht zeitnah zu beheben. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen bieten die bisherigen tatrichterlichen Feststellungen keinen Anhaltspunkt.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte immissionsschutz-rechtliche Genehmigung für eine Hähnchenmastanlage, bestehend u. a. aus einem Stall mit 39.500 Tierplätzen und vier Futtersilos. Der Stall soll im Außenbereich auf den Grundstücken FINrn. 1019/2 und 1020 der Gemarkung B. entstehen; auf dem südlich daran angrenzenden Grundstück FINr. 1005 betreibt der Beigeladene schon eine Biogasanlage. Seine Hofstelle mit Wohnhaus, Maschinenhalle und Rinderstall auf dem südwestlich des Vorhabens liegenden Grundstück FINr. 1011 soll aufgegeben werden. Der Kläger unterhält auf den weiter südlich liegenden Grundstücken FINrn. 1008 und 1014 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Mastschweine- und einem Zuchtsauenstall. Sein Wohnhaus ist etwa 150 m vom geplanten Hähnchenmaststall entfernt. Zudem ist er Eigentümer der Grundstücke FINr. 1021 (genutzt zum Getreideanbau), FINrn. 1002 und 1030 (mit drei als Immissionsorte BUP 2, 4 und 5 untersuchten Biotopen) und FINr. 1015.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 erteilte das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen dem Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Nr. 1) unter Nebenbestimmungen zum Lärmschutz (Nr. 3.7.1); eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Niederschlagswasserbeseitigung wurde einem separaten Verfahren vorbehalten (Nr. 2). Die genannte Nebenbestimmung wurde im Lauf des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens durch Bescheid des Landratsamts vom 15. Januar 2013 ergänzt. Die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichtete sowie die getrennt hiervon gegen den Ergänzungsbescheid vom 15. Januar 2013 erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht München zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 19. Februar 2013 abgewiesen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) geltend.

Der Beklagte und der Beigeladene haben jeweils beantragt, die Berufung nicht zuzulassen; sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, das verfahrensfehlerfrei zustandegekommen und auch materiellrechtlich zutreffend sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) nicht.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht darzulegen.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 62 ff.). Dies ist vorliegend dem Kläger mit seinem Vortrag nicht gelungen.

1.1. Der Kläger stützt ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf, dass das Verwaltungsgericht im Bezug auf Geruchsimmissionen den Wert von 0,25 (25% der Jahresgeruchsstunden), der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - in der Fassung vom 29.2.2008 und einer Ergänzung vom 10.9.2008 mit Begründung und Auslegungshinweisen in der Fassung vom 29.2.2008) genannt ist, nur als Anhaltspunkt, nicht aber als starre Obergrenze angesehen und demzufolge die beim Kläger gegebene Überschreitung (Geruchshäufigkeit von 37%) als rechtens angesehen hat (nachfolgend beziehen sich Seitenangaben „bei Feldhaus S. xy“ auf die Veröffentlichung der GIRL in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4, C 4.11 (LAI)). Der Kläger macht geltend, jegliche Überschreitung des Wertes 0,25 führe grundsätzlich zu einer Rechtsverletzung des Betroffenen (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 3 unten, S. 4 oben). Dem ist nicht zu folgen. Denn zum einen entfalten die GIRL sowie die hierzu ergangenen Auslegungshinweise mangels entsprechender Rechtsqualität keine die Verwaltungsgerichte bindende Wirkung (1.1.1). Zum andern lässt sich der GIRL und den Auslegungsweisen nicht entnehmen, dass der vorliegende Sachverhalt unter Nr. 3.1 GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen abschließend und ausnahmslos mit dem vom Kläger angenommenen Ergebnis geregelt wäre (1.1.2).

1.1.1. Zur Rechtsqualität der GIRL und vergleichbarer Regelwerke hat das Bundesverwaltungsgericht (B.v. 28.7.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083, Rn. 3) ausgeführt: „Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden (U.v. 19.1.1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197; B.v. 24.1.1992 - BVerwG 4 B 228.91 - Buchholz 406.12 § 4a BauNVO Nr. 2 juris Rn. 6; BGH, U.v. 21.6.2001 - III ZR 313/99 - BRS 64 Nr. 171 S. 665 f.), und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind“. Die GIRL enthält technische Normen, die auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (OVG NRW, B.v. 14.1.2010 - 8 B 1015/09 - RdL 2010, 124, Rn. 31 und 32 unter Hinweis u. a. auf BVerwG, B.v. 7.5.2007 - 4 B 5.07 - BauR 2007, 1454). Vorliegend war deshalb das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht des Klägers von Rechts wegen nicht gehindert, den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) genannten Wert von 0,25 nicht als absolute Obergrenze anzusehen. Die Annahme einer derartigen Bindungswirkung wäre demgegenüber rechtlich nicht haltbar.

1.1.2. Auch inhaltlich rechtfertigen Regelungen und Systematik der GIRL sowie der Auslegungshinweise hierzu nicht die Annahme, der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL genannte Wert von 0,25 (bei Feldhaus S. 32) sei eine Obergrenze, die in keinem Fall überschritten werden dürfe. In Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1 (bei Feldhaus S. 4), ist für drei verschiedene Gebietsarten ein Immissionswert (IW) angegeben, der diejenige Grenze der Gesamtbelastung durch Geruchsimmissionen beschreibt, bei deren Überschreitung i.d.R. eine erhebliche Belästigung vorliegt. Allerdings berücksichtigt Nr. 3.1 i. V. m. Nr. 5 GIRL (vgl. bei Feldhaus S. 5 oben, S. 13), dass zur Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung ein Vergleich mit den Immissionswerten der Tabelle 1 mitunter nicht ausreichen kann, so dass im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit eine Einzelfallprüfung stattzufinden hat, die nach der Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls einer Vielzahl von Kriterien zu einem Ergebnis führen kann, das von den Werten in Tabelle 1 (Nr. 3.1 GIRL) nach oben oder nach unten abweicht. Hieraus ergibt sich, dass bereits den in der GIRL genannten Immissionswerten keine abschließend geregelte Verbindlichkeit zukommen soll. Die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) besagen nichts Gegenteiliges, sondern bestätigen diesen Befund. Denn dort werden die „speziellen Fälle“, zu denen auch die vom Kläger angesprochene Möglichkeit der Erhöhung des Immissionswerts auf bis zu 0,25 bei Geruchsimmissionen und schutzbedürftigen Objekten im Außenbereich gehört, ausdrücklich als „Beispiele“ bezeichnet; die Auslegungshinweise schließen die Erhöhung der unter Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, genannten Immissionswerte auch in andern geeigneten Ausnahmefällen somit nicht aus. Zudem sieht Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 13/14) in begründeten Einzelfällen die Zulässigkeit weiterer Abweichungen von den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten vor. Die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 40 ff.) nennen als einen der möglichen, beispielhaft genannten Ausnahmefälle das Nebeneinander von geruchsemittierenden landwirtschaftlichen Betrieben und verweisen insoweit auf die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“ (vgl. bei Feldhaus S. 42, S. 22 ff., S. 26 ff.). Wie der im Unterabschnitt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ enthaltene Hinweis auf einen ungewöhnlichen, vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall des „landwirtschaftsbezogenen Wohnens“ zeigt (B.v. 18.3.2002 - 7 B 315/02 - NVwZ 2002, 1390), kann unter besonderen Umständen sogar eine Geruchshäufigkeit von 50% noch zumutbar sein.

Zutreffend ist zwar, dass bei der Annahme, eine Geruchshäufigkeit von mehr als 25% sei noch zumutbar, auch im Außenbereich große Zurückhaltung geboten ist und der soeben genannte Wert einer Geruchshäufigkeit von 50% nicht zur regelmäßigen Beurteilung solcher Fälle herangezogen werden soll (GIRL, bei Feldhaus S. 29). Dies bedeutet aber umgekehrt, dass bei einem Nebeneinander mehrerer emittierender landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe in besonderen Einzelfällen auch derartige Geruchshäufigkeiten zumutbar sein können. Auch nach dem Regelungsgehalt und der Systematik der GIRL ist der Immissionswert von 0,25 danach keine absolute Obergrenze. Der vom Kläger (im Schriftsatz vom 11.6.2013, S. 2 und 3) auch für seinen Fall für zutreffend gehaltenen Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (U.v. 24.4.2012 - 3 K 6274/09 - juris, Rn. 85 bis 87, und B.v. 6.12.2012 - 3 L 1208/12 - juris, aufrechterhalten im B.v. 18.6.2013 - 3 K 5158/12 - juris), wonach der Wert von 0,25 die „absolut zulässige Obergrenze“ sei, ist somit nicht zu folgen. Soweit sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Urteil vom 24. April 2012 (a. a. O., Rn. 86) seinerseits auf ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, U.v. 25.3.2009 - 7 D 129/07.NE - ZfBR 2009, 482) beruft, ist dies nicht gerechtfertigt; dort findet sich eine derartige wörtliche oder sinngemäße Aussage („absolute Obergrenze“) gerade nicht; vielmehr spricht das Gericht - relativierend - stets nur von einer „regelmäßigen“ Unzumutbarkeit von Geruchshäufigkeiten oberhalb von 25%. Zur rechtlichen Bedeutung des Wertes 0,25 in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL hat sich das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 25. März 2009 nicht geäußert, sondern auf die - oben genannte - frühere Entscheidung vom 18. März 2002, a. a. O. („landwirtschaftsbezogenes Wohnen“), hingewiesen, die einen solchen „Nachbarstreit“ betraf. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erwähnt zwar den vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (U.v. 25.3.2009, a. a. O., Rn. 127 und 128) betonten Unterschied zwischen einer planerischen Abwägung im Hinblick auf Geruchsbelastungen einerseits (nur diese war Gegenstand des Urteils vom 25.3.2009) und Nachbarstreitigkeiten andererseits; es meint aber zu erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen eine absolute Obergrenze bei 0,25 auch zum Schutz betroffener Nachbarn anzuerkennen bereit sei (VG Düsseldorf, U.v. 24.4.2012, a. a. O., Rn. 87). Im Nachgang zum Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012, a. a. O., hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Frage, ob der genannte Wert von 0,25 eine absolute Obergrenze darstelle, ausdrücklich offen gelassen (OVG NRW, B.v. 9.12.2013 - 8 A 1451/12 - juris, Leitsatz 5 und Rn. 67 ff.), wenngleich es mit weiteren Ausführungen keinen Zweifel daran gelassen hat, dass nach den Intentionen der GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen verschiedene Umstände, die bei landwirtschaftlichen Anwesen mit Wohnungen im Außenbereich typischerweise vorliegen, schon durch die zugelassene Anhebung des nach Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, für Dorfgebiete geltenden Immissionswerts (0,15) auf 0,25 berücksichtigt werden und eine Überschreitung auch dieses Werts ganz besonderer Ausnahmegründe bedarf.

1.2. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht besondere Ausnahmegründe angenommen und dabei wesentlich darauf abgestellt, dass die am Wohnhaus des Klägers zu erwartende Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen (37% Geruchshäufigkeit) überwiegend vom Kläger selbst verursacht wird, zumal das Wohnhaus direkt neben den eigenen Stallanlagen steht (S. 14 Mitte des Urteils). Dass gleichwohl besondere Ausnahmegründe nicht vorliegen, ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht. Der Kläger greift insofern das Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung an, ohne aber aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht den insoweit gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmen überschritten hätte (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11). Der Kläger macht geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden auch dann, wenn die zumutbare Geruchshäufigkeit - entgegen seiner Rechtsansicht - nicht bei maximal 25% liege; in diesem Fall wäre nämlich eine konkrete Einzelfallprüfung geboten, die vorliegend unterlassen oder jedenfalls fehlerhaft durchgeführt worden sei (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 4 unten, S. 5). Der Kläger bemängelt insoweit, das Verwaltungsgericht habe sich damit beschränkt, auf verschiedene Gerichtsentscheidungen zu verweisen, in denen - bei den dort zu beurteilenden Einzelfällen - höhere Geruchshäufigkeiten von bis zu 50% der Jahresstunden als zumutbar angesehen worden seien. Außerdem sei nach den Auslegungshinweisen zu Nrn. 1 und 5 GIRL (bei Feldhaus S. 29 und S 40 ff.) bei der Ermittlung der Geruchsbelastung durch den benachbarten Betrieb die im eigenen Betrieb erzeugte Belastung nicht hinzuzurechnen. Bei der anzustellenden Einzelfallbetrachtung seien daher die Geruchsimmissionen am Wohnhaus des Klägers aus seinem eigenen Betrieb nicht einzurechnen. Deshalb habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht die vom angegriffenen Vorhaben verursachten Gerüche als nachrangig angesehen. Damit kann der Kläger nicht durchdringen.

Mit seinem Hinweis auf die nach seiner Ansicht vom Verwaltungsgericht missachteten Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL (Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der vom eigenen Betrieb erzeugten Geruchsbelastung) meint der Kläger wohl, bei der Einzelfallbetrachtung müsse (zugunsten des Klägers) die von seinem Betrieb verursachte Geruchsbelastung in die Gesamtbelastung einfließen, sie dürfe aber - ungeachtet ihres beträchtlichen Beitrags zur Gesamtbelastung - nicht (zu seinen Lasten) schutzmindernd bewertet werden. Derartiges ergibt sich aus den Auslegungsweisen aber nicht. Wenn vielmehr in den Auslegungsweisen zu Nr. 1 GIRL (bei Feldhaus S. 30, Abschn. 2) davon die Rede ist, dass Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen nicht in die Beurteilung der Geruchsimmissionssituation einzubeziehen sind, was auch Eingang in die Rechtsprechung (z. B. des NdsOVG, U.v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01) zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ der emittierenden landwirtschaftlichen Betriebe gefunden habe, so meint dies vielmehr das Gegenteil: Wohnhäuser, die zu benachbarten Tierhaltungsbetrieben gehören, sind in dieser „Schicksalsgemeinschaft“ von Wohnnutzungen und geruchsemittierenden Tierhaltungen, die jeweils gegenseitig sowohl Geruchsbelastungen verursachen als auch unter solchen Belastungen leiden, zwar nicht schutzlos gestellt, aber ihr Schutz ist stark gemindert. Das Verwaltungsgericht hat demzufolge die Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL zutreffend angewandt und überdies die in einer solchen „Schicksalsgemeinschaft“ berechtigte Erwägung angeführt, wonach ein Landwirt dann, wenn man seiner Wohnung innerhalb des landwirtschaftlichen Anwesens uneingeschränkte Schutzbedürftigkeit zugestände, durch Weiterführung seiner eigenen Tierhaltung einem Nachbarn jede Möglichkeit der betrieblichen Entwicklung nehmen könnte.

Demzufolge geht auch der Einwand des Klägers ins Leere, das Verwaltungsgericht habe - aufgrund der (vermeintlich) fehlerhaften Anwendung der Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL - zu Unrecht die vom streitigen Vorhaben verursachte Zusatzbelastung als nachrangig bezeichnet (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 5 oben). Vielmehr ergibt sich aus den unter Nr. 1.3 der Entscheidungsgründe (S. 12 unten des Urteils) wiedergegebenen Aussagen im immissionsschutztechnischen Gutachten des Büros h... vom 10. April 2012, dass der geplante Hähnchenmaststall mit Geflügelmistlagerung am Wohnhaus des Klägers (BUP 1) eine Zusatzbelastung von 2% verursacht, dass die derzeit vom Beigeladenen durch eine Biogasanlage und einen Rinderstall verursachte Belastung 7% beträgt, sich bei Errichtung des Hähnchenmaststalls und damit einhergehendem Wegfall des Rinderstalls aber auf 6% verringert, und dass die Gesamtbelastung bei Verwirklichung des Vorhabens (Vorbelastung durch Schweinemastbetrieb des Klägers, Biogasanlage und geplantem Hähnchenmaststall des Beigeladenen, Wegfall des Rinderstalls) 37% beträgt. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter ermittelten Anteile an der Geruchsimmissionsbelastung insgesamt sowie auch deren Höhe (37%) hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Einen Anteil von 6% bei insgesamt 37%, somit etwa ein Sechstel, als „nachrangig“ zu betrachten, stellt ein Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung dar, das die Grenzen des insoweit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmens nicht überschreitet.

1.3. Soweit der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf stützt, dass das immissionsschutztechnische Gutachten einen falschen tierartspezifischen Faktor angesetzt und veraltete meteorologische Daten aus dem Jahr 2002 eines etwa 30 km entfernt gelegenen Messstandorts zugrundegelegt habe, kann ihm nicht gefolgt werden.

Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass in Nr. 4.6 GIRL, Tabelle 4 (bei Feldhaus S. 13), ein Gewichtungsfaktor von 1,5 (das ist der vorliegend vom Gutachter verwendete Faktor) für die tierartspezifische Geruchshäufigkeit von Mastgeflügel (Puten, Masthähnchen) vorgesehen ist. Der Kläger hat weder in seinem in der (ersten) mündlichen Verhandlung vom 20. November 2012 - nur bedingt - gestellten Beweisantrag noch in der Begründung seines Zulassungsantrags dargelegt, weshalb die Anwendung des in Nr. 4.6 GIRL vorgesehenen tierartspezifischen Faktors methodisch oder aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse fehlerhaft sein soll. Seiner Antragsbegründung mangelt es deshalb an der gebotenen, von schlüssigen Gegenargumenten gestützten konkreten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts.

Gleiches gilt für den Einwand, dem Gutachten hätten ungeeignete meteorologische Daten zugrunde gelegen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht unter Nr. 1.8 der Entscheidungsgründe über nahezu eine ganze Seite dargelegt und detailliert begründet, weshalb weder im Hinblick auf die Vergleichbarkeit des Messstandortes mit dem Vorhabensstandort noch in Bezug auf die Eignung älterer Wetterdaten Bedenken bestünden und dass zudem der auf diesem Gebiet hochkompetente Deutsche Wetterdienst keine Zweifel an der Verwendbarkeit der Daten geäußert habe. Hiermit hat sich der Kläger in keiner Weise auseinander gesetzt.

1.4. Erfolglos macht der Kläger geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden im Hinblick auf die - vom Verwaltungsgericht verneinten - erheblichen nachteiligen Einwirkungen von Ammoniakimmissionen auf den landwirtschaftlichen Grundstücken des Klägers (BUP 2, 4 und 5). Das Verwaltungsgericht hat auf S. 17 des angegriffenen Urteils unter Nr. 3.1 die Kriterien referiert, nach denen zu prüfen ist, ob erheblich nachteilige Ammoniakbelastungen vorliegen; unter Nr. 3.2 (S. 17/18) hat es sodann die im immissionsschutztechnischen Gutachten vorgenommenen Schritte - einschließlich einer Sonderfallbeurteilung mittels Ausbreitungsrechnung - dargelegt und nachvollzogen bis zu dem Ergebnis, dass angesichts einer in Bayern angenommenen maximalen ländlichen Hintergrundbelastung von 3 µg/m³ im vorliegenden Fall davon ausgegangen werde, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, womit schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten (S. 46 des Gutachtens). Das Gericht hat zwar nicht ausdrücklich, aber mit dieser Wiedergabe schlüssig zu erkennen gegeben, dass es das Gutachten insoweit für nachvollziehbar hält und keinen Grund zur Beanstandung sieht. Demgegenüber beschränkt sich der Kläger in der Antragsbegründung auf die Rüge, „eine konkrete weitergehende Überprüfung, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liegt“, sei im Gutachten unterlassen worden, eine konkrete Einzelfallprüfung sei nicht erfolgt. Er meint, das „pauschale Abstellen“ darauf, dass bei Annahme einer maximalen ländlichen Hintergrundbelastung in Bayern von 3 µg/m³ davon ausgegangen werden könne, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, wodurch schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten, genüge nicht, das Verwaltungsgericht hätte auch insoweit dem gestellten Beweisantrag nachkommen müssen.

Auch dieser Vortrag genügt jedoch nicht den Anforderungen an die gebotene Auseinandersetzung in der Begründung des Zulassungsantrags mit den entscheidungstragenden Gründen des Urteils. Der Kläger behauptet zwar die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens, legt aber nicht dar, inwiefern entweder dem immissionsschutztechnischen Gutachten unzutreffende Tatsachen als Anknüpfungspunkte zugrunde lägen, das Gutachten rechtliche Vorgaben fehlerhaft angewandt oder missachtet habe, wissenschaftlich methodisch fehlerhaft wäre oder unter welchen anderen rechtserheblichen Mängeln es litte mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht dem Gutachten nicht hätte folgen dürfen.

1.5. Erfolglos stützt der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch darauf, dass das streitige Vorhaben seine Rechte verletze, weil es schädliche Umwelteinwirkungen durch luftgetragene Schadstoffe (Bioaerosole) emittiere. Die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts stehen in der Begründung und im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung insbesondere des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat sich im Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149 und 22 ZB 122 ZB 12.151 - juris, Rn. 16 bis 18, ausführlich mit der vom Kläger angesprochenen Problematik befasst. Er hat dargelegt, dass in Fällen von Geflügelmastanlagen, von denen Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger ausgehen können, das Immissionsschutzrecht derzeit keinen Gesundheitsschutz für Menschen gegen solche Schadstoffe vermitteln kann, weil der Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, und dass es verbindliche Grenzwerte für Keimemissionen oder Keimimmissionen nicht gibt. Die Risiken derartiger Immissionen sind nach den fachlichen Einschätzungen u. a. des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und des Bayerischen Landesamts für Umwelt, denen der Verwaltungsgerichtshof gefolgt ist, nicht abschließend quantifizierbar. Kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt; es fehlen wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personen ausgehen. Die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen zudem. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher im dort entschiedenen Fall (B.v. 22.3.2012, a. a. O.) angenommen, dass - entgegen der vorliegenden Antragsbegründung - die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung nicht den Grad eines generellen Besorgnispotenzials überschreitet und somit zwar über das - nicht drittschützende - Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen ist, aber nicht den Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auslösen kann mit der Folge, dass auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ausgeschlossen ist. An dieser Ansicht hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst im Beschluss vom 12. März 2014 - 22 ZB 13.2382 - juris, Rn. 17, festgehalten und ausgeführt, solange der Ursachenzusammenhang zwischen potentiellen Emissionen einerseits und den Beeinträchtigungen andererseits, die bis zu ernsten Gesundheitsschäden bei manchen Menschen reichen können, derart ungewiss und wenig erforscht ist wie im Fall von Bioaerosolen, komme allein die Anwendung des Vorsorgegrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG) in Betracht.

Die wenig substantiierten Ausführungen des Klägers in der Klagebegründung vom 31. August 2012 (S. 10) und die noch knappere Darlegung in der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. unten, S. 7 oben) sind nicht geeignet, diese Bewertung in Frage zu stellen. Der Kläger hat allgemein die starke Belastung der Luft in Tierställen mit Bioaerosolen und den Umstand angeführt, dass in Hähnchenmastställen diese Konzentration am höchsten sei und regelmäßig die MAK-Werte für einatembaren und alveolengängigen Staub übersteige. Mit diesem Vortrag übersieht der Kläger indes, dass gerade der Wert für die maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) zwar Aussagen hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung von Arbeiten innerhalb des Tierstalls ermöglicht, aber keine zuverlässigen Folgerungen bezüglich der Immissionen außerhalb des Stalls, an benachbarten Grundstücken erlaubt. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 12. März 2014 darauf hingewiesen, dass - nach einer im dortigen Verfahren abgegebenen fachlichen Stellungnahme des LGL vom 7. Juni 2010 - die Gefährlichkeit von Krankheitserregern in der Stallinnenluft wesentlich größer ist als in der Außenluft, was u. a. auf die schwach ausgeprägte Überlebensfähigkeit vieler Keime unter normalen Wetterbedingungen zurückzuführen ist (BayVGH, B.v. 12.3.2014, a. a. O., Rn. 19).

1.6. Soweit der Kläger erstmals mit dem Schriftsatz vom 11. Juni 2013 ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Bezug auf die vom streitigen Vorhaben zu befürchtende Vernässung seines landwirtschaftlichen Grundstücks FlNr. 1021 der Gemarkung B. geltend macht, liegt sein Vortrag außerhalb der zweimonatigen Antragsbegründungsfrist und ist daher unbeachtlich (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Abgesehen davon hat sich das Verwaltungsgericht mit der vom Kläger geltend gemachten Gefahr, dass infolge der großflächigen Versiegelung des Stallgrundstücks Niederschlagswasser von dort aus sein Ackergrundstück FlNr. 1021 überfluten könne, im Urteil befasst; es hat diesbezügliche Befürchtungen des Klägers als unsubstantiiert und ohne ausreichende Tatsachengrundlage angesehen (Nr. 4.3 der Entscheidungsgründe auf S. 19 des Urteils). Überschwemmungsereignisse, die nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten sind, sind nicht zu berücksichtigen. Abgesehen davon haben sie für sich genommen keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie auch unabhängig von der bescheidsgemäßen Verwirklichung des strittigen Vorhabens eintreten könnten.

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hat der Kläger nicht dargelegt (Nr. 2 auf S. 7/8 der Antragsbegründung vom 24.4.2013). Der insoweit einzige, vom Kläger substantiiert angesprochene Gesichtspunkt des Immissionswertes von 0,25 (Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL) lässt sich - wie oben unter 1.2 geschehen - anhand der einschlägigen Regelungen in der GIRL, der Auslegungshinweise zur GIRL und unter Rückgriff auf die bisher ergangene Rechtsprechung zur Rechtsnatur der GIRL (vgl. oben 1.1.1) abarbeiten. Ferner weichen die tatsächlichen Details des vorliegenden Falls von anderen entschiedenen Fällen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht wesentlich ab.

3. Auch Verfahrensmängel in Gestalt der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht erfolgreich darzulegen. Der Kläger beanstandet insoweit die Behandlung derjenigen - bedingt gestellten - Beweisanträge durch das Verwaltungsgericht, die eine Immissionsbelastung durch Gerüche, Ammoniak und Bioaerosole betreffen (Beweisanträge Nrn. 1 bis 3 und 5). Dem ist nicht zu folgen.

Der „zum Beweis der Tatsache, dass ... schädliche Umwelteinwirkungen in Form von unzumutbaren Geruchsimmissionen verursacht werden“ gestellte Beweisantrag Nr. 1 war - wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe (S. 20 des Urteils) ausgeführt hat - nicht auf eine konkrete und individualisierte Tatsache, sondern auf die Ermittlung des durch richterliche Subsumtion zu klärenden Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 BlmSchG gerichtet und schon deshalb abzulehnen.

Entsprechendes gilt für den abgelehnten Beweisantrag Nr. 3 „zum Beweis der Tatsache, dass die geplante Anlage die auf dem Grundstück des Klägers ... liegenden Biotope des Klägers unzumutbar beeinträchtigt“. Die Unzumutbarkeit einer Beeinträchtigung ist keine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern ein unbestimmter Rechtsbegriff. Versteht man als eigentlichen Gegenstand des Beweisantrags die als Begründung hierzu vom Kläger genannten Umstände (Höhe der Ammoniakeinträge, Überschreitung der Irrelevanzschwelle von 3 µg/m³ sowie der Gesamtbelastung von 10 µg/m³), so ist der selbstständig tragende Ablehnungsgrund des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach die behaupteten Tatsache durch das vom Beigeladenen vorgelegte Gutachten ausreichend widerlegt und der Kläger dem Gutachten nicht substantiiert entgegen getreten ist (Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe, S. 20 des Urteils). Für diesen Fall erkennt die Rechtsprechung die Zulässigkeit der Ablehnung eines Beweisantrags an, ohne dass damit gegen die Grundsätze der Überzeugungsbildung oder den Untersuchungsgrundsatz verstoßen würde (Happ, a. a. O., § 86 Rn. 39, 44 m. w. N.).

Die mit dem Beweisantrag Nr. 2 unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Zusatzbelastung an Geruchsimmissionen durch den geplanten Hähnchenmaststall mit Mistlagerung am Wohnhaus des Klägers die Irrelevanzgrenze überschreite, zu einer Erhöhung der Geruchsbelastung führe und im Rahmen der Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen die Immissionsbelastung von 15% der Jahresstunden überschritten werde, hat das Verwaltungsgericht als wahr unterstellt und deshalb - verfahrensfehlerfrei - den Beweisantrag abgelehnt (Nr. 5.2 der Entscheidungsgründe).

Den Beweisantrag Nr. 5 „zum Beweis der Tatsache, dass durch die geplante Anlage am Wohnhaus und Grundstück des Klägers eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Bioaerosolimmissionen verursacht wird“ hat das Verwaltungsgericht - verfahrensfehlerfrei - mit der Begründung abgelehnt, dass eine Zumutbarkeitsgrenze für Bioaerosolimmissionen nicht existiert (Nr. 5.5 der Entscheidungsgründe, S. 21 des Urteils). Hinzu kommt, dass eine Beweisaufnahme zur Schließung fachwissenschaftlicher Wissenslücken in Bezug auf die gesundheitsschädlichen Wirkungen von Bioaerosolen verfehlt wäre, weil ihre Ergebnisse die zur Herbeiführung eines neuen Erkenntnisstands nötigen weiteren wissenschaftlichen Studien und deren fachliche Diskussion nicht ersetzen könnten; eine eigenständige Risikobewertung durch Behörden und Gerichte wäre erst dann möglich und erfolgversprechend, wenn die Forschung so weit fortgeschritten wäre, dass die Fragen anhand gesicherter Befunde von anerkannter wissenschaftlicher Seite geklärt werden könnten (BayVGH, B.v. 22.3.2012, a. a. O., Rn. 18, unter Hinweis auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.2.2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 ff.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz: Streitwert für die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 2.7.2012 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 15.1.2013).

(1) Durch Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 3 kann vorgeschrieben werden, dass die Genehmigung von Anlagen bestimmter Art oder bestimmten Umfangs in einem vereinfachten Verfahren erteilt wird, sofern dies nach Art, Ausmaß und Dauer der von diesen Anlagen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen mit dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vereinbar ist. Satz 1 gilt für Abfallentsorgungsanlagen entsprechend.

(2) In dem vereinfachten Verfahren sind § 10 Absatz 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Absatz 8 und 9 sowie die §§ 11 und 14 nicht anzuwenden.

(3) Die Genehmigung ist auf Antrag des Trägers des Vorhabens abweichend von den Absätzen 1 und 2 nicht in einem vereinfachten Verfahren zu erteilen.

(4) Die Genehmigung einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann nicht im vereinfachten Verfahren erteilt werden, wenn durch deren störfallrelevante Errichtung und Betrieb der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten unterschritten wird oder durch deren störfallrelevante Änderung der angemessene Sicherheitsabstand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig unterschritten wird, der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten wird oder eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst wird. In diesen Fällen ist das Verfahren nach § 10 mit Ausnahme von Absatz 4 Nummer 3 und Absatz 6 anzuwenden. § 10 Absatz 3 Satz 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur die Personen Einwendungen erheben können, deren Belange berührt sind oder Vereinigungen, welche die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Bei störfallrelevanten Änderungen ist § 16 Absatz 3 entsprechend anzuwenden. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, bereits auf Ebene einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen worden ist.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte immissionsschutz-rechtliche Genehmigung für eine Hähnchenmastanlage, bestehend u. a. aus einem Stall mit 39.500 Tierplätzen und vier Futtersilos. Der Stall soll im Außenbereich auf den Grundstücken FINrn. 1019/2 und 1020 der Gemarkung B. entstehen; auf dem südlich daran angrenzenden Grundstück FINr. 1005 betreibt der Beigeladene schon eine Biogasanlage. Seine Hofstelle mit Wohnhaus, Maschinenhalle und Rinderstall auf dem südwestlich des Vorhabens liegenden Grundstück FINr. 1011 soll aufgegeben werden. Der Kläger unterhält auf den weiter südlich liegenden Grundstücken FINrn. 1008 und 1014 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Mastschweine- und einem Zuchtsauenstall. Sein Wohnhaus ist etwa 150 m vom geplanten Hähnchenmaststall entfernt. Zudem ist er Eigentümer der Grundstücke FINr. 1021 (genutzt zum Getreideanbau), FINrn. 1002 und 1030 (mit drei als Immissionsorte BUP 2, 4 und 5 untersuchten Biotopen) und FINr. 1015.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 erteilte das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen dem Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Nr. 1) unter Nebenbestimmungen zum Lärmschutz (Nr. 3.7.1); eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Niederschlagswasserbeseitigung wurde einem separaten Verfahren vorbehalten (Nr. 2). Die genannte Nebenbestimmung wurde im Lauf des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens durch Bescheid des Landratsamts vom 15. Januar 2013 ergänzt. Die gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gerichtete sowie die getrennt hiervon gegen den Ergänzungsbescheid vom 15. Januar 2013 erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht München zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 19. Februar 2013 abgewiesen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) geltend.

Der Beklagte und der Beigeladene haben jeweils beantragt, die Berufung nicht zuzulassen; sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, das verfahrensfehlerfrei zustandegekommen und auch materiellrechtlich zutreffend sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den Darlegungen des Klägers, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ergeben sich die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) nicht.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht darzulegen.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 62 ff.). Dies ist vorliegend dem Kläger mit seinem Vortrag nicht gelungen.

1.1. Der Kläger stützt ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf, dass das Verwaltungsgericht im Bezug auf Geruchsimmissionen den Wert von 0,25 (25% der Jahresgeruchsstunden), der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (Geruchsimmissions-Richtlinie - GIRL - in der Fassung vom 29.2.2008 und einer Ergänzung vom 10.9.2008 mit Begründung und Auslegungshinweisen in der Fassung vom 29.2.2008) genannt ist, nur als Anhaltspunkt, nicht aber als starre Obergrenze angesehen und demzufolge die beim Kläger gegebene Überschreitung (Geruchshäufigkeit von 37%) als rechtens angesehen hat (nachfolgend beziehen sich Seitenangaben „bei Feldhaus S. xy“ auf die Veröffentlichung der GIRL in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 4, C 4.11 (LAI)). Der Kläger macht geltend, jegliche Überschreitung des Wertes 0,25 führe grundsätzlich zu einer Rechtsverletzung des Betroffenen (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 3 unten, S. 4 oben). Dem ist nicht zu folgen. Denn zum einen entfalten die GIRL sowie die hierzu ergangenen Auslegungshinweise mangels entsprechender Rechtsqualität keine die Verwaltungsgerichte bindende Wirkung (1.1.1). Zum andern lässt sich der GIRL und den Auslegungsweisen nicht entnehmen, dass der vorliegende Sachverhalt unter Nr. 3.1 GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen abschließend und ausnahmslos mit dem vom Kläger angenommenen Ergebnis geregelt wäre (1.1.2).

1.1.1. Zur Rechtsqualität der GIRL und vergleichbarer Regelwerke hat das Bundesverwaltungsgericht (B.v. 28.7.2010 - 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083, Rn. 3) ausgeführt: „Technische Regelwerke erzeugen für die Behörden und Gerichte keine Bindungswirkung, wenn der Gesetzgeber sie, wie das bei der GIRL der Fall ist, nicht in seinen Regelungswillen aufnimmt. Sie dürfen aber im Einzelfall im Rahmen der tatrichterlichen Bewertung als Orientierungshilfe herangezogen werden (U.v. 19.1.1989 - BVerwG 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197; B.v. 24.1.1992 - BVerwG 4 B 228.91 - Buchholz 406.12 § 4a BauNVO Nr. 2 juris Rn. 6; BGH, U.v. 21.6.2001 - III ZR 313/99 - BRS 64 Nr. 171 S. 665 f.), und zwar unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt sind“. Die GIRL enthält technische Normen, die auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben (OVG NRW, B.v. 14.1.2010 - 8 B 1015/09 - RdL 2010, 124, Rn. 31 und 32 unter Hinweis u. a. auf BVerwG, B.v. 7.5.2007 - 4 B 5.07 - BauR 2007, 1454). Vorliegend war deshalb das Verwaltungsgericht entgegen der Ansicht des Klägers von Rechts wegen nicht gehindert, den in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) genannten Wert von 0,25 nicht als absolute Obergrenze anzusehen. Die Annahme einer derartigen Bindungswirkung wäre demgegenüber rechtlich nicht haltbar.

1.1.2. Auch inhaltlich rechtfertigen Regelungen und Systematik der GIRL sowie der Auslegungshinweise hierzu nicht die Annahme, der in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL genannte Wert von 0,25 (bei Feldhaus S. 32) sei eine Obergrenze, die in keinem Fall überschritten werden dürfe. In Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1 (bei Feldhaus S. 4), ist für drei verschiedene Gebietsarten ein Immissionswert (IW) angegeben, der diejenige Grenze der Gesamtbelastung durch Geruchsimmissionen beschreibt, bei deren Überschreitung i.d.R. eine erhebliche Belästigung vorliegt. Allerdings berücksichtigt Nr. 3.1 i. V. m. Nr. 5 GIRL (vgl. bei Feldhaus S. 5 oben, S. 13), dass zur Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung ein Vergleich mit den Immissionswerten der Tabelle 1 mitunter nicht ausreichen kann, so dass im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit eine Einzelfallprüfung stattzufinden hat, die nach der Berücksichtigung weiterer, gegebenenfalls einer Vielzahl von Kriterien zu einem Ergebnis führen kann, das von den Werten in Tabelle 1 (Nr. 3.1 GIRL) nach oben oder nach unten abweicht. Hieraus ergibt sich, dass bereits den in der GIRL genannten Immissionswerten keine abschließend geregelte Verbindlichkeit zukommen soll. Die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL (bei Feldhaus S. 31/32) besagen nichts Gegenteiliges, sondern bestätigen diesen Befund. Denn dort werden die „speziellen Fälle“, zu denen auch die vom Kläger angesprochene Möglichkeit der Erhöhung des Immissionswerts auf bis zu 0,25 bei Geruchsimmissionen und schutzbedürftigen Objekten im Außenbereich gehört, ausdrücklich als „Beispiele“ bezeichnet; die Auslegungshinweise schließen die Erhöhung der unter Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, genannten Immissionswerte auch in andern geeigneten Ausnahmefällen somit nicht aus. Zudem sieht Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 13/14) in begründeten Einzelfällen die Zulässigkeit weiterer Abweichungen von den in Tabelle 1 festgelegten Immissionswerten vor. Die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL (bei Feldhaus S. 40 ff.) nennen als einen der möglichen, beispielhaft genannten Ausnahmefälle das Nebeneinander von geruchsemittierenden landwirtschaftlichen Betrieben und verweisen insoweit auf die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“ (vgl. bei Feldhaus S. 42, S. 22 ff., S. 26 ff.). Wie der im Unterabschnitt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ enthaltene Hinweis auf einen ungewöhnlichen, vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall des „landwirtschaftsbezogenen Wohnens“ zeigt (B.v. 18.3.2002 - 7 B 315/02 - NVwZ 2002, 1390), kann unter besonderen Umständen sogar eine Geruchshäufigkeit von 50% noch zumutbar sein.

Zutreffend ist zwar, dass bei der Annahme, eine Geruchshäufigkeit von mehr als 25% sei noch zumutbar, auch im Außenbereich große Zurückhaltung geboten ist und der soeben genannte Wert einer Geruchshäufigkeit von 50% nicht zur regelmäßigen Beurteilung solcher Fälle herangezogen werden soll (GIRL, bei Feldhaus S. 29). Dies bedeutet aber umgekehrt, dass bei einem Nebeneinander mehrerer emittierender landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe in besonderen Einzelfällen auch derartige Geruchshäufigkeiten zumutbar sein können. Auch nach dem Regelungsgehalt und der Systematik der GIRL ist der Immissionswert von 0,25 danach keine absolute Obergrenze. Der vom Kläger (im Schriftsatz vom 11.6.2013, S. 2 und 3) auch für seinen Fall für zutreffend gehaltenen Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (U.v. 24.4.2012 - 3 K 6274/09 - juris, Rn. 85 bis 87, und B.v. 6.12.2012 - 3 L 1208/12 - juris, aufrechterhalten im B.v. 18.6.2013 - 3 K 5158/12 - juris), wonach der Wert von 0,25 die „absolut zulässige Obergrenze“ sei, ist somit nicht zu folgen. Soweit sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Urteil vom 24. April 2012 (a. a. O., Rn. 86) seinerseits auf ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, U.v. 25.3.2009 - 7 D 129/07.NE - ZfBR 2009, 482) beruft, ist dies nicht gerechtfertigt; dort findet sich eine derartige wörtliche oder sinngemäße Aussage („absolute Obergrenze“) gerade nicht; vielmehr spricht das Gericht - relativierend - stets nur von einer „regelmäßigen“ Unzumutbarkeit von Geruchshäufigkeiten oberhalb von 25%. Zur rechtlichen Bedeutung des Wertes 0,25 in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL hat sich das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 25. März 2009 nicht geäußert, sondern auf die - oben genannte - frühere Entscheidung vom 18. März 2002, a. a. O. („landwirtschaftsbezogenes Wohnen“), hingewiesen, die einen solchen „Nachbarstreit“ betraf. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erwähnt zwar den vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (U.v. 25.3.2009, a. a. O., Rn. 127 und 128) betonten Unterschied zwischen einer planerischen Abwägung im Hinblick auf Geruchsbelastungen einerseits (nur diese war Gegenstand des Urteils vom 25.3.2009) und Nachbarstreitigkeiten andererseits; es meint aber zu erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen eine absolute Obergrenze bei 0,25 auch zum Schutz betroffener Nachbarn anzuerkennen bereit sei (VG Düsseldorf, U.v. 24.4.2012, a. a. O., Rn. 87). Im Nachgang zum Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012, a. a. O., hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die Frage, ob der genannte Wert von 0,25 eine absolute Obergrenze darstelle, ausdrücklich offen gelassen (OVG NRW, B.v. 9.12.2013 - 8 A 1451/12 - juris, Leitsatz 5 und Rn. 67 ff.), wenngleich es mit weiteren Ausführungen keinen Zweifel daran gelassen hat, dass nach den Intentionen der GIRL und den hierzu ergangenen Auslegungshinweisen verschiedene Umstände, die bei landwirtschaftlichen Anwesen mit Wohnungen im Außenbereich typischerweise vorliegen, schon durch die zugelassene Anhebung des nach Nr. 3.1 GIRL, Tabelle 1, für Dorfgebiete geltenden Immissionswerts (0,15) auf 0,25 berücksichtigt werden und eine Überschreitung auch dieses Werts ganz besonderer Ausnahmegründe bedarf.

1.2. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht besondere Ausnahmegründe angenommen und dabei wesentlich darauf abgestellt, dass die am Wohnhaus des Klägers zu erwartende Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen (37% Geruchshäufigkeit) überwiegend vom Kläger selbst verursacht wird, zumal das Wohnhaus direkt neben den eigenen Stallanlagen steht (S. 14 Mitte des Urteils). Dass gleichwohl besondere Ausnahmegründe nicht vorliegen, ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers nicht. Der Kläger greift insofern das Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung an, ohne aber aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht den insoweit gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmen überschritten hätte (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11). Der Kläger macht geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden auch dann, wenn die zumutbare Geruchshäufigkeit - entgegen seiner Rechtsansicht - nicht bei maximal 25% liege; in diesem Fall wäre nämlich eine konkrete Einzelfallprüfung geboten, die vorliegend unterlassen oder jedenfalls fehlerhaft durchgeführt worden sei (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 4 unten, S. 5). Der Kläger bemängelt insoweit, das Verwaltungsgericht habe sich damit beschränkt, auf verschiedene Gerichtsentscheidungen zu verweisen, in denen - bei den dort zu beurteilenden Einzelfällen - höhere Geruchshäufigkeiten von bis zu 50% der Jahresstunden als zumutbar angesehen worden seien. Außerdem sei nach den Auslegungshinweisen zu Nrn. 1 und 5 GIRL (bei Feldhaus S. 29 und S 40 ff.) bei der Ermittlung der Geruchsbelastung durch den benachbarten Betrieb die im eigenen Betrieb erzeugte Belastung nicht hinzuzurechnen. Bei der anzustellenden Einzelfallbetrachtung seien daher die Geruchsimmissionen am Wohnhaus des Klägers aus seinem eigenen Betrieb nicht einzurechnen. Deshalb habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht die vom angegriffenen Vorhaben verursachten Gerüche als nachrangig angesehen. Damit kann der Kläger nicht durchdringen.

Mit seinem Hinweis auf die nach seiner Ansicht vom Verwaltungsgericht missachteten Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL (Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der vom eigenen Betrieb erzeugten Geruchsbelastung) meint der Kläger wohl, bei der Einzelfallbetrachtung müsse (zugunsten des Klägers) die von seinem Betrieb verursachte Geruchsbelastung in die Gesamtbelastung einfließen, sie dürfe aber - ungeachtet ihres beträchtlichen Beitrags zur Gesamtbelastung - nicht (zu seinen Lasten) schutzmindernd bewertet werden. Derartiges ergibt sich aus den Auslegungsweisen aber nicht. Wenn vielmehr in den Auslegungsweisen zu Nr. 1 GIRL (bei Feldhaus S. 30, Abschn. 2) davon die Rede ist, dass Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen nicht in die Beurteilung der Geruchsimmissionssituation einzubeziehen sind, was auch Eingang in die Rechtsprechung (z. B. des NdsOVG, U.v. 25.7.2002 - 1 LB 980/01) zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ der emittierenden landwirtschaftlichen Betriebe gefunden habe, so meint dies vielmehr das Gegenteil: Wohnhäuser, die zu benachbarten Tierhaltungsbetrieben gehören, sind in dieser „Schicksalsgemeinschaft“ von Wohnnutzungen und geruchsemittierenden Tierhaltungen, die jeweils gegenseitig sowohl Geruchsbelastungen verursachen als auch unter solchen Belastungen leiden, zwar nicht schutzlos gestellt, aber ihr Schutz ist stark gemindert. Das Verwaltungsgericht hat demzufolge die Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL zutreffend angewandt und überdies die in einer solchen „Schicksalsgemeinschaft“ berechtigte Erwägung angeführt, wonach ein Landwirt dann, wenn man seiner Wohnung innerhalb des landwirtschaftlichen Anwesens uneingeschränkte Schutzbedürftigkeit zugestände, durch Weiterführung seiner eigenen Tierhaltung einem Nachbarn jede Möglichkeit der betrieblichen Entwicklung nehmen könnte.

Demzufolge geht auch der Einwand des Klägers ins Leere, das Verwaltungsgericht habe - aufgrund der (vermeintlich) fehlerhaften Anwendung der Auslegungshinweise zu Nrn. 1 und 5 GIRL - zu Unrecht die vom streitigen Vorhaben verursachte Zusatzbelastung als nachrangig bezeichnet (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. 5 oben). Vielmehr ergibt sich aus den unter Nr. 1.3 der Entscheidungsgründe (S. 12 unten des Urteils) wiedergegebenen Aussagen im immissionsschutztechnischen Gutachten des Büros h... vom 10. April 2012, dass der geplante Hähnchenmaststall mit Geflügelmistlagerung am Wohnhaus des Klägers (BUP 1) eine Zusatzbelastung von 2% verursacht, dass die derzeit vom Beigeladenen durch eine Biogasanlage und einen Rinderstall verursachte Belastung 7% beträgt, sich bei Errichtung des Hähnchenmaststalls und damit einhergehendem Wegfall des Rinderstalls aber auf 6% verringert, und dass die Gesamtbelastung bei Verwirklichung des Vorhabens (Vorbelastung durch Schweinemastbetrieb des Klägers, Biogasanlage und geplantem Hähnchenmaststall des Beigeladenen, Wegfall des Rinderstalls) 37% beträgt. Die Richtigkeit dieser vom Gutachter ermittelten Anteile an der Geruchsimmissionsbelastung insgesamt sowie auch deren Höhe (37%) hat der Kläger nicht substantiiert in Frage gestellt. Einen Anteil von 6% bei insgesamt 37%, somit etwa ein Sechstel, als „nachrangig“ zu betrachten, stellt ein Ergebnis richterlicher Überzeugungsbildung dar, das die Grenzen des insoweit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Wertungsrahmens nicht überschreitet.

1.3. Soweit der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darauf stützt, dass das immissionsschutztechnische Gutachten einen falschen tierartspezifischen Faktor angesetzt und veraltete meteorologische Daten aus dem Jahr 2002 eines etwa 30 km entfernt gelegenen Messstandorts zugrundegelegt habe, kann ihm nicht gefolgt werden.

Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass in Nr. 4.6 GIRL, Tabelle 4 (bei Feldhaus S. 13), ein Gewichtungsfaktor von 1,5 (das ist der vorliegend vom Gutachter verwendete Faktor) für die tierartspezifische Geruchshäufigkeit von Mastgeflügel (Puten, Masthähnchen) vorgesehen ist. Der Kläger hat weder in seinem in der (ersten) mündlichen Verhandlung vom 20. November 2012 - nur bedingt - gestellten Beweisantrag noch in der Begründung seines Zulassungsantrags dargelegt, weshalb die Anwendung des in Nr. 4.6 GIRL vorgesehenen tierartspezifischen Faktors methodisch oder aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse fehlerhaft sein soll. Seiner Antragsbegründung mangelt es deshalb an der gebotenen, von schlüssigen Gegenargumenten gestützten konkreten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts.

Gleiches gilt für den Einwand, dem Gutachten hätten ungeeignete meteorologische Daten zugrunde gelegen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht unter Nr. 1.8 der Entscheidungsgründe über nahezu eine ganze Seite dargelegt und detailliert begründet, weshalb weder im Hinblick auf die Vergleichbarkeit des Messstandortes mit dem Vorhabensstandort noch in Bezug auf die Eignung älterer Wetterdaten Bedenken bestünden und dass zudem der auf diesem Gebiet hochkompetente Deutsche Wetterdienst keine Zweifel an der Verwendbarkeit der Daten geäußert habe. Hiermit hat sich der Kläger in keiner Weise auseinander gesetzt.

1.4. Erfolglos macht der Kläger geltend, ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden im Hinblick auf die - vom Verwaltungsgericht verneinten - erheblichen nachteiligen Einwirkungen von Ammoniakimmissionen auf den landwirtschaftlichen Grundstücken des Klägers (BUP 2, 4 und 5). Das Verwaltungsgericht hat auf S. 17 des angegriffenen Urteils unter Nr. 3.1 die Kriterien referiert, nach denen zu prüfen ist, ob erheblich nachteilige Ammoniakbelastungen vorliegen; unter Nr. 3.2 (S. 17/18) hat es sodann die im immissionsschutztechnischen Gutachten vorgenommenen Schritte - einschließlich einer Sonderfallbeurteilung mittels Ausbreitungsrechnung - dargelegt und nachvollzogen bis zu dem Ergebnis, dass angesichts einer in Bayern angenommenen maximalen ländlichen Hintergrundbelastung von 3 µg/m³ im vorliegenden Fall davon ausgegangen werde, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, womit schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten (S. 46 des Gutachtens). Das Gericht hat zwar nicht ausdrücklich, aber mit dieser Wiedergabe schlüssig zu erkennen gegeben, dass es das Gutachten insoweit für nachvollziehbar hält und keinen Grund zur Beanstandung sieht. Demgegenüber beschränkt sich der Kläger in der Antragsbegründung auf die Rüge, „eine konkrete weitergehende Überprüfung, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liegt“, sei im Gutachten unterlassen worden, eine konkrete Einzelfallprüfung sei nicht erfolgt. Er meint, das „pauschale Abstellen“ darauf, dass bei Annahme einer maximalen ländlichen Hintergrundbelastung in Bayern von 3 µg/m³ davon ausgegangen werden könne, dass jedenfalls die Gesamtbelastung unter 10 µg/m³ liege, wodurch schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak auf stickstoffempfindliche Pflanzen und Sträucher ausgeschlossen werden könnten, genüge nicht, das Verwaltungsgericht hätte auch insoweit dem gestellten Beweisantrag nachkommen müssen.

Auch dieser Vortrag genügt jedoch nicht den Anforderungen an die gebotene Auseinandersetzung in der Begründung des Zulassungsantrags mit den entscheidungstragenden Gründen des Urteils. Der Kläger behauptet zwar die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens, legt aber nicht dar, inwiefern entweder dem immissionsschutztechnischen Gutachten unzutreffende Tatsachen als Anknüpfungspunkte zugrunde lägen, das Gutachten rechtliche Vorgaben fehlerhaft angewandt oder missachtet habe, wissenschaftlich methodisch fehlerhaft wäre oder unter welchen anderen rechtserheblichen Mängeln es litte mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht dem Gutachten nicht hätte folgen dürfen.

1.5. Erfolglos stützt der Kläger ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch darauf, dass das streitige Vorhaben seine Rechte verletze, weil es schädliche Umwelteinwirkungen durch luftgetragene Schadstoffe (Bioaerosole) emittiere. Die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts stehen in der Begründung und im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung insbesondere des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat sich im Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149 und 22 ZB 122 ZB 12.151 - juris, Rn. 16 bis 18, ausführlich mit der vom Kläger angesprochenen Problematik befasst. Er hat dargelegt, dass in Fällen von Geflügelmastanlagen, von denen Bioaerosole bzw. luftgetragene Krankheitserreger ausgehen können, das Immissionsschutzrecht derzeit keinen Gesundheitsschutz für Menschen gegen solche Schadstoffe vermitteln kann, weil der Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit solcher Immissionen für Menschen zulässt, und dass es verbindliche Grenzwerte für Keimemissionen oder Keimimmissionen nicht gibt. Die Risiken derartiger Immissionen sind nach den fachlichen Einschätzungen u. a. des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und des Bayerischen Landesamts für Umwelt, denen der Verwaltungsgerichtshof gefolgt ist, nicht abschließend quantifizierbar. Kausale Verursachungszusammenhänge sind nicht hinreichend bekannt; es fehlen wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personen ausgehen. Die sich verändernde Zusammensetzung der luftgetragenen Bioaerosole und die sich erst allmählich durchsetzende Standardisierung der messtechnischen Erfassung erschweren die Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen zudem. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher im dort entschiedenen Fall (B.v. 22.3.2012, a. a. O.) angenommen, dass - entgegen der vorliegenden Antragsbegründung - die von Bioaerosolen potentiell ausgehende Gefährdung nicht den Grad eines generellen Besorgnispotenzials überschreitet und somit zwar über das - nicht drittschützende - Vorsorgegebot nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigen ist, aber nicht den Schutzanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auslösen kann mit der Folge, dass auch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ausgeschlossen ist. An dieser Ansicht hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst im Beschluss vom 12. März 2014 - 22 ZB 13.2382 - juris, Rn. 17, festgehalten und ausgeführt, solange der Ursachenzusammenhang zwischen potentiellen Emissionen einerseits und den Beeinträchtigungen andererseits, die bis zu ernsten Gesundheitsschäden bei manchen Menschen reichen können, derart ungewiss und wenig erforscht ist wie im Fall von Bioaerosolen, komme allein die Anwendung des Vorsorgegrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG) in Betracht.

Die wenig substantiierten Ausführungen des Klägers in der Klagebegründung vom 31. August 2012 (S. 10) und die noch knappere Darlegung in der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 24.4.2013, S. unten, S. 7 oben) sind nicht geeignet, diese Bewertung in Frage zu stellen. Der Kläger hat allgemein die starke Belastung der Luft in Tierställen mit Bioaerosolen und den Umstand angeführt, dass in Hähnchenmastställen diese Konzentration am höchsten sei und regelmäßig die MAK-Werte für einatembaren und alveolengängigen Staub übersteige. Mit diesem Vortrag übersieht der Kläger indes, dass gerade der Wert für die maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) zwar Aussagen hinsichtlich der Gesundheitsgefährdung von Arbeiten innerhalb des Tierstalls ermöglicht, aber keine zuverlässigen Folgerungen bezüglich der Immissionen außerhalb des Stalls, an benachbarten Grundstücken erlaubt. In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 12. März 2014 darauf hingewiesen, dass - nach einer im dortigen Verfahren abgegebenen fachlichen Stellungnahme des LGL vom 7. Juni 2010 - die Gefährlichkeit von Krankheitserregern in der Stallinnenluft wesentlich größer ist als in der Außenluft, was u. a. auf die schwach ausgeprägte Überlebensfähigkeit vieler Keime unter normalen Wetterbedingungen zurückzuführen ist (BayVGH, B.v. 12.3.2014, a. a. O., Rn. 19).

1.6. Soweit der Kläger erstmals mit dem Schriftsatz vom 11. Juni 2013 ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Bezug auf die vom streitigen Vorhaben zu befürchtende Vernässung seines landwirtschaftlichen Grundstücks FlNr. 1021 der Gemarkung B. geltend macht, liegt sein Vortrag außerhalb der zweimonatigen Antragsbegründungsfrist und ist daher unbeachtlich (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Abgesehen davon hat sich das Verwaltungsgericht mit der vom Kläger geltend gemachten Gefahr, dass infolge der großflächigen Versiegelung des Stallgrundstücks Niederschlagswasser von dort aus sein Ackergrundstück FlNr. 1021 überfluten könne, im Urteil befasst; es hat diesbezügliche Befürchtungen des Klägers als unsubstantiiert und ohne ausreichende Tatsachengrundlage angesehen (Nr. 4.3 der Entscheidungsgründe auf S. 19 des Urteils). Überschwemmungsereignisse, die nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt eingetreten sind, sind nicht zu berücksichtigen. Abgesehen davon haben sie für sich genommen keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie auch unabhängig von der bescheidsgemäßen Verwirklichung des strittigen Vorhabens eintreten könnten.

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hat der Kläger nicht dargelegt (Nr. 2 auf S. 7/8 der Antragsbegründung vom 24.4.2013). Der insoweit einzige, vom Kläger substantiiert angesprochene Gesichtspunkt des Immissionswertes von 0,25 (Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL) lässt sich - wie oben unter 1.2 geschehen - anhand der einschlägigen Regelungen in der GIRL, der Auslegungshinweise zur GIRL und unter Rückgriff auf die bisher ergangene Rechtsprechung zur Rechtsnatur der GIRL (vgl. oben 1.1.1) abarbeiten. Ferner weichen die tatsächlichen Details des vorliegenden Falls von anderen entschiedenen Fällen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht wesentlich ab.

3. Auch Verfahrensmängel in Gestalt der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung (§ 124 Abs. 2 Nr. 5, § 86 Abs. 1 VwGO) vermag der Kläger nicht erfolgreich darzulegen. Der Kläger beanstandet insoweit die Behandlung derjenigen - bedingt gestellten - Beweisanträge durch das Verwaltungsgericht, die eine Immissionsbelastung durch Gerüche, Ammoniak und Bioaerosole betreffen (Beweisanträge Nrn. 1 bis 3 und 5). Dem ist nicht zu folgen.

Der „zum Beweis der Tatsache, dass ... schädliche Umwelteinwirkungen in Form von unzumutbaren Geruchsimmissionen verursacht werden“ gestellte Beweisantrag Nr. 1 war - wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe (S. 20 des Urteils) ausgeführt hat - nicht auf eine konkrete und individualisierte Tatsache, sondern auf die Ermittlung des durch richterliche Subsumtion zu klärenden Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 3 BlmSchG gerichtet und schon deshalb abzulehnen.

Entsprechendes gilt für den abgelehnten Beweisantrag Nr. 3 „zum Beweis der Tatsache, dass die geplante Anlage die auf dem Grundstück des Klägers ... liegenden Biotope des Klägers unzumutbar beeinträchtigt“. Die Unzumutbarkeit einer Beeinträchtigung ist keine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern ein unbestimmter Rechtsbegriff. Versteht man als eigentlichen Gegenstand des Beweisantrags die als Begründung hierzu vom Kläger genannten Umstände (Höhe der Ammoniakeinträge, Überschreitung der Irrelevanzschwelle von 3 µg/m³ sowie der Gesamtbelastung von 10 µg/m³), so ist der selbstständig tragende Ablehnungsgrund des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, wonach die behaupteten Tatsache durch das vom Beigeladenen vorgelegte Gutachten ausreichend widerlegt und der Kläger dem Gutachten nicht substantiiert entgegen getreten ist (Nr. 5.1 der Entscheidungsgründe, S. 20 des Urteils). Für diesen Fall erkennt die Rechtsprechung die Zulässigkeit der Ablehnung eines Beweisantrags an, ohne dass damit gegen die Grundsätze der Überzeugungsbildung oder den Untersuchungsgrundsatz verstoßen würde (Happ, a. a. O., § 86 Rn. 39, 44 m. w. N.).

Die mit dem Beweisantrag Nr. 2 unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Zusatzbelastung an Geruchsimmissionen durch den geplanten Hähnchenmaststall mit Mistlagerung am Wohnhaus des Klägers die Irrelevanzgrenze überschreite, zu einer Erhöhung der Geruchsbelastung führe und im Rahmen der Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen die Immissionsbelastung von 15% der Jahresstunden überschritten werde, hat das Verwaltungsgericht als wahr unterstellt und deshalb - verfahrensfehlerfrei - den Beweisantrag abgelehnt (Nr. 5.2 der Entscheidungsgründe).

Den Beweisantrag Nr. 5 „zum Beweis der Tatsache, dass durch die geplante Anlage am Wohnhaus und Grundstück des Klägers eine unzumutbare Beeinträchtigung durch Bioaerosolimmissionen verursacht wird“ hat das Verwaltungsgericht - verfahrensfehlerfrei - mit der Begründung abgelehnt, dass eine Zumutbarkeitsgrenze für Bioaerosolimmissionen nicht existiert (Nr. 5.5 der Entscheidungsgründe, S. 21 des Urteils). Hinzu kommt, dass eine Beweisaufnahme zur Schließung fachwissenschaftlicher Wissenslücken in Bezug auf die gesundheitsschädlichen Wirkungen von Bioaerosolen verfehlt wäre, weil ihre Ergebnisse die zur Herbeiführung eines neuen Erkenntnisstands nötigen weiteren wissenschaftlichen Studien und deren fachliche Diskussion nicht ersetzen könnten; eine eigenständige Risikobewertung durch Behörden und Gerichte wäre erst dann möglich und erfolgversprechend, wenn die Forschung so weit fortgeschritten wäre, dass die Fragen anhand gesicherter Befunde von anerkannter wissenschaftlicher Seite geklärt werden könnten (BayVGH, B.v. 22.3.2012, a. a. O., Rn. 18, unter Hinweis auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28.2.2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638 ff.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz: Streitwert für die Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 2.7.2012 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 15.1.2013).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Kommt der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 7 nicht nach und betreffen die Auflage, die Anordnung oder die Pflicht die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage, so kann die zuständige Behörde den Betrieb ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Auflage, der Anordnung oder der Pflichten aus der Rechtsverordnung nach § 7 untersagen. Die zuständige Behörde hat den Betrieb ganz oder teilweise nach Satz 1 zu untersagen, wenn ein Verstoß gegen die Auflage, Anordnung oder Pflicht eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit verursacht oder eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt darstellt.

(1a) Die zuständige Behörde hat die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer genehmigungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist und gewerblichen Zwecken dient oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung findet, ganz oder teilweise zu untersagen, solange und soweit die von dem Betreiber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU oder zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle eindeutig unzureichend sind. Bei der Entscheidung über eine Untersagung berücksichtigt die zuständige Behörde auch schwerwiegende Unterlassungen in Bezug auf erforderliche Folgemaßnahmen, die in einem Überwachungsbericht nach § 16 Absatz 2 Nummer 1 der Störfall-Verordnung festgelegt worden sind. Die zuständige Behörde kann die Inbetriebnahme oder Weiterführung einer Anlage im Sinne des Satzes 1 ganz oder teilweise untersagen, wenn der Betreiber die in einer zur Umsetzung der Richtlinie 2012/18/EU erlassenen Rechtsverordnung vorgeschriebenen Mitteilungen, Berichte oder sonstigen Informationen nicht fristgerecht übermittelt.

(2) Die zuständige Behörde soll anordnen, dass eine Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, stillzulegen oder zu beseitigen ist. Sie hat die Beseitigung anzuordnen, wenn die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht auf andere Weise ausreichend geschützt werden kann.

(3) Die zuständige Behörde kann den weiteren Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage durch den Betreiber oder einen mit der Leitung des Betriebs Beauftragten untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit dieser Personen in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dartun, und die Untersagung zum Wohl der Allgemeinheit geboten ist. Dem Betreiber der Anlage kann auf Antrag die Erlaubnis erteilt werden, die Anlage durch eine Person betreiben zu lassen, die die Gewähr für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage bietet. Die Erlaubnis kann mit Auflagen verbunden werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.