Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Juni 2016 - M 18 S 16.2409

bei uns veröffentlicht am16.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 100.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Nach einem Untersuchungsbericht des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und

Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 30.März 2015 (Bl. 71 d. Behördenakte) wurden in einem von der Antragstellerin hergestellten Produkt „Original Bayerisches Wacholderwammerl“ Listeria monocytogenes in einer Zahl von 190000 KbE/g (Keimbildende Einheiten pro Gramm) nachgewiesen. Die vorausgegangene Probeentnahme erfolgte am 16. März 2016 durch die Lebensmittelüberwachung des Landsratsamts Nürnberger Land im Einzelhandel. Das Produkt befand sich in einem durchsichtigen, mit Klebesiegel verschlossenen Kunststoffbeutel. Im Rahmen der Beurteilung führt das LGL aus, die Spezies Listeria monocytogenes habe auch als Krankheitserreger bei Tier und Mensch eine Bedeutung. Meist nehme die Erkrankung beim Menschen einen relativ harmlosen Verlauf. Bestimmte Risikogruppen, zu denen besonders Schwangere und Neugeborene zählten, könnten ernste Symptome wie Totgeburt oder Frühgeburt oder Neugeborenenlisteriose entwickeln. Auch bei älteren und anderen in ihrer Immunantwort auf Infektionen geschwächten Personen kämen schwere Formen der Listeriose mit dem Bild einer Meningitis oder Sepsis vor. Da das genannte Lebensmittel auch ohne weitere Behandlung, die zu einer sicheren Abtötung von Listeria monocytogenes führt, verzehrt werden könne, bestehe insbesondere für Verbraucher mit besonderer gesundheitlicher Empfindlichkeit (z. B. Kinder, ältere und/oder immunsupprimierte Personen) ein gesundheitliches Risiko sowie bei Schwangeren die Gefahr einer Schädigung des Fetus, Art. 14 Abs. 4c VO (EG) Nr. 178/2002. Die Probe wurde deshalb als gesundheitsschädlich nach § 5 LFGB und Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2a der VO (EG) Nr.178/2002 beurteilt.

Nach einem Untersuchungsbericht eines akkreditierten Prüflabors vom 12. April 2016 (Bl. 82 d. Behördenakte), der im Auftrag der Antragstellerin erstellt wurde, ergab die mikrobiolgische Untersuchung von 10 Wischerproben im Betrieb der Antragstellerin im Hinblick auf Listeria monocytogenes an 9 Probestellen die Beurteilung sehr gut (0 Listeria monocytogenes/Wischer), an einer Probestelle die Beurteilung nicht akzeptabel (7 Listeria monocytogenes/Wischer). Nach einem weiteren Untersuchungsbericht vom 12. Mai 2016 (Bl. 84 d. Behördenakte) ergab die mikrobiologische Untersuchung an 8 Probestellen die Beurteilung sehr gut (0 Listeria monocytogenes/Wischer).

Nach einem Befundbericht des LGL vom 28. April 2016 (Bl. 111 d. Behördenakte) wurden in einer am 18. April 2016 im Betrieb der Antragstellerin entnommenen Probe des Produkts „Schweinebauch QS S Deli-Bauch o.Bein“ Listeria monocytogenes in 25 g Lebensmittel über Anreicherungsverfahren nachgewiesen. Die Keimzahl lag danach unterhalb der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g. Da es sich um Rohware handle, die unter den normalen Bedingungen der Verwendung vor dem Verzehr einer weiteren Behandlung unterzogen werde, die ein Abtöten von Listeria monocytogenes im Normalfall sicherstellen sollte, erfolge keine lebensmittelrechtliche Beurteilung.

Nach einem weiteren Gutachten des LGL ebenfalls vom 28. April 2016 (Bl. 115 d. Behördenakte) wurde bei einer im Betrieb der Antragstellerin entnommenen Probe des Produkts „Original Bayerisches Wammerl“ mikrobiologisch Listeria monocytogenes in 25 g Lebensmittel über Anreicherungsverfahren nachgewiesen. Die Keimzahl, die bei der quantitativen Bestimmung ermittelt wurde, lag danach bei 10 KbE/g. Die festgestellte mikrobiologische Beschaffenheit der Probe weise auf eine nachteilige Beeinflussung im Sinn von § 2 LMHV hin.

Nach einem Gutachten des LGL vom 17. Mai 2016 (Bl. 122 d. Behördenakte) wurde in einer im Einzelhandel entnommenen Probe des Produkts „Original Bayerisches Wammerl gegart“ in zwei Teilproben Listeria monocytogenes in 25 g Lebensmittel über Anreicherungsverfahren nachgewiesen. In einer Teilprobe lag die Keimzahl danach bei 10 KbE/g, in der zweiten Teilprobe unterhalb der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g. Die festgestellte mikrobiologische Beschaffenheit weise auf eine nachteilige Beeinflussung im Sinne von § 2 LMHV hin.

Mit Mail vom 19. Mai 2016 (Bl. 127 d. Behördenakte) teilte das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden Württemberg dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz (StMUV) mit, Untersuchungen beim Robert Koch Institut (RKI) und beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hätten ergeben, dass das Listerien-Isolat aus dem Betrieb der Antragstellerin (Wacholderwammerl), welches zu einem öffentlichen Rückruf im März geführt habe, identisch mit einem humanen Erkrankungs-Cluster sei. Sowohl im Rahmen der PFGE-Untersuchungen als auch mittels Genomanalyse (NGS) sei das Isolat mit dem humanen Cluster 13a/54 in Süddeutschland identisch, an dem seit 2012 über 75 Menschen erkrankt seien. Befragungen der erkrankten Patienten bzw. deren Angehöriger hätten epidemiologische Hinweise auf Fleischerzeugnisse aus Schweinefleisch ergeben, die im süddeutschen Raum über die Firma ... vertrieben worden seien.

Am 20. Mai 2015 fand eine Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin durch Mitarbeiter des Landratsamts Bad Tölz-Wolfratshausen sowie des LGL statt. Im Betrieb der Antragstellerin wurden dabei 25 Proben entnommen. Weitere Probennamen erfolgten im Einzelhandel. In insgesamt 5 der beprobten Produkte wurde Listeria monocytogenes in 25 Gramm nachgewiesen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Produkte „Fleischwurst mit Paprika“ in einer beim Hersteller gezogenen Probe, sowie um „Bayerische Spezialität: Gelbwurst mit Petersilie“, „Regensburger“, „Gelbwurst mit Petersilie“ sowie „... Gelbwurst“; die vier letztgenannten Proben wurden bei Einzelhändlern gezogen. In quantitativer Hinsicht wurde Listeria monocytogenes in den vier letztgenannten Proben einmal mit 30 KbE („Bayerische Spezialität: Gelbwurst mit Petersilie“) nachgewiesen, in den anderen drei Fällen mit <10 KbE. Die Probenergebnisse wurden dem Landratsamt am 27. Mai 2016 mitgeteilt (vgl. Bl.320 d. Behördenakte).

Am 25. Mai 2016 erließ das Landratsamt gegenüber der Antragstellerin einen Auflagenbescheid, im Hinblick auf den Listerienbefund in der Probe „Original bayerisches Wacholderwammerl“ (Bl. 212 d. Behördenakte). Auf Bescheidsinhalt und Bescheidsbegründung wird verwiesen.

Mit Email vom 25. Mai 2016 (Bl. 267 d. Behördenakte) teilte das RKI dem LGL mit, durch die systematische Anwendung von Typisierungsmethoden an Listeria monocytogenes- Isolaten und Zuordnung zu Meldefällen habe eine Gruppe von Patienten seit Ende 2012 im süddeutschen Raum identifiziert werden können, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die gleiche Infektionsursache hätten. Der Name dieses Typs von Isolaten sei PFGE: 13a/54 und NGS: CT1248. Das nationale Referenzlabor für Listerien am BfR habe ein Listerien- Isolat einer lebensmittelassoziierten Probe der bayerischen Lebensmittelbehörden mittels PFGE und anschließend mittels NGS identisch auf den Typ (PFGE: 13a/54 oder NGS: CT1248) untersucht. Die Probe sei ein Bauchspeck „Original bayerisches Wachholderwammerl“. Der Fund des gleichen NGS-Listeria-Typs in dem Produkt wie bei den Patienten zeige mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Zusammenhang auf. Die Umstände wären auch aus Sicht der vorhandenen erhobenen Daten bei den Patienten sehr plausibel. So habe die Landesgesundheitsbehörde Baden Württemberg bei einem gerade aktuellen Ausbruchsfall den Konsum dieses Produktes bei einem Patienten vor dessen Erkrankung bestätigt. Weiter werde geräucherter Bauchspeck von einigen Personen auch roh gegessen. Er werde bei Raumtemperatur gelagert. Es gebe einen Überhang an ...- Einkäufern unter den Ausbruchsfällen. Das Produkt scheine vornehmlich über ... vertrieben worden zu sein. Bei den Ausbruchsfällen gebe es einen auffällig beliebten Schweinefleischkonsum. Auch sei die Regionalität des Vertriebs des inkriminierten Produkts zu sehen; das Produkt sei online im Ausbruchsgebiet erhältlich, aber scheinbar nicht darüber hinaus. Erfahrungen aus andern Listeriose-Ausbrüchen zeigten, dass die Ursachen klassischerweise in kontaminierten Maschinen und Anlagen der Hersteller zu suchen seien; die weiteren Untersuchungen sollten aber für andere Infektionsquellen offen sein. Weiter zeige die Erfahrung, dass die Ursache bei der herstellenden Firma liegen könne und dann auch andere Produkte betreffen könne. Listeriose sei eine schwerwiegende Erkrankung mit einer hohen Sterblichkeit und starker Belastung für die betroffenen Neugeborenen, deren Eltern und den erwachsenen Patienten.

Mit Mail vom 27. Mai 2016 (Bl. 322 d. Behördenakte) wandte sich das StMUV an die Bevollmächtigten der Antragstellerin. Laut Aussage des RKI bestehe mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang zwischen der Wammerlproduktion und einem Krankheitsausbruch mit 76 Krankheitsfällen, darunter auch Todesfällen. Zusätzlich lägen nunmehr positive Ergebnisse auf Listeria monocytogenes in 5 Wurstprodukten der Antragstellerin vor. Es könne aufgrund der Betroffenheit anderer Produkte als Wammerl nicht länger davon ausgegangen werden, dass die Eintragsquelle im Betrieb zuverlässig abgestellt sei. Eine Eingrenzung auf bestimmte Chargen des Produkts sei nicht möglich. Aus diesem Grund sei eine Information der Öffentlichkeit notwendig.

Einen Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der dem StMUV untersagt werden sollte, vor Produkten der Antragstellerin öffentlich zu warnen, lehnte das Gericht mit Beschluss vom 27. Mai 2016 (M 18 E 16.2403) ab. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 28. Mai 2016 (Bl. 405 d. Behördenakte) verpflichtete der Antragsgegner die Antragstellerin, alle Erzeugnisse aus der Produktionsanlage in ..., die den Verbraucher oder Verwender bereits erreicht haben oder erreicht haben könnten und bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist, zurückzurufen (Ziffer 1.). Weiter wurde der Antragstellerin untersagt, Produkte aus der Produktionsanlage in ... als Lebensmittel in Verkehr zu bringen (Ziffer 2.). Insoweit wurde weiter festgesetzt, dass die Untersagung bis zu dem Zeitpunkt gilt, in dem mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, u. a. das Ausfindigmachen der bestehenden Kontaminationsquelle und das Ausschalten dieser Kontaminationsquelle. Weiter wurde die Antragstellerin verpflichtet, die erfolgte Rücknahme gemäß Ziffer 1. dem Landratsamt anhand der Rückrufmitteilungen und der Verteilerlisten nachzuweisen (Ziffer 3.). Schließlich wurde die Antragstellerin verpflichtet, dem Landratsamt für jedes ihrer Produkte die Vertriebsliste vorzulegen (Ziffer 4.). Weiter wurden unter Fristfestsetzung auf Sofort für den Fall, dass die Auflagen nicht termingerecht durchgeführt würden, Zwangsgelder angedroht, und zwar in Höhe von EUR10.000,- bezüglich Ziffer 1., von je 150,- € je Verpackungseinheit hinsichtlich Ziffer 2. und von 5000,- € hinsichtlich Ziffer 4.. Die Maßnahme nach Ziffer 1. wurde auf Art. 39 Abs. 2 Satz 1, 2 Ziffer 4 LFGB und Art. 54 Abs. 1, 2c VO (EG) 882/2004 gestützt, die Maßnahme nach Ziffer 2. auf § 39 Abs. 2 Satz 1, 2 Ziffer 3 LFGB und Art. 54 Abs. 1, 2b VO (EG) 882/2004. Auf die Bescheidsbegründung im Übrigen wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 27. Mai 2016, der am gleichen Tag bei Gericht einging, ließ die Antragstellerin Klage gegen die zu diesem Zeitpunkt mündlich ausgesprochene Anordnung eines Vertriebsverbots und eines Rückrufs erheben (M 18 K 16. 2408) und gleichzeitig beantragen, die aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen. Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf die Begründung im vorausgegangenen Eilverfahren M 18 E 16.2403 im Wesentlichen ausgeführt, die Überprüfungsmaßnahmen der Antragstellerin nach dem Listerienbefund bei dem Wammerl hätten ergeben, dass in einem für die Verpackung von Wammerln genutzten Raum Listerien an einem spezifischen Punkt aufgefunden worden seien. Die Verpackung der Wammerl-Produkte sei daraufhin in die allgemeinen Verpackungsräume verlegt worden. Nachfolgende Beprobungen der Wammerl seien unauffällig gewesen. Am 20.Mai 2016 seien bei der Antragstellerin 21 Proben genommen worden sowie weitere Proben im Einzelhandel gezogen worden. Die ersten 10 Proben hätten keinen Listerienbefall ergeben. Bei den 4 Proben aus dem Einzelhandel, bei denen Listerien aufgefunden worden seien, sei der Befund weit unterhalb des Grenzwerts von 100 KbE gewesen. Lediglich die Fleischwurst mit Paprika sei nicht verkehrsfähig. Trotz massiver Beprobung der Produkte der Antragstellerin seien damit nur zwei Fälle von Kontamination mit Listerien nachgewiesen. Tatsächlich liege kein Beweis dafür vor, dass die vom RKI angesprochenen Erkrankungen tatsächlich auf einen Keim zurückzuführen seien, der aus dem Betrieb der Antragstellerin stamme. Selbst wenn dieser Keim dort aufgefunden und den Erkrankungen zugeordnet sein würde, könnte es dennoch sein, dass die Erkrankungen auf den Verzehr von Listerien mit anderen Produkten, die einen identischen oder ähnlichen Keim enthielten, zurückzuführen seien. Auf dieser nicht nachhaltig gesicherten Tatsachenbasis sei ein Vorgehen gegen sämtliche Produkte der Antragstellerin unverhältnismäßig.

Am 29. Mai 2016 zeigte die Antragstellerin dem Antragsgegner den veranlassten Produktrückruf an.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 06. Juni 2016 ließ die Antragstellerin beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Untersagung des Inverkehrbringens aller Erzeugnisse aus der Produktionsanlage in ... vom 28. Mai 2016 wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Antragstellerin wende sich gegen Ziffer 2. des Bescheids des Antragsgegners vom 28. Mai 2016. Listerien kämen in der Umwelt allgegenwärtig vor. Die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 lege für Listerien gesetzliche Grenzwerte fest, ab denen belastete Lebensmittel als nicht mehr verkehrsfähig anzusehen seien. Im Betrieb der Antragstellerin bestehe ein hoher Hygienestandard. Sie habe auch ein Listerienmonitoring in ihrem Betrieb installiert. Am 08. März 2016 entnommene 8 Wischerproben hätten in der mikrobiologischen Untersuchung eine sehr gute Beurteilung ergeben. Infolge der positiven Probennahme vom 16. März 2016 habe die Antragstellerin umfangreiche Untersuchungen und Maßnahmen veranlasst. Im Rahmen einer Telefonkonferenz am 25. Mai 2016, an der das StMUV, die Regierung von Oberbayern, das LGL sowie das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen teilgenommen hätten, sei als Ergebnis festgehalten worden, dass auf Grundlage der durchgeführten Untersuchungen zwar die Möglichkeit eines Zusammenhangs bestehe, die Aussage, dass ein Zusammenhang mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bestehe, derzeit aber nicht belegbar sei. Bei den am 20. Mai 2016 genommenen Proben seien zwar in 5 Produkten Listerien nachgewiesen worden, bei sämtlichen Proben handele es sich jedoch um solche, die im Einzelhandel gezogen worden seien. Dies sei für 4 Proben evident. Die Probe des Produkts „Fleischwurst mit Paprika“ sei im Werksverkauf der Antragstellerin gezogen worden. Eine im Werksverkauf gezogene Probe entspreche rechtlich einer im Einzelhandel gezogenen Probe. Die im streitgegenständlichen Bescheid angeführten maßgeblichen 5 positiven Probenbefunde des LGL seien der Antragstellerin nicht übermittelt worden und hätten bei Bescheidserlass auch dem Antragsgegner nicht vorgelegen. Die streitgegenständliche Maßnahme habe existentielle Folgen für den Betrieb der Antragstellerin. Sollte der Bescheid Bestand haben, sei die Insolvenz der Antragstellerin unausweichlich. Eine summarische Überprüfung ergebe, dass Ziffer 2. des streitgegenständlichen Bescheids rechtswidrig sei. Ein hinreichender Verdacht eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften im Sinn des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. des Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 läge nicht vor und es seien auch keine künftigen Verstöße zu befürchten. Sämtliche Probenergebnisse lägen unterhalb der Grenzwerte der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005. Soweit bei der am 16. März 2016 entnommenen Probe des „Original Bayerischen Wacholderwammerls“ eine Überschreitung des maßgeblichen Grenzwerts von 100 KbE/g festgestellt worden sei, sei die komplette Charge durch die Antragstellerin zurückgerufen worden. Bei allen am 20. Mai 2016 gezogenen Proben seien die Grenzwerte für Listerien eingehalten worden. Vier der Proben, bei denen Listerien festgestellt worden seien, stammten aus dem externen Einzelhandel. Es handle sich somit um im Verkehr befindliche Produkte, so dass der Grenzwert von 100 KbE/g gelte; es seien jedoch Listerien lediglich in 25 g nachgewiesen worden. Die Probe des Produkts „Fleischwurst mit Paprika“ sei im Werksverkauf der Antragstellerin gezogen worden, stamme daher ebenfalls aus dem „Handel“. Produkte aus dem Werksverkauf seien mit im Verkehr befindlichen Produkten gleichzustellen, was sich im Umkehrschluss unmittelbar aus Art. 3 Nr. 8 VO (EG) Nr. 178/2002 ergebe. Danach seien Erzeugnisse bereits dann „in den Verkehr gebracht“, wenn sie zum Verkauf angeboten würden. Damit gelte auch für dieses Produkt der Grenzwert von 100 KbE/g. Es handle sich also bei der Fleischwurst mit Paprika um ein sicheres Lebensmittel im Sinn der VO (EG) Nr. 2073/2005. Damit habe lediglich die Probe vom 16. März 2016 nicht den durch die VO (EG) Nr. 2073/2005 maßgeblichen Werten für sichere Lebensmittel entsprochen. Für die anderen beprobten Produkte habe dies zur Folge, dass diese gemäß Art. 14 Abs. 7 VO (EG) Nr. 178/2002 als sicher gelten würden. Der Antragsgegner habe auch nicht den ihm gemäß Art. 14 Abs. 8 VO (EG) Nr. 178/2002 obliegenden Nachweis geführt, dass diese Produkte der Antragstellerin, obwohl deren Probenergebnisse sich innerhalb der Maßgaben der VO (EG) Nr. 2073/2005 bewegten, nicht sicher seien. Es liege nach alledem keine konkrete Gefahr vor, die zu Präventi. V. m.aßnahmen nach § 39 Abs. 2 LFGB berechtigen könnte. Im Übrigen sei die streitgegenständliche Maßnahme unverhältnismäßig. Mit der getroffenen Maßnahme stehe die Existenz der Antragstellerin vor dem Aus. Effektiver Rechtschutz könne daher nur gesichert werden, wenn die Entscheidungssituation bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens offengehalten werde.

Mit Beschluss vom 07. Juni 2016 (IN 115/16) ordnete das Amtsgericht ..., Abteilung für Insolvenzsachen, zur Sicherung des Vermögens der Antragstellerin vor nachteiligen Veränderungen vorläufige Insolvenzverwaltung an. Die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters wurden gemäß § 22 Abs. 2 InsO bestimmt.

Mit Schreiben vom 07. Juni 2016 legte das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen für den Antragsgegner die Folgeakte (Bl. 686 - 1079) dem Gericht vor. Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgendes:

Nach 2 Untersuchungsberichten eines akkreditierten Prüflabors jeweils vom 01. Juni 2016 (Bl. 960 f. d. Behördenakte) wurden im Betrieb der Antragstellerin für den Untersuchungszeitraum 27. Mai 2016 bis 30. Mai 2016 11 Wischerproben während der Produktion und 7 Wischerproben nach Reinigung vor Produktionsbeginn genommen. Listeria monocytogenes konnte dabei danach nicht festgestellt werden.

Nach einem Untersuchungsbericht des LGL vom 04. Juni 2016 (Bl. 1029 d. Behördenakte) wurde in einer im Einzelhandel am 28. Mai 2015 gezogenen Probe „Vegetarischer Aufschnitt extra fein“ Listeria monocytogenes in 2 Teilproben jeweils in 25 g über Anreicherungsverfahren nachgewiesen; die Keimzahl lag jeweils unterhalb der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g. Nach einem weiteren Prüfbericht des LGL ebenfalls vom 04. Juni 2016 (Bl. 1042 d. Behördenakte) wurde in einer im Einzelhandel gezogenen Probe des Produkts „Vegetarischer Aufschnitt mit Paprika“ in 2 Teilproben jeweils Listeria monocytogenes in 25 g über Anreicherungsverfahren nachgewiesen; die Keimzahl lag jeweils unterhalb der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g. Nach einem dritten Prüfbericht des LGL vom 04. Juni 2016 (Bl. 1046 d. Behördenakte) wurde in einer im Einzelhandel gezogenen Probe des Produkts „Vegetarischer Aufschnitt mit Gürkchen“ in einer von 2 Teilproben Listeria monocytogenes in 25 g über Anreicherungsverfahren nachgewiesen; die Keimzahl lag wiederum unterhalb der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g.

Nach einem Ergebnisprotokoll des StMUV vom 06. Juni 2016 (Bl. 1068 d. Behördenakte) habe das BfR am 02. Juni 2016 darüber informiert, dass vom LGL eingesandte Proben typisiert worden seien. Drei Isolate (Bauchspeck Schwein gepökelt gegart geräuchert, Probenahme 11. April 2016) wiesen in der PFGE das Muster 13a/54 des Listerioseausbruchs auf. Ein Isolat (Wammerl Schwein, Probenahme 18. April 2016) weise ein anderes PFGE-Muster auf. Eine weitere Sequenzierung dauere noch an.

Mit Schreiben vom 08. Juni 2016 legte das Landratsamt weitere Gutachten des LGL (Bl. 1081 - 1101) vor. Diese Berichte betrafen zum einen die Proben der Produkte „Fleischwurst mit Paprika“, „Gelbwurst mit Petersilie“, „... Gelbwurst“, „Bayerische Spezialität Gelbwurst mit Petersilie“ sowie „Regensburger“ aufgrund der schon vorerwähnten Probenahmen am 20. Mai 2015 bzw. in den Folgetagen. Ein weiterer Prüfbericht vom 04. Juni 2016 betrifft eine im Einzelhandel gezogene Probe des Produkts „Vegetarischer Aufschnitt extra fein“ mit Probenahmedatum 28. Mai 2016. Danach wurde in einer von 2 Teilproben des Produkts Listeria monocytogenes in 25 g über Anreicherungsverfahren nachgewiesen; die Keimzahl lag unterhalb der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g.

Mit Schriftsatz vom 08. Juni 2016, der am 10. Juni 2016 bei Gericht einging, beantragte der Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei Produkten der Antragstellerin sei wiederholt der Keim Listeria monocytogenes gefunden worden, teils über dem gesundheitsgefährdenden Grenzwert von 100 KbE/g, teils darunter. Hinsichtlich der Gefährlichkeit der gefundenen Keime wurde auf eine Stellungnahme des LGL vom 08. Juni 2016 (Bl. 1364 - 1369 d. Behördenakte) verwiesen. Nach dieser Stellungnahme liegt die Letalität in Deutschland im Durchschnitt bei 7%, in Europa bei bis zu 11%. Die Listeriose gehöre damit zu den meldepflichtigen Erkrankungen mit der höchsten Letalität. Hinsichtlich der Produkte der Antragstellerin, bei denen der Keim Listeria monocytogenes gefunden wurde, wurde auf die verschiedenen Gutachten des LGL verwiesen. Bemerkenswert sei, dass sich die Keimbelastung nicht auf bestimmte Produkte beziehe, sondern die unterschiedlichsten und auch vegetarische Produkte betroffen seien. Bei der Antragstellerin bestehe also eine Keimquelle, die sie auch selbst nicht ableugne. Es sei der Antragstellerin nicht gelungen, diese Quelle ausfindig zu machen und auszuschalten. Die bestehende Keimquelle verursache mit großer Wahrscheinlichkeit die festgestellten Keimbelastungen in Produkten der Antragstellerin. Dies lege einerseits die Tatsache nahe, dass mehrere Produkte der Antragstellerin nachweislich den gleichen Typ (PFGE: 13a/54 oder NGS: CT1248) aufwiesen. Dies gelte zunächst für das am 16. März 2016 als Probe genommene Wacholderwammerl. Drei weitere Produkte von Probeentnahmen am 11. April 2016 wiesen den gleichen sehr seltenen Typ PFGE: 13a/54 auf; dabei handele es sich um 3 verschiedene Wammerl, wobei die Probeentnahme teils im Einzelhandel, teils bei der Antragstellerin erfolgt sei. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen den von der Keimquelle verseuchten Produkten und aufgetretenen Krankheitsfällen. In Deutschland seien seit 2012 bisher 76 Krankheitsfälle aufgetreten, die durch Listeria monocytogenes mit dem sehr seltenen PFGE Muster 13a/54 bzw. NGS Cluster Typ CT1248 verursacht worden seien. In mindestens 8 Fällen sei die Erkrankung tödlich geendet, 4 Fälle davon seien ausschließlich auf die Listeriose zurückzuführen. Bei weiteren mindestens 4 Fällen seien Schwangere betroffen gewesen, wobei mindestens 2 Fehlgeburten verursacht worden seien. Fast alle diese Erkrankungen stammten aus Süddeutschland, was einem Hinweis auf eine bestimmte Listeriosequelle gebe. Der Zusammenhang zwischen von der Keimquelle verseuchten Produkten der Antragstellerin und aufgetretenen Krankheitsfällen ergebe sich einmal bereits aus den fundierten wissenschaftlichen Untersuchungen des BfR und des RKI, aus einem Abgleich des Verbreitungsgebietes des Produktes „Wammerl“ der Antragstellerin mit den vorgekommenen Krankheitsausbrüchen sowie anhand der jüngsten Krankheitsausbrüche. Vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides seien verschiedene Maßnahmen ergriffen worden, um die bei der Antragstellerin bestehende Keimquelle aufzufinden und zu beseitigen. Diese Maßnahmen hätten sich hinsichtlich der Beseitigung der Keimquelle als wirkungslos erwiesen. Nach dem Listerienfund im Wacholderwammerl habe die Antragstellerin neben dem Rückruf der betroffenen Partie weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Kontaminationsrisikos eingeleitet. Vom Antragsgegner sei am 20. Mai 2016 ein Auflagenbescheid erlassen worden. Zur Ausräumung der bestehenden Gefahr, dass mit Listerien kontaminierte Produkte von Verbrauchern konsumiert würden und dass diese daran erkrankten, sei es nicht möglich, die Maßnahme auf bestimmte Produkte oder auf bestimmte Zeiträume einzugrenzen. Weil die Herkunftsquelle unbekannt sei, könne nicht vorhergesagt werden, welche einzelnen Produkte betroffen seien. Eine Beprobung aller Einzelprodukte vor Verkauf sei nicht praktikabel. Auch eine grundlegende Desinfektion des gesamten Betriebes ohne Kenntnis der genauen Keimquelle habe keine ausreichende Wirkung. Dem Bereich des Lebensmittelsicherheitsrechts sei es immanent, dass Entscheidungen zu einem Zeitpunkt getroffen werden müssten, wo noch nicht absolute Sicherheit über alle den Sachverhalt betreffenden Tatsachen bestehe, um rechtzeitig Gefahren abwenden zu können. Rechtsgrundlage für das Verbot des Inverkehrbringens sei § 39 Abs. 2 Satz 1, 2 Ziffer 3 LFGB und Art. 54 Abs. 1, 2b) der VO (EG) Nr. 882/2004. Ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften liege vor, da die Antragstellerin Lebensmittel in Verkehr bringe, die nicht sicher seien. Insoweit werde auf die 76 festgestellten Krankheitsfälle verwiesen. Es bestehe eine unbestrittene, nicht behobene Keimquelle für Listeria monocytogenes im Betrieb der Antragstellerin; nach dem BfR und dem RKI bestehe dafür nach molekularbiologischen Erkenntnissen eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, nach epidemiologischen Erkenntnissen eine hohe Wahrscheinlichkeit. Die Zusammenschau der bekannten Tatsachen (Identität PFGE bzw. NGS Muster bei Produkten der Antragstellerin mit den Keimen der Erkrankten, Identität des Verbreitungsgebietes der Krankheitsfälle mit dem Liefergebiet der Antragstellerin, Befragung der jüngsten Krankheitsfälle und Feststellung sehr hoher Keimzahlen in Produkten der Antragstellerin (Wammerl mit 190.000 KbE/g, Minirostbratwürste mit Käse mit 12.000 KbE/g)) verdichte sich diese Annahme bis an die Grenze der Gewissheit. Vor diesem Hintergrund spiele es auch keine Rolle, wie oft die Antragstellerin den Grenzwert von 100 KbE/g überschritten habe. Die Probenahme des Produkts „Fleischwurst mit Paprika“ sei im Betrieb der Antragstellerin im Werksverkauf erfolgt. Eine konkrete Gefahr für die Gesundheit von Verbrauchern liege vor. Die Produkte der Antragstellerin seien nach allen derzeit verfügbaren Kenntnissen und Fachmeinungen verantwortlich für ein Listerioseausbruchgeschehen im süddeutschen Raum, welches bereits 76 Krankheitsfälle verursacht habe, davon 8 Tote und mindestens 2 Fehlgeburten. Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts dürften daher nicht überzogen hoch angesetzt werden. Da die Keimquelle nach wie vor fortbestehe, seien auch künftige Verstöße zu befürchten. Der angestrebte Zweck des Schutzes des Verbrauchers vor dem Verzehr von krankheitserregenden Lebensmitteln sei vor dem Hintergrund des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG höher zu gewichten als der Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und Eigentumsrechte der Antragstellerin, die gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG ebenfalls hohe Schutzgüter seien. Dies gelte auch dann, wenn das streitgegenständliche Verbot des Inverkehrbringens im äußersten Fall zur Insolvenz der Antragstellerin geführt haben sollte.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2016 legte das Landratsamt Bad Tölz Wolfratshausen für den Antragsgegner eine per Email abgegebene Stellungnahme des BfR vom 10. Juni 2016 vor. Nach dieser Stellungnahme zeigen die drei Isolate, die bereits in der PFGE das Ausbruchsmuster 13a/54 aufwiesen, in der NGS und cgMLST ebenfalls den Cluster Typ 1248. Die Isolate seien damit gemäß Vordefinition des RKI dem Ausbruchscluster in Süddeutschland zuzuordnen. Ein viertes Isolat, welches aus Rohware für Wammerl stamme und ein anders PFGE- Muster aufweise, zeige in der cgMLST den Cluster Typ 3719 und sei nicht dem Ausbruchsmuster zuzuordnen. Dem BfR lägen damit insgesamt 4 Lm- Isolate aus Produkten der Firma ... vor, die dem Ausbruchsmuster in Süddeutschland zuzuordnen seien, alle es aus geräuchertem Bauchspeck/Wammerl. Die Ergebnisse für 12 weitere Isolate aus Produkten der Firma ... stehe noch aus.

Mit Mail vom 14. Juni 2016 teilte das BfR mit, in einem Isolat aus Vegetarischem Aufschnitt sei mittels Gesamtgenomsequenzierung und anschließender Kerngenom-Multilokus-Sequenz-Analyse (cgMLST) der Cluster Typ 1248 isoliert worden. Mit Schreiben vom 14. Juni 2016 teilte das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen dazu mit, es handele sich um ein vegetarisches Produkt der Antragstellerin, die Probe sei am 22. Mai 2016 entnommen worden.

Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2016 replizierten die Bevollmächtigten der Antragstellerin, der vorliegenden Fall weiche vom üblichen Spektrum lebensmittelrechtlicher Auseinandersetzungen deutlich ab, da ein gut geführter Betrieb betroffen sei, der aufgrund einer gerade erprobten neuen Technologie (Next Generation Sequenzing = NGS) für eine Vielzahl von Erkrankungen verantwortlich gemacht werde. Die Verkehrsfähigkeit der von der Antragstellerin hergestellten Lebensmittel im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit ergebe sich aus dem Einhalten der Grenzwerte der VO (EG) Nr. 2073/2005; ein Überschreiten der Grenzwerte sei bei in Verkehr gebrachten Lebensmitteln nur im Fall der Probenahme vom 16. März 2016 nachgewiesen. Alle anderen Produkte seien verkehrsfähig. Der Antragsgegner berücksichtige nicht hinreichend, dass sich die vorgebrachten Krankheitsfälle und die darauf bezogenen Listerienfunde des Cluster Typs CT 1248 in erster Linie mit Wammerlprodukten in Zusammenhang bringen liesen. Insoweit habe die Antragstellerin aber mit Verlagerung der Verpackung der Wammerlprodukte am 16./17. April 2016 reagiert. Unterstelle man die Richtigkeit der Clusterbildung durch das RKI und die Zuordnung des am 16. März 2016 gefundenen Serotyps, bedeute dies zwar, dass der Keim mit dem vom RKI untersuchten Keim eng verwandt sei. Dies bedeute aber nicht, dass Produkte der Antragstellerin die einzige Eintragsquelle gewesen sein müssten. Etwaige Probleme bei der Wammerl-Produktion seien aufgearbeitet. Es hätte dringend eine Sequenzierung der unterhalb der Grenzwerte aufgefundenen Listerien erfolgen müssen, um zu belegen, dass es sich nach wie vor um den nämlichen Keim handle. Im Betrieb der Antragstellerin seien bereits drei verschiedene Listerien-Serotypen festgestellt worden, was zeige, dass eine genaue Sequenzierung unabdingbar sei. Überdies habe der Antragsgegner bei einer risikoorientierten Betrachtung zwischen Produkten, die ohne vorherige Erhitzung verzehrt werden können und solchen, die erst durch Erhitzung verzehrfähig werden, differenzieren müssen, da Listerien beim Erhitzen abgetötet würden. Im Betrieb der Antragstellerin seien nur zwei Produkte aufgefunden worden, die mit Listeria monocytogenes kontaminiert gewesen seien, nämlich das „Original Bayerische Wammerl“ in der Probe vom 11. April 2016 sowie die Rohware Schweinebauch vom 18. April 2016. Bei dem „Originial Bayerisches Wammerl“ habe es sich um eine Rückstellprobe gehandelt, für die der Grenzwert von 100 KbE/g gelte, da eine Rückstellprobe mit im Handel befindlicher Ware gleichzustellen sei. Dieser Grenzwert sei eingehalten. Bei dem Schweinebauch habe die Keimzahl unter der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g gelegen, so dass dieser ebenfalls als sicheres Lebensmittel zu qualifizieren sei. Die im Handel genommenen Proben hätten alle den Grenzwert von 100 KbE/g eingehalten. Keine der untersuchten Eigenproben überschreite die einschlägigen Grenzwerte, was sich aus Laborberichten aus den Jahren 2015 und 2016 ergebe. Weitere Untersuchungen im Zeitraum vom 27. Mai bis zum 30. Mai 2016 hätten allesamt zu einem „sehr guten“ Ergebnis geführt, Listerien seien nicht gefunden worden. Soweit in dem eigenbeprobten Produkt „Minirostbratwürstchen mit Heumilchkäse“ Listerien gefunden worden seien, sei darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Probeartikel handle, der auf Kundenwunsch hin entwickelt worden sei und sich noch nicht im Verkehr befunden habe und somit zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für den Verbraucher dargestellt habe. Bei dem Vegetarischen Aufschnitt seien in einer Eigenprobe Listeria monocytogenes in einer Menge von 60 KbE/g aufgefunden worden. Die Mindesthaltbarkeit dieses Produkts sei aber bereits bei Untersuchungsbeginn abgelaufen gewesen, das Produkt sei also verkehrsfähig. Zwar habe es sich herausgestellt, dass es sich um den pathogenen Listerientyp NGS: CT 1248 handle; es sei jedoch dennoch von einem sicheren Lebensmittel auszugehen, da der Grenzwert von 100 KbE/g selbst neun Tage nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht überschritten worden sei. Die Tabelle hinsichtlich der Probennamen vom 20. Mai 2016 sei falsch. Das Produkt „Fleischwurst mit Paprika“ sei verkehrsfähig gewesen, da der Grenzwert von 100 KbE/g eingehalten worden sei und die Keimzahl unterhalb der quantitativen Bestimmungsgrenze von 10 KbE/g gelegen habe. Sämtliche in der Produktion gezogenen amtlichen Proben (nämlich 24) seien ohne Befund gewesen. Soweit bei Proben aus dem Einzelhandel Listeria monocytogenes festgestellt worden sei, habe der Nachweis weit unterhalb des Grenzwertes von 100 KbE/g gelegen. Die Schlussfolgerungen, die der Antragsgegner aus den Auskünften des RKI ziehen wolle, seien nicht gerechtfertigt. Ob und welche Todesfälle nachweislich auf den Cluster Typ CT 1248 zurückzuführen sei, lasse sich der Studie des RKI nicht entnehmen. Bislang sei auch nicht belegt, dass die in weiteren Produkten der Antragstellerin aufgefundenen Serotypen von Listeria monocytogenes mit dem Cluster CT 1248 übereinstimmten. Soweit des LGL drei Krankheitsfälle schildere (Bl. 1356 ff. d. Behördenakten), die aufgrund des PFGE-Musters dem Ausbruchsgeschehen zuzurechnen sein sollen, sei in einem Fall zu den Produkten der Antragstellerin schlicht kein Zusammenhang festzustellen. Im zweiten Fall sei eine Probe von Limburger Käse positiv auf Listerien getestet worden. Auch im dritten Fall habe kein Produkt der Antragstellerin vorgewiesen oder identifiziert werden können. Sämtliche Erkrankungsfälle könnten, wenn überhaupt, zeitlich nur mit Wammerlprodukten der Antragstellerin in Zusammenhang stehen, die vor Umstellung der Produktion der Wammerlprodukte in Verkehr gewesen seien. Aus dem Erwägungsgrund 3 der VO (EG) Nr. 2073/2005 ergebe sich, dass die Grenzwerte dieser Verordnung hinsichtlich des Kriteriums der Lebensmittelsicherheit abschließend seien. Aus der amtlichen Fußnote 7 zu Kapitel I Ziffer 1.2 sei auch zu entnehmen, dass der Grenzwert der Nachweisbarkeit nicht strikt gelte. Die vom Antragsgegner herangezogene Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB sei gegenüber der Vorschrift des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 nachrangig. Der Antragsgegner verkenne bei seiner Argumentation grundlegend, dass durch mehr als 50 Planproben und unzählige Eigenkontrollen belegt sei, dass mit Ausnahme der Probe vom 16. März 2016 kein Überschreiten der einschlägigen Grenzwerte vorliege. Aufgrund der Vielzahl der Proben und deren Ergebnis sei vielmehr davon auszugehen, dass nur sichere Lebensmittel den Betrieb der Antragstellerin verließen. Insoweit sei nochmals darauf hinzuweisen, dass die Verlegung der Wammerl-Produktion sowie weitere Maßnahmen gegriffen hätten. Der Antragsgegner verkenne grundlegend, das die Untersuchungen des RKI sowie die Überschreitung des Grenzwerts durch das Wammerl zwar einen Verdacht von Kontamination in der Vergangenheit begründen könnten. Nach den aktuellen Untersuchungsergebnissen könne der Verdacht der gegenwärtig fehlenden Sicherheit hinsichtlich des gesamten Produktionssortiments nicht begründet werden. Jedenfalls hätte die Produktion für Waren, die vor dem Verzehr erhitzt werden müssten, keinesfalls eingestellt werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Durch den Beschluss des Amtsgerichts ..., Abteilung für Insolvenzsachen, vom 07. Juni 2016, mit dem vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wurde, wurde das Verwaltungsstreitverfahren nicht nach § 173 VwGO i. V. m. § 240 Satz 2 ZPO unterbrochen. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Antragstellerin ging nicht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters wurden vielmehr gemäß § 22 Abs. 2 InsO bestimmt.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Als Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Maßnahme kommt ausschließlich Ar. 54 VO (EG) Nr. 882/2004, nicht aber der vom Antragsgegner im angefochtenen Bescheid ebenfalls herangezogene § 39 LFGB in Frage.

Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 stellt eine umfassende und abschließende Rechtsgrundlage dar und geht den nationalen Vorschriften vor, vgl. § 39 Abs. 2 Satz 3 (BVerwGvom 10.12.2015 Az. 3 C 7/14 - juris, Rn. 14, m. w. N.). Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004 gilt also unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (VGH BWv. 16.6.2014 Az.: 9 S 1273/13 - juris, Rn. 24).

Der Umstand, dass der Antragsgegner die streitgegenständliche Anordnung im Bescheid vom 28. Mai 2016 auch auf die nicht tragende Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB gestützt hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit dieses Bescheides. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich der Antragsgegner nicht ausschließlich auf die vorgenannte Norm gestützt hat, sondern vielmehr mit weiterer, selbsttragender Begründung auch auf Art. 54 Abs. 1 und 2 VO (EG) Nr. 882/2004.

Selbst wenn die streitgegenständlichen Maßnahmen - wie nicht - ausschließlich auf § 39 Abs. 2 LFGB gestützt worden wäre, würde dies für sich genommen nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids führen können.

Erweist sich die in einem Bescheid getroffene Regelung aus anderen als den angegebenen Rechtsvorschriften und Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert wird, ist der Verwaltungsakt nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig (BVerwG vom 10.12.2015 a. a. O., Rn. 15, m. w. N.). § 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 2 VO (EG) Nr. 882/2004). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch auf die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (VGH BW vom 16.6.2014 a. a. O., Rn. 26 m. w. N.). Ein Austausch der Rechtsgrundlage dahingehend, dass die Maßnahme an Stelle von § 39 Abs. 2 LFGB auf Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 gestützt wird, wäre also möglich.

2. Unter Berücksichtigung vorgenannter Vorgaben ist der vorliegende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Insbesondere entfaltet die gleichzeitig erhobene Klage (M 18 K 16.2408) keine aufschiebende Wirkung.

Nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002 dienen, keine aufschiebende Wirkung. Art. 14 Abs. 2 Buchst. a VO (EG) Nr. 178/2002 betrifft gesundheitsschädliche Lebensmittel.

§ 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen bestimmte lebensmittelrechtliche Anordnungen keine aufschiebende Wirkung haben, gilt auch dann, wenn § 39 Abs. 2 LFGB vom unmittelbar geltenden Unionsrecht des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 überlagert oder verdrängt wird (OVG Hamburg vom 5.9.2011 Az.: 5 Bs 139/11 - juris, Rn. 9 ff.). Für das Eintreten der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB kommt es dabei nicht darauf an, ob die betroffenen Lebensmittel tatsächlich - aus objektiver Sicht - gesundheitsschädlich im Sinn von Art. 14 Abs. 2 a VO (EG) Nr. 178/2002 sind, die anordnende Behörde also zu Recht von einer (möglichen) Gesundheitsschädlichkeit ausgeht. Es spricht viel mehr alles dafür, dass der Sofortvollzug nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB bereits dann ausgelöst wird, wenn die Behörde eine Anordnung erlassen hat, die dem Schutz der Gesundheit zu dienen bestimmt ist, wenn die Behörde also die Anordnung mit Blickrichtung auf eine von ihr angenommene Gesundheitsschädlichkeit erlassen hat (OVG Hamburg vom 5.9.2011 a. a. O. Rn. 12). Die gegen den Bescheid vom 28. Mai 2016 erhobene Klage entfaltet also keine aufschiebende Wirkung.

3. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung sprechen gewichtige Gründe dafür, dass sich die streitgegenständliche Anordnung in dem Bescheid vom 28. Mai 2016 als rechtmäßig erweist. Abschließend kann dies im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aber nicht beurteilt werden. Es ist also eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen. Die zugunsten der Antragstellerin sprechenden Gründe müssen danach zurückstehen.

Bei der angegriffenen Anordnung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Für die Beurteilung ist daher auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen (vgl. BVerwG v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 10, m. w. N.). Damit sind Erkenntnisse, die nach dem Bescheid vom 28. Mai 2016 gewonnen wurden, für die gerichtliche Entscheidung verwertbar.

3.1 Nach Artikel 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 trifft die zuständige Behörde, wenn sie einen Verstoß feststellt, die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 2 Satz 2 Nr. 10 VO (EG) Nr. 882/2004 liegt ein Verstoß in diesem Sinn bei Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vor. Nach Art. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 gelten für die Zwecke dieser Verordnung die Begriffsbestimmungen der Art. 2 und 3 der VO (EG) Nr. 178/2002. Nach Art. 3 Nr. 1 VO (EG) 178/2002 sind „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwahrungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und für die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicher oder auf einzelstaatlicher Ebene, wobei alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln wie auch von Futtermitteln, die für der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere hergestellt oder an sie verfüttert werden, einbezogen sind.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Vorschriften liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 vor. Es liegt ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Bestimmungen nach der VO (EG) Nr. 2073/2005 vor.

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 2073/2005 stellen die Lebensmittelunternehmer sicher, dass Lebensmittel die in Anhang I zu dieser Verordnung aufgeführten entsprechenden mikrobiologischen Kriterien einhalten. In Anhang I Kapitel 1 Ziffer 1.2 sind für Listeria monocytogenes folgende Grenzwerte festgesetzt: 100 KbE/g bei in Verkehr gebrachten Erzeugnissen während der Haltbarkeitsdauer, sowie in 25 g nicht nachweisbar bevor das Lebensmittel die unmittelbare Kontrolle des Lebensmittelunternehmers, der es hergestellt hat, verlassen hat.

Gegen diese Vorgaben liegt unbestritten jedenfalls ein Verstoß vor. Dabei handelt es sich um das am 16. März 2016 im Einzelhandel als Probe genommene Produkt „Original Bayerisches Wacholderwammerl“. In diesem Produkt wurde Listeria monocytogenes in einer Zahl von 190.000 KbE/g nachgewiesen.

Ein weiterer Verstoß liegt möglicherweise auch im Hinblick auf die am 20. Mai 2016 genommene Probe des Produkts „Fleischwurst mit Paprika“ vor, da der Keim in 25 g dieses Produktes nachgewiesen werden konnte. Soweit die Antragstellerin insoweit vorbringt, für dieses Produkt gelte der Grenzwert von 100 KbE/g, da die Probe im Werksverkauf entnommen worden sein, kann dem nicht ohne weiteres gefolgt werden.

Nach Art. 3 Nr. 8 VO (EG) Nr. 178/2002 bezeichnet im Sinne dieser Verordnung der Ausdruck „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift bezieht sich die genannte Definition auf „diese Verordnung“, also auf die VO (EG) Nr. 178/2002. Zwar ergibt sich aus Erwägungsgrund 3 der VO (EG) Nr. 2073/2005, dass die VO (EG) Nr. 178/2002 allgemeine Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit festlegt, nach denen Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Lebensmittelunternehmer müssen Lebensmittel, die nicht sicher sind, vom Markt nehmen. Als Beitrag zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und zur Verhinderung unterschiedlicher Auslegungen sollten harmonisierte Sicherheitskriterien für die Akzeptabilität von Lebensmitteln festgelegt werden, insbesondere, was das Vorhandensein bestimmter pathogener Mikroorganismen anbelangt. Die VO (EG) Nr. 2073/2005 nimmt also durchaus auf die VO (EG) Nr. 178/2002 Bezug. Die VO (EG) Nr. 2073/2005 enthält aber - anders als z. B. Art. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 - keine Regelung dahingehend, dass die Begriffsbestimmungen aus der VO (EG) Nr. 178/2002 auch für die Zwecke der VO (EG) Nr. 2073/2005 gelten. Ziffer 1.2 des Anhangs I zur VO (EG) Nr. 2073/2005 stellt hinsichtlich der unterschiedlichen festgesetzten Grenzwerte zwar einerseits auf „In Verkehr gebrachte Erzeugnisse während der Haltbarkeitsdauer“ ab, stellt dem aber die Situation „Bevor das Lebensmittel die unmittelbare Kontrolle des Lebensmittelunternehmers, der es hergestellt hat, verlassen hat“, gegenüber. Daraus ist zu schließen, dass im Sinn der VO (EG) Nr. 2073/2005 ein Lebensmittel solange nicht in Verkehr gebracht ist, solange es die unmittelbare Kontrolle des Lebensmittelunternehmers, der es hergestellt hat, nicht verlassen hat. Bei einem Werkverkauf unterliegt das Produkt aber noch der unmittelbaren Kontrolle des Herstellers. Der Grenzwert der Nichtnachweisbarkeit in 25 g dürfte daher einschlägig sein.

Damit liegt mit dem Produkt „Fleischwurst mit Paprika“ möglicherweise ein weiterer Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften vor. Die endgültige Klärung dieser Frage muss jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Dies gilt ebenfalls für die Frage, ob nach Fußnote 7 zu Ziffer 1.2 des Anhangs I der VO (EG) Nr. 2073/2005 eine Ausnahme vom Grenzwert der Nichtnachweisbarkeit in 25 g erfolgen kann. Nach dieser Fußnote gilt das letztgenannte Kriterium für Erzeugnisse, bevor sie aus der unmittelbaren Kontrolle des Lebensmittelunternehmers, der sie hergestellt hat, gelangt sind, wenn er nicht zur Zufriedenheit der zuständigen Behörde nachweisen kann, dass das Erzeugnis den Grenzwert von 100 KbE/g während der gesamten Haltbarkeitsdauer nicht überschreitet.

Der Antragsgegner war nach Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 aufgrund des eindeutigen Wortlauts dieser Vorschrift zum Einschreiten verpflichtet. Dafür genügt auch ein einzelner Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften. Insoweit hat die Behörde kein Entscheidungsermessen, vielmehr ist sie beim Verdacht oder bei Feststellung eines Verstoßes verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen; sie hat jedoch ein Auswahlermessen, muss also nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, welche von verschiedenen zulässigen Maßnahmen sie trifft (vgl. BayVGH vom 17.1.2011 Az. 9 ZB 09.2654, zu § 39 Abs. 2 LFGB). Nach Art. 54 Abs. 2b VO (EG) Nr. 882/2004 gehört die Untersagung des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu den möglichen Maßnahmen.

Im Recht der Gefahrenabwehr ist regelmäßig auf eine objektive ex ante Sicht abzustellen. Eine Gefahr im Sinn der drohenden Verletzung geschützter Rechtsgüter liegt vor, wenn nach dem objektiv zu erwartenden Geschehensablauf eine Verletzung der geschützten Rechtsgüter mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten wird (BayVGH v. 27.01.2016 Az. 20 CS 15.2145 - juris, Rn. 35). An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind im Sicherheitsrecht umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Es sind also umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerwiegender die Folgen einer zu befürchtenden Gesundheitsbeeinträchtigung sind. Vor allem dann, wenn bestimmte Erkrankungen bei einzelnen Risikogruppen zum Tod führen können, dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden (BayVGH v. 27.01.2016 a. a. O.).

Vorliegend hat das RKI mit Mail vom 25. Mai 2016 mitgeteilt, dass am RKI durch die systematische Anwendung von Typisierungsmethoden an Listeria monocytogenes-Isolaten und Zuordnung zu Meldefällen eine Gruppe von Patienten seit Ende 2012 im süddeutschen Raum identifiziert werden konnte, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die gleiche Infektionsursache haben. Danach handelt es sich um Isolate des Typs PFGE: 13a/54 und NGS: CT1248. Dieser Mitteilung des RKI ist weiter zu entnehmen, dass das nationale Referenzlabor für Listerien am BfR ein Listerien-Isolat einer lebensmittelassoziierten Probe mittels PFGE und anschließend mittels NGS identisch auf diesen Typ untersucht hat. Bei dieser Probe handelt es sich um das „Original Bayerische Wacholderwammerl“ aus der Produktion der Antragstellerin aus der Probennahme vom 16. März 2016. Der Fund des gleichen NGS-Listeria Typs in dem Produkt wie bei den Patienten zeigt danach mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Zusammenhang auf. Mit Email vom 10. Juni 2016 hat das BfR dann mitgeteilt, dass in drei Isolaten, die bereits in der PFGE das Ausbruchsmuster 13a/54 aufwiesen, sich in der NGS ebenfalls der Cluster Typ 1248 gezeigt hat. Dem BfR liegen danach insgesamt vier Listeria monocytogenes-Isolate aus Produkten der Firma ... vor, die dem Ausbruchsmuster in Süddeutschland zuzuordnen sind, alle aus geräuchertem Bauchspeck/Wammerl. Nach der Mitteilung des BfR vom 14. Juni 2016 wurde dann zusätzlich in einer Probe eines Vegetarischen Aufschnitts aus der Produktion der Antragstellerin der Cluster Typ 1248 festgestellt.

Beim RKI handelt es sich um ein Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten, vgl. § 2 Abs. 1 BGA-NachfG. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BGA-NachfG wird es insbesondere auf den Gebieten der Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten sowie der epidemiologischen Untersuchungen auf dem Gebiet der übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten einschließlich der Erkennung und Bewertung von Risiken sowie der Dokumentation und Information tätig. Das BfR ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BfRG auch auf dem Gebiet der Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen, die unmittelbar oder mittelbar mit der Lebensmittelsicherheit oder dem Verbraucherschutz im Hinblick auf die Gesundheit des Menschen einschließlich Fragen der Ernährung und Ernährungsprävention im Zusammenhang stehen, tätig. Den Aussagen solcher Fachbehörden kommt eine besondere Bedeutung bzw. ein hoher Erkenntniswert zu (vgl. BayVGH v. 19.09.2013 Az. 8 ZB 11.1052 - juris, Rn. 17, für die Wasserwirtschaftsämter).

Nach den vorgenannten Erkenntnissen der beiden Fachbehörden - denen die Antragstellerin auch nicht substantiiert entgegengetreten ist - ist vom Vorliegen einer konkreten Gefahr für die Gesundheit von Verbrauchern auszugehen. Seitens der Fachbehörden wurde durch zwei verschiedene Methoden die Identität von Listeria monocytogenes, die in Produkten der Antragstellerin festgestellt wurden, mit dem Listerioseausbruchsgeschehen im süddeutschen Raum festgestellt. Da eine Kontaminationsquelle im Betrieb der Antragstellerin bisher nicht festgestellt - und damit auch nicht beseitigt - werden konnte, muss bei einem weiteren Vertrieb von Waren damit gerechnet werden, dass erneut kontaminierte Produkte in Verkehr gebracht werden könnten.

Zwar handelt es sich bei den vier ersten Proben, bei denen ein zum Ausbruchsgeschehen in Süddeutschland identischer Listeria-Typ festgestellt werden konnte, ausschließlich um Wammerl. Nach der Mitteilung des BfR vom 14. Juni 2016 wurde der einschlägige Cluster Typ 1248 dann aber auch zusätzlich in einem Vegetarischen Aufschnitt festgestellt. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung dürfte es im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Maßnahme nicht zu beanstanden sein, dass diese Maßnahme nicht auf Wammerlprodukte beschränkt, sondern auf sämtliche Produkte aus dem Betrieb der Antragstellerin erstreckt wurde.

Die Antragstellerin weist insoweit auf Art. 14 Abs. 7 VO (EG) Nr. 178/2002 hin. Nach dieser Norm gelten Lebensmittel, die spezifischen Bestimmungen der Gemeinschaft zur Lebensmittelsicherheit entsprechen, hinsichtlich der durch diese Bestimmungen abgedeckten Aspekte als sicher. Die Antragstellerin weist weiter zutreffend darauf hin, dass bei den im Einzelhandel gezogenen Proben von Produkten der Antragstellerin der Grenzwert von 100 KbE/g nach Anhang I Ziffer 1.2 VO (EG) Nr. 2073/2005 nicht überschritten wurde. Dies bedeutet nach Auffassung des Gerichts aber nur, dass diese Proben für sich genommen keine Möglichkeit zum behördlichen Einschreiten eröffnet hätten. Das Gericht ist insoweit aber der Auffassung, dass die entsprechenden Befunde der Nachweisbarkeit in 25 g bei der Frage des Umfangs des Verbots des Inverkehrbringens von Produkten der Antragstellerin mitberücksichtigt werden kann. Diese weiteren Befunde zeigen nämlich, dass - wenn auch keine Grenzwertüberschreitung vorliegt - eine Kontamination von mehreren Produkten der Antragstellerin mit Listerien vorliegt. Der Kontakt mit Listerien ist also nicht auf ein einzelnes Produkt bzw. eine einzelne Produktlinie beschränkt. Die Frage der Berücksichtigung von Befunden, die für sich genommen keine Grenzwertüberschreitung beinhalten, im Rahmen der Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Maßnahme kann aber abschließend erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden.

Die Frage der Geeignetheit der Maßnahme sowie deren Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn kann also insgesamt abschließend erst im Hauptsacheverfahren beantwortet werden.

3.2. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als vollständig offen anzusehen seien, würde die erforderliche Güterabwägung dazu führen, dass die Interessen der Antragstellerin zurückstehen müssen.

Insoweit ist eine Betrachtung anzustellen, ob die Folgen schwerwiegender wären, wenn der Eilantrag abgelehnt wird und sich im Nachhinein die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Maßnahme herausstellt, oder ob andersherum die Folgen gewichtiger wären, wenn dem Eilantrag stattgegeben wird und sich im Nachhinein die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides herausstellt. Für die Beantwortung dieser Frage ist auf die inmitten stehenden Schutzgüter abzustellen. Auf Seiten der Antragstellerin sind dies die Rechte aus Art. 12 GG und aus Art. 14 GG, also durchaus gewichtige Rechtsgüter. Dem gegenüber steht das Recht der Verbraucher auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG. Zu berücksichtigen ist insoweit zunächst, dass die Ablehnung des Eilantrags für die Antragstellerin gravierende Folgen hat, wie ja auch der Insolvenzantrag der Antragstellerin und die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters zeigt. Im Hinblick auf das überragende Schutzgut des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit kann es aber gleichwohl nicht hingenommen werden, dass ein Erkrankungsrisiko weiterer Verbraucher oder gar ein Risiko von Todesfällen eingegangen wird. Entsprechende Risiken sind vorliegend auch konkret in Betracht zu ziehen. Nach den fachbehördlichen Feststellungen, denen - wie ausgeführt - eine besondere Bedeutung und ein hoher Erkenntniswert zukommen, konnte in insgesamt fünf Produkten der Antragstellerin ein Listerientyp festgestellt werden, der dem Krankheitsausbruchmuster in Süddeutschland zugeordnet werden kann. Der Antragstellerin ist zwar zuzugeben, dass entsprechende Erkenntnisse bzw. Befunde bei den Produkten der Antragstellerin, die im Einzelhandel als Probe genommen wurden und in denen Listerien in 25 g nachgewiesen werden konnten, jedenfalls bislang nicht vorliegen. Auch wenn man weiter in Rechnung stellt, dass in Produkten der Antragstellerin bereits zwei abweichende Listerien-Clustertypen festgestellt worden sind, kann im Hinblick auf das Schutzgut des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nicht dahingehend spekuliert werden, dass auch in den vorgenannten Produkten, in denen der Clustertyp bisher nicht bestimmt wurde, ebenfalls nur Clustertypen festgestellt werden können, die den Erkrankungsfällen in Süddeutschland nicht zugeordnet werden können.

Aus den vorgenannten Überlegungen heraus müssen die Interessen der Antragstellerin im Rahmen der Güterabwägung letztlich zurückstehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.

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Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa

Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch


Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB

Insolvenzordnung - InsO | § 22 Rechtsstellung des vorläufigen Insolvenzverwalters


(1) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. In diesem

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB | § 39 Maßnahmen der für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden


(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sin

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB | § 5 Verbote zum Schutz der Gesundheit


(1) Es ist verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist. Unberührt bleiben 1. das Verbot des Artikels

BGA-Nachfolgegesetz - BGA-NachfG | § 2 Robert Koch-Institut - Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten -


(1) Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit wird unter dem Namen "Robert Koch-Institut" ein Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten als selbständige Bundesoberbehörde errichtet. (2) Der Sitz d

BfR-Gesetz - BfRG | § 2 Tätigkeiten


(1) Das Bundesinstitut wird, unbeschadet bestehender Zuständigkeiten sonstiger Einrichtungen des Bundes für Fragen der Gesundheit des Menschen, insbesondere auf folgenden Gebieten tätig: 1. Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Gutachten

Lebensmittelhygiene-Verordnung - LMHV 2007 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieser Verordnung sind 1. nachteilige Beeinflussung: eine Ekel erregende oder sonstige Beeinträchtigung der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln, wie durch Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Ge

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Juni 2016 - M 18 S 16.2409 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Juni 2016 - M 18 S 16.2409 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Jan. 2016 - 20 CS 15.2145

bei uns veröffentlicht am 27.01.2016

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. September 2015 wird geändert. Die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. August 2015 erhobenen Klage wird für Nummer 1 und Nummer 3 Satz 1 ab

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Dez. 2015 - 3 C 7/14

bei uns veröffentlicht am 10.12.2015

Tatbestand 1 Die Klägerin, ein Fleischwaren herstellendes Unternehmen, wendet sich gegen eine lebensmittelrechtliche Untersagungsanordnung.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Juni 2014 - 9 S 1273/13

bei uns veröffentlicht am 16.06.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der

Referenzen

(1) Es ist verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist. Unberührt bleiben

1.
das Verbot des Artikels 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 über das Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel und
2.
Regelungen in Rechtsverordnungen aufgrund des § 13 Absatz 1 Nummer 3 und 4, soweit sie für den privaten häuslichen Bereich gelten.

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Stoffe, die keine Lebensmittel sind und deren Verzehr gesundheitsschädlich im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist, als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen,
2.
mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte für andere herzustellen, zu behandeln oder in den Verkehr zu bringen.

(1) Im Sinne dieser Verordnung sind

1.
nachteilige Beeinflussung: eine Ekel erregende oder sonstige Beeinträchtigung der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln, wie durch Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Gerüche, Temperaturen, Gase, Dämpfe, Rauch, Aerosole, tierische Schädlinge, menschliche und tierische Ausscheidungen sowie durch Abfälle, Abwässer, Reinigungsmittel, Pflanzenschutzmittel, Tierarzneimittel, Biozid-Produkte oder ungeeignete Behandlungs- und Zubereitungsverfahren,
2.
leicht verderbliches Lebensmittel: ein Lebensmittel, das in mikrobiologischer Hinsicht in kurzer Zeit leicht verderblich ist und dessen Verkehrsfähigkeit nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen oder sonstiger Bedingungen erhalten werden kann,
3.
Erlegen: Töten von Groß- und Kleinwild nach jagdrechtlichen Vorschriften.

(2) Im Übrigen gelten die Begriffsbestimmungen des

1.
Artikels 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1; L 226 vom 25.6.2004, S. 3; L 204 vom 4.8.2007, S. 26; L 46 vom 21.2.2008, S. 51; L 58 vom 3.3.2009, S. 3), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 219/2009 (ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 109) geändert worden ist, und
2.
Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 55; L 226 vom 25.6.2004, S. 22; L 204 vom 4.8.2007, S. 26; L 46 vom 21.2.2008, S. 50; L 119 vom 13.5.2010, S. 26; L 160 vom 12.6.2013, S. 15; L 66 vom 11.3.2015, S. 22), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/355 (ABl. L 67 vom 12.3.2016, S. 22) geändert worden ist,
entsprechend.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. In diesem Fall hat der vorläufige Insolvenzverwalter:

1.
das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten;
2.
ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stillegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden;
3.
zu prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird; das Gericht kann ihn zusätzlich beauftragen, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen.

(2) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne daß dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters. Sie dürfen nicht über die Pflichten nach Absatz 1 Satz 2 hinausgehen.

(3) Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Der Schuldner hat dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

(1) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, so geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. In diesem Fall hat der vorläufige Insolvenzverwalter:

1.
das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten;
2.
ein Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stillegung zustimmt, um eine erhebliche Verminderung des Vermögens zu vermeiden;
3.
zu prüfen, ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens decken wird; das Gericht kann ihn zusätzlich beauftragen, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen.

(2) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne daß dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, so bestimmt das Gericht die Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters. Sie dürfen nicht über die Pflichten nach Absatz 1 Satz 2 hinausgehen.

(3) Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Der Schuldner hat dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in seine Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten. Er hat ihm alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen; die §§ 97, 98, 101 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein Fleischwaren herstellendes Unternehmen, wendet sich gegen eine lebensmittelrechtliche Untersagungsanordnung.

2

Sie ist Mitglied des Anbauverbandes Bioland e.V. und vermarktet ihre Produkte unter dem Siegel "Bioland". Als pflanzlichen Ersatz für das konventionell zum Pökeln verwendete Nitritpökelsalz setzt die Klägerin bei der Herstellung von Fleischwurst und Kochschinken eine trockene Gemüsemischung bzw. Gemüsesaftkonzentrate ein, die aus nitratreichen Gewürzen oder Gemüsen durch Entzug von Wasser gewonnen werden (im Folgenden: Gemüsekonzentrate). Zusätzlich wird eine Starterkultur aus Mikroorganismen zugegeben, die das Nitrat aus den Gemüsekonzentraten in Nitrit umwandeln. Durch diesen Vorgang erhalten die Fleischwaren ein Pökelaroma sowie eine stabile rosa-rote Farbe (so genannte Umrötung). Die unter der Bezeichnung "Bio Gemüsemischung" und "Bio-Gemüsesaftkonzentrat" vertriebenen Zusätze sind nach der Produktbeschreibung der Herstellerfirma "für Fleischwaren, die ohne Nitritpökelsalz hergestellt werden", bestimmt.

3

Im Juli und August 2010 nahm der beklagte Landkreis bei der Klägerin Proben des Kochschinken-Aufschnitts und der Fleischwurst sowie der beiden Gemüsekonzentrate und ließ sie durch das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) analysieren. Das LAVES teilte dem Beklagten im März 2011 als Untersuchungsergebnis mit, dass die Fleischwaren nicht verkehrsfähig seien, weil die bei ihrer Herstellung verwendeten Gemüsekonzentrate nicht als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen seien.

4

Nach Anhörung untersagte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 16. Mai 2011 das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Erzeugnissen mit nicht zugelassenen Zusatzstoffen. Das gelte insbesondere für die Verwendung von "Bio Gemüsekonzentrat" und "Bio Gemüsemischung". Die Untersagungsanordnung war gestützt auf § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass es sich bei der Zugabe von nitrathaltigen Gemüsemischungen zur Umrötung und Ausbildung des Pökelaromas bei Fleischwaren um eine Zusatzstoffanwendung handele, die den Vorschriften über Lebensmittelzusatzstoffe unterliege. Die von der Klägerin eingesetzten Gemüsekonzentrate verfügten nicht über die erforderliche Zulassung als Lebensmittelzusatzstoff. Es liege daher ein Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 LFGB sowie gegen Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe vor.

5

Die dagegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. In dem Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts vom 25. März 2014 heißt es im Wesentlichen: Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung sei § 39 Abs. 1 und Abs. 2 LFGB i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 VO Nr. 1333/2008. Die Verwendung der Gemüsekonzentrate zur Herstellung der Fleischwaren sei unzulässig, da sie nicht nach Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 1333/2008 als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen seien. Die Gemüsekonzentrate erfüllten die Voraussetzungen des Zusatzstoffbegriffs im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008. Sie wirkten bei der Herstellung der Fleischerzeugnisse farbstabilisierend und als Antioxidationsmittel und würden damit aus technologischen Gründen zugesetzt. Ebenso beruhe das Pökelaroma auf einer technologischen Wirkung, da es Folge des chemischen Umwandlungsprozesses von Nitrat in Nitrit sei. Die Gemüsekonzentrate seien auch weder Stoffe, die in der Regel selbst als Lebensmittel verzehrt würden, noch handele es sich um Stoffe, die üblicherweise als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet würden. Schließlich seien sie auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii VO Nr. 1333/2008 von dem Zusatzstoffbegriff ausgenommen. Sie würden den Fleischerzeugnissen weder aus ernährungsphysiologischen Gründen noch wegen ihrer geschmacklichen oder aromatisierenden Eigenschaften beigegeben. Das Pökelaroma entstehe nicht durch eine Aroma- oder Geschmackssubstanz der Gemüsekonzentrate, sondern sei Folge der Reduktion von Nitrat zu Nitrit. Zudem hätten die Gemüsekonzentrate auch keine färbende Nebenwirkung im Sinne des Ausnahmetatbestandes. Aus den Erwägungsgründen der Verordnung ergebe sich nichts Abweichendes. Es komme auch nicht darauf an, ob im Enderzeugnis ein geringerer Nitritgehalt vorhanden sei als in Fleischerzeugnissen, die unter Verwendung des als Zusatzstoff zugelassenen Nitritpökelsalzes (E 249 und E 250) hergestellt würden. Die Einstufung der Gemüsekonzentrate als Lebensmittelzusatzstoff entspreche auch der Auffassung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit sowie der Kommissionsarbeitsgruppe "Lebensmittelzusatzstoffe".

6

Mit der von dem Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Vorbringen weiter, die von ihr verwendeten Gemüsekonzentrate seien keine Lebensmittelzusatzstoffe im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008. Fraglich sei bereits die Stoffeigenschaft. Die Gemüsekonzentrate seien ähnlich wie z.B. gepresster Apfelsaft in einem naturbelassenen Zustand. Solche Erzeugnisse habe der Verordnungsgeber nicht unter den Zusatzstoffbegriff fassen wollen. Es fehle zudem an der Voraussetzung des Zusatzes aus technologischen Gründen. Die Gemüsekonzentrate würden primär wegen des Pökelaromas zugegeben, das durch einen von Starterkulturen unterstützten natürlichen Fermentationsprozess entstehe. Die Umrötung der Fleischerzeugnisse sei ein der Aromatisierung nachgeordneter sekundärer Zweck und Nebeneffekt. Eine färbende Nebenwirkung sei aber, wie die Ausnahme des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii VO Nr. 1333/2008 zeige, unschädlich. Maßgeblich für die Zusatzstoffeigenschaft sei allein die jeweilige Hauptfunktion der Zutat. Die Gemüsekonzentrate stellten zwar eine Alternative zu der Verwendung der Zusatzstoffe E 250 (Natriumnitrit) und E 252 (Natriumnitrat) dar. Das bedeute jedoch nicht, dass auch die technologischen Wirkungen dieser Zusatzstoffe bezweckt seien. Im Gegenteil könne die durch die Zugabe von Nitritpökelsalz bezweckte Konservierung mit der Beigabe der Gemüsekonzentrate nicht erzielt werden, weil der Nitritgehalt zu niedrig sei. Der Einstufung als Lebensmittelzusatzstoffe stehe darüber hinaus entgegen, dass es sich bei den Gemüsekonzentraten um Erzeugnisse handele, die in der Regel selbst als Lebensmittel verzehrt oder als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet würden. Die Herstellerfirma vertreibe die Produkte in identischer Form als Getränk unter der Bezeichnung "Vitbeet". Gemüsesaftkonzentrate und Gemüsemischungen würden weltweit als ein natürliches Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel verwendet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es könne ausgeschlossen werden, dass die Gemüsekonzentrate in der Regel selbst als Lebensmittel verzehrt würden, sei deshalb nicht nachvollziehbar und begründe einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht. Die von ihr beigebrachte gutachterliche Stellungnahme sei übergangen worden. Da die Gemüsekonzentrate ihren Produkten den typischen Pökelgeschmack verliehen, seien sie auch ein charakteristischer Bestandteil des Lebensmittels. Eine einheitliche Verwendungspraxis in der gesamten "Bio-Branche" sei dafür nicht erforderlich. Es genüge, dass sie für die zahlreichen Bioland-Mitglieder und damit für einen wesentlichen Teil der Branche charakteristisch sei. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass Gemüsemischungen und -brühen zusammen mit nitratreduzierenden Bakterien seit Jahrhunderten als natürliche Nitrat- und Nitritquelle zum Pökeln eingesetzt würden. Die Stellungnahmen der Kommissionsarbeitsgruppe "Lebensmittelzusatzstoffe" und des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit beträfen einen anderen Sachverhalt. Der Untersagungsanordnung fehle außerdem die notwendige inhaltliche Bestimmtheit, weil unklar sei, welche Stoffe im Einzelnen verboten würden. Überdies sei der Bescheid fehlerhaft auf § 39 Abs. 2 LFGB und nicht auf Art. 54 VO Nr. 882/2004 gestützt worden.

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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

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Der Vertreter des Bundesinteresses weist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft darauf hin, dass die Kommissionsarbeitsgruppe "Lebensmittelzusatzstoffe" bei der Einstufung nitrathaltiger Gemüseextrakte als Lebensmittelzusatzstoffe nicht danach unterscheide, ob Nitrite Fleischerzeugnissen unmittelbar zugesetzt oder erst durch eine mikrobiologische Fermentation aus Nitraten gebildet würden.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 16. Mai 2001 als rechtmäßig erweist und die Anfechtungsklage deshalb keinen Erfolg hat (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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1. Bei der angegriffenen Untersagungsanordnung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2007 - 3 C 34.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 47 Rn. 19 und vom 18. Oktober 2012 - 3 C 25.11 - BVerwGE 144, 355 Rn. 10). Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist daher auf die im Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Senats geltende Rechtslage abzustellen (BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 - 3 C 15.12 - BVerwGE 148, 28 Rn. 9 m.w.N.).

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Entgegen dem angefochtenen Urteil findet die Untersagungsanordnung ihre Rechtsgrundlage nicht in § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB). Als Ermächtigungsgrundlage heranzuziehen ist vielmehr Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b und h der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 S. 1), im hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 652/2014 vom 15. Mai 2014 (ABl. L 189 S. 1; im Folgenden: VO Nr. 882/2004).

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a) Gemäß Art. 54 Abs. 1 VO Nr. 882/2004 trifft die zuständige Behörde (vgl. Art. 2 Satz 2 Nr. 4 VO Nr. 882/2004) bei Feststellung eines Verstoßes gegen das Lebensmittelrecht die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Lebensmittelunternehmer Abhilfe schafft (Satz 1). Sie berücksichtigt dabei die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf Verstöße (Satz 2). Nach Art. 54 Abs. 2 VO Nr. 882/2004 kann die Behörde unter anderem das Inverkehrbringen von Lebensmitteln einschränken oder untersagen (Buchst. b) sowie sonstige Maßnahmen ergreifen, die sie für angemessen erachtet (Buchst. h). Art. 2 Satz 2 Nr. 10 VO Nr. 882/2004 definiert als Verstoß gegen das Lebensmittelrecht jede Nichteinhaltung des Lebensmittelrechts. Unter dem Begriff des Lebensmittelrechts sind die unionsrechtlichen und nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel und Lebensmittelsicherheit zu verstehen, wobei alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln einbezogen sind (Art. 2 Satz 1 VO Nr. 882/2004 i.V.m. Art. 3 Nr. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit , zuletzt geändert durch Verordnung Nr. 652/2014 vom 15. Mai 2014 ). Die Vermarktung eines Lebensmittels unter dem Siegel "Bio" im Sinne der Verordnung Nr. 834/2007 lässt die Geltung sonstiger lebensmittelrechtlicher Vorschriften unberührt (vgl. Art. 1 Abs. 4 VO Nr. 834/2007).

13

Die Klägerin ist auch Unternehmer im Sinne von Art. 54 Abs. 1 VO Nr. 882/2004. Dazu gehören alle natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden (Art. 2 Satz 1 VO Nr. 882/2004 i.V.m. Art. 3 Nr. 3 VO Nr. 178/2002). Lebensmittelunternehmen ist jedes Unternehmen, das eine mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln zusammenhängende Tätigkeit ausführt. Das ist bei der Klägerin der Fall. Die von ihr hergestellten Fleischwaren sind Lebensmittel im Sinne der genannten Verordnungen (Art. 2 Satz 1 VO Nr. 882/2004 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 178/2002).

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b) Nach Art. 288 Abs. 2 AEUV ist die Verordnung in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Art. 54 Abs. 1 und 2 VO Nr. 882/2004 stellt eine umfassende und abschließende Rechtsgrundlage für die streitige Untersagungsanordnung dar und geht den nationalen Vorschriften vor (§ 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB; vgl. amtliche Begründung zu § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB, BT-Drs. 16/8100 S. 20; OVG Münster, Beschluss vom 26. November 2014 - 13 B 1250/14 - ZLR 2015, 219 <221>; VGH Mannheim, Urteil vom 16. Juni 2014 - 9 S 1273/13 - ZLR 2015, 95 Rn. 21 ff. m.w.N.; VGH München, Beschluss vom 20. Januar 2015 - 20 CS 14.2521 - juris Rn. 3). Das gilt auch, soweit der Klägerin neben dem Inverkehrbringen das Herstellen und Behandeln von Fleischerzeugnissen mit den streitigen Gemüsekonzentraten untersagt worden ist. Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 1333/2008 regelt unter anderem die Verwendung von Zusatzstoffen in Lebensmitteln. Das schließt, wie die Definition der Lebensmittelzusatzstoffe in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008 deutlich macht, den Vorgang der Herstellung und Behandlung von Lebensmitteln ein. Nach Art. 54 Abs. 2 Buchst. h VO Nr. 882/2004 gehören zu den erforderlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gegebenenfalls auch Herstellungs- und Behandlungsverbote.

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c) Dass die angegriffene Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 LFGB und - neben Art. 5 VO Nr. 1333/2008 - auf die Verbotstatbestände des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 LFGB gestützt ist, führt nicht zu ihrer Rechtswidrigkeit. Erweist sich die in einem Bescheid getroffene Regelung aus anderen als den angegebenen Rechtsvorschriften und Gründen als rechtmäßig, ohne dass sie durch den Austausch der Begründung in ihrem Wesen geändert wird, ist der Verwaltungsakt nicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig (BVerwG, Urteile vom 19. August 1988 - 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96 <98>, vom 21. November 1989 - 9 C 28.89 - Buchholz 402.25 § 10 AsylVfG Nr. 5 S. 11 und vom 31. März 2010 - 8 C 12.09 - Buchholz 451.20 § 33c GewO Nr. 8 Rn. 16). So liegt der Fall hier. Der Wechsel der Ermächtigungsgrundlage und der Normen, mit denen das Vorliegen eines Verstoßes begründet wird, lässt den Regelungsgehalt der Untersagungsanordnung unberührt. Insbesondere ergeben sich wegen der inhaltlichen und strukturellen Parallelen der Vorschriften auch in Bezug auf die Ermessensbetätigung keine wesentlichen Änderungen (OVG Münster, Beschluss vom 26. November 2014 - 13 B 1250/14 - ZLR 2015, 219 <221>; VGH Mannheim, Urteil vom 16. Juni 2014 - 9 S 1273/13 - ZLR 2015, 95 Rn. 25 ff.; VG Berlin, Urteil vom 24. März 2015 - 14 K 150.12 - GewArch 2015, 411 Rn. 16 f.). Ebenso wenig wirft der Austausch der Rechtsgrundlagen im Hinblick auf die Zuständigkeit des Beklagten nach § 2 der Verordnung über Zuständigkeiten auf verschiedenen Gebieten der Gefahrenabwehr - ZustVO-SOG - vom 18. Oktober 1994 (Nds. GVBl. 1994, 457; i.d.F. der Änderungsverordnung vom 23. Februar 2015 ) Bedenken auf. Die in § 2 Abs. 1 Nr. 5 ZustVO-SOG bestimmte Sachzuständigkeit für die Aufgabe nach § 39 Abs. 1 Satz 1 LFGB kann ohne Weiteres dahin verstanden werden, dass damit auch Maßnahmen nach Art. 54 VO Nr. 882/2004 erfasst sind (vgl. den Verweis auf das Unionsrecht in § 39 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 LFGB).

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2. Der Bescheid vom 16. Mai 2011 ist inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG. Er lässt nach seinem objektiven Erklärungsinhalt und unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts keinen Zweifel an seinem Regelungsgehalt. Die Klägerin kann dem Bescheidtenor und der Begründung unmissverständlich entnehmen, dass ihr untersagt wird, in ihrem Betrieb Lebensmittel unter Verwendung der beanstandeten nitrathaltigen Gemüsekonzentrate herzustellen, zu behandeln und in den Verkehr zu bringen. Die Formulierung "Dies gilt insbesondere für die Verwendung von 'Bio Gemüsekonzentrat' und 'Bio Gemüsemischung'." (Satz 2 des Bescheidtenors) steht dem nicht entgegen. Sie ist bei verständiger Würdigung nicht dahin (miss-)zu-verstehen, die Untersagungsanordnung bezöge sich auf eine nicht abschließend bestimmte Gruppe von Zusatzstoffen. Die Formulierung "insbesondere" ist der Regelungstechnik des Bescheidtenors geschuldet. Der Klägerin wird zunächst allgemein unter Wiederholung des wesentlichen Wortlauts des § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB und der einschlägigen Verbotstatbestände untersagt, nicht zugelassene Zusatzstoffe zu verwenden (Satz 1). Im Anschluss (Satz 2) wird die Anordnung konkretisiert, indem die Stoffe namentlich benannt werden, die als nicht zugelassene Zusatzstoffe im Sinne des Satz 1 angesehen werden. Im Kontext mit den nachfolgenden Bescheidgründen wird hinreichend klar, dass die Untersagungsverfügung darauf zielt, der Klägerin die Verwendung der Gemüsekonzentrate zu verbieten, die auch Gegenstand der Untersuchung durch das Lebensmittelinstitut gewesen sind. Ausführungen dazu, dass auch andere Stoffe erfasst sein sollen, enthält der Bescheid nicht.

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3. Ohne Rechtsfehler hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Verwendung der streitigen Gemüsekonzentrate zur Herstellung von Fleischwaren gegen Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 VO Nr. 1333/2008 verstößt, weil es sich um nicht zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe handelt.

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a) Mit der Verordnung Nr. 1333/2008 wird im Interesse des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes und zur Gewährleistung eines hohen Gesundheits- und Verbraucherschutzes die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen in der Europäischen Union harmonisiert (Art. 1 Unterabs. 1; Erwägungsgründe 1 bis 4). Zu diesem Zweck legt die Verordnung anhand von Gemeinschaftslisten die Zusatzstoffe fest, die bei Lebensmitteln zugelassen sind, und bestimmt die Bedingungen für ihre Verwendung (Art. 1 Unterabs. 2). Sie regelt außerdem die Kriterien für die Aufnahme von Lebensmittelzusatzstoffen in die Gemeinschaftsliste (Art. 6 ff.). Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass der Zusatzstoff in der vorgesehenen Dosis für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklich ist, es eine technologische Notwendigkeit für seine Verwendung gibt und er dem Verbraucher einen Nutzen bringt, z.B. weil der Zusatzstoff der Erhaltung der ernährungsphysiologischen Qualität des Lebensmittels dient oder dessen gleichbleibende Qualität oder Stabilität fördert (Art. 6 Abs. 1 und 2; Erwägungsgrund 7). Die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste vollzieht sich nach einem einheitlichen Bewertungs- und Zulassungsverfahren, das in der Verordnung (EG) Nr. 1331/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 (ABl. L 354 S. 1; im Folgenden: VO Nr. 1331/2008) geregelt ist. Das Verfahren kann auf Initiative der Europäischen Kommission oder auf Antrag eines Mitgliedstaates oder einer betroffenen Person eingeleitet werden. Zuständig für die Entscheidung über die Aufnahme eines Zusatzstoffes ist die Kommission (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 VO Nr. 1331/2008), die dabei von dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit unterstützt wird (Art. 14 VO Nr. 1331/2008; Art. 28 Abs. 1 VO Nr. 1333/2008).

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Auf dieser Grundlage regeln Art. 4 und Art. 5 VO Nr. 1333/2008 die Voraussetzungen für die Verkehrsfähigkeit von Lebensmittelzusatzstoffen. Nach Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 1333/2008 dürfen in Lebensmitteln nur die in der Gemeinschaftsliste in Anhang II aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe und nur unter den darin festgelegten Bedingungen verwendet werden. Art. 5 VO Nr. 1333/2008 verbietet das Inverkehrbringen eines Lebensmittels, in dem ein Lebensmittelzusatzstoff vorhanden ist, wenn die Verwendung des Zusatzstoffs nicht mit dieser Verordnung in Einklang steht. Danach hat der Beklagte der Klägerin die Verwendung der beanstandeten Gemüsekonzentrate zu Recht untersagt. Sie sind Lebensmittelzusatzstoffe im Sinne der Begriffsbestimmung des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008 (dazu nachfolgend unter b)). Die erforderliche Zulassung als Zusatzstoff für die Herstellung von Fleischerzeugnissen fehlt (dazu nachfolgend unter c)).

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b) Ein Lebensmittelzusatzstoff ist nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008 ein Stoff mit oder ohne Nährwert, der in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet wird und einem Lebensmittel aus technologischen Gründen bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Verpackung, Beförderung oder Lagerung zugesetzt wird, wodurch er selbst oder seine Nebenprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können. Verlangt wird im Kern also zweierlei: Der Stoff muss dem Lebensmittel zu einem technologischen Zweck zugesetzt werden (positives Begriffsmerkmal) und er darf nicht üblicherweise selbst als Lebensmittel verzehrt oder als charakteristische Zutat zu einem Lebensmittel verwendet werden (negatives Begriffsmerkmal). Für die Beurteilung ist auf den fraglichen Stoff in der Zusammensetzung und Beschaffenheit abzustellen, die er im maßgeblichen Zeitpunkt des Zusatzes aufweist (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. III, Stand: März 2015, C 121, Art. 3 Rn. 18a). Hiernach ist nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht die Gemüsekonzentrate als Lebensmittelzusatzstoffe eingestuft hat.

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aa) Der Stoffbegriff des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008 ist weit zu verstehen. Er erstreckt sich sowohl auf unverarbeitete als auch auf be- oder verarbeitete Stoffe, auf zusammengesetzte Stoffe und Stoffgemische genauso wie auf Einzelstoffe, auf feste Stoffe ebenso wie auf flüssige oder gasförmige Substanzen (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. III, Stand: März 2015, C 121, Art. 3 Rn. 14 f.; Wehlau, LFGB, 2010, § 2 Rn. 130). Die Stoffeigenschaft der Gemüsekonzentrate ist daher nicht zweifelhaft. Soweit die Klägerin daran unter Verweis auf eine Kommentierung Bedenken hegt, unterliegt sie einem Missverständnis. Die von ihr zitierte Kommentarstelle (Zipfel/Rathke, a.a.O. Art. 3 Rn. 15) verneint die Stoffeigenschaft für "natürliche Bestandteile, die sich noch in dem natürlichen Verbund befinden". Damit ist gemeint, dass im Fall des Zusatzes eines Stoffes, der sich aus mehreren natürlichen Bestandteilen zusammensetzt (z.B. Rote Beete mit dem natürlichen Bestandteil Saft, Kieselerde mit dem natürlichen Bestandteil Siliziumdioxid oder Apfelsaft mit dem natürlichen Bestandteil Fruchtzucker), der Stoffverbund (Rote Beete, Kieselerde, Apfelsaft) der Beurteilung nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008 unterliegt und nicht ein einzelner Bestandteil (Rote-Beete-Saft, Siliziumdioxid, Zucker). Die Fundstelle gibt somit für die Auffassung der Klägerin nichts her, sondern bestätigt vielmehr die Einstufung der Gemüsekonzentrate als "Stoff" im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008.

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bb) Die Klägerin verwendet die Gemüsemischung und das Gemüsesaftkonzentrat bei der Herstellung ihrer Fleischwaren aus technologischen Gründen.

23

Ein Stoff wird einem Lebensmittel aus technologischen Gründen zugesetzt, wenn er einem oder mehreren der in Art. 6 Abs. 2, Art. 7 und Art. 8 VO Nr. 1333/2008 genannten Zwecke dient, die im Anhang I der Verordnung durch Auflistung so genannter Funktionsklassen konkretisiert werden. Bei diesen Funktionsklassen handelt es sich um nach der technologischen Funktion in Lebensmitteln geordnete Gruppen von Zusatzstoffen (Art. 3 Abs. 2 Buchst. c VO Nr. 1333/2008), wie beispielsweise Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Emulgatoren oder Geschmacksverstärker.

24

Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erfüllen die nitrathaltigen Gemüsekonzentrate mehrere der im Anhang I aufgeführten technologischen Funktionen. Durch die Zugabe des Konzentrats wird in dem behandelten Fleisch Nitrat eingelagert, das anschließend mit Hilfe der zugesetzten Bakterien (Starterkultur) in Nitrit umgewandelt wird. Dadurch erhält das Fleischerzeugnis eine stabile Färbung (Umrötung). Dieser Vorgang erfüllt die Merkmale der Funktionsklasse der Stabilisatoren nach Nr. 24 des Anhangs I VO Nr. 1333/2008. Zu den Stabilisatoren zählen nach der Definition in Anhang I auch Stoffe, durch die die vorhandene Farbe eines Lebensmittels stabilisiert, bewahrt oder intensiviert wird. Unschädlich ist, dass die technologische Wirkung der Umrötung nicht unmittelbar durch das zugesetzte Gemüsekonzentrat herbeigeführt wird, sondern erst durch ein Reaktionsprodukt (Nitrit). Es reicht aus, dass der zugesetzte Stoff Ausgangsstoff für die bezweckte technologische Wirkung ist. Das folgt aus der Definition des Lebensmittelzusatzstoffes, wonach es genügt, wenn der zugesetzte Stoff oder seine Nebenprodukte mittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden.

25

Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen der Funktionsklasse der Antioxidationsmittel vor. Dazu zählen Stoffe, die die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern, indem sie sie vor den schädlichen Auswirkungen der Oxidation wie Ranzigwerden von Fett und Farbveränderungen schützen (Nr. 4 des Anhangs I VO Nr. 1333/2008). Die Gemüsekonzentrate haben diese Funktion; denn das aus dem Nitrat gebildete Nitrit wirkt dem Fettverderb entgegen.

26

Dahinstehen kann danach, ob auch die Ausbildung des Pökelaromas als technologische Wirkung anzusehen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat das mit der Erwägung bejaht, das Aroma werde ebenfalls durch den chemischen Umwandlungsprozess von Nitrat in Nitrit hervorgerufen. Dem Oberverwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass mikrobielle Prozesse kein Ausschlusskriterium für eine technologische Funktion sind. Ob ein Stoff aus technologischen Gründen zugesetzt wird, beurteilt sich allein danach, ob er sich im Sinne der in Anhang I VO Nr. 1333/2008 nicht abschließend beschriebenen technischen Funktionen auf das Lebensmittel auswirkt. Beruht die Aromabildung wie hier auf einem technologischen Vorgang und nicht auf den aromatisierenden oder geschmacklichen Eigenschaften des zugesetzten Stoffes selbst, ist es daher vertretbar, von einer technologisch begründeten Wirkung zu sprechen. Die Zuordnung zu den technologischen Funktionen kann aber deshalb Zweifel aufwerfen, weil gleichzeitig eine aroma- und geschmacksgebende Wirkung im Enderzeugnis festzustellen ist. Der Verordnungsgeber hat berücksichtigt, dass es zu Überschneidungen kommen kann und nimmt die Abgrenzung danach vor, ob die aromatisierenden und geschmacklichen Eigenschaften im Vordergrund stehen und die technologische Wirkung nur Nebenzweck ist oder ob Letzterer eine Hauptfunktion zukommt (vgl. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii sowie Art. 9 Abs. 1 VO Nr. 1333/2008). Dem muss hier aber nicht abschließend nachgegangen werden. Unabhängig von der Beurteilung des Pökelaromas als technologische oder nicht technologische Wirkung ist in Bezug auf die Gemüsekonzentrate das Merkmal "aus technologischen Gründen" bereits dadurch erfüllt, dass sie zum Zweck der Umrötung und Antioxidation zugesetzt werden. Auf diese technischen Funktionen kommt es der Klägerin neben der Erzielung des Pökelaromas auch wesentlich an, wie das Oberverwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Denkgesetze und somit für das Revisionsverfahren verbindlich festgestellt hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Das rechtfertigt zugleich, (auch) in der Umrötung eine Haupt- und nicht nur eine Nebenwirkung der Gemüsekonzentrate zu sehen.

27

cc) Nach den in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind die Gemüsekonzentrate keine Stoffe, die in der Regel selbst als Lebensmittel verzehrt werden. Die Verfahrensrüge der Klägerin bleibt ohne Erfolg (§ 137 Abs. 2 VwGO).

28

Ein Stoff wird "in der Regel" als Lebensmittel verzehrt, wenn der Verzehr üblich, also gebräuchlich oder gängig ist (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 3 C 15.11 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 8 Rn. 20). Erforderlich ist eine Ernährungspraxis, die bereits über einen gewissen Zeitraum andauert (zeitliches Moment) und bei einer nennenswerten Zahl von Verbrauchern anzutreffen ist (quantitatives Moment). Gegenstand der Beurteilung ist auch in diesem Zusammenhang der zugesetzte Stoff in der Beschaffenheit, die er bei seiner Verwendung als Zusatz aufweist. Das legt bereits der Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008 nahe und wird bestätigt durch die Erläuterung zum Anwendungsbereich der Verordnung in Art. 2 Abs. 2. Danach gilt die Verordnung für die dort aufgeführten Stoffe nur, wenn sie als Lebensmittelzusatzstoffe verwendet werden. Die Regelung hat multifunktionale Stoffe im Blick (vgl. zu dem Begriff Wehlau, LFGB, 2010, § 2 Rn. 137 und 178), die je nach Verwendungszusammenhang zu technologischen Zwecken oder aus sonstigen Gründen eingesetzt werden können. Art. 2 Abs. 2 VO Nr. 1333/2008 stellt klar, dass für die Einstufung des Stoffes die konkret in Rede stehende Verwendung maßgeblich ist (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Bd. III, Stand: März 2015, C 121, Art. 3 Rn. 18a, 28). Demzufolge ist hier weder auf die Ausgangsstoffe der Gemüsekonzentrate abzustellen, noch kommt es darauf an, ob andere Gemüsemischungen oder Gemüsesaftkonzentrate, die sich nach den Ausgangsstoffen und der Zusammensetzung von den streitigen Erzeugnissen unterscheiden, üblicherweise als Lebensmittel verzehrt werden. Eine abweichende Betrachtung ist nicht deshalb geboten, weil es sich um Lebensmittel (Gemüse) in getrockneter und konzentrierter Form handelt. Das lässt sich aus der Ausnahmeregelung des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii VO Nr. 1333/2008 ableiten, die sich ausdrücklich auf solche Lebensmittel bezieht. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass jenseits dieses Ausnahmetatbestandes die Zuordnung zu den Zusatzstoffen nicht schon deshalb ausgeschlossen sein soll, weil die Ausgangsstoffe als Lebensmittel verzehrt werden.

29

Gemessen daran handelt es sich bei den von der Klägerin verwendeten Gemüsekonzentraten nicht um Stoffe, die in der Regel als Lebensmittel verzehrt werden. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass und warum es für eine entsprechende Verzehrpraxis keine Anhaltspunkte gibt. Es hat insbesondere darauf abgestellt, dass weder geschmackliche noch ernährungsphysiologische Gründe für einen regelhaften Lebensmittelverzehr sprechen und dass die Produkte nicht als Lebensmittel für den Endverbraucher vermarktet werden. Es hat des Weiteren auf den stark erhöhten Nitratgehalt und gesundheitliche Erwägungen verwiesen, die es als ausgeschlossen erscheinen lassen, dass die Gemüsekonzentrate üblicherweise selbst als Lebensmittel verzehrt werden. Aussagekräftige Belege für das Gegenteil hat die Klägerin weder im erstinstanzlichen noch im berufungsgerichtlichen Verfahren beigebracht. Vielmehr weist der von der Klägerin herangezogene Gutachter in seiner Stellungnahme selbst darauf hin, dass ein Verzehr des Gemüsepulvers und des Saftkonzentrats in unverdünnter Form unüblich ist. Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, die Konzentrate ließen sich in aufbereiteter Form als Gemüsesaft verzehren, hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls mit schlüssiger Argumentation ausgeführt, dass sich eine entsprechende regelhafte Verzehrpraxis nicht feststellen lässt.

30

Die hiergegen erhobene Aufklärungsrüge der Klägerin greift nicht durch. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Pflicht, den Sachverhalt aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO), nicht verletzt. Einen förmlichen Beweisantrag hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausweislich der Niederschrift nicht gestellt. Entgegen ihrem Rügevorbringen musste sich dem Berufungsgericht auch nicht aufdrängen, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, ob Gemüsemischungen und Gemüsesaft-Konzentrat in Deutschland und anderen Ländern im Allgemeinen als Lebensmittel verzehrt werden. Nach der für den gebotenen Umfang der Sachaufklärung maßgeblichen Sicht des Oberverwaltungsgerichts - die, wie gezeigt, nicht zu beanstanden ist - ist allein darauf abzustellen, ob üblicherweise nitratreiche Gemüsekonzentrate, wie sie die Klägerin nutzt, als Lebensmittel konsumiert werden. Das hat das Gericht nachvollziehbar verneint. Aus dem Berufungsvorbringen der Klägerin einschließlich der von ihr vorgelegten gutachterlichen Stellungnahme ergeben sich keine greifbaren Anhaltspunkte, die diese Bewertung in Frage stellen und dem Oberverwaltungsgericht deshalb Anlass hätten sein müssen, Beweis zu erheben. Soweit sie im Revisionsverfahren ihren Vortrag um neue tatsächliche Gesichtspunkte ergänzt hat, ist dieses Vorbringen in der Revisionsinstanz unbeachtlich (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1984 - 9 C 981.81 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 19 S. 51 f.).

31

dd) Bei den Gemüsekonzentraten handelt es sich auch nicht um Stoffe, die in der Regel als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet werden.

32

Eine Zutat ist charakteristisch im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008, wenn sie prägender Bestandteil des Lebensmittels ist, also dem Lebensmittel besondere, typische Eigenschaften verleiht (BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2007 - 3 C 21.06 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 4 Rn. 44 und vom 1. März 2012 - 3 C 15.11 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 8 Rn. 16; Wehlau, LFGB, 2010, § 2 Rn. 156). Zusätzlich bedarf es einer regelhaften Verwendung als charakteristische Zutat, was eine gefestigte, dauerhafte Herstellungs- und Verzehrpraxis voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 3 C 15.11 - a.a.O. Rn. 20 ff.). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen sind die Gemüsekonzentrate kein prägender Bestandteil der Fleischwaren. An den Zusätzen "Bio" und "Bioland" im Produktnamen der Waren lässt sich eine prägende Wirkung nicht festmachen, weil die alternative Verwendung von nitrathaltigen Gemüsekonzentraten anstelle der Lebensmittelzusatzstoffe E 250 und E 252 innerhalb der "Bio-Branche" unterschiedlich gehandhabt wird. Unter dem Siegel "Bio" werden auch Fleischwaren vertrieben, zu deren Herstellung konventionelles Nitritpökelsalz verwendet wird. Nach Art. 19 Abs. 2 Buchst. b und Art. 21 VO Nr. 834/2007 und Art. 27 i.V.m. Anhang VIII Abschnitt A der zugehörigen Durchführungsverordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 (ABl. L 250 S. 1) sind Natriumnitrit (E 250) und Kaliumnitrat (E 252) zur Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen. Das Oberverwaltungsgericht hat deshalb die Verwendung der Gemüsekonzentrate als Ersatz für Nitritsalz lediglich als charakteristisch für Produkte des Anbauverbandes "Bioland" angesehen und dazu festgestellt, dass dies für die Annahme einer regelhaften, charakteristischen Zutat nicht ausreicht. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Da die Gemüsekonzentrate in ihren Wirkungen (Umrötung, Pökelaroma, Antioxidation) nicht von dem abweichen, was herkömmlich durch den Zusatz von Nitritpökelsalz erzielt wird, verleihen sie den Fleischwaren schließlich auch sonst keine besonderen, charakteristischen Eigenschaften.

33

Die Aufklärungsrüge der Klägerin hat aus denselben Gründen wie unter cc) keinen Erfolg. Nach der für den Umfang der Sachaufklärung maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob andere Gemüsemischungen oder Gemüsesaftkonzentrate bei anderen Gruppen von Lebensmitteln als charakteristische Zutat eingesetzt werden.

34

ee) Die Gemüsekonzentrate sind auch nicht nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii VO Nr. 1333/2008 von der Einstufung als Lebensmittelzusatzstoffe ausgenommen.

35

Nach dieser Bestimmung gelten "Lebensmittel, getrocknet oder in konzentrierter Form, einschließlich Aromen, die bei der Herstellung von zusammengesetzten Lebensmitteln wegen ihrer aromatisierenden, geschmacklichen oder ernährungsphysiologischen Eigenschaften beigegeben werden und eine färbende Nebenwirkung haben", nicht als Lebensmittelzusatzstoffe. Dadurch werden Stoffe aus dem Anwendungsbereich der Verordnung herausgenommen, die vorrangig zu nicht technologischen Zwecken zugesetzt werden und zugleich in dem Enderzeugnis als technologische Nebenfunktion eine färbende Wirkung entfalten. Ist die Färbung hingegen Hauptzweck, gilt der Stoff als Lebensmittelzusatzstoff, außer es handelt sich um einen Stoff, der in der Regel selbst als Lebensmittel verzehrt oder als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet wird (vgl. Erwägungsgrund 5 und Anhang I Nr. 2 VO Nr. 1333/2008; ebenso die Vorgängerregelung des Art. 1 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der Richtlinie 94/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1994 über Farbstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen , wo beispielhaft Paprika, Kurkuma und Safran angeführt werden). Danach fallen die streitigen Gemüsekonzentrate nicht unter die in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii VO Nr. 1333/2008 genannte Stoffgruppe. Dabei kann offen bleiben, ob die Gemüsekonzentrate im Sinne der Definition wegen ihrer aromatisierenden und geschmacklichen Eigenschaften beigegeben werden. Das unterliegt Zweifeln, da das Pökelaroma - wie bereits ausgeführt - auf einem technologischen Vorgang beruht und nicht durch eigene aromatisierende und/oder geschmackliche Eigenschaften der Konzentrate bewirkt wird. Unabhängig davon fehlt es an den Tatbestandsvoraussetzungen jedenfalls deshalb, weil die Gemüsekonzentrate nach den für den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Feststellungen keine färbende Nebenwirkung haben. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass die bezweckte Umrötung nicht durch eine Farbgebung mittels Farbstoff im Sinne der Funktionsklasse 2 des Anhangs I VO Nr. 1333/2008 erzielt wird, sondern durch einen chemischen Farbstabilisierungsprozess im Sinne der Funktionsklasse 24, indem der in den Fleischerzeugnissen vorhandene hitzelabile rote Muskelfarbstoff Myoglobin durch Nitrit in das hitzestabile und nach Erhitzung rosafarbene Nitrosomyoglobin umgewandelt wird. Darüber hinaus ist der technologische Vorgang der Farbstabilisierung auch nicht nur Nebenwirkung, sondern eine Hauptwirkung des Zusatzes der Gemüsekonzentrate.

36

Aus dem Erwägungsgrund 5 der Verordnung Nr. 1333/2008 ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Aus dessen Satz 3 geht hervor, dass Stoffe, die zur Aromatisierung und/oder Geschmacksgebung oder zu ernährungsphysiologischen Zwecken zugesetzt werden - wie z.B. Salzersatzstoffe, Vitamine und Mineralstoffe - nicht als Lebensmittelzusatzstoffe gelten sollen. Diese Zielsetzung wird durch Art. 2 Abs. 2 Buchst. c und e sowie in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1333/2008 durch das Tatbestandsmerkmal der Zugabe "aus technologischen Gründen" umgesetzt. Nach Satz 4 des Erwägungsgrundes 5 VO Nr. 1333/2008 soll die Verordnung nicht auf Stoffe Anwendung finden, die als Lebensmittel gelten und für einen technologischen Zweck verwendet werden, wie z.B. Natriumchlorid oder Safran zum Färben. Dem tragen sowohl die Definition des Begriffs des Lebensmittelzusatzstoffs durch das Ausschlusskriterium "in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet wird" Rechnung, als auch der Ausnahmetatbestand des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii VO Nr. 1333/2008. Schließlich stellt Satz 5 des Erwägungsgrundes 5 VO Nr. 1333/2008 in Abgrenzung zu den in Satz 3 und Satz 4 angesprochenen Fallgruppen klar, dass Zubereitungen aus Lebensmitteln und anderen natürlichen Ausgangsstoffen, die in dem Enderzeugnis eine technologische Funktion erfüllen und die durch selektive Extraktion von Bestandteilen (z.B. Pigmenten) im Vergleich zu ihren ernährungsphysiologischen oder aromatisierenden Bestandteilen gewonnen werden, als Zusatzstoffe im Sinne der Verordnung gelten. Die Erwägung findet sich in der Definition des Farbstoffbegriffs nach der Funktionsklasse Nr. 2 im Anhang I der Verordnung wieder. Die Erläuterungen in Erwägungsgrund 5 bestätigen damit die Auffassung, dass Konzentrate aus natürlichen Ausgangsstoffen wie Gewürzen oder Gemüsen, die in der Hauptfunktion aus technologischen Gründen in einem Lebensmittel verwendet werden, als Lebensmittelzusatzstoffe einzustufen sind.

37

Das entspricht auch der fachkundigen Einschätzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit vom 14. Dezember 2006 (SANCO - D1(06)D/413447, Bl. 42 d.GA), wonach der Zusatz eines stark nitrathaltigen Spinatextrakts zu Konservierungs- und/oder Farbstabilisierungszwecken bei Würsten als Verwendung eines Lebensmittelzusatzstoffes anzusehen ist. Zu derselben Beurteilung kommt die Kommissionsarbeitsgruppe "Lebensmittelzusatzstoffe" in Bezug auf Gemüsebrühen, bei denen das ursprünglich enthaltene Nitrat fermentativ zu Nitrit umgewandelt worden ist und die zu technologischen Zwecken bei der Herstellung von Fleischerzeugnissen eingesetzt werden (vgl. European Commission, Health & Consumer Directorate-General, Directorate E - Safety of the Food Chain, SANCO/E3/WD/km D (2010), Bl. 40 d. GA; Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 9. Juni 2010 an die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden, Bl. 38 d. GA). Es ist nicht ersichtlich, dass die Stellungnahmen dieser Gremien durch aktuellere Äußerungen überholt sind, die im Streitfall eine abweichende Beurteilung nahelegen. Soweit die Klägerin eine Aktennotiz über ein Gespräch der Internationalen Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) mit der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission (DG SANCO) vorgelegt hat, handelt es sich um den Vermerk eines Mitglieds der IFOAM und nicht um eine offizielle Verlautbarung der Generaldirektion. Zudem lässt sich daraus auch inhaltlich nicht entnehmen, dass die DG SANCO Gemüsekonzentrate, die wegen ihres hohen Nitratgehalts zu technologischen Zwecken bei der Fleischverarbeitung eingesetzt werden, generell aus dem Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1333/2008 ausnimmt.

38

Nach alledem bestehen keine vernünftigen Zweifel an der zutreffenden Auslegung und Anwendung des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a einschließlich Ziffer ii VO Nr. 1333/2008, so dass es keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV bedarf. Das gilt auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeregten Vorlagefragen. Ob es sich bei den in Rede stehenden Gemüsekonzentraten um Stoffe handelt, die üblicherweise selbst als Lebensmittel verzehrt oder als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet werden, ist eine Tatsachenfrage und von den nationalen Tatsachengerichten zu beantworten. Dasselbe gilt für die Frage, ob die Konzentrate aus technologischen Gründen zugesetzt werden und ob die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Buchst. a Ziffer ii VO Nr. 1333/2008 in tatsächlicher Hinsicht erfüllt sind.

39

c) Die danach erforderliche zusatzstoffrechtliche Zulassung liegt nicht vor. In der Gemeinschaftsliste der für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassenen Zusatzstoffe (Anhang II zu der Verordnung Nr. 1333/2008 i.d.F. der Verordnung Nr. 1129/2011 der Kommission vom 11. November 2011 ) sind die Gemüsekonzentrate nicht aufgeführt. In Anhang II Teil B ("Liste aller Zusatzstoffe") unter Nr. 3 ("Andere Zusatzstoffe als Farbstoffe und Süßungsmittel") und Teil E ("Zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe und Verwendungsbedingungen nach Lebensmittelkategorie") unter Nr. 08 ("Fleisch") sind allein Kaliumnitrit (E 249), Natriumnitrit (E 250), Natriumnitrat (E 251) und Kaliumnitrat (E 252) als Zusatzstoffe benannt, die für die Verwendung in Fleisch zugelassen sind. Nach Anhang II Teil A Nr. 2.1 VO Nr. 1333/2008 i.d.F. der Verordnung (EU) Nr. 2015/647 der Kommission vom 24. April 2015 (ABI. L 107 S. 1) müssen sie zudem die Bedingungen einhalten, die sich aus der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission vom 9. März 2012 (ABl. L 83 S. 1) im Hinblick auf Herkunft, Reinheitsgehalt und sonstige Spezifikationen ergeben. Dass anstelle dessen auch Gemüsekonzentrate zugelassen sind, ergibt sich aus der Gemeinschaftsliste nicht.

40

Nichts anderes gilt mit Blick auf die Liste der Zusatzstoffe, die nach Art. 27 VO Nr. 889/2008 bei der Verarbeitung von ökologischen/biologischen Lebensmitteln verwendet werden dürfen. Anhang VIII dieser Verordnung führt die Stoffe Natriumnitrit (E 250) und Kaliumnitrat (E 252) auf, nicht aber Gemüsekonzentrate als Ersatzstoffe. Nach Art. 27 Abs. 3 VO Nr. 889/2008 war vor dem 31. Dezember 2010 zu überprüfen, ob Natriumnitrit und Kaliumnitrat aus der Liste der zugelassenen Stoffe gestrichen werden sollten. Bei der Überprüfung sollte den Bemühungen der Mitgliedstaaten um sichere Alternativen zu Nitriten/Nitraten Rechnung getragen werden. Zu einer Streichung der beiden Stoffe aus dem Anhang VIII ist es bislang nicht gekommen.

41

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, ihre Fleischprodukte wiesen einen geringeren Nitritgehalt auf als Erzeugnisse, die unter Verwendung von Nitritpökelsalz hergestellt worden seien. Das erlaubt nicht den Schluss, die Verwendung der Gemüsekonzentrate als Ersatz für die Zusatzstoffe E 249 - 252 sei auch ohne gesonderte Zulassung erlaubt. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts haben die Gemüsekonzentrate nicht die Funktion eines Konservierungsstoffs nach Anhang I Nr. 3 VO Nr. 1333/2008, da hierfür die erzielte Nitritkonzentration zu niedrig ist. Die Europäische Kommission hat jedoch bei der Zulassung von Nitriten (E 249 und E 250) gerade auf deren technologischen Nutzen als Konservierungsmittel in Fleischerzeugnissen abgestellt (vgl. Erwägungsgrund 6 VO Nr. 1129/2011). Entfällt dieser Nutzen bei der Verwendung der Gemüsekonzentrate, ist daher neu zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nach Art. 6 VO Nr. 1333/2008 vorliegen (vgl. zur Verknüpfung der technischen Notwendigkeit mit dem Gesundheitsschutz auch EuGH, Urteile vom 20. März 2003 - C-3/00 [ECLI:EU:C:2003:167] - Rn. 82 und vom 10. September 2009 - C-366/08 [ECLI:EU:C:2009:546], Adolf Darbo - Rn. 60). Diese Prüfung ist nach Art. 10 Abs. 1 VO Nr. 1333/2008 dem in der Verordnung Nr. 1331/2008 festgelegten Verfahren vorbehalten. Vergleichbares gilt für die Aufnahme in die Liste der bei der Verarbeitung von biologischen Lebensmitteln zugelassenen Zusatzstoffen (vgl. Art. 21 Abs. 1 und 2 VO Nr. 834/2007).

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Abgabe von Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... ...
Der Kläger führt zusammen mit seiner Ehefrau einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit dem Schwerpunkt Milcherzeugung. Der Stammbetrieb befindet sich in der Hauptstraße ... und umfasst die Betriebswohnung der Familie, das landwirtschaftliche Büro, den Notstall, mehrere Maschinenhallen, ein Getreidelager, die Werkstatt für Landtechnik sowie das Spritzmittellager. Dort hat der Kläger auch einen Milchautomaten zur Abgabe von Rohmilch an Kunden aufgestellt. Die in ca. zwei Kilometern Entfernung hiervon im Gewann „W...“ im Jahr 1996 errichtete weitere Betriebsstätte umfasst im Wesentlichen den neuen Stall für die Unterbringung von ca. 50 Milchkühen mit Nachzucht sowie die Melk-Technik.
Mit Verfügung vom 15.01.2010 untersagte das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis dem Kläger, Rohmilch aus dem Milchautomaten (Standort: ..., Hauptstr. ...) abzugeben und in Verkehr zu bringen. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet. Da die Abgabe der Rohmilch nicht im Milcherzeugungsbetrieb erfolge, liege ein Verstoß gegen § 17 der Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tier-LMHV) vor.
Am 20.01.2010 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Am 05.02.2010 beantragte er beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 29.03.2010 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab (10 K 312/10). Der Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 06.07.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers zurück: Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV sei es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an den Verbraucher abzugeben. Das Verbot bestehe aus Gründen des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Eine Ausnahme vom Verbot sei in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für die Abgabevon Milcherzeugungsbetrieben unter den strengen Bedingungen der Ziffern 1 bis 5 dieses Absatzes möglich. Nach Ziffer 1 der Vorschrift müsse die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgen. Dies sei auch in der Vorgängerregelung, § 8 der Milchverordnung, im sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe"-Paragrafen so geregelt gewesen. Der Verordnungsgeber habe schon durch die Wortwahl Abgabe „von Milcherzeugungsbetrieben“ nur „im Milcherzeugungsbetrieb“ in Halbsatz 1 und 2 von § 17 Abs. 4 Tier-LMHV die spezifische Regelungsabsicht deutlich gemacht. Der Milcherzeugungsbetrieb sei in Anhang I Nr. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 definiert als Betrieb, in dem ein oder mehrere Nutztiere zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden. Diese rechtliche Vorgabe erfülle der Kläger nicht, da die Abgabe der Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... und nicht in der zwei Kilometer entfernten Betriebsstätte, in welchem die Rohmilch gewonnen werde, stattfinde. Außerhalb des Erzeugerbetriebes liegende Räumlichkeiten dürften zur Milch-ab-Hof-Abgabe nicht verwendet werden, selbst wenn sie in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers lägen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, sein Milcherzeugungsbetrieb bestehe aus zwei Betriebsstätten. Im Hygienerecht sei es unabdingbar, jede Betriebsstätte unabhängig voneinander zu betrachten. Eine enge und einheitliche rechtliche Auslegung der Vorschrift sei auch deshalb geboten, da der Verbraucher so durch den unmittelbaren Kontakt mit dem Erzeugungsbetrieb eine eigene Beurteilung der Hygiene bei der Milchviehhaltung und der Milchgewinnung treffen könne. In der Vergangenheit seien mehrere Fälle mit zum Teil tödlichem Verlauf des HUS-Syndroms (hämolytisch-urämisches Syndrom) aufgetreten, das auf Enterohämorrhagische E-Coli (EHEC) in Rohmilch zurückzuführen gewesen sei. Dies sei zwar ein seltenes, aber mitunter sehr gravierendes Erkrankungsrisiko beim Verzehr von Rohmilch oder nach einer Kontamination von Küchengegenständen und anderen Speisen beim Umgang im privaten Bereich. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 09.07.2010 zugestellt.
Der Kläger hat am 03.08.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und die Aufhebung der Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 beantragt.
Mit Urteil vom 16.11.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen der auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützten Untersagungsverfügung lägen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den Rohmilchautomaten am Standort ..., Hauptstraße ... verstoße gegen § 17 Tier-LMHV. Der Anwendung der Bestimmung stehe nicht der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 entgegen. Denn Art. 10 Abs. 8a dieser Verordnung überlasse es ausdrücklich dem einzelnen Mitgliedstaat, insoweit aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. Aufgrund dieser Öffnungsklausel könne der Kläger sich auch nicht mit Erfolg auf die unterschiedliche Handhabung der Abgabe von Rohmilch oder Rohrahm in anderen Mitgliedstaaten berufen. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV lägen nicht vor. Bei der Abgabe von Rohmilch aus einem Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... handele es sich nicht um eine Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" im Sinne der Vorschrift. § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb, somit auf den Ort, an dem die Milch gewonnen wird. Bei der in der Nr. 1 aufgestellten Anforderung, der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb", handele es sich um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Aus der Systematik folge, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV als Ausnahmetatbestand zu dem grundsätzlichen Rohmilchabgabeverbot in Absatz 1 eng auszulegen seien. Auch die Verwendung des unter Nr. 4.1. des Anhang I der Verordnung (EG) 853/2004 definierten Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs" stehe einem engen Verständnis des Begriffs „im Milcherzeugungsbetrieb" nicht entgegen. Sinn und Zweck der Regelung sei der Schutz der Verbraucher vor den gesundheitlichen Risiken durch den Verzehr von Rohmilch. Rohmilch könne Krankheitserreger wie EHEC-Bakterien oder Campylobacter enthalten, die insbesondere bei kleinen Kindern zu Infektionen mit schweren gesundheitlichen Schäden führen könnten. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe dementsprechend räumlich auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb als den Ort, wo die Milch gewonnen werde. Die Existenz der Strafbestimmung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 6 Tier-LMHV i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 18, Abs. 4 bis 6 LFGB und die Höhe der Strafandrohung verdeutlichten die hohe Wertigkeit, die der Gesetzgeber dem Rechtsgut der Gesundheit des Verbrauchers beimesse. Auf die Erfüllung der sonstigen - insbesondere der hygienerechtlichen - Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger komme es nicht an.
Gegen das Urteil hat der Kläger die durch Senatsbeschluss vom 17.06.2013 (9 S 347/12) zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er insbesondere vor:
Das Verwaltungsgericht habe ausgehend von dem Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“ in Anhang I Ziff. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2004 die Einengung des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in der vorgenannten Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in europarechtswidriger Weise vorgenommen. Der nationale Gesetzgeber dürfe entsprechend Art. 10 Abs. 8 der EG-Verordnung einschränkende Regelungen treffen, die jedoch eines Sachgrunds bedürften, der zwingend mit den Zielvorstellungen der zugrundeliegenden Normen, nämlich mit hygienerechtlichen Bestimmungen, in Einklang zu bringen sein müsse. Hygienerechtliche Belange spielten indes für das Merkmal der „Örtlichkeit“ keine Rolle. Europarechtlich sei kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass die Tiere nicht an einer anderen Stelle gehalten werden könnten als am Ort der Milchabgabe. Ansonsten hätte der Verordnungsgeber sinngemäß regeln können, dass der „Milcherzeugungsbetrieb“ nur dahin zu verstehen sei, dass der Ort des Betriebs gemeint sei, an dem gleichzeitig die Milch in den Verkehr gebracht werden soll. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV habe keinerlei hygienerechtliche Komponente, aber eine Schutzfunktion zu Gunsten der landwirtschaftlichen bzw. milcherzeugenden Betriebe. Die hygiene- und gesundheitsrechtlichen Aspekte würden in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV abgedeckt, jedoch gerade nicht in Nr. 1 dieser Regelung. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den primärrechtlichen Grundlagen nicht auseinandergesetzt (Zielsetzungen des Binnenmarkts, Vorschriften der Landwirtschaft in Art. 38 Abs. 1 AEUV, Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, Art. 39 Abs. 1b AEUV, Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen, Art. 39 Abs. 1e AEUV, Wettbewerbsfreiheit, Art. 40 Abs. 1a AEUV, Berufsfreiheit des Klägers, Art. 15 der Europäischen Grundrechtscharta sowie Gleichheitsgrundsatz, Art. 20 der Europäischen Grundrechtscharta). Jedenfalls sei § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV nicht verfassungskonform und auch nicht europarechtskonform. Wäre gesetzgeberisches Ziel die Einhaltung von Hygienebestimmungen, so wäre die Regelung in der Ziff. 1 hierfür untauglich. Die Einhaltung von Hygienebestimmungen bzw. die Vermeidung von Gefährdungslagen werde nicht dadurch gefördert bzw. beseitigt, dass die Milch unmittelbar an der „Stalltür“ abzugeben sei. Somit sei kein legitimer verfassungsrechtlicher Zweck erkennbar. Bis heute seien seitens der zuständigen Behörden keine hygienerechtlichen Bedenken erhoben worden und lägen auch keinerlei negative Kontrollergebnisse vor. Die Einhaltung hygienerechtlicher Bestimmungen und damit die Gewährleistung von Gesundheits- und Lebensmittelschutz werde auch dann nicht garantiert, wenn die Milch an der Stalltüre abgegeben werde, in dem Betrieb aber zum Beispiel unsachgemäß gearbeitet werde oder eine hohe Keimzahl vorhanden sei. Die Einhaltung der hygienerechtlichen Bestimmungen und nicht der Standort der Abgabe sei der entscheidende Ansatz. Der Kläger halte indes alle diesbezüglichen Vorschriften an seinem Hof ein. Dies belege der konkrete Ablauf der Milchproduktion (wird im Einzelnen unter Vorlage einer Foto-Dokumentation dargelegt). Wäre gesetzgeberische Intention die Möglichkeit einer besseren Kontrolle durch den Betriebsinhaber bzw. Milcherzeuger, wäre dies an dem Standort des Milchautomaten am Stammbetrieb gerade gewährleistet. Nach alledem sei die Beschränkung des Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs“ im Sinne der unmittelbaren Verbindung zwischen Kuhstall und Abgabeort gemessen am Maßstab der normgeberischen Zielsetzung hygienerechtlicher Anforderungen nicht nur verfehlt, sondern auch untauglich. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums könne ein Verbraucher auch in einer vermeintlich sauberen Umgebung gerade nicht abschätzen bzw. erkennen, ob die von ihm abgeholte Rohmilch hygienerechtlich beanstandungsfrei sei oder nicht. Auch die Formulierung in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Tier-LMHV bezüglich des Hinweises auf das Abkochen der Rohmilch und auf die Anbringung des Schildes an der „Abgabestelle“ spreche dafür, dass der nationale Verordnungsgeber die hier gegenständliche restriktive Handhabung nicht gewollt habe. Der Begriff der „Abgabestelle“ sei nämlich ein anderer als der Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“. Im Übrigen verstoße die Regelung gegen den verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Aus der Norm könnte weder der jeweils betroffene Landwirt noch die rechtsanwendende Behörde ableiten, wie weit die konkrete Abgabestelle vom Stallgebäude entfernt sein dürfe. Auch die Ermessensausübung der Behörde sei zu beanstanden. Der Zweck der Ermächtigung sei in der Überwachung und Einhaltung der Vorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefahren für Verbraucher zu sehen. Der Bereich sei im weitesten Sinne der Gefahrenabwehr und dem Gesundheitsschutz zuzuordnen. In dem gesamten Verfahren sei jedoch verkannt worden, dass die Hygienebestimmungen überhaupt nicht verletzt seien. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in der Form der vom Beklagten vorgenommenen engen Auslegung sei vor dem Hintergrund der hygienerechtlichen Bestimmungen zur Zweckerreichung schlechthin ungeeignet und verletze ihn deshalb in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege vor, weil zwei gleichgelagerte Sachverhalte in W. und in N. anders behandelt würden als sein Fall. Auch Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liege vor. Die Regelung sei ungeeignet, weil mit der Abgabe von Rohmilch am Stallgebäude keine Verbesserung der hygienerechtlichen Situation einhergehe. Außerdem gebe es mildere Mittel gegenüber der vollständigen Untersagung der Milchabgabe. Jedenfalls falle eine Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse des Gesundheits- und Lebensmittelschutzes und den Rechtsgütern des Klägers zu dessen Gunsten aus. Es sei nicht ersichtlich, dass irgendein Fall der Rohmilchabgabe zu ernsthaften Problemen geführt habe. Es werde nicht ausreichen, lediglich auf abstrakte/potentielle Gefahren hinzuweisen, die sich in keinem einzigen Fall realisiert hätten. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen sei gegebenenfalls eine Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und eine Vorlage an den EuGH geboten.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 aufzuheben.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Bei der näheren Bestimmung der Bedeutung der Formulierung „Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb“ sei zunächst auf Sinn und Zweck der Vorschriften abzustellen. Regelungsziel der Tier-LMHV sei es, durch Hygienevorschriften die Gefahren, die im Umgang mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs für die öffentliche Gesundheit ausgingen, auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die unmittelbare Rohmilchabgabe vom Erzeuger an den Endverbraucher seien allesamt in diesem Sinnzusammenhang zu sehen. Es handele sich hierbei ausschließlich um Hygieneanforderungen im Umgang mit Rohmilch, die dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienten. Dies gelte ausdrücklich auch für die Voraussetzung der Milchabgabe im Milcherzeugungsbetrieb. Dies könne unter Berücksichtigung des hygienerechtlichen Hintergrundes nur als dahingehendes Verbot verstanden werden, Rohmilch weg vom Milcherzeugungsbetrieb an einen anderen Abgabeort zu transportieren. Mit dem Transport der Rohmilch steige das Risiko einer Belastung der Milch mit Krankheitserregern und damit auch die Infektionsgefahr für den Menschen. Rohmilch als solche berge immer die potentielle Gefahr, mit Krankheitserregern belastet zu sein. Ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, könne sich aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Milch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Bearbeitungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhten die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Außerdem könnte die damit einhergehenden Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen. Der Verordnungsgeber habe in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV deshalb diese durch zusätzliche Bearbeitungsschritte bedingten Risiken von vornherein ausgeschlossen. Er habe den Transport als abstrakt risikoerhöhenden Umstand gänzlich verboten. Die Auslegung, dass die Regelung keine hygienerechtliche Komponente enthalte, sondern nur bezwecke, einen Ankauf von Rohmilch durch Dritte zu verhindern, sei mit dem hygienerechtlichen Schutzzweck der Tier-LMHV nicht zu vereinbaren. Auch das Verbot des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Tier-LMHV, andere als im eigenen Betrieb gewonnene Rohmilch zu verkaufen, bezwecke nicht, die landwirtschaftlichen milcherzeugenden Betriebe vor Konkurrenz durch Zwischenhändler zu schützen. Im Rahmen der Wortauslegung werde der Ortsbezug deutlich, wenn man die vollständige Formulierung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV „die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt“, betrachtet. Die Örtlichkeit müsse mit der Milcherzeugung in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ein rein betriebswirtschaftlicher Zusammenhang reiche nicht aus. Festzuhalten sei, dass eine Wortlautauslegung ergebe, dass die Milchabgabe an dem Ort zu erfolgen habe, an dem ein Betrieb - bestehend aus einem oder mehreren Nutztieren, die vom Erzeuger zum Zweck der Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden - tatsächlich Milch erzeuge. Auch eine systematische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegensatz zu der unmittelbaren Abgabe von Rohmilch sei die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher nicht örtlich auf den Erzeugerbetrieb beschränkt. Vorzugsmilch könne vielmehr gehandelt werden; der Verbraucher könne Vorzugsmilch auch im Einzelhandel erwerben. Im Unterschied zur Rohmilchabgabe unterliege die Vorzugsmilchabgabe jedoch deutlich strengeren Hygieneanforderungen. Mit § 17 Abs. 4 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber den früher gängigen Vorgang - das Abholen frischer Milch direkt vom Bauernhof regelmäßig mit eigens mitgebrachten Flaschen und Kannen - weiterhin zugelassen. Mit § 17 Abs. 2 und Abs. 3 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber hingegen dem Verbraucher den Zugang zu dem Produkt „(nahezu) unbehandelte Milch“ ermöglichen wollen. Außerdem sei zu beachten, dass die den Ausnahmetatbestand begründenden Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen seien. Ausweislich der Begründung habe der deutsche Verordnungsgeber die in der Milchverordnung in § 8 ehemals geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ inhaltsgleich in den neuen § 17 Tier-LMHV übernehmen wollen. Eindeutig in der Begründung nachzulesen sei, dass ausschließlicher Zweck der nur als Ausnahme zugelassenen direkten Rohmilchabgabe sei, die Gesundheit der Verbraucher vor potentiellen Risiken, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden seien, zu schützen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei § 17 Tier-LMHV in jeglicher Hinsicht verfassungsgemäß. Insbesondere werde nicht in rechtswidriger Weise in Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Die Vorgabe der Abgabe von Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sei. Da der Transport der Rohmilch das Risiko erhöhe, dass diese mit Krankheitserregern kontaminiert sei, sei das Transportverbot geeignet, den angestrebten Zweck zu erfüllen. Die klägerseits vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 17 Tier-LMHV mit Europarecht könnten nicht geteilt werden. Bei § 17 Tier-LMHV handele es sich um eine nationale Regelung, die - neben europarechtlichen Vorschriften - den Umgang mit Rohmilch regele. In Art. 10 Abs. 3, Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 ermächtige der europäische Gesetzgeber die Mitgliedstaaten dazu, weitergehende einzelstaatliche Vorschriften zu erlassen, die das Inverkehrbringen von Rohmilch, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sei, in seinem Hoheitsgebiet untersagen oder einschränken. In Absatz 11 der Präambel heiße es darüber hinaus, dass es bei der direkten Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher angezeigt sei, die öffentliche Gesundheit durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu schützen. Dadurch werde deutlich, dass der europäische Gesetzgeber die Thematik der Rohmilchabgabe nicht abschließend habe regeln wollen. Der europäische Gesetzgeber räume seinen Mitgliedstaaten dabei einen gewissen Spielraum ein. Durch die hier in Rede stehende Anforderung, Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb abzugeben, habe der deutsche Gesetzgeber eine solche - im Vergleich zum Europarecht - weitergehende Hygieneanforderung geschaffen und hierbei im Rahmen des ihm zuerkannten Spielraums gehandelt. Die Abgabestelle ... ..., Hauptstraße ... könne nicht als Milcherzeugungsbetrieb qualifiziert werden. Der Abgabeort stehe in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Erzeugungsort. Auch der seitens des Klägers beschriebene Vorgang der Rohmilcherzeugung und Abgabe zeige deutlich, dass es hier - nach Ende des Melkvorgangs bis zur Abgabe an den Verbraucher - zu weiteren Behandlungsschritten der Milch komme. Der Transport gehöre aber nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV nicht mehr zum Milcherzeugungsprozess und solle nach dieser Vorschrift aufgrund der damit einhergehenden Risikoerhöhung der abstrakten Gesundheitsgefahr gerade verhindert werden. Diese abstrakte Gefahr sei nach dem Willen des Verordnungsgebers maßgebliches Untersagungskriterium. Der Kläger könne die abstrakte Gefahr, die der Transport als solches mit sich bringe, nicht dadurch beseitigen, dass er die gesetzlichen Hygienevorgaben genauestens einhalte. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung habe sie zu berücksichtigen gehabt, dass es sich bei § 17 Abs. 1 Tier-LMHV um ein Verbot zum vorbeugenden Schutz der öffentlichen Gesundheit handele. Die Untersagungsverfügung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermessensfehlerhaft. Insbesondere seien dem Kläger alternative Möglichkeiten, seine erzeugte Milch zu vermarkten, aufgezeigt worden. Ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV bei den angeführten, im...-Kreis gelegenen Höfen eingehalten würden, könne offenbleiben. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung zu bejahen wäre, könne sich der Kläger auf eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht berufen.
15 
Die am 15.05.2014 durchgeführte mündliche Verhandlung ist mit Beschluss vom 27.05.2014 wiedereröffnet worden, um die Beteiligten zur Frage der maßgeblichen Rechtsgrundlage der gegenständlichen Verfügung anzuhören.
16 
Dem Senat liegen die Akten des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis (1 Band, 1 Aktenvermerk), des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Band) und des Verwaltungsgerichts vor. Darauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
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Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. September 2015 wird geändert.

Die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. August 2015 erhobenen Klage wird für Nummer 1 und Nummer 3 Satz 1 ab dem Zeitpunkt angeordnet, da die Antragstellerin eine fachliche Stellungnahme des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) aufgrund dreier unmittelbar aufeinanderfolgender Untersuchungen in Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt des Landratsamts Deggendorf mit dem negativen Befund über einen Salmonelleneintrag im Betrieb T. beim Antragsgegner vorlegt.

II.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Antragstellerin zu einem Fünftel und der Antragsgegner zu vier Fünfteln.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. September 2015, mit dem ihr Antrag, die aufschiebende Wirkung gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. August 2015 anzuordnen bzw. wiederherzustellen, abgelehnt wurde.

Die Antragstellerin betreibt unter anderem in T. eine Legehennenfarm zur Konsumeierproduktion.

Bei amtlichen Probenahmen wurden am 25. Februar 2015, am 22. Mai 2015 und am 8. Juni 2015 in Kot und Staub jeweils Salmonellen (Salmonella Agona) nachgewiesen.

Aufgrund einer Betriebsbesichtigung durch das Landratsamt Deggendorf zusammen mit dem LGL vom 22. und 26. Mai 2015 wurden zahlreiche hygienische Mängel im Betrieb festgestellt, deren umgehende Beseitigung das Landratsamt Deggendorf mit Bescheid vom 17. Juni 2015 unter Zwangsgeldandrohungen gebot.

Am 7. August 2015 übermittelte die Staatsanwaltschaft Regensburg dem LGL verschiedene Zeugenaussagen, die in einem Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Geschäftsführer der Antragstellerin, Herrn P., getätigt wurden. Aus diesen Zeugenaussagen ergibt sich, dass in den Betrieben der Antragstellerin in den letzten Jahren das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) der in den Betrieben der Antragstellerin produzierten Eier erheblich manipuliert worden sein soll. Das MHD belaufe sich nach den gesetzlichen Vorgaben auf 28 Tage, gerechnet ab dem Legedatum. In den Betrieben der Antragstellerin sei das MHD häufig so geändert worden, dass es ab dem Tag des Versands berechnet worden sei. Dieser Tag habe jedoch häufig drei oder mehr Tage nach dem Legedatum gelegen. Bei sogenannten B-Eiern seien die Manipulationen noch gravierender gewesen. So sei es vorgekommen, dass Eier, die von den Abnehmern nicht akzeptiert worden seien, wieder an die Antragstellerin zurückgeschickt worden seien. Diese Eier, die häufig bereits mit Maden besetzt, zum Teil verschimmelt gewesen seien und bereits gestunken hätten, seien dann umverpackt und mit neuem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen worden. Die Eier seien dann an die Lebensmittelindustrie geliefert worden. So sei es vorgekommen, dass das MHD ein Datum ausgewiesen habe, das ca. 50 Tage nach dem Legedatum gelegen habe. Die Anordnungen für das geschilderte Vergehen seien meist von der Geschäftsleitung, also von Herrn P., gekommen und dann über den Farmleiter an die Mitarbeiter weitergegeben worden.

Aufgrund der Mitteilung der Staatsanwaltschaft wies das Bayerische Staatsministerium für Umwelt- und Verbraucherschutz (StMUV) das Landratsamt Deggendorf an, ein Verbot des Inverkehrbringens von Eiern als Lebensmittel für den Betriebsstandort T. anzuordnen und dieses Verbot für sofort vollziehbar zu erklären.

Das Landratsamt Deggendorf sprach aufgrund der Weisung noch am 7. August 2015 mündlich ein entsprechendes Verbot aus. Dieses Verbot wurde mit Bescheid vom 10. August 2015 schriftlich bestätigt. Der Bescheid lautet wie folgt:

„1. Der Firma ... GmbH & Co. KG wird untersagt, vorhandene Eier und ab dem 7.8.2015 erzeugte Eier aus der Farm T. ... als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Dies wurde gegenüber dem Produktionsleiter Herrn S. M. mündlich angeordnet und wird hiermit schriftlich bestätigt.

2. Soweit die Eier als Nicht-Lebensmittel abgegeben bzw. entsorgt werden, ist dies dem Landratsamt Deggendorf unter Vorlage geeigneter Lieferscheine/Nachweise zu belegen.

3. Falls die Firma ... GmbH & Co. KG der in Ziffer 1 genannten Untersagung zuwiderhandelt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,- € zur Zahlung fällig.

Falls die Firma ... GmbH & Co. KG der in Ziffer 2 genannten Untersagung zuwiderhandelt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- € zur Zahlung fällig.

Das Zwangsgeld kann im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden. Sollte das Zwangsgeld uneinbringlich sein, so kann Ersatzzwangshaft angeordnet werden.

4. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 und 2 dieses Bescheides wird angeordnet.

5. Die Firma ... GmbH & Co. KG hat die Kosten des Bescheides zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 50,- € festgesetzt.“

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft würden befürchten lassen, dass die Antragstellerin unter der Geschäftsführung von Herrn P. keine Gewähr dafür biete, nur sichere Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Deshalb sei ein Verbot des Inverkehrbringens von A- und B-Eiern notwendig. Daneben würden die Vorwürfe auch nahelegen, dass durch den Lebensmittelunternehmer der Fokus auf Gewinnmaximierung um jeden Preis gelegt und hierbei auch billigend in Kauf genommen worden sei, dass nicht sichere Lebensmittel abgegeben würden. Es sei nach den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft nicht auszuschließen, dass die den Zeugenaussagen entnehmbaren Praktiken auch gegenwärtig noch zu Verstößen führten. Die Aufgabe der Lebensmittelüberwachung sei unter anderem auf präventiven Verbraucherschutz gerichtet. § 39 LFGB erlaube ein Tätigwerden der Behörden bei hinreichendem Verdacht, um die Verbraucher vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung zu schützen.

Daneben bestehe im gesamten Betrieb der Antragstellerin ein strukturelles Defizit, was die wiederholten Salmonellenbefunde (unterschiedliche Salmonellentypen an unterschiedlichen Stellen) belegten. Das lasse befürchten, dass immer wieder salmonellenbehaftete Eier in den Verkehr gelangten (Erkenntnisse aus den umfangreichen bisherigen Untersuchungsergebnissen). Es liege kein Konzept der Antragstellerin vor, wie die Salmonellenproblematik im Betrieb dauerhaft in den Griff zu bekommen sei.

Die Antragstellerin erhob gegen diesen Bescheid Klage.

Mit Schriftsatz vom 19. August 2015 suchte sie um vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO nach. Der Antragsgegner trat dem Begehren entgegen.

Mit Beschluss vom 10. September 2015 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung des Landratsamtes Deggendorf vom 7. August 2015 in Gestalt des Bescheides vom 10. August 2015 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auf das umfangreiche Vorbringen beider Parteien im Beschwerdeverfahren nimmt der Senat analog § 117 Abs. 3 VwGO Bezug.

II.

Die Antragstellerin will mit ihrer Beschwerde erreichen, dass ihre Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. August 2015 aufschiebende Wirkung entfaltet. Hinsichtlich Nummer 2 des Bescheides entfällt diese gemäß § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob Nummer 1 des Bescheides gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO aufgrund der entsprechenden Anordnung in Nummer 4 des Bescheides vollziehbar ist oder kraft Gesetzes nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFBG i. V. m. Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (VO (EG) Nr. 178/2002). Denn auch wenn für den Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Klage eine Anordnung der sofortigen Vollziehung notwendig sein sollte, wäre diese hinsichtlich Nummer 1 des Bescheides vom Antragsgegner in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechenden Weise erbracht. Der Schutz des Verbrauchers gebietet eine rasche Umsetzung von Maßnahmen, die drohenden Gesundheitsgefährdungen möglichst effektiv entgegenwirken sollen. Falls die aufschiebende Wirkung der Klage insoweit kraft Gesetzes entfällt, ist das für die Formulierung des Rechtsschutzbegehrens, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, angesichts des eindeutigen Rechtsschutzzieles unschädlich. Das gilt auch bezüglich der gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, Art. 21a VwZVG sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohungen.

Die Beschwerde ist hinsichtlich Nummer 2 und Nummer 3 Satz 2 des Bescheides gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO unzulässig, weil die Antragstellerin dem Verlangen des Antragsgegners in Nummer 2 und damit auch der Zwangsgeldandrohung in Nummer 3 Satz 2 des Bescheides keine Darlegungen im Sinne des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entgegensetzt.

Soweit der Antrag zulässig ist, erweist er sich, abhängig von der auferlegten Auflage, als begründet.

Im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Entscheidung ist eine Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorzunehmen. Diese Abwägung orientiert sich regelmäßig an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Diese sind im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO im Rahmen der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu beurteilen. Diese spricht, soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde durchdringt, für sie.

Der Antragsgegner stützt Nummer 1 des Bescheides auf § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFBG und hält von den gesetzlichen Alternativen dabei den notwendigen Schutz der Verbraucher vor Gefahren für die Gesundheit und vor Täuschung für einschlägig. Nicht ganz zweifelsfrei sieht der Senat die Rechtsgrundlage für eine dauerhafte Betriebsstilllegung, als die sich die Maßnahme in Nummer 1 des Bescheides in ihrer praktischen Wirkung darstellt, in § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB im Hinblick auf seinen Wortlaut als grundsätzlich tragfähig, wobei die europarechtliche Regelung des Art. 54 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (VO (EG) Nr. 882/2004) die Betriebsaussetzung oder Schließung des ganzen oder eines Teils des betreffenden Unternehmens nur für einen angemessenen Zeitraum zulässt. Zwar lässt auch eine über den Rahmen des Art. 54 Abs. 2 Buchst. e VO (EG) Nr. 882/2004 hinausreichende Regelung des § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFBG die europäische Regelung unberührt im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 3 LFBG, es stellt sich aber dennoch die Frage, ob permanente Defizite in einem Betrieb und nachhaltige persönliche Unzuverlässigkeit zur gänzlichen und endgültigen Einstellung des Unternehmens nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetz führen können, weil der § 39 Abs. 2 Nr. 3 LFBG das Lebensmittel in seiner wesensmäßigen Eigenschaft meinen könnte und nicht auf ungewollte Missstände durch mangelnde betriebliche Hygiene abzielte, in seiner Ausrichtung also produkt- und nicht betriebsbezogen zu verstehen wäre. Möglicherweise wäre in derartigen Fällen, insbesondere im Hinblick auf die umfangreichen Darlegungen des Antragsgegners zu persönlichen Eignungsmängeln verantwortlicher Personen, ein gewerberechtliches Einschreiten oder bezüglich nachhaltiger betrieblicher Mängel Widerrufsanordnungen der Zulassungen nach dem Lebensmittelrecht (vgl. Anhörungsschreiben der Regierung von Niederbayern vom 26.8.2015) oder Maßnahmen zur Sicherung der Betriebshygiene (vgl. Schreiben des Landratsamtes Deggendorf an die Antragstellerin vom 20.1.2016 mit Anlagen) zulässig und geboten. Bejaht wird die Anwendbarkeit von § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFBG aber in der Literatur, wenn das endgültige Verbot zur Beseitigung vermuteter Verstöße angeordnet wird, die aufgrund hinreichender Tatsachenfeststellungen als überwiegend wahrscheinlich angenommen werden können (Behr`s Kommentar zum Lebensmittelrecht, Stand November 2015, B7, § 39 Rn. 39). Aber auch diese Sicht wiese den § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB zum jetzigen Zeitpunkt nicht als tragfähige Rechtsgrundlage für die Nummer 1 des Bescheides vom 10. August 2015 aus.

Aus den vom Antragsgegner in das Verfahren eingeführten Aussagen bei Vernehmungen durch die Kriminalinspektion Straubing der Frau S. vom 13. Juli 2015, der Frau J. D. vom 14. Juli 2015, des Herrn A. und der Frau D. jeweils vom 16. Juli 2015 und des Herrn Sch. vom 20. August 2015 ergeben sich ganz erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der frühere Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr P., keine Gewähr dafür bot, nur sichere Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Die Aussagen indizieren nämlich, dass Herr P. durch von ihm initiierte Täuschungshandlungen, nämlich durch Manipulationen beim Ausweis des Mindesthaltbarkeitsdatums auf Eiern und durch von ihm jedenfalls geduldete, wenn nicht veranlasste erhebliche Missstände bezüglich der hygienischen Anforderungen an die Betriebsführung eine rücksichtslose, auf Gewinnmaximierung ausgerichtete und die berechtigten Belange der Verbraucher mutwillig missachtende Unternehmungsleitung wahrnahm, die letztlich auch zu seiner Inhaftierung führte. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, dass die genannten Aussagen teilweise ohne zeitliche Einordnung der geschilderten Gegebenheiten und auch vielfach ohne konkreten Bezug zu der hier streitgegenständlichen Farm T. und schließlich vielfach ohne nähere Substantiierung des Zustandekommens der bekundeten Wahrnehmung geblieben sind und dass durchaus auch persönliche Spannungen zwischen den Aussagenden und Herrn P. bestanden haben mögen. Es geht hierbei nämlich um ein Gesamtbild der Persönlichkeit, dessen Aufzeigung durch die Aussagen für eine sorgfältig handelnde Behörde nicht unberücksichtigt bleiben konnte und sie zum Handeln geradezu zwang. Eine deutlich gesteigerte Gefahr für den Vertrieb gesundheitsschädigender Eier bestand möglicherweise zusätzlich darin, dass ein vorübergehend inhaftierter Amtstierarzt des Landratsamtes Straubing-Bogen unter dem Verdacht steht, dem Geschäftsführer P. ab Dezember 2013 Beihilfe zu lebensmittelrechtlichen Verstößen geleistet zu haben. Ihm wird zur Last gelegt, trotz Kenntnis des positiven Salmonellenbefunds die Anordnung der nach dem Lebensmittelrecht zum Schutz der Verbraucher erforderlichen Maßnahmen bewusst pflichtwidrig unterlassen zu haben. Zudem soll er vor bevorstehenden behördlichen Kontrollen in N... gewarnt haben. Auf diese Weise habe der Beschuldigte den Geschäftsführer P. bei der Auslieferung salmonellenbelasteter Eier unterstützt und demzufolge Beihilfe zu den Straftaten geleistet, deren P. dringend verdächtig ist. Zugleich soll der Veterinär durch die unbefugte Ankündigung unangemeldeter Behördenkontrollen Verschleierungshandlungen ermöglicht und dadurch die Aufklärung erschwert haben (Allgemeine Laber-Zeitung vom 5.12.2015). Ebenso wurde ein Mitarbeiter der Regierung von Niederbayern wegen der Preisgabe von Dienstgeheimnissen im Zusammenhang mit den Zuständen in den Betriebsstätten der Antragstellerin suspendiert (Süddeutsche Zeitung vom 9.12.2015, Bayernkurier vom 8.12.2015, Wochenblatt Regensburg vom 7.12.2015).

Diese das Unternehmen zusätzlich belastenden Vorgänge sind aber, soweit sie hier von Bedeutung sind, abgeschlossen. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass diese Missstände weiterhin von Seiten der Antragstellerin oder Bediensteten des Antragsgegners betrieben oder auch nur geduldet werden. Ebenso wie der Antragsgegner hat auch die Antragstellerin gravierende personelle Maßnahmen durchgeführt. Bereits am 11. August 2015 wurde ein neuer Geschäftsführer, Herr M. und am 16. September 2015 der nunmehrige Geschäftsführer, Herr N., gegen dessen Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen, eingesetzt. Darüber hinaus wurden das gesamte Führungspersonal und auch die Belegschaft gekündigt. Der Antragsgegner hat keine konkreten Anhaltspunkte dafür geliefert, dass das neue Personal, etwa aufgrund faktischer Unternehmensbeherrschung durch Herrn P. aus dem Gefängnis heraus oder durch weitere Kollaboration mit Bediensteten des Antragsgegners die früheren Zustände in der Eierproduktion der Antragstellerin wieder aufleben lässt. Der Antragsgegner selbst hat den Bescheid maßgeblich auf die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den Geschäftsführer P. und die Befürchtung gegründet, dass mit dessen Geschäftsführung keine Gewähr für ein Inverkehrbringen nur sicherer Lebensmittel gegeben sei. Es sei zu besorgen, dass P. den Fokus auf Gewinnmaximierung um jeden Preis lege und hierbei auch die Abgaben nicht sicherer Lebensmittel in Kauf nehme und das möglicherweise auch künftig betreiben werde. Nach dessen Ausscheiden trägt also auch der Antragsgegner keine Anhaltspunkte für weitere Täuschungshandlungen gegenüber dem Verbraucher, etwa durch Veränderungen des Mindesthaltbarkeitsdatums oder für weitere gravierende Verstöße gegen die Erfordernisse der Hygiene durch das Personal der Antragstellerin oder durch entsprechende Mithilfe seiner Bediensteten in Zukunft vor. Ein vom Antragsgegner als für seinen Bescheid tragend angesehener Umstand ist daher nicht (mehr) gegeben.

Letztlich vermögen auch die vom Antragsgegner im Bescheid erwähnten und in seinem Schriftsatz vom 16. November 2015 substantiiert angeführten Salmonellennachweise die faktisch gänzliche Betriebsschließung nicht zu tragen. Untersuchungen am 25. Februar 2015, am 22. Mai 2015, am 8. Juni 2015 und außerhalb der Zeit der Produktion von Eiern am 25. August 2015 und am 22. September 2015 haben einen Salmonellenbefall in Kot und Staub im Betrieb T. ergeben, aber der Antragsgegner hat diese Erkenntnisse ersichtlich nicht zum Anlass genommen oder nehmen können, ein gänzliches Vertriebsverbot auszusprechen.

Die Untersuchungen des Landratsamtes Deggendorf mit dem LGL vom 22. und 26. Mai 2015 führten zum Bescheid vom 17. Juni 2015, der der Antragstellerin zahlreiche Maßnahmen zur Sicherung der Betriebshygiene gebot. Während des laufenden Betriebs wurden danach keine weiteren Salmonellenbefunde aktenkundig. Der Antragsgegner nahm daher wohl die übermittelten staatsanwaltschaftlichen Erkenntnisse zum Anlass, mit dem angefochtenen Bescheid aufgrund einer nunmehr vorgenommenen Gesamtwürdigung einzuschreiten. Nachdem aber, wie oben dargelegt, die von der Staatsanwaltschaft erarbeiteten Verdachtsmomente ein weiteres kriminelles Treiben verantwortlicher Personen im Betrieb der Antragstellerin nicht mehr befürchten lassen, verbleibt es bei einer Gefahrenprognose, die anhand der bisherigen Salmonellenbefunde zu treffen ist.

Auch die nunmehr mit Bescheid des Antragsgegners vom 27. Oktober 2015 aufgegriffenen Bedenken hinsichtlich des Brauchwassers sind im Sinne dieses Bescheides beseitigt (vgl. Schreiben des Landratsamtes Deggendorf vom 30.11.2015 - Bl. 539 der VGH-Akten; Befundbericht des Ingenieurbüros L. vom 6.11.2015 - Bl. 540 f. der VG-Akte).

Im Recht der Gefahrenabwehr ist regelmäßig auf eine objektive ex ante Sicht abzustellen. Eine Gefahr im Sinne einer drohenden Verletzung geschützter Rechtsgüter liegt vor, wenn nach dem objektiv zu erwartenden Geschehensablauf eine Verletzung der geschützten Rechtsgüter mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Vorliegend sind Schutzgüter vor allem Leben und Gesundheit, wobei auch ein Verstoß gegen die einschlägigen lebensmittelrechtlichen Vorschriften den Tatbestand einer Verletzung der Rechtsordnung und damit einer Störung im sicherheitsrechtlichen Sinne begründet. Diese Normen dienen wiederum im Wesentlichen dem Gesundheitsschutz. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind im Sicherheitsrecht umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dementsprechend gilt auch für § 39 Abs. 2 Satz 1 LFBG, dass umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je schwerer wiegend die Folgen einer zu befürchtenden Gesundheitsbeeinträchtigung sind. Vor allem dann, wenn bestimmte Erkrankungen bei einzelnen Risikogruppen zum Tod führen können, dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Hierbei ist aber der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, dem der Antragsgegner mit den Bescheiden vom 17. Juni 2015 und vom 27. Oktober 2015 wohl noch Rechnung getragen hat. Bezüglich der hier zu beurteilenden Sachverhalte ergeben sich keine zusätzlichen Erkenntnisse für eine Salmonellengefahr oder sonstige Hygienemängel, die erst nach Erlass dieser Bescheide aufgetreten sind und nunmehr die vollkommene und dauerhafte Betriebsschließung rechtfertigen könnten. Vielmehr erweist sich diese zum jetzigen Zeitpunkt als unverhältnismäßig. Hieran ändert auch der ursprünglich erschwerende Verdacht einer vorsätzlichen pflichtwidrigen Amtswaltung von Bediensteten des Antragsgegners im hier gar nicht zuständigen Veterinäramt des Landratsamtes Straubing-Bogen und bei der Regierung von Niederbayern nichts, auch wenn er objektiv erst später aufgetreten ist. Denn auch insoweit ergibt sich keine ungünstige Prognose, denn der Antragsgegner hat ersichtlich personelle Maßnahmen ergriffen und glaubhaft sein umfassendes Bemühen bekundet, dass künftig nicht mehr durch ein Zusammenwirken seiner Bediensteten und Mitarbeitern der Antragstellerin dieser ein Betrieb mit Salmonellenbefall und diesbezüglich unzureichender Kontrolldichte ermöglicht oder auch nur erleichtert würde (Bayernkurier a. a. O., Wochenblatt Regensburg a. a. O., Süddeutsche Zeitung a. a. O.).

Die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO angeordnete Auflage soll eine Sicherung für die Salmonellenfreiheit vor der Vermarktung der Eier beim Neustart des Betriebes sein. Die Antragstellerin hat sich zur Erfüllung dieser Auflage bereit erklärt und auch der Antragsgegner hält derartige Maßnahmen offenbar für hilfreich (vgl. Nr. 5 des Bescheides vom 28.7.2015 im Verfahren 20 CS 15.2147).

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nummer 3 Satz 1 des Bescheides vom 10. August 2015 ergibt sich aus dem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung entspricht der des Verwaltungsgerichts.

(1) Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit wird unter dem Namen "Robert Koch-Institut" ein Bundesinstitut für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten als selbständige Bundesoberbehörde errichtet.

(2) Der Sitz des Bundesinstitutes ist Berlin.

(3) Dieses Bundesinstitut wird insbesondere tätig auf folgenden Gebieten:

1.
Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten,
2.
epidemiologische Untersuchungen auf dem Gebiet der übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten einschließlich der Erkennung und Bewertung von Risiken sowie der Dokumentation und Information,
3.
Sammlung und Bewertung von Erkenntnissen und Erfahrungen zu HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen einschließlich der gesellschaftlichen und sozialen Folgen,
4.
Gesundheitsberichterstattung,
5.
Risikoerfassung und -bewertung bei gentechnisch veränderten Organismen und Produkten, Humangenetik,
6.
gesundheitliche Fragen des Transports ansteckungsgefährlicher Stoffe,
7.
gesundheitliche Fragen des Transports gentechnisch veränderter Organismen und Produkte.

(1) Das Bundesinstitut wird, unbeschadet bestehender Zuständigkeiten sonstiger Einrichtungen des Bundes für Fragen der Gesundheit des Menschen, insbesondere auf folgenden Gebieten tätig:

1.
Erstellung von wissenschaftlichen Ausarbeitungen, Gutachten und Stellungnahmen zu Fragen, die unmittelbar oder mittelbar mit der Lebensmittelsicherheit oder dem Verbraucherschutz im Hinblick auf die Gesundheit des Menschen einschließlich Fragen der Ernährung und Ernährungsprävention und, soweit Futtermittel, Futtermittelzusatzstoffe, der Verkehr mit und die Anwendung von Tierarzneimitteln und bei Tieren angewandte pharmakologisch wirksame Stoffe, ausgenommen Tierimpfstoffe, betroffen sind, auch im Hinblick auf die Tiergesundheit in Zusammenhang stehen,
2.
wissenschaftliche Beratung des Bundesministeriums und anderer oberster Bundesbehörden, soweit das Bundesinstitut Tätigkeiten aus deren Geschäftsbereich wahrnimmt, sowie des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in allen Fragen, die zu den Tätigkeiten des Bundesinstitutes gehören,
3.
Zusammenarbeit mit Dienststellen der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, sowie mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen auf nationaler und internationaler Ebene und Koordination des wissenschaftlichen Informationsaustauschs auf dem Gebiet der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes,
4.
wissenschaftliche Forschung, soweit diese in einem engen Bezug zu seinen Tätigkeiten steht,
5.
Bewertung der Gesundheitsgefährlichkeit von Chemikalien, Dokumentation und Information zu Vergiftungsgeschehen,
6.
Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen,
7.
Risikobewertung bei gentechnisch veränderten Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen sowie von gentechnisch veränderten Futtermitteln und Futtermittelzusatzstoffen,
8.
gesundheitliche Fragen der Beförderung gefährlicher Güter, insbesondere giftiger und ätzender Stoffe,
9.
Beteiligung am Monitoring nach den §§ 50 bis 52 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sowie an bundesweiten Erhebungen im Bereich der Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe,
10.
Wahrnehmung der Funktion eines gemeinschaftlichen oder nationalen Referenzlabors, soweit für diese Tätigkeit durch Rechtsakte oder auf der Grundlage von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft das Bundesgesundheitsamt oder das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin benannt ist und diese Tätigkeit nicht von einer anderen Stelle wahrgenommen wird,
11.
Wahrnehmung der Funktion eines gemeinschaftlichen oder nationalen Referenzlabors, soweit für diese Tätigkeit durch Rechtsakte oder auf der Grundlage von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft das Bundesinstitut benannt wird,
12.
Unterrichtung der Öffentlichkeit auf seinen Tätigkeitsgebieten über Risiken gesundheitlicher Art sowie sonstige gewonnene Erkenntnisse und Arbeitsergebnisse; die Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes bleiben unberührt,
13.
Unterrichtung und Beratung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln im Hinblick auf die Gesundheit von Mensch und Tier.

(2) Bei der Durchführung seiner Tätigkeiten kann das Bundesinstitut wissenschaftliche Erkenntnisse der Forschungsanstalten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums sowie anderer wissenschaftlicher Einrichtungen heranziehen. Soweit es sich bei den in Satz 1 genannten wissenschaftlichen Einrichtungen um solche der Länder handelt, sind deren Erkenntnisse im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit einzubeziehen.

(3) Bei seinen wissenschaftlichen Bewertungen und Forschungen ist das Bundesinstitut vorbehaltlich des § 8 Abs. 1 weisungsunabhängig.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.