Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 17. Mai 2018 - 1 K 853/17.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2018:0517.1K853.17.00
bei uns veröffentlicht am17.05.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die ihm durch Bescheid vom 11. Juli 2002 gemäß § 33i Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) erteilte Erlaubnis nicht erloschen ist und weiter wirksam fortbesteht.

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Der Kläger betreibt seit dem 28. Juli 2004 unter der Anschrift ... drei mit Bescheiden vom 1. April 2005 jeweils als Schankwirtschaften konzessionierte Kleingaststätten (Bistros 1 bis 3). Unter derselben Anschrift betrieb er zudem ab dem Jahr 2002 die Spielhalle „D.“. Die Beklagte hat dem Kläger durch Bescheid vom 11. Juli 2002 eine entsprechende Erlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO für diese Spielhalle erteilt. Dabei ging die Beklagte im Bescheid von einer dem Spielbetrieb dienenden Grundfläche von 100 m² aus und setzte die Höchstzahl der Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit auf 10 fest. Die Räumlichkeiten der Spielhalle D. und der Bistros 1 bis 3 befanden sich auf einer Etage des Gebäudes und grenzten unmittelbar aneinander. Die vorgenannten Bistros 1 bis 3 erhielten auf Antrag unter dem 2. August 2004 auch Geeignetheitsbescheinigungen gemäß § 33c GewO, die den Kläger nach damaligem Recht zum Aufstellen von bis zu zwei Geld- oder Warenspielautomaten pro Bistro berechtigten.

3

Im Jahr 2010 wurden vier weitere Bistros (Bistro 4 – M., Bistro 5 – B., Bistro 6 – H. und Bistro 7 – W.) auf Initiative des Klägers nach entsprechenden Umbauarbeiten in dem bisherigen Raum der Spielhalle „D.“ eingerichtet und ab dem 23. September 2010 als Schankwirtschaft (ohne Alkoholausschank) angemeldet. Eine entsprechende Baugenehmigung wurde dem Kläger bereits unter dem 16. Dezember 2008 erteilt. Er erhielt zudem unter dem 14. und 18. Juni 2012 für die einzelnen Bistros 4 bis 7 gaststättenrechtliche Erlaubnisse zum Betrieb als Schankwirtschaften mit Abgabe kleiner Speisen. Der Gastraum der Spielhalle „D.“ wurde dazu durch deckenhohe Trennwände in vier kleinere Einheiten von 19,73 m² (Bistro 4), 19,11 m² (Bistro 5), 25,09 m² (Bistro 6) und 27,92 m² (Bistro 7) eingeteilt (insgesamt 91,85 m²). Des Weiteren wurde in jede der vier neu entstandenen Schankwirtschaften ein Thekenbereich eingebaut und die Einrichtung durch Tische und Stühle ergänzt. Zudem wurde ein Bereich abgeteilt, welcher nun als Flur und damit zur Verbindung aller Gaststätten miteinander dient und welcher zum gemeinsam genutzten Eingang sowie dem gemeinsamen Toilettenbereich führt. Für jedes der neu abgeteilten Bistros (4 bis 7) erteilte die Beklagte durch Bescheide vom 22. September 2010 jeweils eine Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO, die den Kläger zur Aufstellung von bis zu drei Geldspielgeräten in jeder einzelnen der vorgenannten Gaststätten berechtigte.

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Mit Bescheid vom 19. Mai 2014 verfügte die Beklagte – nach Anhörung des Klägers am 22. April 2014 – auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 GewO eine Betriebsstilllegung in Bezug auf alle sieben Bistros. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei den vom Kläger betriebenen Gaststätten um eine einheitlich geführte Spielhalle handele, bei der die gastronomischen Leistungen – zu für Gaststätten untypisch niedrigen Getränkepreisen – lediglich ein zusätzliches Angebot darstellten. Dieser fehle die nach § 33i GewO in Verbindung mit § 24 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) und § 11 des Landesglücksspielgesetzes (LGlüG) erforderliche Erlaubnis. Es handele sich sowohl um eine formell, wie auch materiell illegale Spielhalle. Ob die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis vorliegend erteilt werden könne, sei im Hinblick auf das Abstandsgebot des § 11 Abs. 1 Nr. 4 LGlüG fraglich, da der Abstand zu einer weiteren Spielhalle nur 490 m betrage.

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Rechtsbehelfe gegen diese Verfügung hatten keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Mainz wies die vom Kläger dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 12. Juli 2016 (Az.: 1 K 231/15) ab. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz lehnte mit Beschluss vom 29. Dezember 2016 (Az.: 6 A 10869/16) die Zulassung der Berufung ab. Darin führte es unter anderem aus, dass die dem Kläger nach § 33i GewO erteilte Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „D.“ gemäß § 49 Abs. 2 GewO ein Jahr nach der im Jahre 2010 erfolgten Umwandlung in vier Gaststätten erloschen sei.

6

Der Kläger hat am 31. August 2017 Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor, dass es ihm mit der jetzigen Klage nicht darum ginge, die Bestandskraft des Verwaltungsaktes vom 19. Mai 2014 zu „umgehen“. Der jetzigen Klage liege ein „ganz anderer Streitgegenstand zugrunde“. Vorliegend gehe es nämlich um die Feststellung, dass die dem Kläger durch Bescheid vom 11. Juli 2002 damals bereits erteilte Spielhallenerlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO zu keinem Zeitpunkt erloschen sei und daher auch weiterhin wirksam fortbestehe. Wenn es sich bei den vom Kläger betriebenen „Bistros“ in Wahrheit um eine Spielhalle – so wie vom Verwaltungsgericht Mainz als auch vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigt – handele, dann habe der Kläger seine von Anfang an betriebene Spielhalle nie aufgegeben.

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Der Kläger habe seit dem Jahr 2002 bis zur Gewerbeabmeldung am 31. Mai 2011 unstreitig den Spielhallenbetrieb geführt, weshalb § 49 Abs. 2 Alt. 1 GewO als Erlöschungstatbestand ausscheide. Allerdings sei hier auch § 49 Abs. 2 Alt. 2 GewO nicht einschlägig. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Betrieb während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr im Rahmen der Erlaubnis weitergeführt werde. Dies wiederum setze voraus, dass der Betrieb vollständig oder zumindest in einem wesentlichen Umfang zum Erliegen komme, wobei Ausübung, Unterbrechung und Beendigung des Betriebes rein tatsächliche Vorgänge seien.

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Die Beklagte habe dem Betrieb des Klägers mehrfach (mindestens einmal jährlich) kontrolliert. Dabei sei es nie zu irgendwelchen Beanstandungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Betriebs gekommen. Die Rechtsposition der Beklagten, dass es sich bei dem Betrieb des Klägers um eine einheitlich geführte Spielhalle handeln solle, sei nunmehr auch rechtskräftig bestätigt worden. Dies habe dann aber folgerichtig zu Konsequenz, dass der Kläger durchgehend und ohne irgendeine Unterbrechung eine Spielhalle betrieben habe. Bereits vor der „Nutzungsänderung“ im Jahr 2010 habe der Kläger über mehrere Jahre (seit 2002) eine Spielhalle betrieben und nach der Rechtsposition der Beklagten habe sich dies auch danach eben nie geändert. Da sich damit aber die rein tatsächlichen Vorgänge zu keinem Zeitpunkt geändert hätten, sei der Betrieb des Klägers auch nie zum Erliegen gekommen.

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Die Erlaubnis vom 11. Juli 2002 sei unstreitig nicht durch behördliche Verfügung aufgehoben worden. Die Erlaubnis habe sich auch nicht „auf andere Weise“ nach § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt; insbesondere auch nicht durch Verzicht des Klägers. Für den Kläger sei es in erster Linie entscheidend gewesen, dass er in diesem Teil des Gebäudekomplexes zwölf Geldspielgeräte habe aufstellen können. Die ihm bereits erteilte Spielhallenerlaubnis habe er zu keinem Zeitpunkt aufgeben wollen.

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Aufgrund der einschlägigen Übergangsvorschrift des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bedürfe der Kläger daher mindestens bis zum 30. Juni 2017 keiner zusätzlichen Erlaubnis im Sinne des § 24 Abs. 1 GlüStV.

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Der Kläger beantragt,

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festzustellen, dass die dem Kläger durch Bescheid vom 11. Juli 2002 gemäß § 33i Abs. 1 GewO erteilte Erlaubnis nicht erloschen ist und weiter wirksam fortbesteht.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass die ehemalige Spielhalle „D.“ im Jahre 2010 durch die Umgestaltung der Einrichtung komplett verändert worden sei. Es sei ein neuer Flur abgetrennt worden, der die ursprüngliche Spielfläche erheblich verkleinert habe. Theken und Zwischenwände seien eingebaut sowie Tische und Stühle aufgestellt worden. Auch die Öffnungszeiten der neuen Bistros seien gaststättenüblich angepasst worden. Der Kläger habe den Geschäftszweig Spielhalle „D.“ also bereits 2010 aufgrund der baulichen Maßnahmen nachweislich unmittelbar aufgeben. Es sei sowohl im rechtlich wie auch im praktischen Sinne technisch gar nicht möglich, in denselben Räumlichkeiten eine Gaststätte und eine Spielhalle zu betrieben.

16

Allein durch den Umbau der Räumlichkeiten sei die Erlaubnis nach § 33i GewO für die Spielhalle „D.“ nachweislich bereits untergegangen. Eine Spielhallenerlaubnis werde raum- und inhaberbezogen erteilt (vgl. § 33i Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO). Seit dem Umbau fehle es an der wichtigen Erlaubnisvoraussetzung „Raum“. Dass der Inhaber derselbe geblieben sei, sei dabei völlig unerheblich.

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Darüber hinaus greife § 49 Abs. 2 Alt. 2 GewO. Bis ins Jahr 2011 habe die Erlaubnis nach § 33i GewO ein Jahr lang nicht mehr genutzt werden können, da sich nun seit dem Umbau 2010 in den fraglichen Räumen die vier genannten Bistros befunden hätten. Die ursprüngliche Spielhallenerlaubnis „D.“ sei also durch Zeitablauf nach einem Jahr endgültig erloschen. Der Kläger sei zudem seiner Verpflichtung zur Abmeldung der Spielhalle trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachgekommen. Für die Beklagte als zuständige Behörde habe sich in der Folge dann in 2011 die zwingende Notwendigkeit ergeben, das Gewerberegister zu bereinigen und das Gewerbe Spielhalle „D.“ zum 31. Mai 2011 abzumelden.

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Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Beteiligten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg, da sie zulässig, aber unbegründet ist.

20

Sie ist als Feststellungsklag zulässig.

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Die Feststellungsklage ist hier grundsätzlich statthaft, da der Kläger die Feststellung der Wirksamkeit eines Verwaltungsakts (hier: Erlaubnis nach § 33i GewO) und damit die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt (sog. positive Feststellungsklage). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 – 8 C 38/09 –, juris, Rn. 32 m.w.N.), kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann, darf oder nicht zu tun braucht (v. Albedyll, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., Verwaltungsgerichtsordnung, 6. Auflage 2014, § 43, Rn. 9). Darunter fällt auch die Feststellung, dass die hier gegenständliche Erlaubnis nicht erloschen ist und weiter wirksam fortbesteht und der Kläger aus ihr eine Rechtsposition ableiten kann.

22

Die Feststellungsklage ist auch nicht gegenüber einer Anfechtungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär, da der Kläger nicht unmittelbar die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes, hier insbesondere der Schließungsverfügung vom 19. Mai 2014, begehrt (vgl. dazu Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 33. EL Juni 2017, § 43, Rn. 47; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 43, Rn. 26). Sofern die Regelungswirkung der bestandskräftigen Schließungsverfügung der vom Kläger begehrten Feststellung inhaltlich entgegenstehen sollte, wäre dies eine Frage der Begründetheit (Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 43, Rn. 26). Da eine Verpflichtungsklage nicht dem klägerischen Begehren entspricht, besteht auch insoweit keine Subsidiarität.

23

Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung. Hierzu genügt jedes nach Sachlage anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art (st. Rspr. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 – 8 C 10/08 –, juris, Rn. 23 m.w.N.). Er hat ein hinreichendes Feststellungsinteresse dahingehend dargetan, dass er die wirksame Erlaubnis nach § 33i GewO als Grundvoraussetzung für die Erteilung einer weiteren – spätestens ab dem 1. Juli 2017 erforderlichen – glücksspielrechtlichen Spielhallenerlaubnis benötigt.

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Die Zulässigkeitsvoraussetzungen sind auch im Übrigen gegeben.

25

Die Klage ist allerdings unbegründet. Das vom Kläger geltend gemachte Rechtsverhältnis besteht – ungeachtet einer möglicherweise entgegenstehenden Bestandskraft der Schließungsverfügung vom 19. Mai 2014 – nicht (§ 43 Abs. 1 VwGO), da die Erlaubnis vom 11. Juli 2002 nach § 33i GewO erloschen bzw. unwirksam geworden ist.

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Dahinstehen kann, ob bereits die bestandskräftige Schließungsverfügung gemäß § 15 Abs. 2 GewO vom 19. Mai 2014 der von dem Kläger begehrten Feststellung entgegensteht, da die Klage schon aus anderen Gründen unbegründet ist. Voraussetzung für den Erlass einer Verfügung gemäß § 15 Abs. 2 GewO ist, dass das Gewerbe zumindestformell illegal ist; dahingehend kommt der Verfügung auch Tatbestandswirkung zu (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 43, Rn. 155). Wenn die Erlaubnis nach § 33i GewO zum Zeitpunkt der Stilllegungsverfügung bestanden hätte, dann wäre die Spielhalle „D.“ des Klägers – jedenfalls in ihrem ursprünglichen Zustand – als Bestandsspielhalle anzusehen gewesen und hätte einer zusätzlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis bis einschließlich 30. Juni 2017 nicht bedurft. Andererseits ließe sich argumentieren, dass die Stilllegungsverfügung sich auf den Betrieb aller Teilbereiche im Verbund (Bistros 1 bis 7) bezog, für die es jedenfalls in dieser Betriebsform insgesamt keine Genehmigung gab (siehe dazu OVG RP, Beschluss vom 29. Dezember 2016 – 6 A 10869/16.OVG –, S. 5 des Umdrucks).

27

Die Erlaubnis gemäß § 33i GewO hat sich bereits gemäß § 43 Abs. 2 Alt. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i.V.m. § 1 Abs. 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (LVwVfG) erledigt und ist unwirksam geworden, indem der Kläger auf sie (konkludent) verzichtet hat (vgl. BayVGH, Urteil vom 11. November 2014 – 15 B 12.2672 –, NVwZ-RR 2015, 247, Rn. 26). Ein Verzicht des Bürgers auf eine ihm zukommende Rechtsposition gegenüber der Behörde ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Der Verzicht des Bürgers erfolgt durch Verzichtserklärung, die eine einseitige Willenserklärung darstellt (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 53, Rn. 33). Sie muss darauf gerichtet sein, das Erlöschen des Rechts herbeizuführen (Sachs, a.a.O.). Eine ausdrückliche Erklärung ist jedoch nicht erforderlich (vgl. OVG RP, Urteil vom 12. März 2013 – 8 A 11152/12 –, NVwZ-RR 2013, 672 [673]; Sachs, a.a.O.). Der Kläger hat den Verzicht hier nicht explizit erklärt. Ein konkludenter Verzicht wäre anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass der Kläger endgültig auf eine Nutzung als Spielhalle verzichten wollte (BayVGH, a.a.O.; OVG RP, a.a.O.). Dies ist hier der Fall.

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Der Verzicht auf den durch eine Erlaubnis gemäß § 33i GewO genehmigten Betrieb einer Spielhalle bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat (vgl. OVG RP, Urteil vom 12. März 2013 – 8 A 11152/12 –, NVwZ-RR 2013, 672 [673]). Dies drückt sich nach heutiger Rechtslage besonders durch die Übergangsvorschriften und Sonderregelungen für Bestandsspielhallen (vgl. § 11a LGlüG, § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV) sowie die mit dem Betrieb der Spielhalle zu erzielenden Gewinne aus. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (OVG RP, a.a.O.).

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Der Kläger hat eindeutig durch die Gewerbeanmeldungen zum 23. September 2010 gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er nunmehr vier Gaststätten (Bistros 4 bis 7) betreiben möchte anstelle einer Spielhalle in den Räumlichkeiten der Spielhalle „D.“. Mit Schreiben vom 19. Februar 2010 des damaligen Bevollmächtigten des Klägers an die Beklagte wird insoweit ausgeführt, dass der bisherige Bestand durch sieben Kleingaststätten „überplant“ werden soll. Der Kläger hat damit die Nutzung als Spielhalle nicht bloß unterlassen, sondern eine für ihn zu diesem Zeitpunkt vermeintlich vorteilhaftere Nutzung angestrebt. Der Kläger trägt selbst vor, dass es ihm primär darum ging, zwölf Geldspielgeräte in diesem Teil des Gebäudes aufstellen zu können. Für die Spielhalle „D.“ wurden von der Beklagten ursprünglich maximal zehn solcher Geräte erlaubt. Dabei kann es an dieser Stelle dahinstehen, ob damals überhaupt diese Anzahl bei einer von der Beklagten zugrunde gelegten Spielfläche von 100 m² hätte zugelassen werden dürfen. Zu dem vom Kläger verfolgten Zweck war es aber erkennbar erforderlich, dass die einzelnen Bistros nunmehr als jeweils eigenständige Schankwirtschaften angemeldet werden, um je Bistro drei Geldspielautomaten aufstellen zu können (vgl. § 3 Abs. 1 SpielV). Dies folgt auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 3. März 2010 an den damaligen Bevollmächtigten des Klägers. Bei der insoweit gegenüber der Beklagten kommunizierten Nutzung als vier Gaststätten handelt es sich dann auch um eine wesentlich andere Nutzung. Dies kommt schon durch das baurechtliche Genehmigungsbedürfnis zum Ausdruck. Dass der Kläger möglicherweise insgeheim weiter eine Spielhalle betreiben wollte, ist dabei unerheblich. Auch eine derartige Willenserklärung ist nämlich nicht schon deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen (vgl. § 116 Satz 1 BGB). Ebenso kann die nachträgliche Untätigkeit des Klägers hinsichtlich einer Abmeldung der Spielhalle (nach Anmeldung der Gaststätten) dabei keine Rolle spielen, da es bei der Beurteilung der Verzichtserklärung auf den Zeitpunkt des Zugangs bei der Behörde ankommt.

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Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Nutzungsarten (Gaststätte und Spielhalle) besteht darin, dass bei einer Gaststätte der Schwerpunkt auf der Verabreichung von Speisen und Getränken liegt und das Glücksspiel nur ein ergänzendes Angebot ist. Bei Spielhallen ist es gerade umgekehrt; dort steht das Aufstellen der Spielgeräte im Vordergrund (vgl. dazu Reeckmann, in: BeckOK GewO, 40. Edition, Stand: 1. Dezember 2017, § 33i, Rn. 8 m.w.N.). Allerdings kann eine Spielhalle zusätzliche Elemente einer Gaststätte – insbesondere Alkoholausschank – aufweisen (vgl. § 3 Abs. 3 SpielV), wobei dafür ggf. eine entsprechende gaststättenrechtliche Erlaubnis beantragt werden kann bzw. muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1988 – 1 C 59/86 –, NVwZ 1989, 51). Die vom Betreiber angestrebte Schwerpunktsetzung seines Betriebs ist bei der Anmeldung bzw. bei dem Genehmigungsantrag anzugeben, da ansonsten unter anderem die zulässige Höchstzahl der Spielgeräte nicht ermittelt werden kann (vgl. § 3 SpielV). Ein so anderenfalls möglicher „fliegender Wechsel“ zwischen den beiden Nutzungsarten würde auch dazu führen, dass die jeweils speziellen Anforderungen (z. B. Sperrzeiten) an den Betrieb unterlaufen werden könnten. Der Betreiber könnte also der Behörde dann die für die jeweilige Situation günstigere Erlaubnis vorhalten. Eine solche Interpretation würde die spezifischen Schutzzwecke des Gaststätten- und Glücksspielrechts leerlaufen lassen.

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Zwar kann demnach eine Kombination Spielhallen-/Gaststättenerlaubnis für ein und denselben Raum unter Umständen zulässig sein (vgl. § 3 Abs. 3 SpielV; BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1988 – 1 C 59/86 –, NVwZ 1989, 51; Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 77. EL Oktober 2017, § 3 SpielV, Rn. 11). Allerdings liegt die Sache hier schon grundlegend anders, da der Kläger eben nicht für die Spielhalle „D.“ als Ganzes etwa eine zusätzliche Erlaubnis zum Alkoholausschank beantragte, sondern gerade vier neue Gaststätten (Bistros 4 bis 7) anmeldete und für diese Anträge auf Erteilung entsprechender gaststättenrechtlicher Erlaubnisse stellte. Die Erlaubnisse zum Alkoholausschank erhielt der Kläger unter dem 14. und 18. Juni 2012, allerdings für die einzelnen Bistros 4 bis 7 und eben nicht für die Spielhalle „D.“. Da in einer Spielhalle mit mehr als drei Spielgeräten durch § 3 Abs. 3 SpielV mittelbar ein Alkoholverbot bewirkt wird (vgl. Reeckmann, in: BeckOK GewO, 40. Edition, Stand: 1. Dezember 2017, § 33i, Rn. 7), hat der Kläger auch damit die Abkehr vom Spielhallenbetrieb „D.“ als Gegenstand der Erlaubnis bestätigt.

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Nach alledem hat der Kläger durch die Gewerbeanmeldungen als vier eigenständige Gaststätten (später auch mit Alkoholausschank) eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er an dem bisherigen Konzept einer einheitlichen Spielhalle (jedenfalls für die Bistros 4 bis 7) dauerhaft nicht mehr festhalten möchte. Dies kam auch deutlich durch die tatsächlichen Umbaumaßnahmen zum Vorschein, die auf eine nicht unerhebliche Dauer angelegt sind. Es handelt sich jedenfalls nicht um offensichtlich nur vorübergehende Umbaumaßnahmen, die sich mit lediglich ganz geringem Aufwand – etwa ohne Werkzeugeinsatz – beseitigen ließen, zum Beispiel mobile Trennwände, Raumteiler oder Vorhänge. Daraus lässt sich schließen, dass der Kläger hier eine neue Nutzung nicht alternativ neben der ursprünglichen Nutzung bestehen lassen wollte, um etwa zu einem späteren Zeitpunkt von einem Wahlrecht unter verschiedenen Nutzungen Gebrauch machen zu können, sondern dass er das ursprüngliche Vorhaben nicht mehr ausführen wollte und konnte (vgl. BayVGH, Urteil vom 11. November 2014 – 15 B 12.2672 –, NVwZ-RR 2015, 247, Rn. 26). Er hat damit auf die Spielhallenerlaubnis vom 11. Juli 2002 verzichtet.

33

Die Erlaubnis ist aktuell jedenfalls auch gemäß § 49 Abs. 2 Alt. 2 GewO erloschen (vgl. bereits OVG RP, Beschluss vom 29. Dezember 2016 – 6 A 10869/16.OVG –, S. 4 f. des Umdrucks). Demnach erlöschen Konzessionen und Erlaubnisse nach den §§ 30, 33a und 33i, wenn der Inhaber innerhalb eines Jahres nach deren Erteilung den Betrieb nicht begonnen oder während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat. Ein Betrieb wird nicht mehr ausgeübt, wenn er entweder vollständig eingestellt oder nach bereits erfolgtem Betriebsbeginn nicht mehr im Rahmen der Erlaubnis weitergeführt wird (Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 77. EL Oktober 2017, § 49, Rn. 10). Dabei muss die Gewerbetätigkeit in den Räumen stattfinden, welche von der Genehmigung in Bezug genommen wird (Wormit, in: BeckOK GewO, 40. Edition, Stand: 1. Dezember 2017, § 49, Rn. 4). Ansonsten liegt keine „Ausübung“ im Sinne des § 49 Abs. 2 GewO vor. Die Unterbrechung der Ausübung ist ein rein faktischer Vorgang (Wormit, a.a.O., Rn. 6).

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Bei der Erlaubnis nach § 33i GewO handelt es sich um eine an die Person und an die Räume, in denen das Gewerbe ausgeübt werden soll, gebundene Erlaubnis, die den Inhaber berechtigt, in den Räumen, auf die sie sich bezieht, eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen zu betreiben (BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 – 8 B 12.15 –, BeckRS 2016, 42178, Rn. 7; Urteil vom 23. November 2005 – 6 C 8/05 –, NVwZ 2006, 600, Rn. 33). Sie ist damit an eine bestimmte Person gebunden und erlischt mit dessen Betriebsaufgabe oder Wegfall (BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2016 – 8 B 12.15 –, a.a.O., Rn. 7). Sie wird dem Gewerbetreibenden für bestimmte Räume erteilt, in denen die Geräte aufgestellt oder die Spiele veranstaltet werden können (BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 – 6 C 8/05 –, a.a.O., Rn. 33). Maßgebend ist die zum Betrieb der Spielhalle genehmigte Fläche bzw. der als Spielhalle genehmigte Raum. Dahingehend werden Funktionsräume wie Aufsichtsgang, Lager oder Toiletten nicht einbezogen (OVG NRW, Beschluss vom 19. November 2015 – 4 B 710/15 –, BeckRS 2015, 55733, Rn. 15; siehe auch Reeckmann, in: BeckOK GewO, 40. Edition, Stand: 1. Dezember 2017, § 33i, Rn. 21).

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Auszugehen ist demnach davon, dass die hier streitgegenständliche Erlaubnis nach § 33i GewO sowohl einen persönlichen als auch einen sachlichen Charakter hat, denn sie ist an bestimmte Personen, bestimmte Räume sowie eine bestimmte Betriebsart gebunden und genießt nur solange Bestandsschutz, wie keiner dieser Bezugspunkte verändert wird (OVG Saarland, Beschluss vom 16. Januar 2015 – 1 B 370/14 –, NVwZ-RR 2015, 377 [377]). Jede wesentliche Veränderung in einem dieser für die Konzessionierung relevanten Anknüpfungspunkte, wozu auch eine Verkleinerung der genehmigten Räumlichkeiten gehören kann (OVG Saarland, a.a.O. [377]), hat grundsätzlich das Erlöschen der Betriebserlaubnis zur Folge. Wesentliche Änderungen sind dabei allgemein solche, die sich auf die für die Erlaubniserteilung maßgeblichen Verhältnisse auswirken (OVG Saarland, a.a.O. [377 f.] m.w.N.).

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Die vom Kläger durchgeführte bauliche Veränderung ist für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO, die an bestimmte Räume gebunden ist, im Rahmen des § 33i Abs. 2 Nr. 2 GewO von Bedeutung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. November 2009 – 1 S 137.09 –, BeckRS 2009, 41736). Denn für das Vorliegen dieses Versagungsgrundes ist zu prüfen, ob die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume u. a. wegen ihrer Beschaffenheit den polizeilichen Anforderungen genügen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O. zum Umbau einer Spielhalle in zwei getrennte, nicht miteinander verbundene Spielhallen mit separaten Eingängen). So ist es erforderlich, dass die Räume leicht zugänglich und genügend groß sowie zudem ausreichend belüftet und beleuchtet sind (Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 77. EL Oktober 2017, § 33i, Rn. 26 m.w.N.). Dies wäre bei der auf gewisse Dauer angelegten Aufteilung in vier einzelne Teilbereiche durch deckenhohe Trennwände erneut zu prüfen gewesen.

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Maßgeblich für die Erteilung ist daneben unter anderem nach § 33i Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 33c Abs. 2 Nr. 3 GewO, dass der Spielhallenbetrieb eine Gefährdung der Jugend oder eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs nicht befürchten lässt. Die besondere Gefährlichkeit, die von Glücksspielen ausgeht und auf die in den Zielbestimmungen des § 1 GlüStV nochmals ausdrücklich hingewiesen wird, ist Hintergrund für die hohen Anforderungen, die erfüllt werden müssen, bevor eine Erlaubnis zu deren Betrieb erteilt werden kann. Betrachtet man unter anderem die hohe Suchtgefahr, die von Geldspielgeräten ausgeht, ist es eine zwingende Folge, dass bei der baulichen Konzeption einer Spielhalle auch Aspekte wie Zugangskontrollen und die hinreichende Einsehbarkeit für das Aufsichtspersonal sichergestellt sein muss. Hieran anknüpfend ergibt sich, dass die erteilte Erlaubnis gerade nur in der konkreten Form ihrer Erteilung gelten kann und sich nicht an die hier erfolgten Veränderungen der räumlichen Umstände anpasst.

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Folge ist, dass bei wesentlichen Umbaumaßnahmen die Erlaubnis jedenfalls nach Maßgabe des § 49 Abs. 2 GewO erlischt und durch Rückbau auch nicht wieder auflebt (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. November 2009 – 1 S 137.09 –, BeckRS 2009, 41736; siehe auch zu § 43 Abs. 2 VwVfG: OVG Saarland, Beschluss vom 8. Dezember 2015 – 1 B 160/15 –, BeckRS 2015, 56049, Rn. 17). Mit dem Umbau und die damit einhergehende Neustrukturierung der Räumlichkeiten entfällt bzw. verändert sich jedenfalls ein wesentlicher Teil des Regelungsobjekts der Erlaubnis nach § 33i GewO. Dadurch wird von dem Kläger nunmehr ein „Aliud“ betrieben (vgl. dazu OVG Saarland, Beschluss vom 16. Januar 2015 – 1 B 370/14 –, NVwZ-RR 2015, 377; siehe auch Reeckmann, in: BeckOK GewO, 40. Edition, Stand: 1. Dezember 2017, § 33i GewO, Rn. 22a). Die Erlaubnis ist demnach erloschen.

39

Bereits die Erweiterung des Betriebes auf die zusätzlichen Räumlichkeiten der Bistros 1 bis 3, welche von der originären Erlaubnis nicht umfasst waren, ist eine wesentliche Veränderung von erlaubnisrelevanten Tatsachen. Besonders relevant ist dabei, dass nur in Bezug auf die Spielhalle „D.“, die später in die Bistros 4 bis 7 umgewandelt wurde, eine Erlaubnis im Sinne des § 33i GewO vorlag. Tatsächlich handelte es sich aber um eine einheitliche Spielhalle gemeinsam mit den Bistros 1 bis 3, wie bereits rechtskräftig festgestellt wurde. Eine Überprüfung, ob ein Spielhallenbetrieb in den Räumlichkeiten der Bistros 1 bis 3 überhaupt mit den gewerberechtlichen Vorgaben vereinbar bzw. unter welchen Auflagen der Betrieb einer solchen dort möglich wäre, hatte bei der Erteilung der Erlaubnis vom 11. Juli 2002 nicht stattgefunden und war demnach kein Bestandteil dieser Erlaubnis. Ebenso wurde die einheitliche Spielhalle als Ganzes, also die Bistros 1 bis 7, nicht von der Behörde konzessioniert. Wie bereits erläutert, handelt es sich bei einer Spielhallenerlaubnis jedoch gerade auch um eine raumbezogene Erlaubnis, weshalb diese nicht auf weitere oder wesentlich veränderte Betriebsteile übertragbar ist. Bereits mit der Ausdehnung des Betriebs auf die Bistros 1 bis 3 hat die sodann einheitlich geführte Spielhalle ihren Charakter im Vergleich zur konzessionierten Spielhalle „D.“ wesentlich verändert.

40

Auch die konkrete Raumaufteilung der Spielhalle, die durch das Beifügen eines Plans in der Erlaubnis enthalten ist und sich vorliegend durch das Einziehen der deckenhohen Trennwände wesentlich veränderte, ist ein maßgeblicher Anknüpfungspunkt bei der Konzessionierung. Zuvor hätte unter Umständen also ein einzelner Bereich der Überwachung durch Aufsichtspersonal bzw. einer Einlasskontrolle bedurft, nämlich die ehemalige Spielhalle „D.“ selbst, während nun die Beaufsichtigung des Bistrobereichs 1 bis 3 sowie der vier gesonderten Bistros 4 bis 7 jeweils sichergestellt werden müsste. Denn durch die Einziehung von deckenhohen Trennwänden ist davon auszugehen, dass die einzelnen Bereiche nun nicht mehr ohne weiteres einsehbar sind. Auch hierzu erlässt die Behörde bei der Erteilung der Erlaubnis in der Regel spezifische Auflagen, um eine den Anforderungen an eine Spielhalle gerecht werdende Überwachung zu gewährleisten. Ferner ist die konkrete Anordnung der Spielgeräte bei der Erlaubniserteilung durch die Behörde wesentlich, da insoweit auch durch die bauliche Gestaltung sichergestellt werden muss, dass der Spieltrieb nicht übermäßig ausgenutzt wird, insbesondere die sog. „Mehrfachbespielung“ von Geräten soll vermieden werden. Der Standort der zulässigen Glücksspielautomaten hätte bei einer hier erfolgten vollständigen räumlichen Neustrukturierung der Spielfläche in vier einzelne Räume – im Vergleich zu der im ursprünglichen Erlaubnisverfahren beigefügten Grundrisszeichnung – auch notwendigerweise verändert werden müssen.

41

Zudem hat der Umbau zu einer Verkleinerung der (potentiellen) „Spielfläche“ geführt, die vorliegend durch das Einziehen der Wände, das Abteilen des Flurs und eines Abstellraumes sowie das Hinzufügen von Tresen in den vier neuen Bistros zustande kam. Schon nach Abzug des Flurs und des Abstellraums, die bei der Berechnung der Grundfläche nach § 3 Abs. 2 SpielV nicht mitgerechnet werden (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 4 SpielV in der aktuellen bzw. § 3 Abs. 2 Satz 2 SpielV in der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung geltenden Fassung), ist insgesamt noch eine unmittelbar dem Spielbetrieb dienende Grundfläche von maximal 91,85 m² festzustellen. Zusätzlich dürften wohl noch die einzelnen Servicebereiche – also die jeweiligen Bereiche hinter den Tresen der Bistros – abgezogen werden, da diese jedenfalls nicht unmittelbar dem Spielbetrieb dienen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. März 1990 – 4 A 944/89 –, NVwZ 1991, 279 [280]). Es spricht viel dafür, bei einem Thekenbereich generell davon auszugehen, dass dieser hinreichend klar von der übrigen Spielfläche abgegrenzt ist und sich ohne weiteres für die Besucher ergibt, dass diese Fläche dem Servicepersonal vorbehalten ist. Ob dies im konkreten Fall zutrifft und welche Fläche die Thekenbereiche genau einnehmen, kann an dieser Stelle dahinstehen, da durch die Umbaumaßnahmen als solche bereits eine wesentliche Änderung der erlaubnisrelevanten Umstände dargetan ist. Ebenso muss an dieser Stelle nicht abschließend darüber entschieden werden, ob bei der ursprünglichen Erlaubniserteilung eine Höchstzahl von zehn Geräten (bei 100 m² Spielfläche) tatsächlich rechtlich zulässig gewesen ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV darf in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen jevollen 12 m² (in der ab dem 1. Januar 2006 geltenden Fassung; vgl. BGBl. I 2015, S. 3495) bzw. 15 m² (in der zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung geltenden Fassung; vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 77. EL Oktober 2017, Vorbemerkung zur SpielV, Rn. 2) höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden (siehe dazu auch OVG RP, Beschluss vom 17. Juli 1986 – 12 B 58/86 –, NVwZ 1987, 1094). Es ist daher zumindest anzunehmen, dass bei einer Spielfläche von 91,85 m² nur sieben (nach aktueller Rechtslage) bzw. sechs (nach Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlaubniserteilung) Geldspielgeräte zulässig wären, statt den bisher nach Maßgabe der Erlaubnis vom 11. Juli 2002 genehmigten zehn Geräten.

42

Daneben ist davon auszugehen, dass sich in einer Gesamtbetrachtung spätestens die Umstände der Erlaubniserteilung wesentlich geändert haben, als in den Bistros 4 bis 7 tatsächlich Alkoholausschank stattgefunden hat. Dies ist jedenfalls mit Beginn der entsprechenden gaststättenrechtlichen Konzessionierung der Bistros unter dem 14. und 18. Juni 2012 anzunehmen. Selbst wenn also der einheitliche Betrieb der Spielhalle „D.“ nie aufgegeben worden sein sollte – wie der Kläger vorträgt –, würde dies dazu führen, dass gemäß § 3 Abs. 3 SpielV in den Bistros 4 bis 7insgesamt nur drei Geldspielgeräte aufgestellt werden könnten, da sie folglich als eine Spielhalle mit Alkoholausschank betrachtet werden müssten. Da sich die Gerätehöchstzahl damit im Vergleich zu den – nach Maßgabe der Erlaubnis vom 11. Juli 2002 – genehmigten zehn Geräten erheblich, nämlich um sieben Geräte, verringern würde, geht damit auch eine wesentliche Veränderung der Umstände einher (vgl. etwa zur Annahme einer wesentlichen Änderung bei Reduzierung der Gerätehöchstzahl um ein Viertel: OVG Saarland, Beschluss vom 16. Januar 2015 – 1 B 370/14 –, NVwZ-RR 2015, 377 [378]). Eine erhebliche Reduzierung der Gerätehöchstzahl, nämlich um die Hälfte, wäre auch dann anzunehmen, wenn man davon ausginge, dass ursprünglich im Jahre 2002 nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV a. F. (je 15 m² höchstens ein Gerät) von vornherein nur sechs Geräte auf 100 m² Spielfläche zulässig gewesen wären. Allerspätestens wäre demnach die Erlaubnis mit Ablauf des 18. Juni 2013 erloschen.

43

Ob das Erlöschen nach § 1 Abs. 1 LVwVfG in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Alt. 5 VwVfG in Form einer Erledigung auf „andere Weise“ durch die oben beschriebene wesentliche Veränderung der räumlichen Gegebenheiten auch sofort eintritt (so OVG Saarland, Beschluss vom 8. Dezember 2015 – 1 B 160/15 –, BeckRS 2015, 56049, Rn. 15 ff.), kann hier mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, da jedenfalls über § 49 Abs. 2 GewO und durch den Verzicht die Erlaubnis aktuell erloschen ist. Dass der Kläger überhaupt eine darüberhinausgehende Feststellung bezüglich eines früheren – spezifischeren – Zeitpunkts begehrt, ist dem klägerischen Vorbringen zudem nicht zu entnehmen. Es spricht allerdings viel dafür, dass § 49 Abs. 2 GewO dahingehend als Spezialregelung bei der Veränderung wesentlicher Umstände einer Erlaubniserteilung anzusehen ist und das Verwaltungsverfahrensgesetz als allgemeine Regelung verdrängt.

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

45

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss der 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 17. Mai 2018

46

Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziff. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, Abdruck in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Anh § 164, Rn. 14).

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Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 17. Mai 2018 - 1 K 853/17.MZ zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

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(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz

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(1) Wer gewerbsmäßig Spielgeräte, die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind, und die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis be

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(1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige. (2) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben, so kann die

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(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 116 Geheimer Vorbehalt


Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.

Gewerbeordnung - GewO | § 49 Erlöschen von Erlaubnissen


(1) (weggefallen) (2) Die Konzessionen und Erlaubnisse nach den §§ 30, 33a und 33i erlöschen, wenn der Inhaber innerhalb eines Jahres nach deren Erteilung den Betrieb nicht begonnen oder während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr ausgeübt

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Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifvertragswerken des Baugewerbes.

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(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Wer gewerbsmäßig Spielgeräte, die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind, und die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis berechtigt nur zur Aufstellung von Spielgeräten, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen ist. Sie kann mit Auflagen, auch im Hinblick auf den Aufstellungsort, verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des jeweiligen Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke oder im Interesse des Jugendschutzes erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten drei Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens, wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Hehlerei, Geldwäsche, Betruges, Untreue, unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels, Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel oder wegen eines Vergehens nach § 27 des Jugendschutzgesetzes rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, dass er über die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse zum Spieler- und Jugendschutz unterrichtet worden ist, oder
3.
der Antragsteller nicht nachweist, dass er über ein Sozialkonzept einer öffentlich anerkannten Institution verfügt, in dem dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels vorgebeugt werden soll.

(3) Der Gewerbetreibende darf Spielgeräte im Sinne des Absatzes 1 nur aufstellen, wenn ihm die zuständige Behörde schriftlich bestätigt hat, daß der Aufstellungsort den auf der Grundlage des § 33f Abs. 1 Nr. 1 erlassenen Durchführungsvorschriften entspricht. Sollen Spielgeräte in einer Gaststätte aufgestellt werden, so ist in der Bestätigung anzugeben, ob dies in einer Schank- oder Speisewirtschaft oder in einem Beherbergungsbetrieb erfolgen soll. Gegenüber dem Gewerbetreibenden und demjenigen, in dessen Betrieb ein Spielgerät aufgestellt worden ist, können von der zuständigen Behörde, in deren Bezirk das Spielgerät aufgestellt worden ist, Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 3 erlassen werden. Der Aufsteller darf mit der Aufstellung von Spielgeräten nur Personen beschäftigen, die die Voraussetzungen nach Absatz 2 Nummer 2 erfüllen.

(1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige.

(2) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben, so kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden. Das gleiche gilt, wenn ein Gewerbe von einer ausländischen juristischen Person begonnen wird, deren Rechtsfähigkeit im Inland nicht anerkannt wird.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) (weggefallen)

(2) Die Konzessionen und Erlaubnisse nach den §§ 30, 33a und 33i erlöschen, wenn der Inhaber innerhalb eines Jahres nach deren Erteilung den Betrieb nicht begonnen oder während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat.

(3) Die Fristen können aus wichtigem Grund verlängert werden.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Wer gewerbsmäßig Spielgeräte, die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind, und die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis berechtigt nur zur Aufstellung von Spielgeräten, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen ist. Sie kann mit Auflagen, auch im Hinblick auf den Aufstellungsort, verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des jeweiligen Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke oder im Interesse des Jugendschutzes erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten drei Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens, wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Hehlerei, Geldwäsche, Betruges, Untreue, unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels, Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel oder wegen eines Vergehens nach § 27 des Jugendschutzgesetzes rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, dass er über die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse zum Spieler- und Jugendschutz unterrichtet worden ist, oder
3.
der Antragsteller nicht nachweist, dass er über ein Sozialkonzept einer öffentlich anerkannten Institution verfügt, in dem dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels vorgebeugt werden soll.

(3) Der Gewerbetreibende darf Spielgeräte im Sinne des Absatzes 1 nur aufstellen, wenn ihm die zuständige Behörde schriftlich bestätigt hat, daß der Aufstellungsort den auf der Grundlage des § 33f Abs. 1 Nr. 1 erlassenen Durchführungsvorschriften entspricht. Sollen Spielgeräte in einer Gaststätte aufgestellt werden, so ist in der Bestätigung anzugeben, ob dies in einer Schank- oder Speisewirtschaft oder in einem Beherbergungsbetrieb erfolgen soll. Gegenüber dem Gewerbetreibenden und demjenigen, in dessen Betrieb ein Spielgerät aufgestellt worden ist, können von der zuständigen Behörde, in deren Bezirk das Spielgerät aufgestellt worden ist, Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 3 erlassen werden. Der Aufsteller darf mit der Aufstellung von Spielgeräten nur Personen beschäftigen, die die Voraussetzungen nach Absatz 2 Nummer 2 erfüllen.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifvertragswerken des Baugewerbes.

2

Der Kläger ist ein auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhender Zusammenschluss handwerklicher und industrieller Unternehmen der Bauwirtschaft (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Satzung) in Berlin und Brandenburg. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehören u.a. das Führen von Tarifverhandlungen und der Abschluss von Tarifverträgen mit den Gewerkschaften (§ 2 Nr. 1 Buchst. f der Satzung).

3

Am 15. Mai 2008 erklärte die Beklagte auf Antrag der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) sowie der Arbeitgeberverbände "Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V." (ZDB) und "Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V." (HDB) nach vorheriger Durchführung des in § 5 TVG vorgesehenen Verfahrens, an dem sich der Kläger beteiligt hatte, durch den Bundesminister für Arbeit und Soziales mehrere von den der IG BAU einerseits und dem ZDB und dem HDB andererseits abgeschlossene Tarifverträge für das Baugewerbe für allgemeinverbindlich, und zwar

4

a) den Bundesrahmentarifvertrag für Arbeiter einschließlich Anhang (Einstellungsbogen) vom 4. Juli 2002 in der Fassung der Änderungstarifverträge vom 17. Dezember 2003 und 14. Dezember 2004, 29. Juli 2005, 19. Mai 2006 und 20. August 2007,

5

b) den Tarifvertrag über die Berufsbildung vom 29. Januar 1987 in der Fassung der Änderungstarifverträge vom 11. Juni 1987, 11. Februar 1991, 19. Mai 1992, 15. Dezember 1993, 20. April 1994, 23. Juni 1995, 28. Februar 1997, 30. Oktober 1998, 13. November 1998, 9. April 1999, 19. April 2000, 27. Februar 2002, 10. Dezember 2002, 17. Dezember 2003, 29. Juli 2005, 15. Dezember 2005, 30. Juni 2006 und 20. August 2007,

6

c) den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren vom 20. Dezember 1999 in der Fassung der Änderungstarifverträge vom 1. Dezember 2000, 27. Februar 2002, 4. Juli 2002, 10. Dezember 2002, 17. Dezember 2003, 14. Dezember 2004, 15. Dezember 2005 und 20. August 2007,

7

d) den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren vom 20. Dezember 1999 in der Fassung der Änderungstarifverträge vom 1. Dezember 2000, 27. Februar 2002, 4. Juli 2002, 10. Dezember 2002, 17. Dezember 2003, 14. Dezember 2004, 15. Dezember 2005, 20. August 2007 und 5. Dezember 2007,

8

e) den Tarifvertrag über Rentenbeihilfen vom 31. Oktober 2002 in der Fassung des Änderungstarifvertrages vom 5. Dezember 2007.

9

Die Allgemeinverbindlicherklärung erfolgte mit näher bezeichneten Einschränkungen für die unter a) bis c) aufgeführten Tarifverträge mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 sowie für die unter d) und e) aufgeführten Tarifverträge mit Wirkung vom 1. Januar 2008. Sie wurde im Bundesanzeiger vom 15. Juli 2008, Nr. 104a (Beilage), bekannt gemacht.

10

Bereits zuvor hatte die Beklagte auf Antrag der IG BAU, des ZDB und des HDB am 24. Februar 2006 Bundesrahmentarifverträge für Arbeiter, Tarifverträge über die Berufsbildung und Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren sowie dann am 24. Februar 2007 Bundesrahmentarifverträge für Arbeiter und Tarifverträge über die Berufsbildung für das Baugewerbe jeweils mit näheren Maßgaben für allgemeinverbindlich erklärt. Die Allgemeinverbindlicherklärungen vom 24. Februar 2006 und vom 24. Februar 2007 waren jeweils im Bundesanzeiger vom 11. April 2006 (Nr. 71, S. 2729) bzw. vom 17. März 2007 (Nr. 54, S. 2863) bekannt gemacht worden.

11

Am 11. Januar 2007 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und zunächst beantragt festzustellen, dass die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen für das Baugewerbe vom 24. Februar 2006 unwirksam ist, hilfsweise festzustellen, dass sie in den Bundesländern Berlin und Brandenburg unwirksam ist.

12

Am 23. Mai 2007 hat der Kläger die Klage erweitert und ergänzend beantragt festzustellen, dass (auch) die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen für das Baugewerbe vom 24. Januar (offenbar gemeint: Februar) 2007 unwirksam ist, hilfsweise festzustellen, dass sie in den Bundesländern Berlin und Brandenburg unwirksam ist.

13

Am 18. Juli 2008 hat der Kläger die Klage nochmals erweitert und beantragt festzustellen, dass (auch) die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen für das Baugewerbe vom 15. Mai 2008 unwirksam ist, hilfsweise festzustellen, dass sie in den Bundesländern Berlin und Brandenburg unwirksam ist.

14

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Berlin am 5. Juni 2009 haben die Beteiligten den Rechtsstreit "bezüglich der Allgemeinverbindlicherklärungen vom 11. Januar und 23. Mai 2007" (offenbar gemeint: "den Rechtsstreit hinsichtlich der Klagebegehren vom 11. Januar und 23. Mai 2007 bezüglich der Allgemeinverbindlicherklärungen vom 24. Februar 2006 und vom 24. Februar 2007") übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Außerdem hat der Kläger unter Rücknahme seiner Klage "im Übrigen" beantragt,

festzustellen, dass die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifvertragswerken für das Baugewerbe vom 15. Mai 2008 (Bundesanzeiger vom 15. Juli 2008, Nr. 104a) unwirksam ist, soweit sie die darin unter den Buchstaben a (= Bundesrahmentarifvertrag für Arbeiter), c (= Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren) und d (= Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren) aufgeführten Tarifverträge betrifft.

15

Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, er stehe durch die vom Tarifvertragsgesetz auch für ihn vorgesehene Beteiligung am Verfahren der Allgemeinverbindlicherklärung in einem Rechtsverhältnis zur Beklagten. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung seien zudem seine eigenen tarif- und sozialpolitischen Ziele betroffen. Denn die Bundesrahmentarifverträge und die Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren seien für ihn aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung zwingend anwendbar. Dadurch werde er gehindert, wirksame und den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen vorgehende Tarifverträge abzuschließen. Die Allgemeinverbindlicherklärung sei rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 TVG nicht erfüllt seien. Die Beklagte sei von falschen Zahlen ausgegangen.

16

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Die erhobene Feststellungsklage sei unzulässig, weil zwischen ihr und dem Kläger kein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis bestehe. Die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge beinhalteten durchweg keine für den Kläger als Arbeitgeberverband verbindlichen Regelungen.

18

Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Zwischenurteil vom 5. Juni 2009 die Zulässigkeit der Feststellungsklage in Bezug auf die Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 hinsichtlich der darin unter den Buchstaben a, c und d aufgeführten Tarifverträge bejaht sowie die Berufung und die Sprungrevision zugelassen.

19

Gegen das ihr am 19. Juni 2009 zugestellte Zwischenurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Juli 2009 Sprungrevision eingelegt. Der Kläger hat hierzu seine Zustimmung erteilt.

20

Die Beklagte und Revisionsklägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts. § 43 VwGO sei verletzt, weil zwischen Kläger und Beklagten kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliege. Denn der Kläger begehre allein die Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Allgemeinverbindlicherklärung der Beklagten. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis könne nur einen Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen von rechtlichen Beziehungen zum Gegenstand haben, kraft derer einer der Beteiligten etwas Bestimmtes tun müsse, könne, dürfe oder nicht zu tun brauche. Dem Kläger gehe es aber um die Feststellung der Unwirksamkeit oder Ungültigkeit einer Rechtsnorm. Feststellungsklagen gegen den Normgeber, die sich auf dieses Ziel richteten, seien grundsätzlich unzulässig. Anderenfalls drohe eine Umgehung des § 47 VwGO. Auch aus der in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ergebe sich keine Notwendigkeit, eine so genannte atypische Feststellungsklage über die Ausnahmefälle einer Normerlassklage hinaus zuzulassen. Dem Kläger stünden ausreichende anderweitige Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung, da er eine Inzidentprüfung des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages durch die Arbeitsgerichte herbeiführen könne. Denn er könne mit einer Gewerkschaft einen Tarifvertrag abschließen und anschließend gemäß § 9 TVG durch das zuständige Arbeitsgericht die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens des mit dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag konkurrierenden eigenen Tarifvertrages klären lassen.

21

Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht auch ein Feststellungsinteresse des Klägers im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO bejaht. Der Kläger habe insbesondere nicht darlegen können, dass er tatsächlich durch die streitgegenständliche Allgemeinverbindlicherklärung gehindert sei, mit einer Gewerkschaft einen Tarifvertrag abzuschließen.

22

Des Weiteren habe das Verwaltungsgericht die in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO normierte Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer nach § 9 TVG möglichen Klage vor den Arbeitsgerichten verkannt.

23

Schließlich habe das Verwaltungsgericht die auch für eine Feststellungsklage analog anwendbare Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO missachtet. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Allgemeinverbindlicherklärung in eigenen Rechten, insbesondere in seiner durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit verletzt sein könne.

24

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 5. Juni 2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.

25

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

26

Zur Begründung trägt er vor: Sein Rechtsschutzziel sei die Feststellung einer Verletzung seiner Rechte durch die Allgemeinverbindlicherklärung der Tarifverträge. An die wörtliche Fassung seines gestellten Antrages sei das Verwaltungsgericht nicht gebunden (gewesen); vielmehr habe es analog §§ 133, 157 BGB den wirklichen Willen zu erforschen, den ein Kläger mit gestellten Klageanträgen zum Ausdruck bringe. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO angenommen. Die Allgemeinverbindlicherklärung enthalte als öffentlich-rechtliche Norm eigener Art einen konkreten Normbeachtungsbefehl und damit auch eine konkrete Verpflichtung des Klägers gegenüber der Beklagten als Normgeberin. Die Allgemeinverbindlicherklärung greife auch unmittelbar in den nach Art. 9 Abs. 3 GG grundrechtlich geschützten Rechtskreis des Klägers ein, indem sie sein darauf gegründetes Recht zum Abschluss von Tarifverträgen beschränke. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei es nicht generell ausgeschlossen, ein Rechtsverhältnis zwischen dem Normadressaten und dem Normgeber anzunehmen.

27

Die allgemeine Feststellungsklage sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht subsidiär gegenüber einer Klage nach § 9 TVG vor den Arbeitsgerichten. Für ihn, den Kläger, sei es nicht zumutbar, zunächst einen Tarifvertrag abzuschließen, um diesen dann mittels einer so genannten Verbandsklage nach § 9 TVG überprüfen zu lassen. Bei dieser handele es sich zudem ebenfalls um eine Feststellungsklage, die keine - gegenüber der hier erhobenen - effektivere Klageart darstelle.

28

Er habe auch ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 2 VwGO. Denn er werde durch die rechtswidrig zustande gekommene Allgemeinverbindlicherklärung bei seinen satzungsmäßigen und grundrechtlich geschützten Aktivitäten behindert.

Entscheidungsgründe

29

Die gemäß § 134 Abs. 1 VwGO zulässige Sprungrevision der Beklagten gegen das Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Zulässigkeit der nach § 43 Abs. 1 VwGO erhobenen Feststellungsklage ohne Verstoß gegen revisibles Recht bejaht.

30

Der Senat geht davon aus, dass das Rechtsschutzziel des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit auf die gerichtliche Feststellung gerichtet ist, er werde durch die in Rede stehende, vom Bundesminister für Arbeit und Soziales erlassene Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 in seinen (eigenen) Rechten als Arbeitgeberkoalition im Sinne von Art. 9 Abs. 3 GG verletzt. Daran ändert auch nichts, dass er seinen Klageantrag im erstinstanzlichen Verfahren dahin formuliert hatte, er beantrage festzustellen, dass die Allgemeinverbindlicherklärung der in Rede stehenden Tarifvertragswerke "unwirksam ist". Als prozessrechtliche Willenserklärung war der gestellte Klageantrag gemäß §§ 133, 157 BGB (analog) auszulegen. Dabei muss sich die Auslegung auf den auszulegenden Antrag in seiner Gesamtheit und das mit ihm erkennbar verfolgte Rechtsschutzziel beziehen (Beschluss vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 1 B 110.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 6 S. 12<14>). Bei der Ermittlung des wirklichen Willens ist entsprechend den Geboten von Treu und Glauben zu Gunsten des Bürgers davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen (Urteil vom 27. April 1990 - BVerwG 8 C 70.88 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 1<6>). Dies gilt im Grundsatz auch für anwaltliche Anträge und Rechtsbehelfe, soweit diese auslegungsfähig und -bedürftig sind (vgl. Beschluss vom 3. Dezember 1998 a.a.O.). Nur die Umdeutung nicht auslegungsfähiger, weil eindeutiger Prozesserklärungen von Rechtsanwälten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeschlossen (vgl. Beschlüsse vom 12. März 1998 - BVerwG 2 B 20.98 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 2 S. 2<3>, vom 25. März 1998 - BVerwG 4 B 30.98 - Buchholz a.a.O. Nr. 3 und vom 23. August 1999 - BVerwG 8 B 152.99 - Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 23 m.w.N.). Dem steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. Juni 1996 - IX ZR 51/95 - (NJW 1996, 2648 <2650>) entgegen, wonach es Aufgabe des mit einer Rechtsgestaltung beauftragten Rechtsanwalts sei, schon durch die Wortwahl seiner Erklärung Klarheit zu schaffen, und wonach dieser es regelmäßig gar nicht dazu kommen lassen dürfe, dass der Wortlaut seiner Erklärungen zu Zweifeln Anlass gebe, die erst Voraussetzung für eine Auslegung sein könnten. Denn diese Entscheidung, die einen Regressanspruch betrifft, bezieht sich ausschließlich auf das Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandanten, nicht aber auf die Frage, wie die Erklärungen des Anwalts im Außenverhältnis (Urteil vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 8 C 17.01 - BVerwGE 115, 302 <307 f.> = Buchholz 310 § 69 VwGO Nr. 7) gegebenenfalls zu behandeln sind.

31

Das Rechtsschutzziel des Klägers war von Anfang an darauf gerichtet, eine Verletzung eigener Rechte abzuwehren. Dementsprechend hat er sich gegenüber der hier in Rede stehenden Allgemeinverbindlicherklärung nicht auf eine Verletzung von Rechten seiner Mitgliedsunternehmen, sondern explizit auf den Schutz der ihm als Arbeitgeberverband zustehenden Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG berufen und durchgängig geltend gemacht, er werde durch die von der Allgemeinverbindlicherklärung ausgehenden Rechtswirkungen in seiner grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit als Arbeitgeberkoalition verletzt. In diesem Sinn hat auch das Verwaltungsgericht seinen Antrag verstanden, auch wenn die Formulierung des Urteilstenors darüber hinausgeht. So hat es in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass es das Interesse des Klägers sei zu klären, ob die Beschränkung seiner Rechte aus Art. 9 Abs. 3 GG rechtmäßig sei (UA S. 7). Dieses Rechtsschutzziel hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals ausdrücklich klargestellt. Angesichts dessen hat der Senat keine Veranlassung gesehen, den Kläger an der ursprünglich auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung gerichteten Fassung seines Klageantrages festzuhalten, zumal die Voraussetzungen einer zulässigen Feststellungsklage gegenüber einer Allgemeinverbindlicherklärung in Rechtsprechung und Fachschrifttum umstritten sind und der Kläger daher in besonderem Maße auf entsprechende Hinweise des erkennenden Gerichts nach § 86 Abs. 3 VwGO angewiesen ist, um den seinem Rechtsschutzbegehren entsprechenden sachdienlichen Antrag zu stellen.

32

Die Feststellungsklage des Klägers ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Der Kläger begehrt die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteile vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329 f.> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 87 f., vom 26. Januar 1996 - BVerwG 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <264> = Buchholz 454.9 MietpreisR Nr. 15 S. 2 f. und vom 20. November 2003 - BVerwG 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein (Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG 6 C 57.66 - BVerwGE 38, 346 m.w.N. = Buchholz 232 § 123 BBG Nr. 8 und vom 30. Mai 1985 - BVerwG 3 C 53.84 - BVerwGE 71, 318 = Buchholz 418.32 AMG Nr. 13; Beschluss vom 12. November 1987 - BVerwG 3 B 20.87 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 97). Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (Urteil vom 23. Januar 1992 a.a.O. S. 330 bzw. S. 88). Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Darauf beschränkt sich das Klagebegehren bei sinngemäßer Auslegung nach § 88 VwGO jedoch nicht.

33

Als Bezugspersonen der rechtlichen Beziehung bzw. des Rechtsverhältnisses kommen dabei grundsätzlich der Normgeber, der Normadressat und die Vollzugsbehörde als Normanwender in Betracht. Im Regelfall besteht allerdings kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO zwischen dem Normadressaten und dem Normgeber, da Letzterer an der Umsetzung der Rechtsnorm gegenüber dem Adressaten nicht direkt beteiligt ist (Urteil vom 23. August 2007 - BVerwG 7 C 2.07 - BVerwGE 129, 199 <204 f. Rn. 22>; zum Ausnahmefall der zulässigen und gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen, hier jedoch nicht in Rede stehenden Normerlassklage vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541, 542/02 - BVerfGE 115, 81 <95 f.>; BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2 = NVwZ 2002, 1505 und vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 = NVwZ 1990, 162).

34

Vorliegend geht es um die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Kläger als von Art. 9 Abs. 3 GG geschützter Koalition (Arbeitgeberverband) und der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vertretenen Beklagten, die von ihrer hoheitlichen Befugnis nach § 5 Abs. 1 TVG Gebrauch gemacht hat. Da die von dem Kläger angegriffene und auf § 5 Abs. 1 TVG gestützte Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 weder eine Rechtsnorm noch ein Verwaltungsakt, sondern ein Rechtsetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtsetzung ist, der seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 9 Abs. 3 GG findet (vgl. dazu u.a. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322 ff.), geht es hier um diejenigen rechtlichen Beziehungen, die sich zwischen dem Kläger und der Beklagten aufgrund des in Anwendung des § 5 Abs. 1 TVG erfolgten Erlasses der Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 ergeben. Streitig sind die Ausübung der Befugnis nach § 5 Abs. 1 TVG durch die Beklagte und die daraus folgenden Wirkungen für die Rechtstellung des Klägers in Bezug auf den geregelten Sachverhalt. Der Umstand, dass die auf § 5 Abs. 1 TVG gestützte Allgemeinverbindlicherklärung durch einen "Rechtsetzungsakt eigener Art" erfolgt, ändert daran nichts. Denn durch diesen von der Beklagten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Exekutivbehörde vorgenommenen "Rechtsetzungsakt eigener Art" werden in Anwendung des § 5 Abs. 1 TVG Rechte und Pflichten begründet und gestaltet, ohne dass es insoweit eines weiteren Umsetzungsaktes durch einen (staatlichen) Normanwender bedürfte. Dementsprechend sehen die Regelungen des § 5 Abs. 2 TVG und des § 6 Abs. 3 der Durchführungsverordnung zum Tarifvertragsgesetz - TVGDV - (BGBl I 1989 S. 76) vor Ergehen der Allgemeinverbindlicherklärung spezielle Verfahrens- und Beteiligungsrechte vor, von denen der Kläger als Adressat dieser Regelungen auch Gebrauch gemacht hat.

35

Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht ein konkreter Meinungsstreit darüber, ob die Beklagte nach § 5 Abs. 1 TVG zum Erlass der angefochtenen Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 befugt war, und ob diese die Koalitionsfreiheit des Klägers aus Art. 9 Abs. 3 GG verkürzt, obwohl sie ihn nicht unmittelbar verpflichtet.

36

Für die Bejahung eines im Hinblick auf einen konkreten Sachverhalt streitigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO reicht im Hinblick auf die Zulässigkeit der Feststellungsklage jedenfalls aus, dass die von den Beteiligten beanspruchten Rechtswirkungen einerseits aus § 5 Abs. 1 TVG in Verbindung mit der Allgemeinverbindlicherklärung und andererseits aus Art. 9 Abs. 3 GG möglich erscheinen (so genannte "Möglichkeitstheorie"). Dabei kann dahinstehen, ob sich diese Möglichkeit unmittelbar aus der systematischen Auslegung des in § 43 Abs. 1 VwGO normierten Tatbestandsmerkmals eines streitigen Rechtsverhältnisses oder aus einer analogen Anwendung des unmittelbar nur für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden § 42 Abs. 2 VwGO ("Klagebefugnis") ergibt. Es reicht aus, wenn von Rechts wegen die Möglichkeit ernsthaft in Betracht kommt, dass die streitige Berechtigung oder Verpflichtung besteht. Wenn sich bei der Sachprüfung im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens dann ergibt, dass die in Anspruch genommene Rechtsposition letztlich nicht besteht oder dass die geltend gemachte Rechtsverletzung im konkreten Fall nicht vorliegt, ist die Feststellungsklage nicht als unzulässig, sondern als unbegründet abzuweisen.

37

Die Möglichkeit einer Verletzung des Klägers in seinen Rechten, namentlich in seinem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG, durch die Allgemeinverbindlicherklärung ist hier gegeben.

38

Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur die individuelle Koalitionsfreiheit der einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, Vereinigungen zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihnen beizutreten oder fernzubleiben oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern selbst. Dies betrifft sowohl ihren Bestand als auch ihre organisatorische Ausgestaltung und ihre Betätigungen, sofern diese auf die Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gerichtet sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 1. März 1979 - 1 BvR 532/77 u.a. - BVerfGE 50, 290 <373 f.>; Beschlüsse vom 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - BVerfGE 84, 212 <224>, vom 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93 u.a. - BVerfGE 100, 271 <282>, vom 3. April 2001 - 1 BvL 32/97 - BVerfGE 103, 293 <304> und vom 6. Februar 2007 - 1 BvR 978/05 - m.w.N., NZA 2007, 394; BAG, Urteile vom 19. Juni 2007 - 1 AZR 396/06 - Rn. 11 m.w.N., BAGE 123, 134 und vom 22. September 2009 - 1 AZR 972/08 - NJW 2010, 631). Der grundrechtliche Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigungen beschränkt. Er erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasst insbesondere die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht (BVerfG, Urteil vom 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 u.a. - BVerfGE 92, 365; Beschlüsse vom 27. April.1999 a.a.O. <282> m.w.N. und vom 10. September 2004 - 1 BvR 1191/03 - m.w.N., AP Nr. 167 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Diese beinhaltet das Recht der Koalitionen, durch privatautonome Vereinbarungen verbindliche Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im Sinne von Art. 9 Abs. 3 GG auszuhandeln. Tarifautonomie als koalitionsmäßige Betätigung wird damit durch die kollektive Koalitionsfreiheit gewährleistet, die ihrerseits als Realisierung und Verstärkung der individuellen Koalitionsfreiheit zu verstehen ist (vgl. Dieterich, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, Art. 9 GG Rn. 57). Das Aushandeln und der Abschluss von Tarifverträgen sind ein wesentlicher Zweck der Koalitionen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - BVerfGE 94, 268 <283> m.w.N.). Zu den ihrer Regelungsbefugnis überlassenen Materien gehören insbesondere das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 = NJW 2007, 51 <53> m.w.N.). Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben für geeignet halten, bleibt unter dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich ihnen überlassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. April 1976 - 1 BvR 71/73 - BVerfGE 42, 133 <138> und Urteil vom 4. Juli 1995 a.a.O. <393>; BAG, Urteil vom 22. September 2009 a.a.O. Rn. 33 m.w.N.).

39

Der Grundrechtsschutz ist nicht auf Eingriffe im herkömmlichen Sinne beschränkt (vgl. dazu u.a. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 670/91 - BVerfGE 105, 279 <300>; vgl. ferner Roth, Faktische Eingriffe in Freiheit und Eigentum, 1994, S. 33 ff.). Vielmehr kann der Abwehrgehalt der Grundrechte auch bei faktischen oder mittelbaren Beeinträchtigungen betroffen sein, wenn diese in der Zielsetzung und in ihren Wirkungen Eingriffen gleichkommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 a.a.O. <303>; Urteil vom 17. März 2004 - 1 BvR 1266/00 - BVerfGE 110, 177 <191>; Beschlüsse vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <76> und vom 11. Juli 2006 a.a.O.). An der für die Grundrechtsbindung maßgebenden eingriffsgleichen Wirkung einer staatlichen Maßnahme fehlt es jedoch, wenn mittelbare Folgen ein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 1 BvL 28/95 u.a. - BVerfGE 106, 275 <299>).

40

Im Bereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen hat der Staat seine Zuständigkeit zur Rechtsetzung weit zurückgenommen und die Bestimmung über die regelungsbedürftigen Einzelheiten des Arbeitsvertrages grundsätzlich den Koalitionen überlassen. Die subsidiäre Regelungszuständigkeit des Staates tritt immer dann ein, wenn die Koalitionen die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG zugewiesene Aufgabe, das Arbeitsleben durch Tarifverträge sinnvoll zu ordnen, im Einzelfall nicht allein erfüllen können und die soziale Schutzbedürftigkeit einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen oder ein sonstiges öffentliches Interesse ein Eingreifen des Staates erforderlich macht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322 <340, 342>, vom 26. Juni 1991 a.a.O. <229>, vom 24. April 1996 a.a.O. und vom 27. April 1999 a.a.O.). Allerdings schützt Art. 9 Abs. 3 GG einen Arbeitgeberverband nicht gegen ein tarifpolitisches Konkurrenzverhältnis, selbst wenn dieses den Verlust von Verbandsmitgliedern zur Folge haben kann (BVerfG, Beschlüsse vom 24. Mai 1977 a.a.O. <352> m.w.N. und vom 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7 <24>; Lakies, Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, in: AR-Blattei SD, Tarifvertrag X, 1550, 10, Stand September 2004, Rn. 38).

41

Die vom Bundesminister für Arbeit und Soziales erlassene Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 beschränkt den grundrechtlich geschützten Gestaltungsfreiraum des Klägers als Arbeitgeberkoalition. Der Kläger wird dadurch in der Wahrnehmung seines Rechtes eingeschränkt, seine tarifpolitischen Vorstellungen und Ziele in der ihm zweckmäßig erscheinenden Weise insoweit zu verfolgen, als diese von den Regelungen des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages abweichen.

42

Die auf § 5 Abs. 1 Satz 1 TVG gestützte Allgemeinverbindlicherklärung bewirkt gemäß § 5 Abs. 4 TVG, dass die normativen Regelungen der in Rede stehenden Tarifverträge (hier: Bundesrahmentarifvertrag für Arbeiter vom 4. Juli 2002 in der letzten Fassung vom 20. August 2007 sowie Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren vom 20. Dezember 1999 in der letzten Fassung vom 20. August 2007 und vom 20. Dezember 1999 in der letzten Fassung vom 5. Dezember 2007 ) in ihrem jeweiligen Geltungsbereich über die Mitglieder der Tarifvertragsparteien hinaus auch auf die "bisher nicht tarifgebundenen" Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt werden. Auf die durch die Allgemeinverbindlicherklärung nunmehr normunterworfenen, bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirken die Normen der in Rede stehenden Tarifverträge rechtlich nicht anders als auf die Tarifgebundenen, und zwar unmittelbar und zwingend (vgl. dazu u.a. Lakies, in: Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl. 2006, § 5 Rn. 164). Auch die Mitgliedsunternehmen des Klägers sind, obwohl weder sie noch der Kläger am Abschluss der betreffenden Tarifverträge beteiligt waren, aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung rechtlich verpflichtet, die Regelungen der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge allen davon erfassten Beschäftigungsverhältnissen solange zugrunde zu legen, wie die Rechtswirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung besteht, also solange diese nicht aufgehoben oder sonst entfallen ist und die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge nicht aufgehoben oder ausgelaufen sind.

43

Der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 4. Juli 2002 in der maßgeblichen Fassung vom 20. August 2007 (Anlage 1 der Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008, S. 12 bis 26) betrifft u.a. Regelungen zum Lohn (Lohngrundlage, Grundlagen der Eingruppierung, Lohngruppen, Lohnanspruch, Lohn der Arbeitsstelle und Lohn bei auswärtiger Beschäftigung, Arbeit im Leistungslohn, Lohnabrechnung, § 5), zu Erschwerniszuschlägen (§ 6), Fahrtkostenabgeltung, Verpflegungszuschuss und Auslösung (§ 7).

44

Durch den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 20. Dezember 1999 in der Fassung vom 20. August 2007 (Abschnitt c im Eingangsabschnitt der Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008, Anlage 2 zur Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008, S. 27 bis 35) sowie in der Fassung vom 5. Dezember 2007 (Abschnitt d im Eingangsabschnitt der Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008) werden Meldepflichten der Arbeitgeber (§ 5) u.a. hinsichtlich des eigenen Betriebes, der beschäftigten Arbeitnehmer und der für die einzelnen Beschäftigten gezahlten Löhne (§§ 6 ff.) sowie die Pflicht begründet, Sozialkassenbeiträge an die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft oder andere näher bezeichnete Einrichtungen zu entrichten (§§ 18 ff.).

45

Allerdings genügt die darin liegende unmittelbare Beschränkung der Vertragsfreiheit und der Koalitionsfreiheit der Mitgliedsunternehmen des Klägers noch nicht, eine durch die Allgemeinverbindlicherklärung bewirkte Verletzung eigener Rechte des Klägers als Arbeitgeberkoalition als möglich erscheinen zu lassen. Denn der Kläger als juristische Person des Privatrechts, dem als Koalition zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen der Grundrechtsschutz nach Art. 9 Abs. 3 GG zusteht, wird durch die Allgemeinverbindlicherklärung weder berechtigt noch rechtlich verpflichtet. Ebenso wenig wird ihm durch die Allgemeinverbindlicherklärung eine rechtliche Handlungs- oder Unterlassungspflicht auferlegt. So wird er durch die Allgemeinverbindlicherklärung vom 15. Mai 2008 rechtlich nicht daran gehindert, Verhandlungen mit einer anderen Tarifvertragspartei (Gewerkschaft oder tariffähiger - gegnerfreier - Verband von Beschäftigten) über den Abschluss eines anderweitigen Tarifvertrages aufzunehmen. Es besteht für ihn insoweit auch kein Tarifvertrags-Abschlussverbot. Denn § 5 Abs. 4 TVG ordnet allein an, dass "mit der Allgemeinverbindlicherklärung" die normativen Regelungen des (für allgemeinverbindlich erklärten) Tarifvertrages in seinem Geltungsbereich "auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer" erfassen. Allerdings ergeben sich mittelbare Auswirkungen aus dem schuldrechtlichen Teil des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe daraus, dass sich die - mit ihm konkurrierenden - Tarifvertragsparteien darin verpflichtet haben, "mit anderen Organisationen", also auch mit ihm, "keine Tarifverträge zu vereinbaren, die von diesem Tarifvertrag inhaltlich abweichen" (§ 17 Satz 1).

46

Ungeachtet der fehlenden unmittelbaren rechtlichen Bindungswirkungen der normativen Regelungen der drei für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge können von der Allgemeinverbindlicherklärung dennoch Beeinträchtigungen der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit gerade auch für den Kläger ausgehen. Er kann nach Ergehen der Allgemeinverbindlicherklärung seine durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten tarif- und sozialpolitischen Zielvorstellungen hinsichtlich des Inhalts von ihm angestrebter Tarifverträge nur noch in eingeschränktem Maße verfolgen. Im Fachschrifttum wird deshalb zu Recht bejaht, dass Koalitionen wegen möglicher Verletzung ihrer kollektiven Koalitionsfreiheit gerichtlichen Rechtsschutz mittels einer Feststellungsklage vor den Verwaltungsgerichten gegen eine Allgemeinverbindlicherklärung beanspruchen können, wenn ihre tarif- oder sozialpolitischen Ziele von der Allgemeinverbindlicherklärung nachteilig berührt werden (vgl. u.a. Lakies, in: Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, a.a.O., Rn. 185 f.; ders., in: Däubler (Hrsg.), a.a.O. § 5 Rn. 233; Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl. 2004, § 5 Rn. 123; Franzen, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, § 5 TVG Rn. 27; wohl auch Wonneberger, Die Funktionen der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, 1992, S. 159 f.).

47

Eine solche Beeinträchtigung des Klägers ist möglich, weil ein von ihm abzuschließender, von den Regelungen der für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge abweichender Tarifvertrag im Anwendungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes verdrängt werden und dann keine Gestaltungswirkung zu Gunsten der Mitglieder des Klägers entfalten kann.

48

Kommt es zu konkurrierenden, für beide Seiten des Arbeitsvertrages geltenden Tarifverträgen ("Tarifkonkurrenz"), bestimmt sich deren Anwendbarkeit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nach den Regeln der so genannten Tarifspezialität: Es kommt der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung. Das ist der Tarifvertrag, der dem betreffenden Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der dort tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird (vgl. u.a. BAG, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 10 AZR 113/02 - AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz m.w.N.). Der "betriebsnähere" Tarifvertrag verdrängt danach grundsätzlich den Entfernteren. Dies galt nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch bei einer Tarifkonkurrenz zwischen einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag und einem nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag (vgl. BAG, Urteil vom 4. Dezember 2002 a.a.O.; Lakies, in: Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, a.a.O. Rn. 138).

49

In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts werden auch Fälle der Tarifpluralität (vgl. dazu u.a. BAG, Urteil vom 26. Januar 1994 - 10 AZR 611/92 - AP Nr. 22 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz), bei denen also konkurrierende Tarifvertragsparteien für den gleichen Betrieb unterschiedliche Regelungen vereinbart haben, nach dem Prinzip der Tarifeinheit dahingehend aufgelöst, dass nur der speziellere Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Im Falle der Tarifpluralität kann so nach der - allerdings umstrittenen (vgl. Löwisch/Rieble, a.a.O. § 4 Rn. 115 bis 158 und § 5 Rn. 15 bis 165; Wank, in: Wiedemann (Hrsg.), TVG, 6. Aufl. 1999, § 4 Rn. 277 ff. m.w.N.; Dieterich, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, Art. 9 GG Rn. 68a m.w.N.; LAG Frankfurt, Urteil vom 14. Juli 2003 - 16 Sa 530/02 - DB 2004, 1786) - Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein speziellerer (Haus- oder Flächen-)Tarifvertrag einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag verdrängen, sofern jedenfalls der jeweilige Arbeitgeber kraft Mitgliedschaft im betreffenden Arbeitgeberverband ("Verbandsmitgliedschaft") an den spezielleren Tarifvertrag gebunden ist. Ein solcher Vorrang soll jedoch nicht gelten, wenn der speziellere Tarifvertrag ohne Tarifbindung des Arbeitgebers lediglich einzelvertraglich vereinbart ist (vgl. BAG, Urteile vom 22. September 1993 - 10 AZR 207/92 - AP Nr. 21 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz und vom 4. Dezember 2002 a.a.O.; Lakies, in: Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen, a.a.O. Rn. 138 a.E. m.w.N.; Waas, Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität, 1999, S. 42 ff., 54 ff.).

50

Für bestimmte Regelungen des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) im Anwendungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes besteht allerdings nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein solcher Vorrang nach dem Spezialitätsgrundsatz nicht (vgl. u.a. BAG, Beschlüsse vom 9. September 2003 - 9 AZR 478/02 (A) - juris Rn. 13 ff. m.w.N. und vom 13. Mai 2004 - 10 AS 6/04 - juris; Urteil vom 18. Oktober 2006 - 10 AZR 576/05 - BAGE 120, 1). Soweit damit im Anwendungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes der für allgemeinverbindlich erklärte Sozialkassentarifvertrag für das Baugewerbe (VTV) nicht durch einen entsprechend dem Spezialitätsgrundsatz sonst tarifrechtlich geltenden sachnäheren Tarifvertrag verdrängt werden kann (vgl. dazu u.a. BAG, Urteil vom 18. Oktober 2006 a.a.O.), wird dem Kläger als Arbeitgeberverband durch die Allgemeinverbindlicherklärung die Möglichkeit genommen, insoweit seine eigenen abweichenden tarifpolitischen Zielvorstellungen durch Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrages praktisch zu realisieren.

51

Außerhalb der vorerwähnten Regelungen des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) könnte sich der Kläger zwar um einen Tarifvertragspartner bemühen und mit diesem einen aus seiner Sicht und derjenigen seiner Mitgliedsunternehmen für Letztere günstigeren oder interessengerechteren Tarifvertrag als den jeweiligen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag abschließen. Welcher der Tarifverträge dann anwendbar wäre, insbesondere ob der vom Kläger abgeschlossene auch den im vorliegenden Fall für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen (außerhalb der vorerwähnten Regelungen des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe) vorginge, bliebe dann im Einzelfall zu prüfen. Das ändert aber nichts daran, dass bereits der Erlass der Allgemeinverbindlicherklärung für den Kläger zu einer für ihn verschlechterten "Wettbewerbsposition" gegenüber den konkurrierenden Tarifvertragsparteien führt, deren Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt worden sind.

52

Eine solche Situation ist typischerweise mit einer Allgemeinverbindlicherklärung eines oder mehrerer Tarifverträge verbunden. Unabhängig davon, wie die Konkurrenzregelung im Einzelnen gestaltet wird, setzt im Falle bereits vorliegender unterschiedlicher Tarifverträge konkurrierender Verbände die die Allgemeinverbindlicherklärung aussprechende staatliche Stelle für die "übergangenen" Tarifvertragsparteien Rahmenbedingungen, die ihrerseits unmittelbare und mittelbare Auswirkungen sowohl für den abgeschlossenen ("übergangenen") Tarifvertrag als auch für das künftige tarifpolitische Verhalten haben (vgl. dazu u.a. Bieback/Kocher, Juristische Fragen der gesetzlichen Festlegung eines Mindestentgelts durch erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung oder Verweis auf unterste Tarifentgelte, in: Bieback/Dieterich/Hanau/Kocher/Schäfer, Tarifgestützte Mindestlöhne, 1. Aufl. 2007, S. 43 <65>). Das kann deren Möglichkeiten verschlechtern, ungehindert von den Rechtswirkungen der Allgemeinverbindlicherklärung tarifvertragliche Regelungen, die ihren sozial- und tarifpolitischen Vorstellungen und denjenigen ihrer Mitgliedsunternehmen (eher) entsprechen, mit tariffähigen Arbeitnehmer-Koalitionen (Gewerkschaft oder tariffähiger Verband) abzuschließen. Dazu kann maßgeblich beitragen, dass die Tarifvertragsparteien, die die Allgemeinverbindlicherklärung des von ihnen ausgehandelten Tarifvertrages erreicht haben, - und in aller Regel auch ihre Mitglieder (vgl. zur Bedeutung der Interessenlage der Mitglieder der Tarifvertragsparteien u.a. Dieterich, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, Art. 9 GG Rn. 58) - nicht mehr am Abschluss eines anderen, davon abweichenden Tarifvertrages interessiert sind - anderenfalls hätten sie sich nicht um eine Allgemeinverbindlicherklärung bemüht -, sofern sie daran ohnehin nicht vertraglich gehindert sind (vgl. § 17 des Bundesmanteltarifvertrages für das Baugewerbe).

53

In der mittelbaren Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit der "übergangenen" Tarifvertragspartei(en) liegt freilich nur dann eine Grundrechtsverletzung, wenn sie nach ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen staatlichen Eingriffen gleichkommt und von der Verfassung nicht gerechtfertigt ist. Ob dies vorliegend beim Kläger hinsichtlich der in Rede stehenden Allgemeinverbindlicherklärung der Fall ist, ist eine Frage der Begründetheit seines Rechtsschutzbegehrens.

54

Das nach § 43 Abs. 1 VwGO des Weiteren für eine zulässige Feststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse des Klägers an der baldigen Feststellung liegt ebenfalls vor. Ein solches schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein (vgl. u.a. Urteil vom 26. Januar 1996 - BVerwG 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <271> = Buchholz 454.9 MietpreisR Nr. 15).

55

Vorliegend ist der Kläger - wie dargelegt - jedenfalls mittelbar eingeschränkt, seine tarif- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele in dem von ihm definierten Sinne zu verfolgen, um die diesbezüglichen Interessen seiner Mitgliedsunternehmen mittels eines von den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen abweichenden Tarifvertrages zu erreichen. Würde es ihm gelingen, mit einem tariffähigen Arbeitnehmerverband einen seinen Vorstellungen (eher) entsprechenden Tarifvertrag abzuschließen und würde dieser von den Regelungen der Allgemeinverbindlicherklärung zu Ungunsten der Arbeitnehmer abweichen, hätte dieser "Außenseiter"-Tarifvertrag jedenfalls solange keine rechtliche Wirkung, wie nicht der Spezialitätsgrundsatz zu seinen Gunsten eingreift und/oder wie die Allgemeinverbindlicherklärung durch das zuständige Bundesministerium nicht aufgehoben oder durch ein Gericht für unwirksam erklärt worden ist. Da sich der Kläger demgegenüber auf seine grundrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG beruft, hat er ein geschütztes rechtliches Interesse daran, die Rechtmäßigkeit dieser Beschränkung gerichtlich durch eine Feststellungsklage überprüfen zu lassen.

56

Die von dem Kläger nach § 43 Abs. 1 VwGO erhobene Feststellungsklage ist auch nicht nach der Subsidiaritätsregelung in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Eine solche Unzulässigkeit bestünde nur dann, wenn er seine Rechte durch Gestaltungsklage (insbesondere durch eine Anfechtungsklage) oder eine Leistungsklage (Verpflichtungs- oder allgemeine Leistungsklage) ebenso gut oder besser verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist zum einen, unnötige Feststellungsklagen zu verhindern, wenn für die Rechtsverfolgung unmittelbarere, sachnähere und wirksamere Rechtsschutzverfahren zur Verfügung stehen (Urteile vom 29. August 1986 - BVerwG 7 C 5.85 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 89 m.w.N. und vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 = DVBl 1990, 155; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 43 Rn. 26). Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll auf dasjenige Verfahren konzentriert werden, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird. Zugleich soll vermieden werden, dass die für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen normierten speziellen Prozessvoraussetzungen (Vorverfahren, Klagefristen) unterlaufen sowie die Gerichte mit nicht oder noch nicht erforderlichen Feststellungsklagen belastet werden und dass der Kläger später dann das Gericht unter Umständen ein zweites Mal mit der Streitsache befassen muss, wenn der/die Beklagte nicht freiwillig bereit ist, aus der festgestellten Rechtslage die gebotenen Folgerungen zu ziehen (stRspr, vgl. die Einzelnachweise u.a. bei Kopp/Schenke, a.a.O.). Dabei ist in der Rechtsprechung geklärt, dass diese Zwecksetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO und die sich daraus für die Normauslegung ergebenden Folgerungen aufgrund der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege nach den verschiedenen Prozessrechtsordnungen "rechtswegübergreifend" gelten, d.h. auch dann eingreifen, wenn die mit der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO konkurrierende Klageart vor dem Zivilgericht zu erheben oder bereits erhoben ist (Urteil vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 <308> = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133).

57

Da es sich bei der Allgemeinverbindlicherklärung nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen Rechtsetzungsakt eigener Art handelt, scheidet eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage als vorrangige Klageart aus.

58

Der Kläger muss sich auch nicht auf die Möglichkeit einer Klage nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG vor den Arbeitsgerichten verweisen lassen. Nach § 9 TVG sind rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus dem Tarifvertrag oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Tarifvertrages ergangen sind, in Rechtsstreitigkeiten zwischen tarifgebundenen Parteien sowie zwischen diesen und Dritten für die Gerichte und Schiedsgerichte bindend. Klageberechtigt sind allerdings nur die Tarifvertragsparteien, also diejenigen Koalitionen, die den betreffenden und im Streit befindlichen Tarifvertrag abgeschlossen haben. Der Kläger könnte deshalb nur dann eine Klage nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG erheben, wenn er zuvor einen Tarifvertrag abgeschlossen hätte, um anschließend dann dessen Gültigkeit im Wege einer so genannten Verbandsklage nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 (Alt. 2) TVG ("Bestehen oder Nichtbestehen des Tarifvertrages") abklären zu lassen. Bis dahin wäre ihm der Rechtsschutz nach § 9 TVG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG trotz der Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung versagt.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige.

(2) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben, so kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden. Das gleiche gilt, wenn ein Gewerbe von einer ausländischen juristischen Person begonnen wird, deren Rechtsfähigkeit im Inland nicht anerkannt wird.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 26. Januar 2012 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 trägt die Klägerin. Die Beigeladene zu 1 trägt in beiden Rechtszügen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren durch die Beigeladene zu 2 war notwendig.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckendes Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine ihr erteilte Baugenehmigung aufgehoben wurde. Im Berufungsverfahren begehrt die Beigeladene zu 2 die Aufhebung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Klage.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem denkmalgeschützten, dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshaus (sog. O.haus) bebauten, in der historischen Innenstadt von A. gelegenen Grundstücks FlNr. 573/5 Gemarkung A. Die Beigeladene zu 2, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, ist Eigentümerin des westlich angrenzenden Grundstücks FlNr. 573/4, das mit einer durch Bescheid der Beigeladenen zu 1 von Oktober 1983 genehmigten Reihenhauswohnanlage bebaut ist. Beide Grundstücke wurden anlässlich der Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen zu 2 aus dem Grundstück FlNr. 573 (alt) herausgemessen. Sie liegen im Geltungsbereich der am 23. Juni 1989 bekannt gemachten Bebauungspläne Nr. 435 „...“ und Nr. 444 „...“, geändert durch den am 8. April 2011 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. 445 „...“.

Im November 2003 beantragte die Klägerin zur Verbesserung der Nutzungsqualität der Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 573/5 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau von vier Balkonen auf der Westseite mit den Außenmaßen jeweils von 4,61 m x 1,63 m als vorgehängte Stahlkonstruktionen, wobei sich die Balkone im Luftraum teilweise über dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 befinden. Zugleich beantragte sie die Erteilung einer Befreiung von den im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen. Die Bauvorlagen wurden für die Beigeladenen zu 2 vom damaligen Verwalter als Wohnungseigentümer unterschrieben.

2. Mit Bescheid vom 2. Februar 2004 genehmigte die Beigeladene zu 1 nach Art. 73 Abs. 1 BayBO 1998 das Vorhaben mit der Auflage, dass die maximale Ausladung der Balkone 1,50 m beträgt. Zugleich stellte sie fest, dass die Balkonanbauten an der westlichen Grundstücksgrenze den Abstandflächenvorschriften des Art. 6 Abs. 4 BayBO 1998 widersprächen, wonach zu dieser Grundstücksgrenze eine Abstandsflächentiefe von 7,90 m eingehalten werden müsse. Sie ließ gemäß Art. 70 BayBO 1998 eine Abweichung von dieser baurechtlichen Anforderung zu. Der Baugenehmigungsbescheid wurde nur der Klägerin zugestellt.

Mit Formblatt vom 6. Juli 2006, geändert durch Schreiben vom 2. August 2006, stellte die Klägerin Bauantrag für eine „Tektur“ der Balkone unter Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans und unter Zulassung einer Abweichung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Nach den vorgelegten Planzeichnungen sollen die Balkone abweichend von der erteilten Baugenehmigung nicht als Hängekonstruktion, sondern mit Balkonstützen an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen zu 2 ausgeführt werden. Dem Antrag ist die Erklärung eines Ingenieurbüros für Tragwerksplanung vom 5. Juli 2006 an die Klägerin beigegeben, wonach „die geplanten Balkone … aus statischen Gründen mit einer durchgehenden Stützung mit Gründung auf Einzelfundamten auszuführen (seien), da eine auskragende Konstruktion mit ausschließlicher Verdübelung an der Außenwand nicht möglich (sei)“. Weiterhin ist dem Bauantrag eine von dem planenden Architekten und der Klägerin unterzeichnete Erklärung vom 5. Juli 2006 beigefügt, dass „die bisher geplante hängende Wandkonstruktion verworfen wird, um nicht in das lt. Statik ansonsten zu stark belastete best. alte Mauerwerksgefüge sowie nicht zu viel in best. Friese und Gesimse eingreifen zu müssen“. Die Maße sollten wie im genehmigten Bauantrag verbleiben. Über diesen Antrag ist bislang nicht entschieden. Im Herbst 2006 errichtete die Klägerin die Balkone entsprechend diesem Antrag.

Nachdem sich der Verwalter der Beigeladenen zu 2 mit mehreren Schreiben von Oktober und November 2006 an die Beigeladene zu 1 gegen die Errichtung der Balkone gewandt hatte, gab die Beigeladene zu 1 die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 am 15. Dezember 2006 im Amtsblatt nach Art. 71 Abs. 2 Satz 4 und 5 BayBO 1998 öffentlich bekannt. Am 3. Januar 2007 erhob die Beigeladene zu 2 durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch gegen die Baugenehmigung.

Eine zivilrechtliche Klage der Beigeladenen zu 2 gegen die Klägerin, die unter anderem auf Beseitigung der Balkone gerichtet war, wies das Landgericht A. mit Urteil vom 4. April 2008 (Az. 10 O 1055/07) hinsichtlich der Balkone ab. Die Berufung der Beigeladenen zu 2 wies das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 24. September 2008 (Az. 27 U 348/08) zurück.

Mit Schreiben vom 21. September 2009 teilte die Klägerin der Regierung von Schwaben als Widerspruchsbehörde mit, dass nach Art. 83 Abs. 1 BayBO 2008 auf das Bauvorhaben nunmehr die Bayerische Bauordnung in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung angewandt werden solle, so dass das Abstandsflächenrecht nicht mehr zu prüfen sei.

3. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2009 hob die Regierung von Schwaben die Baugenehmigung auf. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an: Mit der Ausübung des Wahlrechts seien die Abstandsflächenvorschriften zwar grundsätzlich nicht mehr Prüfungsgegenstand. Bei Nichteinhaltung der Abstandsflächen sei jedoch weiterhin eine Abweichung zu beantragen. Im Baugenehmigungsbescheid sei ausdrücklich eine Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften erteilt worden. Diese würde in Bestandskraft erwachsen, wenn sie nicht aufgehoben werde. Abstandsflächen seien weder nach altem noch nach neuem Recht eingehalten. Aus diesem Grund sei im Widerspruchsverfahren eine Prüfung im Hinblick auf die Abstandsflächen vorzunehmen. Im Übrigen dürfe die Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO in der seit 1. August 2009 geltenden Fassung bei Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften abgelehnt werden, wenn gegen Vorschriften außerhalb des Prüfkatalogs verstoßen werde. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung lägen nicht vor. Es seien weder eine nur geringfügige Abstandsflächenüberschreitung noch eine atypische Grundstückssituation gegeben.

4. Auf die hiergegen erhobene Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Augsburg den Widerspruchsbescheid mit Urteil vom 26. Januar 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage sei gegeben, weil mit der Aufhebung des Widerspruchsbescheids die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 wiederauflebe. Die Klage sei auch begründet. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 2 sei zwar zulässig gewesen. Insbesondere habe die Beigeladene zu 2 dem Bauantrag nicht nach Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO wirksam zugestimmt, weil der damalige Verwalter der Beigeladene zu 2 die Bauvorlagen nur für sich selbst, nicht aber für die Wohnungseigentümergemeinschaft unterschrieben habe. Ebenso wenig sei der Widerspruch verfristet, weil die Baugenehmigung der Beigeladenen zu 2 erstmals mit Schreiben vom 29. November 2006 übersandt worden sei. Auch habe die Beigeladene ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Der Widerspruch sei aber nicht begründet. Ob die Klägerin im Widerspruchsverfahren auf den Nachbarwiderspruch der Beigeladenen zu 2 hin ihr Verfahrenswahlrecht nach Art. 83 Abs. 1 BayBO wirksam habe ausüben können, könne dahingestellt bleiben. Selbst wenn man nämlich davon ausginge, dass Abstandsflächenrecht noch zu prüfen sei, läge ein Verstoß gegen Nachbarrechte der Beigeladenen zu 2 nicht vor. Zwar müssten die Balkone, die wegen ihrer Maße hier nicht mehr als untergeordnete Bauteile im Sinn des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2b BayBO einzustufen seien, grundsätzlich eigene Abstandsflächen einhalten. Da die fiktive Außenwand der Balkone aber bereits auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 liege, seien die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht erfüllt. Vielmehr liege ein Verstoß gegen das Überdeckungsverbot nach Art. 6 Abs. 3 BayBO vor. Zwar sei eine erforderliche Abweichung insoweit nicht erteilt worden. Ob der Nachbar hierdurch in seinen Rechten verletzt werde, sei aber nach der gesetzgeberischen Wertung in Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO zu beurteilen. Eine Abweichung sei im Hinblick auf den Schutzzweck des Abstandsflächenrechts hier vertretbar. Eine atypische Situation sei gegeben, weil die Grundstücke im dicht bebauten innerstädtischen Bereich mit zum Teil historischer Bausubstanz lägen und weil die Situation durch eine Grundstücksteilung entstanden sei, als das Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin bereits errichtet gewesen sei. Die Zulassung der Abweichung sei mit den Nachbarbelangen und mit öffentlichen Belangen vereinbar. Gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts werde nicht verstoßen, weil die im Bebauungsplan Nr. 435 festgesetzten Baugrenzen nicht dem Nachbarschutz dienten. Das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt.

5. Gegen dieses Urteil richtet sich die mit Beschluss des Senats vom 7. Dezember 2012 (15 ZB 12.838) zugelassene Berufung der Beigeladenen zu 2. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Angesichts der erheblichen Maßabweichungen der tatsächlichen Ausführung der Balkone von der Baugenehmigung stelle sich die Frage, ob diese überhaupt noch wirksam sei. Jedenfalls sei der Widerspruchsbescheid rechtmäßig, weil die Baugenehmigung nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verletze. Auch unter Zugrundelegung des neuen Rechts müsse eine Überprüfung der mit der Baugenehmigung zugleich erteilten Abweichung vorgenommen werden, damit diese nicht bestandskräftig werde. Eine Abweichung sei erforderlich, soweit sich die Abstandsflächen der Balkone auf das Grundstück der Beigeladenen zu 2 erstreckten. Die Klägerin könne abstandsflächenrechtlich nicht besser gestellt werden, weil sie die Balkone teilweise auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 errichtet habe. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung seien nicht erfüllt, weil weder eine atypische Grundstücksituation vorliege noch eine Abweichung mit den nachbarlichen Belangen vereinbar sei. Das Verwaltungsgericht verkenne vor allem, dass von den sich überdeckenden Abstandsflächen jedenfalls die Abstandsfläche vor dem Gebäude der Beigeladenen zu 2 vollständig auf dem eigenen Grundstück liege.

Die Beigeladene zu 2 beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Januar 2012 zu ändern und die Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 15. Dezember 2009 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Baugenehmigung sei infolge der planabweichenden Errichtung der Balkone nicht erloschen. Sollten die Balkone tatsächlich 30 cm tiefer ausgeführt worden sein als beantragt, liege darin keine wesentliche Abweichung von der Genehmigung. Von einem „aliud“ könne nicht gesprochen werden. Abstandsflächenvorschriften seien nicht verletzt. Selbst wenn die Balkone gegen die Abstandsflächenvorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO verstießen, wäre der Verstoß durch die zugelassene Abweichung geheilt. Das gelte auch für einen Verstoß gegen das Überdeckungsverbot. Eine Verschlechterung der Situation des Grundstücks der Beigeladenen zu 2 würde sich weder im Hinblick auf die Belichtung oder Belüftung noch den Brandschutz ergeben. Der Wohnfriede sei kein vom Abstandsflächenrecht erfasstes Schutzgut mehr. Der Nachbar sei nicht rechtlos gestellt. Zum einen könne er sich an die Zivilgerichte wenden. Zum anderen sei zu prüfen, ob eine Abweichung zugelassen werden könne. Dies sei vom Verwaltungsgericht zutreffend bejaht worden. Maßgeblich sei, dass die Balkone in den Abstandsflächen des Bestandsgebäudes lägen, so dass keine zusätzliche Beeinträchtigung der Belichtungs- und Belüftungssituation gegeben sei. Eine Nachbarrechtsverletzung der Beigeladenen zu 2 sei daher nicht erkennbar.

Der Beklagte stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, die Berufung sei begründet. Der Widerspruchsbescheid sei rechtens. Auch wenn man wegen der Ausübung des Verfahrenswahlrechts durch die Klägerin annehme, dass Abstandsflächenvorschriften nicht mehr Prüfungsgegenstand seien, habe die Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO aufgehoben werden können, weil die Balkone die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhielten. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Balkone Abstandsflächen auf dem Grundstück der Klägerin nicht einhalten müssten, weil die westliche Außenwand des Gebäudes auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 liege, werde nicht geteilt. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO müssten die Abstandsflächen auf dem Baugrundstück selbst liegen. Wegen des Überbaus sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Auf die Frage, ob auch gegen das Überdeckungsverbot verstoßen werde, komme es nicht an. Die zugelassene Abweichung sei unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Abstandsflächenrechts, wozu auch der Wohnfriede zähle, mit den nachbarlichen Belangen unvereinbar.

Die Beigeladene zu 1 stellt ebenfalls keinen Antrag.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vom Beklagten und der Beigeladenen zu 1 vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 15. Dezember 2009 zu Unrecht aufgehoben. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid ist bereits unzulässig (I.), sie wäre aber auch unbegründet (II.).

I.

Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid ist unzulässig.

Zwar ist die Klage gegen den isolierten Widerspruchsbescheid nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Klägerin fehlt für die Klage aber das Rechtsschutzinteresse.

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt im Regelfall vor und bedarf nur in besonderen Fällen der Begründung. Wenn die Rechtsordnung ein materielles (Abwehr-)Recht gewährt, spricht sie in aller Regel auch demjenigen, den sie als Inhaber dieses Rechts ansieht, das Interesse an einem gerichtlichen Schutz dieses Rechts zu. Das Bedürfnis für einen Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz fehlt aber dann, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts für den Rechtsschutzsuchenden nutzlos erscheint, weil die begehrte gerichtliche Entscheidung offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. BVerwG, U. v. 22.2.2012 - 6 C 11.11 - BVerwGE 142, 48 Rn. 27; Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 335 m. w. N.).

So liegen die Dinge hier. Die Klägerin kann durch die Aufhebung des Widerspruchsbescheids und das damit verbundene Wiederaufleben der streitgegenständlichen Baugenehmigung ihre Rechtsstellung in keiner Weise verbessern, weil sich die Baugenehmigung infolge ihres „Tekturantrags“ vom 6. Juli 2006 und der planabweichenden Ausführung des Vorhabens im Herbst 2006 entsprechend diesem Antrag gemäß Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG „auf andere Weise“ erledigt und damit ihre Wirksamkeit verloren hat.

1. Nach den Umständen des Verfahrens ist anzunehmen, dass die Klägerin mit ihrem „Tekturantrag“ vom 6. Juli 2006 auf die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 verzichtet hat. Dies ergibt sich nicht nur aus der planabweichenden Realisierung des Vorhabens entsprechend diesem Antrag, sondern vor allem auch aus dem Inhalt des „Tekturantrags“ selbst. Aus diesem geht eindeutig hervor, dass sie die bisherige Planung nicht aufrechterhalten wollte und konnte. Die Klägerin hat mit dem „Tekturantrag“ vollständig neu gefertigte Planzeichnungen vorgelegt und unter Beifügung der Erklärung des Ingenieurbüros für Tragwerksplanung vom 5. Juli 2006, aus der sich ergibt, dass sich die ursprünglich geplante Konstruktion als nicht durchführbar erwiesen hat, ausdrücklich erklärt, dass „die bisher geplante hängende Wandkonstruktion verworfen wird“. Damit hat sie eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie die neue Planung nicht alternativ neben der ursprünglichen Planung bestehen lassen wollte, um etwa zu einem späteren Zeitpunkt von einem Wahlrecht unter verschiedenen Planungen Gebrauch machen zu können, sondern dass sie das ursprüngliche Vorhaben nicht mehr ausführen will und kann. Darin liegt ein (konkludenter) Verzicht auf die Rechte aus der Baugenehmigung, mit der Folge, dass diese nach Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG unwirksam geworden ist.

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung des Widerspruchsbescheids besteht auch nicht deswegen, weil das ausgeführte Vorhaben der Klägerin nur als „Tektur“ des genehmigten Vorhabens und nicht als ein anderes Vorhaben („aliud“) einzustufen wäre, so dass der Klägerin noch ein Interesse an der Aufrechterhaltung der ursprünglichen Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 als Grundlage für eine diesen Bescheid ergänzende „Tekturgenehmigung“ zugesprochen werden könnte. Denn zum einen würde das nichts daran ändern, dass die Klägerin mit ihrem Tekturantrag und der Erklärung vom 5. Juli 2006 auf die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 verzichtet hat (vgl. BayVGH, B. v. 11.4.2006 - 15 ZB 06.424 - juris Rn. 4). Zum anderen kann der Antrag vom 6. Juli 2006 nicht mehr nur als geringfügige, das Bauvorhaben in seinen Grundzügen nicht berührenden Änderungen und die „Identität des Vorhabens“ wahrende „Tektur“ angesehen werden. Vielmehr stellten sich die neuen Balkone im Verhältnis zur ursprünglichen Konstruktion als ein anderes Vorhaben („aliud“) dar, welches nunmehr aus Gründen der Standsicherheit (vgl. Art. 10 Satz 1 BayBO) eine Abstützung der Balkone mit insgesamt vier bis auf den Erdboden reichenden, seitlich angebrachten Stützen anstelle der an jeder Balkonbodenplatte seitlich nach oben in die Hauswand führenden „Hänger“ erfordert und dadurch ein auf den ersten Blick ins Auge fallendes, neues Erscheinungsbild mit aufgeständerten anstatt nur auskragenden Balkonen entstehen lässt (zur Abgrenzung Tektur- und Änderungsantrag vgl. BayVGH, B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl. 2007, 758 = juris Rn. 31 ff.; OVG BB, U. v. 14.11.2012 - 2 B 3.11 - juris Rn. 57; NdsOVG, B. v. 16.6.2014 - 1 ME 70/14 - BauR 2014, 1762 = juris Rn. 11 f.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 18 f.).

II.

Selbst wenn man aber annehmen würde, dass für die Klage noch ein Rechtsschutzbedürfnis bestünde, wäre sie jedenfalls unbegründet. Die Aufhebung der Baugenehmigung durch den Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 15. Dezember 2009 ist zu Recht erfolgt. Der Nachbarwiderspruch der Beigeladenen zu 2 gegen die Baugenehmigung war zulässig und begründet.

1. Der Widerspruch war zulässig.

Die Beigeladene zu 2 hatte ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids vom 2. Februar 2004, obwohl dieser infolge des Verzichts der Klägerin nach Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG wirkungslos geworden ist. Denn die Klägerin beruft sich, wie auch der vorliegende Rechtsstreit zeigt, noch auf die Wirksamkeit des Bescheids. Da mit dem Bescheid zulasten der Beigeladenen zu 2 eine Abweichung vom Erfordernis zugelassen wurde, dass vor der westlichen (fiktiven) Außenwand der Balkone Abstandsflächen freizuhalten sind und diese auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen (Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO), wird aufgrund der Feststellungswirkung einer Baugenehmigung (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO) zumindest der Rechtsschein erweckt, dass durch das Bauvorhaben Abstandsflächenvorschriften zum Nachteil der Beigeladenen zu 2 nicht verletzt sind. An der Beseitigung dieses Rechtsscheins hatte die Beigeladene zu 2 ein rechtlich geschütztes Interesse.

Dass der Widerspruch nicht deswegen unzulässig war, weil die Beigeladene zu 2 mit der Unterschrift ihres Verwalters auf dem genehmigten „Eingabeplan“ dem Bauvorhaben nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayBO 1998 (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zugestimmt und damit auf ihre öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte verzichtet hätte (vgl. BayVGH Großer Senat, B. v. 3.11.2005 - 2 BV 04.1756 u. a. - BayVBl 2006, 246 = juris Rn. 10), hat das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt (vgl. Urteilsabdruck Rn. 39). Hierauf wird Bezug genommen (§ 130b Satz 2 VwGO). Gleiches gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Widerspruchsfrist nach § 70 VwGO gewahrt wurde (vgl. Urteilsabdruck Rn. 40 f.) und dass die Beigeladene zu 2 ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt hat (vgl. Urteilsabdruck Rn. 42 bis 44). Diese Ausführungen werden von den Beteiligten im Berufungsverfahren auch nicht mehr infrage gestellt.

2. Der Widerspruch war auch begründet.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine Baugenehmigung Rechte des Nachbarn verletzt, ist auch beim Nachbarwiderspruch grundsätzlich der Erlass des Ausgangsbescheids, nicht des Widerspruchsbescheids. Nach diesem Zeitpunkt eingetretene Änderungen der Sach- oder Rechtslage werden nur berücksichtigt, wenn sie sich zugunsten des Bauherrn auswirken, weil einem Bauherrn die Rechtsposition, die er mit Erteilung der Baugenehmigung erlangt hat, auch in einem Widerspruchsverfahren nicht wieder entzogen werden darf. Denn es wäre mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich wieder erteilt werden müsste (vgl. BVerwG, U. v. 20.8.2008 - 4 C 11/07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 21; B. v. 8.11.2010 - 4 B 43/10 - ZfBR 2011, 164 = juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 18.10.2005 - 1 ZB 04.1597 - juris Rn. 17 m. w. N.; B. v. 24.4.2014 - 15 ZB 13.1167 - Rn. 21). Im Zeitpunkt ihres Erlasses war die Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998 materiell rechtswidrig (vgl. dazu unten a). Aber auch dann, wenn man die Baugenehmigung zu einem späteren Zeitpunkt beurteilt, ergibt sich deren Rechtswidrigkeit (vgl. dazu unten b).

a) Zum Zeitpunkt des Erlasses der Baugenehmigung war diese materiell rechtswidrig, weil das Vorhaben die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen zur westlichen Grundstücksgrenze auf dem Baugrundstück nicht einhielt (Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998) und eine dafür erforderliche Abweichung (Art. 70 Abs. 1 BayBO 1998) nicht erteilt wurde.

Für das Vorhaben war eine sog. abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung erforderlich. Die Balkone sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine untergeordneten Bauteile im Sinne des Art. 6 Abs. 3 Satz 7 BayBO 1998 (vgl. auch Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO), die für sich genommen abstandsflächenrechtlich irrelevant wären. Aufgrund der baulichen Verbindung mit dem Hauptgebäude war die abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens jedoch nicht isoliert allein für die Abstandsflächen vor den Balkonen, sondern vor der westlichen Außenwand des O.hauses insgesamt zu prüfen (zur Frage der abstandflächenrechtlichen Neubeurteilung in Fällen des Anbaus an ein Bestandsgebäude vgl. BayVGH, U. v. 20.12.1988 - 20 B 88.00137 - BayVBl 1989, 721; U. v. 12.7.1999 - 14 B 95.2069 - juris; U. v. 20.2.1990 - 14 B 88.02464 - BayVBl 1990, 500; vgl. auch B. v. 15.1.2007 - 15 ZB 06.1361 - juris Rn. 4). Die Tiefe dieser Abstandsfläche beträgt nach den Eintragungen in den Bauvorlagen der Klägerin 11,16 m. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998 sind erfüllt, weil die westliche Außenwand des (Haupt)Gebäudes nur ca. 1 m von der Grundstücksgrenze entfernt liegt, obwohl nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BayBO eine Abstandsflächentiefe von 11,16 m eingehalten werden müsste. Dass eine (rechtsfehlerhafte) Abweichung nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 70 Abs. 1 BayBO 1998 isoliert nur für die vor der (fiktiven) Außenwand der Balkone erteilt wurde, ist insoweit unerheblich. Auf die Frage, ob auch ein Verstoß gegen das Überdeckungsverbot des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO 1998 (Art. 6 Abs. 3 BayBO 2008) vorliegt, kommt es nicht mehr an (vgl. dazu aber BayVGH, B. v. 14.1.2009 - 1 ZB 08.97 - BayVBl. 2009, 694 = juris Ls und Rn. 27; Molodovsky/Kraus in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand: April 2014, Art. 6 Rn. 104).

Durch den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998 wurden die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beigeladenen zu 2 verletzt. Diesen Vorschriften kommt Nachbarschutz zu (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.1992 - 14 B 90.856 - BauR 1992, 605 = juris Rn. 14). Ob von den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO eine (im Ermessen der Behörde stehende) Abweichung zugelassen hätte werden können, ist - anders als das Verwaltungsgericht mit seinen Ausführungen zu Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO (vgl. Urteilsabdruck Rn. 67 ff.) offenbar meint - für die Frage der Rechtsverletzung schon deswegen ohne Belang, weil eine solche Abweichung nicht erteilt wurde.

Die Beigeladene zu 2 konnte sich auf diese Rechtsverletzung auch berufen. Ein Nachbar kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber einer Baugenehmigung grundsätzlich nur dann nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück den Anforderungen dieser Vorschrift nicht entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - IBR 2011, 303 = juris Rn. 37; B. v. 23.12.2013 - 15 CS 13.2479 - juris Rn. 13; VGH BW B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - BRS 71 Nr. 181 = juris Rn. 4; B. v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10 - juris Rn. 5; OVG NW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2057/12 - juris Rn. 39). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil das Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 bei Anwendung des 16-m-Privilegs die Abstandsflächen zur östlichen Grundstücksgrenze in vollem Umfang einhält und bei einer Abstandsflächentiefe von 1 H nur geringfügig überschreitet, so dass sich keine „Gleichwertigkeit“ in den beiderseitigen Abweichungen von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts feststellen lässt.

b) Beurteilt man die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung zu einem späteren Zeitpunkt und berücksichtigt zugunsten der Klägerin insbesondere die Erklärung nach Art. 83 Abs. 1 BayBO 2008 vom 21. September 2009 zum Verfahrenswahlrecht, welches ohne Weiteres auch noch im Widerspruchsverfahren ausgeübt werden konnte (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Art. 83 Rn. 5a), ergäbe sich für sie keine günstigere Rechtslage. Denn zu diesem Zeitpunkt war infolge des „Tekturantrags“ vom 6. Juli 2006 und der entsprechenden Ausführung des Vorhabens die Baugenehmigung bereits nach Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG unwirksam geworden (vgl. oben I. 1.), so dass die Erklärung insoweit ins Leere ging.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Beigeladene hat zu 1 hat keinen Antrag gestellt, so dass ihr keine Kosten auferlegt werden können (§ 154 Abs. 3 VwGO). Es besteht aber auch keine Veranlassung, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren durch die Beigeladene zu 2 war notwendig (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zu 1).

2

Sie ist Eigentümerin des Grundstückes T.straße … in B.. Gegenüber befindet sich das Grundstück T.str. … der Beigeladenen zu 2) bis 5). Für den Um- und Ausbau des dortigen Gewölbekellers erteilte der Beklagte am 3. September 1968 eine Baugenehmigung. In den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen ist der Betrieb als Diskothek mit dem Namen „A.“ bezeichnet. Der Diskothekenbetrieb wurde eingestellt, nachdem der 10-jährige Pachtvertrag mit dem Pächter R. nach seinem Ablauf 1992 nicht weiter verlängert worden war. Die Verbandsgemeinde B. erteilte am 23. September 2010 dem Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen in den Räumen der ehemaligen Diskothek „A.“. Bald nach der Eröffnung wurden Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärms und anderer Belästigungen laut. Die Klägerin und andere Nachbarn forderten von dem Beklagten ein Einschreiten gegen den Beigeladenen zu 1). Es handele sich um einen Diskothekenbetrieb, der in dem vorhandenen Wohngebiet nicht zulässig sei.

3

Mit Bescheid vom 28. März 2011 lehnte der Beklagte es ab, die Nutzung der Gaststätte baurechtlich zu untersagen. Die Nutzung als Diskothek sei mit Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Genehmigung sei nach wie vor wirksam. Eine bloße Nutzungsunterbrechung führe, insbesondere bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der Anlage, nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung, zumal im Baurecht keine Rechtspflicht zur Nutzung eines genehmigten Gebäudes bestehe. Im Übrigen sei der Diskothekenbetrieb in dem vorhandenen Mischgebiet allgemein zulässig.

4

Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 zurück.

5

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben: Die Baugenehmigung umfasse nicht die Nutzung als Diskothek. Jedenfalls sei die Genehmigung wegen der langen Nutzungsunterbrechung nicht mehr wirksam. Die Diskothek sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die weder in einem Mischgebiet noch in dem hier tatsächlich vorhandenen Wohngebiet zulässig sei. Der Beigeladene zu 4) hat ausgeführt, eine Aufgabe der Nutzung sei nie geplant gewesen. Das Verwaltungsgericht hat über die Nutzung zwischen 1990 und 2010 Beweis erhoben durch Anhörung des früheren Betreibers der Diskothek und zweier Nachbarn.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einschreiten zu. Das Vorhaben sei formal legal, denn die Nutzung als Diskothek sei mit dem Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Nutzung sei Gegenstand der genehmigten Bauunterlagen. Die erteilte Genehmigung wirke auch trotz der langjährigen Nutzungsunterbrechung bis heute fort. Eine endgültige Aufgabe der Nutzung oder ein Verzicht auf die Genehmigung sei nicht feststellbar. Die Vermutung, nach längerer Nichtnutzung sei von einer endgültigen Aufgabe der Nutzung auszugehen, sei durch die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) widerlegt, der in überzeugender und nachvollziehbarer Weise geschildert habe, weshalb der Gewölbekeller über eine längere Zeit nicht dauerhaft verpachtet worden sei. Ein schlichter Leerstand von Wohn- und Geschäftsräumen sei noch kein Indiz für eine beabsichtigte Nutzungsaufgabe. Besondere Umstände, die eine endgültige Aufgabe der Nutzung belegen könnten, seien nicht erkennbar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wann eine Baugenehmigung bei längerer Nutzungsunterbrechung wirkungslos werde, sei aber die Berufung zuzulassen.

7

Die Klägerin hat Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet: Die Nutzungsunterbrechung zwischen 1992 und 2010 sei nur dadurch zu erklären, dass die damalige Eigentümerin die Nutzung nicht habe fortführen wollen. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) könnten entgegen der Meinung des Gerichts die Nutzungsunterbrechung nicht ausreichend begründen. Der Beigeladene zu 4) sei nicht entscheidungsbefugt gewesen, sondern nur seine Mutter als Eigentümerin. Deren Absichten würden aus der Darstellung des Zeugen Radtke deutlich, der ausgesagt habe, er habe alles entfernen müssen, was er für den Diskothekenbetrieb eingebracht habe, sogar die von ihm verlegten Fliesen. Bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 seien keine Anstalten gemacht worden, die Nutzung als Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung des Beigeladenen zu 4), es habe sich kein Pächter gefunden, der den Vorstellungen seiner Mutter entsprochen habe, sei so zu verstehen, dass die Mutter des Beigeladenen zu 4) nicht an eine Fortsetzung des Diskothekenbetriebes gedacht habe. Es stehe im Widerspruch zu der Erklärung des Beigeladenen zu 4), das Grundstück habe stets der Existenzsicherung der Familie dienen sollen, wenn es von 1992 bis 2010 ungenutzt geblieben sei. Auf die Vorstellungen des Beigeladenen zu 4), die er 18 Jahre lang gegenüber seiner Mutter als Eigentümerin nicht habe durchsetzen können, komme es nicht an. Das Landesrecht enthalte Vorgaben zur Geltungsdauer einer Baugenehmigung, nach denen die Baugenehmigung keine Wirkungen mehr entfalte. Danach erlösche eine Baugenehmigung, wenn die Ausführung des Vorhabens vier Jahre lang unterbrochen worden sei, wobei eine Fristverlängerung um vier Jahre möglich sei. Dies müsse bei der Beurteilung der Aufgabe der Nutzung über 18 Jahre hinweg berücksichtigt werden. Es sei nicht dargetan worden, welche konkreten Anstalten getroffen worden seien, den Betrieb der Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung, die Verpachtung habe sich schwierig gestaltet, sei nicht ausreichend. Erschwerend komme hinzu, dass die Gebietsstruktur sich während der Nutzungsunterbrechung verändert habe. Die Umgebung sei nun durch eine reine Wohnnutzung geprägt, so dass der Betrieb einer Diskothek nicht zulässig sei. Jedenfalls beziehe sich die Baugenehmigung nur auf das damals genehmigte Vorhaben, das sich ausschließlich auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … beschränke und die Nutzung des Flurstücks Nr. … gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht erfasse, von dem sämtliche störenden Immissionen ausgingen. Hier befinde sich der Ein- und Ausgangsbereich, im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption, die dafür das Flurstück Nr. … vorgesehen habe.

8

Der Kläger beantragt,

9

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Diskothek „D.“, T.straße, B. zu untersagen,
hilfsweise
2. den Betrieb der Diskothek „D.“, T,straße, B. zu untersagen, soweit nicht durch Bauschein vom 03.09.1968 auf dem Grundstück Flur …, Parzellen Nr. … und … genehmigt.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Das Verwaltungsgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nicht von einem Wegfall des Interesses an der Nutzung der genehmigten Diskothek ausgegangen werden könne. Der Diskothekenbetrieb sei nicht beschränkt auf bestimmte Parzellen erteilt worden, sondern für das gesamte Bauvorhaben.

13

Die Beigeladenen zu1) bis 5) haben keinen Antrag gestellt.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

16

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

17

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Betrieb der Diskothek „D.“ in der T.straße … ganz oder teilweise untersagt.

18

Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen.

19

Die Bauaufsichtsbehörde kann die Benutzung von Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen (§ 81 Abs. 1 LBauO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wie sich aus der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. September 1968 ergibt. Diese enthält die Feststellung, dass dem genehmigten Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf die Nutzung als Diskothek und ist nicht erloschen oder unwirksam geworden. Sie erfasst die Nutzung der genehmigten Anlagen für den Betrieb einer Diskothek, und zwar auch, soweit sie sich auf dem Flurstück Flur … Nr. … gegenüber dem Anwesen der Klägerin befinden.

20

Die Nutzung für eine Diskothek ist Gegenstand der Baugenehmigung. Zwar wird ausdrücklich nur die Genehmigung erteilt, „den Gewölbekeller um- und auszubauen“. Allerdings wird auf die beiliegenden, mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauunterlagen verwiesen. Zu diesen Bauunterlagen gehören die Baubeschreibung mit der Überschrift „Diskothek A.“, die Bauzeichnung, in der das Bauvorhaben als „Diskothek A.“ bezeichnet ist, sowie die „statische Berechnung zum Bau einer Diskothek“. Mit dem Begriff Diskothek ist die zugelassene Nutzung ausreichend bestimmt beschrieben.

21

Die Genehmigung für die Nutzung als Diskothek bezieht sich auch nicht nur auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … . Zwar sind nur diese Flurstücke im Bauschein ausdrücklich genannt. Die Anlagen, auf die sich der Bauantrag bezieht, sind jedoch in dem Lageplan mit roter Schraffur gekennzeichnet. In der Bauzeichnung sind die Toiletten, der Eingang und der Zugang in einer Lage dargestellt, die dem Flurstück Flur … Nr. … entspricht.

22

Diese Baugenehmigung ist nicht erloschen oder unwirksam geworden.

23

Die Landesbauordnung sieht ein Erlöschen der Baugenehmigung nur vor, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist (§ 74 LBauO). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte, vielmehr erfolgte hier eine Unterbrechung der Nutzung als Diskothek erst nach der Ausführung des Vorhabens, also nachdem das Vorhaben den genehmigten Ausbauzustand erreicht hatte. Während etwa § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorsieht, dass die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird, gibt es in der LBauO keine entsprechende Regelung.

24

Eine analoge Anwendung von § 74 LBauO auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nach Ausführung des Vorhabens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer unbeabsichtigten Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen begründet eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz, als eine, deren Ausführung sich verzögert. Danach kommt nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Frage, dass insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar erklärt. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

25

Diese landesrechtlichen Regelungen bestimmen den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtspositionen genießt und damit den Inhalt des Eigentums. Daneben ist kein Raum für einen Bestandsschutz, der unmittelbar auf § 14 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird (BVerwG, Urteil vom 7. November 1997 - 4 C 7.97 -, juris, Rn. 23). Das vom Bundesverwaltungsgericht für den Bestandsschutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell findet daher auf genehmigte Bauvorhaben keine Anwendung (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 174 und juris, Rn. 31 f. m. w. N.; Gatz, juris-Praxisreport zu BVerwG, Beschluss vom 5.Juni 2007 – 4 B 20/07 -).

26

Die Baugenehmigung ist nicht durch die Einstellung der Nutzung als Diskothek durch den Pächter A. R. und die Entfernung der von ihm eingebrachten Ausstattung im Jahr 1992 und die anschließende Nutzungsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme der Nutzung 2010 auf andere Weise erledigt.

27

Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er durch einen Wegfall des Berechtigten oder des Regelungsobjekts oder auch durch Verzicht des Berechtigten auf die Wahrnehmung seiner Rechte seine regelnde Wirkung verliert sowie wenn die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass er gegenstandslos ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 43 Rn. 41 f.).

28

Eine solche Erledigung ist hier nicht eingetreten. Der Berechtigte ist nicht weggefallen, vielmehr sind nunmehr die Beigeladenen zu 2) bis 5) als Rechtsnachfolger des Adressaten der Baugenehmigung berechtigt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO). Das Regelungsobjekt ist nicht weggefallen, denn die genehmigten Anlagen sind nicht untergegangen oder dauerhaft unbrauchbar geworden. Zwar waren sie Überschwemmungen ausgesetzt, es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, damit keine bleibenden Schäden entstanden. Die Wiederaufnahme des Diskothekenbetriebs im Jahr 2010 belegt, dass sie aufgrund der Nutzungsunterbrechung nicht unbrauchbar geworden sind. Auch eine Erledigung dadurch, dass die Beteiligten den Verwaltungsakt übereinstimmend als obsolet ansehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1988, 729 f.), ist nicht eingetreten.

29

Insbesondere hat auch der Berechtigte nicht auf die Nutzung als Diskothek verzichtet.

30

Die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5), die als Grundstückseigentümerin und damit Rechtsnachfolgerin des Genehmigungsadressaten Ulrich Wehr bis zu ihrem Tode 2009 durch die Baugenehmigung berechtigt war, hat unstreitig nicht ausdrücklich auf ihre Rechte verzichtet.

31

Ein Verzicht auf die Nutzung als Diskothek lässt sich auch nicht schlüssig aus ihrem Verhalten herleiten. Ein konkludenter Verzicht wäre nur anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass sie endgültig auf eine Nutzung als Diskothek verzichten wollte. Der Verzicht auf die durch eine Baugenehmigung genehmigte Nutzung bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies gilt besonders dann, wenn eine neue Genehmigung, wie die Klägerin meint, nicht erteilt werden dürfte. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (vgl. VGH BW a.a.O., BayVGH, Urteil vom 1. Februar 2007 – 2 B 05.2470 –, BRS 71 Nr. 112 und juris, Rn 21 f.) Dies ist hier nicht mit ausreichender Deutlichkeit der Fall.

32

Für einen Verzicht spricht nicht, dass der Diskothekenbetrieb 1992 eingestellt wurde. Nach der Darstellung des Pächters hat dieser den Betrieb eingestellt, weil sich ein Nachbar bei ihm beschwert und gedroht habe, die Schließung der Diskothek zu betreiben. Selbst wenn die Berechtigte die Einstellung des Betriebes befürwortet und unterstützt hätte, ließe sich diesem Verhalten noch kein endgültiger Verzicht auf eine Nutzung als Diskothek entnehmen. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sie den Pächter veranlasst hat, die von ihm eingebrachte Ausstattung der Diskothek zu entfernen und sogar die von ihm zur Erweiterung der Tanzfläche verlegten Fliesen abzuschlagen. Bei dieser Ausstattung handelt es sich um gebrauchte Tische und Stühle, die der Pächter bereits 1982 von seinem Vorgänger übernommen hatte und die von ihm installierte Diskothekenausstattung mit Musikanlage und Lichteffekten. Soweit Fliesen entfernt wurden, waren diese für den Diskothekenbetrieb nicht erforderlich. Nach ihrer Entfernung kam der ursprüngliche Untergrund, ein Fußbodenbelag aus Marmor, wieder zum Vorschein. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er diese Fliesen nicht habe ersetzen müssen, um den Diskothekenbetrieb wieder aufnehmen zu können. Somit wurde durch das Verlangen der Verpächterin auf Entfernung der eingebrachten Anlagen die zukünftige Nutzung als Diskothek nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert. Es kann daher nicht als Hinweis auf einen Verzicht auf eine zukünftige Diskothekennutzung gewertet werden.

33

Ein Verzicht ist auch nicht darin zu sehen, dass die Wiederaufnahme der Nutzung als Diskothek erst nach einer Unterbrechung von etwa 18 Jahren und dem Tode der damaligen Eigentümerin erfolgt ist.

34

Eine Verpflichtung, eine genehmigte Nutzung ohne Unterbrechung fortzuführen, folgt aus der Baugenehmigung nicht. Das jahrelange Unterlassen der genehmigten Nutzung verstößt allerdings in der Regel gegen die Interessen des Berechtigten, so dass es durchaus die Frage aufwirft, ob noch ein Nutzungsinteresse besteht. Es gibt jedoch andererseits überzeugende Gründe dafür, eine Diskothekennutzung auch für längere Zeit zu unterlassen, ohne auf sie für immer verzichten zu wollen. Ein solcher Grund kann hier im Mangel an Pachtinteressenten für eine Diskothekennutzung oder in der kritischen Einstellung der Berechtigten zu den in Frage kommenden Pachtinteressenten liegen. Darauf hat der Beigeladene zu 4) die Dauer der Nutzungsunterbrechung zurückgeführt. Ein Grund kann aber auch das persönliche Verhältnis zu Nachbarn sein, mit denen man Streit vermeiden möchte, ohne aber deshalb gleich für immer und auch für Rechtsnachfolger auf eine Diskothekennutzung verzichten zu wollen. Auch eine altersbedingte Passivität und Entscheidungsscheu kann die Dauer der Nutzungsunterbrechung erklären. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass, wie die Klägerin meint, die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5) keine Diskothekennutzung mehr gewünscht habe und erst nach ihrem Tod diese Nutzung wieder erneut angestrebt wurde. Vielmehr wurde noch vor ihrem Tod ein Pächter gefunden, der zumindest vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme des Betriebes durchführte, wenn auch der Diskothekenbetrieb erst nach ihrem Tod 2009 durch einen neuen Pächter, den Beigeladenen zu 1), auf der Grundlage der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 23. September 2010 wieder aufgenommen wurde.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es wäre unbillig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

36

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ZPO.

37

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

38

Beschluss

39

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zu 1).

2

Sie ist Eigentümerin des Grundstückes T.straße … in B.. Gegenüber befindet sich das Grundstück T.str. … der Beigeladenen zu 2) bis 5). Für den Um- und Ausbau des dortigen Gewölbekellers erteilte der Beklagte am 3. September 1968 eine Baugenehmigung. In den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen ist der Betrieb als Diskothek mit dem Namen „A.“ bezeichnet. Der Diskothekenbetrieb wurde eingestellt, nachdem der 10-jährige Pachtvertrag mit dem Pächter R. nach seinem Ablauf 1992 nicht weiter verlängert worden war. Die Verbandsgemeinde B. erteilte am 23. September 2010 dem Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen in den Räumen der ehemaligen Diskothek „A.“. Bald nach der Eröffnung wurden Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärms und anderer Belästigungen laut. Die Klägerin und andere Nachbarn forderten von dem Beklagten ein Einschreiten gegen den Beigeladenen zu 1). Es handele sich um einen Diskothekenbetrieb, der in dem vorhandenen Wohngebiet nicht zulässig sei.

3

Mit Bescheid vom 28. März 2011 lehnte der Beklagte es ab, die Nutzung der Gaststätte baurechtlich zu untersagen. Die Nutzung als Diskothek sei mit Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Genehmigung sei nach wie vor wirksam. Eine bloße Nutzungsunterbrechung führe, insbesondere bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der Anlage, nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung, zumal im Baurecht keine Rechtspflicht zur Nutzung eines genehmigten Gebäudes bestehe. Im Übrigen sei der Diskothekenbetrieb in dem vorhandenen Mischgebiet allgemein zulässig.

4

Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 zurück.

5

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben: Die Baugenehmigung umfasse nicht die Nutzung als Diskothek. Jedenfalls sei die Genehmigung wegen der langen Nutzungsunterbrechung nicht mehr wirksam. Die Diskothek sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die weder in einem Mischgebiet noch in dem hier tatsächlich vorhandenen Wohngebiet zulässig sei. Der Beigeladene zu 4) hat ausgeführt, eine Aufgabe der Nutzung sei nie geplant gewesen. Das Verwaltungsgericht hat über die Nutzung zwischen 1990 und 2010 Beweis erhoben durch Anhörung des früheren Betreibers der Diskothek und zweier Nachbarn.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einschreiten zu. Das Vorhaben sei formal legal, denn die Nutzung als Diskothek sei mit dem Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Nutzung sei Gegenstand der genehmigten Bauunterlagen. Die erteilte Genehmigung wirke auch trotz der langjährigen Nutzungsunterbrechung bis heute fort. Eine endgültige Aufgabe der Nutzung oder ein Verzicht auf die Genehmigung sei nicht feststellbar. Die Vermutung, nach längerer Nichtnutzung sei von einer endgültigen Aufgabe der Nutzung auszugehen, sei durch die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) widerlegt, der in überzeugender und nachvollziehbarer Weise geschildert habe, weshalb der Gewölbekeller über eine längere Zeit nicht dauerhaft verpachtet worden sei. Ein schlichter Leerstand von Wohn- und Geschäftsräumen sei noch kein Indiz für eine beabsichtigte Nutzungsaufgabe. Besondere Umstände, die eine endgültige Aufgabe der Nutzung belegen könnten, seien nicht erkennbar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wann eine Baugenehmigung bei längerer Nutzungsunterbrechung wirkungslos werde, sei aber die Berufung zuzulassen.

7

Die Klägerin hat Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet: Die Nutzungsunterbrechung zwischen 1992 und 2010 sei nur dadurch zu erklären, dass die damalige Eigentümerin die Nutzung nicht habe fortführen wollen. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) könnten entgegen der Meinung des Gerichts die Nutzungsunterbrechung nicht ausreichend begründen. Der Beigeladene zu 4) sei nicht entscheidungsbefugt gewesen, sondern nur seine Mutter als Eigentümerin. Deren Absichten würden aus der Darstellung des Zeugen Radtke deutlich, der ausgesagt habe, er habe alles entfernen müssen, was er für den Diskothekenbetrieb eingebracht habe, sogar die von ihm verlegten Fliesen. Bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 seien keine Anstalten gemacht worden, die Nutzung als Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung des Beigeladenen zu 4), es habe sich kein Pächter gefunden, der den Vorstellungen seiner Mutter entsprochen habe, sei so zu verstehen, dass die Mutter des Beigeladenen zu 4) nicht an eine Fortsetzung des Diskothekenbetriebes gedacht habe. Es stehe im Widerspruch zu der Erklärung des Beigeladenen zu 4), das Grundstück habe stets der Existenzsicherung der Familie dienen sollen, wenn es von 1992 bis 2010 ungenutzt geblieben sei. Auf die Vorstellungen des Beigeladenen zu 4), die er 18 Jahre lang gegenüber seiner Mutter als Eigentümerin nicht habe durchsetzen können, komme es nicht an. Das Landesrecht enthalte Vorgaben zur Geltungsdauer einer Baugenehmigung, nach denen die Baugenehmigung keine Wirkungen mehr entfalte. Danach erlösche eine Baugenehmigung, wenn die Ausführung des Vorhabens vier Jahre lang unterbrochen worden sei, wobei eine Fristverlängerung um vier Jahre möglich sei. Dies müsse bei der Beurteilung der Aufgabe der Nutzung über 18 Jahre hinweg berücksichtigt werden. Es sei nicht dargetan worden, welche konkreten Anstalten getroffen worden seien, den Betrieb der Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung, die Verpachtung habe sich schwierig gestaltet, sei nicht ausreichend. Erschwerend komme hinzu, dass die Gebietsstruktur sich während der Nutzungsunterbrechung verändert habe. Die Umgebung sei nun durch eine reine Wohnnutzung geprägt, so dass der Betrieb einer Diskothek nicht zulässig sei. Jedenfalls beziehe sich die Baugenehmigung nur auf das damals genehmigte Vorhaben, das sich ausschließlich auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … beschränke und die Nutzung des Flurstücks Nr. … gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht erfasse, von dem sämtliche störenden Immissionen ausgingen. Hier befinde sich der Ein- und Ausgangsbereich, im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption, die dafür das Flurstück Nr. … vorgesehen habe.

8

Der Kläger beantragt,

9

1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Diskothek „D.“, T.straße, B. zu untersagen,
hilfsweise
2. den Betrieb der Diskothek „D.“, T,straße, B. zu untersagen, soweit nicht durch Bauschein vom 03.09.1968 auf dem Grundstück Flur …, Parzellen Nr. … und … genehmigt.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Das Verwaltungsgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nicht von einem Wegfall des Interesses an der Nutzung der genehmigten Diskothek ausgegangen werden könne. Der Diskothekenbetrieb sei nicht beschränkt auf bestimmte Parzellen erteilt worden, sondern für das gesamte Bauvorhaben.

13

Die Beigeladenen zu1) bis 5) haben keinen Antrag gestellt.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

16

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

17

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Betrieb der Diskothek „D.“ in der T.straße … ganz oder teilweise untersagt.

18

Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen.

19

Die Bauaufsichtsbehörde kann die Benutzung von Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen (§ 81 Abs. 1 LBauO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wie sich aus der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. September 1968 ergibt. Diese enthält die Feststellung, dass dem genehmigten Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf die Nutzung als Diskothek und ist nicht erloschen oder unwirksam geworden. Sie erfasst die Nutzung der genehmigten Anlagen für den Betrieb einer Diskothek, und zwar auch, soweit sie sich auf dem Flurstück Flur … Nr. … gegenüber dem Anwesen der Klägerin befinden.

20

Die Nutzung für eine Diskothek ist Gegenstand der Baugenehmigung. Zwar wird ausdrücklich nur die Genehmigung erteilt, „den Gewölbekeller um- und auszubauen“. Allerdings wird auf die beiliegenden, mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauunterlagen verwiesen. Zu diesen Bauunterlagen gehören die Baubeschreibung mit der Überschrift „Diskothek A.“, die Bauzeichnung, in der das Bauvorhaben als „Diskothek A.“ bezeichnet ist, sowie die „statische Berechnung zum Bau einer Diskothek“. Mit dem Begriff Diskothek ist die zugelassene Nutzung ausreichend bestimmt beschrieben.

21

Die Genehmigung für die Nutzung als Diskothek bezieht sich auch nicht nur auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … . Zwar sind nur diese Flurstücke im Bauschein ausdrücklich genannt. Die Anlagen, auf die sich der Bauantrag bezieht, sind jedoch in dem Lageplan mit roter Schraffur gekennzeichnet. In der Bauzeichnung sind die Toiletten, der Eingang und der Zugang in einer Lage dargestellt, die dem Flurstück Flur … Nr. … entspricht.

22

Diese Baugenehmigung ist nicht erloschen oder unwirksam geworden.

23

Die Landesbauordnung sieht ein Erlöschen der Baugenehmigung nur vor, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist (§ 74 LBauO). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte, vielmehr erfolgte hier eine Unterbrechung der Nutzung als Diskothek erst nach der Ausführung des Vorhabens, also nachdem das Vorhaben den genehmigten Ausbauzustand erreicht hatte. Während etwa § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorsieht, dass die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird, gibt es in der LBauO keine entsprechende Regelung.

24

Eine analoge Anwendung von § 74 LBauO auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nach Ausführung des Vorhabens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer unbeabsichtigten Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen begründet eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz, als eine, deren Ausführung sich verzögert. Danach kommt nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Frage, dass insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar erklärt. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

25

Diese landesrechtlichen Regelungen bestimmen den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtspositionen genießt und damit den Inhalt des Eigentums. Daneben ist kein Raum für einen Bestandsschutz, der unmittelbar auf § 14 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird (BVerwG, Urteil vom 7. November 1997 - 4 C 7.97 -, juris, Rn. 23). Das vom Bundesverwaltungsgericht für den Bestandsschutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell findet daher auf genehmigte Bauvorhaben keine Anwendung (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 174 und juris, Rn. 31 f. m. w. N.; Gatz, juris-Praxisreport zu BVerwG, Beschluss vom 5.Juni 2007 – 4 B 20/07 -).

26

Die Baugenehmigung ist nicht durch die Einstellung der Nutzung als Diskothek durch den Pächter A. R. und die Entfernung der von ihm eingebrachten Ausstattung im Jahr 1992 und die anschließende Nutzungsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme der Nutzung 2010 auf andere Weise erledigt.

27

Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er durch einen Wegfall des Berechtigten oder des Regelungsobjekts oder auch durch Verzicht des Berechtigten auf die Wahrnehmung seiner Rechte seine regelnde Wirkung verliert sowie wenn die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass er gegenstandslos ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 43 Rn. 41 f.).

28

Eine solche Erledigung ist hier nicht eingetreten. Der Berechtigte ist nicht weggefallen, vielmehr sind nunmehr die Beigeladenen zu 2) bis 5) als Rechtsnachfolger des Adressaten der Baugenehmigung berechtigt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO). Das Regelungsobjekt ist nicht weggefallen, denn die genehmigten Anlagen sind nicht untergegangen oder dauerhaft unbrauchbar geworden. Zwar waren sie Überschwemmungen ausgesetzt, es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, damit keine bleibenden Schäden entstanden. Die Wiederaufnahme des Diskothekenbetriebs im Jahr 2010 belegt, dass sie aufgrund der Nutzungsunterbrechung nicht unbrauchbar geworden sind. Auch eine Erledigung dadurch, dass die Beteiligten den Verwaltungsakt übereinstimmend als obsolet ansehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1988, 729 f.), ist nicht eingetreten.

29

Insbesondere hat auch der Berechtigte nicht auf die Nutzung als Diskothek verzichtet.

30

Die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5), die als Grundstückseigentümerin und damit Rechtsnachfolgerin des Genehmigungsadressaten Ulrich Wehr bis zu ihrem Tode 2009 durch die Baugenehmigung berechtigt war, hat unstreitig nicht ausdrücklich auf ihre Rechte verzichtet.

31

Ein Verzicht auf die Nutzung als Diskothek lässt sich auch nicht schlüssig aus ihrem Verhalten herleiten. Ein konkludenter Verzicht wäre nur anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass sie endgültig auf eine Nutzung als Diskothek verzichten wollte. Der Verzicht auf die durch eine Baugenehmigung genehmigte Nutzung bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies gilt besonders dann, wenn eine neue Genehmigung, wie die Klägerin meint, nicht erteilt werden dürfte. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (vgl. VGH BW a.a.O., BayVGH, Urteil vom 1. Februar 2007 – 2 B 05.2470 –, BRS 71 Nr. 112 und juris, Rn 21 f.) Dies ist hier nicht mit ausreichender Deutlichkeit der Fall.

32

Für einen Verzicht spricht nicht, dass der Diskothekenbetrieb 1992 eingestellt wurde. Nach der Darstellung des Pächters hat dieser den Betrieb eingestellt, weil sich ein Nachbar bei ihm beschwert und gedroht habe, die Schließung der Diskothek zu betreiben. Selbst wenn die Berechtigte die Einstellung des Betriebes befürwortet und unterstützt hätte, ließe sich diesem Verhalten noch kein endgültiger Verzicht auf eine Nutzung als Diskothek entnehmen. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sie den Pächter veranlasst hat, die von ihm eingebrachte Ausstattung der Diskothek zu entfernen und sogar die von ihm zur Erweiterung der Tanzfläche verlegten Fliesen abzuschlagen. Bei dieser Ausstattung handelt es sich um gebrauchte Tische und Stühle, die der Pächter bereits 1982 von seinem Vorgänger übernommen hatte und die von ihm installierte Diskothekenausstattung mit Musikanlage und Lichteffekten. Soweit Fliesen entfernt wurden, waren diese für den Diskothekenbetrieb nicht erforderlich. Nach ihrer Entfernung kam der ursprüngliche Untergrund, ein Fußbodenbelag aus Marmor, wieder zum Vorschein. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er diese Fliesen nicht habe ersetzen müssen, um den Diskothekenbetrieb wieder aufnehmen zu können. Somit wurde durch das Verlangen der Verpächterin auf Entfernung der eingebrachten Anlagen die zukünftige Nutzung als Diskothek nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert. Es kann daher nicht als Hinweis auf einen Verzicht auf eine zukünftige Diskothekennutzung gewertet werden.

33

Ein Verzicht ist auch nicht darin zu sehen, dass die Wiederaufnahme der Nutzung als Diskothek erst nach einer Unterbrechung von etwa 18 Jahren und dem Tode der damaligen Eigentümerin erfolgt ist.

34

Eine Verpflichtung, eine genehmigte Nutzung ohne Unterbrechung fortzuführen, folgt aus der Baugenehmigung nicht. Das jahrelange Unterlassen der genehmigten Nutzung verstößt allerdings in der Regel gegen die Interessen des Berechtigten, so dass es durchaus die Frage aufwirft, ob noch ein Nutzungsinteresse besteht. Es gibt jedoch andererseits überzeugende Gründe dafür, eine Diskothekennutzung auch für längere Zeit zu unterlassen, ohne auf sie für immer verzichten zu wollen. Ein solcher Grund kann hier im Mangel an Pachtinteressenten für eine Diskothekennutzung oder in der kritischen Einstellung der Berechtigten zu den in Frage kommenden Pachtinteressenten liegen. Darauf hat der Beigeladene zu 4) die Dauer der Nutzungsunterbrechung zurückgeführt. Ein Grund kann aber auch das persönliche Verhältnis zu Nachbarn sein, mit denen man Streit vermeiden möchte, ohne aber deshalb gleich für immer und auch für Rechtsnachfolger auf eine Diskothekennutzung verzichten zu wollen. Auch eine altersbedingte Passivität und Entscheidungsscheu kann die Dauer der Nutzungsunterbrechung erklären. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass, wie die Klägerin meint, die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5) keine Diskothekennutzung mehr gewünscht habe und erst nach ihrem Tod diese Nutzung wieder erneut angestrebt wurde. Vielmehr wurde noch vor ihrem Tod ein Pächter gefunden, der zumindest vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme des Betriebes durchführte, wenn auch der Diskothekenbetrieb erst nach ihrem Tod 2009 durch einen neuen Pächter, den Beigeladenen zu 1), auf der Grundlage der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 23. September 2010 wieder aufgenommen wurde.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es wäre unbillig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.

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Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ZPO.

37

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

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Beschluss

39

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).

(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Bei Geld- oder Warenspielgeräten mit mehreren Spielstellen (Mehrplatzspielgeräte) gilt jede Spielstelle als Geld- oder Warenspielgerät nach Satz 1. Der Gewerbetreibende hat bei den aufgestellten Geräten durch ständige Aufsicht und durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten die Einhaltung von § 6 Absatz 2 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zahl der Warenspielgeräte, die auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten aufgestellt werden dürfen, ist nicht beschränkt.

(2) In Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz.

(3) (weggefallen)

Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.

(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Bei Geld- oder Warenspielgeräten mit mehreren Spielstellen (Mehrplatzspielgeräte) gilt jede Spielstelle als Geld- oder Warenspielgerät nach Satz 1. Der Gewerbetreibende hat bei den aufgestellten Geräten durch ständige Aufsicht und durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten die Einhaltung von § 6 Absatz 2 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zahl der Warenspielgeräte, die auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten aufgestellt werden dürfen, ist nicht beschränkt.

(2) In Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz.

(3) (weggefallen)

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 26. Januar 2012 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 trägt die Klägerin. Die Beigeladene zu 1 trägt in beiden Rechtszügen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren durch die Beigeladene zu 2 war notwendig.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckendes Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem eine ihr erteilte Baugenehmigung aufgehoben wurde. Im Berufungsverfahren begehrt die Beigeladene zu 2 die Aufhebung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Klage.

1. Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem denkmalgeschützten, dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshaus (sog. O.haus) bebauten, in der historischen Innenstadt von A. gelegenen Grundstücks FlNr. 573/5 Gemarkung A. Die Beigeladene zu 2, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, ist Eigentümerin des westlich angrenzenden Grundstücks FlNr. 573/4, das mit einer durch Bescheid der Beigeladenen zu 1 von Oktober 1983 genehmigten Reihenhauswohnanlage bebaut ist. Beide Grundstücke wurden anlässlich der Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen zu 2 aus dem Grundstück FlNr. 573 (alt) herausgemessen. Sie liegen im Geltungsbereich der am 23. Juni 1989 bekannt gemachten Bebauungspläne Nr. 435 „...“ und Nr. 444 „...“, geändert durch den am 8. April 2011 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. 445 „...“.

Im November 2003 beantragte die Klägerin zur Verbesserung der Nutzungsqualität der Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 573/5 die Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau von vier Balkonen auf der Westseite mit den Außenmaßen jeweils von 4,61 m x 1,63 m als vorgehängte Stahlkonstruktionen, wobei sich die Balkone im Luftraum teilweise über dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 befinden. Zugleich beantragte sie die Erteilung einer Befreiung von den im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen. Die Bauvorlagen wurden für die Beigeladenen zu 2 vom damaligen Verwalter als Wohnungseigentümer unterschrieben.

2. Mit Bescheid vom 2. Februar 2004 genehmigte die Beigeladene zu 1 nach Art. 73 Abs. 1 BayBO 1998 das Vorhaben mit der Auflage, dass die maximale Ausladung der Balkone 1,50 m beträgt. Zugleich stellte sie fest, dass die Balkonanbauten an der westlichen Grundstücksgrenze den Abstandflächenvorschriften des Art. 6 Abs. 4 BayBO 1998 widersprächen, wonach zu dieser Grundstücksgrenze eine Abstandsflächentiefe von 7,90 m eingehalten werden müsse. Sie ließ gemäß Art. 70 BayBO 1998 eine Abweichung von dieser baurechtlichen Anforderung zu. Der Baugenehmigungsbescheid wurde nur der Klägerin zugestellt.

Mit Formblatt vom 6. Juli 2006, geändert durch Schreiben vom 2. August 2006, stellte die Klägerin Bauantrag für eine „Tektur“ der Balkone unter Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans und unter Zulassung einer Abweichung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Nach den vorgelegten Planzeichnungen sollen die Balkone abweichend von der erteilten Baugenehmigung nicht als Hängekonstruktion, sondern mit Balkonstützen an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen zu 2 ausgeführt werden. Dem Antrag ist die Erklärung eines Ingenieurbüros für Tragwerksplanung vom 5. Juli 2006 an die Klägerin beigegeben, wonach „die geplanten Balkone … aus statischen Gründen mit einer durchgehenden Stützung mit Gründung auf Einzelfundamten auszuführen (seien), da eine auskragende Konstruktion mit ausschließlicher Verdübelung an der Außenwand nicht möglich (sei)“. Weiterhin ist dem Bauantrag eine von dem planenden Architekten und der Klägerin unterzeichnete Erklärung vom 5. Juli 2006 beigefügt, dass „die bisher geplante hängende Wandkonstruktion verworfen wird, um nicht in das lt. Statik ansonsten zu stark belastete best. alte Mauerwerksgefüge sowie nicht zu viel in best. Friese und Gesimse eingreifen zu müssen“. Die Maße sollten wie im genehmigten Bauantrag verbleiben. Über diesen Antrag ist bislang nicht entschieden. Im Herbst 2006 errichtete die Klägerin die Balkone entsprechend diesem Antrag.

Nachdem sich der Verwalter der Beigeladenen zu 2 mit mehreren Schreiben von Oktober und November 2006 an die Beigeladene zu 1 gegen die Errichtung der Balkone gewandt hatte, gab die Beigeladene zu 1 die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 am 15. Dezember 2006 im Amtsblatt nach Art. 71 Abs. 2 Satz 4 und 5 BayBO 1998 öffentlich bekannt. Am 3. Januar 2007 erhob die Beigeladene zu 2 durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch gegen die Baugenehmigung.

Eine zivilrechtliche Klage der Beigeladenen zu 2 gegen die Klägerin, die unter anderem auf Beseitigung der Balkone gerichtet war, wies das Landgericht A. mit Urteil vom 4. April 2008 (Az. 10 O 1055/07) hinsichtlich der Balkone ab. Die Berufung der Beigeladenen zu 2 wies das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 24. September 2008 (Az. 27 U 348/08) zurück.

Mit Schreiben vom 21. September 2009 teilte die Klägerin der Regierung von Schwaben als Widerspruchsbehörde mit, dass nach Art. 83 Abs. 1 BayBO 2008 auf das Bauvorhaben nunmehr die Bayerische Bauordnung in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung angewandt werden solle, so dass das Abstandsflächenrecht nicht mehr zu prüfen sei.

3. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2009 hob die Regierung von Schwaben die Baugenehmigung auf. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an: Mit der Ausübung des Wahlrechts seien die Abstandsflächenvorschriften zwar grundsätzlich nicht mehr Prüfungsgegenstand. Bei Nichteinhaltung der Abstandsflächen sei jedoch weiterhin eine Abweichung zu beantragen. Im Baugenehmigungsbescheid sei ausdrücklich eine Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften erteilt worden. Diese würde in Bestandskraft erwachsen, wenn sie nicht aufgehoben werde. Abstandsflächen seien weder nach altem noch nach neuem Recht eingehalten. Aus diesem Grund sei im Widerspruchsverfahren eine Prüfung im Hinblick auf die Abstandsflächen vorzunehmen. Im Übrigen dürfe die Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO in der seit 1. August 2009 geltenden Fassung bei Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften abgelehnt werden, wenn gegen Vorschriften außerhalb des Prüfkatalogs verstoßen werde. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung lägen nicht vor. Es seien weder eine nur geringfügige Abstandsflächenüberschreitung noch eine atypische Grundstückssituation gegeben.

4. Auf die hiergegen erhobene Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht Augsburg den Widerspruchsbescheid mit Urteil vom 26. Januar 2012 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei als isolierte Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage sei gegeben, weil mit der Aufhebung des Widerspruchsbescheids die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 wiederauflebe. Die Klage sei auch begründet. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 2 sei zwar zulässig gewesen. Insbesondere habe die Beigeladene zu 2 dem Bauantrag nicht nach Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO wirksam zugestimmt, weil der damalige Verwalter der Beigeladene zu 2 die Bauvorlagen nur für sich selbst, nicht aber für die Wohnungseigentümergemeinschaft unterschrieben habe. Ebenso wenig sei der Widerspruch verfristet, weil die Baugenehmigung der Beigeladenen zu 2 erstmals mit Schreiben vom 29. November 2006 übersandt worden sei. Auch habe die Beigeladene ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt. Der Widerspruch sei aber nicht begründet. Ob die Klägerin im Widerspruchsverfahren auf den Nachbarwiderspruch der Beigeladenen zu 2 hin ihr Verfahrenswahlrecht nach Art. 83 Abs. 1 BayBO wirksam habe ausüben können, könne dahingestellt bleiben. Selbst wenn man nämlich davon ausginge, dass Abstandsflächenrecht noch zu prüfen sei, läge ein Verstoß gegen Nachbarrechte der Beigeladenen zu 2 nicht vor. Zwar müssten die Balkone, die wegen ihrer Maße hier nicht mehr als untergeordnete Bauteile im Sinn des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2b BayBO einzustufen seien, grundsätzlich eigene Abstandsflächen einhalten. Da die fiktive Außenwand der Balkone aber bereits auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 liege, seien die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht erfüllt. Vielmehr liege ein Verstoß gegen das Überdeckungsverbot nach Art. 6 Abs. 3 BayBO vor. Zwar sei eine erforderliche Abweichung insoweit nicht erteilt worden. Ob der Nachbar hierdurch in seinen Rechten verletzt werde, sei aber nach der gesetzgeberischen Wertung in Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO zu beurteilen. Eine Abweichung sei im Hinblick auf den Schutzzweck des Abstandsflächenrechts hier vertretbar. Eine atypische Situation sei gegeben, weil die Grundstücke im dicht bebauten innerstädtischen Bereich mit zum Teil historischer Bausubstanz lägen und weil die Situation durch eine Grundstücksteilung entstanden sei, als das Gebäude auf dem Grundstück der Klägerin bereits errichtet gewesen sei. Die Zulassung der Abweichung sei mit den Nachbarbelangen und mit öffentlichen Belangen vereinbar. Gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts werde nicht verstoßen, weil die im Bebauungsplan Nr. 435 festgesetzten Baugrenzen nicht dem Nachbarschutz dienten. Das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt.

5. Gegen dieses Urteil richtet sich die mit Beschluss des Senats vom 7. Dezember 2012 (15 ZB 12.838) zugelassene Berufung der Beigeladenen zu 2. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Angesichts der erheblichen Maßabweichungen der tatsächlichen Ausführung der Balkone von der Baugenehmigung stelle sich die Frage, ob diese überhaupt noch wirksam sei. Jedenfalls sei der Widerspruchsbescheid rechtmäßig, weil die Baugenehmigung nachbarschützende Vorschriften des Abstandsflächenrechts verletze. Auch unter Zugrundelegung des neuen Rechts müsse eine Überprüfung der mit der Baugenehmigung zugleich erteilten Abweichung vorgenommen werden, damit diese nicht bestandskräftig werde. Eine Abweichung sei erforderlich, soweit sich die Abstandsflächen der Balkone auf das Grundstück der Beigeladenen zu 2 erstreckten. Die Klägerin könne abstandsflächenrechtlich nicht besser gestellt werden, weil sie die Balkone teilweise auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 errichtet habe. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung seien nicht erfüllt, weil weder eine atypische Grundstücksituation vorliege noch eine Abweichung mit den nachbarlichen Belangen vereinbar sei. Das Verwaltungsgericht verkenne vor allem, dass von den sich überdeckenden Abstandsflächen jedenfalls die Abstandsfläche vor dem Gebäude der Beigeladenen zu 2 vollständig auf dem eigenen Grundstück liege.

Die Beigeladene zu 2 beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Januar 2012 zu ändern und die Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 15. Dezember 2009 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Baugenehmigung sei infolge der planabweichenden Errichtung der Balkone nicht erloschen. Sollten die Balkone tatsächlich 30 cm tiefer ausgeführt worden sein als beantragt, liege darin keine wesentliche Abweichung von der Genehmigung. Von einem „aliud“ könne nicht gesprochen werden. Abstandsflächenvorschriften seien nicht verletzt. Selbst wenn die Balkone gegen die Abstandsflächenvorschrift des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO verstießen, wäre der Verstoß durch die zugelassene Abweichung geheilt. Das gelte auch für einen Verstoß gegen das Überdeckungsverbot. Eine Verschlechterung der Situation des Grundstücks der Beigeladenen zu 2 würde sich weder im Hinblick auf die Belichtung oder Belüftung noch den Brandschutz ergeben. Der Wohnfriede sei kein vom Abstandsflächenrecht erfasstes Schutzgut mehr. Der Nachbar sei nicht rechtlos gestellt. Zum einen könne er sich an die Zivilgerichte wenden. Zum anderen sei zu prüfen, ob eine Abweichung zugelassen werden könne. Dies sei vom Verwaltungsgericht zutreffend bejaht worden. Maßgeblich sei, dass die Balkone in den Abstandsflächen des Bestandsgebäudes lägen, so dass keine zusätzliche Beeinträchtigung der Belichtungs- und Belüftungssituation gegeben sei. Eine Nachbarrechtsverletzung der Beigeladenen zu 2 sei daher nicht erkennbar.

Der Beklagte stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, die Berufung sei begründet. Der Widerspruchsbescheid sei rechtens. Auch wenn man wegen der Ausübung des Verfahrenswahlrechts durch die Klägerin annehme, dass Abstandsflächenvorschriften nicht mehr Prüfungsgegenstand seien, habe die Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO aufgehoben werden können, weil die Balkone die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhielten. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Balkone Abstandsflächen auf dem Grundstück der Klägerin nicht einhalten müssten, weil die westliche Außenwand des Gebäudes auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 liege, werde nicht geteilt. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO müssten die Abstandsflächen auf dem Baugrundstück selbst liegen. Wegen des Überbaus sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Auf die Frage, ob auch gegen das Überdeckungsverbot verstoßen werde, komme es nicht an. Die zugelassene Abweichung sei unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Abstandsflächenrechts, wozu auch der Wohnfriede zähle, mit den nachbarlichen Belangen unvereinbar.

Die Beigeladene zu 1 stellt ebenfalls keinen Antrag.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die vom Beklagten und der Beigeladenen zu 1 vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 15. Dezember 2009 zu Unrecht aufgehoben. Die Klage der Klägerin gegen den Bescheid ist bereits unzulässig (I.), sie wäre aber auch unbegründet (II.).

I.

Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid ist unzulässig.

Zwar ist die Klage gegen den isolierten Widerspruchsbescheid nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Der Klägerin fehlt für die Klage aber das Rechtsschutzinteresse.

Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt im Regelfall vor und bedarf nur in besonderen Fällen der Begründung. Wenn die Rechtsordnung ein materielles (Abwehr-)Recht gewährt, spricht sie in aller Regel auch demjenigen, den sie als Inhaber dieses Rechts ansieht, das Interesse an einem gerichtlichen Schutz dieses Rechts zu. Das Bedürfnis für einen Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz fehlt aber dann, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts für den Rechtsschutzsuchenden nutzlos erscheint, weil die begehrte gerichtliche Entscheidung offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. BVerwG, U. v. 22.2.2012 - 6 C 11.11 - BVerwGE 142, 48 Rn. 27; Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 335 m. w. N.).

So liegen die Dinge hier. Die Klägerin kann durch die Aufhebung des Widerspruchsbescheids und das damit verbundene Wiederaufleben der streitgegenständlichen Baugenehmigung ihre Rechtsstellung in keiner Weise verbessern, weil sich die Baugenehmigung infolge ihres „Tekturantrags“ vom 6. Juli 2006 und der planabweichenden Ausführung des Vorhabens im Herbst 2006 entsprechend diesem Antrag gemäß Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG „auf andere Weise“ erledigt und damit ihre Wirksamkeit verloren hat.

1. Nach den Umständen des Verfahrens ist anzunehmen, dass die Klägerin mit ihrem „Tekturantrag“ vom 6. Juli 2006 auf die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 verzichtet hat. Dies ergibt sich nicht nur aus der planabweichenden Realisierung des Vorhabens entsprechend diesem Antrag, sondern vor allem auch aus dem Inhalt des „Tekturantrags“ selbst. Aus diesem geht eindeutig hervor, dass sie die bisherige Planung nicht aufrechterhalten wollte und konnte. Die Klägerin hat mit dem „Tekturantrag“ vollständig neu gefertigte Planzeichnungen vorgelegt und unter Beifügung der Erklärung des Ingenieurbüros für Tragwerksplanung vom 5. Juli 2006, aus der sich ergibt, dass sich die ursprünglich geplante Konstruktion als nicht durchführbar erwiesen hat, ausdrücklich erklärt, dass „die bisher geplante hängende Wandkonstruktion verworfen wird“. Damit hat sie eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie die neue Planung nicht alternativ neben der ursprünglichen Planung bestehen lassen wollte, um etwa zu einem späteren Zeitpunkt von einem Wahlrecht unter verschiedenen Planungen Gebrauch machen zu können, sondern dass sie das ursprüngliche Vorhaben nicht mehr ausführen will und kann. Darin liegt ein (konkludenter) Verzicht auf die Rechte aus der Baugenehmigung, mit der Folge, dass diese nach Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG unwirksam geworden ist.

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung des Widerspruchsbescheids besteht auch nicht deswegen, weil das ausgeführte Vorhaben der Klägerin nur als „Tektur“ des genehmigten Vorhabens und nicht als ein anderes Vorhaben („aliud“) einzustufen wäre, so dass der Klägerin noch ein Interesse an der Aufrechterhaltung der ursprünglichen Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 als Grundlage für eine diesen Bescheid ergänzende „Tekturgenehmigung“ zugesprochen werden könnte. Denn zum einen würde das nichts daran ändern, dass die Klägerin mit ihrem Tekturantrag und der Erklärung vom 5. Juli 2006 auf die Baugenehmigung vom 2. Februar 2004 verzichtet hat (vgl. BayVGH, B. v. 11.4.2006 - 15 ZB 06.424 - juris Rn. 4). Zum anderen kann der Antrag vom 6. Juli 2006 nicht mehr nur als geringfügige, das Bauvorhaben in seinen Grundzügen nicht berührenden Änderungen und die „Identität des Vorhabens“ wahrende „Tektur“ angesehen werden. Vielmehr stellten sich die neuen Balkone im Verhältnis zur ursprünglichen Konstruktion als ein anderes Vorhaben („aliud“) dar, welches nunmehr aus Gründen der Standsicherheit (vgl. Art. 10 Satz 1 BayBO) eine Abstützung der Balkone mit insgesamt vier bis auf den Erdboden reichenden, seitlich angebrachten Stützen anstelle der an jeder Balkonbodenplatte seitlich nach oben in die Hauswand führenden „Hänger“ erfordert und dadurch ein auf den ersten Blick ins Auge fallendes, neues Erscheinungsbild mit aufgeständerten anstatt nur auskragenden Balkonen entstehen lässt (zur Abgrenzung Tektur- und Änderungsantrag vgl. BayVGH, B. v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl. 2007, 758 = juris Rn. 31 ff.; OVG BB, U. v. 14.11.2012 - 2 B 3.11 - juris Rn. 57; NdsOVG, B. v. 16.6.2014 - 1 ME 70/14 - BauR 2014, 1762 = juris Rn. 11 f.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 18 f.).

II.

Selbst wenn man aber annehmen würde, dass für die Klage noch ein Rechtsschutzbedürfnis bestünde, wäre sie jedenfalls unbegründet. Die Aufhebung der Baugenehmigung durch den Widerspruchsbescheid der Regierung von Schwaben vom 15. Dezember 2009 ist zu Recht erfolgt. Der Nachbarwiderspruch der Beigeladenen zu 2 gegen die Baugenehmigung war zulässig und begründet.

1. Der Widerspruch war zulässig.

Die Beigeladene zu 2 hatte ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Baugenehmigungsbescheids vom 2. Februar 2004, obwohl dieser infolge des Verzichts der Klägerin nach Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG wirkungslos geworden ist. Denn die Klägerin beruft sich, wie auch der vorliegende Rechtsstreit zeigt, noch auf die Wirksamkeit des Bescheids. Da mit dem Bescheid zulasten der Beigeladenen zu 2 eine Abweichung vom Erfordernis zugelassen wurde, dass vor der westlichen (fiktiven) Außenwand der Balkone Abstandsflächen freizuhalten sind und diese auf dem Baugrundstück selbst liegen müssen (Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO), wird aufgrund der Feststellungswirkung einer Baugenehmigung (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO) zumindest der Rechtsschein erweckt, dass durch das Bauvorhaben Abstandsflächenvorschriften zum Nachteil der Beigeladenen zu 2 nicht verletzt sind. An der Beseitigung dieses Rechtsscheins hatte die Beigeladene zu 2 ein rechtlich geschütztes Interesse.

Dass der Widerspruch nicht deswegen unzulässig war, weil die Beigeladene zu 2 mit der Unterschrift ihres Verwalters auf dem genehmigten „Eingabeplan“ dem Bauvorhaben nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayBO 1998 (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zugestimmt und damit auf ihre öffentlich-rechtlichen Nachbarrechte verzichtet hätte (vgl. BayVGH Großer Senat, B. v. 3.11.2005 - 2 BV 04.1756 u. a. - BayVBl 2006, 246 = juris Rn. 10), hat das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt (vgl. Urteilsabdruck Rn. 39). Hierauf wird Bezug genommen (§ 130b Satz 2 VwGO). Gleiches gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Widerspruchsfrist nach § 70 VwGO gewahrt wurde (vgl. Urteilsabdruck Rn. 40 f.) und dass die Beigeladene zu 2 ihr Widerspruchsrecht nicht verwirkt hat (vgl. Urteilsabdruck Rn. 42 bis 44). Diese Ausführungen werden von den Beteiligten im Berufungsverfahren auch nicht mehr infrage gestellt.

2. Der Widerspruch war auch begründet.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob eine Baugenehmigung Rechte des Nachbarn verletzt, ist auch beim Nachbarwiderspruch grundsätzlich der Erlass des Ausgangsbescheids, nicht des Widerspruchsbescheids. Nach diesem Zeitpunkt eingetretene Änderungen der Sach- oder Rechtslage werden nur berücksichtigt, wenn sie sich zugunsten des Bauherrn auswirken, weil einem Bauherrn die Rechtsposition, die er mit Erteilung der Baugenehmigung erlangt hat, auch in einem Widerspruchsverfahren nicht wieder entzogen werden darf. Denn es wäre mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich wieder erteilt werden müsste (vgl. BVerwG, U. v. 20.8.2008 - 4 C 11/07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 21; B. v. 8.11.2010 - 4 B 43/10 - ZfBR 2011, 164 = juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 18.10.2005 - 1 ZB 04.1597 - juris Rn. 17 m. w. N.; B. v. 24.4.2014 - 15 ZB 13.1167 - Rn. 21). Im Zeitpunkt ihres Erlasses war die Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998 materiell rechtswidrig (vgl. dazu unten a). Aber auch dann, wenn man die Baugenehmigung zu einem späteren Zeitpunkt beurteilt, ergibt sich deren Rechtswidrigkeit (vgl. dazu unten b).

a) Zum Zeitpunkt des Erlasses der Baugenehmigung war diese materiell rechtswidrig, weil das Vorhaben die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen zur westlichen Grundstücksgrenze auf dem Baugrundstück nicht einhielt (Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998) und eine dafür erforderliche Abweichung (Art. 70 Abs. 1 BayBO 1998) nicht erteilt wurde.

Für das Vorhaben war eine sog. abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung erforderlich. Die Balkone sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine untergeordneten Bauteile im Sinne des Art. 6 Abs. 3 Satz 7 BayBO 1998 (vgl. auch Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO), die für sich genommen abstandsflächenrechtlich irrelevant wären. Aufgrund der baulichen Verbindung mit dem Hauptgebäude war die abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens jedoch nicht isoliert allein für die Abstandsflächen vor den Balkonen, sondern vor der westlichen Außenwand des O.hauses insgesamt zu prüfen (zur Frage der abstandflächenrechtlichen Neubeurteilung in Fällen des Anbaus an ein Bestandsgebäude vgl. BayVGH, U. v. 20.12.1988 - 20 B 88.00137 - BayVBl 1989, 721; U. v. 12.7.1999 - 14 B 95.2069 - juris; U. v. 20.2.1990 - 14 B 88.02464 - BayVBl 1990, 500; vgl. auch B. v. 15.1.2007 - 15 ZB 06.1361 - juris Rn. 4). Die Tiefe dieser Abstandsfläche beträgt nach den Eintragungen in den Bauvorlagen der Klägerin 11,16 m. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998 sind erfüllt, weil die westliche Außenwand des (Haupt)Gebäudes nur ca. 1 m von der Grundstücksgrenze entfernt liegt, obwohl nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BayBO eine Abstandsflächentiefe von 11,16 m eingehalten werden müsste. Dass eine (rechtsfehlerhafte) Abweichung nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 70 Abs. 1 BayBO 1998 isoliert nur für die vor der (fiktiven) Außenwand der Balkone erteilt wurde, ist insoweit unerheblich. Auf die Frage, ob auch ein Verstoß gegen das Überdeckungsverbot des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO 1998 (Art. 6 Abs. 3 BayBO 2008) vorliegt, kommt es nicht mehr an (vgl. dazu aber BayVGH, B. v. 14.1.2009 - 1 ZB 08.97 - BayVBl. 2009, 694 = juris Ls und Rn. 27; Molodovsky/Kraus in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand: April 2014, Art. 6 Rn. 104).

Durch den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998 wurden die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beigeladenen zu 2 verletzt. Diesen Vorschriften kommt Nachbarschutz zu (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.1992 - 14 B 90.856 - BauR 1992, 605 = juris Rn. 14). Ob von den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO eine (im Ermessen der Behörde stehende) Abweichung zugelassen hätte werden können, ist - anders als das Verwaltungsgericht mit seinen Ausführungen zu Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO (vgl. Urteilsabdruck Rn. 67 ff.) offenbar meint - für die Frage der Rechtsverletzung schon deswegen ohne Belang, weil eine solche Abweichung nicht erteilt wurde.

Die Beigeladene zu 2 konnte sich auf diese Rechtsverletzung auch berufen. Ein Nachbar kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegenüber einer Baugenehmigung grundsätzlich nur dann nicht mit Erfolg auf die Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück den Anforderungen dieser Vorschrift nicht entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - IBR 2011, 303 = juris Rn. 37; B. v. 23.12.2013 - 15 CS 13.2479 - juris Rn. 13; VGH BW B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - BRS 71 Nr. 181 = juris Rn. 4; B. v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10 - juris Rn. 5; OVG NW, U. v. 26.6.2014 - 7 A 2057/12 - juris Rn. 39). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil das Gebäude auf dem Grundstück der Beigeladenen zu 2 bei Anwendung des 16-m-Privilegs die Abstandsflächen zur östlichen Grundstücksgrenze in vollem Umfang einhält und bei einer Abstandsflächentiefe von 1 H nur geringfügig überschreitet, so dass sich keine „Gleichwertigkeit“ in den beiderseitigen Abweichungen von den Anforderungen des Abstandsflächenrechts feststellen lässt.

b) Beurteilt man die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung zu einem späteren Zeitpunkt und berücksichtigt zugunsten der Klägerin insbesondere die Erklärung nach Art. 83 Abs. 1 BayBO 2008 vom 21. September 2009 zum Verfahrenswahlrecht, welches ohne Weiteres auch noch im Widerspruchsverfahren ausgeübt werden konnte (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Art. 83 Rn. 5a), ergäbe sich für sie keine günstigere Rechtslage. Denn zu diesem Zeitpunkt war infolge des „Tekturantrags“ vom 6. Juli 2006 und der entsprechenden Ausführung des Vorhabens die Baugenehmigung bereits nach Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG unwirksam geworden (vgl. oben I. 1.), so dass die Erklärung insoweit ins Leere ging.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Beigeladene hat zu 1 hat keinen Antrag gestellt, so dass ihr keine Kosten auferlegt werden können (§ 154 Abs. 3 VwGO). Es besteht aber auch keine Veranlassung, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren durch die Beigeladene zu 2 war notwendig (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

(1) (weggefallen)

(2) Die Konzessionen und Erlaubnisse nach den §§ 30, 33a und 33i erlöschen, wenn der Inhaber innerhalb eines Jahres nach deren Erteilung den Betrieb nicht begonnen oder während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat.

(3) Die Fristen können aus wichtigem Grund verlängert werden.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 8. Juni 2015 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 1. April 2015 – 3 K 2581/15 – (VG Düsseldorf) gegen die Ordnungsverfügungen der Antragsgegnerin vom 26.3.2015 wird hinsichtlich der Anordnungssätze zu I. dieser Verfügungen wiederhergestellt und hinsichtlich der Anordnungssätze zu III. angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- EUR festgesetzt.


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(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) Wer gewerbsmäßig Spielgeräte, die mit einer den Spielausgang beeinflussenden technischen Vorrichtung ausgestattet sind, und die die Möglichkeit eines Gewinnes bieten, aufstellen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis berechtigt nur zur Aufstellung von Spielgeräten, deren Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zugelassen ist. Sie kann mit Auflagen, auch im Hinblick auf den Aufstellungsort, verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des jeweiligen Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke oder im Interesse des Jugendschutzes erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Aufstellung von Spielgeräten erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten drei Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens, wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Hehlerei, Geldwäsche, Betruges, Untreue, unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels, Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel oder wegen eines Vergehens nach § 27 des Jugendschutzgesetzes rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
der Antragsteller nicht durch eine Bescheinigung einer Industrie- und Handelskammer nachweist, dass er über die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse zum Spieler- und Jugendschutz unterrichtet worden ist, oder
3.
der Antragsteller nicht nachweist, dass er über ein Sozialkonzept einer öffentlich anerkannten Institution verfügt, in dem dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels vorgebeugt werden soll.

(3) Der Gewerbetreibende darf Spielgeräte im Sinne des Absatzes 1 nur aufstellen, wenn ihm die zuständige Behörde schriftlich bestätigt hat, daß der Aufstellungsort den auf der Grundlage des § 33f Abs. 1 Nr. 1 erlassenen Durchführungsvorschriften entspricht. Sollen Spielgeräte in einer Gaststätte aufgestellt werden, so ist in der Bestätigung anzugeben, ob dies in einer Schank- oder Speisewirtschaft oder in einem Beherbergungsbetrieb erfolgen soll. Gegenüber dem Gewerbetreibenden und demjenigen, in dessen Betrieb ein Spielgerät aufgestellt worden ist, können von der zuständigen Behörde, in deren Bezirk das Spielgerät aufgestellt worden ist, Anordnungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 3 erlassen werden. Der Aufsteller darf mit der Aufstellung von Spielgeräten nur Personen beschäftigen, die die Voraussetzungen nach Absatz 2 Nummer 2 erfüllen.

(1) (weggefallen)

(2) Die Konzessionen und Erlaubnisse nach den §§ 30, 33a und 33i erlöschen, wenn der Inhaber innerhalb eines Jahres nach deren Erteilung den Betrieb nicht begonnen oder während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat.

(3) Die Fristen können aus wichtigem Grund verlängert werden.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Wer gewerbsmäßig eine Spielhalle oder ein ähnliches Unternehmen betreiben will, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33c Abs. 1 Satz 1 oder des § 33d Abs. 1 Satz 1 dient, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste oder der Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
die in § 33c Absatz 2 Nummer 1 oder § 33d Absatz 3 genannten Versagungsgründe vorliegen,
2.
die zum Betrieb des Gewerbes bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen oder
3.
der Betrieb des Gewerbes eine Gefährdung der Jugend, eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst eine nicht zumutbare Belästigung der Allgemeinheit, der Nachbarn oder einer im öffentlichen Interesse bestehenden Einrichtung befürchten läßt.

(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Bei Geld- oder Warenspielgeräten mit mehreren Spielstellen (Mehrplatzspielgeräte) gilt jede Spielstelle als Geld- oder Warenspielgerät nach Satz 1. Der Gewerbetreibende hat bei den aufgestellten Geräten durch ständige Aufsicht und durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten die Einhaltung von § 6 Absatz 2 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zahl der Warenspielgeräte, die auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten aufgestellt werden dürfen, ist nicht beschränkt.

(2) In Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz.

(3) (weggefallen)

(1) (weggefallen)

(2) Die Konzessionen und Erlaubnisse nach den §§ 30, 33a und 33i erlöschen, wenn der Inhaber innerhalb eines Jahres nach deren Erteilung den Betrieb nicht begonnen oder während eines Zeitraumes von einem Jahr nicht mehr ausgeübt hat.

(3) Die Fristen können aus wichtigem Grund verlängert werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.