Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Juli 2016 - 7 A 374/15

bei uns veröffentlicht am14.07.2016

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt ihre Zulassung zum ersten Fachsemester des Masterstudienganges Psychologie – Klinische Neurowissenschaft – innerhalb der festgesetzten Kapazität gemäß der Sach- und Rechtslage des Wintersemesters 2015/2016, hilfsweise ihre Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie mit dem Schwerpunkt Kognitive Neurowissenschaft.

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Mit Schriftsatz vom 08.07.2015 beantragte die Klägerin unter Vorlage weiterer Unterlagen ihre Zulassung zum ersten Fachsemester im Masterstudiengang Psychologie – Klinische Neurowissenschaft – zum Wintersemester 2015/2016, hilfsweise ihre Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie – Kognitive Neurowissenschaft.

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Mit Bescheid vom 01.09.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Zulassung zum Studium (Master Psychologie – Klinische Neurowissenschaft) ab und begründete ihre Entscheidung mit dem Fehlen von Zulassungsvoraussetzungen sowie der Einschlägigkeit des Vorstudiums.

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Hiergegen hat die Klägerin am 30.09.2015 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ausführt, dass sie zu Unrecht nicht am Auswahlverfahren teilgenommen habe, weil sie die von § 4 Abs. 1 der Studienordnung für den Masterstudiengang Psychologie vom 08.01.2014 für die Zulassung zum Studium aufgestellten Anforderungen erfülle. Insbesondere könne sie mit ihrem Bachelorabschluss in dem Studiengang Lehr-, Lern- und Trainingspsychologie einen mit dem Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie vergleichbaren Abschluss vorweisen. Aufgrund der nach klägerischer Ansicht gegebenen Vergleichbarkeit der Abschlüsse seien auch in der Vergangenheit entsprechende Zulassungen anderer Studierender vorgenommen worden. Dass sich die Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse – wie die Beklagte anführe – nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Psychologie richte, könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Studienordnung für die Zulassung nicht voraussetze, dass das Vorstudium durch die Deutsche Gesellschaft für Psychologie anerkannt werde. Auch soweit die Beklagte das Erreichen bestimmter Credit-Points fordere, lasse sich eine Grundlage in der Studienordnung nicht finden.

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Die Klägerin beantragt wörtlich,

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den Bescheid der Beklagten bezüglich der Ablehnung der Bewerbung zum Studiengang Master Psychologie – Schwerpunkt Klinische Neurowissenschaft – zum Wintersemester 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in den Studiengang aufzunehmen,

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hilfsweise, die Aufnahme in den alternativen Studiengang Master Psychologie – Schwerpunkt Kognitive Neurowissenschaft.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie führt zur Begründung aus, § 4 Abs. 1 der Prüfungsordnung für den Masterstudiengang Psychologie vom 08.01.2014 i. V. m. § 3 Abs. 1 der Satzung zur Durchführung des Auswahlverfahrens für den Masterstudiengang Psychologie vom 08.01.2014 setze für die Zulassung zum Masterstudiengang ein abgeschlossenes, mindestens dreijähriges Bachelor-Studium im Studiengang Psychologie voraus, welches die Klägerin nicht vorweisen könne. Ihr Abschluss in dem Studiengang Lern-, Lehr- und Trainingspsychologie sei auch nicht äquivalent zu einem Bachelorabschluss in Psychologie. So biete der Studiengang Lern-, Lehr- und Trainingspsychologie keine Module in den Fächern Klinische Psychologie und Neuropsychologie an, weshalb er nicht den für den Bachelor-Studiengang Psychologie von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie aufgestellten Richtlinien entspreche. Zwar habe die Klägerin Recht, soweit sie ausführe, dass die Beklagte zum Wintersemester 2014/2015 eine Studienbewerberin, die ihren Bachelor-Abschluss im Studiengang Lern-, Lehr- und Trainingspsychologie wie die Klägerin an der Universität Erfurt erzielt habe, zum Masterstudiengang Psychologie, Fachrichtung Klinische Neurowissenschaft zugelassen habe. Die dahinterstehenden Gründe seien jedoch nicht mehr nachvollziehbar, jedenfalls sei die Zulassung wegen fehlender Einschlägigkeit des Vorstudiums zu Unrecht erfolgt. Darüber hinaus habe die Klägerin zwar im Rahmen ihres Bachelor-Studienganges einige Studienleistungen im Studiengang Psychologie und Mentale Gesundheit an der Hochschule für Sport, Technik und Kunst (Berlin) nachgewiesen, ohne jedoch einen Abschluss erzielt zu haben. Unter Berücksichtigung der erbrachten und erfolgreich bestandenen Module habe sie eine Summe von 106 Credit-Points (von den erforderlichen 210 Credit-Points) erreicht. Der erforderliche Nachweis von 210 Credit-Points beziehe sich auf die seitens der Hochschule für Gesundheit, Sport, Technik und Kunst (Berlin) erstellte Leistungsbescheinigung vom 07.05.2015, welche Gegenstand der seitens der Beklagten am 12.08.2015 vorgenommenen Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen gewesen sei. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin erreichten Summe von 106 Credit-Points sei ein Abschluss im Bachelor-Studiengang zum Zeitpunkt der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen nicht absehbar gewesen.

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Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der Bescheid der Beklagten vom 01.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf ihre Zulassung zum ersten Fachsemester des Masterstudienganges Psychologie – Klinische Neurowissenschaft – innerhalb der festgesetzten Kapazität gemäß der Sach- und Rechtslage des Wintersemesters 2015/2016, noch auf ihre Zulassung zum Masterstudiengang Psychologie – Kognitive Neurowissenschaft – (§ 113 Abs. 5 VwGO).

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Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i. V. m. dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG gewährt jedem, der die zusätzlichen subjektiven Voraussetzungen erfüllt, im Rahmen der vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen ein Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium seiner Wahl. Aus Art. 12 Abs. 1 GG folgt das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen (BVerfG, Beschl. v. 08.05.2013 - 1 BvL 1/08 -, juris). Dieser verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Zulassung zum Studium der Wahl an der Ausbildungsstätte der Wahl wird durch ein Erststudium nicht verbraucht, sondern umfasst im Grundsatz auch die Ausbildung für einen weiteren Beruf in Gestalt eines gleichzeitigen oder anschließenden Zweitstudiums (BVerfG, Urt. v. 08.02.1977 - 1 BvF 1/76 -, juris). Er kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Denn das Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium steht unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann, sodass es auf gesetzlicher Grundlage regelbar und einschränkbar ist (BVerfG, Urt. v. 08.02.1977, a. a. O.).

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In Anwendung dieser Grundsätze hat der Landesgesetzgeber in Sachsen-Anhalt in § 27 Abs. 7 S. 1 Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (HSG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.12.2010 geregelt, dass Voraussetzung für die Zulassung zu einem Masterstudiengang an einer Hochschule der Nachweis eines Bachelorabschlusses, eines Hochschuldiploms oder eines vergleichbaren Abschlusses einer staatlichen oder staatlich anerkannten Berufsakademie, eines Magisterstudienganges oder eines mit einer staatlichen oder kirchlichen Prüfung abgeschlossenen Studienganges ist. Darüber hinausgehende Zulassungsvoraussetzungen, die den besonderen Erfordernissen des Studienganges Rechnung tragen sollen, sind in den Prüfungsordnungen zu regeln, S. 2 des § 27 Abs. 7 HSG LSA. In Anknüpfung daran setzt § 4 Abs. 1 sowohl der Studienordnung für den Masterstudiengang Psychologie vom 08.01.2014 (StudO) als auch der Prüfungsordnung für den Masterstudiengang Psychologie vom 08.01.2014 (PrüfO) der Beklagten für die Bewerbung und damit auch die Beteiligung des Studienbewerbers am Auswahlverfahren für den Masterstudiengang Psychologie den erfolgreichen Abschluss eines mindestens dreijährigen Bachelor-Studiums im Studiengang Psychologie oder einen vergleichbaren Abschluss voraus, wobei die Mindestnote 2,5 nachzuweisen ist. Die Frage, ob die Satzung der Beklagten zur Durchführung des Auswahlverfahrens für den Masterstudiengang Psychologie mit den Schwerpunkten Kognitive Neurowissenschaft Klinische Neurowissenschaft Umweltpsychologie/Mensch-Technik-Interaktion in der novellierten Fassung vom 08.01.2014 (Satzung) im Rahmen des Auswahlverfahrens zulässigerweise ausschließlich Bewerbungen von solchen Bewerbern berücksichtigt, die den erfolgreichen Abschluss eines Bachelor-Studiums im Studiengang Psychologie vorweisen können, kann vorliegend dahinstehen, weil die Klägerin schon nicht den weiter gefassten Tatbestand des § 4 Abs. 1 S. 1 StudO/PrüfO erfüllt. Denn mit ihrem Bachelor-Abschluss in dem Studiengang Lehr-, Lern- und Trainingspsychologie kann sie weder einen Bachelor-Abschluss im Studiengang Psychologie, noch einen mit diesem vergleichbaren Abschluss vorweisen.

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Die geforderte Vergleichbarkeit stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Erfüllung vom Gericht voll überprüft werden kann. Denn es geht nicht um die Bewertung einer Leistung des Bewerbers, die in ein von der persönlichen Erfahrung eines Prüfers geprägtes Bewertungssystem einzustellen wäre, weshalb kein prüfungsspezifischer Beurteilungsspielraum existiert. Im Rahmen seiner Überprüfung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass es den Hochschulen aufgrund ihrer in Art. 5 Abs. 3 GG verankerten Lehr- und Wissenschaftsfreiheit freisteht, entsprechend konzipierte und aufeinander aufbauende Bachelor- und Masterstudiengänge anzubieten und als Eignungsvoraussetzung für den Masterstudiengang Vorkenntnisse zu verlangen. Sie dürfen die Anforderungen eines Studienganges bestimmen und dazu die erforderlichen Nachweise festlegen, wobei sie auch der Praktikabilität des Zulassungsverfahrens Rechnung tragen und Pauschalierungen nutzen dürfen. Bei der Prüfung, ob die Vergleichbarkeit verschiedener Bachelor-Studienabschlüsse zu bejahen ist, sind daher nicht nur die zu vergleichenden Abschlüsse bzw. Studiengänge, sondern insbesondere auch der angestrebte Master-Studiengang in den Blick zu nehmen. Denn nur wenn bekannt ist, weshalb der Bachelor in Psychologie alle für das Master-Studium Psychologie wesentlichen Voraussetzungen erfüllt, kann ersichtlich werden, welches Kriterium für die Vergleichbarkeit maßgeblich ist. Zu prüfen ist somit, welche Anforderungen der angebotene Masterstudiengang an die Studierenden stellt, vor allem welche fachlichen Vorkenntnisse vorausgesetzt werden.

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Bei Anlegung dieses Maßstabes ist die Entscheidung der Beklagten, dass der Bachelor-Abschluss der Klägerin nicht mit einem Bachelor-Abschluss in Psychologie vergleichbar ist, nicht zu beanstanden.

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Das Innehaben eines Bachelor-Abschlusses in dem (allgemeinen) Studiengang Psychologie findet ausdrückliche Erwähnung als Zulassungsvoraussetzung in der Studien- und Prüfungsordnung, weil es ein Konsekutivverhältnis zum Master-Studiengang aufweist. Denn die Einschlägigkeit des Vorstudiums ist vorliegend maßgeblich dadurch beeinflusst, dass es sich bei dem Master-Studiengang Psychologie gemäß § 1 Abs. 2 StudO um einen konsekutiven Studiengang handelt.

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In der Regel werden in Bachelor-Studiengängen wissenschaftliche Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen entsprechend dem Profil der Hochschule und des Studienganges vermittelt, um insgesamt eine breite wissenschaftliche Qualifizierung in Bachelor-Studiengängen sicherzustellen. Master-Studiengänge dienen demgegenüber der fachlichen und wissenschaftlichen Spezialisierung, wobei hier zwischen konsekutiven und weiterbildenden Studiengängen zu unterscheiden ist. Konsekutive Studiengänge sind als vertiefende, verbreiternde, fachübergreifende oder fachlich andere Studiengänge auszugestalten (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003 - veröffentlicht unter www.kmk.org). Das Wesen von konsekutiven Master-Studiengängen besteht gerade darin, dass sie auf Vorkenntnissen und Fähigkeiten aufbauen, die bereits bei Beginn des Studiums vorliegen und nicht erst noch erworben werden müssen (VerfGH Berlin, Beschl. v. 19.06.2013 - 150/12, 150 A/12 -, juris). Daher muss zwischen dem bereits absolvierten Erststudium und dem angestrebten Master-Studiengang ein innerer Zusammenhang, ein sogenanntes Konsekutivverhältnis bestehen. Beide Studien müssen derart aufeinander bezogen sein, dass sich der Master-Studiengang inhaltlich als Fortsetzung des Bachelor-Studiums darstellt. Dies kann etwa bei der Vertiefung aller oder einzelner Fächer der Fall sein, die bereits Gegenstand des Schwerpunkts des Erststudiums waren, ebenso durch dessen Erweiterung dahingehend, dass wesentliche Teile des Bachelor-Studiengangs Bestandteil der durch den Masterabschluss erlangten beruflichen Qualifikation sind. Nur bei einer bereits vorhandenen und dem Fachgebiet des Masters entsprechenden Grundqualifikation – deren Erreichen durch das Innehaben eines Bachelor-Abschlusses im fachlich einschlägigen Bereich zu vermuten ist – können die mit dem Masterabschluss verfolgten Ausbildungsziele mit einem angemessenen zeitlichen und sächlichen Aufwand erreicht werden. Ein Bachelor-Studium kann daher den geforderten inneren Zusammenhang zum Master-Studium aufweisen, wenn es inhaltlich in der Art breit gefächert war, dass sämtliche – also auch auf den Schwerpunkt des Master-Studienganges bezogene – Grundlagen der Psychologie gelehrt worden sind oder wenn es auf denselben Schwerpunkt spezialisiert war, wie der Master-Studiengang.

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Diesen Anforderungen wird der (allgemeine und nicht weiter spezifizierte) Bachelor-Studiengang der Psychologie gerecht. Denn durch den Verzicht auf eine inhaltliche Spezialisierung wird ein möglichst breit fundiertes und verschiedene Teilbereiche der Psychologie umfassendes Grundwissen vermittelt, um eine weitere Qualifikation in verschiedensten Bereichen zu ermöglichen. Auch wenn die jeweiligen Hochschulen individuelle standortspezifische Schwerpunkte verfolgen und daher unterschiedliche Wahl- oder Vertiefungsfächer anbieten – wie etwa Module der Klinischen Psychologie und Neuropsychologie bei dem auf Neurowissenschaften und Sozialwissenschaften spezialisierten Institut für Psychologie der Beklagten –, so bleibt Ziel des Bachelor-Studiums die fundierte Ausbildung wichtiger Basisqualifikationen. Spezialisierungen und Profilbildungen erfolgen erst im Master-Studium. Dieses Konzept orientiert sich an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e. V. (DGPs), wonach auch nach Umstellung des Psychologie-Studiums vom Diplom-Studiengang auf Bachelor-/ Master-Studiengänge und die damit entfallene Geltung länder- und hochschulübergreifender Rahmenprüfungsordnungen eine disziplinäre Einheit des Psychologie-Studiums sowie die Vergleichbarkeit der grundständigen universitären Ausbildung in Psychologie gewährleistet sein soll. Auch wenn die einzelnen Hochschulen zur Befolgung dieser Empfehlungen nicht verpflichtet sind, so lässt sich jedoch aus dem Angebot des (reinen) Bachelor-Studienganges Psychologie und dem Absehen von einer bereits aus dem Namen des Studienganges ersichtlichen Spezifikation ableiten, dass der Studiengang der Vermittlung psychologischer Grundlagen dient und damit Voraussetzungen für grundsätzlich jeden Master-Studiengang in Psychologie schafft.

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So sind in der Regel Module in den Fächern wie Einführung in empirisch-wissenschaftliches Arbeiten, Statistik I und II, Allgemeine Psychologie I und II, Biologische Psychologie, Sozialpsychologie, Grundlagen der Diagnostik und Entwicklungspsychologie zu belegen. Dabei handelt es sich sowohl um Veranstaltungen, in denen methodische Grundlagen vermittelt werden, als auch um solche, die Grundlagen bestimmter Teilbereiche der Psychologie zum Gegenstand haben. Die Studierenden erwerben damit Grundkenntnisse und Fertigkeiten, die sie in die Lage versetzen, im Rahmen von Master-Studien mit verschiedensten Schwerpunkten auf dort vorausgesetzte breitgefächerte Vorkenntnisse zurückgreifen zu können.

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Diese fachliche Vorbildung können Absolventen des Bachelor-Studienganges Lehr-, Lern- und Trainingspsychologie nicht uneingeschränkt vorweisen. Vielmehr ist diese eingegrenzt auf Fachbereiche des Lehrens und Lernens, sodass ein Konsekutivverhältnis zu dem Master-Studiengang mit dem Schwerpunkt Klinische Neurowissenschaft oder Kognitive Neurowissenschaft nicht besteht. Dies ergibt sich sowohl aus der mangelnden Vermittlung eines inhaltlich breiten Grundwissens im Rahmen dieses – bereits von vornherein spezialisierten – Studiums, als auch aus der fehlenden einschlägigen Spezialisierung. Dem entspricht die Beschreibung des Bachelor-Studienganges auf der Internetseite der Universität Erfurt (https://www.uni-erfurt.de/studium/studienangebot/ba/lltp/). Denn unter der Überschrift "Berufliche Tätigkeitsfelder" wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Studium nicht für klinisch-psychologische Tätigkeiten bzw. Aufbaustudiengänge qualifiziert. Das Studium dient dem Erwerb von Kenntnissen, methodischen Fertigkeiten sowie berufsbezogenen Handlungsorientierungen in den "nichtklinischen Bereichen". In Anbetracht dessen ist Gegenstand des Studiums die Beschreibung und Erklärung der Lehr- und Lernprozesse und wie sich diese mit der Zeit verändern. Dabei werden individuelle, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rahmenbedingungen für das Lehren und Lernen betrachtet. Ziel ist es, nach dem Studium Lehrprozesse so zu gestalten, dass der Einzelne optimal lernen kann. Zwar lassen sich im Modulkatalog auch Veranstaltungen zu allgemeinpsychologischen Grundlagen und Forschungsmethoden – wie etwa Statistik in der Psychologie (PSYN 110), Psychologische Forschungsmethodik (PSYN 111), Methodenanwendung (PSYN 210), Psychologische Diagnostik (PSYN 250), Theorie und Praxis psychologischer Diagnostik (PSYN 251 BF) – finden. Doch bereits der Schwerpunkt der angebotenen Grundlagenmodule in der Orientierungsphase liegt eindeutig auf dem Lehren und Lernen. So werden insbesondere angeboten Entwicklungspsychologische Grundlagen des Lehrens und Lernens (PSYN 130), Allgemeinpsychologische Grundlagen des Lehrens und Lernens (PSYN 140), Differentielle Aspekte des Lernens und der Entwicklung (PSYN 150), Sozialpsychologie des Lernen- und Lehrens (PSYN 160) u. s. w. Module im Hinblick auf die Klinische Psychologie oder der Neuropsychologie lassen sich dem Modulplan nicht entnehmen und zwar weder bezogen auf die Orientierungs-, noch auf die Qualifizierungsphase. Korrespondierend mit der Zuordnung des Studienganges zu den Erziehungswissenschaften ist dieser Bachelor-Abschluss bereits spezialisiert auf den psychologischen Teilbereich des Lehrens und Lernens, sodass das Konsekutivverhältnis zum angestrebten Master-Studiengang weder über ein vermitteltes breites Grundwissen, noch im Wege einer einschlägigen Spezialisierung hergestellt werden kann.

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Eine Vergleichbarkeit der Bachelor-Abschlüsse scheidet schließlich auch deshalb aus, weil sich der von der Klägerin errungene Abschluss von dem eines Bachelor-Absolventen im Studiengang Psychologie bereits dem Grunde nach unterscheidet. Denn während der Klägerin der akademische Grad einer Baccalaureat Artium (Bachelor of Arts) verliehen wurde, haben Absolventen des Studienganges Psychologie die Abschlussbezeichnung Bachelor of Science zu verwenden. Daran wird ersichtlich, dass der Schwerpunkt des der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät angehörenden Bachelor-Studiums in Lehr-, Lern- und Trainingspsychologie ein anderer ist, als derjenige des den Naturwissenschaften zugewiesenen Studienganges der Psychologie. Denn der Bachelor of Arts wird in Studiengängen der Gesellschafts- und Sozialwissenschaften, Sprach- und Kulturwissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften und gerade nicht der Naturwissenschaften verliehen.

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Diese relativ strengen Anforderungen an die Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse sind vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass eine bestandene Abschlussprüfung in einem konsekutiven Bachelor- und Master-Studiengang Psychologie nach § 5 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1 Buchst. a) PsychThG den Zugang zu einer Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ermöglicht – so auch der konsekutive Master-Abschluss des streitgegenständlichen Studienganges. Durch das PsychThG wurde mit dem Berufsbild des Psychologischen Psychotherapeuten ein neuer Heilberuf auf akademischem Niveau geschaffen. Dieser wurde sowohl berufsrechtlich, als auch sozialversicherungsrechtlich dem ärztlichen Heilberuf gleichgestellt. Das Therapiemonopol der Ärzteschaft wurde aufgehoben und die Psychologischen Psychotherapeuten integriert. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers waren an die Ausbildung für neue Heilberufe hohe Anforderungen zu stellen. Den Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten sollten deshalb nur Diplompsychologen mit einem Universitäts- oder diesem gleichstehenden Abschluss ergreifen können. Durch das Erfordernis eines abgeschlossenen Psychologiestudiums wird eine möglichst hohe Qualifikation der Berufsangehörigen und ein einheitliches Ausbildungsniveau sichergestellt. Dem kann nur ein konsekutiver Bachelor- und Master-Studiengang in Psychologie an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule gerecht werden. Ein mögliches bloßes universitäres Master-Studium in Psychologie entspricht hingegen von seinem Qualifikationsniveau her nicht dem früheren universitären Diplomstudiengang Psychologie. Es stellt kein umfassendes Studium dieser Fachrichtung an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule dar. Insbesondere fehlt die Vermittlung der wissenschaftlichen Grundlagen, die Gegenstand des Bachelor-Studienganges sind (für Vorstehendes: HessVGH, Urt. v. 04.02.2016 - 7 A 983/15 -, juris). Daran anknüpfend kann jedoch auch nur solch ein Bachelor-Studium Grundlage des Master-Studiums und der sich daran anschließenden Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten sein, das die erforderlichen breit gefächerten oder fachlich einschlägigen speziellen Grundkenntnisse vermittelt. Denn nur dann kann die Ausbildung ein Niveau erreichen, das dem hohen Stellenwert des Heilberufes und dem dahinterstehenden Gedanken des Schutzes des wichtigen Gemeinwohlbelanges der Gesundheit der Bevölkerung Rechnung zu tragen vermag.

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Dem Umstand, dass der Bachelor-Abschluss des Studienganges Lehr-, Lern- und Trainingspsychologie nicht mit dem Abschluss des Bachelor-Studiums im Studiengang Psychologie vergleichbar ist, steht nicht entgegen, dass sich aus der Studien- und auch aus der Prüfungsordnung nicht ergibt, nach welchen Kriterien die Vergleichbarkeit der Bachelor-Abschlüsse festzustellen ist. Das bloße Abstellen auf die Gleichwertigkeit bzw. Vergleichbarkeit eines berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses mit den Abschlüssen, an denen sich ein (konsekutiver) Masterstudiengang ausrichtet, ist rechtmäßig und hinreichend bestimmt (BayVGH, Beschl. v. 09.09.2014 - 7 CE 14.1059 -, juris). Denn es ist – wie bereits erwähnt – kein Beurteilungsspielraum der Beklagten eröffnet, sodass die Prüfung der Vergleichbarkeit der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Der Einwand der Klägerin, die Empfehlungen der DGPs würden in den Regelwerken zur Studiengangzulassung keine Erwähnung finden, sodass eine Zulassung von der Einhaltung dieser auch nicht abhängig gemacht werden dürfe, verfängt daher nicht. Zudem ist es den Hochschulen im Rahmen ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit gestattet, selbst über die Eignungsvoraussetzungen ihrer angebotenen Studiengänge zu entscheiden, sodass es ihnen grundsätzlich frei steht, sich an den Empfehlungen der DGPs zu orientieren.

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Darüber hinaus kann der klägerische Einwand, aufgrund der Vergleichbarkeit der Abschlüsse seien auch in der Vergangenheit entsprechende Zulassungen anderer Studierender vorgenommen worden, der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar bestätigt die Beklagte, dass sie zum Wintersemester 2014/2015 eine Studienbewerberin, die ihren Bachelor-Abschluss im Studiengang Lern-, Lehr- und Trainingspsychologie wie die Klägerin an der Universität Erfurt erreicht habe, zum Masterstudiengang Psychologie, Fachrichtung Klinische Neurowissenschaft zugelassen habe. Jedoch kann die Klägerin daraus weder einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, noch einen Anspruch für sich herleiten, da eine Gleichheit im Unrecht nicht existiert (BVerfG, Beschl. v. 17.01.1979 - 1 BvL 25/77 -, juris).

27

Letztendlich ist auch das von der Klägerin an der Hochschule für Gesundheit und Sport, Technik und Kunst im Studiengang Psychologie und Mentale Gesundheit im Wintersemester 2014/2015 absolvierte Semester nicht geeignet, die Zulassungsvoraussetzungen des Master-Studienganges Psychologie (Schwerpunkt Klinische oder Kognitive Neurowissenschaften) zu erfüllen. Denn die Klägerin kann damit weder einen Abschluss eines mindestens dreijährigen Bachelor-Studiums im Fach Psychologie oder einen vergleichbaren Abschluss noch die nach § 4 Abs. 2 StudO und PrüfO zum Nachweis der Qualifikation erforderlichen Credits vorweisen.

28

Abschließend ist es auch nicht zu beanstanden, dass der ablehnende Bescheid vom 01.09.2015 als Begründung lediglich auf fehlende Zulassungsvoraussetzungen sowie die Einschlägigkeit des Vorstudiums und hinsichtlich weiterer Informationen auf den Studienfachberater verweist. Denn ein besonderes Begründungs- und Dokumentationserfordernis besteht nur bei Prüfungsentscheidungen, in denen ein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum eröffnet ist. Vorliegend, mithin bei der Prüfung der Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen, handelt es sich jedoch um die Subsumtion unter einen unbestimmten Rechtsbegriff, deren Rechtmäßigkeit uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist.

29

In Anbetracht des Vorstehenden ist die Klage abzuweisen, weil ihr weder hinsichtlich des Hauptantrages, noch im Hinblick auf den hilfsweise gestellten Antrag Erfolg beschieden werden kann.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

31

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

32

Die Streitwertfestsetzung findet ihren Grund in § 52 Abs. 1 und 2 GKG. In Anlehnung an Ziffer 18.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2013) bemisst das Gericht den Wert des Streitgegenstandes mit 5.000,00 Euro, der dem in § 52 Abs. 2 GKG geregelten Auffangwert entspricht.


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

§ 6 Satz 1 des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 - BremStKG - (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen Seite 550) in Verbindung mit § 3 Absatz 1 und § 2 Absatz 1 BremStKG, soweit Studierende mit Wohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen wurden, ist mit Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob eine landesrechtliche Regelung, nach der auswärtige Studierende anders als Studierende mit Wohnsitz oder - bei mehreren Wohnungen - Hauptwohnsitz im betreffenden Bundesland vom dritten bis zum 14. Semester zu einer allgemeinen Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen das Grundgesetz verstößt.

I.

2

1. In Bremen galt zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt eine Studiengebührenregelung, die Studierenden ein Studienguthaben von 14 Semestern zubilligte und sie danach zu Gebühren heranzog. Dies betraf jedoch nur "Landeskinder" mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, Hauptwohnung in Bremen; demgegenüber erhielten Auswärtige ein Studienguthaben von lediglich zwei Semestern, zahlten also ab dem dritten Semester Gebühren.

3

2. Nach § 109 Abs. 2 Satz 1 des Bremischen Hochschulgesetzes vom 11. Juli 2003 (BremHG; BremGBl S. 295) war das Studium bis zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss, bei nicht weiterbildenden Studiengängen bis zu einem zweiten berufsqualifizierenden Abschluss nach Maßgabe des § 109a BremHG und des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremStKG; BremGBl S. 550), das mit dem Wintersemester 2005/2006 in Kraft trat, gebührenfrei. Für einheimische Studierende garantierte der damalige § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG ein gebührenfreies Studium von 14 Semestern. Demgegenüber begrenzte der Gesetzgeber das gebührenfreie Studium durch § 3 BremStKG, in Kraft vom 25. Oktober 2005 bis zum 30. Juni 2010, für auswärtige Studierende auf zwei Semester. § 6 BremStKG regelte die Erhebung von Gebühren in Höhe von 500 € pro Semester nach dem Verbrauch des Studienguthabens. Die dort vorgesehene Zahlungspflicht konnte allerdings auf Antrag aus sozialen oder hochschulpolitischen Gründen erlassen werden. Ein solcher Grund war die Pflege und Erziehung von Kindern von bis zu zwölf Jahren. Zudem verabschiedete der Gesetzgeber mit § 7 BremStKG eine Härtefallregelung. Auf Antrag konnten die Gebühren gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn ihre Entrichtung zu einer unbilligen Härte führen würde, die der Gesetzgeber für Regelfälle definierte. Ein Regelfall war nach § 7 Nr. 1 BremStKG etwa eine Behinderung oder schwere Erkrankung, die eine Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erforderte.

4

a) Die einschlägigen damals geltenden Regelungen lauteten:

5

§ 109a BremHG

Studienkonten

Die Studierenden erhalten mit der Einschreibung ein Studienkonto mit einem gebührenfreien Studienguthaben in Form von gebührenfreien Studiensemestern. Die Höhe des Studienguthabens, Art und Umfang der Berücksichtigung besonderer Lebens- und Studienumstände der Studierenden, die Gebührenhöhe nach Verbrauch des Studienguthabens und die Nutzung von nicht verbrauchten Studienguthaben werden durch gesondertes Gesetz bestimmt.

6

§ 2 BremStKG

Studienkonten und Studienguthaben für Studierende mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen

(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung in der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern.

7

§ 3 BremStKG

Studienkonten und Studienguthaben
für Studierende mit Wohnung außerhalb
der Freien Hansestadt Bremen

(1) Die Studierenden mit Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, mit Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erhalten mit der Einschreibung nach den §§ 34 oder 35 des Bremischen Hochschulgesetzes ein Studienkonto mit einem einmaligen Studienguthaben von zwei Semestern.

(2) Wird zu einem späteren Zeitpunkt ein Studienguthaben nach § 2 gewährt, erfolgt eine vollständige Anrechnung.

(3) Nach Vollendung des 55. Lebensjahres wird ein Studienguthaben nicht gewährt.

8

§ 6 BremStKG

Verbrauch des Studienguthabens

Von Studierenden, die ihr Studienguthaben nach den §§ 2 oder 3 verbraucht haben, ohne das Studium abzuschließen, oder ein Zweitstudium absolvieren, das nicht die Voraussetzungen des § 2 Absatz 4 erfüllt, erheben die Hochschulen Studiengebühren in Höhe von 500 € für jedes Semester. Auf Antrag werden hiervon ausgenommen:

1. Beurlaubte Studierende für die Dauer der Beurlaubung,

2. Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten,

3. Doktoranden, soweit sie ausschließlich nach § 34 Abs. 3 Bremisches Hochschulgesetz immatrikuliert sind, und Meisterschüler sowie Studierende mit dem Ziel des Konzertexamens an der Hochschule für Künste,

4. Studierende, denen aufgrund überregionaler Abkommen ein gebührenfreies Studium zusteht,

5. Studierende, die bereits an einer anderen Hochschule zum Studium in einem gemeinsamen Studiengang eingeschrieben sind und dort Studiengebühren bezahlen,

6. Studierende, die während ihres Studiums mindestens ein Kind im Alter von bis zu zwölf Jahren pflegen und erziehen, für die Dauer von bis zu sechs Semestern,

7. Studierende, die während ihres Studiums als gewählte Vertreter in Organen der Hochschule, der Studierendenschaft oder des Studentenwerks mitwirken oder das Amt einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten wahrnehmen, für die Dauer von bis zu insgesamt zwei Semestern.

9

§ 7 BremStKG

Stundung, Ermäßigung und Erlass

Die Studiengebühren können auf Antrag des Studierenden im Einzelfall gestundet, ermäßigt oder ganz erlassen werden, wenn die Entrichtung der Studiengebühren zu einer unbilligen Härte führen würde. Eine unbillige Härte liegt in der Regel insbesondere vor, wenn

1. eine Behinderung oder schwere Erkrankung Studienzeit verlängernde Auswirkungen hat oder die Begründung oder Beibehaltung der Wohnung oder, soweit mehrere Wohnungen bestehen, der Hauptwohnung außerhalb der Freien Hansestadt Bremen erfordert,

2. sich die Folgen als Opfer einer Straftat Studienzeit verlängernd auswirken, oder

3. eine wirtschaftliche Notlage während des Ablegens der Abschlussprüfungen aufgetreten ist.

In den Fällen der Nummern 2 und 3 kann eine Stundung, Ermäßigung oder ein Erlass von Studiengebühren nur erfolgen, wenn ein Studienguthaben nach § 2 verbraucht worden ist.

10

b) Das Land Bremen verfolgte mit diesen Regelungen ausweislich der Gesetzesbegründung (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5 f.) mehrere Zwecke: Sie dienten zunächst dazu, die Studierenden zu einem effizienten und zügigen Studium anzuhalten. Weiterhin zielten sie darauf, das Land Bremen in die finanzielle Lage zu versetzen, eine angemessene und wettbewerbsfähige Ausstattung der Hochschulen des Landes sowohl in personeller als auch in sachlicher Hinsicht zu gewährleisten. Dies könne im Wege der direkten Finanzierung durch die Studierenden per Studiengebühren bei einem Wohnsitz außerhalb Bremens geschehen oder über den Zuzug von Studierenden nach Bremen, da dies die Einnahmen des Landes im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erhöhe. Die hochschulpolitische Zielsetzung werde dadurch unterstrichen, dass die über die Studiengebühren eingenommenen Mittel insbesondere zur Verbesserung der Lehre verwendet werden. Die Studiengebühren waren nach Auffassung der gesetzgebenden Körperschaft notwendig, um diese Ziele zu erreichen. Die melderechtlichen Bestimmungen verpflichteten nicht zum Erstwohnsitz am Studienort. In der Bevorzugung von Studierenden mit Wohnsitz in Bremen liege kein Eingriff in die freie Wahl der Ausbildungsstätte sowie in das Recht auf Freizügigkeit. Eine etwaige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sei gerechtfertigt, weil es sich nicht um eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung handele. Etwaige Härtefälle seien in gesetzlichen Ausnahmeregelungen berücksichtigt worden.

11

In der Einzelbegründung zu § 3 BremStKG (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 7) geht der Gesetzgeber ebenfalls davon aus, dass eine Differenzierung zwischen Ansässigen und Auswärtigen hinsichtlich des Studienguthabens zulässig sei. Im Übrigen befinde sich der Studienwohnsitz bei einem ernsthaft betriebenen Studium sowieso am Studienort.

12

c) Im Jahr 2010 wurde durch Art. 13 Nr. 1 und 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) die Landeskinderregelung des § 3 BremStKG aufgehoben und § 2 Abs. 1 Satz 1 BremStKG dem angepasst. Seit dem Wintersemester 2010/2011 erhalten alle Studierenden in Bremen mit der Einschreibung ein einmaliges Studienguthaben von 14 Semestern, das ein gebührenfreies Erststudium gewährleisten soll. Diese Gesetzesänderung sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen das hier zur Entscheidung stehende Vorlageverfahren eingeleitet hatte und das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung abgewartet werden sollte (Bürgerschafts-Drucks 17/1309, S. 7).

13

d) Für die Finanzierung der staatlichen Hochschulen in Bremen ist der Wohnsitz der Studierenden seit 2007 von Bedeutung. Nach § 106 Abs. 2 Satz 3 BremHG in der Fassung des Hochschulreformgesetzes vom 27. Februar 2007 (BremGBl S. 157) erhalten die Hochschulen von den Einnahmen des Landes aus den Steuereinnahmen nach Länderfinanzausgleich 1.000 € jährlich für Studierende, die als Einheimische ein Studienguthaben in Anspruch nehmen.

II.

14

1. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens wehren sich gegen die Studiengebührenpflicht als auswärtige Studierende. Mit Gebührenbescheiden vom 16. Mai 2006 wurden sie für das Wintersemester 2006/2007 zur Zahlung einer Studiengebühr nach § 6 BremStKG in Höhe von 500 € aufgefordert, weil sie bereits nach einem Studium von zwei Semestern über kein Studienguthaben mehr verfügten, das ein gebührenfreies Studium ermöglichte. Die Universität Bremen wies ihre Widersprüche dagegen als unbegründet zurück und lehnte die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ab. Im nachfolgenden Klageverfahren ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche und der Klagen an.

15

2. Sodann hat das Verwaltungsgericht das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG, soweit danach auswärtige Studierende - anders als Studierende mit Wohnung beziehungsweise Hauptwohnsitz in Bremen - vom dritten bis zum 14. Semester zu einer Studiengebühr in Höhe von 500 € pro Semester herangezogen werden, gegen Art. 11 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

16

Die Verfassungsmäßigkeit der zur Überprüfung vorgelegten Vorschriften sei entscheidungserheblich, da das Gericht bei Gültigkeit der Vorschriften anders entscheiden würde als im Falle ihrer Ungültigkeit. Wäre die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verfassungsgemäß, seien die zulässigen Anfechtungsklagen als unbegründet abzuweisen. Wäre die Heranziehung zur Zahlung von Studiengebühren für auswärtige Studierende hingegen verfassungswidrig, wären die Gebührenbescheide mangels erforderlicher Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig, und den Klagen müsste stattgegeben werden.

17

Die vorgelegte Regelung verstoße gegen Art. 11 GG und Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG. Eine verfassungskonforme Auslegung sei nicht möglich.

18

Es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG vor, der das Recht gewährleiste, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnung zu nehmen. Zwar hindere die zur Überprüfung gestellte Regelung Studierende nicht unmittelbar an der freien Wahl ihres Wohnortes; gleichwohl werde aber an diese Wahl eine nachteilige Rechtsfolge geknüpft. Die Studiengebührenpflicht für auswärtige Studierende ziele auf eine Einschränkung der Freizügigkeit und sei nicht nur eine melderechtliche Formalität. Wollten Studierende von einem Studienguthaben nach § 2 BremStKG profitieren, seien sie gezwungen, ihre Wohnung und melderechtlich auch ihren Lebensmittelpunkt nach Bremen zu verlegen. Die vorgelegten Regelungen knüpften an die Ausübung des Grundrechts der Freizügigkeit auch einen - gemessen an den typisierten wirtschaftlichen Verhältnissen von Studierenden - wirtschaftlich spürbaren Nachteil. Sie stellten damit eine mittelbare, zielgerichtete Beeinträchtigung des Grundrechts der Freizügigkeit dar. Dieser Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit sei nicht zu rechtfertigen, da keiner der in Art. 11 Abs. 2 GG genannten Fälle vorliege.

19

Die Regelung in § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 BremStKG verstoße auch gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf diskriminierungsfreien Hochschulzugang. Die drohende Exmatrikulation bei Nichtzahlung stelle einen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit dar. Dieser Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG lasse sich verfassungsrechtlich nicht mit den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen rechtfertigen. Soweit einheimische und auswärtige Studierende ungleich behandelt würden, verstießen die Studiengebührenregelungen des Bremischen Studienkontengesetzes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Landeskinderklausel sei weder mit der Einwohnerprivilegierung auf kommunaler Ebene noch mit der Erhebung von Gastschulbeiträgen von auswärtigen Schülern und Schülerinnen im Rahmen der Subventionierung von Privatschulen vergleichbar. Da die nach Art und Umfang gleiche Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung regelmäßig ohne Berücksichtigung persönlicher Eigenschaften der Nutzenden in den Grenzen der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit gleich hohe Gebühren auslöse, könne ferner niemand zu einer höheren Abgabe herangezogen werden, nur weil er oder sie nicht vor Ort wohne. Auch im Hinblick auf den Gebührenzweck der Kostendeckung sei kein Differenzierungsgrund ersichtlich. Soweit der Zweck darin liege, höhere Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erhalten, fehle es an einem ausreichenden Zusammenhang zwischen dessen Zweck und dem Benutzungsverhältnis. Die Ausgleichszahlungen aus dem Finanzausgleich seien kein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.

20

Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG komme nicht in Betracht. Sie scheitere daran, dass die ausdrückliche, in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Bremischen Studienkontengesetzes, Studierende zur Wohnsitznahme in Bremen zu bewegen, nicht so verstanden werden könne, dass damit lediglich oder vorrangig eine effektive Durchsetzung des Melderechts bezweckt werde.

III.

21

Zu der Vorlage haben der Senat der Freien Hansestadt Bremen, die Niedersächsische Landesregierung, die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts, die Hochschulrektorenkonferenz, der Deutsche Hochschulverband, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. und die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.

22

1. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung vorgelegten Normen.

23

Art. 11 Abs. 1 GG sei von den vorgelegten Regelungen nicht berührt. Das Bremische Studienkontengesetz sei auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber habe das daraus folgende Teilhaberecht im Kern - den Zugang zur Hochschule - nur unter den Vorbehalt des Möglichen als Folge der Knappheit der Haushaltsmittel gestellt. Die Gebührenpflicht sei nach den Vorgaben des Sozialstaatsprinzips ausgestaltet und verhältnismäßig, insbesondere zumutbar. Bremen verfolge das legitime Ziel, sich gegen eine finanzielle Überlastung seiner Hochschulen durch auswärtige Studierende zu schützen, indem auch von diesen ein finanzieller Beitrag zu den Kosten ihres Studiums verlangt werde. Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester seien zumutbar (Hinweis auf BVerfGE 112, 226 <245>). Auf Antrag könnten Studierende zudem von der Gebührenpflicht ausgenommen werden; § 7 BremStKG ermögliche Stundung, Ermäßigung oder Erlass bei einer unbilligen Härte.

24

Die Regelungen in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 BremStKG seien mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie behandelten Studierende mit Wohnung in Bremen in Bezug auf das ihnen eingeräumte Studienguthaben zwar anders als Studierende mit Wohnung außerhalb Bremens. Dies sei jedoch gerechtfertigt. Anders als bei der Zulassung zum Studium sei das Hochschulwesen in Deutschland nicht als ein zusammenhängendes System anzusehen, das im Interesse länderübergreifender Nutzung der Ausbildungskapazitäten grundsätzlich eine bundesweite Reglementierung erfordere. Vielmehr entsprächen unterschiedliche Regelungen der bundesstaatlichen Ordnung. Zudem sei die Differenzierung sachlich begründet. In Bremen sollten alle Studierenden zu den erforderlichen Finanzmitteln für die Bereithaltung der Ausbildungskapazität bei angemessener Qualität beitragen (Bürgerschafts-Drucks 16/758, S. 5). Studierende mit Wohnung in Bremen täten dies indirekt über den Länderfinanzausgleich; Auswärtige zahlten Studiengebühren.

25

Der Landesgesetzgeber dürfe bei der Belastung mit Abgaben für die Benutzung von Einrichtungen des Landes zwischen Personen mit Wohnsitz innerhalb und Personen mit Wohnsitz außerhalb des Landes unterscheiden. Die Regelung sei zudem mit der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (BVerfGE 65, 325) vereinbar. Der Gesetzgeber könne auch entscheiden, welche über die Kostendeckung hinausgehenden Zwecke er mit einer Gebühr verfolge. Dazu gehörten Zwecke "einer begrenzten Verhaltenssteuerung". Es sei ein sachlicher Grund für differenzierte Abgaben, dass Auswärtige für eine Gebietskörperschaft keine Teilhabe an Steuern beziehungsweise Schlüsselzuweisungen bewirkten. Die Ausgleichszuweisungen aus der primären Steuerverteilung und aus dem Finanzausgleich seien ein sachnahes Surrogat für Studiengebühren.

26

2. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, dass er sich bislang zwar grundsätzlich zur Vereinbarkeit von Studienbeiträgen beziehungsweise Studiengebühren mit Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG geäußert habe (BVerwGE 134, 1). Die Besonderheit einer an den Wohnsitz anknüpfenden Studienabgabe habe dort jedoch keine Rolle gespielt. Der Senat bezweifelt, dass die bremische Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.

27

3. Die Hochschulrektorenkonferenz macht sich hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgelegten Normen mit Art. 12 Abs. 1 GG die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zu eigen. Mit der Erhebung eines Studienbeitrags in Höhe von 500 € pro Semester sei jedoch kein spürbarer wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Eingriffs in Art. 11 GG verbunden.

28

4. Der Deutsche Hochschulverband hält § 6 Satz 1 BremStKG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG für verfassungswidrig. Zwar stehe das Grundgesetz der bislang praktizierten Erhebung von Studienbeiträgen mit gesetzlich ausgestalteten Sicherungen wie in §§ 6 und 7 BremStKG, durch die insbesondere einkommensschwachen Bevölkerungsschichten ein gleichberechtigter Hochschulzugang ermöglicht wird, nicht entgegen. Doch sei die Landeskinderregelung ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 11 Abs. 1 GG. Studiengebühren in Höhe von 500 € für ein Semester seien ein wirtschaftlich spürbarer Nachteil. Schließlich stehe der primäre Gesetzeszweck der Einwohnergewinnung zur zusätzlichen Einnahmenerzielung nicht in unmittelbarem Zusammenhang zur Inanspruchnahme der Hochschulen Bremens.

29

5. Das Deutsche Studentenwerk, der Verband Hochschule und Wissenschaft im Deutschen Beamtenbund, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften e.V. folgen im Wesentlichen dem vorlegenden Gericht. Studiengebühren stellten die Chancengleichheit beim Hochschulzugang und im Studium in Frage und seien unsozial, insofern sie ein Studium von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Einzelnen abhängig machten. Die bestehenden Ungleichheiten im Bildungssystem würden durch sie noch verstärkt. Die Länder seien der Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Hinweis auf BVerfGE 112, 226) nach Sozialverträglichkeit von Studiengebühren nicht nachgekommen.

30

6. Die Klägerinnen und der Kläger des Ausgangsverfahrens halten die zur Prüfung gestellte Regelung für verfassungswidrig. Auch sie teilen im Wesentlichen die Auffassung des vorlegenden Gerichts. Die bremische Regelung sei mit Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar, da der Gesetzgeber seiner Regelungspflicht im Hinblick auf soziale Ausgleichsmaßnahmen zur Vermeidung faktischer Diskriminierung wegen der sozialen Herkunft Studierwilliger nicht nachkomme. Das Land Bremen sehe keine Darlehenslösung vor und habe Studierende nicht bereits dadurch ausreichend von der Erhebung von Studiengebühren befreit, indem es Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz von der Studiengebührenpflicht ausgenommen habe. Allgemeine Studiengebühren seien darüber hinaus mit Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 13 Abs. 1 und 2 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPwskR; in Kraft getreten am 3. Januar 1976, UNTS Bd. 993, S. 3, BGBl II S. 428) und Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 (ZP I EMRK; in Kraft getreten am 13. Februar 1957, ETS Nr. 9, BGBl II S. 226) in Verbindung mit Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; in Kraft getreten am 3. September 1953, ETS Nr. 5, BGBl II 1954 S. 14) unvereinbar.

B.

31

Die Vorlage ist zulässig.

32

§ 3 BremStKG in der Fassung der Bekanntmachung des Bremischen Studienkontengesetzes vom 18. Oktober 2005 (BremGBl S. 550) wurde zwar durch Art. 13 Nr. 2 des Zweiten Hochschulreformgesetzes vom 22. Juni 2010 (BremGBl S. 375) aufgehoben. Doch ist eine Vorlage im Rahmen des Art. 100 GG weiter zulässig, solange sich die Ausgangsverfahren mit dem Außerkrafttreten nicht erledigt haben (vgl. BVerfGE 16, 6 <15>; 29, 325 <326>; 47, 46 <64>). Eine Erledigung ist hier nicht eingetreten, denn die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Bescheide stützen sich auf die vom Verwaltungsgericht vorgelegten Normen.

33

Die Anforderungen aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG an die Begründung einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG sind erfüllt.

C.

34

Die in Bremen ehemals geltende Regelung, nach der auswärtige Studierende - im Unterschied zu Studierenden mit Wohnung in der Freien Hansestadt Bremen - zur Zahlung von allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 € vom dritten bis zum 14. Semester herangezogen wurden, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Zwar ergibt sich aus der Verfassung kein grundsätzliches Verbot der Erhebung allgemeiner Studiengebühren, wenn diese tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine sozial zumutbare Ausgestaltung gerecht werden (I). Doch ist die Belastung allein auswärtiger Studierender mit solchen Gebühren verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen (II).

I.

35

Die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren ist im Ausgangspunkt mit dem Grundgesetz vereinbar, solange und soweit die Gebühren nicht prohibitiv wirken und sozial verträglich ausgestaltet sind.

36

1. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Studienangebote, so muss er den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. BVerfGE 85, 36 <53>). Aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip der Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich für diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, im Rahmen der vom Staat geschaffenen Ausbildungseinrichtungen ein Recht auf freien und gleichen Zugang zum Hochschulstudium ihrer Wahl (vgl. BVerfGE 85, 36 <53 f.>; grundlegend BVerfGE 33, 303 <331 f.>; vgl. auch BVerwGE 134, 1 <7 f.>).

37

a) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen (BVerfGE 85, 36<53>). Dieses steht in engem Zusammenhang mit dem Recht der freien Berufswahl, da die Ausbildung in der Regel die Vorstufe einer Berufsaufnahme ist, beide also integrierende Bestandteile eines zusammengehörenden Lebensvorganges darstellen (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 f.>, unter Hinweis auf BVerfGE 7, 377 <401, 406>). Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz zielt dabei nicht nur auf die Abwehr von Eingriffen der öffentlichen Gewalt, sondern auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen (vgl. BVerfGE 33, 303 <330 f.>).

38

b) Aus diesem Teilhaberecht resultiert kein Anspruch auf Kostenfreiheit des Hochschulstudiums, doch dürfen Gebühren für ein Studium nicht prohibitiv wirken (aa) und müssen sozial verträglich ausgestaltet sein (bb).

39

Die Inanspruchnahme staatlicher Ressourcen durch einen eingeschränkten Nutzerkreis kann eine Abgabepflicht auslösen. Daher ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, bestimmte öffentliche Leistungen der Berufsausbildung, auch soweit diese bisher abgabenfrei waren, künftig nicht mehr kostenlos anzubieten (vgl. BVerwGE 134, 1 <8> m.w.N.).

40

aa) Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip verpflichten den Gesetzgeber jedoch, auch im Bereich des Hochschulzugangs für die Wahrung gleicher Bildungschancen zu sorgen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>); er muss Auswahl und Zugang nach sachgerechten, auch für die Benachteiligten zumutbaren Kriterien regeln (vgl. BVerfGE 43, 291 <345>). Der Gesetzgeber darf den Zugang zu staatlich geschaffenen Ausbildungseinrichtungen nicht prohibitiv gestalten. Gebühren dürfen keine unüberwindliche soziale Barriere vor dem Hochschulzugang errichten (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8, 14>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 19, 25). Unzulässig ist eine Gebührenregelung, wenn sie ihrer Höhe nach in einem nicht mehr hinnehmbaren Maße abschreckende Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 25).

41

bb) Das bedeutet nicht, dass Erschwernisse, die mit der Erhebung von Studienabgaben verbunden sind, vollständig durch soziale Begleitmaßnahmen kompensiert werden müssen (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Die Verfassung gebietet nicht den Ausgleich jeglicher sozialen, insbesondere ökonomischen, Ungleichheit, die auch in der familiären, sozialen oder individuellen Herkunft der Ausbildungswilligen ihre Ursache haben kann (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>). Der Gesetzgeber darf diese Umstände jedoch nicht völlig unberücksichtigt lassen, soweit sie zu ungleichen Ausbildungschancen führen. Er darf Studierwillige also beispielsweise nicht schlicht auf die Möglichkeit verweisen, für die Finanzierung eines Studiums marktübliche Kredite in Anspruch zu nehmen.

42

Verfassungsrechtlich geboten ist damit ein sozial verträgliches, also entweder ein grundsätzlich für alle finanziell tragbares oder aber ein um ein Ausbildungsförderungssystem ergänztes Ausbildungsangebot, das im Rahmen der staatlich geschaffenen Ausbildungskapazitäten allen entsprechend Qualifizierten ein Studium ermöglicht und den Zugang zum Studium insbesondere nicht von den Besitzverhältnissen der Eltern abhängig macht (vgl. BVerwGE 102, 142 <147>; 115, 32 <37>; 134, 1 <8>). Das Grundgesetz verbietet es, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel beim Hochschulzugang bevorzugt einem privilegierten Teil der Bevölkerung zu Gute kommen zu lassen (vgl. BVerfGE 33, 303 <334 f.>). Bei der Erhebung von Studiengebühren ist folglich den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>; BVerwGE 134, 1 <9 ff.>); entscheidend ist, wie schwer eine Gebührenlast unter den konkreten Bedingungen ihrer Ausgestaltung wiegt und ob sie im Ergebnis allen Betroffenen tatsächlich zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat den Zugang zu Einrichtungen zur Ausübung grundrechtlicher Freiheit insgesamt so zu gestalten, dass die sozialen Gegensätze hinreichend ausgeglichen werden und soziale Durchlässigkeit gewährleistet wird (Rüfner, in: Bonner Kommentar, Bd. 1, Art. 3 Abs. 1 Rn. 63, Oktober 1992; s.a. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 20 Rn. 119; Robbers, in: Bonner Kommentar, Bd. 5, Art. 20 Abs. 1 Rn. 1412, April 2009). Das Sozialstaatsprinzip verlangt darüber hinaus eine Ausgestaltung der Studiengebühren, die angemessen Rücksicht auf Belastungen Studierender nimmt, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind (vgl. BVerfGE 45, 376 <387>). Das gilt für Menschen mit Behinderungen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ebenso wie für Studierende mit Kindern oder Pflegeverantwortung in der Familie (Art. 6 Abs. 1 und 2 GG).

43

Wie der Gesetzgeber dem Verfassungsgebot zur sozialen Ausgestaltung allgemeiner Studiengebühren im Einzelnen Rechnung trägt, ist in weitem Umfang seiner freien Gestaltung überlassen. Er kann die von der Verfassung geforderte Chancengleichheit insbesondere durch die Höhe von Studiengebühren, durch Stipendien, spezielle Studienkredite und durch Härtefall- und Ausnahmeregelungen zu wahren suchen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt (BVerwGE 134, 1 <19 ff.>; BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 32), dass bei der entsprechenden Ausgestaltung von Studiengebühren die völkerrechtlichen Anforderungen zu beachten sind, hier aus Art. 10 Nr. 4 Buchstabe a der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (ESC; in Kraft getreten am 26. Februar 1965, ETS Nr. 35, BGBl II S. 1122), aus Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR (vgl. auch UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights, The right to education (Art. 13), UN Doc. E/C.12/1999/10 vom 8. Dezember 1999, Z. 19 f. zu Art. 13 Abs. 2 Buchstabe c IPwskR) und aus Art. 2 ZP I EMRK in Verbindung mit Art. 14 EMRK. Dagegen ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.

44

2. Nach diesen Maßgaben sind Studiengebühren im Umfang von 500 € je Semester bei Bereitstellung hinreichender sozialer Ausgleichsmaßnahmen nicht schon grundsätzlich verfassungsrechtlich ausgeschlossen.

45

a) Als Voraussetzung der Teilnahme am Studium beschränken Studiengebühren den grundrechtlichen Teilhabeanspruch. Diese Beschränkung stützt sich auf das legitime Ziel, eine ergänzende Einnahmequelle zur Finanzierung der Studienangebote zu schaffen, und ist hierfür auch geeignet und erforderlich.

46

b) Der Teilhabeanspruch wird durch Studiengebühren im hier in Rede stehenden Umfang nicht übermäßig beschränkt. Eine prohibitive Wirkung ist bei einer Studiengebühr in Höhe von 500 € derzeit nicht ersichtlich (vgl. BVerwGE 134, 1 <14>; BayVerfGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - Vf. 4-VII-07 -, juris, Rn. 145). Eine Gebühr in Höhe von 500 € im Semester wirkt nicht abschreckend oder sonst von vornherein unangemessen.

47

Allerdings ist eine Gebühr in dieser Höhe keine vernachlässigbare Größe. Zwar mag eine solche Gebühr in Bezug auf die Gesamtkosten des Studiums geringfügig und kompetenzrechtlich von nachrangiger Bedeutung sein (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Aus Sicht der Studierenden, deren Gesamtunterhaltsbedarf je nach Quelle mit zwischen circa 530 € und 812 € pro Monat angegeben wird (vgl. auch HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 26) ist auch dies als deutlich spürbar einzustufen (so für Baden-Württemberg auch BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 9.09 -, juris, Rn. 21; Urteil vom 15. Dezember 2010 - BVerwG 6 C 10.09 -, juris, Rn. 21).

48

Dass Studiengebühren in dem hier in Frage stehenden Umfang eine abschreckende Wirkung begünstigen können, ist nicht ausgeschlossen. So gaben bei einer Befragung von 5.240 Schulabgängerinnen und -abgängern im Jahr 2006 in Nordrhein-Westfalen 2,4 % beziehungsweise 6,5 % der Studienberechtigten an, aufgrund von Studiengebühren auf ein Studium zu verzichten oder es zu verzögern (HIS, Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 10); im bundesweiten Vergleich lag die Quote 2006 bei 3,6 % (HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15 f.) und im Jahr 2008 bei 5,3 % (HIS, Heine/Quast, Studienentscheidung im Kontext der Studienfinanzierung, 2011, S. 58).

49

Aus der nicht unerheblichen Belastung von Studierenden durch Studiengebühren in Höhe von 500 € je Semester folgt jedoch nicht ohne weiteres, dass diese angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Studierenden insgesamt prohibitiv wirkt. Eine "Gebührenflucht" aus Ländern mit in Länder ohne Studiengebühren ist nicht erkennbar. Nach der Einführung allgemeiner Studiengebühren sank die Wahrscheinlichkeit, im Heimatland ein Studium beginnen zu wollen, ausweislich der vorliegenden Studien in Gebührenländern lediglich um rund zwei Prozentpunkte (vgl. Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 63 f.; Dwenger/Storck/Wrohlich, Do Tuition Fees Affect the Mobility of University Applicants? Evidence from a Natural Experiment, Discussion Paper Nr. 926, 2009, S. 15 f.). Eine prohibitive Wirkung von Studiengebühren auf potentielle Studienanfängerinnen und -anfänger war 2008 nicht nachzuweisen, soweit Studierquoten und Studienanfängerzahlen von Ländern mit und ohne Gebühren miteinander verglichen werden (vgl. HIS, Heine/Quast/ Spangenberg, Studiengebühren aus Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 15).

50

c) Studiengebühren der hier in Rede stehenden Art bedürfen allerdings flankierender Maßnahmen, die soziale Verträglichkeit und damit den Anspruch auf einen möglichst chancengleichen Zugang zum Studium gewährleisten.

51

aa) Fehlen flankierende Maßnahmen, verstärken sich aufgrund unzureichender finanzieller Mittel und in Familien ohne akademischen Bildungsabschluss bestehende Nachteile beim Zugang zum Hochschulstudium und bei der Erlangung eines entsprechenden Abschlusses. Nach der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks 2009 studierten 71 % der Kinder aus Familien, in denen ein akademischer Bildungsabschluss vorhanden war, dagegen nur 24 % der Kinder aus Familien ohne einen solchen Abschluss (Deutsches Studentenwerk, Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland 2009, 19. Sozialerhebung 2010, S. 10 ff.; vgl. zur Entwicklung auch Vodafone Stiftung, Schindler, Aufstiegsangst? Eine Studie zur sozialen Ungleichheit im historischen Zeitverlauf, 2012). Bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium ist die finanzielle Belastung von erheblicher Bedeutung (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach, Chancengerechtigkeit? Studienfinanzierung als wichtiger Faktor der Entscheidungsfindung für die Aufnahme bzw. den Abbruch eines Hochschulstudiums, 2009, S. 13). Bei der Studienentscheidung wächst die Unsicherheit, je weniger die Finanzierung des Studiums von den Eltern geleistet werden kann, was Kinder aus ökonomisch schwächeren Familien benachteiligt. Studierende, die von ihren Eltern finanziert werden, sehen ihr Studium weit häufiger als sicher finanziert an als jene, die einen Kredit in Anspruch nehmen müssen (vgl. HIS, Heine/Quast/Spangenberg, Studiengebühren aus der Sicht von Studienberechtigten, 2008, S. 17 f.).

52

bb) Eines der zentralen Mittel zur Gewährleistung einer sozialverträglichen Absicherung von Studiengebühren ist die Bereitstellung von angemessen ausgestalteten Studiendarlehen. Maßgeblich für eine angemessene Ausgestaltung kann hierfür insbesondere sein, dass diese erst nach dem Abschluss des Studiums zurückzuzahlen und je nach persönlicher Situation Stundung, Niederschlagung oder Erlass möglich sind (vgl. BVerwGE 134, 1 <10 ff.>). Daneben kommen auch weitere Mittel in Betracht wie Ausnahme-, Ermäßigungs- und Erlasstatbestände für sozial schwächere Personen, also auch zur Rücksichtnahme auf Belange einkommensschwacher Bevölkerungskreise (vgl. BVerfGE 112, 226 <245>). Schließlich wird der Gesetzgeber auch Maßnahmen in Blick auf besondere Familiensituationen und die besonderen Gleichbehandlungsgebote des Grundgesetzes in Erwägung zu ziehen haben.

53

3. Ob die Bremer Regelung der Studiengebühren den Anforderungen an eine soziale Ausgestaltung des chancengleichen Zugangs zu einem Hochschulstudium in jeder Hinsicht entspricht, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Erhebung von Studiengebühren, wie sie mit der Bremer Regelung ins Werk gesetzt wird, ist jedoch nicht von vornherein mit der Verfassung unvereinbar. Ihr Umfang wirkt als solcher nicht prohibitiv und ist von dem Anspruch getragen, den Zugang zum Studium sozial verträglich auszugestalten.

II.

54

Die zur Prüfung gestellten Regelungen des § 6 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 BremStKG, die auswärtige Studierende anders als Landeskinder behandeln, indem sie nach dem (Haupt-)Wohnsitz in Bremen unterscheiden und nur Auswärtigen ab dem dritten Semester eine Gebührenpflicht auferlegten, verstoßen gegen das Teilhaberecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG auf freien und gleichen Hochschulzugang in einem bundesweit zusammenhängenden System.

55

1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416> m.w.N.).

56

Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 <157>; 93, 319 <348 f.>; 107, 27 <46>; 126, 400 <416>; 129, 49 <69> m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ergibt sich unter anderem aus jeweils betroffenen Grundrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 <96>). Hier folgt ein strengerer Rechtfertigungsmaßstab aus dem Teilhaberecht des Art. 12 Abs. 1 GG für den besonderen Sachbereich des Hochschulzugangs (vgl. BVerfGE 33, 303 <329 ff., 352 f.>).

57

2. Die vorgelegten Regelungen begründen eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte.

58

Studierende, die an Hochschulen in Bremen studieren und in Bremen wohnen, und solche, die in Bremen studieren, aber außerhalb Bremens ihren Wohnsitz haben, befinden sich hinsichtlich der Ausbildung, für die in den vorgelegten Vorschriften Gebühren erhoben werden, in einer vergleichbaren Lage. Beide nehmen das Studienangebot Bremens in gleicher Weise in Anspruch. Werden nur auswärtige Studierende zwischen dem dritten und 14. Semester mit Gebühren belegt, ist dies eine an den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende Ungleichbehandlung.

59

3. Es sind keine tragfähigen Sachgründe für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung erkennbar.

60

a) Als Rechtfertigungsgrund kann nicht allein auf den Wohnsitz oder Hauptwohnsitz und den hieraus folgenden Zugehörigkeitsstatus zum Land Bremen als solchen verwiesen werden.

61

aa) Allerdings sind unterschiedliche Regelungen in verschiedenen Ländern und verschiedenen Gemeinden verfassungsrechtlich nicht nur möglich, sondern sogar gewollt. Die Ermöglichung von Vielfalt ist ein wesentliches Element des Bundesstaatsprinzips wie auch der kommunalen Selbstverwaltung. Der Gleichheitssatz ist daher nicht anwendbar, wenn es um eine Ungleichbehandlung durch Regelungen verschiedener Kompetenzträger geht (vgl. BVerfGE 10, 354 <371>; 93, 319 <351>). Innerhalb des eigenen Kompetenzbereichs ist der Landesgesetzgeber prinzipiell nicht gehindert, von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen zu treffen, auch wenn dadurch Landeskinder praktisch begünstigt oder auch belastet werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Wenn insoweit in einigen Ländern Studiengebühren erhoben werden, in anderen dagegen nicht, ist dies aus Gleichheitsgesichtspunkten schon grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl. aus kompetenzrechtlicher Sicht BVerfGE 112, 226 <244 f.>). Anwendbar ist der Gleichheitssatz dagegen, soweit es wie hier um die Ungleichbehandlung von Landeskindern und anderen Personen in einer Landesregelung geht.

62

bb) Vorliegend scheidet eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung in bloßer Anknüpfung an den Wohnsitz aufgrund der Besonderheiten des geregelten Sachbereichs aus. Landesrechtliche Regelungen im Bereich des Hochschulwesens haben eine spezifische gesamtstaatliche Dimension, die besondere Rücksichtnahme der Länder untereinander verlangt. Fällt eine Materie in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers, greift aber der zu regelnde Lebenssachverhalt seiner Natur nach über Ländergrenzen hinaus und berührt wie hier das in allen Ländern gleichermaßen anerkannte Teilhaberecht auf freien und gleichen Hochschulzugang, dann sind einseitige Begünstigungen der Angehörigen eines Landes nur unter gesteigerten Anforderungen an ihre Rechtfertigung zulässig. Das Hochschulwesen ist ein solches bundesweit zusammenhängendes System, das zwar weithin in die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers fällt, in dem aber nicht alle Studiengänge überall angeboten werden und eine Nutzung der Ausbildungskapazitäten über die Ländergrenzen hinweg erforderlich ist (vgl. BVerfGE 33, 303 <352>). Daher darf beim Zugang zum Studium nicht pauschal nach Ländern differenziert werden (vgl. BVerfGE 33, 303 <355 f.>; 37, 104 <119 f.>). Entsprechend hatte sich auch der Parlamentarische Rat ausdrücklich gegen Landeskinder-Privilegien beim Zugang zu universitären Studien ausgesprochen (Parlamentarischer Rat, StenBer. über die 44. Sitzung des Hauptausschusses vom 19. Januar 1949, S. 569 <575 f.>; zitiert bereits in BVerfGE 33, 303 <329>).

63

b) Tragfähige Sachgründe für die Rechtfertigung der differenzierenden bremischen Gebührenregelung, die mit der Hochschulausbildung in Zusammenhang stehen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Die in der bremischen Regelung vorgenommene Gebührendifferenzierung ist nicht durch eine unterschiedliche Nutzung des Studienangebots gerechtfertigt (aa). Auch kann sich der Gesetzgeber zur Rechtfertigung nicht darauf berufen, mit der Regelung zur Wohnsitznahme in Bremen motivieren zu wollen, um so erhöhte Mittelzuweisungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zu erlangen (bb): Die Gebühr lässt sich nicht mit dem Argument rechtfertigen, die aus dem Finanzausgleich dem Land zufließenden Zuweisungen enthielten einen Betrag zur Finanzierung der Ausbildung der Studierenden mit Wohnung in Bremen; deshalb dürften auswärtige Studierende landesgesetzlich verpflichtet werden, gleichfalls - statt über den Finanzausgleich durch Gebühren - ihren bremischen Studiengang finanziell mitzutragen. Das Gleiche gilt bei einer gezielten Zuweisung im Landeshaushaltsgesetz ausschließlich für Studierende mit Wohnung in Bremen.

64

aa) Die Gebührendifferenzierung dient nicht dem Ausgleich einer unterschiedlichen Inanspruchnahme des Studienangebots. Es ist nicht ersichtlich, dass Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz außerhalb von Bremen Leistungen der bremischen Hochschulen in anderer Weise nutzten als Studierende mit (Haupt-)Wohnsitz in Bremen. Auswärtige Studierende verursachen weder höhere Kosten noch ziehen sie einen größeren Vorteil aus den von einer bremischen Hochschule angebotenen Leistungen. Der Wohnsitz, an den das Studienkontengesetz die Studiengebührenpflicht knüpft, hat keinen unmittelbaren Bezug zum Benutzungsverhältnis (so auch Kugler, Allgemeine Studiengebühren und die Grundrechte der Studierenden, 2009, S. 194).

65

bb) Auch das Ziel des Landes Bremen, durch finanziellen Druck Studierende zu einer Wohnsitznahme in Bremen zu veranlassen, damit das Land erhöhte Mittel im Rahmen des Finanzausgleichs erhält, trägt die Ungleichbehandlung nicht. Zwar sind die Länder und auch Gemeinden grundsätzlich nicht gehindert, Personen, die ihre Einrichtungen nutzen wollen, durch finanzielle Anreize oder finanziellen Druck zu veranlassen, auch ihren (Haupt-)Wohnsitz in das eigene Gebiet zu verlegen. So kann bei doppeltem Wohnsitz etwa auf das Melde- oder - in Form einer Zweitwohnungsteuer - auf das Steuerrecht zurückgegriffen werden. Für die Erhebung von Studiengebühren, die (auch) dazu dienen, zur Wohnsitznahme zu motivieren, um so zusätzliche Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zu erlangen, fehlt es jedoch an dem im Bereich des Hochschulwesens erforderlichen Sachzusammenhang.

66

Das Land Bremen erhält zwar Ausgleichszuweisungen nach §§ 4 ff. Finanzausgleichsgesetz (FAG) und Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 FAG aus dem Finanzausgleich. Sie dienen aber in der Regel der Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs des Landes (§§ 4 ff. und § 11 Abs. 1 und 2 FAG); die sonstigen Bundesergänzungszuweisungen nach § 11 Abs. 3 bis 4 FAG sind anderen Zwecken als der Hochschulfinanzierung gewidmet. Alle Zuweisungen fließen zudem in den Haushalt des Landes Bremen. Der bremische Haushaltsgesetzgeber entscheidet dann in eigener Verantwortung in seinem Budget über die Verwendung dieser Finanzmittel. Damit ist der Sachzusammenhang zwischen den Ausgleichszuweisungen des Finanzausgleichs und der Finanzierung der Hochschulen gelöst. Deswegen können auch keine bestimmten Beträge daraus allein den Studierenden mit Wohnung in Bremen zugeordnet werden; ebenso wenig kann ein Fehlbetrag den Studierenden ohne Wohnung in Bremen zugerechnet werden (vgl. auch BVerfGE 65, 325 <355 f.>). Eine Rechtfertigung der Studiengebühr für auswärtige Studierende vom dritten bis zum 14. Semester ist sachlich nicht möglich, denn es fehlt an einem hinreichenden Sachzusammenhang zwischen den Finanzausgleichsmitteln als allgemeinen Einnahmen des Landeshaushalts, der Verwendungsentscheidung des Landeshaushaltsgesetzgebers sowie der Studiengebühr für Auswärtige. Ein Versuch einer Rechtfertigung der Studiengebühr durch Zuordnung von Ausgleichszuweisungen zum Aufwand für Ausbildungsplätze bremischer Studierender würde außerdem zugleich den berechtigten Einwand hervorrufen, gerade diese Ausbildungsplätze seien von dritter Seite - nämlich den Geberländern des Finanzausgleichs - mitfinanziert worden; auf diese Weise würde das Land Bremen letztlich aus einer Zuwendung von außen eine Studiengebühr für auswärtige Studierende zu legitimieren versuchen.

67

Gleiches würde gelten, falls das bremische Landeshaushaltsgesetz selbst den Hochschulen Finanzmittel ausschließlich für die Finanzierung der Studierenden mit Wohnung in Bremen zuwiese, denn es besteht angesichts des bundesweiten Zusammenhangs des Hochschulsystems kein Sachgrund, auswärtige Studierende gezielt vom Studium fernzuhalten. Jedenfalls könnte eine derartige Vorschrift nicht dazu eingesetzt werden, den Aufwand für bremische Studierende als finanziert, den für auswärtige Studierende aber für ungedeckt zu betrachten, denn damit würde das Teilhabegrundrecht des Art. 12 GG, das ein bundesweit zusammenhängendes Hochschulangebot gleicher Zugangskonditionen verlangt (vgl. grundlegend dazu BVerfGE 33, 303 <329 ff.>), verkannt, indem das Land im Haushalt nur Ausgaben für Studierende mit Wohnung in Bremen vorsähe. In haushaltsrechtlicher Hinsicht würde es dann ein Hochschulangebot allein für bremische Studenten schaffen. Ob eine solche Vorschrift allein als Berechnungsmethode für die Gesamtaufwendungen der bremischen Hochschulen zulässig wäre, war vom Senat nicht zu entscheiden.

D.

68

Die Entscheidung ist zu C. II. mit 6 : 2 Stimmen ergangen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller will vorläufig zum Masterstudiengang „Informatik“ der Fakultät für Angewandte Informatik der Universität Augsburg im Wege der einstweiligen Anordnung zugelassen werden.

Mit Bescheid vom 24. Februar 2014 hat die Universität Augsburg seinen Antrag auf Zulassung zu diesem Masterstudiengang abgelehnt, weil sein an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mannheim im Fach Wirtschaftsinformatik erworbener Abschluss als Diplom-Wirtschaftsinformatiker (DH) nicht vergleichbar mit den Bachelorabschlüssen „Informatik“, „Informatik und Multimedia“, „Informatik und Informationswirtschaft“ oder „Wirtschaftsinformatik“ der Universität Augsburg sei. Dagegen ließ der Antragsteller Klage erheben und einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen, ihn vorläufig zu diesem Studiengang zuzulassen, den das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 6. März 2014 abgelehnt hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass alle tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulassung zu dem Masterstudiengang erfüllt sind, insbesondere die nach § 6 Abs. 1 der Prüfungsordnung für den Masterstudiengang Informatik der Fakultät für Angewandte Informatik der Universität Augsburg vom 16. November 2012 (PO) erforderliche Vergleichbarkeit seines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses mit einem Bachelorabschluss in „Informatik“, „Informatik und Multimedia“, „Informatik und Informationswirtschaft“ oder „Wirtschaftsinformatik“ der Universität Augsburg. Wesentliches Merkmal der in § 6 Abs. 1 PO genannten Bachelorabschlüsse sei die fundierte mathematische und informatiktheoretische Ausbildung. Aus den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen gehe nicht hervor, dass er bei seiner Ausbildung derartige Kenntnisse in vergleichbarem Umfang und vergleichbarer Tiefe erworben habe. Es sei seine Sache, insoweit für Aufklärung zu sorgen und die behaupteten Tatsachen glaubhaft zu machen. Außerhalb des von ihm abgeschlossenen Studiengangs erworbene Kenntnisse könnten in die Gleichwertigkeitsbeurteilung nicht einfließen. Der „Bologna-Prozess“ fordere nicht, jeden Bachelorabschluss auf einem bestimmten Gebiet als Voraussetzung für ein konsekutives Masterstudium ausreichen zu lassen. Die Universität könne aufgrund ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit einen Masterstudiengang konzipieren und den Nachweis der hierfür erforderlichen Kompetenzen fordern.

Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Beschwerde lässt der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, er sei für den Masterstudiengang mit seinem an der dualen Hochschule erworbenen Abschluss als Diplom-Wirtschaftsinformatiker (DH) mit der Gesamtnote 1,3 qualifiziert. Art. 43 Abs. 5 des Bayerischen Hochschulgesetzes sei als Rechtsgrundlage für die von der Universität Augsburg erlassene Satzung nicht hinreichend bestimmt. Der objektiven Beschränkung des Zugangs zum Masterstudiengang liege kein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zugrunde, das einen Eingriff in das Studienfortsetzungsgrundrecht, das Berufszulassungsgrundrecht und das Teilhabegrundrecht des Antragstellers rechtfertige. Nicht der Bachelor-, sondern der Masterabschluss sei der in der freien Wirtschaft anerkannte berufsqualifizierende Abschluss wie ehedem das Diplom. Die Orientierung der Zugangsvoraussetzungen für den Masterstudiengang an den Bachelorstudiengängen auf dem Gebiet der Informatik an der Universität Augsburg benachteilige externe Bewerber, die einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss an einer anderen Hochschule erworben hätten. Es handle sich um eine verkappte objektive Berufszulassungsschranke und eine getarnte Numerus-Clausus-Regelung. Es werde das Kapazitätserschöpfungsgebot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes i. V. m. § 32 Abs. 1 und § 38 der Hochschulzulassungsverordnung verletzt. Die Regelung verstoße gegen die allgemeine Handlungsfreiheit im Sinn des Art. 101 i. V. m. Art. 128 der Bayerischen Verfassung und schließlich gegen Art. 2 des Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention.

Der Antragsteller sei mit seinem Abschluss als Diplom-Wirtschaftsinformatiker (DH) mit der Note 1,3 auf alle Fälle qualifiziert. Die bloße Behauptung, der Diplomabschluss des Antragstellers mit der Gesamtnote 1,3 sei nicht vergleichbar mit dem Bachelorabschluss in den eigenen Informatikfächern der Universität Augsburg sei eine unverhältnismäßige und ungeeignete Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Vergleichbarkeit“ dieser Bachelorstudiengänge im Hinblick auf die Ausbildung und die berufliche Tätigkeit des Antragstellers. Sein Abschluss sei nicht fachfremd, weshalb es offenkundig nicht an der Gleichwertigkeit der Studienabschlüsse fehle. Der Antragsteller habe die erforderlichen Kompetenzen auch durch seine berufliche und insbesondere seine selbstständige Tätigkeit erworben.

Die ablehnende Entscheidung der Universität Augsburg leide ferner an gravierenden Verfahrensfehlern. Der Antragsteller sei weder fachlich geprüft worden noch werde die Begründung der Entscheidung den Anforderungen an berufseröffnende Prüfungen und das Dokumentationserfordernis gerecht.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2014 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zum Masterstudium in der Fachrichtung Informatik nach den Rechtsverhältnissen des Sommersemesters 2014 im ersten Fachsemester an der Universität Augsburg zuzulassen.

Der Antragsgegner tritt dem entgegen und beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen und auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen ergibt sich kein Anspruch des Antragstellers, vorläufig zum Masterstudium „Informatik an der Fakultät für Angewandte Informatik“ an der Universität Augsburg zugelassen zu werden.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller die Zugangsvoraussetzungen, insbesondere die in § 6 Abs. 1 PO geforderte Gleichwertigkeit seines Abschlusses mit einem Abschluss der in § 6 Abs. 1 PO genannten Bachelorstudiengänge, nicht glaubhaft gemacht hat.

Nach Art. 43 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) vom 23. Mai 2006 (GVBl S. 245, BayRS 2210-1-1-WFK), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), setzt der Zugang zu einem Masterstudiengang einen Hochschulabschluss oder einen gleichwertigen Abschluss voraus. Gemäß Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG können die Hochschulen durch Satzung weitere Zugangsvoraussetzungen festsetzen, insbesondere den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bestehen keine Bedenken. Sie stellt eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Regelung der studiengangsspezifischen Eignung durch Satzung der Hochschule dar. Insbesondere ist es im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz nicht zu beanstanden, dass der parlamentarische Gesetzgeber den Satzungsgeber zur Regelung der Einzelheiten der Festsetzung weiterer Zugangsvoraussetzungen, insbesondere der Anforderungen an einen ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss ermächtigt hat. Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG gibt insoweit Inhalt, Zweck und Ausmaß der gesetzlichen Ermächtigung hinreichend deutlich vor. Der Bewerber für den Masterstudiengang soll seine studiengangspezifische Qualifikation hierfür nachweisen. Die Zugangsvoraussetzungen im Einzelnen richten sich nach dem jeweiligen Studiengang und können deshalb sinnvoll nur auf untergesetzlicher Ebene geregelt werden (BayVerfGH, E.v. 12.7.2013 - Vf. 9-VII-12 - BayVBl 2014, 206/209 für Art. 44 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG).

Auch inhaltlich ist die Ermächtigung zur Festlegung eines Eignungsverfahrens als Voraussetzung für den Zugang zum Studium mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 101, Art. 128 Abs. 1 BV vereinbar und schränkt auch die für einen Masterstudiengang gewährleistete Freiheit der Wahl der Berufsausbildung nicht unzulässig ein.

Der Masterstudiengang nach Art. 43 Abs. 5 Satz 1 BayHSchG ist ein postgradualer Studiengang. Behauptungen, dass ein Bachelorstudiengang als erster berufsqualifizierender Abschluss allgemein nicht anerkannt sei, treffen nicht zu. Für die Bachelorstudiengänge, auf denen der hier in Frage stehende Masterstudiengang aufbaut (Art. 57 Abs. 2 Satz 3 BayHSchG), ist eine mangelnde Anerkennung als berufsqualifizierender Abschluss nicht durch belastbare Daten substanziiert. Die bisherige vielfältige berufliche Tätigkeit des Antragstellers zeigt im Übrigen, dass sein Abschluss offenkundig als berufsqualifizierend anerkannt wird.

Die von der Hochschule festgelegten weiteren Zugangsvoraussetzungen, insbesondere der Nachweis der studiengangsspezifischen Eignung dienen neben dem Interesse an der internationalen Reputation und der Akzeptanz der Masterabschlüsse durch den Arbeitsmarkt auch der Funktionsfähigkeit der Universitäten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium. Die mit dem Masterabschluss verfolgten Ausbildungsziele lassen sich nur dann mit angemessenem zeitlichen und sächlichen Aufwand erreichen, wenn die Studierenden eine bestimmte Qualifikation mitbringen. Diese Anliegen verkörpern ein gewichtiges Gemeinschaftsgut (BayVGH, B.v. 3.2.2014 - 7 CE 13.2131 - juris Rn. 13, B.v. 13.3.2013 - 7 CS 12.1779 - juris Rn. 19, B.v. 2.9.2013 - 7 CE 13.1084 - juris Rn. 22 f.; VerfGH Berlin, B.v. 19.6.2013 - 150/12 - juris Rn. 48; OVG NW, B.v. 18.4.2012 - 13 B 52/12 - NVwZ-RR 2012, 519). Auch Art. 2 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, wonach Niemandem das Recht auf Bildung verwehrt werden darf, hindern den Gesetzgeber und die Hochschulen nicht daran, für den Zugang zu einem Masterstudiengang neben einem Hochschulabschluss weitere Zugangsvoraussetzungen (Eignungsvoraussetzungen) zu verlangen (BayVGH, B.v. 2.9.2013 - 7 CE 13.1084 - juris Rn. 35 f.).

Die Universität Augsburg hat von der Ermächtigung des Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG durch die Regelung in § 6 PO in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.

Unbeschadet dessen, dass Art. 43 Abs. 5 BayHSchG die Aufnahme eines Masterstudiengangs als post-gradualen Studiengang (Art. 56 Abs. 3 Satz 2, Art. 57 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayHSchG) von einem vorausgehenden Hochschul- oder einem gleichwertigen Abschluss zusätzlich zur Hochschulreife abhängig macht, können die Hochschulen weitere Qualifikationsnachweise festlegen, wenn das Studium besondere Anforderungen stellt. Diese Anforderungen bestimmen die Hochschulen aufgrund ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit selbst. Sie dürfen dabei Qualifikationsnachweise fordern, soweit diese sicherstellen, dass die Bewerber den Anforderungen des von den Hochschulen konzipierten Studiengangs gerecht werden und die hinreichende Aussicht besteht, dass die Bewerber das Studium im Hinblick auf die Anforderungen erfolgreich abschließen können. Allerdings dürfen die Hochschulen den Zugang durch Eignungsanforderungen nicht uneingeschränkt begrenzen und etwa trotz vorhandener Ausbildungskapazitäten ein „Wunschkandidatenprofil“ festlegen. Die Qualifikationsanforderungen, die die Hochschulen insoweit aufstellen dürfen, hängen vielmehr von den speziellen fachlichen Anforderungen des jeweiligen Masterstudiengangs ab. Dabei müssen die Hochschulen sowohl die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Eignungsfeststellung als auch die inhaltlichen Kriterien, die für die Eignungsfeststellung maßgeblich sein sollen, sowie deren jeweilige Gewichtung hinreichend klar festlegen (BayVGH, B.v. 6.2.2014 - 7 CE 13.2222 - juris Rn. 14, B.v. 3.2.2014 - 7 CE 13.2131 - juris Rn. 14, B.v. 18.3.2013 - 7 CS 12.1779 - juris Rn. 20, B.v. 2.9.2013 - 7 CE 13.1084 - juris Rn. 31, B.v. 11.1.2010 - 7 CE 09.2804 - juris Rn. 18). Innerhalb dieses Rahmens steht Ihnen allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum offen.

Diesen Anforderungen wird die Regelung der Universität Augsburg gerecht. Der Bewerber kann die für den Masterstudiengang erforderlichen Grundkenntnisse durch seine fachliche Vorqualifikation aufgrund seines Erststudiums nachweisen.

Es steht den Hochschulen im Rahmen ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit frei, entsprechend konzipierte und aufeinander aufbauende Bachelor- und Masterstudiengänge anzubieten und als Eignungsvoraussetzung für den Masterstudiengang Vorkenntnisse zu verlangen, wie sie in den von ihr angebotenen, dem Masterstudiengang vorgelagerten, Bachelorstudiengängen vermittelt werden (Art. 57 Abs. 2 Satz 3 BayHSchG). Darin allein liegt keine Benachteiligung externer Bewerber. Auch Absolventen eines Bachelorstudiengangs der Universität Augsburg müssen die Eignungsanforderungen erfüllen. Dass das bei ihnen möglicherweise in höherem Maß als bei Bewerbern anderer Hochschulen der Fall ist, beruht auf der Koordination der Studieninhalte und dem passgenauen Zuschnitt der Bachelorstudiengänge der Universität Augsburg, begründet aber keinen zu beanstandenden Nachteil für externe Bachelorabsolventen. Insoweit ist die Ablehnung des Antragstellers nicht mit der Fallkonstellation vergleichbar, die der Entscheidung des Gerichts vom 18. März 2013 (7 CS 12.1779) zugrunde lag. Die dort vom Senat beanstandete Verletzung des Anspruchs auswärtiger Bewerber auf chancengleichen Zugang zum Masterstudium ergab sich aus dem Umstand, dass nach der entsprechenden Regelung nahezu zwei Drittel der hochschuleigenen Bachelorabsolventen mit einer Gesamtnote von 2,0 als geeignet für den Masterstudiengang anzusehen waren, während nach dem alternativen Besten-Ranking trotz vergleichbarer Vorqualifikation nur ein Viertel der auswärtigen Bewerber zum Zuge kamen. Für ein solches Missverhältnis zwischen den Zugangschancen hochschuleigener und externer Bewerber sind vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Auszug aus dem Arbeitsbericht des Wissenschaftsrats über „Prüfungsnoten an Hochschulen im Prüfungsjahr 2010“, dass durchschnittliche Absolventen einschlägiger Studiengänge anderer Universitäten Zugang zum Masterstudiengang erhalten.

Daneben auch berufliche Schlüsselqualifikationen einzubeziehen, ist nicht zwingend geboten. Die Hochschule darf aufgrund ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit die Anforderungen eines Studiengangs bestimmen und dazu die erforderlichen Nachweise festlegen, wobei sie auch der Praktikabilität des Zulassungsverfahrens Rechnung tragen darf. Insoweit sind Pauschalierungen möglich, die eine Individualprüfung von einzelnen erworbenen Qualifikationen und beruflichen Schlüsselqualifikationen vermeiden.

Das Abstellen auf die Gleichwertigkeit eines berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses mit den Abschlüssen, an denen sich ein konsekutiver Masterstudiengang ausrichtet, ist rechtmäßig und hinreichend bestimmt. Gemäß § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 2 PO wird die Vergleichbarkeit erster berufsqualifizierender Abschlüsse mit den in § 6 Abs. 1 PO genannten durch eine Kommission überprüft, deren Sachkunde die Richtigkeit des Ergebnisses der Überprüfung sicherstellen soll. Gleichwohl handelt es sich bei der Vergleichbarkeit um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Erfüllung vom Gericht voll überprüft werden kann und nicht um einen prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum. Denn es geht nicht um die Bewertung einer Leistung des Bewerbers, die in ein von der persönlichen Erfahrung eines Prüfers geprägtes Bewertungssystem einzustellen wäre (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014 Rn. 874 ff.).

Das Ergebnis, dass der erste berufsqualifizierende Hochschulabschluss des Antragstellers nicht mit den in § 6 Abs. 1 PO genannten Bachelorabschlüssen vergleichbar ist, ist nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat die Module der in § 6 Abs. 1 PO genannten Bachelorstudiengänge beispielhaft benannt, in denen die mathematisch-theoretische und informatik-theoretische Ausrichtung dieser Studiengänge und des auf ihnen aufbauenden Masterstudiengangs festgelegt wird und die für Letzteren erforderlichen Qualifikationen spezifiziert werden. Zum Nachweis dafür hat er einen Auszug aus dem Modulhandbuch für den Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik vorgelegt.

Diese Qualifikationen hat der Antragsteller mit seinem ersten berufsqualifizierenden Abschluss im Wesentlichen nicht nachgewiesen. Seine Qualifikationen unterscheiden sich grundlegend von denen, die in diesen Modulen vermittelt werden und die für das erfolgreiche Studium des Masterstudiengangs Informatik unerlässlich sind. Für den erfolgreichen Abschluss eines praxisbezogenen Studiums wie dem des Antragstellers steht danach nicht die theoretische Erfassung von Problemen, die Ableitung von Behauptungen in Form von Formeln daraus und schließlich der mathematische oder logische Beweis der Richtigkeit oder der Fehlerhaftigkeit dieser Behauptung im Vordergrund, sondern vielmehr der Umgang mit vorgegebenen Formeln, deren Ableitungen und praktische Anwendungen. Im Übrigen weisen auch die vom Antragsteller dargelegten beruflichen Tätigkeiten die spezifischen Qualifikationen für den Masterstudiengang Informatik an der Universität Augsburg nicht nach und lassen sich auch nicht aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Erklärung nachvollziehen. Weitere Darlegungen, die zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der Vergleichbarkeit des Hochschulabschlusses des Antragstellers mit den Bachelorabschlüssen auf dem Gebiet der Informatik an der Universität Augsburg führen und den Anordnungsanspruch glaubhaft machen könnten, können dem Beschwerdevorbringen nicht entnommen werden. Die Anforderungen an die Darlegungslast sind zumindest im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht überzogen. Auf die Note, mit der der Antragsteller sein Studium, dem eine andere Ausrichtung zugrunde liegt als den in § 6 Abs. 1 PO genannten Bachelorstudiengängen, abgeschlossen hat, kommt es nicht an.

Die Entscheidung über die Vergleichbarkeit des Abschlusses des Antragstellers mit einem Informatik-Bachelor-Abschluss der Universität Augsburg krankt auch nicht daran, dass ihre Begründung den Anforderungen an eine berufseröffnende Prüfung und das hier bestehende Dokumentationserfordernis nicht gerecht wird. Das Verwaltungsgericht hat richtig erkannt, dass die Begründungsmängel des Bescheids der Universität Augsburg vom 24. Februar 2014 nicht entscheidungserheblich sind. Ein besonderes Begründungs- und Dokumentationserfordernis, besteht nur bei Prüfungsentscheidungen, in denen ein prüfungsspezifischer Bewertungsspielraum eröffnet ist. Bei der Entscheidung über die Vergleichbarkeit der Abschlüsse handelt es sich jedoch um die Subsumtion unter einen unbestimmten Rechtsbegriff, die gerichtlich voll überprüfbar ist.

Das Zugangsverfahren nach der Prüfungsordnung für den Masterstudiengang Informatik der Fakultät für Angewandte Informatik der Universität Augsburg ist auch nicht als getarnte Kapazitätsregelung und Umgehung des Gesetzes über die Hochschulzulassung in Bayern (Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz - BayHZG) vom 9. Mai 2007 (GVBl S. 320, BayRS 2210-8-2-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), anzusehen, wonach Studienplätze im Auswahlverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung oder in einem örtlichen Auswahlverfahren vergeben werden, wenn die Zahl der Bewerber für einen Studiengang die Kapazitäten der Hochschule übersteigt (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayHZG). Nach der von der Universität Augsburg erlassenen Regelung haben alle Bewerber einen Anspruch auf Zugang zum Masterstudium, wenn sie den Eignungsanforderungen genügen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewerberzahl die Kapazität übersteigen könnte, gibt es nicht und wurden auch vom Antragsteller nicht vorgetragen. Die Universität Augsburg hat demnach genügend Kapazitäten, um alle geeigneten Studienbewerber auszubilden. Dies hindert sie jedoch nicht daran, auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG weitere subjektive Zugangsvoraussetzungen festzulegen.

Inwiefern die Regelung der Universität Augsburg hinsichtlich des Zugangs zum Masterstudiengang Informatik dem Gebot des Art. 2 Abs. 3 Satz 4 BayHSchG widerspricht, dafür Sorge zu tragen, dass Studierende mit Behinderungen in ihrem Studium nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können, ist vom Antragsteller weder substanziiert vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5, 1.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (http://www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.