Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Feb. 2012 - 5 K 3000/11

bei uns veröffentlicht am14.02.2012

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 29.09.2011 in der am 05.12.2011 ergänzten Fassung wird angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Die Beigeladene ist Eigentümerin der Baugrundstücke Flst.Nr. 10677/1 in ... sowie einer Teilfläche des östlich angrenzenden Grundstücks Flst.Nr. 10677. Die Grundstücke wurden ihr aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 30.03.2009 von der Antragsgegnerin zur Errichtung und zum Betrieb eines Krematoriums veräußert. Der Antragsteller ist Eigentümer des zu Wohnzwecken und gewerblich genutzten Grundstücks Flst.Nr. 10679 in ... Er stellt dort seit dem Jahr 2008 Honigwein (Met) her und füllt Schnaps ab. Inzwischen wurde die Produktion zur Apfelsaftherstellung erweitert. Im Rahmen des Produktionsprozesses werden u.a. Früchte angeliefert, gebrannt, abgepresst, pasteurisiert und abgefüllt. Das Grundstück Flst.Nr. 10679 liegt westlich des Baugrundstücks. Zwischen den Baugrundstücken und dem Grundstück des Antragstellers verläuft eine Straße, die u.a. auch zum südlich gelegenen ca. 60 m entfernten Friedhof von ... führt. Das östlich an die Baugrundstücke angrenzende Grundstück ist noch unbebaut. Die genannten Grundstücke liegen sämtlich im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen Bebauungsplans „...“, der das ca. 16 ha große Plangebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) ausweist. Nach seinen schriftlichen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind im gesamten Plangebiet Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Anlagen für sportliche, kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten und Handelsbetriebe jeglicher Art nicht zulässig. Das Plangebiet liegt nördlich des Friedhofs des Ortsteils ..., östlich der L ... und südlich der Autobahn BAB ... bzw. der Autobahnanschlussstelle ... für die Bundesstraße B ... und der Landesstraße L ... Die Baugrundstücke liegen an der südlichen Grenze des Plangebiets. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt sich, dass die Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse erfolgte.
Am 28.11.2006 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Umsiedlungs- und Erweiterungswunsch des Betreibers ... eines Speditionsbetriebs den ursprünglich auf den südwestlichen Teil des Plangebiets bezogenen Aufstellungsbeschluss zur 1. Änderung des Bebauungsplans „...“, der sich noch jetzt im Verfahren befindet. Danach sollen etwa 9,8 ha des Plangebiets als Gewerbegebiet und etwa 1,2 ha als eingeschränktes Gewerbegebiet insbesondere dort festgesetzt werden, wo die Deckschichtenmächtigkeit geringer als 2 m ist. Speditionen und Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sollen nicht mehr ausgeschlossen sein.
Mit Bescheid vom 18.03.2009 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen, die seit Mitte 2008 Interesse an der Ansiedlung eines Krematoriums im Baugebiet „...“ bekundet hatte, eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums auf den oben genannten Baugrundstücken unter Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke. Gleichzeitig erteilte sie auch die Genehmigung zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage nach § 17 Bestattungsgesetz. Unter dem 18.12.2008 hatte die Antragsgegnerin der Beigeladenen ihre Bedenken im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens schriftlich mitgeteilt und auf die Notwendigkeit einer Änderung der planungsrechtlichen Festsetzungen hingewiesen. Auf den Aktenvermerk des Bauverwaltungsamts der Antragsgegnerin vom 20.01.2009 sowie die verwaltungsinterne Stellungnahme des Bauverwaltungsamts vom 18.03.2009 zur Erteilung der Befreiung wird ergänzend Bezug genommen. Danach sollte zunächst „im Zuge der wegen der Spedition ... eingeleiteten Bebauungsplanänderung ... 1. Änderung ein Krematorium ebenfalls zugelassen werden“. Die Beigeladene hat im Jahr 2009 nach Baufreigabe durch die Antragsgegnerin mit dem Bau des Krematoriums auf dem oben genannten Baugrundstück begonnen und den Rohbau errichtet. Am 23.06.2009 wurde der Beigeladenen von der Antragsgegnerin eine Änderungs-/Nachtragsbaugenehmigung erteilt, nach der der bis dahin zur Nutzung als Abschiedsraum genehmigte Raum als Besprechungsraum genehmigt wurde. Mit rechtskräftigem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23.06.2009 (1 K 1111/09) wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers angeordnet. Das Regierungspräsidium Karlsruhe forderte daraufhin die Antragsgegnerin unter dem 03.07.2009 auf, die Baugenehmigung wegen der Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts aufzuheben. Mit Abhilfebescheid vom 22.09.2009 hob die Antragsgegnerin die Baugenehmigung vom 18.03.2009 einschließlich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23.06.2009 auf. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage der Beigeladenen wurde durch seit 01.07.2011 rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.05.2011 (5 K 2976/09) abgewiesen.
Am 03.11.2009 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung (Änderung) des Bebauungsplans für den Bereich .../Teilflächen - 2. Änderung des Bebauungsplans. Ziel ist im Wesentlichen die Änderung der Ausweisung des Teilbereichs, der lediglich die Baugrundstücke umfasst, als bislang eingeschränktes Gewerbegebiet in ein sonstiges Sondergebiet (Feuerbestattungsanlage). Am 24.01.2011 unterzeichnete die Beigeladene einen städtebaulichen Vertrag mit der Antragsgegnerin, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Danach soll neben immissionsschutzrechtlichen Regelungen u.a. die Beigeladene auf dem Baugrundstück eine blickdichte Einfriedigung in einer Höhe von mindestens 2 m errichten. An Sonn- und Feiertagen sowie nach 21.00 Uhr und vor 6.00 Uhr sollen keine Kremierungen vorgenommen werden. Die Beigeladene erklärt sich u.a. mit der Aufnahme entsprechender Nebenbestimmungen in der dazu erteilten Baugenehmigung einverstanden. Außerdem verpflichtet sie sich zur Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Antragsgegnerin, um die in § 1 des städtebaulichen Vertrags genannten Voraussetzungen beim Betrieb eines Krematoriums einzuhalten.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 12.04.2011 den Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ und die Satzung über örtliche Bauvorschriften für den Bereich „..., 2. Änderung“. Dieser Bebauungsplan und die Satzung über die örtlichen Bauvorschriften traten am 01.09.2011 in Kraft. Der Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ beschränkt sich auf die Ausweisung des Grundstücks Flst.Nr. 10677/1 sowie eines Teilbereichs des Grundstücks Flst.Nr. 10677 als sonstiges Sondergebiet (SO) Feuerbestattungsanlage (Krematorium) nebst Festsetzung der Grundflächenzahl 0,6 und der Geschossflächenzahl 1,2. Die maximale Gebäudehöhe darf durch den Kamin der Anlage bis zu einer maximalen Höhe von 214,4 m ü. NN (19 m ü. EGFH) überschritten werden. Weiter heißt es in dem Bebauungsplan: Alle Festsetzungen des rechtsgültigen Bebauungsplans „...“ gelten auch im Bereich der Teiländerung „..., 2. Änderung“ fort, wenn sie nicht durch die nachfolgenden Festsetzungen (etwa Festsetzung einer Baugrenze sowie Pflanzgebot) geändert werden. Insoweit wird auf den Bebauungsplan Bezug genommen. Nach der Satzung über örtliche Bauvorschriften, hinsichtlich deren Inhalts im Übrigen auf die Akten Bezug genommen wird, sind im sonstigen Sondergebiet Einfriedigungen bis zu einer Höhe von 2,50 m zulässig. Auf dem Grundstück ist eine blickdichte Einfriedigung in einer Höhe von mindestens 2 m zu errichten, die gewährleistet, dass Sichtbeziehungen von und zu solchen Teilen des Betriebsgrundstücks nicht möglich sind, die Freiflächen oder solche, durch Fenster einsehbare Räume beinhalten, in denen die Kremierung selbst oder die Andienung stattfindet oder die zum Aufenthalt von Angehörigen der Verstorbenen zu dienen bestimmt sind. (….)
Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin wegen der Gültigkeit des Bebauungsplans „... (Teilflächen) - 2. Änderung - Sondergebiet Feuerbestattungsanlage“ vom 29.08.2011 am 07.10.2011 beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einen Normenkontrollantrag gestellt (3 S 2749/11). Eine Entscheidung liegt noch nicht vor.
Am 28.01.2011 beantragte die Beigeladene die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung einer Feuerbestattungsanlage auf dem Baugrundstück. In den Bauvorlagen wurde als gewerbliche Tätigkeit/Branche angegeben: „Einäscherungen im Verbrennungstrakt, Büro- und Aufenthaltsräume im Verwaltungstrakt“. Nach den beigefügten Bauvorlagen war u.a. im Erdgeschoss ein Besprechungsraum von 16,98 m² Fläche ausgewiesen. Ferner ist ein Stahlschornstein von 19 m ü. EFH vorgesehen. Die Antragsgegnerin leitete mit Schreiben vom 14.02.2011 gegenüber dem Antragsteller das Angrenzerbenachrichtigungsverfahren ein. Am 28.02.2011 wurde von der Beigeladenen ein geänderter Plan Erdgeschoss vorgelegt. Danach ist der bisherige Besprechungsraum als Abschiedsraum ausgewiesen. Mit Schreiben vom 16.03.2011 ließ der Antragsteller seine Einwendungen gegen das Bauvorhaben umfassend vortragen. Auf dieses Schreiben wird Bezug genommen. Unter dem 29.09.2011 wurde der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung eines Krematoriums mit einem Abschiedsraum erteilt. Zugleich wurden die Einwendungen des Antragstellers zurückgewiesen. Dieser erhob am 21.10.2011 Widerspruch. Mit Bescheid vom 05.12.2011 ergänzte die Antragsgegnerin die Baugenehmigung vom 29.09.2011 um Nebenbestimmungen, deren Inhalte in dem zwischen diesen Beteiligten geschlossenen städtebaulichen Vertrag vom 05.04.2011 vorgesehen sind. Diese betreffen die zu errichtende Einfriedigung von mindestens 2 m, die Betriebszeiten der Feuerbestattungsanlage, die Vorlage von Messberichten über die kontinuierliche Emissionsmessung sowie den Austausch des Wärmetauschers jeweils nach 500 Einäscherungen. Im einzelnen wird auf den Inhalt des Bescheids vom 05.12.2011 Bezug genommen. Die Beigeladene verzichtete auf Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 05.12.2011. Der Antragsteller erhob hiergegen mit Schreiben vom 03.01.2012 Widerspruch.
Am 11.11.2011 suchte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Karlsruhe um vorläufigen Rechtsschutz nach.
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Der Antragsteller beantragt,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen unter dem 29.09.2011 erteilte und am 05.12.2011 ergänzte Baugenehmigung der Antragsgegnerin anzuordnen.
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Zur Begründung führt er aus: An der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung bestünden ernstliche Zweifel. Die Genehmigung des Krematoriums verstoße gegen Vorschriften, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt seien. Das genehmigte Krematorium verstoße aller Voraussicht nach gegen die für das Baugrundstück maßgebliche Art der baulichen Nutzung. Die Bebauungsplanänderung zur Art der baulichen Nutzung sei nämlich unwirksam. Sie sei bereits formell fehlerhaft. Die Bekanntmachung des Bebauungsplans sei vor dessen Ausfertigung erfolgt. Wesentliche Unterlagen für die Entscheidung, ob die Bebauungsplanänderung als Satzung beschlossen werde, seien erst in der Gemeinderatssitzung am 12.04.2011 den Gemeinderäten überreicht worden. Es lägen Fehler bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials vor. So sei etwa das Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des bestehenden Zustandes nicht ordnungsgemäß ermittelt und bewertet worden. Es fehle vor allem an einer ordnungsgemäßen Ermittlung und Bewertung der mit der Ansiedlung eines Krematoriums verbundenen Immissionen, u.a. der Verkehrsimmissionen und der sonstigen mit dem Verkehr verbundenen Nachteile. Zusätzlicher Verkehr entstünde nicht nur bei der An- und Ablieferung von Leichen und Urnen, sondern gerade auch durch die Angehörigen und sonstigen Besucher, welche der jeweiligen Verbrennung beiwohnen. Angeblich rechne die Betreiberin mit rd. 4.000 Verbrennungen pro Jahr. Der städtebauliche Vertrag lasse jedoch einen werktäglichen Betrieb mit jährlich 8.760 Betriebsstunden zu, was tatsächlich rund 7.000 Kremierungen ermögliche. Die vorstehend genannten Fehler seien nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB auch beachtlich. Darüber hinaus bestünden ernstliche Zweifel, ob die Änderung des Bebauungsplans für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auf der Gemarkung der Antragsgegnerin überhaupt erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei. Ein städtebaulicher Grund lasse sich der Bebauungsplanbegründung nicht entnehmen. Dort werde lediglich ausgeführt, dass sich ein Betreiber einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium), die aus dem Einzugsgebiet mit rd. 4.000 Verbrennungen pro Jahr rechne, für den Standort entschieden habe (Ordner VIII, Nr. 7, Begründung zum Bebauungsplan, Seite 1 und 2). Folglich seien rein private Interessen Grund für die Bebauungsplanänderung gewesen. Darüber hinaus dürfte die Durchführbarkeit der Planänderung aufgrund der bestattungsrechtlichen Vorgaben infrage gestellt sein. Auch deshalb fehle es an der Erforderlichkeit. Der Bebauungsplan verstoße weiter gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB. Das Baugrundstück sei zuvor von der Antragsgegnerin an die Beigeladene zweckgebunden zum Bau eines Krematorium veräußert worden. Dies habe zu einer unzulässigen Vorwegbindung der planerischen Abwägung geführt. Vorentscheidungen etwa durch Abschluss eines Kaufvertrags dürften nicht zu solchen Bindungen führen, die das Bauleitplanverfahren zu einer funktionslosen Förmlichkeit werden ließen. Der abschließende Abwägungsvorgang dürfe nicht sachwidrig verkürzt werden. Bereits der Verfahrensablauf spreche vorliegend für eine derart unzulässige Vorwegbindung. In eine Bebauungsplanänderung sei nämlich erst dann eingetreten worden, als eine Einzelbaugenehmigung für das beabsichtigte Krematorium gescheitert gewesen und der Rohbau auf Basis einer zunächst erteilten rechtswidrigen Baugenehmigung bereits errichtet worden sei. Die Antragsgegnerin habe bereits mit Kaufvertrag vom März 2009 das Baugrundstück an die Beigeladene zweckgebunden zur Errichtung und zum Betrieb eines Krematoriums verkauft. Die Antragsgegnerin habe in dem Kaufvertrag nur die Ansprüche wegen eines Sachmangels am Vertragsgegenstand, nicht auch wegen eines Rechtsmangels ausgeschlossen. Für diesen hafte sie nach dem Kaufvertrag. Auch Planungsalternativen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dies gelte auch für das so genannte ...-Areal, welches als Alternativstandort in Betracht zu ziehen gewesen wäre (Ordner VIII, Nr. 7, Seite 6 des Sitzungsprotokolls vom 12.04.2011). Außerdem sei der durch die Ansiedlung eines Krematoriums entstehende Konflikt mit der angrenzenden gewerblichen Nutzung, insbesondere seines Lebensmittel produzierenden Gewerbes, nicht bewältigt worden. Die Einzäunung löste diesen Konflikt nicht. Der Schornstein sei weithin sichtbar. Auch eine Einzäunung ändere nichts an der Tatsache, dass mehrere 1.000 Leichen auf dem Nachbargrundstück verbrannt würden. Die Planänderung sei schließlich auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht nur die Festsetzungen des Bebauungsplanes, sondern gerade auch den Inhalt des städtebaulichen Vertrages ihrem Satzungsbeschluss zugrundegelegt habe. So seien für die Abwägung durch die Antragsgegnerin ausweislich der Auswertung der erneuten Offenlage vom 11.02.2011 bis zum 10.03.2011 die Beschränkung der Betriebsstunden und die vertraglichen Regelungen zum Bypassbetrieb von Bedeutung gewesen. Sein privates Interesse an der Beibehaltung des bestehenden Zustands sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Unwirksamkeit der Bebauungsplanänderung ergebe sich im Übrigen bereits daraus, dass ein Krematorium an diesem Standort die Vorgaben des Bestattungsgesetzes nicht erfüllen könne. Damit stünden zwingende höherrangige Regelungen der Umsetzung entgegen. Das Krematorium habe nach § 17 Bestattungsgesetz zwingend einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes zu wahren und eine würdige Umgebung zu gewährleisten. Ein Krematorium sei in einem Gewerbegebiet grundsätzlich gebietsunverträglich. Dies gelte auch bei einer Betrachtung nach § 34 BauGB. Die Errichtung eines Krematoriums in unmittelbarer Nachbarschaft zu den umliegenden Gewerbebetrieben, insbesondere des Gewerbebetriebs des Antragstellers, sei rücksichtslos im baurechtlichen Sinne. Er sei durch das Vorhaben auch konkret nachteilig betroffen. Es liege eine konkrete Konfliktsituation zwischen dem Krematorium und dem auf eine ungestörte gewerbliche Nutzung ausgerichteten Betrieb des Antragstellers vor. Er habe neben einer Grundstückswertminderung mit gravierenden wirtschaftlichen Einbußen zu rechnen. Ergänzend verweise er auf sein Einwendungsschreiben vom 10.03.2011 sowie sein Schreiben vom 08.10.2011.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung führt sie aus: Es lägen keine Verfahrensfehler vor. Es komme darauf an, ob und inwieweit der Gemeinderat bereits mit den wesentlichen Umständen des Verhandlungsgegenstandes vertraut gewesen sei. Der Gemeinderat sei über die Inhalte der monierten Unterlagen bereits umfassend und ausreichend informiert gewesen. Eine erneute Offenlage sei auch nicht erforderlich gewesen. Das Interesse des Antragstellers an der Verschonung von Immissionen und sonstigen Beeinträchtigungen jeder Art sei zentraler Gegenstand der gesamten Beratung und Beschlussfassung, daneben aber auch Gegenstand der Regelungen in städtebaulichen Vertrag gewesen. Beides habe zum Ziel gehabt, die Interessen der Nachbarschaft und insbesondere diejenigen des Antragstellers möglichst weit unter Berücksichtigung der sonstigen städtebaulichen Ziele der Antragsgegnerin und weiterer öffentlicher und privater Belange zu berücksichtigen. Es gebe keinen abstrakten Anspruch auf Beibehaltung des bestehenden Zustandes. Der Antragsteller betreibe ein Unternehmen im Geltungsbereich eines Gewerbegebiets. Damit habe er mit all jenen Immissionen zu rechnen, die durch ein Gewerbegebiet hervorgerufen würden. Ein Krematorium rufe diesbezüglich keine anderen, insbesondere keine stärkeren Immissionen hervor als solche, die auch nach dem bisherigen Bebauungsplan möglich gewesen seien. Auch im eingeschränkten Gewerbegebiet seien Belästigungen durch Verkehr von Mitarbeitern, Lieferanten, aber auch Kunden jederzeit hinzunehmen. Der Antragsteller rechne selbst mit einem erheblichen Kundenaufkommen durch seinen Betrieb. Es gebe keine Hinweise, dass der Bebauungsplan zu einem größeren Verkehrsaufkommen führe, als dies bei Beibehaltung der bisherigen Planungssituation der Fall gewesen wäre. Zu keinem Abwägungsfehler führe, dass der Gemeinderat bei der Beschlussfassung - zulässigerweise - die Regelungen im städtebaulichen Vertrag, der auch eine Verdinglichung seiner Regelungen vorsehe, mit berücksichtigt habe. Die Ansiedlung eines Krematoriums in der Nähe des Friedhofs entspreche den städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin. Nachdem sie zur Kenntnis habe nehmen müssen, dass die aus ihrer Sicht wünschenswerte Ansiedlung des Krematoriums in dem durch Bebauungsplan festgesetzten herkömmlichen Gewerbegebiet auf rechtliche Zweifel gestoßen sei, habe sie sich für die Aufstellung eines Bebauungsplans unter Ausweisung eines Sondergebiets entschieden. Damit werde berücksichtigt, dass die Einordnung eines Krematorium hinsichtlich der Nutzungsart in der Rechtsprechung noch nicht abschließend entschieden sei. Dass der Ansiedlungswunsch eines Bauwilligen und die städtebaulichen Vorstellungen des Plangebers insoweit übereinstimmen, sei nicht ungewöhnlich und stelle insbesondere nicht die städtebauliche Rechtfertigung infrage. Für diese gelte beim herkömmlichen Angebotsbebauungsplan nichts anderes als bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Es sei nicht erkennbar, weshalb der Kaufvertrag die Abwägungsentscheidung beeinflusst oder eine Vorwegbindung geschaffen haben solle. Städte und Gemeinden würden ihren Grund und Boden in aller Regel unter Aufnahme einer entsprechenden Bauverpflichtung verkaufen. Dabei würden die vorher besprochenen und vom Käufer geäußerten Bauabsichten zum Gegenstand der Bauverpflichtung gemacht. Wenn die Kommune durch ihre eigenen planerischen Entscheidungen sodann die Umsetzung dieser Verpflichtung verunmögliche, sei der jeweilige Käufer von seiner Verpflichtung befreit, weil er zu nichts verpflichtet sein könne, was er rechtlich nicht dürfe. Eine Beeinflussung des Gemeinderats dahingehend, dass dem Käufer nun die Erfüllung seiner Verpflichtung durch entsprechende planungsrechtliche Schritte ermöglicht werden müsse, gebe es in einer solchen Konstellation nicht. Die Antragsgegnerin sei bei Abschluss des Kaufvertrags davon ausgegangen, dass es weiterer planungsrechtlicher Schritte zur Errichtung des Krematorium nicht bedürfe. Erst aufgrund der gerichtlichen Entscheidung sei sie eines Besseren belehrt worden und habe die planerisch gewollte Ansiedlung ermöglichen wollen. Ein Rechtsmangel des Grundstücks liege nicht vor. Die Antragsgegnerin habe sich ausreichend mit Alternativstandorten befasst. Von den geeigneten Standorten sei aus ihrer Sicht nur ein Standort noch etwas besser geeignet gewesen. Hier sei jedoch eine verkehrliche Anbindung nicht zu erreichen gewesen. Die schließlich getroffene Abwägung bewege sich in dem gerichtlich nicht überprüfbaren Rahmen. Worin der angeblich nicht bewältigte Abwägungsmangel hinsichtlich des Konflikts zwischen dem Krematorium auf der einen und dem Lebensmittel produzierenden Gewerbe des Antragstellers auf der anderen Seite liegen solle, könne auch der Antragsteller nicht vortragen. Wahrnehmbare Immissionen seien ausgeschlossen. Die Lebensmittelerzeugung auf dem Grundstück des Antragstellers werde nicht beeinträchtigt. Im Übrigen dürften durch einen Bebauungsplan hervorgerufene Konflikte auch in einem anderen Verfahren, etwa durch einen städtebaulichen Vertrag, gelöst werden. Dies sei angezeigt, wenn jenes andere Verfahren zur Lösung der Konflikte besser geeignet sei. So verhalte es sich hier, wie die Betriebsstundenbeschränkung exemplarisch zeige. Im Übrigen sei das Bauvorhaben auch nicht rücksichtslos.
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Die Beigeladene trägt vor: Der Antrag sei bereits unzulässig. Der Antragsteller hätte zunächst einen Aussetzungsantrag bei der Behörde stellen müssen. Es sei unzutreffend, dass sie jährlich rund 7.000 Kremierungen durchführen dürfe. Eine Kremierung dauere je nach Beschaffenheit des Leichnams zwischen 1 ¼ bis 1 ½ Stunden. Aus der durch den städtebaulichen Vertrag festgelegten Betriebszeit von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr resultiere eine technisch maximal mögliche Zahl an Einäscherungen von 10 Leichen pro Tag pro Verbrennungsofen. Im Bestattungsunternehmerbereich sei ein Transport von mindestens zwei Verstorbenen branchenüblich. Dies führe zu einem Verkehrsaufkommen von durchschnittlich fünf Fahrzeugen pro Tag, solange nur ein Verbrennungsofen eingebaut und betrieben werde. Im Falle der grundsätzlich genehmigten und irgendwann geplanten Erweiterung um den zweiten Verbrennungsofen werde hieraus ein durchschnittliches Verkehrsaufkommen von 10 Fahrzeugen pro Tag resultieren. Dies führe zu einer maximal möglichen Anzahl von jährlichen Einäscherungen in Höhe von 3.000 bei einem Ofen bzw. 6.000 bei zukünftig eventuell zwei Öfen. Diese Werte seien allerdings nicht erreichbar, da weder Reinigungs- und Wartungsausfallzeiten noch sonstige Stillstandszeiten und gesetzliche Feiertage berücksichtigt seien. Es sei also maximal mit einem Verkehrsaufkommen von vier bzw. acht Fahrzeugen der Bestattungsunternehmen pro Tag zu rechnen. Die Anwesenheit von Angehörigen während der Einäscherung stelle die absolute Ausnahme dar. Es werde höchstens mit 5-10 Besuchern pro Jahr gerechnet. Der eigentliche Abschied finde entweder bereits in einer vorherigen Trauerfeierlichkeit statt oder folge am Ort der Bestattung nach. Dass sich die Antragsgegnerin mit alternativen Standorten auseinandergesetzt habe, ergebe sich auch aus der Sammlung der Beschlussvorschläge zu den Stellungnahmen nach der Offenlage (Ordner VIII ..., 2. Änderung). Mängel im Abwägungsergebnis seien nicht ersichtlich. Es entspreche gängiger Verwaltungspraxis, dass Planungen durch Bauwünsche und Anfragen ausgelöst würden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Akten (Baugenehmigungsakten, Akten Bebauungsplan ... 2. Änderung, Ordner I bis VIII sowie die Akten ... 1. Änderung, 1 Ordner) Bezug genommen. Die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe 1 K 1111/09 und 5 K 2976/09 waren Gegenstand des Verfahrens.
II.
18 
Der - ohne Durchführung eines behördlichen Vorverfahrens i. S. d. § 80 Abs. 6 VwGO - zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 21.10.2011 und vom 03.01.2012 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 29.09.2011 in der am 05.12.2011 ergänzten Fassung anzuordnen, hat in der Sache Erfolg.
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Nach § 212a Abs. 1 BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung einen der genannten Rechtsbehelfe ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des jeweiligen Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, ob die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen höher zu bewerten sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage 2011, § 80 RdNr. 146; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 80 RdNr. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 80 RdNr. 73 f.).
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Dritte können eine Baugenehmigung dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
21 
Ob die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 29.09.2011 in der am 05.12.2011 um Nebenbestimmungen ergänzten Fassung gegen drittschützende Vorschriften verstößt, kann nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung nicht abschließend beurteilt werden. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs sind jedenfalls als offen anzusehen (1.). Nach der damit vom Gericht anzustellenden Interessenabwägung überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Beigeladenen (2.).
22 
1. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs sind offen.
23 
Ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung. Am 01.09.2011 war der Bebauungsplan "..., 2. Änderung“ in Kraft getreten. Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde der Beigeladenen am 29.09.2011 erteilt und am 05.12.2011 ergänzt. Damit ist das Bauvorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich unter Berücksichtigung des qualifizierten Bebauungsplans "..., 2. Änderung“ gemäß § 29 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 30 BauGB zu beurteilen. Der insoweit maßgebliche Bebauungsplan enthält Festsetzungen zur Art (Sondergebiet Feuerbestattungsanlage, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 3, § 11 BauNVO), zum Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB i.V.m. § 16 Abs. 3, § 18 Abs. 1 BauNVO) sowie der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 23 BauNVO).
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a. Sollte der Bebauungsplan "..., 2. Änderung“, der sich im Kern auf die Änderung der Baugebietsfestsetzung für die Baugrundstücke als sonstiges Sondergebiet (Feuerbestattungsanlage) unter Aufrechterhaltung der sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans "...“ beschränkt, nichtig sein, wäre das Bauvorhaben nach den Festsetzungen des Bebauungsplans "...“ in der am 03.05.2002 in Kraft getretenen Fassung, wonach die Baugrundstücke und das Grundstück des Antragstellers als eingeschränktes Gewerbegebiet ausgewiesen sind, zu beurteilen. Nach dem - den Beteiligten bekannten - rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.05.2011 - 5 K 2976/09 - würde das Bauvorhaben gegen den drittschützenden Gebietswahrungsanspruch des Antragstellers unabhängig vom Vorliegen konkreter unzumutbarer Beeinträchtigungen verstoßen. Dieser Anspruch berechtigt den Nachbarn, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Die festgesetzte Gebietsart eines eingeschränkten Gewerbegebiets wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt. Insoweit wird auf die Ausführungen des den Beteiligten bekannten Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.05.2011 Bezug genommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.02.2012 - 4 C 14.10 -, Pressemitteilung vom 02.02.2012; BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, juris).
25 
b. Die Kammer sieht nach dem Inhalt der Akten und dem Vorbringen des Antragstellers zwar keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der gerügten Verfahrensfehler, jedoch für materielle Mängel des Bebauungsplans "..., 2. Änderung“, die zu seiner Nichtigkeit führen können.
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aa. Es spricht viel dafür, dass der Bebauungsplan nicht an den gerügten formellen Mängeln leidet.
27 
Entgegen der Annahme des Antragstellers wurde der Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ ausweislich des Ausfertigungsvermerks am 26.08.2011 ausgefertigt und erst danach, nämlich am 01.09.2011 ortsüblich bekanntgemacht. Ausfertigung und Bekanntmachung des Bebauungsplans sind damit nicht in fehlerhafter Reihenfolge erfolgt.
28 
Auch die rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 4 Abs. 4 GemO in Bezug auf die Anforderungen nach § 34 Abs. 1 S. 1 GemO erhobene Verfahrensrüge des Antragstellers dürfte nicht durchgreifen. Die von ihm angeführte Stellungnahme der LUBW zur Immissionsprognose vom 07.04.2011, ein Papier zur Beantwortung dieser Fragen durch die Firma ... sowie die abschließende Stellungnahme der LUBW sind den Gemeinderäten zwar erst in der Sitzung vom 12.04.2011 überreicht worden. Stadtrat ... hat deshalb auch die Vertagung des Tagesordnungspunktes beantragt, „um wenigstens die Unterlagen lesen“ zu können (vgl. Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderats vom 12.04.2011, S. 3). Der Antragsteller kann jedoch nach dem Satzungsbeschluss schon deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, die Informationen über den Verhandlungsgegenstand seien unvollständig gewesen, weil § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO, der die rechtzeitige Mitteilung des Verhandlungsgegenstandes und die Beifügung der für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen vorschreibt, nur den Interessen der Mitglieder des Gemeinderates dient (VGH Bad.-Württ., Urt. vom 16.04.1999 - 8 S 5/99 -, NuR 2000, 153; Urt. v. 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -, juris; st. Rspr.). Zwar hat Stadtrat S. die Rechtzeitigkeit der den Gemeinderäten zugeleiteten Informationen in der Sitzung des Gemeinderats beanstandet und deshalb die Vertagung des Tagesordnungspunktes beantragt. Der Vertagungsantrag wurde aber daraufhin im Gemeinderat diskutiert und sodann durch Beschluss des Gemeinderats mehrheitlich abgelehnt. Damit hat das Gremium vor dem Satzungsbeschluss zu erkennen gegeben, dass es der Rüge nicht rechtzeitiger Information mehrheitlich nicht folgt, weil es die Informationsbasis für ausreichend hält und die durch § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO geschützten Interessen des Gemeinderats als gewahrt ansieht. Damit dürfte es auf die Frage, ob die sachlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Einberufung des Gemeinderats nach § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO erfüllt waren, nicht mehr ankommen. Indes dürften auch diese Voraussetzungen zu bejahen sein. Die Rüge des Stadtrats S. bezog sich zum einen auf die Stellungnahme der LUBW vom 07.04.2011 zur Immissionsprognose. Diese ergänzte lediglich als abschließende Stellungnahme zu den Anmerkungen der ... das - bereits vorliegende und bekannte - Immissionsgutachten für ein geplantes Krematorium. Die weiter monierte dem Ortschaftsrat ... vorliegende Chronologie des Verfahrens seit dem Jahr 2008 lag dem Gemeinderat bereits vor, wie schon in der Sitzung vom 12.04.2011 ohne Widerspruch klargestellt wurde. Es spricht damit einiges für die Annahme, dass der Gemeinderat auch in Bezug auf die gerügten fehlenden Unterlagen mit den wesentlichen Umständen des Verhandlungsgegenstandes seit längerem vertraut war.
29 
bb. Es erscheint der Kammer fraglich, ob der Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ frei von materiell-rechtlichen Fehlern ist.
30 
Die Kammer sieht Anhaltspunkte, die auf eine unzulässige Vorwegbindung der Antragsgegnerin bei der Beschlussfassung über die Satzung hindeuten.
31 
Dem Gebot der gerechten Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) widerspricht es, wenn der abschließende Abwägungsvorgang durch vorherige Bindungen der Gemeinde sachwidrig verkürzt wird.
32 
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 45, 309, 316 ff.) hat sich zur Bindung der Abwägung durch Vorentscheidungen wie folgt geäußert: Der einen Bauleitplan tragende Abwägungsvorgang findet zwar nicht „auf sozusagen planerisch freiem Feld“ statt. Der für den Abwägungsvorgang entscheidende Zeitpunkt, der erst am Ende des Planungsverfahrens liegt, wird vielmehr „sehr häufig mehr von Bindung als von Freiheit beherrscht“. Bereits die auf ein bestimmtes Ziel gerichtete Einleitung des Planverfahrens und sein Ablauf, insbesondere die Einbeziehung der Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange (§ 4) und der Öffentlichkeit (§ 3), führen „durchweg zu einer mehr oder weniger starken Präjudizierung des Verfahrensergebnisses“. Besonders bei Projekten einer bestimmten Größenordnung können nicht alle Entscheidungen bis zur abschließenden Abwägung zurückgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hebt ausdrücklich hervor, dass es zu einer notwendigen Wechselwirkung zwischen der planerischen Festsetzung und ihrer konkreten Verwirklichung kommt, je umfangreicher und je komplizierter ein planerischen Vorhaben ist. Das führe zu mehr oder weniger endgültigen Festlegungen, die eine entsprechende Schmälerung des abschließenden Abwägungsvorganges bewirken und auch bewirken sollen: „Dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge und anderes mehr können geradezu unerlässlich sein, um überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können“. Den sich hieraus ergebenden Konflikt zwischen der Effektivität einer Planung mithilfe von Vorentscheidungen und dem nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen umfassenden und ungebundenen Abwägungsvorgang hat das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich zu Gunsten des Grundsatzes einer von Bindungen freien Abwägungsentscheidung entschieden. Eine sachliche Verkürzung des abschließenden Abwägungsvorganges bedarf danach einer besonderen Rechtfertigung. Diese ergibt sich zunächst für die erwähnten verfahrensimmanenten Präjudizierungen der Abwägungsentscheidung (Einleitung des Planverfahrens, Berücksichtigung von Stellungnahmen der zu Beteiligenden u. a.). Demgegenüber ist eine Abwägung grundsätzlich unvollständig („Abwägungsdefizit“), wenn ihr sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bindend auswirkende Festlegungen vorangegangen sind. Ein auf diese Weise entstehendes Abwägungsdefizit kann jedoch unter folgenden kumulativen Voraussetzungen ausgeglichen werden: 1. Die Vorwegnahme der Entscheidung muss sachlich gerechtfertigt sein. 2. Bei der Vorwegnahme muss die planungsrechtliche Zuständigkeitsordnung gewahrt bleiben, d.h., es muss, soweit die Planung dem Gemeinderat obliegt, dessen Mitwirkung an den Vorentscheidungen in einer Weise gesichert sein, die es gestattet, die Vorentscheidung (auch) dem Gemeinderat zuzurechnen. 3. muss die vorgezogene Entscheidung inhaltlich den Anforderungen genügen, die an sie zu richten wären, wenn sie als Bestandteil des abschließenden Abwägungsvorgangs getroffen würde. Unter diesen Voraussetzungen kann auch der auf der Grundlage eines vom künftigen Bauherrn vorgelegten Projektentwurfs aufgestellte Bebauungsplan unbedenklich sein (vgl. Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 1 Rd.Nr. 113). Zwar kann es das sachgerechte Ziel eines Bebauungsplans sein, für das, was ohne förmliche Planung entstanden und nunmehr vorhanden ist, nachträglich eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Das Abwägungsgebot wird durch eine solche nachträgliche Planung nur verletzt, wenn gebotene planerische Erwägungen und Entscheidungen im Hinblick auf den bereits vorhandenen Bestand unterlassen werden. Wirkt eine Gemeinde in rechtlich bedenklicher Weise an der „Schaffung vollendeter Tatsachen“ mit, die die planerische Gestaltungsfreiheit einschränken, so kann die im nachfolgenden Planaufstellungsverfahren vorzunehmende Abwägung fehlerhaft sein; sie ist es jedenfalls dann, wenn andere Möglichkeiten zur Konfliktlösung nicht erwogen worden sind (Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 1 Rd.Nr. 114 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).
33 
Nach diesem Maßstab sieht die beschließende Kammer Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Verkürzung des abschließenden Abwägungsvorgangs, die nicht hinreichend gerechtfertigt ist.
34 
Folgende Umstände dürften nach Aktenlage zu vorangegangenen Festlegungen geführt und den Abwägungsvorgang verkürzt haben: So erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung des Krematoriums am 18.03.2009 in der Erkenntnis, dass auf der Grundlage der gültigen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen sowie der bis dahin bekannten Rechtsprechung die Zulassung des Bauvorhabens der Errichtung eines Krematorium in dem Gewerbegebiet „...“ voraussichtlich rechtswidrig ist und auch eine Befreiung nicht in Betracht kommt. Zugleich wurde der Beigeladenen deutlich gemacht, erforderlichenfalls die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Bauvorhabens durch eine entsprechende Bebauungsplanänderung, die zunächst im Rahmen der bereits am 28.11.2006 eingeleiteten 1. Änderung des Bebauungsplans „...“ vorgesehen war, zu schaffen. Beides ergibt sich aus einem Aktenvermerk vom 20.01.2009, einer verwaltungsinternen Stellungnahme des Bauverwaltungsamts vom 18.03.2009 zur Erteilung der Befreiung sowie dem Schreiben der Antragsgegnerin an die Beigeladene vom 18.12.2008. Auch die Beigeladene wusste auf der Grundlage der ihr bekannten bauplanungsrechtlichen Situation, der einschlägigen Rechtsprechung sowie der ihr bekannt gegebenen Einschätzung der Rechtslage durch die Antragsgegnerin ihrerseits um die voraussichtlich anzunehmende Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung für das von ihr beabsichtigte Bauvorhaben. Der - gleichwohl - nachfolgend am 30.03.2009 abgeschlossene notarielle Grundstückskaufvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, der die Errichtung eines Krematoriums zum Zwecke hat, ferner die Baufreigabe durch die Antragsgegnerin sowie die Errichtung des Bauvorhabens bis zum Rohbaustadium erfolgten im Wissen um das Risiko, das in der Einschätzung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens lag. Deshalb dürfte es auch - entgegen ihrem Vortrag in diesem Verfahren - unzutreffend sein, dass die Antragsgegnerin bei Abschluss des Kaufvertrags davon ausgegangen sein will, dass es weiterer planungsrechtlicher Schritte zur legalen Errichtung des Krematoriums nicht bedürfe. Schon damit spricht mehr dafür als dagegen, dass unter Mitwirkung der Antragsgegnerin vollendete Tatsachen geschaffen wurden, die geeignet gewesen sein dürften, die planerische Gestaltungsfreiheit für eine nachträglich erforderlich werdende Änderung des bestehenden Bebauungsplans einzuschränken. Diese Einschätzung wird verstärkt durch Anhaltspunkte, dass die Erwägungen des Gemeinderats der Antragsgegnerin bei der am 12.04.2011 erfolgten Beschlussfassung über den Bebauungsplan „..., 2. Änderung“, der sich im Übrigen lediglich auf die Baugrundstücke bezog, dadurch geleitet gewesen sein dürften, dass eine - befürchtete - Inanspruchnahme der Antragsgegnerin auf Schadenersatz wegen Amtspflichtverletzung durch die Beigeladene mit Blick auf die voraussichtlich rechtswidrig erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 vermieden werden sollte. In diesem Zusammenhang ist u.a. auch auf die Anfrage der das Bauvorhaben der Beigeladenen finanzierenden Bank vom 01.04.2010 an die Antragsgegnerin hinzuweisen, die auf den Zeitplan für die Wiedererlangung der Baugenehmigung für das bereits errichtete Bauvorhaben und damit auf die erwartete Legalisierung des Bauvorhabens gerichtet war. Der von der Beigeladenen am 24.01.2011 unterzeichnete städtebauliche Vertrag mit der Antragsgegnerin dürfte das bereits vorher durch Investitionen getätigte Engagement der Beigeladenen schließlich noch abgerundet haben.
35 
Der Kammer erscheint nach dem dargestellten höchstrichterlichen Maßstab fraglich, ob ein solchermaßen entstandenes Abwägungsdefizit hinreichend ausgeglichen wurde. Selbst wenn die Vorwegnahme der Entscheidung, ein Krematorium zuzulassen, sachlich gerechtfertigt gewesen sein sollte, erscheint es jedoch zweifelhaft, ob bei der Vorwegnahme die planungsrechtliche Zuständigkeitsordnung gewahrt blieb. Es ist weder von der Antragsgegnerin aufgezeigt worden noch ansatzweise ersichtlich, wie die Mitwirkung des Gemeinderats an der Vorentscheidung, das Krematorium auf den Baugrundstücken durch die Baugenehmigung vom 18.03.2009 zuzulassen, gesichert wurde. Dementsprechend bemängelte ausweislich des Protokolls des Gemeinderats aus der Sitzung vom 03.11.2009, in der der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans für den Bereich .../Teilflächen 2. Änderung gefasst wurde, etwa Stadtrat ..., dass das Gremium (gemeint: der Gemeinderat) nicht früher eingeschaltet worden sei und auch der Verlauf der Hauptausschusssitzung beim Verkauf so nicht abgelaufen sei. Es wäre besser gewesen, die Standortalternativen vorher zu klären. Weiter erscheint der Kammer auch fraglich, ob die damals durch Erteilung der Baugenehmigung vorgezogene Entscheidung inhaltlich den Anforderungen genügte, die an sie zu richten gewesen wären, wenn sie als Bestandteil des abschließenden Abwägungsvorgangs getroffen worden wäre. So dürften damals insbesondere bei der Standortfindung für das Krematorium keine Planungsalternativen einbezogen worden sein. Auch war der Gemeinderat bei der Zulassung des Bauvorhabens nicht mit der Frage der angemessenen Auflösung des Nutzungskonflikts, der durch die nachträgliche Schaffung einer Gemengelage zwischen der bereits vorhandenen - bauplanungsrechtlichen zulässigen - gewerblichen Nutzung durch den Antragsteller mit der neu anzusiedelnden Nutzung durch ein Krematorium ausgelöst wurde, befasst worden. Ebenso wenig ist für die beschließende Kammer ersichtlich, dass in Anbetracht der sich - schon zum Zeitpunkt der Erteilung der rechtswidrigen Baugenehmigung - abzeichnenden Notwendigkeit der Änderung der Festsetzungen des gültigen Bebauungsplans zum Zwecke der Legalisierung des Bauvorhabens der Beigeladenen das private Interesse des planbetroffenen Antragstellers an der Beibehaltung des bisherigen planungsrechtlichen Zustands hinreichend sorgfältig mit dem öffentlichen Interesse an einer beabsichtigten städtebaulichen Neuordnung abgewogen worden wäre. Insbesondere das Bundesverfassungsgericht hat die Bedeutung des Eigentums in der Abwägung - auch im Zusammenhang mit der Änderung des bisherigen bauplanungsrechtlichen Zustands - wiederholt betont (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01, NVwZ 2003, 727; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2011 - 5 S 1670/09 -, juris).
36 
Schließlich könnte die planerische Gestaltungsfreiheit des Gemeinderats der Antragsgegnerin wegen der bereits erfolgten Errichtung des Krematoriums bis zum Rohbaustadium aufgrund rechtswidrig erteilter Baugenehmigung deshalb eingeschränkt gewesen sein, weil die Antragsgegnerin nicht verlässlich ausschließen kann, von der Beigeladenen wegen der rechtswidrig erteilten Baugenehmigung vom 18.03.2009 auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, obwohl dieser die voraussichtlich anzunehmende Rechtswidrigkeit der zunächst erteilten Baugenehmigung nach Aktenlage bekannt war. Auch bei objektiver Betrachtung sind Ansprüche aus sog. Amtspflichtverletzung nicht offensichtlich auszuschließen. Die Pflicht, eine nach der Rechtsprechung den einschlägigen - bauplanungsrechtlichen - Vorschriften widersprechende Baugenehmigung nicht zu erteilen, obliegt den Baugenehmigungsbehörden nach ständiger Rechtsprechung auch dem Bauherrn gegenüber (BGHZ 60, 112-119). Ein Erfolg einer solchen Inanspruchnahme kann hier auch nicht trotz mitwirkenden Verschuldens der Beigeladenen von vornherein und offensichtlich gänzlich ausgeschlossen werden (BGHZ 149, 50-57). Die sachgemäße Handhabung der Vorschriften des Bauplanungsrechts fällt nämlich in erster Linie in den Verantwortungsbereich der Baugenehmigungsbehörde. Die Baugenehmigung ist das Ergebnis eines Prüfungsprozesses, der das Ziel hat zu klären, ob das Bauvorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht und ob dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Bestimmungsgemäß begründet die Erteilung einer Baugenehmigung ein schutzwürdiges Vertrauen (Verlässlichkeitsgrundlage). Ob ein Schadenersatzanspruch der Beigeladenen angesichts von deren Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung von vornherein mit der Folge eines Totalverlustes eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsanspruchs bereits auf der Tatbestandsebene ausgeschlossen werden kann (vgl. BGHZ 149, 50-57 mit dem Hinweis auf eine die entschädigungslose Rücknahme der - hier am 22.09.2009 ohnehin aufgehobenen - Baugenehmigung rechtfertigende grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 48 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2 S. 3 Nr. 3 LVwVfG), bedürfte gegebenenfalls erst näherer Aufklärung sämtlicher tatsächlicher Umstände des Einzelfalls durch die zuständigen Gerichte. Anhaltspunkte dafür, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin bei seiner Beschlussfassung über den Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ von einem totalen Anspruchsverlust der Beigeladenen ausgegangen wäre, liegen jedenfalls im Rahmen der Erkenntnismöglichkeiten eines auf summarische Prüfung angelegten Eilverfahrens nicht offensichtlich auf der Hand. Aus den Protokollen über die Sitzung des Gemeinderats vom 03.11.2009 und vorausgehend des Ausschusses für Technik und Umwelt vom 13.10.2009 geht vielmehr hervor, dass durch die Bebauungsplanänderung „..., 2. Änderung“ der Schaden für die Antragsgegnerin so gering wie möglich gehalten werden sollte und deshalb die kostengünstigere Lösung favorisiert wurde. Da „Kosten“ im Zusammenhang mit der Standortfrage in keinerlei sonstiger sachlicher Hinsicht thematisiert wurden, liegt die Annahme nicht fern, dass damit jedenfalls auch eine eventuelle Inanspruchnahme auf Schadenersatz durch die Beigeladene angesprochen wurde. Im Übrigen ergibt sich umgekehrt aus den angesprochenen Protokollen keinerlei Hinweis darauf, dass der Gemeinderat für seine Beschlussfassung die Frage eventueller Amtshaftungsansprüche der Beigeladenen ausdrücklich als abwägungsirrelevant gestellt hätte.
37 
Ob die vom Antragsteller weiter gerügten Mängel des Bebauungsplans „..., 2. Änderung“, die sich im Wesentlichen auf ein Ermittlungsdefizit in Bezug auf den durch die Zulassung des Krematoriums sowie seines geplanten Nutzungsumfangs ausgelösten Verkehrslärm, die Frage der Erforderlichkeit der Bauleitplanung i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB, die Standortalternativen für das Bauvorhaben, die Frage der angemessenen Lösung des Nutzungskonflikts in der nachträglich geschaffenen Gemengelage von unverträglichen Nutzungen und den städtebaulichen Vertrag beziehen, durchgreifen könnten, lässt die Kammer im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens dahin gestellt. Ebenso lässt die Kammer die Frage offen, ob die Abwägung deshalb an einem Mangel leidet, weil bei Satzungsbeschluss dem Gemeinderat die weiter bestehende Überplanungsabsicht im Zusammenhang mit dem - zur schnelleren Durchführung des Verfahrens „..., 2. Änderung“ nicht weiter betriebenen - Bebauungsplanänderungsverfahren „..., 1. Änderung“ bekannt war. Danach sollen sämtliche Grundstücke in der unmittelbaren Umgebung des Bauvorhabens als Gewerbegebiet ausgewiesen werden und die bisherige Festsetzung als eingeschränktes Gewerbegebiet entfallen. Dadurch könnte sich das hier in Rede stehende Nutzungskonfliktpotential eher noch erhöhen.
38 
c. Auch wenn der Bebauungsplan "..., 2. Änderung“ Bestand hat, könnte die angefochtene Baugenehmigung zum Nachteil des Antragstellers gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Der Antragsteller kann keinen von konkreten Beeinträchtigungen unabhängigen baugebietsübergreifenden Anspruch auf Schutz vor gebietsfremden Nutzungen im angrenzenden Plangebiet geltend machen. Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets gelegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich bundesrechtlich vielmehr (nur) nach dem in § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 -, NVwZ 2008,427). Grundstücke, für die innerhalb eines Bebauungsplangebiets unterschiedliche Nutzungsarten festgelegt sind, liegen nicht innerhalb eines Baugebiets, sondern in unterschiedlichen Baugebieten (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.11.2002 - 10 B 1618/02 -, juris).
39 
Nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO sind in einem Baugebiet grundsätzlich zulässige bauliche Anlagen auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Danach ist ein Vorhaben zum einen dann unzulässig, wenn von ihm für die Umgebung unzumutbare Belästigungen oder Störungen ausgehen (Störeignung des Vorhabens), zum anderen aber auch dann, wenn es seinerseits solchen Belastungen oder Störungen ausgesetzt wird (Störanfälligkeit des Vorhabens).
40 
Ob durch die Zulassung des Krematoriums ein Nutzungskonflikt entsteht, der sich dem Antragsteller gegenüber konkret als rücksichtslos erweist, kann jedenfalls im Eilverfahren nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Es gibt ernst zu nehmende Anhaltspunkte für eine solche Möglichkeit.
41 
Um rücksichtslos zu sein, müsste das Krematorium nach Nutzungsart, Größe, Lage und Umfang die Nutzung des Grundstücks des Antragstellers zu gewerblichen und Wohnzwecken unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit der Beteiligten und der Intensität der Nachteile unzumutbar in städtebaulichen erheblichen Belangen beeinträchtigen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.02.1992 – 3 S 309/92 –, juris). Das Rücksichtnahmegebot soll gewährleisten, dass Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zugeordnet werden, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Dabei können Spannungen und Störungen nicht nur durch Umwelteinwirkungen wie Lärm oder Gase hervorgerufen werden. Der bauplanungsrechtliche Nachbarschutz ist nicht auf den Schutz vor schädlichen Immissionen beschränkt, sondern auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Zu berücksichtigen sind daher auch sonstige nachteilige Auswirkungen auf städtebaulich erhebliche, schutzwürdige Interessen der benachbarten Umgebung. Hierzu gehören auch durch ein Bauvorhaben bedingte Nutzungseinschränkungen benachbarter Grundstücke, die sich als Folge dessen ergeben, dass die Nachbarn allgemein anerkannte Wertvorstellungen beachten, die auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben geschützt sind. Städtebaulich ist deshalb auch zu beachten, dass den Verstorbenen hinsichtlich der Art und Weise ihrer Bestattung ein nachwirkender Rest an Menschenwürde verbleibt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.05.2011 - 8 S 507/11 -, juris; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. §§ 2- 9, 12 - 14 Rd.Nr. 13.1 mit Hinweis auf BVerfGE 30, 173). Ungeachtet der Immissionsträchtigkeit der Verbrennungsanlagen stellt ein Krematorium mit Abschiedsraum ähnlich wie ein Friedhof einen Ort der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen dar (BVerwG, Pressemitteilung vom 02.02.2012 zum Urt. vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 -). Ausgehend von der herkömmlichen Anschauung und Erwartungshaltung, dass der traditionelle Standort eines Krematoriums das Friedhofsgelände ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, juris), könnte die Kommerzialisierung der Feuerbestattung trotz zunehmenden Interesses an der Privatisierung kommunaler Aufgaben auch auf städtebauliche Grenzen stoßen (vgl. etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. §§ 2- 9, 12 - 14 Rd.Nr. 13.1).
42 
Danach ist in einem Hauptsacheverfahren die Frage zu beantworten, ob der nach baugebietsbezogener typisierender Betrachtungsweise anzunehmende Widerspruch zwischen Totengedenken und gewerblicher Aktivität sich hier auch in konkreten gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßenden Beeinträchtigungen niederschlägt. Die Kammer bezweifelt, dass das in den unterschiedlichen Nutzungen angelegte Konfliktpotential bereits durch die nachträgliche Einfügung eines als Insel im Gewerbegebiet angelegten Sondergebiets überwunden wurde. Die Kammer bezweifelt weiter, dass der erforderliche Schutz gegenüber der unmittelbaren Nachbarschaft eines mit Abschiedsraum genehmigten Krematoriums, um mit Blick auf die Würde der Toten, der Erfordernisse des Totengedenkens und das Pietätsgefühl der Hinterbliebenen einen würdevollen Rahmen für die Verbrennung zu gewährleisten, durch die konkret geplanten Maßnahmen hinreichend geboten wird. Die durch den städtebaulichen Vertrag und den ergänzenden Bescheid vom 05.12.2011 konkret festgelegten Verpflichtungen der beigeladenen Bauherrin und Betreiberin des Krematoriums dürften diesen Schutz nicht hinreichend sicherstellen. Eine besondere Rolle spielt dabei der vorgesehene - bezogen auf die Einwohnerzahl der Antragsgegnerin und deren Bedarf an Einäscherungen - hohe überregional angelegte Nutzungsumfang des kommerziell betriebenen Krematoriums bei Betriebszeiten zwischen 6.00 Uhr und 21.00 Uhr außer Sonn- und Feiertagen, der dazu führt, dass in der geplanten Feuerbestattungsanlage jährlich bei Auslastung von (zukünftig) zwei - genehmigten - Öfen selbst nach Angaben der Beigeladenen bis zu 6.000 Leichen verbrannt werden können, wenngleich diese Zahl möglicherweise wegen verschiedener Stillstands- und Ruhezeiten nicht ganz erreicht werden mag. Die damit verbundenen Fragen können in einem lediglich auf summarische Überprüfung angelegten Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden.
43 
Zwar dürfte die passive Belästigung und Beeinträchtigung des Grundstücks des Antragstellers durch die von der Beigeladenen in dem städtebaulichen Vertrag übernommenen Verpflichtungen in Bezug auf Immissionen noch weiter reduziert worden sein. Viel spricht wohl dafür, dass der Antragsteller, der in einem Gewerbegebiet einen Gewerbebetrieb betreibt und wohnt, den durch den Betrieb des Krematoriums ausgelösten Verkehrslärm hinnehmen muss. Auch tragen die 2 m hohe Einfriedigung und das Pflanzgebot sichtmäßig zu einer Entlastung bei, indem der Blick auf die Vorgänge auf dem Bauvorhabengrundstück jedenfalls teilweise verstellt wird. Allerdings bleiben - insbesondere unter Berücksichtigung der Betriebszeiten zwischen 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr und des geplanten intensiven Nutzungsumfangs - der belastende Anblick des (außer Sonn- und Feiertagen) täglichen Andienungsverkehrs durch die Leichenwagen, trauernder Angehöriger und des alles überragenden, auch nach Einschränkung der Betriebszeiten noch 15 Stunden werktäglich genutzten 19 m hohen Kamins des Krematoriums sowie die - bedingt durch die pure Existenz des Krematoriums in der Nachbarschaft - für die Entfaltung von gewerblicher Aktivität ungünstige hemmende Wirkung, die ihre Wurzeln in der überlieferten das subjektive Empfinden spiegelnden Bestattungskultur haben dürfte. Die Kammer bezweifelt, ob die - aktive - Rücksichtnahmepflicht des Antragstellers als Gewerbe treibendem Nachbarn in Anbetracht der Störanfälligkeit des Vorhabens (zu den städtebaulich relevanten bestattungsrechtlichen Anforderungen, wodurch sein Betrieb in seiner typischen Nutzung eingeschränkt würde: VG Karlsruhe, Urt. vom 4.5.2011 - 5 K 2976/09 -, juris) schon deshalb entfällt, weil das Krematorium nunmehr in einem Sondergebiet liegt. Die - aktive Rücksichtnahme fordernden - Auswirkungen einer solchen Bestattungseinrichtung auf die es umgebenden Grundstücke, die sämtlich als Gewerbegebiet ausgewiesen sind, dürften für den Betrieb des Antragsteller unzumutbar sein, wenn sie wegen ihrer Unverträglichkeit mit der in Gewerbegebieten üblichen und auf seinem Grundstück zugelassenen werktäglichen Geschäftigkeit zu Einschränkungen in der Betriebsweise führen, in deren Folge etwa wegen - noch zu klärender - abnehmender oder ausbleibender Kundschaft Betriebsabläufe geändert werden müssten. Solchen Einschränkungen dürfte bislang durch die der Baugenehmigung angefügten Auflagen in Verbindung mit den von der Beigeladenen im städtebaulichen Vertrag eingegangenen Verpflichtungen nicht hinreichend Rechnung getragen worden sein. Die vorgenommene Reduzierung der Betriebszeiten erfasst lediglich neun Nachtstunden sowie Sonn- und Feiertage und bezieht sich damit auf einen Zeitraum, der der aktiven Entfaltung der werktäglichen Geschäftigkeit in einem Gewerbegebiet von vornherein überhaupt nicht nützen kann. Auch der Sichtschutz in Form einer Einfriedigung von 2 m Höhe vermag die Störanfälligkeit der benachbarten Feuerbestattungsanlage angesichts der dargestellten Umstände lediglich begrenzt in ihrer optischen Wahrnehmbarkeit zu reduzieren. Dadurch dürfte der sich in der aktiven Rücksichtnahmepflicht des ein Gewerbe betreibenden Nachbarn widerspiegelnde Aspekt des Nutzungskonflikts noch nicht hinreichend konkret aufgelöst worden sein.
44 
2. Das Gericht räumt bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Vollzugsinteresse der Beigeladenen und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers dem letzteren den Vorrang ein. Das Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben, überwiegt das gegenläufige private Interesse der beigeladenen Bauherrin an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (§ 212a Abs. 1 BauGB). § 212a Abs. 1 BauGB gebietet keine andere Betrachtung. Trotz des danach gewährten Vorrangs des Vollziehungsinteresses für baurechtliche Genehmigungen ist dem Nachbarn nicht nur bei überwiegenden Erfolgsaussichten, sondern auch bei unsicherer oder offener Prognose über den Erfolg des eingelegten Rechtsbehelfs in Ansehung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG in sachgerechter Weise Rechtsschutz zu gewähren, der ihn davor bewahrt, dass vor Unanfechtbarkeit der ihn belastenden Baugenehmigung unwiederbringlich vollendete Tatsachen geschaffen werden (ständige Rechtsprechung: VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 19.05.2011 – 8 S 507/11 –, Rd.Nr. 8, juris).
45 
Im vorliegenden Fall würde die sofortige Vollziehung der Baugenehmigung dazu führen, dass zulasten des Antragstellers durch Fertigstellung des - bislang als Rohbau errichteten - Bauvorhabens Tatsachen geschaffen werden, deren nachträgliche Rückgängigmachung bei einem Erfolg im Hauptsacheverfahren realistisch betrachtet jedenfalls nicht sichergestellt wäre. Hingegen sind irreparable Nachteile, die das Aufschubinteresse des Antragstellers bei offenen Erfolgsaussichten überwiegen könnten, weder geltend gemacht worden noch sonst erkennbar.
46 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
47 
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG (Nrn 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei die Kammer die Grundstückswertminderung mit 15.000 EUR ansetzt).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Feb. 2012 - 5 K 3000/11

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Feb. 2012 - 5 K 3000/11 zitiert 22 §§.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baugesetzbuch - BBauG | § 214 Beachtlichkeit der Verletzung von Vorschriften über die Aufstellung des Flächennutzungsplans und der Satzungen; ergänzendes Verfahren


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn1.entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Bela

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 11 Sonstige Sondergebiete


(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. (2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzuste

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 23 Überbaubare Grundstücksfläche


(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut wer

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 16 Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung


(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen. (2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt w

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 18 Höhe baulicher Anlagen


(1) Bei Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen sind die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen. (2) Ist die Höhe baulicher Anlagen als zwingend festgesetzt (§ 16 Absatz 4 Satz 2), können geringfügige Abweichungen zugelassen werden.

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Feb. 2012 - 5 K 3000/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Feb. 2012 - 5 K 3000/11 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 06. Mai 2011 - 5 S 1670/09

bei uns veröffentlicht am 06.05.2011

Tenor Der Bebauungsplan "Häugern Süd - 1. Änderung" der Stadt Weil der Stadt vom 30. Juni 2009 i. d. F. des Bebauungsplans „Häugern Süd - 2. Änderung“ der Stadt Weil der Stadt vom 1. Juni 2010 wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgeg

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 04. Mai 2011 - 5 K 2976/09

bei uns veröffentlicht am 04.05.2011

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Tatbestand

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Feb. 2010 - 3 S 3064/07

bei uns veröffentlicht am 09.02.2010

Tenor Die Anträge werden abgewiesen. Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 tragen jeweils 1/3 der Kosten des Verfahrens. Die Antragsteller zu 3 tragen als Gesamtschuldner ebenfalls 1/3 der Kosten des Verfahrens.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 14. Feb. 2012 - 5 K 3000/11.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 27. Feb. 2013 - 3 S 491/12

bei uns veröffentlicht am 27.02.2013

Tenor Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2012 - 5 K 3000/11 - wird zurückgewiesen.Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren

Referenzen

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die im Rahmen von Nachbarwiderspruchsverfahren erfolgte Aufhebung der ihr erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Krematoriums ohne Abschiedsraum.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Baugrundstücke Flst.-Nr. 10677 und 10677/1 in XXX. Die Grundstücke wurden ihr von der Beklagten zur Errichtung eines Krematoriums veräußert (AS 89). Der Beigeladene zu 1 ist Eigentümer des zu Wohnzwecken und gewerblich genutzten Grundstücks Flst.-Nr. 10679 in XXX. Er stellt dort seit dem Jahr 2008 Honigwein (Met) her und füllt Schnaps ab. Die Beigeladenen zu 2 und 3 sind die Eltern des Beigeladenen zu 1 und arbeiten in dem Betrieb mit. Das Grundstück Flst.-Nr. 10679 liegt westlich der Baugrundstücke. Zwischen den Grundstücken verläuft eine Straße, die u.a. auch zum südlich gelegenen Friedhof von XXX führt. Das östlich angrenzende Grundstück ist noch unbebaut. Auf dem ebenfalls im Plangebiet und östlich von den Baugrundstücken gelegenen Grundstück Flst.-Nr. 1067 befindet sich seit dem Jahr 2008 der metallverarbeitende Betrieb des Beigeladenen zu 5.
Die genannten Grundstücke liegen sämtlich im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen Bebauungsplans „XXX“, der das circa 16 ha große Plangebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) ausweist. Nach seinen schriftlichen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind im gesamten Plangebiet Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Anlagen für sportliche, kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten und Handelsbetriebe jeglicher Art nicht zulässig. Das Plangebiet liegt nördlich des Friedhofs des Ortsteils XXX, östlich der Landstraße L XXX und südlich der Autobahn BAB 6 bzw. der Autobahnanschlussstelle XXX für die Bundesstraße B XX und der Landesstraße L XXX. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt sich, dass die Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse erfolgte.
Am 16.12.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums auf ihren oben genannten Baugrundstücken im Plangebiet. Nach den eingereichten Plänen war neben den technischen Anlagen auch ein Abschiedsraum vorgesehen. Sie legte eine Garantieerklärung des Lieferanten der Kaminanlage, der XXX vom 03.12.2008, vor, wonach von dem geplanten Krematorium die Grenzwerte der 27. BImSchV eingehalten werden.
Mit Schreiben vom 18.12.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das geplante Vorhaben nach den derzeitigen Festsetzungen des Bebauungsplans „XXX“ nicht zulässig sei und auch im Wege einer Befreiung nicht zugelassen werden könne.
Mit Bescheid vom 18.03.2009 erteilte die Beklagte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Gleichzeitig erteilte sie auch die Genehmigung zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage nach § 17 Bestattungsgesetz. Nr. 18 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung regelt, dass die 27. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. In der verwaltungsinternen Stellungnahme des Bauverwaltungsamtes vom 18.03.2009 wird zur Befreiung ausgeführt: Die Befreiung werde im Vorgriff auf die zu erwartende Änderung des Bebauungsplans erteilt, da die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht vorlägen. Der geplante Standort sei wegen der Nähe des Friedhofs geradezu ideal. Im Gewerbegebiet habe sich bisher nur eine Brennerei angesiedelt, von der keine Störung und Belästigung ausgehe, die die Würde der Toten oder die Pietät verletze. Für das östlich angrenzende Grundstück habe die Beklagte eine Option, dieses Grundstück vorrangig erwerben zu können, so dass die Ansiedelung eines Gewerbes von der Beklagten gesteuert werden könne.
Mit Schreiben u.a. vom 27.04.2009, vom 05.05.2009 und vom 14.05.2009 erhoben die Beigeladenen mit inhaltlich identischen Schreiben Widerspruch gegen die Baugenehmigung zum Neubau des Krematoriums. Beanstandet wurde u.a. das Entstehen stark toxischer Filterstäube. Die Beigeladenen zu 6 bis zu 28 sind im südlich des Plangebiets gelegenen Wohngebiet wohnhaft.
Mit Bescheiden der Beklagten vom 23.04.2009 und 08.05.2009 wurde die Teilbaufreigabe zur Gründung der Bodenplatte ohne Kaminfundamente und für die Errichtung von Mauerwerkswänden im Erdgeschoß erteilt und die statische Berechnung genehmigt. Mit Verfügung vom 28.05.2009 ergänzte die Beklagte gemäß § 58 Abs. 6 LBO die Baugenehmigung vom 18.03.2009 und die Nebenbestimmung Ziffer 18 und legte fest, welche Emissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchVO nicht überschritten werden dürfen. Die Klägerin begann daraufhin mit den Bauarbeiten.
Am 22.06.2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Abänderung der Baugenehmigung dahingehend, dass der bisher zur Nutzung als Abschiedsraum genehmigte Raum als Besprechungsraum genehmigt wird. Die Änderungs-/Nachtragsbaugenehmigung wurde der Klägerin am 23.06.2009 erteilt. Der Beigeladene zu 1 legte hiergegen mit Schreiben vom 10.07.2009 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass selbst bei Verzicht auf den vormals genehmigten Abschiedsraum das Vorhaben planungsrechtlich unzulässig sei.
10 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) ordnete durch rechtskräftigen Beschluss vom 23.06.2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beigeladenen zu 1 wegen einer Verletzung des Gebietswahrungsanspruchs des Beigeladenen durch die erteilte Baugenehmigung an. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 2 und zu 3 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) mit der Begründung ab, auf den Gebietswahrungsanspruch könnten sich nur Eigentümer berufen. Weder ihrem Vortrag noch den Bauakten lasse sich entnehmen, dass der Betrieb einer Feuerbestattungsanlage für die Nachbarschaft gesundheitsgefährdend sei, wenn sämtliche ordnungspolizeirechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden. Hiervon sei auszugehen, zumal die streitbefangene Baugenehmigung entsprechende Auflagen beinhalte, deren Einhaltung jederzeit überprüfbar sei. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 10, die außerhalb des Plangebiets wohnt, wurde durch Beschluss vom 29.07.2009 (1 K 1199/09) mit der Begründung abgelehnt, es könne keine Rede davon sein, dass das Vorhaben in einem Ausmaß gegen die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen verstoße, dass auch noch weit entfernt wohnende Nachbarn wie die Antragstellerin um Leben, Gesundheit oder ihre natürlichen Lebensgrundlagen fürchten müssten.
11 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte der Beklagten mit Schreiben vom 03.07.2009 mit, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze und sei deshalb aufzuheben. Dem Widerspruch des Eigentümers des Nachbargrundstücks sei abzuhelfen.
12 
Mit Bescheid vom 04.08.2009, der mit einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, hob die Beklagte die Baugenehmigung vom 18.03.2009 einschließlich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23.06.2009 auf. Mit Schreiben vom 04.08.2009 an die anderen Beigeladenen wurde diesen eine Mehrfertigung der „Rücknahme der Baugenehmigung“ vom 04.08.2009 übersandt und mitgeteilt, dass ihrem Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung abgeholfen werde.
13 
Der inhaltlich mit dem Bescheid vom 04.08.2009 übereinstimmende Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 mit einer korrigierten Rechtsmittelbelehrung wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die erteilte Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie den Nachbarn schützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze. Die im Zusammenhang mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung verstoße gegen die Grundzüge der Planung und sei somit unzulässig. Die Baugenehmigung sei deshalb rechtswidrig und dem Widerspruch daher abzuhelfen.
14 
Die Klägerin hat am Montag, den 26.10.2009 Klage erhoben. Sie beantragt,
15 
den Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 in Verbindung mit den den Beigeladenen zugestellten Abhilfebescheiden aufzuheben.
16 
Zur Begründung wird ausgeführt: Ein Krematorium ohne Pietätshalle sei als nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts handele es sich bei einem von einem Privaten mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Krematorium um einen Gewerbebetrieb. Sinn der Gebietsfestsetzung sei es, bodenrechtliche Spannungen zu vermeiden. Sofern das Betreiben eines Krematoriums auch bestattungsrechtlichen Anforderungen entsprechen müsse, könne dies bei der Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Dem Nachbarn sei es jedoch versagt, sich erfolgreich auf Verstöße gegen das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg zu berufen. Im Übrigen kämen vorliegend Verstöße gegen die entsprechenden Anforderungen nicht in Betracht. Aufgrund des beabsichtigten Abschlusses eines Nutzungsvertrages bezüglich der in unmittelbarer Nähe befindlichen gemeindlichen Trauerhalle seien dort sowohl Zeremonien durchführbar als auch im Bedarfsfalle Möglichkeiten gegeben, den Hinterbliebenen für die Zeit des Verbrennungsvorganges Räumlichkeiten der inneren Einkehr zu bieten. Die räumliche Trennung zwischen einer Feuerbestattung und der Bestattungszeremonie sei seit der Entstehung von Krematorien von Beginn an vollzogen worden und stelle aufgrund der technischen Abläufe den wesentlichen Unterschied zu einer Erdbestattung dar. Regelmäßig wohnten Angehörige der Verbrennung unmittelbar räumlich nicht bei. Es löse heute kein Befremden mehr aus, dass der letzte Gang in einer würdigen Trauerfeierlichkeit und Beisetzung bestehe, die Einäscherung dagegen in einem pietätvoll eingerichteten Krematorium mit Lage in einem Gewerbegebiet.
17 
Ausgehend von der Annahme, bei einem Krematorium mit Trauerhalle handele es sich um eine "Anlage für kulturelle Zwecke", habe die Beklagte rechtmäßig Befreiung von der im Bebauungsplan vorgesehenen einschränkenden Festsetzung erteilt. Die streitgegenständliche Anlage und deren Ausschluss seien nicht vom seinerzeitigen Planungswillen getragen gewesen. Der Normzweck der Festsetzung sei die Wahrung möglichst geringfügiger Belästigungen. Diesem Normzweck werde genügt. Ein Krematorium mit einer Trauerhalle verursache keine erheblichen Belästigungen. Zudem habe sich das Rechtsverständnis des Begriffs "kulturelle Anlage" verändert. Zum Zeitpunkt der Festsetzung sei der heutige Inhalt des Begriffs nicht bekannt gewesen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie nimmt Bezug auf die Begründung ihrer Abhilfeentscheidung und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in seinen Beschlüssen vom 23.06.2009 und 29.07.2009.
21 
Der Beigeladene zu 1 beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 haben keine Anträge gestellt.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf die vorgelegten Baurechtsakten (3 Bände) sowie auf die vorgelegten Akten zum Bebauungsplan „ XXX“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die im Rahmen von Nachbarwiderspruchsverfahren erfolgte Aufhebung der ihr erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Krematoriums ohne Abschiedsraum.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Baugrundstücke Flst.-Nr. 10677 und 10677/1 in XXX. Die Grundstücke wurden ihr von der Beklagten zur Errichtung eines Krematoriums veräußert (AS 89). Der Beigeladene zu 1 ist Eigentümer des zu Wohnzwecken und gewerblich genutzten Grundstücks Flst.-Nr. 10679 in XXX. Er stellt dort seit dem Jahr 2008 Honigwein (Met) her und füllt Schnaps ab. Die Beigeladenen zu 2 und 3 sind die Eltern des Beigeladenen zu 1 und arbeiten in dem Betrieb mit. Das Grundstück Flst.-Nr. 10679 liegt westlich der Baugrundstücke. Zwischen den Grundstücken verläuft eine Straße, die u.a. auch zum südlich gelegenen Friedhof von XXX führt. Das östlich angrenzende Grundstück ist noch unbebaut. Auf dem ebenfalls im Plangebiet und östlich von den Baugrundstücken gelegenen Grundstück Flst.-Nr. 1067 befindet sich seit dem Jahr 2008 der metallverarbeitende Betrieb des Beigeladenen zu 5.
Die genannten Grundstücke liegen sämtlich im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen Bebauungsplans „XXX“, der das circa 16 ha große Plangebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) ausweist. Nach seinen schriftlichen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind im gesamten Plangebiet Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Anlagen für sportliche, kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten und Handelsbetriebe jeglicher Art nicht zulässig. Das Plangebiet liegt nördlich des Friedhofs des Ortsteils XXX, östlich der Landstraße L XXX und südlich der Autobahn BAB 6 bzw. der Autobahnanschlussstelle XXX für die Bundesstraße B XX und der Landesstraße L XXX. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt sich, dass die Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse erfolgte.
Am 16.12.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums auf ihren oben genannten Baugrundstücken im Plangebiet. Nach den eingereichten Plänen war neben den technischen Anlagen auch ein Abschiedsraum vorgesehen. Sie legte eine Garantieerklärung des Lieferanten der Kaminanlage, der XXX vom 03.12.2008, vor, wonach von dem geplanten Krematorium die Grenzwerte der 27. BImSchV eingehalten werden.
Mit Schreiben vom 18.12.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das geplante Vorhaben nach den derzeitigen Festsetzungen des Bebauungsplans „XXX“ nicht zulässig sei und auch im Wege einer Befreiung nicht zugelassen werden könne.
Mit Bescheid vom 18.03.2009 erteilte die Beklagte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Gleichzeitig erteilte sie auch die Genehmigung zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage nach § 17 Bestattungsgesetz. Nr. 18 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung regelt, dass die 27. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. In der verwaltungsinternen Stellungnahme des Bauverwaltungsamtes vom 18.03.2009 wird zur Befreiung ausgeführt: Die Befreiung werde im Vorgriff auf die zu erwartende Änderung des Bebauungsplans erteilt, da die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht vorlägen. Der geplante Standort sei wegen der Nähe des Friedhofs geradezu ideal. Im Gewerbegebiet habe sich bisher nur eine Brennerei angesiedelt, von der keine Störung und Belästigung ausgehe, die die Würde der Toten oder die Pietät verletze. Für das östlich angrenzende Grundstück habe die Beklagte eine Option, dieses Grundstück vorrangig erwerben zu können, so dass die Ansiedelung eines Gewerbes von der Beklagten gesteuert werden könne.
Mit Schreiben u.a. vom 27.04.2009, vom 05.05.2009 und vom 14.05.2009 erhoben die Beigeladenen mit inhaltlich identischen Schreiben Widerspruch gegen die Baugenehmigung zum Neubau des Krematoriums. Beanstandet wurde u.a. das Entstehen stark toxischer Filterstäube. Die Beigeladenen zu 6 bis zu 28 sind im südlich des Plangebiets gelegenen Wohngebiet wohnhaft.
Mit Bescheiden der Beklagten vom 23.04.2009 und 08.05.2009 wurde die Teilbaufreigabe zur Gründung der Bodenplatte ohne Kaminfundamente und für die Errichtung von Mauerwerkswänden im Erdgeschoß erteilt und die statische Berechnung genehmigt. Mit Verfügung vom 28.05.2009 ergänzte die Beklagte gemäß § 58 Abs. 6 LBO die Baugenehmigung vom 18.03.2009 und die Nebenbestimmung Ziffer 18 und legte fest, welche Emissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchVO nicht überschritten werden dürfen. Die Klägerin begann daraufhin mit den Bauarbeiten.
Am 22.06.2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Abänderung der Baugenehmigung dahingehend, dass der bisher zur Nutzung als Abschiedsraum genehmigte Raum als Besprechungsraum genehmigt wird. Die Änderungs-/Nachtragsbaugenehmigung wurde der Klägerin am 23.06.2009 erteilt. Der Beigeladene zu 1 legte hiergegen mit Schreiben vom 10.07.2009 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass selbst bei Verzicht auf den vormals genehmigten Abschiedsraum das Vorhaben planungsrechtlich unzulässig sei.
10 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) ordnete durch rechtskräftigen Beschluss vom 23.06.2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beigeladenen zu 1 wegen einer Verletzung des Gebietswahrungsanspruchs des Beigeladenen durch die erteilte Baugenehmigung an. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 2 und zu 3 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) mit der Begründung ab, auf den Gebietswahrungsanspruch könnten sich nur Eigentümer berufen. Weder ihrem Vortrag noch den Bauakten lasse sich entnehmen, dass der Betrieb einer Feuerbestattungsanlage für die Nachbarschaft gesundheitsgefährdend sei, wenn sämtliche ordnungspolizeirechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden. Hiervon sei auszugehen, zumal die streitbefangene Baugenehmigung entsprechende Auflagen beinhalte, deren Einhaltung jederzeit überprüfbar sei. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 10, die außerhalb des Plangebiets wohnt, wurde durch Beschluss vom 29.07.2009 (1 K 1199/09) mit der Begründung abgelehnt, es könne keine Rede davon sein, dass das Vorhaben in einem Ausmaß gegen die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen verstoße, dass auch noch weit entfernt wohnende Nachbarn wie die Antragstellerin um Leben, Gesundheit oder ihre natürlichen Lebensgrundlagen fürchten müssten.
11 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte der Beklagten mit Schreiben vom 03.07.2009 mit, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze und sei deshalb aufzuheben. Dem Widerspruch des Eigentümers des Nachbargrundstücks sei abzuhelfen.
12 
Mit Bescheid vom 04.08.2009, der mit einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, hob die Beklagte die Baugenehmigung vom 18.03.2009 einschließlich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23.06.2009 auf. Mit Schreiben vom 04.08.2009 an die anderen Beigeladenen wurde diesen eine Mehrfertigung der „Rücknahme der Baugenehmigung“ vom 04.08.2009 übersandt und mitgeteilt, dass ihrem Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung abgeholfen werde.
13 
Der inhaltlich mit dem Bescheid vom 04.08.2009 übereinstimmende Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 mit einer korrigierten Rechtsmittelbelehrung wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die erteilte Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie den Nachbarn schützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze. Die im Zusammenhang mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung verstoße gegen die Grundzüge der Planung und sei somit unzulässig. Die Baugenehmigung sei deshalb rechtswidrig und dem Widerspruch daher abzuhelfen.
14 
Die Klägerin hat am Montag, den 26.10.2009 Klage erhoben. Sie beantragt,
15 
den Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 in Verbindung mit den den Beigeladenen zugestellten Abhilfebescheiden aufzuheben.
16 
Zur Begründung wird ausgeführt: Ein Krematorium ohne Pietätshalle sei als nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts handele es sich bei einem von einem Privaten mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Krematorium um einen Gewerbebetrieb. Sinn der Gebietsfestsetzung sei es, bodenrechtliche Spannungen zu vermeiden. Sofern das Betreiben eines Krematoriums auch bestattungsrechtlichen Anforderungen entsprechen müsse, könne dies bei der Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Dem Nachbarn sei es jedoch versagt, sich erfolgreich auf Verstöße gegen das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg zu berufen. Im Übrigen kämen vorliegend Verstöße gegen die entsprechenden Anforderungen nicht in Betracht. Aufgrund des beabsichtigten Abschlusses eines Nutzungsvertrages bezüglich der in unmittelbarer Nähe befindlichen gemeindlichen Trauerhalle seien dort sowohl Zeremonien durchführbar als auch im Bedarfsfalle Möglichkeiten gegeben, den Hinterbliebenen für die Zeit des Verbrennungsvorganges Räumlichkeiten der inneren Einkehr zu bieten. Die räumliche Trennung zwischen einer Feuerbestattung und der Bestattungszeremonie sei seit der Entstehung von Krematorien von Beginn an vollzogen worden und stelle aufgrund der technischen Abläufe den wesentlichen Unterschied zu einer Erdbestattung dar. Regelmäßig wohnten Angehörige der Verbrennung unmittelbar räumlich nicht bei. Es löse heute kein Befremden mehr aus, dass der letzte Gang in einer würdigen Trauerfeierlichkeit und Beisetzung bestehe, die Einäscherung dagegen in einem pietätvoll eingerichteten Krematorium mit Lage in einem Gewerbegebiet.
17 
Ausgehend von der Annahme, bei einem Krematorium mit Trauerhalle handele es sich um eine "Anlage für kulturelle Zwecke", habe die Beklagte rechtmäßig Befreiung von der im Bebauungsplan vorgesehenen einschränkenden Festsetzung erteilt. Die streitgegenständliche Anlage und deren Ausschluss seien nicht vom seinerzeitigen Planungswillen getragen gewesen. Der Normzweck der Festsetzung sei die Wahrung möglichst geringfügiger Belästigungen. Diesem Normzweck werde genügt. Ein Krematorium mit einer Trauerhalle verursache keine erheblichen Belästigungen. Zudem habe sich das Rechtsverständnis des Begriffs "kulturelle Anlage" verändert. Zum Zeitpunkt der Festsetzung sei der heutige Inhalt des Begriffs nicht bekannt gewesen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie nimmt Bezug auf die Begründung ihrer Abhilfeentscheidung und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in seinen Beschlüssen vom 23.06.2009 und 29.07.2009.
21 
Der Beigeladene zu 1 beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 haben keine Anträge gestellt.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf die vorgelegten Baurechtsakten (3 Bände) sowie auf die vorgelegten Akten zum Bebauungsplan „ XXX“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.

(2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden durch Festsetzung

1.
der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse,
3.
der Zahl der Vollgeschosse,
4.
der Höhe baulicher Anlagen.

(3) Bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan ist festzusetzen

1.
stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.

(4) Bei Festsetzung des Höchstmaßes für die Geschossflächenzahl oder die Größe der Geschossfläche, für die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan kann zugleich ein Mindestmaß festgesetzt werden. Die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen können auch als zwingend festgesetzt werden.

(5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden; die Festsetzungen können oberhalb und unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden.

(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.

(1) Bei Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen sind die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen.

(2) Ist die Höhe baulicher Anlagen als zwingend festgesetzt (§ 16 Absatz 4 Satz 2), können geringfügige Abweichungen zugelassen werden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die im Rahmen von Nachbarwiderspruchsverfahren erfolgte Aufhebung der ihr erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Krematoriums ohne Abschiedsraum.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Baugrundstücke Flst.-Nr. 10677 und 10677/1 in XXX. Die Grundstücke wurden ihr von der Beklagten zur Errichtung eines Krematoriums veräußert (AS 89). Der Beigeladene zu 1 ist Eigentümer des zu Wohnzwecken und gewerblich genutzten Grundstücks Flst.-Nr. 10679 in XXX. Er stellt dort seit dem Jahr 2008 Honigwein (Met) her und füllt Schnaps ab. Die Beigeladenen zu 2 und 3 sind die Eltern des Beigeladenen zu 1 und arbeiten in dem Betrieb mit. Das Grundstück Flst.-Nr. 10679 liegt westlich der Baugrundstücke. Zwischen den Grundstücken verläuft eine Straße, die u.a. auch zum südlich gelegenen Friedhof von XXX führt. Das östlich angrenzende Grundstück ist noch unbebaut. Auf dem ebenfalls im Plangebiet und östlich von den Baugrundstücken gelegenen Grundstück Flst.-Nr. 1067 befindet sich seit dem Jahr 2008 der metallverarbeitende Betrieb des Beigeladenen zu 5.
Die genannten Grundstücke liegen sämtlich im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen Bebauungsplans „XXX“, der das circa 16 ha große Plangebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) ausweist. Nach seinen schriftlichen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind im gesamten Plangebiet Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Anlagen für sportliche, kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten und Handelsbetriebe jeglicher Art nicht zulässig. Das Plangebiet liegt nördlich des Friedhofs des Ortsteils XXX, östlich der Landstraße L XXX und südlich der Autobahn BAB 6 bzw. der Autobahnanschlussstelle XXX für die Bundesstraße B XX und der Landesstraße L XXX. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt sich, dass die Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse erfolgte.
Am 16.12.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums auf ihren oben genannten Baugrundstücken im Plangebiet. Nach den eingereichten Plänen war neben den technischen Anlagen auch ein Abschiedsraum vorgesehen. Sie legte eine Garantieerklärung des Lieferanten der Kaminanlage, der XXX vom 03.12.2008, vor, wonach von dem geplanten Krematorium die Grenzwerte der 27. BImSchV eingehalten werden.
Mit Schreiben vom 18.12.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das geplante Vorhaben nach den derzeitigen Festsetzungen des Bebauungsplans „XXX“ nicht zulässig sei und auch im Wege einer Befreiung nicht zugelassen werden könne.
Mit Bescheid vom 18.03.2009 erteilte die Beklagte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Gleichzeitig erteilte sie auch die Genehmigung zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage nach § 17 Bestattungsgesetz. Nr. 18 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung regelt, dass die 27. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. In der verwaltungsinternen Stellungnahme des Bauverwaltungsamtes vom 18.03.2009 wird zur Befreiung ausgeführt: Die Befreiung werde im Vorgriff auf die zu erwartende Änderung des Bebauungsplans erteilt, da die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht vorlägen. Der geplante Standort sei wegen der Nähe des Friedhofs geradezu ideal. Im Gewerbegebiet habe sich bisher nur eine Brennerei angesiedelt, von der keine Störung und Belästigung ausgehe, die die Würde der Toten oder die Pietät verletze. Für das östlich angrenzende Grundstück habe die Beklagte eine Option, dieses Grundstück vorrangig erwerben zu können, so dass die Ansiedelung eines Gewerbes von der Beklagten gesteuert werden könne.
Mit Schreiben u.a. vom 27.04.2009, vom 05.05.2009 und vom 14.05.2009 erhoben die Beigeladenen mit inhaltlich identischen Schreiben Widerspruch gegen die Baugenehmigung zum Neubau des Krematoriums. Beanstandet wurde u.a. das Entstehen stark toxischer Filterstäube. Die Beigeladenen zu 6 bis zu 28 sind im südlich des Plangebiets gelegenen Wohngebiet wohnhaft.
Mit Bescheiden der Beklagten vom 23.04.2009 und 08.05.2009 wurde die Teilbaufreigabe zur Gründung der Bodenplatte ohne Kaminfundamente und für die Errichtung von Mauerwerkswänden im Erdgeschoß erteilt und die statische Berechnung genehmigt. Mit Verfügung vom 28.05.2009 ergänzte die Beklagte gemäß § 58 Abs. 6 LBO die Baugenehmigung vom 18.03.2009 und die Nebenbestimmung Ziffer 18 und legte fest, welche Emissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchVO nicht überschritten werden dürfen. Die Klägerin begann daraufhin mit den Bauarbeiten.
Am 22.06.2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Abänderung der Baugenehmigung dahingehend, dass der bisher zur Nutzung als Abschiedsraum genehmigte Raum als Besprechungsraum genehmigt wird. Die Änderungs-/Nachtragsbaugenehmigung wurde der Klägerin am 23.06.2009 erteilt. Der Beigeladene zu 1 legte hiergegen mit Schreiben vom 10.07.2009 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass selbst bei Verzicht auf den vormals genehmigten Abschiedsraum das Vorhaben planungsrechtlich unzulässig sei.
10 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) ordnete durch rechtskräftigen Beschluss vom 23.06.2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beigeladenen zu 1 wegen einer Verletzung des Gebietswahrungsanspruchs des Beigeladenen durch die erteilte Baugenehmigung an. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 2 und zu 3 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) mit der Begründung ab, auf den Gebietswahrungsanspruch könnten sich nur Eigentümer berufen. Weder ihrem Vortrag noch den Bauakten lasse sich entnehmen, dass der Betrieb einer Feuerbestattungsanlage für die Nachbarschaft gesundheitsgefährdend sei, wenn sämtliche ordnungspolizeirechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden. Hiervon sei auszugehen, zumal die streitbefangene Baugenehmigung entsprechende Auflagen beinhalte, deren Einhaltung jederzeit überprüfbar sei. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 10, die außerhalb des Plangebiets wohnt, wurde durch Beschluss vom 29.07.2009 (1 K 1199/09) mit der Begründung abgelehnt, es könne keine Rede davon sein, dass das Vorhaben in einem Ausmaß gegen die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen verstoße, dass auch noch weit entfernt wohnende Nachbarn wie die Antragstellerin um Leben, Gesundheit oder ihre natürlichen Lebensgrundlagen fürchten müssten.
11 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte der Beklagten mit Schreiben vom 03.07.2009 mit, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze und sei deshalb aufzuheben. Dem Widerspruch des Eigentümers des Nachbargrundstücks sei abzuhelfen.
12 
Mit Bescheid vom 04.08.2009, der mit einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, hob die Beklagte die Baugenehmigung vom 18.03.2009 einschließlich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23.06.2009 auf. Mit Schreiben vom 04.08.2009 an die anderen Beigeladenen wurde diesen eine Mehrfertigung der „Rücknahme der Baugenehmigung“ vom 04.08.2009 übersandt und mitgeteilt, dass ihrem Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung abgeholfen werde.
13 
Der inhaltlich mit dem Bescheid vom 04.08.2009 übereinstimmende Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 mit einer korrigierten Rechtsmittelbelehrung wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die erteilte Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie den Nachbarn schützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze. Die im Zusammenhang mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung verstoße gegen die Grundzüge der Planung und sei somit unzulässig. Die Baugenehmigung sei deshalb rechtswidrig und dem Widerspruch daher abzuhelfen.
14 
Die Klägerin hat am Montag, den 26.10.2009 Klage erhoben. Sie beantragt,
15 
den Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 in Verbindung mit den den Beigeladenen zugestellten Abhilfebescheiden aufzuheben.
16 
Zur Begründung wird ausgeführt: Ein Krematorium ohne Pietätshalle sei als nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts handele es sich bei einem von einem Privaten mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Krematorium um einen Gewerbebetrieb. Sinn der Gebietsfestsetzung sei es, bodenrechtliche Spannungen zu vermeiden. Sofern das Betreiben eines Krematoriums auch bestattungsrechtlichen Anforderungen entsprechen müsse, könne dies bei der Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Dem Nachbarn sei es jedoch versagt, sich erfolgreich auf Verstöße gegen das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg zu berufen. Im Übrigen kämen vorliegend Verstöße gegen die entsprechenden Anforderungen nicht in Betracht. Aufgrund des beabsichtigten Abschlusses eines Nutzungsvertrages bezüglich der in unmittelbarer Nähe befindlichen gemeindlichen Trauerhalle seien dort sowohl Zeremonien durchführbar als auch im Bedarfsfalle Möglichkeiten gegeben, den Hinterbliebenen für die Zeit des Verbrennungsvorganges Räumlichkeiten der inneren Einkehr zu bieten. Die räumliche Trennung zwischen einer Feuerbestattung und der Bestattungszeremonie sei seit der Entstehung von Krematorien von Beginn an vollzogen worden und stelle aufgrund der technischen Abläufe den wesentlichen Unterschied zu einer Erdbestattung dar. Regelmäßig wohnten Angehörige der Verbrennung unmittelbar räumlich nicht bei. Es löse heute kein Befremden mehr aus, dass der letzte Gang in einer würdigen Trauerfeierlichkeit und Beisetzung bestehe, die Einäscherung dagegen in einem pietätvoll eingerichteten Krematorium mit Lage in einem Gewerbegebiet.
17 
Ausgehend von der Annahme, bei einem Krematorium mit Trauerhalle handele es sich um eine "Anlage für kulturelle Zwecke", habe die Beklagte rechtmäßig Befreiung von der im Bebauungsplan vorgesehenen einschränkenden Festsetzung erteilt. Die streitgegenständliche Anlage und deren Ausschluss seien nicht vom seinerzeitigen Planungswillen getragen gewesen. Der Normzweck der Festsetzung sei die Wahrung möglichst geringfügiger Belästigungen. Diesem Normzweck werde genügt. Ein Krematorium mit einer Trauerhalle verursache keine erheblichen Belästigungen. Zudem habe sich das Rechtsverständnis des Begriffs "kulturelle Anlage" verändert. Zum Zeitpunkt der Festsetzung sei der heutige Inhalt des Begriffs nicht bekannt gewesen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie nimmt Bezug auf die Begründung ihrer Abhilfeentscheidung und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in seinen Beschlüssen vom 23.06.2009 und 29.07.2009.
21 
Der Beigeladene zu 1 beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 haben keine Anträge gestellt.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf die vorgelegten Baurechtsakten (3 Bände) sowie auf die vorgelegten Akten zum Bebauungsplan „ XXX“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Die Anträge werden abgewiesen.

Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 tragen jeweils 1/3 der Kosten des Verfahrens. Die Antragsteller zu 3 tragen als Gesamtschuldner ebenfalls 1/3 der Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan „Weilerweg“ der Antragsgegnerin vom 16.11.2007 in der Fassung vom 23.01.2009.
Die Antragstellerin zu 1 ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebauten, von ihr selbst bewohnten Grundstücks ... ..., bestehend aus den Flst.-Nrn. ... und .... Das Grundstück grenzt südlich an den Geltungsbereich des Bebauungsplans an und wird entlang seiner Nordgrenze mit einer Fläche von 150 m 2 von dem Plan erfasst; diese Fläche wird für die Errichtung einer Stützwand und eines Walles in Anspruch genommen. Das restliche Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Mühlpfad I“ der Antragsgegnerin vom 17.10.2008, der für diesen Teil des Grundstücks u.a. ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.
Die Antragstellerin zu 2 ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebauten, von ihr selbst bewohnten Grundstücks ... ... ..., Flst.-Nr. .... Das Grundstück liegt nördlich des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Weilerweg“. Zwischen dem Plangebiet und dem Grundstück der Antragstellerin zu 2 liegt die Eisenbahntrasse Eppingen-Heilbronn. In westlicher Richtung grenzt das Grundstück der ... ..., ... ... ..., an. Die ... ... betreibt dort ein Getreidelagerhaus sowie den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten und Bedarfsgütern. Im Sommer sowie im Herbst findet ein sog. Kampagnenbetrieb statt. Während dieser Zeit werden landwirtschaftliche Produkte angeliefert; der Betrieb ist dann zwischen 7.00 Uhr und 24.00 Uhr geöffnet.
Die Antragsteller zu 3 sind Eigentümer mehrerer, ca. 250 m nördlich des Plangebiets liegender Grundstücke in der Innenstadt Schwaigerns: Sie sind Miteigentümer des Grundstücks ... ..., Flst.-Nr. ..., das mit einem vermieteten Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist. Frau ... ... ist zudem Eigentümerin zweier gewerblich genutzter Grundstücke (... ..., Flst.-Nr. ... und ... ..., Flst.-Nr. ...). Herr ... ... ist Eigentümer des Grundstücks ... ... (Flst.-Nr. ...), das mit einem vermieteten Wohnhaus bebaut ist.
Das Plangebiet umfasst im Wesentlichen den bisherigen Weilerweg und grenzt auf einer Länge von ca. 1,2 km südlich an das planfestgestellte Bahngelände der Bahnstrecke Eppingen-Heilbronn an. Die Straße verläuft in Ost-West-Richtung. Der Plan setzt im Wesentlichen Verkehrsflächen fest. Gegenstand der Planung ist der Ausbau des Weilerwegs zu einer voll funktionsfähigen Straße mit drei Kreisverkehren. Ziel der Planung ist ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan eine Entlastung des Bahnübergangs an der Heilbronner Straße/Neipperger Straße, die Vermeidung von Mehrfachquerungen der Bahntrasse im Zuge der aktuellen Ortsdurchfahrt K 2160, eine flüssigere Linienführung im Zuge der K 2160, die insbesondere frei von Bahnquerungen ist, die Bündelung von Verkehrswegen durch die Anlagerung der K 2160 neu (Weilerweg) als klassifiziertes Netzelement des Straßenverkehrs an die vorhandene Bahnlinie sowie die Erschließung der beiden Wohngebiete „Mühlpfad“ und „Herrengrund“. Unter Nr. 2 „Erfordernis der Planaufstellung“ führt die Begründung aus, der Gemeinderat habe ein Verkehrskonzept für den Stadtbereich Schwaigern beschlossen. Wesentlicher Teil dieses Beschlusses sei die Verlegung der K 2160 in den Bereich südlich der Bahntrasse. Durch den Bebauungsplan Weilerweg solle die rechtliche Voraussetzung für die Verwirklichung dieses städtischen Vorhabens geschaffen werden.
Dem Bebauungsplan lag folgendes Verfahren zugrunde: Am 21.02.2003 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans „Weilerweg“. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 14.04.2003 öffentlich bekannt gemacht. Am 25.04.2005 folgte die frühzeitige Bürgerbeteiligung in Form einer Informationsveranstaltung. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurde in Form eines Scoping-Termins am 20.04.2005 durchgeführt. Gegenstand der Beteiligungen waren mehrere Trassenvarianten. Sämtliche verliefen südlich der Bahntrasse. Geprüft wurden sowohl Varianten parallel zur Bahntrasse als auch sog. bahnferne bogenförmige Trassenführungen.
Im Zusammenhang mit der Planung wurden insgesamt neun schalltechnische Berechnungen erstellt, die die Auswirkungen der streitgegenständlichen Planung sowie weiterer Planungsvorhaben der Antragsgegnerin auf die Lärmbetroffenheit der Anwohner des ... und bestimmter Grundstücke in der ... ... und der ... zum Gegenstand hatten. Dabei wurden - entsprechend den verschiedenen Trassenvarianten - mehrere Planfälle unterschieden. Der sog. Planfall 1F stellt den Ausbau des Weilerweges entsprechend der letztlich beschlossenen Trassenvariante D dar. Zusätzlich berücksichtigt er allerdings die im Verkehrsgutachten vorgeschlagenen verkehrslenkenden Maßnahmen zur Entlastung der Innenstadt sowie den künftigen Verkehr aus den neuen, südlich des Weilerweges gelegenen Baugebieten „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“. Der Bebauungsplan „Mühlpfad I“ wurde am 17.10.2008 als Satzung beschlossen. Das Bebauungsplanverfahren „Herrengrund“ ist noch nicht abgeschlossen. Der Planfall 7 stellt den Endzustand nach Verwirklichung aller beabsichtigten Verkehrsmaßnahmen zur Entlastung der Innenstadt der Antragsgegnerin dar. Er beinhaltet neben der Umsetzung des Bebauungsplans „Weilerweg“ insbesondere die Verwirklichung des Bauleitplanungsverfahrens „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“, das eine weitere Straßenplanung zum Gegenstand hat, sowie den Bau einer Bahnunterführung, mit der der Weilerweg mit der nördlich der Bahntrasse verlaufenden Zeppelinstraße verbunden werden soll. Das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ ist noch nicht abgeschlossen. Der Bau der Bahnunterführung ist noch nicht Gegenstand eines Planverfahrens. Die Lärmauswirkungen der bloßen Verwirklichung des Bebauungsplanverfahrens „Weilerweg“ wurden nicht berechnet.
Der Bebauungsplanentwurf wurde drei Mal öffentlich ausgelegt. Vorausgegangen war jeweils ein entsprechender Beschluss des Gemeinderats der Antragsgegnerin und eine mindestens einwöchige ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung . Die Träger öffentlicher Belange wurden ebenfalls drei Mal beteiligt. In seiner Sitzung vom 16.11.2007 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan „Weilerweg“ als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 23.11.2007 ortsüblich bekannt gemacht. Am 23.01.2009 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan im ergänzenden Verfahren erneut als Satzung und beschloss zudem, den Bebauungsplan rückwirkend zum 15.08.2008 in Kraft treten zu lassen. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 30.01.2009. Mit der Durchführung des ergänzenden Verfahrens reagierte die Antragsgegnerin auf das Vorbringen der Antragsteller im bereits anhängigen Normenkontrollverfahren und auf die zwischenzeitlich ergangene Freistellungsentscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.07.2008 nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz für das überplante planfestgestellte Gelände der Bahn.
Bereits während des gesamten Planaufstellungsverfahrens trugen die Antragsteller Bedenken gegen die Planung vor. Sie bemängelten insbesondere, es fehle an einem schlüssigen Verkehrskonzept; das Verkehrsgutachten vom 24.07.2003 sei mangelhaft. Die Planung führe lediglich zu einer Verkehrsverlagerung zugunsten bestimmter Grundstücke und zu Lasten gleich schutzwürdiger anderer Grundstücke. Für das Ziel, die neuen Baugebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ über den Weilerweg anzuschließen, bestehe kein Bedarf. Auch sei nicht nachgewiesen, dass überhaupt ein Bedarf für Wohngebiete in der Größe bestehe, wie sie die Bebauungspläne „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ vorsähen. Die möglichen Trassenvarianten seien nicht ausreichend geprüft worden. Zudem seien die der Alternativenauswahl zugrunde liegenden Gutachten fehlerhaft. Die Trennung der Bauleitplanung in die Verfahren „Weilerweg“, „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ benachteilige sie in rechtswidriger Weise. Des Weiteren rügten die Antragsteller Fehler bei der Ermittlung ihrer Schutzbedürftigkeit vor Lärmimmissionen und fehlende Schutzmaßnahmen. Insbesondere bemängelten sie, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 1 als Außenbereichsgrundstück bewertet und ihm nur die Schutzwürdigkeit eines Grundstücks im Misch-/Dorfgebiet zuerkannt werde, obwohl der künftige (mittlerweile beschlossene) Bebauungsplan „Mühlpfad I“ für das Grundstück ein allgemeines Wohngebiet festsetze. Bei der Lärmbetrachtung seien deshalb falsche Lärmwerte zugrunde gelegt worden. Darüber hinaus sei die zusätzliche Schadstoffbelastung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Planung berücksichtige außerdem nicht das Vorkommen von Nachtigallen und Gelbbauchunken im Plangebiet. Schließlich rügten die Antragsteller, der Antragsgegnerin fehle die Planungsbefugnis, weil das Plangebiet teilweise planfestgestellte Grundstücke der Bahn überplane. Es fehle auch an der erforderlichen wasserrechtlichen Genehmigung. Die Planung zerstöre das Kulturdenkmal „Bahnhof Schwaigern“.
10 
Am 21.12.2007 haben die Antragsteller das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Sie wiederholen und vertiefen ihre Ausführungen im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens und tragen ergänzend im Wesentlichen vor: Der Bebauungsplan sei formell rechtswidrig, weil ein befangenes Gemeinderatsmitglied beim Satzungsbeschluss mitgewirkt habe. Die Mutter des Stadtrats ... sei Eigentümerin eines Grundstücks, das von der Planung profitiere. Es grenze an die Ortsdurchfahrt (Heilbronner Straße) an und werde durch die Planung erheblich von Verkehrsimmissionen entlastet.
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Die Planung greife unverhältnismäßig in das Eigentum der Antragstellerin zu 1 ein, weil durch den auf dem Grundstück vorgesehenen Lärmschutzwall mehr Fläche beansprucht werde, als dies bei einer Lärmschutzwand der Fall wäre. Zudem grenze die Böschung nicht direkt an die Straßenfläche. Vielmehr liege zwischen der Straße und der Böschung ein ungeklärter „grüner“ Zwischenraum. Aufgrund der Planung und dem nachfolgenden Bebauungsplan „Mühlpfad I“ sei sie gezwungen, die Zufahrt zu ihrem Grundstück zwei Mal innerhalb kurzer Zeit völlig zu ändern. Die Zufahrt befinde sich derzeit an der nördlichen Grundstücksgrenze. Aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans „Weilerweg“ müsse sie die Zufahrt an die östliche Grundstücksgrenze verlegen. Nach Inkrafttreten des Bebauungsplans „Mühlpfad I“ werde das Grundstück schließlich von Süden erschlossen. Die mehrmalige Erschließungsänderung führe zu einem Flächen- und Wertverlust ihres Grundstücks. Die Widmung des provisorischen Zufahrtswegs als „Feldweg“ und „Zufahrt zu Flurstück-Nr. ...“ sei nicht ausreichend.
12 
Das Gesamtverkehrskonzept, auf dessen Grundlage der Bebauungsplan beschlossen worden sei, weise Fehler auf. Es bewirke eine Umverteilung des Verkehrs vom Kernbereich der Innenstadt in andere bebaute, zum Wohnen genutzte Bereiche der Innenstadt und ziehe neuen Verkehr von der B 293 an. Zudem sei das der Planung zugrunde liegende Verkehrsgutachten vom 20.10.2006 fehlerhaft. Der Prognosehorizont 2015 sei nicht ausreichend. Die Auffassung des Verkehrsgutachters, die Verlegung der K 2160 sei der einzig mögliche Lösungsansatz für die Lenkung des Schwerlastverkehrs unter Vermeidung der Stadtmitte, sei unzutreffend.
13 
Die zusätzliche Lärmbelastung der Antragsteller sei unzutreffend bewertet worden. Das Grundstück der Antragstellerin zu 1 sei fehlerhaft als Außenbereichsgrundstück eingestuft worden und es seien zu Unrecht Schallschutzmaßnahmen unterblieben. Für das Gebäude der Antragstellerin zu 2 seien passive Lärmschutzmaßnahmen zwar geprüft, jedoch zu Unrecht nicht umgesetzt worden. Aufgrund der Nähe der Lärmbelastung zur Gesundheitsgefährdung sei die Intensität der Prüfung nicht ausreichend gewesen. Im Hinblick auf die Antragsteller zu 3 sei eine Prüfung der Lärmauswirkungen zu Unrecht unterblieben. Auch die Abwägung der planbedingten zusätzlichen Luftschadstoffbelastung sowie der Umweltbelange sei fehlerhaft.
14 
Der Bebauungsplan verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, weil die Aufteilung der Verkehrsflächen ausdrücklich für unverbindlich erklärt worden und die endgültige Dimensionierung der Stützwände zum Lärmschutz offen sei. Der Plan weise auch Fehler bei der Umweltprüfung auf. Schließlich sei der Plan auch deshalb fehlerhaft, weil der Bebauungsplan den Eindruck erwecke, es solle eine Gemeindestraße geplant werden, obwohl er die Verlegung der Kreisstraße K 2160 zum Gegenstand habe.
15 
Zum ergänzenden Verfahren tragen die Antragsteller vor, die Fehler des Bebauungsplans in seiner ursprünglichen Fassung seien dadurch nicht behoben worden. Zur Begründung wiederholen sie ihren bisherigen Vortrag und führen ergänzend aus: Die Argumente der Antragsgegnerin zur Errichtung des Walles anstelle einer Wand entlang der nördlichen Grundstücksgrenze der Antragstellerin zu 1 seien nicht stichhaltig. Die endgültige Dimensionierung der Stützwände zum Lärmschutz sei trotz der nachträglichen Einfügung der Höhenangaben nach wie vor offen. Die Gemeinderatssitzung am 23.01.2009 sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden, weil nicht alle erforderlichen Sitzungsunterlagen rechtzeitig übersandt worden seien. Schließlich fehle es an der für eine Kreisstraße erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung. An der Beschlussfassung im ergänzenden Verfahren habe erneut der befangene Stadtrat ... mitgewirkt und zusätzlich die ebenfalls befangene Stadträtin .... Frau ... sei Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet „Mühlpfad I“, das durch den Weilerweg erschlossen werde.
16 
Die Antragsteller beantragen,
17 
den Bebauungsplan „Weilerweg“ der Stadt Schwaigern vom 16.11.2007 in der Fassung vom 23.01.2009 für unwirksam zu erklären.
18 
Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
20 
Sie macht geltend, an den Satzungsbeschlüssen habe kein befangenes Ratsmitglied mitgewirkt. Der Stadtrat ... sei nicht befangen gewesen, weil es an einem individuellen Sonderinteresse fehle. Frau ... habe ausweislich des Sitzungsprotokolls an beiden Beschlussfassungen nicht mitgewirkt. Die Planung habe keine Kreisstraße, sondern eine Gemeindestraße zum Gegenstand. Es handele sich um eine innerörtliche Entlastungsstraße der zugleich die Funktion einer (Sammel-)Erschließungsstraße für die Neubaugebiete „Mühlpfad“ und „Herrengrund“ zukomme. Eine Widmung könne erst nachträglich erfolgen. Es habe daher keine Pflicht bestanden, bereits zu Beginn der Planung die straßenrechtliche Einstufung festzulegen.
21 
Die von der Antragstellerin zu 1 geforderte Errichtung einer Lärmschutzwand anstelle des Walles verursache Mehrkosten in Höhe von 66.000,-- EUR. Außerdem verbessere die Böschung die Belichtungsverhältnisse im Bereich der tiefer gelegten Fahrbahn. Dem „ungeklärten Zwischenbereich“ zwischen Straßen- und Böschungsfläche komme eine sehr wichtige verkehrstechnische Bedeutung zu. Er stelle einen Sicherheitsraum neben der Fahrbahn dar und bilde das erforderliche Bankett. Gleichzeitig diene er als notwendiger Sichtraum für das rechtzeitige Erkennen von Hindernissen auf der Fahrbahn. Die Belastung der Antragstellerin zu 1 durch die mehrmalige Veränderung der Erschließung sei berücksichtigt und zutreffend abgewogen worden.
22 
Das Verkehrskonzept sei schlüssig. Die Verwirklichung der Plantrasse bewirke eine erhebliche verkehrliche Entlastung im Bereich der Innenstadt. Eine - wenngleich moderate - Verlagerung des Verkehrs sei nicht planbedingt, sondern stelle sich als Folge der Planung im Bebauungsplanverfahren „Zeppelinstraße/Untere Massenbacher Straße“ dar. Ein zur Bundesstraße B 293 konkurrierendes Netzsystem entstehe nicht. Die Anzugseffekte aus dem regionalen Umfeld seien bei allen Trassenvarianten in etwa gleich. Die von den Antragstellern vorgeschlagenen straßenverkehrsrechtlichen Restriktionen im Zuge der Nord-Süd-Verbindung durch die Kernstadt seien gerade nicht geeignet, örtliche Ziel- und Quellverkehre auf außerörtlich gelegene Verknüpfungen abzudrängen. Es werde kein zusätzlicher Verkehr von der B 293 angezogen und es komme auch nicht zu einer bloßen Umverteilung von Durchgangsverkehren von der bisherigen Ortsdurchfahrt auf die Zeppelin-/Untere Massenbacher Straße. Vielmehr werde der Verkehr zukünftig auf verschiedene Netzelemente verteilt.
23 
Der Prognosehorizont der Verkehrsuntersuchung sei nicht zu kurz bemessen. Eine Erweiterung des Prognosehorizonts, beispielsweise auf das Jahr 2025, führe zu keinen wesentlichen Veränderungen des Verkehrsaufkommens innerhalb des relevanten Straßennetzes. Die Verkehrsuntersuchung habe bereits die weitere siedlungsstrukturelle Entwicklung der Stadt Schwaigern berücksichtigt.
24 
Im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 sei sie zu Recht von einem Außenbereichsgrundstück ausgegangen. Für dieses Grundstück seien nach der im Straßenbau anzuwendenden 16. BImSchV die Immissionsgrenzwerte eines Mischgebiets von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zugrunde zu legen. Passive Lärmschutzmaßnahmen am Gebäude der Antragstellerin zu 2 seien zu Recht nicht festgesetzt worden, weil sich das Gebäude außerhalb des Plangebiets befinde und solche deshalb nicht hätten festgesetzt werden können. Eine Gesundheitsgefährdung der Antragstellerin zu 2 sei nicht zu befürchten.
25 
Zu der Luftschadstoffbelastung habe das Büro ... am 11.12.2008 ergänzend Stellung genommen. Im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 werde der Grenzwert für Feinstaub PM 10 weder direkt am Fahrbahnrand noch in 10 m Abstand überschritten.
26 
Die Alternativen seien vollständig überprüft worden; zu Recht sei die Trassenvariante D ausgewählt worden, da sie den Planungszielen am ehesten gerecht geworden sei.
27 
Der Bebauungsplan verstoße nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Die funktionale Aufteilung der festgesetzten Verkehrsflächen könne der Ausführungsplanung überlassen worden. Die Dimensionierung der Stützwände zum Lärmschutz sei nicht offen geblieben, sondern habe als solche den maßgeblichen schalltechnischen Berechnungen zugrunde gelegen. Im Übrigen sei der Bebauungsplan im Rahmen des ergänzenden Verfahrens entsprechend ergänzt worden.
28 
In der Trennung der Bebauungsplanverfahren „Weilerweg“, „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“, „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ liege kein Rechtsfehler.
29 
Die Planung sei auch erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Eine Bedarfsanalyse sei nicht erforderlich gewesen. Die Ziele einer Entlastung der Innenstadt und der Erschließung der Neubaugebiete südlich der Bahntrasse stellten zulässige städtebauliche Zielsetzungen dar.
30 
Auch die Umweltprüfung sei fehlerfrei. Die Problematik der Überplanung planfestgestellten Bahngeländes stelle sich nach der Freistellungsentscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 09.07.2008 und dem Satzungsbeschluss im ergänzenden Verfahren am 23.01.2009 nicht mehr.
31 
Belange des Denkmalschutzes seien im Hinblick auf das Bahnhofsgebäude nicht berührt. Das Gebäude sei erst durch die Verwirklichung der Bahnunterführung zur Zeppelinstraße in seinem Bestand gefährdet. Diese Bahnunterführung sei jedoch nicht Gegenstand des Plans.
32 
In der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2009 wurde insbesondere die Frage erörtert, in welche Straßengruppe die geplante Trasse nach den Vorstellungen der Antragsgegnerin einzuordnen ist und ob die Planung in Abstimmung mit dem Landkreis Heilbronn erfolgte. Der Antragsgegnerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, Belege zu der von ihr behaupteten Abstimmung vorzulegen.
33 
In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 haben die von der Antragsgegnerin während der Bauleitplanung beauftragten Gutachter ihre erstellten Gutachten erläutert. Darüber hinaus hat der Senat mit den Beteiligten anhand des zeichnerischen Teils des Bebauungsplans die Nutzungen in der näheren Umgebung der Grundstücke der Antragsteller zu 3 festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
34 
Dem Senat liegen die einschlägigen Bebauungsplanakten (17 Ordner) sowie der Bebauungsplan „Mühlpfad I“ vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig, aber nicht begründet.
A.
36 
Die nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften Anträge sind zulässig.
I.
37 
Sie wurden innerhalb der hier maßgeblichen Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Dies galt zunächst für die Anträge vom 21.12.2007, die sich gegen die am 16.11.2007 vom Gemeinderat beschlossene Satzung über den Bebauungsplan „Weilerweg“ richteten. Die Frist ist aber auch hinsichtlich der am 23.01.2009 im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB beschlossenen Satzung eingehalten. Bereits mit Schriftsatz vom 19.05.2009 hat sich der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller inhaltlich gegen diesen Beschluss gewandt, mit Schriftsatz vom 03.06.2009 hat er auch seinen Antrag umgestellt. Durch diese Klageänderung wurde die Frist des § 47 Abs. 2 VwGO gewahrt. Die Klageänderung ist auch sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO (vgl. zur Änderung des Streitgegenstandes durch einen Beschluss im ergänzenden Verfahren BVerwG, Beschluss vom 20.05.2003 - 4 BN 57.02 -, NVwZ 2003, 1259).
II.
38 
Die Antragsteller sind antragsbefugt.
39 
1. Die Antragstellerin zu 1 ist als Eigentümerin des teilweise im Plangebiet gelegenen und von der Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche betroffenen Grundstücks antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB hat zwar keine an Art. 14 Abs. 3 GG zu messende enteignungsrechtliche Vorwirkung dergestalt, dass damit über die Zulässigkeit einer Enteignung verbindlich entschieden wäre (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 11.03.1998 - 4 BN 6.98 -, NVwZ 1998, 845). Sie stellt aber eine Inhaltsbestimmung des Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Deren Rechtmäßigkeit kann der betroffene Eigentümer in einem Normenkontrollverfahren überprüfen lassen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732; Beschluss vom 07.07.1997 - 4 BN 11.97 -, BauR 1997, 972).
40 
2. Die Antragstellerin zu 2 ist ebenfalls antragsbefugt. Sie ist zwar nicht Eigentümerin eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks. Ihre Antragsbefugnis folgt jedoch aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots. Dieses Gebot kann drittschützenden und damit die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründenden Charakter hinsichtlich solcher privater Belange haben, die für die bauleitplanerische Abwägung erheblich sind. Nicht abwägungsbeachtlich in diesem Sinne sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215; Urteil vom 30.04.2004 - 4 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1120 m.w.N. und Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, juris Rn. 3).
41 
Das von der Antragstellerin zu 2 geltend gemachte Interesse, von zusätzlichem Verkehrslärm verschont zu bleiben, stellt einen abwägungsbeachtlichen Belang dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 24.05.2007 - 4 BN 16.07 u.a. -, BauR 2007, 2041) gilt dies jedenfalls dann, wenn die planbedingte Verkehrslärmzunahme die Geringfügigkeitsschwelle überschreitet. Nicht erforderlich ist, dass geltende Grenzwerte überschritten werden. Auch eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms unterhalb der Grenzwerte gehört zum Abwägungsmaterial und kann die Antragsbefugnis des Betroffenen begründen, sofern die auf den Betroffenen zukommende Lärmbelastung nicht von vornherein objektiv so geringwertig ist, dass sie nicht abwägungsrelevant ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 13.02.2007 - 8 N 06.2040 -, juris Rn. 24 ff.).
42 
Ob Lärmeinwirkungen mehr als nur geringfügig und damit abwägungsrelevant sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls, d.h. der jeweiligen konkreten Situation und dem jeweils verfolgten konkreten Planungsziel ab. Eine Regel dahin, dass bereits die Erhöhung des Dauerschallpegels um ein bestimmtes Maß oder nur das Erreichen der in § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV genannten Schallpegel die Abwägungserheblichkeit begründen, lässt sich nicht aufstellen. Andererseits ist die Abwägungserheblichkeit auch nicht bei jeder nur geringfügigen Zunahme des Lärms ohne weiteres zu bejahen (vgl. zu § 47 Abs. 2 VwGO a.F.: BVerwG, Beschlüsse vom 19.02.1992 - 4 NB 11.91 -, BVerwGE 59, 87, und vom 28.11.1995 - 4 NB 38.94 -, NVwZ 1996, 71; Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -, juris). Anknüpfungspunkt für eine Bewertung ist der Störungsgrad der planbedingten Lärmzunahme. Nach den Erkenntnissen der Akustik ist eine Zunahme des Dauerschallpegels von 3 dB(A) vom menschlichen Ohr gerade wahrnehmbar, während Pegelzunahmen von bis zu 2,2 dB(A) nicht bzw. kaum feststellbar sind (so die Erkenntnisse im Urteil des Senats vom 14.05.1997 - 3 S 1682/96 -, juris Rn. 26, m.w.N.). Erhöhungen im kaum wahrnehmbaren Bereich sind regelmäßig dann nicht abwägungserheblich, wenn es sich um einen bereits vorbelasteten innerstädtischen Bereich handelt (Urteil vom 14.05.1997, a.a.O.); andererseits können solche kaum wahrnehmbaren Lärmerhöhungen in bisher ruhigen Gebieten mit geringer Verkehrsbelastung abwägungsbeachtlich sein (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19.02.1992, a.a.O. und vom 18.02.1994 - 4 NB 24.93 -, DÖV 1994, 873). Erheblich sind für das menschliche Ohr kaum hörbare Lärmerhöhungen grundsätzlich auch dann, wenn der Gesamtverkehrslärm nach Planverwirklichung die Richt- oder Grenzwerte technischer Regelwerke überschreitet (BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002, a.a.O. sowie Urteil des Senats vom 22.09.2005 - 3 S 772/05 -, BRS 69, Nr. 51).
43 
Gemessen daran wird - auf der Grundlage der vorliegenden schalltechnischen Berechnungen - der Verkehrslärm bei der Antragstellerin zu 2 nur geringfügig zunehmen. Denn der Pegelwert erhöht sich im Planfall 1F lediglich um maximal 1,3 dB(A). Dieser Planfall erfasst nicht nur den Zustand nach der Umsetzung des Bebauungsplans „Weilerweg“, sondern berücksichtigt auch den zusätzlichen Verkehr aus den neuen Baugebieten „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ sowie verkehrslenkende Maßnahmen zur Entlastung des Innenstadtbereichs. Die für den Planfall 1F berechneten Lärmwerte sind wegen der Berücksichtigung dieser zusätzlichen Verkehrsströme somit höher als die rein planbedingten Pegelwerte. Die genannte maximale Erhöhung der Pegelwerte um 1,3 dB(A) folgt aus einem Vergleich der Pegelwerte für den „Gesamt-Bestand“ des Straßen- und Schienenlärms (s. schalltechnische Berechnungen Teil 2/7, Anlage 41) mit den Pegelwerten für den Planfall 1F (s. Teil 2/9, S. 6). Danach wird sich der Pegelwert im ersten Obergeschoss der Südseite des Hauses von 57,7 dB(A) auf 59 dB(A) erhöhen. Die von der Antragsgegnerin in ihrer Zusammenfassenden Erklärung (S. 42) erwähnte Erhöhung um bis zu 3 dB (A) kann offensichtlich nur den Planfall 7 betreffen (Ausbau des Weilerweges zuzüglich Bahnunterführung zur Verbindung der Zeppelinstraße mit dem Weilerweg und Verwirklichung des Bebauungsplans „Untere Massenbacher Straße/Zeppelinstraße). Der Lärmzuwachs um maximal 1,3 dB(A) liegt im kaum wahrnehmbaren Bereich.
44 
Gleichwohl kann der Antragstellerin zu 2 die Antragsbefugnis nicht abgesprochen werden. Denn nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats reicht es hierfür aus, dass die tatsächlichen und rechtlichen Annahmen des Schallschutzgutachtens und des Verkehrsgutachtens substantiiert in Frage gestellt werden (vgl. Urteil vom 01.03.2007, a.a.O.). Die Antragstellerin zu 2 macht geltend, dass das Verkehrsaufkommen falsch ermittelt und die daraus folgende Lärmbelastung fehlerhaft berechnet worden sei. Darüber hinaus hält sie die Ermittlung der Vorbelastung ihres Grundstücks durch Gewerbelärm für mangelhaft. Diese Einwendungen greifen - wie nachfolgend darzulegen sein wird - zwar nicht durch. Für diese Feststellung bedarf es jedoch einer vertieften Auseinandersetzung mit den vorgetragenen Argumenten. Es wäre verfehlt, diese Auseinandersetzung auf die Zulässigkeitsebene des Normenkontrollantrags zu verlagern. Ausgehend von dem Vortrag der Antragstellerin zu 2 erscheint es jedenfalls möglich, dass sie durch den Bebauungsplan in einem abwägungserheblichen privaten Belang verletzt werden könnte.
45 
3. Schließlich sind auch die Antragsteller zu 3 antragsbefugt. Sie sind zwar ebenfalls nur Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Plangebiets, sie machen aber eine Beeinträchtigung in abwägungserheblichen Belangen geltend. Sie berufen sich insoweit auf eine planbedingte Verkehrsverlagerung auf die Zeppelinstraße, an die ihre Grundstücke angrenzen, und die damit verbundene Zunahme der Immissionsbelastung. Es kann für die Frage der Antragsbefugnis dahingestellt bleiben, ob es gerade infolge des Ausbaus des Weilerwegs zu einer mehr als geringfügigen Zunahme der Lärmimmissionen kommen wird, oder ob, wofür vieles spricht, die Lärmzunahme nur mittelbar durch den Straßenbau verursacht wird. Der Verkehrsgutachter hat in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht, dass Verkehrsteilnehmer aus den neuen Baugebieten nach dem Ausbau des Weilerweges eher die Bahnquerung an der Stettener Straße im Westen des Plangebiets nutzen und den Bahnübergang an der Neipperger Straße/Heilbronner Straße im Osten des Plangebiets meiden werden, weil der Verkehrsfluss an der Bahnquerung Stettener Straße flüssiger sei. Der Verkehr in Richtung Norden zur B 293 und in die Innenstadt werde im Anschluss an die Bahnquerung vor allem über die Zeppelinstraße abfließen. Dieser Darstellung haben die Antragsteller nicht widersprochen. Sie ist auch für den Senat einleuchtend und nachvollziehbar. Damit liegt es aber nahe, dass die Lärmzunahme auf der Zeppelinstraße nicht von der geplanten Trasse des Weilerweges selbst herrührt.
46 
Da die Antragsteller zu 3 jedoch - ebenso wie die Antragstellerin zu 2 - die tatsächlichen und rechtlichen Annahmen der schalltechnischen Berechnungen und des Verkehrsgutachtens substantiiert in Frage stellen, kann ihnen die Antragsbefugnis gleichfalls nicht abgesprochen werden.
B.
47 
Die Normenkontrollanträge sind nicht begründet.
I.
48 
Der Bebauungsplan leidet nicht an formellen Fehlern.
49 
1. An der Beschlussfassung über den Bebauungsplan hat kein befangenes Ratsmitglied mitgewirkt.
50 
a) Die Antragsteller machen geltend, die Mutter des Stadtrats ..., der am Satzungsbeschluss mitgewirkt habe, sei Eigentümerin des Grundstücks ... .... Dieses grenze auch an die Heilbronner Straße an und profitiere auf diese Weise unmittelbar von der 50%igen Entlastung der bisherigen Ortsdurchfahrt. Die an den entlasteten Straßenzügen anliegenden Eigentümer seien ein anhand des Grundbuchs individualisierbarer begünstigter Personenkreis. Dies trifft nicht zu.
51 
Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 GemO ist ein (Gemeinderats-)Beschluss rechts- widrig, wenn bei der Beratung oder Beschlussfassung die Bestimmungen der Absätze 1, 2 oder 5 über die Unzulässigkeit der beratenden oder entscheidenden Mitwirkung eines befangenen Ratsmitglieds und über die Verpflichtung zum Verlassen der Sitzung verletzt worden sind oder ein Ratsmitglied als ehrenamtlich tätiger Bürger ohne einen der Gründe der Absätze 1 und 2 ausgeschlossen war. Aus § 18 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 1 GemO folgt, dass eine Befangenheitsrüge innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Satzung erhoben werden muss. Diese Frist haben die Antragsteller eingehalten, denn sie haben im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 27.08.2008 gerügt und im Einzelnen dargelegt, dass am Satzungsbeschluss vom 16.11.2007 Stadtrat ... mitgewirkt habe, obwohl er befangen gewesen sei. Gleiches haben sie mit Schriftsatz vom 19.05.2009 gegenüber dem Satzungsbeschluss vom 23.01.2009 geltend gemacht. Die Geltendmachung im vorliegenden Verfahren genügt, da sich das Verfahren nach § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gegen die Stadt Schwaigern richtet und dieser die Schriftsätze der Antragsteller übermittelt wurden (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 24.04.2007 - 5 S 2243/05 -, NuR 2007, 685).
52 
Nach § 18 Abs. 1 GemO darf ein Mitglied des Gemeinderats weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst oder bestimmten anderen Personen einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen kann. Dies ist der Fall, wenn ein Mitglied des Gemeinderats oder eine der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GemO genannten Bezugspersonen auf Grund persönlicher Beziehungen zu dem Gegenstand der Beratung oder Beschlussfassung ein individuelles Sonderinteresse hat, das zu einer Interessenkollision führen kann und die Besorgnis rechtfertigt, dass der Betreffende nicht mehr uneigennützig und nur zum Wohl der Gemeinde handelt (VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.01.2006 - 3 S 1259/05 -, BauR 2008, 633). Die Mutter des Stadtrats ... zählt zu den in § 18 Abs. 1 Nr. 2 GemO erwähnten Bezugspersonen, denn sie ist in gerader Linie mit dem Stadtrat verwandt.
53 
Durch § 18 Abs. 1 GemO sollen die Entscheidungen des Gemeinderats von individuellen Sonderinteressen freigehalten und der böse Schein einer Interessenkollision vermieden werden. Ob eine Interessenkollision tatsächlich besteht, ist unerheblich (VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.04.2004 - 8 S 1374/03 -, BauR 2005, 57, 58). Für die Annahme eines individuellen Sonderinteresses ist nicht erforderlich, dass es sich um ein rechtlich geschütztes Interesse handelt. Ausreichend sind auch wirtschaftliche oder ideelle Vor- oder Nachteile (VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.01.2006, a.aO.). Ein individuelles Sonderinteresse ist in jedem Fall jedoch nur anzunehmen, wenn die Entscheidung einen unmittelbar auf die Person des Gemeinderats bezogenen besonderen und über den allgemeinen Nutzen oder die allgemeinen Belastungen hinausgehenden Vor- oder Nachteil bringt. Die Entscheidung muss so eng mit den persönlichen Belangen des Gemeinderats zusammenhängen, dass er in herausgehobener Weise betroffen wird (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.04.2004, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des Senat muss sich eine Entscheidung auf das Gemeinderatsmitglied „zuspitzen“ und er - weil im Mittelpunkt oder jedenfalls im Vordergrund der Entscheidung stehend - als deren „Adressat“ anzusehen sein (vgl. Urteil vom 30.01.2006, a.a.O .). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Gemeinderat nur dann befangen ist, wenn ausschließlich er von der Entscheidung betroffen wird. Ausreichend ist vielmehr auch, dass der betroffene Gemeinderat einer von wenigen anderen in gleicher Weise Betroffenen ist und sich sein Interesse dadurch von allgemeinen oder Gruppeninteressen deutlich abhebt .
54 
Ausgehend von diesen Grundsätzen war Stadtrat ... nicht befangen. Die Planung bringt seiner Mutter zwar einen Vorteil. Sie ist jedoch nicht individualisiert betroffen, weil sie den Vorteil mit sämtlichen Anliegern der entlasteten Straßen teilt. Diese sind schon aufgrund ihrer Anzahl nicht mehr individualisierbar, denn die Entlastung betrifft die Anlieger von insgesamt sieben Straßen. Insofern handelt es sich um ein Gruppeninteresse im Sinne des § 18 Abs. 3 GemO. Unerheblich ist, dass die Betroffenen anhand des Grundbuchs benannt werden könnten. Denn von einer herausragenden Betroffenheit mehrerer Personen kann nur dann noch ausgegangen werden, wenn diese quasi auf den ersten Blick als „Adressaten“ der Entscheidung zu erkennen wären. Dies ist aufgrund ihrer Vielzahl hier jedoch nicht der Fall.
55 
b) Im Hinblick auf Stadträtin ... machen die Antragsteller geltend, sie sei ebenfalls befangen, weil sie von der Planung profitiere. Sie sei Eigentümerin eines Grundstücks im Bebauungsplangebiet „Mühlpfad I“, zu dessen Erschließung der angefochtene Bebauungsplan diene. Die Rüge wurde mit Schriftsatz vom 03.03.2009 erhoben und erfolgte daher rechtzeitig im Sinne des § 18 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 1 GemO. Allerdings hat sich Stadträtin ... ausweislich der Niederschrift zur Sitzung des Gemeinderates am 23.01.2009 vor der Beratung und Beschlussfassung selbst für befangen erklärt und im Zuschauerraum Platz genommen. Die Befangenheitsrüge geht daher im Hinblick auf Stadträtin ... ins Leere.
56 
2. Der Beschluss über den Bebauungsplan ist - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht deshalb rechtswidrig, weil er in einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Sitzung gefasst worden wäre (vgl. hierzu VGH Baden-Württ., Urteil vom 12.02.1990 - 1 S 588/89 -, NVwZ-RR 1990, 369). Die Antragsteller halten es für fehlerhaft, dass in der Einladung zur Gemeinderatssitzung vom 23.01.2009 (Beschlussfassung im ergänzenden Verfahren) nur auf die zwischenzeitlich ergangene Freistellungsentscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart für das überplante Bahngelände hingewiesen wurde, ohne zugleich auf das Versäumnis hinzuweisen, vor der Beschlussfassung am 16.11.2007 die Freistellung des Bahngeländes zu beantragen.
57 
Die Verfahrensrüge der Antragsteller wurde zwar rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 4 Abs. 4 GemO erhoben. Sie greift jedoch nicht durch.
58 
Die Antragsteller können nach dem Satzungsbeschluss des Gemeinderates schon deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, die Informationen über den Verhandlungsgegenstand seien unvollständig gewesen, weil § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO, der die rechtzeitige Mitteilung des Verhandlungsgegenstandes und die Beifügung der für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen vorschreibt, nur den Interessen der Mitglieder des Gemeinderates dient. Insofern gilt nichts anderes als im Fall der nachträglichen Rüge, die erforderlichen Sitzungsunterlagen seien nicht rechtzeitig an die Mitglieder des Gemeinderates übersandt worden. Für diese Fallkonstellation hat der 8. Senat des erkennenden Gerichtshofs bereits entschieden, dass eine Rüge nach Satzungsbeschluss nicht durchgreift, wenn die Mitglieder des Gemeinderates ohne Beanstandung der Rechtzeitigkeit der ihnen zugeleiteten Informationen über den Verhandlungsgegenstand abstimmen. Denn die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 34 Abs. 1 GemO diene nur den Interessen der Mitglieder dieses Gremiums. In der Abstimmung liege der Verzicht auf eine längere Vorbereitungszeit. Dies gelte - entgegen der teilweise in der Literatur vertretenen Ansicht - auch dann, wenn nicht alle Gemeinderäte in der Sitzung anwesend gewesen seien und jedenfalls keine Anhaltspunkte vorlägen, dass ein Gemeinderat gerade wegen der von ihm als zu kurz empfundenen Vorbereitungszeit der Sitzung ferngeblieben ist (Urteil vom 16.04.1999 - 8 S 5/99 -, NuR 2000, 153).
59 
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung auch für den hier vorliegenden Fall der Rüge der unvollständigen Unterrichtung des Gemeinderates an. Die in § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO normierte Verpflichtung des Bürgermeisters, die Verhandlungsgegenstände mitzuteilen und die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen, dient ebenfalls ausschließlich den Interessen der Mitglieder des Gemeinderates. Wird in der Sitzung von keinem Gemeinderat gerügt, die Unterrichtung oder die übermittelten Unterlagen seien unvollständig oder mangelhaft, liegt darin der Verzicht auf weitere Informationen. Der Gemeinderat bringt damit konkludent zum Ausdruck, dass er die vorliegenden Informationen für ausreichend hält. Ob dies auch für den Fall gilt, wenn eine Rüge der unvollständigen Unterrichtung wegen Unkenntnis bestimmter Umstände überhaupt nicht möglich ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Handelt es sich jedenfalls - wie hier - um Informationen, deren Fehlen sich unschwer aus den übrigen Informationen ergibt, liegt es in der Zuständigkeit des Gemeinderats zu entscheiden, ob die vorliegenden Angaben für eine Beschlussfassung ausreichen. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin war durch die Sitzungsvorlage darüber informiert, dass nach dem Satzungsbeschluss vom 16.11.2007 die Freistellungsentscheidung ergangen ist. Hätte ein Gemeinderatsmitglied auch den Zeitpunkt der Antragstellung hierzu für erheblich gehalten, hätte es ohne weiteres rügen können, darüber im Vorfeld der Sitzung nicht informiert worden zu sein. Anhaltspunkte dafür, dass ein Gemeinderatsmitglied der Sitzung deshalb ferngeblieben ist, weil es die zur Vorbereitung übermittelten Informationen für unzureichend hielt, liegen nicht vor. Das Unterlassen einer solchen Rüge ist daher im vorliegenden Fall als konkludenter Verzicht auf diese Information zu werten.
60 
Die Rüge der Antragsteller greift aber auch deshalb nicht durch, weil - wie die Antragsgegnerin ihr zu Recht entgegenhält - die in § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO genannten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Einberufung des Gemeinderats erfüllt waren. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin hatte der Bürgermeister die Verhandlungsgegenstände vor der Sitzung mitgeteilt und die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beigefügt. Dem Gemeinderat hatte unter anderem die Freistellungsentscheidung vom 09.07.2008 vorgelegen; in der Sitzungsvorlage war darauf hingewiesen worden, dass die Entscheidung im Nachgang zum Satzungsbeschluss vom 16.11.2007 ergangen sei. Damit ist dem Informationsbedürfnis des einzelnen Gemeinderatsmitglieds Genüge getan worden sein. Anhand dieser Informationen war es ihm möglich, sich auf den Verhandlungsgegenstand vorzubereiten und sich eine vorläufige Meinung zu bilden. Ohne Bedeutung war hierfür dagegen, aus welchem Grund die Freistellungsentscheidung erst nach dem ursprünglichen Satzungsbeschluss ergangen ist. Zur Vorbereitung der Sitzung war es deshalb auch nicht erforderlich mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt die Freistellungsentscheidung beantragt worden war. Fragen hierzu hätten vielmehr auch noch in der Sitzung gestellt werden können (vgl. dazu VGH Baden-Württ., Urteil vom 12.02.1990 - 1 S 588/89 -, NVwZ-RR 1990, 369, 371).
II.
61 
Der angefochtene Bebauungsplan ist auch frei von materiell-rechtlichen Fehlern.
62 
1. Die planerische Rechtfertigung (Erforderlichkeit) im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ist gegeben.
63 
a) Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Der angegriffene Bebauungsplan muss also Ausdruck eines städtebaulich motivierten Konzepts sein. § 1 Abs. 3 BauGB eröffnet dabei den Gemeinden die Möglichkeit, im Rahmen der Selbstverwaltung das Festsetzungsinstrumentarium des § 9 BauGB (insbesondere dessen Absatz 1 Nr. 11 BauGB) für eine eigene „Verkehrspolitik“ zu nutzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1999 - 4 CN 5.98 -, BVerwGE 108, 248 und Beschluss vom 22.04.1997 - 4 BN 1.97 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 91, ferner VGH Baden-Württ., Urteil vom 14.09.2001 - 5 S 2869/99 -, NVwZ-RR 2002, 638). Eine konkrete „Bedarfsanalyse“ erfordert dies nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86 und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.04.2004 - 8 S 1374/03 -, BauR 2005, 57).
64 
b) Die Begründung zum Bebauungsplan nennt als Ziele der Planung zum einen eine insgesamt flüssigere Linienführung der K 2160 ohne Bahnquerungen, die Entlastung des Bahnübergangs Heilbronner Straße/Neipperger Straße, die Vermeidung von Mehrfachquerungen und die Bündelung von Verkehrswegen sowie zum anderen die Erschließungsfunktion für die beiden Wohngebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“. Mit diesen Zielsetzungen trägt die geplante Straße legitimen städtebaulichen Erfordernissen Rechnung.
65 
c) Die unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 BauGB notwendige Zustimmung des Landkreises zu dem Straßenbauvorhaben lag vor. Planungsgegenstand ist der Ausbau des Weilerweges zu einer Straße, die die Verkehrsbedeutung einer Kreisstraße erlangen soll. Geplant ist, zukünftig die bislang nördlich des Bahngeländes verlaufende K 2160 auf den südlich des Bahngeländes verlaufenden Weilerweg zu verlegen. Die Erforderlichkeit der Planung würde fehlen, wenn nicht sichergestellt wäre, dass die Planung auch verwirklicht werden kann. Denn die Straßenplanung mittels eines planfeststellungsersetzenden Bebauungsplans stellt keine Angebotsplanung dar, sondern ist auf „Erfüllung“ im Sinne unmittelbarer Verwirklichung - auch unter dem Aspekt der Finanzierbarkeit durch den entsprechenden Baulastträger - angelegt (VGH Baden-Württ., Urteil vom 25.04.2007, a.a.O). Die ausdrückliche Zustimmung des Baulastträgers ist daher unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung der Planung. Fehlt eine solche Zustimmung, ist die Planung nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, denn ihrer Verwirklichung stehen rechtliche Hindernisse entgegen.
66 
Den Antragstellern ist zwar zuzugestehen, dass die ursprünglich vorgelegten Planungsvorgänge und der Vortrag der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren nicht eindeutig erkennen ließen, ob dem Weilerweg nach seinem Ausbau die Funktion einer Gemeindestraße oder die einer Kreisstraße zukommen soll. Einerseits deutet der Bebauungsplan selbst auf eine Gemeindestraße hin, denn die Bezeichnung „K 2160“ oder „K2160 neu“ wurde für keine Stelle des ursprünglichen Weilerwegs verwendet. Auch die Bezeichnung des Planes „Weilerweg“ liefert keinen Hinweis auf eine zukünftige Kreisstraße. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in seinem Schriftsatz vom 16.06.2009 betont, die Planung habe eine Gemeindestraße zum Gegenstand. Andererseits ist in der Begründung die Bezeichnung „K 2160“ oder „K 2160 Neu“ in Bezug auf das Plangebiet an mehreren Stellen zu finden, so z.B. auf Seite 3 unter Nr. 2, auf Seite 8 unter Spiegelstrich 4, 9 und 11. Schließlich ist auch auf Seite 61/62 unter Nr. 17 „Bewertender Ausgleich der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange …“ von der „Verlegung der bisherigen Ortsdurchfahrt (K 2160)“ die Rede. Diese Teile der Begründung deuten darauf hin, dass es sich um die Planung einer zukünftigen Kreisstraße handelt.
67 
Die bestehenden Zweifel an der Eindeutigkeit der künftigen Funktion des Weilerweges werden jedoch durch die im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 01.07.2009 vorgelegten Nachweise ausgeräumt. Aus ihnen ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kreis Heilbronn als der für eine Kreisstraße nach § 43 Abs. 2 StrG zuständige Träger der Straßenbaulast der Planung zugestimmt hat. Bereits in seiner Sitzung vom 29.04.2002, d.h. vor dem Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans Weilerweg am 21.02.2003, stimmte der Kreistag der Verkehrskonzeption der Stadt Schwaigern zu, die eindeutig eine Verlegung der K 2160 auf die Südseite des Bahngeländes (Weilerweg) zum Gegenstand hatte. Aus dem weiteren Protokoll über die Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 11.04.2006 (dort S. 8) ergibt sich, dass geplant ist, den Ausbau des Weilerweges federführend durch die Antragsgegnerin durchführen zu lassen und ihn nach abgeschlossenem Ausbau zur K 2160 aufzustufen. Als Grund hierfür wird genannt, dass sich der Weilerweg noch in Eigentum und Baulast der Antragsgegnerin befinde. Zudem sprächen wirtschaftliche Gründe für diese Vorgehensweise, denn die Stadt treffe ein geringerer Selbstbehalt beim GVFG-Zuschuss. Außerdem könne die Maßnahme besser mit der Erschließung des künftigen Baugebiets abgestimmt werden. Die nicht vom Zuschuss gedeckten zuwendungsfähigen Kosten des Ausbaus in Höhe von 1,1 Mio. Euro solle der Landkreis übernehmen, der hierfür entsprechende Mittel in die Haushaltsplanungen einstelle. Die Abstimmung der Straßenplanung mit dem Landkreis wird schließlich auch durch das Schreiben des Landrats des Landkreises Heilbronn vom 23.10.2009 an die Antragsgegnerin bestätigt.
68 
Die Antragsgegner wenden zwar ein, aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, dass der Kreistag dem konkreten Bebauungsplan zugestimmt habe. Es gehe bei dem Beschluss des Kreistags vom 11.04.2006 nur um die Finanzierung, nicht jedoch um eine materielle Abstimmung des Bebauungsplans. Die vorgelegten Sitzungsprotokolle belegen jedoch, dass der Landkreis auch über die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens informiert war. Nicht zuletzt bestätigt der Landrat des Landkreises Heilbronn in seinem oben genannten Schreiben, dass die Straßenplanung auch inhaltlich eng mit dem Landkreis abgestimmt wurde. Ob die Bezeichnung des Vorhabens in der zwischen der Antragsgegnerin und dem Landkreis Heilbronn am 07.01.2009 geschlossenen Vereinbarung über Freiwilligkeitsleistungen in jeder Hinsicht zutrifft, ist dagegen nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn sie fehlerhaft wäre, würde sie nichts an der Überzeugung des Senats ändern, dass der Landkreis dem Straßenbauvorhaben „Weilerweg“ zugestimmt hat, das auf den Bau einer Straße gerichtet ist, der die Bedeutung einer Kreisstraße zukommt.
69 
d) Die Antragsteller rügen unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Erforderlichkeit ferner, das Ziel einer Entlastung bestimmter Bereiche der Innenstadt lasse sich schon mit einer Verkehrsberuhigung und -verdrängung erreichen. Dieser Einwand betrifft jedoch nicht die Erforderlichkeit der Planung. Vielmehr machen die Antragsteller damit einen Abwägungsfehler geltend (s. dazu unten 5.).
70 
e) Auch soweit die Antragsteller rügen, es bestehe kein Erfordernis, die neuen Baugebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ gerade über den Weilerweg anzuschließen, machen sie im Ergebnis einen Abwägungsfehler geltend (s. dazu unten 5.), der die Erforderlichkeit der Planung nicht in Frage stellt.
71 
f) Ferner wird von den Antragstellern bezweifelt, dass ein Bedarf für Wohngebiete dieser Größe überhaupt bestehe. Es fehle an einem entsprechenden Nachweis. Damit stellen sie allerdings nicht die Erforderlichkeit des Bebauungsplans „Weilerweg“ in Frage, sondern allenfalls die Erforderlichkeit der Bebauungspläne „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“. Diese sind jedoch nicht Streitgegenstand. Eines solchen Nachweises des Bedarfs, wie von den Antragstellern gefordert, bedarf es im Übrigen auch nicht. Die in gesonderten Bebauungsplanverfahren ausgewiesenen Baugebiete stellen lediglich Angebotsplanungen dar. Die Annahme der Antragsgegnerin in der Begründung zum Bebauungsplan „Mühlpfad I“, aufgrund der Standortgunst der Stadt Schwaigern und neben der Eigenentwicklung prognostizierten Wanderungsbewegungen in den Verwaltungsraum sei es notwendig, neues Bauland für Wohnbaufläche auszuweisen, haben die Antragsteller nicht substantiiert entkräftet, sondern lediglich einen Antrag auf Sachverständigenbeweis angekündigt. Abgesehen davon ist die Frage, ob eine Erschließungsstraße erforderlich ist, unabhängig von der Größe der zukünftigen Baugebiete. Denn die Baugebiete müssen unabhängig von ihrer Größe jedenfalls verkehrlich erschlossen werden. Daher stellt auch diese Rüge der Antragsteller die Erforderlichkeit der Planung nicht in Frage.
72 
g) Schließlich sind die Antragsteller der Auffassung, die Erforderlichkeit der Planung sei nachträglich entfallen, denn im Plangebiet gebe es - zumindest seit April 2009 wieder - Nachtigallen. Deren Vorkommen stelle ein artenschutzrechtliches Vollzugshindernis dar. Dies trifft nicht zu.
73 
Die in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2010 geschilderten Wahrnehmungen der Antragstellerin zu 1, ihre Richtigkeit unterstellt, sind nicht geeignet, die artenschutzfachlichen Ermittlungen und Bewertungen des von der Antragsgegnerin beauftragen Gutachters zu erschüttern. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren sind nach Erlass einer Planungsentscheidung durchgeführte Erhebungen in einem Naturraum in der Regel von vornherein nicht geeignet, eine der Planung zugrunde liegende frühere, nach Methodik und Umfang ordnungsgemäße artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme in Frage zu stellen (BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 - Rn. 50). Diese Rechtsprechung lässt sich auf Bebauungsplanverfahren übertragen, die - wie hier - ein Straßenbauvorhaben zum Gegenstand haben. Die Bestandsaufnahme des Fachgutachters war - wie noch auszuführen sein wird (s. unten 5. g)) - sowohl nach ihrer Methodik als auch nach ihrem Umfang ordnungsgemäß. Sie ergab keinen Hinweis auf das Vorkommen der Nachtigall. Die Antragstellerin zu 1 hält dem entgegen, im Jahr 2008 habe sie zwar keine Nachtigall singen hören. Ab April 2009 sei jedoch erst eine, später eine zweite Nachtigall zu hören gewesen. Diese Feststellungen sind nicht geeignet, die artenschutzfachlich ordnungsgemäß erstellte Bestandsaufnahme zu erschüttern. Denn der Zeitpunkt der geschilderten Wahrnehmungen lag mehrere Monate nach dem Satzungsbeschluss im ergänzenden Verfahren. Darüber hinaus ist weder zu erkennen, dass sie auf einer sachverständigen Beobachtung beruhten, noch dass der Beobachtung ein naturschutzfachlich anerkanntes methodisches Vorgehen zugrunde gelegen hat (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.08.2009. a.a.O.).
74 
2. Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Bestimmtheitsgebot.
75 
a) Die Antragsteller halten den Bebauungsplan für inhaltlich unbestimmt, weil die Aufteilung der festgesetzten Verkehrsflächen nach der Zeichenerklärung als unverbindlich bezeichnet wird. Die Antragsgegnerin hält dem zu Recht entgegen, dass die Unverbindlichkeit lediglich die funktionale Aufteilung innerhalb der jeweils festgesetzten Verkehrsfläche betrifft, nicht jedoch die örtliche Lage der Fläche. Die funktionale Aufteilung der Verkehrsflächen sei Teil der Ausführungsplanung. Der Bebauungsplan setzt verschiedene Verkehrsflächen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB fest und bezeichnet sie im Einzelnen. Diese Festsetzungen sind verbindlich. So kann auf der als „Grünfläche als Bestandteil von Verkehrsanlagen“ festgesetzten Fläche beispielsweise nicht die Fahrbahn gebaut werden. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot liegt daher nicht vor.
76 
b) Die Antragsteller rügen des Weiteren ebenfalls zu Unrecht, dass die Festsetzungen, die den Lärmschutz der Antragstellerin zu 1 sichern sollen, unbestimmt seien.
77 
Der Lärmschutz für die Antragstellerin zu 1 wird im vorliegenden Fall nicht durch eine Lärmschutzwand auf dem vorhandenen Gelände sichergestellt, sondern durch die Tieferlegung der Trasse und die Abstützung des umgebenden Geländes mit einer Stützmauer sowie - in einem kleineren Bereich - mit einem Stützwall. Dementsprechend wurden die Stützmauer und der Stützwall nicht als Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB ausgewiesen, sondern als Verkehrsflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB. Die Höhenlage der Trasse ist im zeichnerischen Teil des Plans festgesetzt. Im Rahmen des ergänzenden Verfahrens wurde er - allerdings rein informatorisch unter der Überschrift „Kennzeichnung und nachrichtliche Übernahmen (§ 9 (6) BauGB)“ - durch die Höhenlage des umliegenden Geländes ergänzt. Einer ausdrücklichen Festsetzung bedurfte es nicht, weil die Höhenlage des die Trasse umgebenden Geländes nicht verändert wird, so dass bereits anhand der festgesetzten Höhenlage der Trasse berechnet werden konnte, ob die Antragstellerin zu 1 hinreichend vor Lärmimmissionen geschützt wird. Ob die ergänzten Höhenangaben tatsächlich einer der in § 9 Abs. 5 BauGB genannten Fallgruppen der nachrichtlichen Übernahme zuzuordnen sind, oder ob es sich um einen sonstigen Hinweis handelt, kann dahin stehen. Denn jedenfalls bedurfte es insoweit nicht einer ausdrücklichen Festsetzung und nur in diesem Fall würde es an der erforderlichen Bestimmtheit fehlen.
78 
c) Die Antragsteller sind der Auffassung, die Bezeichnung „Feldweg und Zufahrt zu Flst.-Nr. ...“ sei in straßenrechtlicher Hinsicht ungenügend. Dies trifft nicht zu.
79 
Durch einen Bebauungsplan angelegte öffentliche Straßen gelten nach § 5 Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 StrG mit ihrer Überlassung für den Verkehr als gewidmet. Die Einteilung der Straßen richtet sich nach § 3 StrG. Nach dessen Absatz 1 Nr. 3 i.V.m Abs. 2 Nr. 4 zählen zu den Gemeindestraßen auch beschränkt öffentliche Wege. Dies sind Wege, die einem auf bestimmte Benutzungsarten oder Benutzungszwecke beschränkten Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. Zu solchen beschränkt öffentlichen Wegen zählen nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe a) StrG insbesondere Feldwege. Die Aufzählung in § 5 Abs. 2 Nr. 4 StrG ist aber - wie die Verwendung des Wortes „insbesondere“ zeigt - nicht abschließend. Auch die Bezeichnung „Zufahrt zu Flst.-Nr. ...“ beschränkt die Benutzung des Weges auf einen bestimmten Benutzungszweck und stellt daher eine geeignete Bezeichnung der „beschränkten Öffentlichkeit“ im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 4 StrG dar. Sie macht deutlich, dass nicht nur die Nutzung für die Bewirtschaftung der Feldgrundstücke zulässig ist, sondern auch die Nutzung als Zufahrt zum Grundstück der Antragstellerin zu 1.
80 
3. Der Freistellungsbescheid nach § 23 AEG des Regierungspräsidiums Stuttgart erging am 09.07.2008 und lag somit zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren am 23.01.2009 vor. Ein Fehler liegt daher nicht - zumindest aber nicht mehr - vor.
81 
4. Die Trennung des Bebauungsplans „Weilerweg“, von den Bebauungsplanverfahren „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“, „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ ist nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung zur Straßenplanung ist anerkannt, dass die Bildung von Abschnitten keinen Bedenken begegnet, wenn auf eine übermäßige, faktisch rechtsschutzverhindernde "Parzellierung" verzichtet wird, die Abschnittsbildung aus planerischen Gründen gerechtfertigt erscheint und jedem Abschnitt auch isoliert eine eigene Verkehrsbedeutung zukommt (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 16.10.2002 - 8 C 11774/01 -, BauR 2003, 351). Der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens dürfen keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, NVwZ 2008, 678).
82 
Diese Rechtsprechung lässt sich auf die planfeststellungsersetzende Bauleitplanung übertragen. Davon ausgehend sind Rechtsfehler infolge der Trennung der Bebauungspläne nicht ersichtlich. Der Bebauungsplan „Weilerweg“ steht zwar in Verbindung mit sämtlichen genannten Plänen. Ein Zusammenhang der Planungsinhalte dergestalt, dass sie in sinnvoller Weise nur in einem Verfahren beschlossen werden können, besteht indes nicht. Die Bebauungspläne „Weilerweg“ und „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ beinhalten reine Straßenplanungen, während die Bebauungspläne „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ Baugebietsplanungen darstellen. Schon wegen dieser inhaltlichen Unterschiede drängt sich eine Verbindung des Planes „Weilerweg“ mit den Plänen „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ nicht auf. Der Weilerweg dient zwar auch zur Erschließung der neuen Baugebiete. Dies allein gebietet es jedoch nicht, die Planungen zu vereinen. Denn die Bedeutung des Weilerweges erschöpft sich nicht in dieser Erschließungsfunktion. Vielmehr soll er vor allem die Funktion der bislang nördlich der Bahnlinie verlaufenden K 2160 übernehmen. Diese Hauptfunktion rechtfertigt es, den Ausbau des Weilerweges einem eigenen Bebauungsplanverfahren vorzubehalten. Aber auch gegenüber der weiteren Straßenplanung durch den Bebauungsplan „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ hat der Ausbau des Weilerweges eine eigene Verkehrsbedeutung, indem er eine neue Verkehrsachse von Ost nach West bildet. Der Bebauungsplan „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ steht mit dem Bebauungsplan „Weilerweg“ nur insofern in Verbindung, als beide Pläne Teile des Gesamtverkehrskonzepts der Stadt Schwaigern sind. Sie lassen sich jedoch unabhängig voneinander verwirklichen, ohne ihre jeweilige Bedeutung zu verlieren. Ohne die Verwirklichung des Bebauungsplans „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ würde daher zwar das Gesamtverkehrskonzept nicht vollständig umgesetzt werden können. Der ausgebaute Weilerweg würde aber nicht quasi als Torso ohne Funktion übrigbleiben. Vielmehr erfüllte er dann zumindest seine Aufgabe als Erschließungsstraße für die Baugebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ sowie als Ost-West-Verbindung südlich der Bahntrasse.
83 
5. Der Bebauungsplan „Weilerweg“ leidet auch nicht unter einem erheblichen, zur Ungültigkeit führenden Fehler im Abwägungsvorgang. Die Antragsgegnerin hat sämtliche betroffenen Belange hinreichend ermittelt, bewertet und abgewogen. Es liegt daher weder ein beachtlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch ein materieller Fehler nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB vor.
84 
Die Aufstellung eines Bebauungsplans erfordert die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrem objektiven Gewicht in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Diese Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
85 
Eine in materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerfreie Abwägung setzt grundsätzlich eine hinreichende Ermittlung und Bewertung aller von der Planung berührten Belange (Abwägungsmaterial) voraus. Das Gebot der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials hat gleichzeitig in formeller Hinsicht eine selbständige Bedeutung bei der Überprüfung der Gültigkeit eines Bebauungsplans. Ein beachtlicher Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist gegeben, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. Die Vorschrift erhebt in Umsetzung gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensrechts (insbesondere der Richtlinie 2001/ 42/EG) einen wesentlichen Ausschnitt von bisher dem materiellen Recht (§ 1 Abs. 7 und § 214 Abs. 3 BauGB) zugerechneten Fehlern im Abwägungsvorgang, nämlich Fehlern bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials, in den Rang einer „Verfahrensgrundnorm“ (zu alldem vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899, unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte; Urteile des Senats vom 06.05.2009 - 3 S 3037/07 -, juris und vom 09.06.2009 - 3 S 1108/07 -, juris).
86 
Dem Senat ist bewusst, dass Abwägungsfehler aus der Gruppe des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB rechtssystematisch auf der Verfahrensebene abzuhandeln sind und eine (nochmalige) Geltendmachung als Mängel im Abwägungsvorgang ausgeschlossen ist, wie § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB klarstellt. Ungeachtet dessen sieht der Senat sich aber nicht gehindert, derartige Ermittlungs- und Bewertungsfehler - aus Gründen besserer Verständlichkeit sowie zur Vermeidung unergiebigen Abgrenzungsaufwands gegenüber dem „Restbestand“ an sonstigen Fehlern im Abwägungsvorgang - einheitlich im Rahmen der Prüfung zu behandeln, ob der Bebauungsplan dem Abwägungsgebot auf der Ebene des Abwägungsvorgangs entspricht (vgl. Urteile des Senats vom 06.05.2009 und vom 09.06.2009, a.a.O.). Denn die Anforderungen an die Beachtlichkeit von verfahrensrechtlichen Fehlern im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB und von sonstigen materiell-rechtlichen Vorgangsfehlern nach § 214 Abs. 3 BauGB sind identisch. Es gelten jeweils die gleichen Rügefristen (vgl. § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB). Auch inhaltlich bestehen keine Unterschiede. § 214 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 3 BauGB setzen die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten einschränkenden Voraussetzungen, unter denen von der Planung berührte Belange zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören und beachtlich sind, stillschweigend voraus und knüpfen hieran an; weitergehende Pflichten bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials als diejenigen, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot entwickelt hatte, wollte der Gesetzgeber den Gemeinden mit der Neuregelung nicht auferlegen. Von der Planung berührte, nicht zutreffend ermittelte oder bewertete Belange betreffen demnach „wesentliche Punkte“ im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, wenn diese Punkte in der konkreten Planungssituation abwägungsbeachtlich waren, d.h. der planenden Stelle entweder bekannt waren oder wegen ihrer Bedeutung von Amts wegen erkennbar sein mussten (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899). Auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Ermittlungs- und Bewertungspflicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB stimmt mit dem Zeitpunkt der „übrigen“ Abwägungspflicht nach § 1 Abs. 7 BauGB überein; in beiden Fällen ist nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf den Zeitpunkt der - entscheidenden - Beschlussfassung über die Satzung abzustellen (Urteile des Senats vom 06.05.2009 und vom 09.06.2009, jeweils a.a.O.).
87 
Die Antragsgegnerin hat dem Gebot des § 2 Abs. 3 BauGB einer hinreichenden Ermittlung und Bewertung der bei Verwirklichung der Planung betroffenen Belange genügt und ihr ist auch kein sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang unterlaufen.
88 
a) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe in ihrer Planung nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, in welche Straßengruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 StrG der Weilerweg zukünftig gehören soll.
89 
Die zutreffende Einordnung der geplanten Straße in die ihrer Verkehrsbedeutung entsprechende Straßengruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 StrG ist für die von der Antragsgegnerin vorzunehmende Abwägung von entscheidender Bedeutung. Sie ist unerlässlich, um die von der Planung betroffenen privaten und öffentlichen Belange richtig einschätzen und gewichten zu können. Denn sie hat wesentliche Auswirkungen auf die tatsächliche und rechtliche Betroffenheit der Eigentümer der in der Straßentrasse liegenden Grundstücke sowie der Straßenanlieger - z.B. unter dem Gesichtspunkt der Anbaubeschränkungen nach § 22 StrG -, aber auch für die Frage, wer als Straßenbaulastträger (vgl. §§ 9 und 43 StrG) die Kosten für den Bau und die Unterhaltung der Straße zu tragen hat (vgl. BayVGH, Urteil vom 08.08.2001 - 8 N 00.690 -, NVwZ-RR 2002, 257; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.11.1996 -1 C 12272/94 -, juris Rn. 21). Eine Gemeinde muss sich daher bei der Planung einer Straße darüber selbst im klaren sein und es auch zutreffend in der Planung zum Ausdruck bringen, in welche Straßengruppe die künftige Straße gehören soll (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 25.04.2007 - 5 S 2243/07 -, NuR 2007, 685).
90 
Der Einwand der Antragsteller, es liege insoweit ein Ermittlungsdefizit vor, ist nach Vorlage der ergänzenden Unterlagen ausgeräumt. Wie oben ausgeführt, belegen diese, dass umfangreiche Abstimmungen der Planung zwischen der Antragsgegnerin und dem Landkreis stattgefunden haben, dem stets klar war, dass der Weilerweg nach seinem Ausbau die Bedeutung einer Kreisstraße erlangen soll. Aus dieser engen Abstimmung, über die der Bürgermeister der Antragsgegnerin in der Sitzung des Gemeinderates vom 16.11.2007 berichtete, und den Ausführungen in der Begründung zum Bebauungsplan ergibt sich für den Senat mit hinreichender Deutlichkeit, dass auch dem Gemeinderat der Antragsgegnerin bewusst war, dass die Planung auf den Ausbau des Weilerwegs zu einer Straße gerichtet ist, die die Bedeutung einer Kreisstraße erlangen soll. Diese Absicht hat er hinreichend deutlich in der Planung zum Ausdruck gebracht, wie die oben unter 1. c) zitierten Teile der Begründung belegen.
91 
b) Die weitere Rüge der Antragsteller, die Bewältigung der Verkehrsproblematik sei fehlerhaft, greift ebenfalls nicht durch.
92 
aa) Die Vorwürfe der Antragsteller, das der Planung zugrunde liegende Verkehrskonzept bewirke eine bloße Umverteilung von Verkehrsbelastungen auf gleichermaßen schützenswerte Straßenzüge und ziehe zusätzlichen Verkehr von der B 293 an, treffen nicht zu.
93 
(1) Der Ausbau des Weilerweges ist Teil des Verkehrskonzepts der Antragsgegnerin. Dieses sieht nicht nur den Ausbau des Weilerwegs sondern unter anderem auch den Bau einer Bahnunterführung zwischen der nördlich der Bahnlinie gelegenen Zeppelinstraße und dem südlich der Bahnlinie verlaufenden Weilerweg sowie eine teilweise Verkehrsverlagerung durch verkehrslenkende Maßnahmen von der Kernstadt auf den Bereich der Zeppelinstraße vor (Planfall 7). Das Verkehrsgutachten geht einerseits bereits für den Planfall 1F (Ausbau des Weilerweges zuzüglich verkehrslenkender Maßnahmen in der Innenstadt) von einer Zunahme der Verkehrsbelastung auf der Zeppelinstraße gegenüber dem Planfall 0 um mehr als 50 % aus (von durchschnittlich täglich 1.959 Kfz auf 3.050 Kfz). Zu einer massiven Zunahme wird es schließlich nach Umsetzung des Planfalls 7 kommen. Für diesen Fall wird eine Zunahme auf durchschnittlich täglich 6.300 Kfz, d.h. um mehr als 200 % gegenüber dem Planfall 0 prognostiziert. Andererseits wird die Innenstadt gegenüber dem Planfall 0 entlastet: um 47 % im Planfall 1F (von durchschnittlich täglich 10.100 Kfz auf 5.300 Kfz) und um 48,5 % im Planfall 7 (auf 5.200 Kfz täglich). Beim Bahnübergang Heilbronner Straße beträgt die Entlastung (gegenüber dem Planfall 0) 31 % im Planfall 1F (von durchschnittlich täglich 16.800 Kfz auf 11.500 Kfz) und 88 % im Planfall 7 (auf 4.000 Kfz pro Tag).
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Die Zunahme des Verkehrsaufkommens auf der Zeppelinstraße wird somit zu einer Entlastung der Innenstadt führen. Allerdings wird der Verkehr nicht vollständig verlagert. Vielmehr verbleibt sowohl im Planfall 1F als auch im Planfall 7 ein ganz erheblicher Teil des Verkehrs in der Innenstadt (Reduzierung von 10.100 Kfz auf 5.300 Kfz bzw. 5.200 Kfz pro Tag). Einen (Groß-)Teil des in der Innenstadt wegfallenden Verkehrs nimmt die Zeppelinstraße auf. Der Gesamtverkehr wird aber - wie auch die Antragsgegnerin vorträgt - auf mehrere Netzelemente verteilt. Dies war auch Planungsziel. Ein solches Ziel der Umlenkung lokaler Verkehrsströme ist legitim (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, NVwZ 2008, 678). Von einer bloßen Umverteilung des Verkehrs kann dagegen angesichts der prognostizierten Verkehrsbelastungen für die betroffenen Straßenzüge - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht gesprochen werden.
95 
Darüber hinaus spricht wenig dafür, dass - wie die Antragsteller meinen -, die den Verkehr zukünftig aufnehmenden Straßenzüge gleichermaßen schutzwürdig sind. Bisher wird der Verkehr durch den Stadtkern Schwaigerns geleitet, der dicht bebaut ist. Die Strecke weist drei 90-Grad-Kurven auf. Demgegenüber handelt es sich bei der Zeppelinstraße um eine fast geradlinig in Nord-Süd-Richtung verlaufende Straße. Die daran angrenzenden Grundstücke sind ausweislich des Luftbildes und des Bebauungsplans deutlich lockerer bebaut als die Innenstadtbereiche. Teilweise befinden sich entlang der Straße auch noch größere Freiflächen. Die an die Zeppelinstraße angrenzenden Grundstücke werden nicht nur zu Wohnzwecken genutzt, sondern dienen auch gewerblichen Zwecken, wie schon die Nutzung der den Antragstellern zu 3 gehörenden Grundstücke ... ... und ... ... (Ecke ...) zeigt.
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(2) Die von den Antragstellern behauptete Anziehungswirkung des ausgebauten Weilerwegs für Verkehr von der B 293 ist nicht zu erkennen. Die B 293 verläuft nördlich von Schwaigern in Ost-West-Richtung und somit parallel zum Weilerweg, der im Süden der Stadt verläuft. Die A 6 verläuft ebenfalls nördlich Schwaigerns. Die Anschlussstellen Sinsheim-Steinsfurt und Bad Rappenau werden über Landes- und Kreisstraßen angefahren, die von der B 293 nach Norden abzweigen. Südlich von Schwaigern befinden sich keine größeren Städte oder Straßen, insbesondere keine Autobahnen oder Bundesstraßen. Die nächste größere Stadt ist Heilbronn; sie liegt 15 km entfernt, allerdings in östlicher Richtung. Bei dieser Sachlage ist nicht zu erkennen, welche Anziehungskraft ein ausgebauter Weilerweg auf den Verkehr der B 293 haben könnte. Er bietet keine kürzere oder schnellere Alternative für den Verkehr auf der B 293 und stellt auch keine Verbindung zu einer anderen übergeordneten Straße oder einer größeren Stadt her.
97 
bb) Die Antragsteller rügen ferner zu Unrecht, die Antragsgegnerin hätte bei ihrer Abwägung berücksichtigen müssen, dass auf dem ausgebauten Weilerweg auch höhere Geschwindigkeiten als 50 km/h gefahren werden. Diese Geschwindigkeit war den schalltechnischen Berechnungen zugrunde gelegt worden. Sie soll durch das Aufstellen einer Ortstafel auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ..., ... ... sichergestellt werden. Bereits am 16.10.2006 wurde darum in einem Schreiben der Antragsgegnerin an das Straßenbauamt des Landratsamtes Heilbronn gebeten. In Anbetracht des Bebauungsplanverfahrens „Mühlpfad I“, das seit dem 24.10.2008 abgeschlossen ist, und dem noch in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan „Herrengrund“ erscheint diese Planung realistisch und durchführbar. Denn durch beide Bebauungsplanverfahren wird das bislang dem Außenbereich zuzurechnende Gebiet südlich der Bahnlinie zum Wohngebiet. Der Weilerweg wird daher zukünftig entlang dieser Baugebiete verlaufen, so dass er auch optisch innerhalb einer „geschlossenen Ortslage“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 StrG liegt. Die Vorschrift definiert den Begriff der „geschlossenen Ortslage“ als den Teil des Gemeindegebiets, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist.
98 
Auf der Basis dieser nicht zu beanstandenden Planungen wurde die zu erwartende Lärmbelastung berechnet. Grundlage hierfür waren die RLS-90. Dies ist rechtlich korrekt. Die RLS-90 sind durch die 16. BImSchV als anzuwendendes Rechenverfahren eingeführt. Die Antragsteller rügen jedoch, „die formale Argumentation mit der RLS-90 führe zu einer Vernachlässigung der aufgrund des Bebauungsplans tatsächlich ermöglichten Lärmbelastungen“. Soweit sie damit zum Ausdruck bringen wollen, dass unter Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auch höhere Geschwindigkeiten gefahren werden können, dringen sie damit nicht durch. Denn die Antragsgegnerin war von Rechts wegen nicht verpflichtet, bei den Berechnungen solche Normübertretungen in Rechnung stellen. Dies gilt umso mehr, als die geplante Breite und der Ausbauzustand des zukünftigen Weilerwegs solche Normübertretungen „auf breiter Front“ nicht nahe legen - etwa weil die Straße nach ihrem optischen Eindruck zum „Schnellerfahren“ verleiten würde.
99 
cc) Der Einwand der Antragsteller, die Antragsgegnerin hätte berücksichtigen müssen, dass durch die Kreisverkehre verstärkte Abbrems- und Beschleunigungsgeräusche auftreten, trifft nicht zu. Der Lärmgutachter verweist in seiner Stellungnahme vom 15.09.2009 zum einen darauf, dass die den Berechnungen zugrunde gelegten RLS-90 eine Berücksichtigung von Abbrems- und Anfahrvorgängen an nicht signalgesteuerten Kreuzungen nicht vorsehen. Zum anderen sei davon auszugehen, dass die Geräuschentwicklung, die sich beim Beschleunigen ergebe, kompensiert werde durch die gegenüber der zulässigen Höchstgeschwindigkeit insgesamt geminderte Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich. Er verweist insoweit auf eine Studie des Fraunhofer Instituts aus dem Jahr 2003, wonach die Pegelwerte im Einwirkungsbereich eines Kreisverkehrs um rund 3 dB(A) niedriger seien als bei „konventionellen“ Kreuzungen. Diese Ausführungen sind nachvollziehbar und plausibel; sie werden von den Antragstellern auch nicht in Frage gestellt. Die Antragsteller sind jedoch der Meinung, die Antragsgegnerin hätte gleichwohl eine „ordnungsgemäße Abwägung des Einzelfalls“ vornehmen müssen. Dies ist jedoch erfolgt, denn die Antragsgegnerin hat die für die geplante Straße ordnungsgemäß berechneten Lärmwerte ihrer Abwägung zugrunde gelegt. Mehr können die Antragsteller nicht verlangen.
100 
dd) Die Antragsteller rügen weiter ohne Erfolg, die Erschließung der neuen Baugebiete werde in unzulässiger Weise in den Bebauungsplan „Weilerweg“ verlagert, obwohl sie durch die Bebauungspläne „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ gelöst werden müssten. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Plangeber mit dem Ausbau des Weilerweges nicht nur die Schaffung einer neuen zügigen Ost-West-Verbindung beabsichtigt, sondern zugleich eine verkehrliche Erschließung der beiden neuen Baugebiete schaffen will. Beides sind zulässige Planungsziele. Sie können miteinander verknüpft werden, ohne dass dadurch neue Konflikte entstünden. Der Plangeber war daher nicht gezwungen, die Lösung der Erschließungsproblematik für die neuen Baugebiete den Bauleitplanungen für diese Gebiete vorzubehalten. Dies gilt umso mehr, als es sich dabei nicht nur um vage Planungsabsichten, sondern um zwei konkrete Planungsverfahren handelt, wovon eines bereits zum Abschluss gebracht worden ist.
101 
ee) Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat eine ordnungsgemäße Alternativenprüfung stattgefunden. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat in nicht zu beanstandender Weise der gewählten Trassenvariante den Vorzug vor den übrigen Varianten gegeben; er hätte nicht die von den Antragstellern favorisierte Variante auswählen müssen.Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung die Vorstellungen der Antragsteller hierzu erläutert. Danach dränge sich der Bau einer Bahnunterführung an der Neipperger Straße und die Erschließung der neuen Baugebiete über eine Straße auf, die südlich der Baugebiete oder auch inmitten der Baugebiete verlaufe und in die Neipperger Straße münde. Diese Vorstellungen entsprechen hinsichtlich der Bahnunterführung der Variante I bzw. dem in der Verkehrsprognose des Planungsbüros ... vom Februar 2002 untersuchten Planfall 6. Er sieht die Sperrung des Bahnübergangs, den Bau einer neuen Bahnunterführung östlich des Bahnhofs, den Ausbau und die Verlängerung des Weilerwegs bis zur Stettener Straße sowie Restriktionen auf der Mozartstraße/Heilbronner Straße/Uhlandstraße, d.h. der bisherigen Ortsdurchfahrt vor. Hinsichtlich der Erschließung der Baugebiete über eine südlich der neuen Baugebiete verlaufende Straße entsprechen die Vorstellungen der Antragsteller der Variante A.
102 
Die Auswahl unter verschiedenen in Betracht kommenden Trassenvarianten ist als Abwägungsentscheidung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur begrenzt gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Eine planende Gemeinde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer "besseren" Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.2008 - 9 A 27.06 -, NVwZ 2008, 678). Das ist hier nicht der Fall.
103 
Mit der von den Antragstellern favorisierten Linienführung hat sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin im Rahmen des ergänzenden Verfahrens abwägend auseinandergesetzt. In der Begründung zum Bebauungsplan ist dargelegt, dass die Trassenvariante D besser geeignet ist, die Planungsziele zu erreichen. Gegen die Variante I, die eine Bahnunterführung an der Neipperger/Heilbronner Straße vorsieht, sprach aus Sicht des Gemeinderates insbesondere, dass durch die Aufhebung des schienengleichen Bahnübergangs im Zuge der Heilbronner Straße ein wesentliches verkehrlich-städtbauliches Oberziel verlassen werde. Durch die nördlich der Bahnlinie für eine Bahnunterquerung erforderlichen Parallelrampensysteme südlich der Stettener Straße bzw. der Mozartstraße entstünden städtebaulich unbefriedigende Additionen von Verkehrswegen mit unterschiedlichem Trassenniveau. Hierzu seien Eingriffe in Bahnanlagen und in die aktuell vorhandene Bausubstanz erforderlich. Die Trassenvariante I sei deutlich teurer als die Variante D. Außerdem entstünde eine verwinkelte und umwegige Linienführung der Trasse durch die erforderliche Bahnunterquerung.
104 
Auch die - bahnferne - Trassenvariante A hat der Gemeinderat bewertet. Er kam zu dem Ergebnis, dass sie gegenüber der Variante D nicht vorzugswürdig ist. Gegen die Variante A sprach aus seiner Sicht insbesondere, dass ein städtebaulich nicht zu vertretender Freiraum zwischen künftiger baulicher Entwicklung im Süden und der Innenstadt und ein erheblicher Mehrbedarf an Grundstücksfläche - einhergehend mit eklatanten Mehrkosten für den Grunderwerb - entstünden. Darüber hinaus erfordere die Überquerung des Rohnsbaches einen erheblichen Eingriff in besonders geschützte Gebiete nach § 32 LNatSchG und in das dort festgesetzte Landschaftsschutzgebiet. Im Bereich westlich des Rohnsbaches würden landwirtschaftliche Nutzflächen in hohem Umfang verbraucht und durch Zerschneidung der Grundstücke erhebliche Bearbeitungserschwernisse verursacht.
105 
Die Trassenvariante D ist zwar auch nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht nachteilsfrei. Sie verursache u.a. im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 Eingriffe in bebaute Grundstücksflächen. Deren Garage werde Nutzungseinschränkungen ausgesetzt sein. Außerdem werde die Lärmbelastung bestehender Wohngebäude verstärkt. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin gleichwohl dieser Variante den Vorzug vor den Varianten A und I gab. Denn deren dargestellte Nachteile sind nachvollziehbar und sie sind jedenfalls so gewichtig, dass sich keine dieser Varianten und auch keine Kombination dieser Varianten, in der Form, wie sie sich die Antragsteller vorstellen, dem Gemeinderat der Antragsgegnerin aufdrängen musste. Dagegen sprechen für die ausgewählte Trassenvariante D gute Gründe, insbesondere die Bündelung von verschiedenen Verkehrsarten (Straße und Schiene), der geringere Verbrauch bislang landwirtschaftlich genutzter Außenbereichsflächen sowie die Höhe der Kosten.
106 
ff) Die Antragsteller rügen den Prognosehorizont 2015 als zu kurz und sind der Auffassung, die Lenkung des Schwerlastverkehrs könne auch mit straßenverkehrsrechtlichen Mitteln erfolgen. Beides trifft nicht zu.
107 
(1) Für die rechtliche Beurteilung des der Lärmberechnung zugrunde liegenden Prognosehorizonts kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses an. Der Prognosezeitraum ist dann zu beanstanden, wenn er auf unsachlichen Erwägungen beruht oder er von vornherein ungeeignet erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.03.2007 - 9 C 2.06 -, juris Rn. 20 und Beschluss vom 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rn. 23 f.). Unsachliche Erwägungen, die zur Wahl des Prognosehorizonts 2015 geführt hätten, sind im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Insbesondere geben die Akten keinen Anhaltspunkt dafür, dass absichtlich ein kurzer Prognosehorizont gewählt worden wäre, um den Umfang der erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen möglichst gering zu halten. Der entsprechende Vorwurf der Antragsteller ist insoweit ins Blaue hinein erhoben worden und lässt sich durch nichts bestätigen.
108 
Der Prognosezeitraum ist auch nicht ungeeignet. Dies wäre dann der Fall, wenn im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bereits verlässlich absehbar wäre, dass die Straße bis zum gewählten Prognosehorizont noch nicht fertiggestellt und in Betrieb genommen sein wird, wenn also von vornherein feststünde, dass der Prognose für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Straße keine Aussagekraft mehr zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.05.2005, a.a.O.). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Beschlussfassung am 16.11.2007 lag der Prognosehorizont noch acht Jahre entfernt, so dass mit einer Inbetriebnahme der Straße vor dem Erreichen des Prognosehorizonts zu rechnen war. Unabhängig davon entsprach die Wahl der Prognosehorizonts 2015 zu diesem Zeitpunkt der gängigen Praxis, denn auch die „Verkehrsprognose 2015“ des Bundesverkehrsministeriums vom April 2001 stellte auf diesen Zeitraum ab. Die Daten dieser Verkehrsprognose dienten - ebenso wie deren überarbeitete spätere Version - als Grundlage für die Fortentwicklung der Verkehrsplanung im Bund und in den Ländern. Die zwei Tage vor dem Satzungsbeschluss erstellte „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ des Bundesverkehrsministeriums, die den Planungshorizont auf das Jahr 2025 erweiterte, konnte dagegen noch nicht als Grundlage dienen, da sie nicht unmittelbar nach ihrer Erstellung überall zur Verfügung stand.
109 
Aber auch zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren kann von einem ungeeigneten Prognosehorizont nicht ausgegangen werden. Denn die verbleibenden sechs Jahre reichen für den Straßenbau aus. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob die Verschiebung des Prognosehorizonts zu einer nennenswerten Veränderung der Lärmbelastung führen würde. Denn im Gegensatz zu früheren Prognose geht die Verkehrsprognose 2025 von einer sinkenden Bevölkerungszahl aus. Der Anteil der „fahrfähigen Bevölkerung“ (Einwohner über 18 Jahre) wächst nach der Prognose zwar immer noch um 2,3 % und die Pkw-Dichte pro fahrfähigem Einwohner wird um 10 % steigen. Diese Steigerungsraten sind jedoch deutlich geringer als die bis 2015 prognostizierten. Nach der Verkehrsprognose 2015 war noch von einer Erhöhung des Anteils der fahrfähigen Bevölkerung um 6 % und der Pkw-Dichte pro fahrfähigem Einwohner um 14 % auszugehen. Damit einhergehend ist auch ein deutlich geringerer Verkehrslärmzuwachs zu erwarten. Nach der Prognose wird zudem vor allem der Güterfernverkehr sowie im Personenverkehr der Anteil der Urlaubsfahrten besonders steigen. Dagegen wird der Anteil der beruflichen Fahrten nur minimal zunehmen und die Fahrten für Ausbildungs- und Einkaufszwecke sogar zurückgehen. Diese Entwicklung lässt ebenfalls Rückschlüsse auf die Belastungsentwicklung Schwaigerns zu. Denn die von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebene Verkehrsuntersuchung zeigt, dass der Anteil des Durchgangsverkehrs gering, der Anteil des Ziel- und Quellverkehrs dagegen sehr hoch ist. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Antragsteller meinen - zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich gewesen wären, wenn auf einen späteren Prognosehorizont abgestellt worden wäre. Dies gilt umso mehr, als der Verkehrsgutachter nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin in seine Berechnungen künftige Entwicklungen in Schwaigern einbezogen hat, die für die Verkehrsmenge von Einfluss sind. Dazu zählen insbesondere die Besiedelung der beiden Baugebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ sowie die Erweiterung des „Handelshofes“.
110 
Der von den Antragstellern als Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung zitierte ADAC-Bericht aus dem Jahr 2008 führt zu keinem anderen Ergebnis. Er gibt in weiten Teilen die beiden oben genannten Prognosen des Bundesverkehrsministeriums wieder und befasst sich mit dem Fernverkehr - vor allem mit dem Güterfernverkehr -, wie beispielsweise die Grafiken auf den Seiten 4, 5 und 7, insbesondere aber auch das Fazit des Berichts zeigen. Als Beleg für eine bis 2025 zu erwartende erhebliche Steigerung des innerörtlichen Verkehrs in Schwaigern ist er damit nicht geeignet.
111 
Der gesamte überörtliche Verkehr, der Schwaigern auf der B 293 passiert, hat sich im Übrigen von 2002 bis 2008 nicht wesentlich verändert. Dies belegen die von der Antragsgegnerin vorgelegten Auswertungen der automatischen Straßenverkehrszählung an der B 293 auf Höhe Schwaigern. Die Jahresmittelwerte bezogen auf sämtliche Kraftfahrzeuge an sämtlichen Wochentagen bewegen sich zwischen ca. 9900 und 10800 Fahrzeugen, wobei die Zahl der Fahrzeuge im Jahr 2007 mit ca. 10800 am höchsten war. Im Jahr 2008 ging sie zurück auf ca. 10200. Der Anteil des Schwerlastverkehrs erhöhte sich dagegen stärker. Er bewegte sich zwischen 665 und 1050 Fahrzeugen, wobei er wiederum 2007 seinen höchsten Stand erreichte und 2008 wieder auf 820 Fahrzeuge zurückging. Diese Zahlen belegen zum einen, dass die Antragsgegnerin zu Recht nicht von einer zu erwartenden wesentlichen Veränderung der Verkehrszahlen ausging. Denn die Gesamtverkehrszahlen haben sich innerhalb von acht Jahren nur um ca. 3 % erhöht; selbst bezogen auf das verkehrsreiche Jahr 2007 liegt nur eine Erhöhung um 9 % vor. Dies zeigt, dass die Verkehrszunahme in Schwaigern nicht höher liegt als im Bundesdurchschnitt, sondern niedriger. Die Zahlen belegen aber zum anderen auch die Gültigkeit der Aussagen in den Prognosen der Bundesverkehrsministeriums und des ADAC für die Gemarkung Schwaigern, dass nämlich der überörtliche Schwerverkehr erheblich zugenommen hat und wohl auch weiter zunehmen wird. Letzteres ist aber für die Frage, ob im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens „Weilerweg“ von zutreffenden Verkehrszahlen ausgegangen wurde, angesichts des auf den maßgeblichen Straßen überwiegenden Ziel- und Quellverkehrs ohne wesentliche Bedeutung.
112 
(2) Der Senat ist des Weiteren mit der Antragsgegnerin der Auffassung, dass eine Lenkung des Schwerlastverkehrs ausschließlich mit straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen nicht möglich ist. Insbesondere erscheint die Vorstellung der Antragsteller nicht realistisch, der aus Süden über die Neipperger Straße kommende Verkehr mit Ziel B 293 könne zunächst über die Heilbronner Straße (K 2160) nach Osten geführt werden, um bei Leingarten auf die B 293 einzumünden. Dies bedeutete eine Sperrung der durch Schwaigern in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Kreisstraße K 2152 sowie von Teilen der K 2160 für den überörtlichen Verkehr, was deren Bedeutung als vorwiegend dem überörtlichen Verkehr zwischen zwei benachbarten Kreisen oder innerhalb eines Kreises dienende Straßen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG) zuwiderlaufen würde.
113 
c) Der Bebauungsplan weist auch keine Fehler im Abwägungsvorgang zu Lasten der Antragstellerin zu 1 auf.
114 
aa) Die Rüge, die Antragsgegnerin habe die Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin zu 1 falsch eingeschätzt, greift nicht durch. Die Antragsgegnerin hat ihrer Abwägung zu Recht die Außenbereichseigenschaft des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 zugrunde gelegt.
115 
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist auch bei seiner erneuten Abwägung der betroffenen Belange im Rahmen des ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB davon ausgegangen, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 1 im Außenbereich liegt; hilfsweise hat er einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB unterstellt und das Gebiet als Misch-/Dorfgebiet eingestuft. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren am 23.01.2009 war bereits der Bebauungsplan „Mühlpfad I“ in Kraft, der auch das Grundstück der Antragstellerin zu 1 erfasst. Er setzt für das Grundstück der Antragstellerin zu 1 ein allgemeines Wohngebiet fest. Durch den Bebauungsplan „Mühlpfad I“ entsteht somit ein Konfliktpotential, da sich aufgrund dieser Festsetzung die Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin zu 1 gegenüber dem Verkehrslärm erhöht. Dieser Konflikt ist jedoch in diesem Bebauungsplan zu lösen. Ob dies gelungen ist, kann im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden, sondern kann allenfalls Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens gegen den Bebauungsplan „Mühlpfad I“ sein. Ohne Bedeutung ist insoweit, dass am 23.01.2009 der Satzungsbeschluss im ergänzenden Verfahren zum Bebauungsplan „Weilerweg“ erging. Wiederholt eine Gemeinde - zumindest teilweise - die Abwägungsentscheidung und die Beschlussfassung im ergänzenden Verfahren, hat sie die Möglichkeit - und auch die Pflicht -, neu eingetretene Umstände bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. zum anders gelagerten Fall einer bloßen Wiederholung der Ausfertigung BVerwG, Beschluss vom 12.03.2008 - 4 BN 5.08 -, BauR 2008, 1417). Zu den zu berücksichtigenden neuen Umständen zählt aber im vorliegenden Fall nicht die geänderte Qualität der Schutzwürdigkeit der Antragstellerin. Denn dieses - neue - Maß der Schutzwürdigkeit ist - wie oben dargelegt - im Bebauungsplanverfahren „Mühlpfad I“ zu berücksichtigen. Die Forderung nach einer Konfliktlösung auch im Bebauungsplanverfahren „Weilerweg“ würde die Forderung nach einer gleichsam doppelten Konfliktbewältigung bedeuten.
116 
Die für das Außenbereichsgrundstück der Antragstellerin zu 1 maßgeblichen Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 der 16. BImSchV von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts werden nicht überschritten. Nach Teil 2/8 der schalltechnischen Berechnungen vom 11.04.2007 beträgt die höchste Lärmbelastung am Gebäude der Antragstellerin zu 1 im Planfall 1F tagsüber 63 dB(A) und nachts 53 dB(A). Die gleichen Werte hat der Gutachter für den Planfall 7 errechnet. Diese Berechnungen sind nicht deshalb fehlerhaft, weil ihnen falsche Annahmen über die Menge und Art der Fahrzeuge zugrunde gelegt worden wären, die die neue Trasse des Weilerweges nutzen werden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter b) verwiesen werden.
117 
bb) Die Antragsteller rügen des Weiteren zu Unrecht, die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend ermittelt und bewertet, dass die verkehrliche Erschließung des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 mehrfach geändert werden muss.
118 
Auf der Ebene der vorgelagerten Pflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB hat die planende Gemeinde vor Erlass eines Bebauungsplans die Betroffenheit von Eigentümern, deren Flächen in Anspruch genommen werden sollen, umfassend und gründlich zu ermitteln und zu bewerten. Dies betrifft zunächst den Umfang und die Verteilung der Flächeninanspruchnahme, sodann die Auswirkungen auf den Zuschnitt und die Nutzung der verbleibenden Grundstücke sowie deren etwaige Wertminderungen. Darüber hinaus bleibt zu prüfen, welche baulichen Veränderungen (z.B. Rückbauten) und sonstigen Maßnahmen auf den betroffenen Grundstücken erforderlich wären und welche Ausgleichsmaßnahmen gegebenenfalls hieraus resultieren könnten. Die Notwendigkeit künftiger Enteignungen ist bei der Ermittlung ebenso in den Blick zu nehmen wie die Auswirkungen veränderter Verkehrsführungen auf die betroffenen Anlieger (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 31.07.2008 - 1 C 10193/08 -, juris).
119 
Diesen Verpflichtungen ist die Antragsgegnerin nachgekommen. Sie hat erkannt, dass zunächst durch den Bebauungsplan „Weilerweg“ eine Änderung der Zufahrt notwendig wird und diese Zufahrt wegen der Planung des neuen Baugebiets „Mühlpfad I“ erneut geändert werden muss. Auch hat sie berücksichtigt, dass die Aufrechterhaltung einer bestimmten Zufahrtsmöglichkeit zu den abwägungserheblichen Belangen zählt. Sie hat des Weiteren in ihre Erwägungen eingestellt, dass es sich um einen gewichtigen Eingriff in die bestehenden Verhältnisse auf dem Grundstück handelt. In der Begründung zum Bebauungsplan hat sie dazu ausgeführt: „Die durch die Planung vorgesehene Zufahrt von Westen bedingt eine tiefgreifende Neuordnung der inneren Erschließung und Nutzungsstruktur des Grundstück und geht mit weiteren Eingriffen in den Gartenbereich (mit zum Teil altem Baumbestand und ausgeprägtem sonstigen Bewuchs) einher“. Auf Seite 67/68 heißt es weiter, das schutzwürdige Interesse der betroffenen Eigentümer u.a. am Fortbestand der Grundstücksordnung sei mit hohem Gewicht zu berücksichtigen; dies gelte insbesondere für die bebauten Grundstücke ... ..., ..., ... und .... Die Antragsgegnerin hat gleichfalls erkannt, dass die Beeinträchtigungen insbesondere durch Entschädigungsleistungen auszugleichen sind. Über die Höhe dieser Entschädigungsleistungen liegen zwar keine konkreten Kostenschätzungen vor; auch die Kostenschätzung der Trassenvarianten vom 14.09.2005 (Anlage 7 zur Begründung zum Bebauungsplan) berücksichtigt diese Kosten nicht. Darin sind nur die Kosten für den notwendig werdenden Grunderwerb enthalten. Dies stellt jedoch keinen Ermittlungsfehler im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB dar, weil die planbedingt notwendig werdenden Entschädigungsleistungen für andere Grundstücksbeeinträchtigungen im Verhältnis zu den Gesamtkosten nur einen äußerst geringen Bruchteil ausmachen. Zum einen werden nur vier Grundstücke betroffen (... ..., ..., ... und ...) und zum anderen beschränkt sich das Ausmaß der Betroffenheit auf Einzelaspekte der Grundstücksnutzung, wie z.B. die Verlegung der Zufahrt, die Änderung der inneren Erschließung oder die Nutzung der Vorgärten), ohne die Gesamtnutzung des Grundstücks in Frage zu stellen.
120 
cc) Die Antragsteller rügen gleichfalls ohne Erfolg, statt der vorgesehenen Böschung im nordwestlichen Bereich des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 habe als milderes Mittel die Fortführung der Stützwand vorgesehen werden müssen, da hierfür weniger Fläche in Anspruch genommen werden müsse. Zudem sei ein im Plan grün eingefärbter Bereich zwischen der Straßen- und der Böschungsfläche vorgesehen, dessen Funktion und Notwendigkeit nicht ersichtlich sei, der aber zu weiterem Flächenverlust führe.
121 
Die Antragsgegnerin hat - wie sich aus der Begründung zum Bebauungsplan ergibt - das Problem des Flächenbedarfs für die Böschung erkannt und sich abwägend damit auseinandergesetzt, ob stattdessen die Stützwand weiterzuführen sei. Sie hat sich gegen die Verlängerung der Stützwand entschieden, da dies nur zu einer Reduzierung des Flächenbedarfs um 40 m 2 geführt hätte, dem aber Mehrkosten in Höhe vom 66.000,-- EUR gegenüber gestanden hätten. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, die Belastungen der Antragstellerin zu 1 auf das - absolut gesehen - geringste Maß zu beschränken. Nach § 1 Abs. 7 BauGB hat sie vielmehr die widerstreitenden Interessen bzw. öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. In Anbetracht des relativ geringen Flächenminderbedarfs für eine Stützwand war es nicht abwägungsfehlerhaft, das Interesse der Antragstellerin zu 1 hinter das öffentliche Interesse an einer möglichst sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel zurücktreten zu lassen.
122 
Die Bedeutung des von den Antragstellern als funktionslos bemängelten grün eingezeichneten Bereichs zwischen Straßen- und Böschungsfläche hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar erläutert. Sie hat darauf verwiesen, dass er als Sicherheits- und Sichtraum, als Notgehweg und als Arbeitsraum bei der Straßenunterhaltung erforderlich ist und zwar unabhängig davon, ob eine Stützwand oder eine Böschung errichtet wird. Insoweit liegt daher kein Ermittlungs- oder Bewertungsfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor.
123 
d) Die Antragsgegnerin hat auch die Belange der Antragstellerin zu 2 im Hinblick auf deren Anspruch auf Schutz vor Lärmimmissionen fehlerfrei ermittelt und bewertet.
124 
Die schalltechnischen Berechnungen gelangen für das außerhalb des Plangebiets liegende Grundstück der Antragstellerin zu 2 zwar zu einer Veränderung der Lärmsituation, sehen aber keine Veränderung, die zu einer Gesundheitsgefahr führt, weil die entsprechenden Lärmwerte nicht erreicht werden. Schallschutzmaßnahmen zu Gunsten dieses Grundstücks wurden nicht getroffen. Die Antragstellerin zu 2 rügt, dass passive Schallschutzmaßnahmen zwar geprüft, aber nicht festgesetzt worden seien.
125 
Diese Rüge führt schon deshalb nicht zum Erfolg des Antrags, weil ein Bebauungsplan für außerhalb des Plangebiets gelegene Gebäude keine passiven Schallschutzmaßnahmen festsetzen kann (VGH Baden-Württ., Urteil vom 22.07.1997 - 5 S 3391/94 -, NVwZ-RR 1998, 325). Ein außerhalb des Plangebiets notwendig werdender passiver Schallschutz nötigt aber auch nicht zu einer Ausweitung des Plangebietes, um die Festsetzungsmöglichkeit zu erlangen. Denn die Gemeinde muss regelmäßig auch im Plangebiet nicht auf das Instrumentarium zur Festsetzung passiven Schallschutzes nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB zurückgreifen, sondern kann dessen Regelung dem Verfahren nach § 42 BImSchG überlassen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 16.10.2002 - 8 C 11774/01 -, BauR 2003, 351).
126 
Unabhängig davon hat die Antragstellerin zu 2 keinen Anspruch auf Lärmschutz nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht einem Lärmbetroffenen ein Anspruch auf Lärmschutz nach dieser Vorschrift grundsätzlich nur zu, wenn gerade von der neuen oder geänderten Straße Verkehrslärm ausgeht, der den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet. Der hierfür maßgebende Beurteilungspegel ist nicht als „Summenpegel“ unter Einbeziehung von Lärmvorbelastungen durch bereits vorhandene Verkehrswege zu ermitteln. Allerdings dürfen die Vorbelastung und die zusätzliche Lärmbeeinträchtigung nicht zu einer Gesamtbelastung führen, die eine Gesundheitsgefährdung darstellt (Urteil vom 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, BauR 2001, 900 und Urteil vom 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1).
127 
Die Antragsgegnerin hat die Lärmbetroffenheit der Antragstellerin zu 2 ermittelt. Der Gutachter hat berechnet, dass es planbedingt zu einer Lärmverlagerung kommen wird, denn ein Teil des Verkehrs, der derzeit nördlich des Grundstücks verläuft, wird zukünftig auf den südlich des Grundstücks verlaufenden Weilerweg verlagert werden. Im Norden wird es daher zu einer Verbesserung der Lärmsituation kommen, im Süden dagegen zu einer Verschlechterung. Die ausschließlich durch den Ausbau des Weilerweges ausgelösten Lärmveränderungen wurden nicht ermittelt; es liegen insoweit nur Berechnungen über den Gesamtlärmpegel aus Schienen- und Straßenverkehr vor (Teil 2/9 der schalltechnischen Berechnungen). Der ausschließlich dem Straßenverkehrslärm zuzurechnende Lärm wurde jedoch für den Planfall 7 berechnet (Teil 2/5 der schalltechnischen Berechnungen). Dabei ergaben sich keine Pegelwerte, die die für ein Mischgebiet geltenden Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV von 64 dB(A) am Tag und 54 dB(A) in der Nacht überschritten. Der höchste berechnete Wert entsteht im Dachgeschoss auf der Südseite des Hauses der Antragstellerin zu 2 mit 58 dB(A) tags und 48 dB(A) nachts. Da der Planfall 7 nach dem Verkehrsgutachten zu einer Verkehrszunahme und damit zu einer Erhöhung der Lärmbelastung gegenüber dem Planfall 1F und damit erst recht gegenüber dem alleinigen Ausbau des Weilerweges führen wird, ist ausgeschlossen, dass der bloße Ausbau des Weilerweges die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten wird. Ein Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen besteht daher nicht.
128 
Die Lärmbelastung wird auch die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nicht überschreiten. Dies belegt Teil 2/9 der schalltechnischen Berechnungen der Antragsgegnerin. Der Schwellenwert für eine Gesundheitswertgefährdung wird allgemein bei einem Lärmpegel von 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht angenommen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, NVwZ 2009, 1498). Die genannten Werte werden nicht überschritten. Ungeachtet der methodischen Schwierigkeiten bei der Berechnung eines Summenpegels aus Verkehrs- und Gewerbelärm, die bedingt sind durch die unterschiedlichen Methoden der Pegelermittlung, hat der Lärmgutachter einen solchen im Sinne eines „worst-case-Szenarios“ berechnet. Er hat dabei ein zweistufiges Verfahren gewählt. Zunächst wurde unterstellt, dass der Gewerbelärm die Richtwerte der TA-Lärm nicht übersteigt. In diesem Fall lagen die Summenpegel aus Gewerbelärm und Verkehrslärm im Planfall 1F und 7 deutlich unter der Schwelle zur Gesundheitsgefahr. In einem zweiten Schritt wurde dann - ausgehend von den Angaben des Anlagenbetreibers über den Ablauf und die Auslastung der Anlage im Kampagnenbetrieb - weitere Pegel berechnet. In diesem Fall überschritten die Pegel des Gewerbelärms an der Westseite des Gebäudes der Antragstellerin zu 2 den Richtwert der TA-Lärm für Mischgebiete nachts um 12 dB(A), an der Nordseite um 7 dB(A). Gleichwohl blieben die Summenpegel nach wie vor unter der Schwelle der Gesundheitsgefährdung, und zwar ebenfalls wieder sowohl im Planfall 1F als auch im Planfall 7.
129 
Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit der Berechnungen zu zweifeln. Auch die Antragsteller ziehen sie nicht substantiiert in Zweifel. Sie sind allerdings der Auffassung, dass es zur Feststellung der Höhe der Gewerbelärmimmissionen einer Messung bedurft hätte, weil - wie der Gutachter einräumt - nur wenig Literatur zum Kampagnenbetrieb vorliegt. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Die Antragsgegnerin musste bei der Ermittlung der Gesamtlärmbelastung nicht jegliche tatsächlichen Lärmimmissionen des Gewerbebetriebes berücksichtigen, sondern nur solche, die sich im Rahmen des bundesimmissionsschutzrechtlich zulässigen Maßes halten. Ansonsten könnte ein rechtswidrig emittierender Betrieb sämtliche weiteren Vorhaben verhindern, die ebenfalls mit Lärmemissionen verbunden sind, obwohl diese bei korrektem Verhalten des vorhandenen Betriebs ohne Überschreitung der Schwelle zur Gesundheitsgefahr umgesetzt werden könnten. Denn das „Lärmkontingent“ wäre bereits ausgeschöpft. Gegen Immissionen, die das zulässige Maß überschreiten, steht der Antragstellerin ein Anspruch auf Einschreiten der zuständigen Behörde gegenüber dem Anlagenbetreiber nach § 17 bzw. § 22 BImSchG zu, denn diese Normen haben drittschützenden Charakter (vgl. Czajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, § 17 BImSchG Rn. 122 und § 22 BImSchG Rn. 79). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass der Lärmgutachter der Antragsgegnerin bei seinen Berechnungen davon ausging, dass die ... ... die maßgeblichen Richtwerte der TA-Lärm einhält. Die sodann aufgrund der Betreiberangaben berechneten Immissionspegel mussten nicht zusätzlich durch Messungen verifiziert werden. Die Berechnungen ergaben an der durch den Gewerbelärm am meisten belasteten Westfassade eine Überschreitung des Richtwertes der TA-Lärm für Mischgebiete um 12 dB(A) in der Nacht. Der Richtwert beträgt 45 dB(A), berechnet wurden 57 dB(A). Die Höhe der Überschreitung deutet bereits darauf hin, dass der Betrieb der ... ... das bundesimmissionsschutzrechtlich zulässige Maß der Emissionen übersteigt. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Antragsgegnerin, dieses Maß im Rahmen der Bauleitplanung zu ermitteln und gegebenenfalls für eine Sanierung der Gewerbelärmsituation bei der Antragstellerin zu 2 zu sorgen, zumal dann nicht, wenn trotz der berechneten erheblichen Überschreitung des Richtwertes der Summenpegel aus Gewerbe- und Verkehrslärm den Schwellenwert zur Gesundheitsgefährdung nicht überschreitet. Die von den Antragstellern wohl erwarteten noch höheren Pegelwerte im Falle einer Lärmmessung würden daher allenfalls - verschärft - die Frage der Gewerbelärmsanierung aufwerfen. Sie würden jedoch nichts an der Einschätzung des Senats ändern, dass die Antragsgegnerin die zu erwartenden Lärmimmissionen am Gebäude der Antragstellerin zu 2 ordnungsgemäß ermittelt und bewertet hat.
130 
e) Der Rüge der Antragsteller, die unterbliebene Festsetzung von Schallschutzmaßnahmen für das Grundstück der Antragsteller zu 3 sei abwägungsfehlerhaft, bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.
131 
Da sich das Grundstück außerhalb des Plangebiets befindet, fehlt es - ebenso wie im Fall der Antragstellerin zu 2 - bereits an der Möglichkeit einer solchen Festsetzung. Unabhängig davon haben die Antragsteller aber auch keinen Anspruch auf Lärmschutz. Ein solcher bestünde nur, falls die Pegelwerte der rein planbedingten Lärmimmissionen die maßgeblichen Grenzwerte der 16. BImSchV überstiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.2001, a.a.O.). Diese Pegelwerte sind hier zwar nicht berechnet worden. Aufgrund der vorliegenden schalltechnischen Berechnungen und der Ausführungen des Lärmgutachters in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 steht jedoch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Antragsteller zu 3 aufgrund der Verwirklichung des Bebauungsplans „Weilerweg“ keinen Lärmimmissionen ausgesetzt sein werden, die einen Anspruch auf Lärmschutz auslösen.
132 
Nach den schalltechnischen Berechnungen Teil 2/7 A 17 und Teil 2/9 S. 8 wird die Gesamtlärmbelastung am Gebäude ... ... im Planfall 1F zwar um bis zu 5,7 dB(A) zunehmen . Der höchste Wert wird für die Westfassade mit 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts errechnet. Dies bedeutet, dass die Gesamtlärmbelastung die hier maßgeblichen Grenzwerte für Mischgebiete nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV überschreiten wird. Auf die Gesamtlärmbelastung kommt es jedoch bei der Frage, ob ein Anspruch auf Lärmschutz besteht, nicht an. Maßgebend ist vielmehr allein der von der neuen Straße ausgehende Verkehrslärm (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.2001, a.a.O.). Dieser wird nach Überzeugung des Senats zu keiner nennenswerten Erhöhung der Lärmimmissionen bei den Antragstellern zu 3 führen. Erst recht werden sie die für ein Mischgebiet geltenden Grenzwerte der 16. BImSchV nicht übersteigen.
133 
Nach den Feststellungen, die der Senat gemeinsam mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 getroffen hat, befindet sich das Grundstück ... ... der Antragsteller zu 3 - entgegen deren Auffassung - nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV für reine und allgemeine Wohngebiete sind daher nicht anzuwenden. Gegen die Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebiets sprechen insbesondere das Ausmaß und die Art der gewerblichen Nutzungen in der näheren Umgebung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan. Die maßgebliche nähere Umgebung wird gerade durch die gewerblichen Nutzungen der Antragsteller zu 3 mitgeprägt. So befindet sich auf dem Grundstück der Antragsteller zu 3, ... ..., deren Bauunternehmen mit Lagerhalle und auf deren Grundstück ... ... ein dem Bauunternehmen dienender Lagerplatz. Darüber hinaus befindet sich auf dem Grundstück ...-... ... eine Flaschnerei. Die Schreinerei auf dem Grundstück ...-... ... wurde zwar nach Angaben der Beteiligten im August 2009 aufgegeben. Sie ist hier jedoch zu berücksichtigen, da sie zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch betrieben wurde. Sämtliche genannten Betriebe zählen nicht zu den in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässigen nicht störenden Handwerksbetrieben im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO oder zu den ausnahmsweise zulässigen nicht störenden Gewerbebetrieben im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Für Schreinereibetriebe hat dies das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 1971 entschieden (Urteil vom 07.05.1971 - IV C 76.68 -, BauR 1971, 182). Aber auch ein Bauunternehmen ist in einem Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, da es sich um einen Betrieb handelt, der das Wohnen stört. Abzustellen ist dabei auf eine typisierende Betrachtungsweise. Maßgebend ist der Betriebstyp als solcher, nicht die Einzelheiten des konkreten Betriebs (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 4 Rn. 4.4 m.w.N.). Der Betrieb eines Bauunternehmens ist mit einem erhöhten Maß an LKW-Verkehr und damit einhergehenden Lärmemissionen verbunden. Dies gilt umso mehr, wenn - wie im Fall der Antragsteller zu 3 - zum Betrieb eine Lagerhalle und ein Lagerplatz gehören. Ein solcher Betrieb ist mit dem typischen Erscheinungsbild eines allgemeinen Wohngebiets nicht vereinbar, das nach § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen dient. Schließlich ist auch der von den Beteiligten als Flaschnerei bezeichnete Betrieb kein der Versorgung des Gebiets dienender, nicht störender Handwerksbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO. Es fehlt bereits am Merkmal „der Versorgung des Gebiets dienend“, denn der Betrieb bezeichnet sich nach seinem Internetauftritt selbst als „Fachmann für Sanitär, Heizung und Klima in Schwaigern und Umgebung“. Er stellt auch keinen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb dar, denn die Blechverarbeitung eines Flaschnereibetriebes ist mit Lärmemissionen verbunden, die das Wohnen stören.
134 
Auf die Frage, ob die Zeppelinstraße trennende Wirkung entfaltet - wie die Antragsteller behaupten - kommt es nicht an, wenngleich hierfür angesichts der Straßenbreite und der aus den vorliegenden Plänen ersichtlichen Bebauung an beiden Straßenseiten wenig spricht. Denn auch in diesem Fall läge das Grundstück ... ..., das an die östliche Seite der Zeppelinstraße angrenzt, nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet. In unmittelbarer Nähe befanden sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die Schreinerei und die Flaschnerei. Beide Betriebe sind - wie ausgeführt - in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bei einer gesonderten Betrachtung der östlich der Zeppelinstraße gelegenen Grundstücksnutzungen in der näheren Umgebung des Grundstücks ... ... wäre die nähere Umgebung daher zu stark gewerblich geprägt, als dass von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet gesprochen werden könnte.
135 
Ob die nähere Umgebung einem Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO entspricht, kann ebenfalls dahingestellt bleiben; jedenfalls handelt es sich um eine Gemengelage aus Wohnnutzung und einem erheblichen Maß an gewerblicher Nutzung, der nicht das Schutzniveau eines Wohngebiets zukommt, sondern das eines Mischgebiets. Daher sind die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete maßgebend. Die für den Planfall 1F (und erst recht für den Planfall 7) berechnete erhebliche Zunahme der Gesamtlärmbelastung am Grundstück ... ... ... ist keine Folge der Verwirklichung des Bebauungsplans „Weilerweg“. Vielmehr ist sie auf den bereits im Planfall 1F berücksichtigten zusätzlichen Verkehr auf der Zeppelinstraße zurückzuführen, der aus den neuen Baugebieten südlich des Weilerweges stammt. Dieser wird die durch den Ausbau des Weilerweges geschaffene Möglichkeit der leichteren Querung der Bahnlinie über den Übergang Stettener Straße nutzen und über die Zeppelinstraße nach Norden abfließen. Ferner berücksichtigt der Planfall 1F verkehrslenkende Maßnahmen im Innenstadtbereich, die ebenfalls zu einer Verkehrszunahme auf der Zeppelinstraße führen. Dies hat der Lärmgutachter bereits in seinen Stellungnahmen vom 29.06.2009 und vom 15.06.2009 ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 erläutert. Die Antragsteller treten den Ausführungen nicht mit beachtlichen Argumenten entgegen. Der Senat ist angesichts dieser Erkenntnisse davon überzeugt, dass die berechneten Lärmimmissionen nicht von dem Verkehr auf der ca. 250 m südlich der Grundstücke der Antragsteller zu 3 verlaufenden Trasse des ausgebauten Weilerweges stammen. Dafür spricht bereits die große Entfernung zwischen der Trasse und dem Grundstück der Antragsteller zu 3. Diese lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass sich die Lärmsituation für die Antragsteller zu 3 nennenswert verändern wird. Denn selbst die der Plantrasse zugewandte Südseite des Hauses der Antragstellerin zu 2 wird - im Planfall 1F - nur um 1,3 dB(A) höheren Verkehrsimmissionen ausgesetzt sein als bisher. Dieses Haus befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Plantrasse. In einer Entfernung von 250 m zur Bahntrasse fallen die Lärmveränderungen noch deutlich geringer aus, so dass sie mit Sicherheit unter der Hörbarkeitsschwelle liegen werden (s. dazu Urteil des Senats vom 14.05.1997 - 3 S 1682/96 -, a.a.O.). Es kommt hinzu, dass sich in dem Bereich zwischen dem Grundstück der Antragsteller zu 3 und der Plantrasse zahlreiche Gebäude befinden, so dass sich der durch den Verkehr auf dem Weilerweg ausgelöste Lärm nicht ungehindert bis zu dem Grundstück der Antragsteller zu 3 ausbreiten kann. Vielmehr entfalten diese Gebäude eine zusätzliche Abschirmungswirkung.
136 
f) Die Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe durch die Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden.
137 
aa) Die Antragsteller meinen allerdings, die Vorbelastung mit Luftschadstoffen sei zu hoch angesetzt worden, was zu einem Abwägungsfehler hinsichtlich der neu hinzukommenden Belastung geführt habe. Letzteres trifft nicht zu. Es ist zwar richtig, dass im Hinblick auf die Vorbelastung in Ermangelung verfügbarer Werte für Schwaigern die Werte für das ca. 15 km entfernte Heilbronn zugrunde gelegt wurden. Diese liegen unstreitig höher als die Schwaigerns. Das gereicht den Antragstellern jedoch nicht zum Nachteil, sondern allenfalls zum Vorteil. Denn bei der Gesamtbetrachtung aus Vorbelastung und hinzukommender Belastung werden höhere Werte erreicht, als beim Ansatz einer geringeren Vorbelastung. Dennoch bleiben die Werte unter den Grenzwerten. Die Ermittlung der neu hinzukommenden Belastung erfolgte unabhängig von der Vorbelastung, so dass es hierfür ohne Belang ist, welche Vorbelastungswerte angenommen wurden. Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Abwägung auch nicht darauf abgestellt, dass die hinzukommende Belastung im Verhältnis zur Vorbelastung gering ist, sondern darauf, dass die Gesamtbelastung die Grenzwerte nicht übersteigt. Die gegenteilige Behauptung der Antragsteller erfolgt ins Blaue hinein; die Vorgänge über die Aufstellung des Bebauungsplans geben keinerlei Anhaltspunkte, die diese Behauptung stützen könnten. Der von den Antragstellern gerügte Abwägungsfehler liegt daher nicht vor.
138 
Dies gilt auch, soweit die Antragsteller meinen, die planbedingte Mehrbelastung sei nicht ermittelt worden; es habe eine bloße Ergebniskontrolle dahingehend stattgefunden, dass die Grenzwerte eingehalten sind. Der Vorwurf trifft nicht zu. Die planbedingt hinzukommende Belastung wurde im Einzelnen bezüglich bestimmter Luftschadstoffe ermittelt (s. Anlage 4 zur Begründung des Bebauungsplans „Abschätzung der Luftschadstoffe nach MLuS 02“). Zu diesen Werten wurden die für Heilbronn verfügbaren Vorbelastungswerte hinzugerechnet und daraus die Gesamtbelastung errechnet. Die maßgeblichen Unterlagen lagen dem Gemeinderat zur Abwägung vor. Er hat sich in Kenntnis dessen für die Planung entschieden.
139 
bb) Die Antragsteller werfen der Antragsgegnerin ferner vor, den prognostizierten Fahrzeugflottenmix „manipuliert“ zu haben, indem unterstellt worden sei, dass künftig immer mehr Fahrzeuge eine verbesserte Abgasreinigungstechnik erhalten. Die Antragsgegnerin hält dem unter Verweis auf die Stellungnahme des Instituts ... vom 11.12.2008 entgegen, für die Emissionsberechnung sei das vom Umweltbundesamt herausgegebene Handbuch Emissionsfaktoren (HBEFA, Version 2.1, Stand 2004) verwendet worden, das Emissionsfaktoren für verschiedene Fahrzeugkategorien und Verkehrssituationen beinhalte. Die Fahrzeugkategorien im HBEFA spiegelten den Stand der Technik wider. Darin enthalten seien aktuelle Entwicklungen und auch Prognosen für zukünftige Abgasnormen sowie der Anteil der Fahrzeuge mit der jeweiligen Abgasnorm an der Fahrzeugflotte. Bislang lägen keine besseren Erkenntnisse vor.
140 
Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Liegen zu einem Gutachtenthema bereits empirische Daten vor, darf der Gutachter diese verwerten und seinem Gutachten zugrunde legen, sofern nicht die Verhältnisse im Einzelfall so erheblich vom Durchschnittsfall abweichen, dass sie eine gesonderte Datenerhebung erfordern. Das HBEFA liefert Emissionsfaktoren pro Kilometer oder Verkehrsvorgang in Abhängigkeit bestimmter Parameter. Hierzu zählen die Emissionsart, die Fahrzeugkategorie, die Bezugsjahre, die Schadstoffkomponenten, die Verkehrssituation, die Längsneigung sowie die Einflussfaktoren von Kaltstartzuschlägen und für die Bestimmung von Verdampfungsemissionen nach Motorabstellen. Diese ausdifferenzierte Datengrundlage durfte der Gutachter auch im vorliegenden Fall seinem Gutachten zugrunde legen, denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verhältnisse in Schwaigern eine Sonderbetrachtung erfordern. Auch die Antragsteller verweisen nicht auf bessere Erkenntnisse, sondern meinen, in einem eher ländlich geprägten Raum wie Schwaigern sei angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise nicht mit einem schnellen, sondern nur mit einem „durchschnittlichen“ Austausch des Fahrzeugbestandes zu rechnen. Dies ist jedoch reine Spekulation und wird durch keine Fakten erhärtet. Zudem spricht dieses Argument gerade für die Annahmen des Gutachters und nicht gegen sie, denn die im HBEFA wiedergegebenen Werte stellen Durchschnittswerte dar.
141 
Schließlich dürfte sich die im HBEFA prognostizierte Geschwindigkeit des Austauschs alter Fahrzeuge sogar noch erhöht haben. Denn die Annahmen im HBEFA stammen aus dem Jahr 2004. Zu diesem Zeitpunkt war die „Abwrackprämie“, die zu einem umfangreichen Austausch älterer zugunsten neuer Fahrzeuge geführt hat, noch nicht absehbar.
142 
cc) Die Antragsteller meinen weiter, die vom Gutachter angenommene mittlere Geschwindigkeit auf dem Weilerweg von 39 km/h spiegele das tatsächliche Fahr- und Abgasverhalten nicht wider. Auch dieser Vorwurf wird durch die Stellungnahme des Gutachters vom 11.12.2008 entkräftet. Danach folgt die Annahme einer mittleren Geschwindigkeit von 39 km/h den Angaben im HBEFA. Sie ergibt sich durch einen gestörten Fahrmodus, wie er gerade bei Kreisverkehren auftritt, da in solchen Fällen nicht auf der gesamten Strecke die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren werden kann. Die Antragsteller stützen ihre gegenteilige Auffassung nicht auf bessere Erkenntnisse, sondern behaupten lediglich, die Annahme einer mittleren Geschwindigkeit von 39 km/h sei fehlerhaft. Dies genügt nicht, um an der Richtigkeit der nachvollziehbaren, auf empirischen Daten beruhenden Berechnungen des von der Antragsgegnerin beauftragten Gutachters zu zweifeln.
143 
dd) Die Antragsteller rügen schließlich, es sei nicht geklärt, ob und wie oft der Grenzwert für PM 10 auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 1 überschritten und inwieweit dies planbedingt verschärft werde. Das Grundstück befinde sich in einem Abstand von weniger als 10 m zum Fahrbahnrand. Die Aussage des Ingenieurbüros ... (...) in seiner Stellungnahme vom 31.03.2005 (Anlage 4 zur Begründung des Bebauungsplans), im Abstand von 10 m vom Fahrbahnrand werde der zulässige Grenzwert maximal 32 Mal (erlaubt sind 35 Mal) überschritten, sei daher nicht geeignet die Betroffenheit der Antragstellerin zu 1 zu klären.
144 
In den Umweltbericht wurden im Rahmen des ergänzenden Verfahrens jedoch weitere Ausführungen zur Luftschadstoffbelastung aufgenommen. Danach wird der Grenzwert für Feinstaub (PM 10) im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 direkt am Fahrbahnrand 26 Mal pro Jahr und in einem Abstand von 10 m vom Fahrbahnrand 22 Mal pro Jahr überschritten. Die Richtigkeit dieser Aussage wird von den Antragstellern nicht bestritten. Für den Senat ist daher nicht ersichtlich, dass insoweit ein Ermittlungs- oder Bewertungsfehler im Hinblick auf die Feinstaubbelastung der Antragstellerin zu 1 vorliegt.
145 
g) Die Antragsgegnerin hat auch die betroffenen naturschutzrechtlichen Belange ordnungsgemäß ermittelt, bewertet und abgewogen.
146 
aa) Die Vorwürfe der Antragsteller, die ornithologische Kartierung sei unzureichend und die Feststellungen hinsichtlich der Gelbbauchunke sowie der Nachtigall seien fehlerhaft, treffen nicht zu.
147 
(1) Im Hinblick auf die ornithologische Kartierung halten die Antragsteller den Beobachtungszeitraum für zu kurz. Dies ist nicht der Fall. Die Erfassung der Vogelarten fand an 6 Tagen zwischen dem 25.04.2005 und dem 16.06.2005 - also während eines Zeitraums von fast zwei Monaten - zu verschiedenen Tageszeiten statt. Sie dauerte jeweils ca. zwei Stunden, begann morgens zwischen 5.30 Uhr und 6.00 Uhr und endete abends zwischen 18.00 Uhr und 20.15 Uhr. Der Umfang dieser Erfassung ist ausreichend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum erforderlichen Umfang von Artenerhebungen im Planfeststellungsrecht (Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, NuR 2009, 776) setzt die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, eine ausreichende Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Erforderlich, aber auch ausreichend ist - auch nach den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts - eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Bei der Bestandsaufnahme hat sich die Behörde sowohl bereits vorhandener Erkenntnisse als auch einer Bestandserfassung vor Ort zu bedienen, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Diese Grundsätze lassen sich auf einen Bebauungsplan übertragen, der - wie hier - ein Straßenbauprojekt zum Gegenstand hat.
148 
Den genannten Anforderungen wird die artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme der Antragsgegnerin gerecht. Sowohl der Umfang des gesamten Erhebungszeitraums als auch der Erhebungszeitraum selbst sowie die jeweiligen Erhebungszeiten und die Methodik der Erhebung sind ausreichend und geeignet, ein repräsentatives Bild der im Vorhabengebiet vorhandenen Vögel zu zeichnen. Der Erhebungszeitraum von Ende April bis Mitte Juni erfasst nahezu den gesamten Brutzeitraum. Eine weitere Kartierung im Winter und im Herbst war dagegen nicht erforderlich.
149 
Die Antragsteller rügen zwar, dass es an Erhebungen über durchziehende Vögel mangele, weil der Erhebungszeitraum zu spät begonnen habe. Da der Vogelzug Ende April aber noch nicht abgeschlossen ist, kann dies allenfalls auf einzelne sehr früh durch ziehende Vogelarten zutreffen, wobei für den Senat nicht ersichtlich ist, um welche Arten es sich im konkreten Fall handeln könnte. Auch die Antragsteller legen dies nicht dar. Es kommt hinzu, dass die Erfassung von Durchzüglern wegen deren kurzer Verweildauer im Durchzugsgebiet schwierig ist; sie hängt vielfach von eher zufälligen Beobachtungen ab. Im Ergebnis kann es sich daher allenfalls um punktuelle Erfassungslücken und eine Diskrepanz im Detail handeln, welche die Methodik und den Umfang der Bestandsaufnahme zur Avifauna nicht ungeeignet erscheinen lassen. Den „wahren“ Bestand von Flora und Fauna eines Naturraums vollständig abzubilden, ist weder tatsächlich möglich noch rechtlich geboten (BVerwG, Urteil vom 12.08.2009, a.a.O., Rn. 48). Weitere Erhebungen waren deshalb nicht geboten. Dies gilt auch, soweit die Antragsteller Erhebungen im Herbst vermissen. Denn durchziehende Vögel wurden - mit den genannten punktuellen Ausnahmen - bereits durch die Bestandsaufnahme im Frühjahr auf deren Flug in die Sommerquartiere erfasst. Einer weiteren Bestandsaufnahme zum Zeitpunkt der Rückkehr in die Winterquartiere bedurfte es daher nicht.
150 
(2) Soweit es überwinternde Vögel betrifft, werden deren Wohn- und Zufluchtsstätten zwar beschränkt. Zur Vermeidung von Verbotstatbeständen nach § 42 BNatSchG hat die Antragsgegnerin mit dem Landratsamt Heilbronn jedoch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen geschlossen. Solche Maßnahmen sind nach § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG zulässig. Durch die vereinbarten Maßnahmen wird sichergestellt, dass durch das Straßenbauvorhaben der Antragsgegnerin nicht gegen § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verstoßen wird, der es verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
151 
(3) Die Rüge der Antragsteller, der Beobachtungszeitraum sei zu kurz gewesen, um das Vorkommen der Nachtigall feststellen zu können, greift ebenfalls nicht durch. Die von ihnen der Sache nach geforderte Bestandsaufnahme für die Dauer von mehr als einem Jahr wäre im Hinblick auf die Bedeutung des Straßenbauvorhabens mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, der nach dem vom Bundesverwaltungsgericht angewendeten Maßstab der praktischen Vernunft nicht gefordert werden kann. Es entspricht - wie der Sachverständige Simon in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 erläuterte - dem allgemeinen Standard, für die Nachtigall drei Erfassungstermine zwischen Ende April und Ende Mai vorzusehen. Die Erfassung und Auswertung der Beobachtungsdaten erfolgte nach den Angaben in der ornithologischen Kartierung 2005 auf der Grundlage des Werks „Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands“. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Vorgehensweise zu zweifeln, zumal der Antragsgegnerin insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht, die der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274). Die Grenzen ihres Einschätzungsspielraums hat die Antragsgegnerin nicht überschritten; die Annahmen des Fachgutachters sind naturschutzfachlich vertretbar und beruhen nicht auf einem Bewertungsverfahren, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008, a.a.O.). Auch die Antragsteller stellen dies nicht substantiiert in Frage. Im vorliegenden Fall wurden zudem sogar vier Begehungen innerhalb des genannten Zeitraums durchgeführt sowie zwei weitere Begehungen im Juni. Dadurch war eine ordnungsgemäße Bestandsaufnahme gewährleistet.
152 
(4) Der Senat teilt des Weiteren nicht die Auffassung der Antragsteller, ein Zeitraum von zwei bis drei Jahren, in denen keine Nachweise für das Vorkommen der Gelbbauchunke im Plangebiet geführt worden seien, sei zu kurz, um ein dauerhaftes Ausbleiben der Art annehmen zu können. Ergibt die Bestandsaufnahme vor Ort keinen Hinweis darauf, dass eine Tierart im Plangebiet noch vorkommt, und liegen Erkenntnisse über die Zerstörung von Lebensräumen im Plangebiet in früheren Jahren vor, darf der Plangeber ohne weitere Nachforschungen davon ausgehen, dass die Art im Plangebiet dauerhaft nicht mehr existiert. Denn der Ermittlungsumfang im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung muss nicht den gleichen Anforderungen genügen, wie sie für den Habitatschutz gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 a.a.O. und Urteil vom 09.07.2008, a.a.O.) - wovon allerdings wohl die Antragsteller ausgehen, wenn sie eine Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie fordern. So liegen die Dinge hier. Nach dem Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und dem Umweltbericht hat es zwar nach Auskunft eines Mitarbeiters des NABU Schwaigern vor einigen Jahren rund um die Bauhoflagerfläche ein Vorkommen von Gelbbauchunken gegeben. Die genützten Pfützen seien damals aber durch Unwissenheit der Stadt zugeschüttet worden. Seit zwei bis drei Jahren würden keine Nachweise mehr auf das Vorkommen von Gelbbauchunken geführt. Angesichts des negativen Ergebnisses der Bestandsaufnahmen vor Ort sowie der vorliegenden Erkenntnisse über die Zerstörung des Lebensraums in früheren Jahren war es nicht erforderlich, weiter nach dem Vorkommen dieser Art zu forschen (vgl. zu den regelmäßigen Erkenntnisquellen einer artenschutzrechtlichen Untersuchung BVerwG, Urteil vom 09.07.2008, a.a.O. und Urteil vom 12.08.2009, a.a.O. Rn. 38). Vielmehr durfte die Antragsgegnerin daraus den Schluss ziehen, dass sie mangels Lebensraums dauerhaft nicht mehr im Plangebiet vorkommt.
153 
bb) Die Rüge der Antragsteller, die Bedeutung und Auswirkungen der vorgesehenen Verdolungen seien verkannt worden, trifft nicht zu.
154 
(1) Die Antragsteller sind der Auffassung, durch die vorgesehene Verdolung des Rohnsbaches auf einer Länge von 10 m könnten - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - Einflüsse auf das Landschaftsschutzgebiet „Leintal mit Seitentälern und angrenzenden Gebieten“ nicht ausgeschlossen werden. Dieser Ansicht folgt der Senat nicht.
155 
Der Rohnsbach fließt in Süd-Nord-Richtung. Er durchquert das südlich des Plangebiets gelegene Landschaftsschutzgebiet. Die Entfernung zwischen der Nordgrenze des Landschaftsschutzgebiets und der Südgrenze des Plangebiets beträgt ca. 1 km. Außerhalb des Landschaftsschutzgebiets ist der Rohnsbach bereits auf einer Länge von ca. 22 m verdolt, und zwar unter der Bahnlinie und dem Weilerweg. Diese Verdolung wird aufgrund des Ausbaus des Weilerwegs um 10 m verlängert. Die Antragsgegnerin tritt der Ansicht der Antragsteller zu Recht mit der Begründung entgegen, dass das auf der Straßenfläche niedergehende Niederschlagswasser nicht direkt in den Rohnsbach entwässere und das Landschaftsschutzgebiet gut 1 km von der Verdolung entfernt sei. Dies schließe eine Beeinträchtigung des Landschaftsschutzgebietes aus. Aus Sicht des Senats gilt dies umso mehr, als der Rohnsbach nach Norden fließt, das Landschaftsschutzgebiet aber südlich der Trasse und der Verdolung liegt. Dadurch ist ausgeschlossen, dass das Niederschlagswasser der Trasse über den Rohnsbach in das Landschaftsschutzgebiet gelangt.
156 
Die von den Antragstellern vermisste Festsetzung der im Grünordnungsplan vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahme wurde im ergänzenden Verfahren nachgeholt. Nach dieser Festsetzung soll die Verdolung des Baches so nah als technisch möglich an der neuen Straße beginnen. Die Verdolung wird so dimensioniert und ausgeführt, dass in der zusätzlichen Verdolungsstrecke eine naturähnliche Sohle entstehen kann.
157 
(2) Die Verdolung des Steinhäldegrabens auf einer Länge von 45 m erfolgt zur Herstellung privater Stellplätze. Diese Stellplätze müssen infolge der Herstellung des östlichen Kreisverkehrs von ihrem jetzigen Standort verlegt werden. Der durch die Verdolung verursachte Eingriff in die Schutzgüter Wasser sowie Tiere und Pflanzen wird im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und im Umweltbericht erwähnt und bewertet. Die Leistungsfähigkeit/Eignung des Steinhäldegrabens für das Schutzgut Wasser wird im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan als „gering“ eingestuft, für das Schutzgut Tiere und Pflanzen als von „allgemeiner Bedeutung“. Der Eingriff in das Schutzgut Wasser werde mit den zum Ausgleich der Eingriffe in die Schutzgüter Tiere und Pflanzen getroffenen Maßnahmen kompensiert (vgl. S. 18 des Erläuterungsberichts). Dies erfolgt durch Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Plangebiets, da im Plangebiet ausgleichswirksame Flächen und Maßnahmen nicht möglich sind (vgl. S. 17 und 26 ff. des Erläuterungsberichts). Sowohl der Umweltbericht als auch der Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan lagen dem Gemeinderat der Antragsgegnerin bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan vor. Der Vorwurf der Antragsteller, die Verdolung des Steinhäldegrabens sei nicht ordnungsgemäß in die Abwägung einbezogen worden, lässt sich daher nicht halten.
158 
(3) Dies gilt auch hinsichtlich des weiteren Vorwurfs, die Verdolung des Rohnsbachs und des Steinhäldegrabens verstoße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot naturnaher Gewässer bzw. das Verbesserungsgebot für naturferne Gewässer. Zudem sei der erforderliche Gewässerrandstreifen nicht eingehalten worden.
159 
Die Verdolungen sind seit dem 24.08.2007 wasserrechtlich genehmigt. Ihre Auswirkungen sind im Übrigen ordnungsgemäß ermittelt, bewertet und abgewogen worden. Nach § 25a WHG sind oberirdische Gewässer, soweit sie nicht als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden und ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird. Dieses Gebot greift im vorliegenden Fall nicht, da der Rohnsbach im fraglichen Teil, der verdolt werden soll, als erheblich verändert einzustufen ist, d.h. sich nicht in einem naturnahen Zustand befindet. Ein solcher wird durch den Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und den Umweltbericht erst außerhalb des Plangebiets festgestellt. Auch der Steinhäldegraben stellt jedenfalls im fraglichen Bereich kein naturnahes Gewässer dar. Dies wird von den Antragstellern auch nicht bestritten.
160 
Nach § 25b Abs. 1 WHG sind künstliche und erheblich veränderte oberirdische Gewässer so zu bewirtschaften, dass eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen Potentials und chemischen Zustands vermieden und ein gutes ökologisches Potential und guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden. Die Vorschrift des § 68a Abs. 1 WG verpflichtet die Träger der Unterhaltungslast bei nicht naturnah ausgebauten Gewässern in einem angemessenen Zeitraum die Voraussetzungen für eine naturnahe Entwicklung zu schaffen, soweit nicht Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen. Das Verbesserungsgebot gilt somit nicht schrankenlos, sondern steht unter dem Vorbehalt entgegenstehender Gründe des Wohls der Allgemeinheit. Der Ausbau des Weilerweges, der die Verdolung bedingt, stellt einen solchen Grund dar. Hinsichtlich des Rohnsbachs kann nach den Feststellungen im Umweltbericht dessen Beeinträchtigung darüber hinaus durch eine entsprechende Planung und Ausführung so vermindert werden, dass sie nicht mehr als erheblich bewertet werden muss. Diese Vermeidungsmaßnahmen wurden im ergänzenden Verfahren als Festsetzungen in den Bebauungsplan aufgenommen. Hinsichtlich des Steinhäldegrabens wird die Verdolung bezüglich des Schutzgutes Wasser von vornherein nicht als erhebliche Beeinträchtigung bewertet. Ein Verstoß gegen das wasserrechtliche Verbesserungsgebot lässt sich daher nicht feststellen.
161 
Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, einen Gewässerrandstreifen festzusetzen. Soweit sich ein Gewässer im Außenbereich befindet, existiert ein solcher Gewässerrandstreifen bereits kraft Gesetzes (vgl. § 68b Abs. 2 WG). Dagegen behält es § 68b Abs. 6 WG der Entscheidung der Ortspolizeibehörde vor, ob sie einen Gewässerrandstreifen im Innenbereich festsetzt. Eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nicht.
162 
(cc) Die Rügen der Antragsteller hinsichtlich des Biotopschutzes greifen ebenfalls nicht durch. Sie sind der Auffassung, die Einschätzung der Antragsgegnerin, es würden nur drei besonders geschützte Biotope erheblich beeinträchtigt, lasse sich nicht nachvollziehen, denn im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan werde ausgeführt, dass fünf besonders geschützte Biotope nach § 32 NatSchG im Plangebiet lägen oder direkt angrenzten. Aus dem zeichnerischen Teil des Plans ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass nur die Biotope mit den Endnummern 0072, 0075 (teilweise) und 0163 (fast vollständig) im Plangebiet liegen, sämtliche weiteren Biotope auf der Gemarkung der Antragsgegnerin liegen außerhalb des Plangebiets. Dies gilt insbesondere auch für die im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und im Umweltbericht erwähnten beiden Biotope mit den Endnummern 0162 und 0184. Sie grenzen - anders als in den beiden erwähnten Berichten beschrieben - nicht unmittelbar an das Plangebiet an, sondern liegen im Abstand von jeweils ca. 20 m hierzu. Die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass diese beiden Biotope nicht erheblich beeinträchtigt werden, wird von den Antragstellern nicht substantiiert in Frage gestellt. Auch für den Senat ist eine solche Beeinträchtigung aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.
163 
dd) Die Antragsteller rügen weiter, es fehle an einer Untersuchung der ökologischen Wirksamkeit des Gartens der Antragstellerin zu 1. Dies trifft nicht zu. Im Grünordnungsplan werden Hausgärten als Bereiche und Elemente mit Funktionen von allgemeiner Bedeutung eingestuft. Ihre Eingriffsempfindlichkeit im Hinblick auf die Schutzgüter Boden, Tiere und Pflanzen wird als mittel bis gering bewertet (s. S. 13).
164 
Die Antragsteller sind darüber hinaus der Auffassung, die durch die Planung notwendig werdende Änderung der Zufahrt innerhalb des Grundstücks hätte in die Eingriffs-/Ausgleichsermittlung einfließen müssen. Die Annahme der Antragsgegnerin - gestützt auf die Ausführungen des Gutachters Simon - der Eingriff könne durch Maßnahmen an anderer Stelle innerhalb des Grundstücks ausgeglichen werden, sei fehlerhaft und überdies nicht abgesichert. Der Gutachter sei davon ausgegangen, dass für die Herstellung der Erschließung innerhalb des Grundstücks ca. 80 m² Gartenfläche in Anspruch genommen werden müssten. Im Gegenzug könnten heute befestigte oder versiegelte Flächen im Grundstück entsiegelt werden. Dies sei fehlerhaft, weil auf dem Grundstück nur der Garagenvorplatz versiegelt sei, der auch weiterhin versiegelt bleiben müsse.
165 
Die Ausführungen des Gutachters sind aber eindeutig so zu verstehen, dass er unterstellt, für die Herstellung der neuen Zufahrt müsse Boden versiegelt werden; diese Versiegelung könne durch die Entsiegelung der alten Zufahrt ausgeglichen werden. Diese Annahme ist insofern nicht zutreffend, als die bisherige Zufahrt nach den Angaben der Antragstellerin zu 1 nicht versiegelt ist. Allerdings tragen die Antragsteller auch nicht vor, dass die neue Zufahrt versiegelt werden wird, geschweige denn versiegelt werden muss. Es ist daher davon auszugehen, dass die Antragstellerin zu 1 eine Zufahrt herstellen wird, die in ihrer Beschaffenheit der bisherigen entspricht. Im Ergebnis wird dann eine nicht versiegelte Zufahrt gegen eine andere nicht versiegelte Zufahrt ausgetauscht werden, so dass kein ausgleichsbedürftiger Eingriff entsteht.
166 
ee) Die Antragsteller meinen ferner, der naturschutzrechtliche Ausgleich sei fehlerhaft, weil eine naturschutzrechtliche Ausnahmeentscheidung zugrunde gelegt worden sei, deren Anforderungen nicht erfüllt würden. Die vollständige Umsetzung des in der Ausnahmeentscheidung des Landratsamtes Heilbronn vom 02.11.2006 angelegten naturschutzrechtlichen Ausgleichs und die Identität der innerhalb des Plangebiets festgesetzten Ausgleichsflächen seien nicht nachgewiesen. Diese Vorwürfe halten einer Überprüfung nicht stand.
167 
Die naturschutzrechtliche Ausnahmeentscheidung des Landratsamtes Heilbronn vom 02.11.2006 enthält die Erlaubnis zur teilweisen Beseitigung der drei im Plangebiet gelegenen Biotope mit den Endnummern 0072, 0075, 0163. In der Entscheidung ist vorgesehen, dass die Eingriffe entsprechend dem Grünordnungsplan vom 08.11.2005 erfolgen. Der Ausgleich sei im Rahmen der Eingriffsausgleichsbilanzierung abgearbeitet worden und erfolge über die im Grünordnungsplan beschriebenen Ausgleichsflächen A5, A6, A7, A9 und E15.
168 
Die Antragsteller sind der Auffassung, die Ausgleichsflächenanforderung von 2.480 m² werde nicht erfüllt, da nach der Begründung zum Bebauungsplan im Plangebiet nur im Umfang von 950 m² Neu- und Ergänzungspflanzungen vorgenommen würden. Sie übersehen dabei jedoch, dass der Ausgleich nach dem Grünordnungsplan nur teilweise innerhalb des Plangebiets erfolgen kann und soll. Zur vollständigen Kompensation der Eingriffe sind daher weitere Maßnahmen außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans vorgesehen, darunter auch die Ausgleichsmaßnahme E15 auf den Flst.-Nrn. ... und ... der Gemarkung Stetten. Die durchzuführenden Maßnahmen auf den innerhalb des Plangebiets liegenden Ausgleichsflächen sind im Einzelnen nicht nur im Grünordnungsplan bezeichnet, sondern auch im Bebauungsplan unter Nr. 1.3 Buchstabe h) bis n) als Maßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festgesetzt. Diese Festsetzungen übernehmen die im Grünordnungsplan unter A5 bis A11 bezeichneten Maßnahmen. Die auf den Ausgleichsflächen außerhalb des Plangebiets durchzuführenden Maßnahmen werden im Grünordnungsplan beschrieben, auf den die naturschutzrechtliche Ausnahmeentscheidung verweist. Eine Festsetzung im Bebauungsplan selbst war schon wegen der Lage außerhalb des Plangebiets nicht möglich.
169 
Die Identität der im Grünordnungsplan einerseits und im Bebauungsplan andererseits vorgesehenen Ausgleichsflächen ergibt sich aus einem Vergleich des zeichnerischen Teils des Grünordnungsplans mit dem des Bebauungsplans. Im Maßnahmenplan des Grünordnungsplans sind ebenso wie im Bebauungsplan die für die Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Bereiche 1 bis 7 bezeichnet. Darüber hinaus sind im Maßnahmenplan die einzelnen Ausgleichsmaßnahmen vermerkt, die innerhalb dieser Ausgleichsbereiche durchzuführen sind, und zwar als gelbe Raute mit der Bezeichnung „A5“ bis „A11“.
170 
ff) Entgegen der Ansicht der Antragsteller wird die Ausgleichsfläche E15 auch nicht in unzulässiger Weise doppelt in Anspruch genommen.
171 
Der Sachverständige Simon hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 dargelegt, dass die Fläche sowohl für den Ausgleich in das Schutzgut Boden verwendet wird, als auch für den Ausgleich in die Schutzgüter Tiere und Pflanzen. Eine unzulässige doppelte Inanspruchnahme der Fläche liegt darin gleichwohl nicht. Sie wird zwar zwei Mal in Anspruch genommen, jedoch für den Ausgleich der Eingriffe in verschiedene Schutzgüter und durch Festlegung unterschiedlicher Ausgleichsmaßnahmen, die sich gegenseitig weder ausschließen noch behindern. Der Ausgleich in das Schutzgut Boden erfolgt durch die festgelegte Entwicklung der Fläche von einem intensiv genutzten Acker zu einem Auwald. Zum Ausgleich in die Schutzgüter Tiere und Pflanzen wurden Initialbepflanzungen festgelegt. Beide Maßnahmen - die Einstellung der Bewirtschaftung und die Bepflanzung - ergänzen sich gegenseitig und sind geeignet die beiden Eingriffe auszugleichen. Die vom Gutachter berechnete Höhe des Ausgleichs wird von den Antragstellern nicht angegriffen. Der Senat hat seinerseits keinen Anlass an der Richtigkeit der Berechnungen zu zweifeln.
172 
gg) Zu Unrecht werfen die Antragsteller der Antragsgegnerin vor, sie habe es versäumt, die erforderliche Umweltverträglichkeitsuntersuchung durchzuführen.
173 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UVPG wird die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei der Aufstellung UVP-pflichtiger Bebauungspläne nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt. Findet eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB statt, so entfällt sowohl eine UVP als auch eine Vorprüfung nach dem UVPG; die Umweltprüfung ersetzt für den Bereich der Bauleitplanung die nach dem UVPG erforderliche UVP (vgl. Stüer, Der Bebauungsplan, 3. Aufl. 2006 Rn. 635 f.).
174 
Die Antragsgegnerin hat eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt und einen Umweltbericht nach § 2a BauGB erstellt. Die Umweltprüfung umfasste die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Bebauungsplans auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen den genannten Schutzgütern, wie sie auch für eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sind. Der Umweltbericht war auch Bestandteil der förmlichen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung. Damit hat die Antragsgegnerin ihrer Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit der Planung genügt.
175 
hh) Dem ursprünglichen Vorwurf der Antragsteller, die Festsetzungen zum Pflanzzwang seien zu unbestimmt, wurde im ergänzenden Verfahren der Boden entzogen, da die im Plan vorgesehenen Standorte als verbindlich festgesetzt wurden.
176 
h) Die Antragsteller rügen schließlich ohne Erfolg, die Antragsgegnerin gehe zu Unrecht davon aus, dass das Nebengebäude des in seiner Gesamtheit denkmalgeschützten Bahnhofs nicht erhalten werden könne. Sie verstoße gegen die Erhaltungspflicht des § 6 DSchG. Eine Erhaltung des Gebäudes sei ohne weiteres möglich, wenn auf die Bahnunterführung und die Verknüpfung mit der B 293 verzichtet werde. Der Bahnhof liege zwar außerhalb des Plangebiets. Auch sei die Unterführung nicht Gegenstand des Bebauungsplans „Weilerweg“. Dieser schaffe aber durch die Planung eines Kreisverkehrs mit einer Anschlussmöglichkeit für die Unterführung einen „Zwangspunkt“, so dass die Frage des Denkmalschutzes bereits in diesem Planverfahren abzuwägen gewesen sei.
177 
Für den Senat ist nicht erkennbar, dass durch die Planung tatsächlich ein solcher „Zwangspunkt“ gesetzt würde, dass die erst durch ein weiteres Bauleitplanungsverfahren tatsächlich erfolgende Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Gebäudes bereits zu berücksichtigen wäre. Denn die geplante Trasse kann auch ohne diesen Anschluss genutzt werden. Sie behält zudem ihre Verkehrsbedeutung als Ost-West-Verbindung und als Anschluss der neuen Baugebiete. Die Unterführung muss - mit anderen Worten - nicht zwangsläufig gebaut werden, um der streitgegenständlichen Planung einen Sinn zu geben. Nur dann könnte aber von einem „Zwangspunkt“ gesprochen werden. Den Antragstellern ist allerdings zuzugestehen, dass es der Planung eines Kreisverkehrs an dieser Stelle nicht bedurft hätte, wenn eine Unterführung nicht in Betracht käme. Mit dieser Argumentation wenden sich die Antragsteller aber der Sache nach nicht gegen die Beeinträchtigung des Bahnhofsnebengebäudes durch zukünftige Planungen, sondern bezweifeln die Sinnhaftigkeit der Anlage des Kreisverkehrs.
178 
Ein Verstoß gegen die Erhaltungspflicht des § 6 DSchG liegt nicht vor, denn der Abriss des Nebengebäudes wurde unstreitig durch Bescheid des Landratsamtes Heilbronn vom 06.11.2006 genehmigt.
179 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 VwGO.
180 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
181 
Beschluss vom 3. Februar 2010
182 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
183 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die Normenkontrollanträge sind zulässig, aber nicht begründet.
A.
36 
Die nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften Anträge sind zulässig.
I.
37 
Sie wurden innerhalb der hier maßgeblichen Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Dies galt zunächst für die Anträge vom 21.12.2007, die sich gegen die am 16.11.2007 vom Gemeinderat beschlossene Satzung über den Bebauungsplan „Weilerweg“ richteten. Die Frist ist aber auch hinsichtlich der am 23.01.2009 im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB beschlossenen Satzung eingehalten. Bereits mit Schriftsatz vom 19.05.2009 hat sich der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller inhaltlich gegen diesen Beschluss gewandt, mit Schriftsatz vom 03.06.2009 hat er auch seinen Antrag umgestellt. Durch diese Klageänderung wurde die Frist des § 47 Abs. 2 VwGO gewahrt. Die Klageänderung ist auch sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO (vgl. zur Änderung des Streitgegenstandes durch einen Beschluss im ergänzenden Verfahren BVerwG, Beschluss vom 20.05.2003 - 4 BN 57.02 -, NVwZ 2003, 1259).
II.
38 
Die Antragsteller sind antragsbefugt.
39 
1. Die Antragstellerin zu 1 ist als Eigentümerin des teilweise im Plangebiet gelegenen und von der Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche betroffenen Grundstücks antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB hat zwar keine an Art. 14 Abs. 3 GG zu messende enteignungsrechtliche Vorwirkung dergestalt, dass damit über die Zulässigkeit einer Enteignung verbindlich entschieden wäre (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 11.03.1998 - 4 BN 6.98 -, NVwZ 1998, 845). Sie stellt aber eine Inhaltsbestimmung des Grundeigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Deren Rechtmäßigkeit kann der betroffene Eigentümer in einem Normenkontrollverfahren überprüfen lassen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732; Beschluss vom 07.07.1997 - 4 BN 11.97 -, BauR 1997, 972).
40 
2. Die Antragstellerin zu 2 ist ebenfalls antragsbefugt. Sie ist zwar nicht Eigentümerin eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks. Ihre Antragsbefugnis folgt jedoch aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots. Dieses Gebot kann drittschützenden und damit die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründenden Charakter hinsichtlich solcher privater Belange haben, die für die bauleitplanerische Abwägung erheblich sind. Nicht abwägungsbeachtlich in diesem Sinne sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215; Urteil vom 30.04.2004 - 4 CN 1.03 -, NVwZ 2004, 1120 m.w.N. und Beschluss vom 04.06.2008 - 4 BN 13.08 -, juris Rn. 3).
41 
Das von der Antragstellerin zu 2 geltend gemachte Interesse, von zusätzlichem Verkehrslärm verschont zu bleiben, stellt einen abwägungsbeachtlichen Belang dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 24.05.2007 - 4 BN 16.07 u.a. -, BauR 2007, 2041) gilt dies jedenfalls dann, wenn die planbedingte Verkehrslärmzunahme die Geringfügigkeitsschwelle überschreitet. Nicht erforderlich ist, dass geltende Grenzwerte überschritten werden. Auch eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms unterhalb der Grenzwerte gehört zum Abwägungsmaterial und kann die Antragsbefugnis des Betroffenen begründen, sofern die auf den Betroffenen zukommende Lärmbelastung nicht von vornherein objektiv so geringwertig ist, dass sie nicht abwägungsrelevant ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 13.02.2007 - 8 N 06.2040 -, juris Rn. 24 ff.).
42 
Ob Lärmeinwirkungen mehr als nur geringfügig und damit abwägungsrelevant sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls, d.h. der jeweiligen konkreten Situation und dem jeweils verfolgten konkreten Planungsziel ab. Eine Regel dahin, dass bereits die Erhöhung des Dauerschallpegels um ein bestimmtes Maß oder nur das Erreichen der in § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV genannten Schallpegel die Abwägungserheblichkeit begründen, lässt sich nicht aufstellen. Andererseits ist die Abwägungserheblichkeit auch nicht bei jeder nur geringfügigen Zunahme des Lärms ohne weiteres zu bejahen (vgl. zu § 47 Abs. 2 VwGO a.F.: BVerwG, Beschlüsse vom 19.02.1992 - 4 NB 11.91 -, BVerwGE 59, 87, und vom 28.11.1995 - 4 NB 38.94 -, NVwZ 1996, 71; Urteil des Senats vom 01.03.2007 - 3 S 129/06 -, juris). Anknüpfungspunkt für eine Bewertung ist der Störungsgrad der planbedingten Lärmzunahme. Nach den Erkenntnissen der Akustik ist eine Zunahme des Dauerschallpegels von 3 dB(A) vom menschlichen Ohr gerade wahrnehmbar, während Pegelzunahmen von bis zu 2,2 dB(A) nicht bzw. kaum feststellbar sind (so die Erkenntnisse im Urteil des Senats vom 14.05.1997 - 3 S 1682/96 -, juris Rn. 26, m.w.N.). Erhöhungen im kaum wahrnehmbaren Bereich sind regelmäßig dann nicht abwägungserheblich, wenn es sich um einen bereits vorbelasteten innerstädtischen Bereich handelt (Urteil vom 14.05.1997, a.a.O.); andererseits können solche kaum wahrnehmbaren Lärmerhöhungen in bisher ruhigen Gebieten mit geringer Verkehrsbelastung abwägungsbeachtlich sein (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19.02.1992, a.a.O. und vom 18.02.1994 - 4 NB 24.93 -, DÖV 1994, 873). Erheblich sind für das menschliche Ohr kaum hörbare Lärmerhöhungen grundsätzlich auch dann, wenn der Gesamtverkehrslärm nach Planverwirklichung die Richt- oder Grenzwerte technischer Regelwerke überschreitet (BVerwG, Beschluss vom 25.01.2002, a.a.O. sowie Urteil des Senats vom 22.09.2005 - 3 S 772/05 -, BRS 69, Nr. 51).
43 
Gemessen daran wird - auf der Grundlage der vorliegenden schalltechnischen Berechnungen - der Verkehrslärm bei der Antragstellerin zu 2 nur geringfügig zunehmen. Denn der Pegelwert erhöht sich im Planfall 1F lediglich um maximal 1,3 dB(A). Dieser Planfall erfasst nicht nur den Zustand nach der Umsetzung des Bebauungsplans „Weilerweg“, sondern berücksichtigt auch den zusätzlichen Verkehr aus den neuen Baugebieten „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ sowie verkehrslenkende Maßnahmen zur Entlastung des Innenstadtbereichs. Die für den Planfall 1F berechneten Lärmwerte sind wegen der Berücksichtigung dieser zusätzlichen Verkehrsströme somit höher als die rein planbedingten Pegelwerte. Die genannte maximale Erhöhung der Pegelwerte um 1,3 dB(A) folgt aus einem Vergleich der Pegelwerte für den „Gesamt-Bestand“ des Straßen- und Schienenlärms (s. schalltechnische Berechnungen Teil 2/7, Anlage 41) mit den Pegelwerten für den Planfall 1F (s. Teil 2/9, S. 6). Danach wird sich der Pegelwert im ersten Obergeschoss der Südseite des Hauses von 57,7 dB(A) auf 59 dB(A) erhöhen. Die von der Antragsgegnerin in ihrer Zusammenfassenden Erklärung (S. 42) erwähnte Erhöhung um bis zu 3 dB (A) kann offensichtlich nur den Planfall 7 betreffen (Ausbau des Weilerweges zuzüglich Bahnunterführung zur Verbindung der Zeppelinstraße mit dem Weilerweg und Verwirklichung des Bebauungsplans „Untere Massenbacher Straße/Zeppelinstraße). Der Lärmzuwachs um maximal 1,3 dB(A) liegt im kaum wahrnehmbaren Bereich.
44 
Gleichwohl kann der Antragstellerin zu 2 die Antragsbefugnis nicht abgesprochen werden. Denn nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats reicht es hierfür aus, dass die tatsächlichen und rechtlichen Annahmen des Schallschutzgutachtens und des Verkehrsgutachtens substantiiert in Frage gestellt werden (vgl. Urteil vom 01.03.2007, a.a.O.). Die Antragstellerin zu 2 macht geltend, dass das Verkehrsaufkommen falsch ermittelt und die daraus folgende Lärmbelastung fehlerhaft berechnet worden sei. Darüber hinaus hält sie die Ermittlung der Vorbelastung ihres Grundstücks durch Gewerbelärm für mangelhaft. Diese Einwendungen greifen - wie nachfolgend darzulegen sein wird - zwar nicht durch. Für diese Feststellung bedarf es jedoch einer vertieften Auseinandersetzung mit den vorgetragenen Argumenten. Es wäre verfehlt, diese Auseinandersetzung auf die Zulässigkeitsebene des Normenkontrollantrags zu verlagern. Ausgehend von dem Vortrag der Antragstellerin zu 2 erscheint es jedenfalls möglich, dass sie durch den Bebauungsplan in einem abwägungserheblichen privaten Belang verletzt werden könnte.
45 
3. Schließlich sind auch die Antragsteller zu 3 antragsbefugt. Sie sind zwar ebenfalls nur Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Plangebiets, sie machen aber eine Beeinträchtigung in abwägungserheblichen Belangen geltend. Sie berufen sich insoweit auf eine planbedingte Verkehrsverlagerung auf die Zeppelinstraße, an die ihre Grundstücke angrenzen, und die damit verbundene Zunahme der Immissionsbelastung. Es kann für die Frage der Antragsbefugnis dahingestellt bleiben, ob es gerade infolge des Ausbaus des Weilerwegs zu einer mehr als geringfügigen Zunahme der Lärmimmissionen kommen wird, oder ob, wofür vieles spricht, die Lärmzunahme nur mittelbar durch den Straßenbau verursacht wird. Der Verkehrsgutachter hat in der mündlichen Verhandlung verdeutlicht, dass Verkehrsteilnehmer aus den neuen Baugebieten nach dem Ausbau des Weilerweges eher die Bahnquerung an der Stettener Straße im Westen des Plangebiets nutzen und den Bahnübergang an der Neipperger Straße/Heilbronner Straße im Osten des Plangebiets meiden werden, weil der Verkehrsfluss an der Bahnquerung Stettener Straße flüssiger sei. Der Verkehr in Richtung Norden zur B 293 und in die Innenstadt werde im Anschluss an die Bahnquerung vor allem über die Zeppelinstraße abfließen. Dieser Darstellung haben die Antragsteller nicht widersprochen. Sie ist auch für den Senat einleuchtend und nachvollziehbar. Damit liegt es aber nahe, dass die Lärmzunahme auf der Zeppelinstraße nicht von der geplanten Trasse des Weilerweges selbst herrührt.
46 
Da die Antragsteller zu 3 jedoch - ebenso wie die Antragstellerin zu 2 - die tatsächlichen und rechtlichen Annahmen der schalltechnischen Berechnungen und des Verkehrsgutachtens substantiiert in Frage stellen, kann ihnen die Antragsbefugnis gleichfalls nicht abgesprochen werden.
B.
47 
Die Normenkontrollanträge sind nicht begründet.
I.
48 
Der Bebauungsplan leidet nicht an formellen Fehlern.
49 
1. An der Beschlussfassung über den Bebauungsplan hat kein befangenes Ratsmitglied mitgewirkt.
50 
a) Die Antragsteller machen geltend, die Mutter des Stadtrats ..., der am Satzungsbeschluss mitgewirkt habe, sei Eigentümerin des Grundstücks ... .... Dieses grenze auch an die Heilbronner Straße an und profitiere auf diese Weise unmittelbar von der 50%igen Entlastung der bisherigen Ortsdurchfahrt. Die an den entlasteten Straßenzügen anliegenden Eigentümer seien ein anhand des Grundbuchs individualisierbarer begünstigter Personenkreis. Dies trifft nicht zu.
51 
Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 GemO ist ein (Gemeinderats-)Beschluss rechts- widrig, wenn bei der Beratung oder Beschlussfassung die Bestimmungen der Absätze 1, 2 oder 5 über die Unzulässigkeit der beratenden oder entscheidenden Mitwirkung eines befangenen Ratsmitglieds und über die Verpflichtung zum Verlassen der Sitzung verletzt worden sind oder ein Ratsmitglied als ehrenamtlich tätiger Bürger ohne einen der Gründe der Absätze 1 und 2 ausgeschlossen war. Aus § 18 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 1 GemO folgt, dass eine Befangenheitsrüge innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Satzung erhoben werden muss. Diese Frist haben die Antragsteller eingehalten, denn sie haben im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 27.08.2008 gerügt und im Einzelnen dargelegt, dass am Satzungsbeschluss vom 16.11.2007 Stadtrat ... mitgewirkt habe, obwohl er befangen gewesen sei. Gleiches haben sie mit Schriftsatz vom 19.05.2009 gegenüber dem Satzungsbeschluss vom 23.01.2009 geltend gemacht. Die Geltendmachung im vorliegenden Verfahren genügt, da sich das Verfahren nach § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gegen die Stadt Schwaigern richtet und dieser die Schriftsätze der Antragsteller übermittelt wurden (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 24.04.2007 - 5 S 2243/05 -, NuR 2007, 685).
52 
Nach § 18 Abs. 1 GemO darf ein Mitglied des Gemeinderats weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst oder bestimmten anderen Personen einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen kann. Dies ist der Fall, wenn ein Mitglied des Gemeinderats oder eine der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GemO genannten Bezugspersonen auf Grund persönlicher Beziehungen zu dem Gegenstand der Beratung oder Beschlussfassung ein individuelles Sonderinteresse hat, das zu einer Interessenkollision führen kann und die Besorgnis rechtfertigt, dass der Betreffende nicht mehr uneigennützig und nur zum Wohl der Gemeinde handelt (VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.01.2006 - 3 S 1259/05 -, BauR 2008, 633). Die Mutter des Stadtrats ... zählt zu den in § 18 Abs. 1 Nr. 2 GemO erwähnten Bezugspersonen, denn sie ist in gerader Linie mit dem Stadtrat verwandt.
53 
Durch § 18 Abs. 1 GemO sollen die Entscheidungen des Gemeinderats von individuellen Sonderinteressen freigehalten und der böse Schein einer Interessenkollision vermieden werden. Ob eine Interessenkollision tatsächlich besteht, ist unerheblich (VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.04.2004 - 8 S 1374/03 -, BauR 2005, 57, 58). Für die Annahme eines individuellen Sonderinteresses ist nicht erforderlich, dass es sich um ein rechtlich geschütztes Interesse handelt. Ausreichend sind auch wirtschaftliche oder ideelle Vor- oder Nachteile (VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.01.2006, a.aO.). Ein individuelles Sonderinteresse ist in jedem Fall jedoch nur anzunehmen, wenn die Entscheidung einen unmittelbar auf die Person des Gemeinderats bezogenen besonderen und über den allgemeinen Nutzen oder die allgemeinen Belastungen hinausgehenden Vor- oder Nachteil bringt. Die Entscheidung muss so eng mit den persönlichen Belangen des Gemeinderats zusammenhängen, dass er in herausgehobener Weise betroffen wird (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 30.04.2004, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des Senat muss sich eine Entscheidung auf das Gemeinderatsmitglied „zuspitzen“ und er - weil im Mittelpunkt oder jedenfalls im Vordergrund der Entscheidung stehend - als deren „Adressat“ anzusehen sein (vgl. Urteil vom 30.01.2006, a.a.O .). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Gemeinderat nur dann befangen ist, wenn ausschließlich er von der Entscheidung betroffen wird. Ausreichend ist vielmehr auch, dass der betroffene Gemeinderat einer von wenigen anderen in gleicher Weise Betroffenen ist und sich sein Interesse dadurch von allgemeinen oder Gruppeninteressen deutlich abhebt .
54 
Ausgehend von diesen Grundsätzen war Stadtrat ... nicht befangen. Die Planung bringt seiner Mutter zwar einen Vorteil. Sie ist jedoch nicht individualisiert betroffen, weil sie den Vorteil mit sämtlichen Anliegern der entlasteten Straßen teilt. Diese sind schon aufgrund ihrer Anzahl nicht mehr individualisierbar, denn die Entlastung betrifft die Anlieger von insgesamt sieben Straßen. Insofern handelt es sich um ein Gruppeninteresse im Sinne des § 18 Abs. 3 GemO. Unerheblich ist, dass die Betroffenen anhand des Grundbuchs benannt werden könnten. Denn von einer herausragenden Betroffenheit mehrerer Personen kann nur dann noch ausgegangen werden, wenn diese quasi auf den ersten Blick als „Adressaten“ der Entscheidung zu erkennen wären. Dies ist aufgrund ihrer Vielzahl hier jedoch nicht der Fall.
55 
b) Im Hinblick auf Stadträtin ... machen die Antragsteller geltend, sie sei ebenfalls befangen, weil sie von der Planung profitiere. Sie sei Eigentümerin eines Grundstücks im Bebauungsplangebiet „Mühlpfad I“, zu dessen Erschließung der angefochtene Bebauungsplan diene. Die Rüge wurde mit Schriftsatz vom 03.03.2009 erhoben und erfolgte daher rechtzeitig im Sinne des § 18 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 1 GemO. Allerdings hat sich Stadträtin ... ausweislich der Niederschrift zur Sitzung des Gemeinderates am 23.01.2009 vor der Beratung und Beschlussfassung selbst für befangen erklärt und im Zuschauerraum Platz genommen. Die Befangenheitsrüge geht daher im Hinblick auf Stadträtin ... ins Leere.
56 
2. Der Beschluss über den Bebauungsplan ist - entgegen der Ansicht der Antragsteller - nicht deshalb rechtswidrig, weil er in einer nicht ordnungsgemäß einberufenen Sitzung gefasst worden wäre (vgl. hierzu VGH Baden-Württ., Urteil vom 12.02.1990 - 1 S 588/89 -, NVwZ-RR 1990, 369). Die Antragsteller halten es für fehlerhaft, dass in der Einladung zur Gemeinderatssitzung vom 23.01.2009 (Beschlussfassung im ergänzenden Verfahren) nur auf die zwischenzeitlich ergangene Freistellungsentscheidung des Regierungspräsidiums Stuttgart für das überplante Bahngelände hingewiesen wurde, ohne zugleich auf das Versäumnis hinzuweisen, vor der Beschlussfassung am 16.11.2007 die Freistellung des Bahngeländes zu beantragen.
57 
Die Verfahrensrüge der Antragsteller wurde zwar rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 4 Abs. 4 GemO erhoben. Sie greift jedoch nicht durch.
58 
Die Antragsteller können nach dem Satzungsbeschluss des Gemeinderates schon deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, die Informationen über den Verhandlungsgegenstand seien unvollständig gewesen, weil § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO, der die rechtzeitige Mitteilung des Verhandlungsgegenstandes und die Beifügung der für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen vorschreibt, nur den Interessen der Mitglieder des Gemeinderates dient. Insofern gilt nichts anderes als im Fall der nachträglichen Rüge, die erforderlichen Sitzungsunterlagen seien nicht rechtzeitig an die Mitglieder des Gemeinderates übersandt worden. Für diese Fallkonstellation hat der 8. Senat des erkennenden Gerichtshofs bereits entschieden, dass eine Rüge nach Satzungsbeschluss nicht durchgreift, wenn die Mitglieder des Gemeinderates ohne Beanstandung der Rechtzeitigkeit der ihnen zugeleiteten Informationen über den Verhandlungsgegenstand abstimmen. Denn die insoweit maßgebliche Vorschrift des § 34 Abs. 1 GemO diene nur den Interessen der Mitglieder dieses Gremiums. In der Abstimmung liege der Verzicht auf eine längere Vorbereitungszeit. Dies gelte - entgegen der teilweise in der Literatur vertretenen Ansicht - auch dann, wenn nicht alle Gemeinderäte in der Sitzung anwesend gewesen seien und jedenfalls keine Anhaltspunkte vorlägen, dass ein Gemeinderat gerade wegen der von ihm als zu kurz empfundenen Vorbereitungszeit der Sitzung ferngeblieben ist (Urteil vom 16.04.1999 - 8 S 5/99 -, NuR 2000, 153).
59 
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung auch für den hier vorliegenden Fall der Rüge der unvollständigen Unterrichtung des Gemeinderates an. Die in § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO normierte Verpflichtung des Bürgermeisters, die Verhandlungsgegenstände mitzuteilen und die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen, dient ebenfalls ausschließlich den Interessen der Mitglieder des Gemeinderates. Wird in der Sitzung von keinem Gemeinderat gerügt, die Unterrichtung oder die übermittelten Unterlagen seien unvollständig oder mangelhaft, liegt darin der Verzicht auf weitere Informationen. Der Gemeinderat bringt damit konkludent zum Ausdruck, dass er die vorliegenden Informationen für ausreichend hält. Ob dies auch für den Fall gilt, wenn eine Rüge der unvollständigen Unterrichtung wegen Unkenntnis bestimmter Umstände überhaupt nicht möglich ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Handelt es sich jedenfalls - wie hier - um Informationen, deren Fehlen sich unschwer aus den übrigen Informationen ergibt, liegt es in der Zuständigkeit des Gemeinderats zu entscheiden, ob die vorliegenden Angaben für eine Beschlussfassung ausreichen. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin war durch die Sitzungsvorlage darüber informiert, dass nach dem Satzungsbeschluss vom 16.11.2007 die Freistellungsentscheidung ergangen ist. Hätte ein Gemeinderatsmitglied auch den Zeitpunkt der Antragstellung hierzu für erheblich gehalten, hätte es ohne weiteres rügen können, darüber im Vorfeld der Sitzung nicht informiert worden zu sein. Anhaltspunkte dafür, dass ein Gemeinderatsmitglied der Sitzung deshalb ferngeblieben ist, weil es die zur Vorbereitung übermittelten Informationen für unzureichend hielt, liegen nicht vor. Das Unterlassen einer solchen Rüge ist daher im vorliegenden Fall als konkludenter Verzicht auf diese Information zu werten.
60 
Die Rüge der Antragsteller greift aber auch deshalb nicht durch, weil - wie die Antragsgegnerin ihr zu Recht entgegenhält - die in § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO genannten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Einberufung des Gemeinderats erfüllt waren. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin hatte der Bürgermeister die Verhandlungsgegenstände vor der Sitzung mitgeteilt und die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beigefügt. Dem Gemeinderat hatte unter anderem die Freistellungsentscheidung vom 09.07.2008 vorgelegen; in der Sitzungsvorlage war darauf hingewiesen worden, dass die Entscheidung im Nachgang zum Satzungsbeschluss vom 16.11.2007 ergangen sei. Damit ist dem Informationsbedürfnis des einzelnen Gemeinderatsmitglieds Genüge getan worden sein. Anhand dieser Informationen war es ihm möglich, sich auf den Verhandlungsgegenstand vorzubereiten und sich eine vorläufige Meinung zu bilden. Ohne Bedeutung war hierfür dagegen, aus welchem Grund die Freistellungsentscheidung erst nach dem ursprünglichen Satzungsbeschluss ergangen ist. Zur Vorbereitung der Sitzung war es deshalb auch nicht erforderlich mitzuteilen, zu welchem Zeitpunkt die Freistellungsentscheidung beantragt worden war. Fragen hierzu hätten vielmehr auch noch in der Sitzung gestellt werden können (vgl. dazu VGH Baden-Württ., Urteil vom 12.02.1990 - 1 S 588/89 -, NVwZ-RR 1990, 369, 371).
II.
61 
Der angefochtene Bebauungsplan ist auch frei von materiell-rechtlichen Fehlern.
62 
1. Die planerische Rechtfertigung (Erforderlichkeit) im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ist gegeben.
63 
a) Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Der angegriffene Bebauungsplan muss also Ausdruck eines städtebaulich motivierten Konzepts sein. § 1 Abs. 3 BauGB eröffnet dabei den Gemeinden die Möglichkeit, im Rahmen der Selbstverwaltung das Festsetzungsinstrumentarium des § 9 BauGB (insbesondere dessen Absatz 1 Nr. 11 BauGB) für eine eigene „Verkehrspolitik“ zu nutzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.01.1999 - 4 CN 5.98 -, BVerwGE 108, 248 und Beschluss vom 22.04.1997 - 4 BN 1.97 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 91, ferner VGH Baden-Württ., Urteil vom 14.09.2001 - 5 S 2869/99 -, NVwZ-RR 2002, 638). Eine konkrete „Bedarfsanalyse“ erfordert dies nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86 und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 30.04.2004 - 8 S 1374/03 -, BauR 2005, 57).
64 
b) Die Begründung zum Bebauungsplan nennt als Ziele der Planung zum einen eine insgesamt flüssigere Linienführung der K 2160 ohne Bahnquerungen, die Entlastung des Bahnübergangs Heilbronner Straße/Neipperger Straße, die Vermeidung von Mehrfachquerungen und die Bündelung von Verkehrswegen sowie zum anderen die Erschließungsfunktion für die beiden Wohngebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“. Mit diesen Zielsetzungen trägt die geplante Straße legitimen städtebaulichen Erfordernissen Rechnung.
65 
c) Die unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 BauGB notwendige Zustimmung des Landkreises zu dem Straßenbauvorhaben lag vor. Planungsgegenstand ist der Ausbau des Weilerweges zu einer Straße, die die Verkehrsbedeutung einer Kreisstraße erlangen soll. Geplant ist, zukünftig die bislang nördlich des Bahngeländes verlaufende K 2160 auf den südlich des Bahngeländes verlaufenden Weilerweg zu verlegen. Die Erforderlichkeit der Planung würde fehlen, wenn nicht sichergestellt wäre, dass die Planung auch verwirklicht werden kann. Denn die Straßenplanung mittels eines planfeststellungsersetzenden Bebauungsplans stellt keine Angebotsplanung dar, sondern ist auf „Erfüllung“ im Sinne unmittelbarer Verwirklichung - auch unter dem Aspekt der Finanzierbarkeit durch den entsprechenden Baulastträger - angelegt (VGH Baden-Württ., Urteil vom 25.04.2007, a.a.O). Die ausdrückliche Zustimmung des Baulastträgers ist daher unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung der Planung. Fehlt eine solche Zustimmung, ist die Planung nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB, denn ihrer Verwirklichung stehen rechtliche Hindernisse entgegen.
66 
Den Antragstellern ist zwar zuzugestehen, dass die ursprünglich vorgelegten Planungsvorgänge und der Vortrag der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren nicht eindeutig erkennen ließen, ob dem Weilerweg nach seinem Ausbau die Funktion einer Gemeindestraße oder die einer Kreisstraße zukommen soll. Einerseits deutet der Bebauungsplan selbst auf eine Gemeindestraße hin, denn die Bezeichnung „K 2160“ oder „K2160 neu“ wurde für keine Stelle des ursprünglichen Weilerwegs verwendet. Auch die Bezeichnung des Planes „Weilerweg“ liefert keinen Hinweis auf eine zukünftige Kreisstraße. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in seinem Schriftsatz vom 16.06.2009 betont, die Planung habe eine Gemeindestraße zum Gegenstand. Andererseits ist in der Begründung die Bezeichnung „K 2160“ oder „K 2160 Neu“ in Bezug auf das Plangebiet an mehreren Stellen zu finden, so z.B. auf Seite 3 unter Nr. 2, auf Seite 8 unter Spiegelstrich 4, 9 und 11. Schließlich ist auch auf Seite 61/62 unter Nr. 17 „Bewertender Ausgleich der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange …“ von der „Verlegung der bisherigen Ortsdurchfahrt (K 2160)“ die Rede. Diese Teile der Begründung deuten darauf hin, dass es sich um die Planung einer zukünftigen Kreisstraße handelt.
67 
Die bestehenden Zweifel an der Eindeutigkeit der künftigen Funktion des Weilerweges werden jedoch durch die im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 01.07.2009 vorgelegten Nachweise ausgeräumt. Aus ihnen ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kreis Heilbronn als der für eine Kreisstraße nach § 43 Abs. 2 StrG zuständige Träger der Straßenbaulast der Planung zugestimmt hat. Bereits in seiner Sitzung vom 29.04.2002, d.h. vor dem Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans Weilerweg am 21.02.2003, stimmte der Kreistag der Verkehrskonzeption der Stadt Schwaigern zu, die eindeutig eine Verlegung der K 2160 auf die Südseite des Bahngeländes (Weilerweg) zum Gegenstand hatte. Aus dem weiteren Protokoll über die Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vom 11.04.2006 (dort S. 8) ergibt sich, dass geplant ist, den Ausbau des Weilerweges federführend durch die Antragsgegnerin durchführen zu lassen und ihn nach abgeschlossenem Ausbau zur K 2160 aufzustufen. Als Grund hierfür wird genannt, dass sich der Weilerweg noch in Eigentum und Baulast der Antragsgegnerin befinde. Zudem sprächen wirtschaftliche Gründe für diese Vorgehensweise, denn die Stadt treffe ein geringerer Selbstbehalt beim GVFG-Zuschuss. Außerdem könne die Maßnahme besser mit der Erschließung des künftigen Baugebiets abgestimmt werden. Die nicht vom Zuschuss gedeckten zuwendungsfähigen Kosten des Ausbaus in Höhe von 1,1 Mio. Euro solle der Landkreis übernehmen, der hierfür entsprechende Mittel in die Haushaltsplanungen einstelle. Die Abstimmung der Straßenplanung mit dem Landkreis wird schließlich auch durch das Schreiben des Landrats des Landkreises Heilbronn vom 23.10.2009 an die Antragsgegnerin bestätigt.
68 
Die Antragsgegner wenden zwar ein, aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, dass der Kreistag dem konkreten Bebauungsplan zugestimmt habe. Es gehe bei dem Beschluss des Kreistags vom 11.04.2006 nur um die Finanzierung, nicht jedoch um eine materielle Abstimmung des Bebauungsplans. Die vorgelegten Sitzungsprotokolle belegen jedoch, dass der Landkreis auch über die konkrete Ausgestaltung des Vorhabens informiert war. Nicht zuletzt bestätigt der Landrat des Landkreises Heilbronn in seinem oben genannten Schreiben, dass die Straßenplanung auch inhaltlich eng mit dem Landkreis abgestimmt wurde. Ob die Bezeichnung des Vorhabens in der zwischen der Antragsgegnerin und dem Landkreis Heilbronn am 07.01.2009 geschlossenen Vereinbarung über Freiwilligkeitsleistungen in jeder Hinsicht zutrifft, ist dagegen nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn sie fehlerhaft wäre, würde sie nichts an der Überzeugung des Senats ändern, dass der Landkreis dem Straßenbauvorhaben „Weilerweg“ zugestimmt hat, das auf den Bau einer Straße gerichtet ist, der die Bedeutung einer Kreisstraße zukommt.
69 
d) Die Antragsteller rügen unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Erforderlichkeit ferner, das Ziel einer Entlastung bestimmter Bereiche der Innenstadt lasse sich schon mit einer Verkehrsberuhigung und -verdrängung erreichen. Dieser Einwand betrifft jedoch nicht die Erforderlichkeit der Planung. Vielmehr machen die Antragsteller damit einen Abwägungsfehler geltend (s. dazu unten 5.).
70 
e) Auch soweit die Antragsteller rügen, es bestehe kein Erfordernis, die neuen Baugebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ gerade über den Weilerweg anzuschließen, machen sie im Ergebnis einen Abwägungsfehler geltend (s. dazu unten 5.), der die Erforderlichkeit der Planung nicht in Frage stellt.
71 
f) Ferner wird von den Antragstellern bezweifelt, dass ein Bedarf für Wohngebiete dieser Größe überhaupt bestehe. Es fehle an einem entsprechenden Nachweis. Damit stellen sie allerdings nicht die Erforderlichkeit des Bebauungsplans „Weilerweg“ in Frage, sondern allenfalls die Erforderlichkeit der Bebauungspläne „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“. Diese sind jedoch nicht Streitgegenstand. Eines solchen Nachweises des Bedarfs, wie von den Antragstellern gefordert, bedarf es im Übrigen auch nicht. Die in gesonderten Bebauungsplanverfahren ausgewiesenen Baugebiete stellen lediglich Angebotsplanungen dar. Die Annahme der Antragsgegnerin in der Begründung zum Bebauungsplan „Mühlpfad I“, aufgrund der Standortgunst der Stadt Schwaigern und neben der Eigenentwicklung prognostizierten Wanderungsbewegungen in den Verwaltungsraum sei es notwendig, neues Bauland für Wohnbaufläche auszuweisen, haben die Antragsteller nicht substantiiert entkräftet, sondern lediglich einen Antrag auf Sachverständigenbeweis angekündigt. Abgesehen davon ist die Frage, ob eine Erschließungsstraße erforderlich ist, unabhängig von der Größe der zukünftigen Baugebiete. Denn die Baugebiete müssen unabhängig von ihrer Größe jedenfalls verkehrlich erschlossen werden. Daher stellt auch diese Rüge der Antragsteller die Erforderlichkeit der Planung nicht in Frage.
72 
g) Schließlich sind die Antragsteller der Auffassung, die Erforderlichkeit der Planung sei nachträglich entfallen, denn im Plangebiet gebe es - zumindest seit April 2009 wieder - Nachtigallen. Deren Vorkommen stelle ein artenschutzrechtliches Vollzugshindernis dar. Dies trifft nicht zu.
73 
Die in der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2010 geschilderten Wahrnehmungen der Antragstellerin zu 1, ihre Richtigkeit unterstellt, sind nicht geeignet, die artenschutzfachlichen Ermittlungen und Bewertungen des von der Antragsgegnerin beauftragen Gutachters zu erschüttern. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren sind nach Erlass einer Planungsentscheidung durchgeführte Erhebungen in einem Naturraum in der Regel von vornherein nicht geeignet, eine der Planung zugrunde liegende frühere, nach Methodik und Umfang ordnungsgemäße artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme in Frage zu stellen (BVerwG, Urteil vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 - Rn. 50). Diese Rechtsprechung lässt sich auf Bebauungsplanverfahren übertragen, die - wie hier - ein Straßenbauvorhaben zum Gegenstand haben. Die Bestandsaufnahme des Fachgutachters war - wie noch auszuführen sein wird (s. unten 5. g)) - sowohl nach ihrer Methodik als auch nach ihrem Umfang ordnungsgemäß. Sie ergab keinen Hinweis auf das Vorkommen der Nachtigall. Die Antragstellerin zu 1 hält dem entgegen, im Jahr 2008 habe sie zwar keine Nachtigall singen hören. Ab April 2009 sei jedoch erst eine, später eine zweite Nachtigall zu hören gewesen. Diese Feststellungen sind nicht geeignet, die artenschutzfachlich ordnungsgemäß erstellte Bestandsaufnahme zu erschüttern. Denn der Zeitpunkt der geschilderten Wahrnehmungen lag mehrere Monate nach dem Satzungsbeschluss im ergänzenden Verfahren. Darüber hinaus ist weder zu erkennen, dass sie auf einer sachverständigen Beobachtung beruhten, noch dass der Beobachtung ein naturschutzfachlich anerkanntes methodisches Vorgehen zugrunde gelegen hat (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12.08.2009. a.a.O.).
74 
2. Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Bestimmtheitsgebot.
75 
a) Die Antragsteller halten den Bebauungsplan für inhaltlich unbestimmt, weil die Aufteilung der festgesetzten Verkehrsflächen nach der Zeichenerklärung als unverbindlich bezeichnet wird. Die Antragsgegnerin hält dem zu Recht entgegen, dass die Unverbindlichkeit lediglich die funktionale Aufteilung innerhalb der jeweils festgesetzten Verkehrsfläche betrifft, nicht jedoch die örtliche Lage der Fläche. Die funktionale Aufteilung der Verkehrsflächen sei Teil der Ausführungsplanung. Der Bebauungsplan setzt verschiedene Verkehrsflächen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB fest und bezeichnet sie im Einzelnen. Diese Festsetzungen sind verbindlich. So kann auf der als „Grünfläche als Bestandteil von Verkehrsanlagen“ festgesetzten Fläche beispielsweise nicht die Fahrbahn gebaut werden. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot liegt daher nicht vor.
76 
b) Die Antragsteller rügen des Weiteren ebenfalls zu Unrecht, dass die Festsetzungen, die den Lärmschutz der Antragstellerin zu 1 sichern sollen, unbestimmt seien.
77 
Der Lärmschutz für die Antragstellerin zu 1 wird im vorliegenden Fall nicht durch eine Lärmschutzwand auf dem vorhandenen Gelände sichergestellt, sondern durch die Tieferlegung der Trasse und die Abstützung des umgebenden Geländes mit einer Stützmauer sowie - in einem kleineren Bereich - mit einem Stützwall. Dementsprechend wurden die Stützmauer und der Stützwall nicht als Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB ausgewiesen, sondern als Verkehrsflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB. Die Höhenlage der Trasse ist im zeichnerischen Teil des Plans festgesetzt. Im Rahmen des ergänzenden Verfahrens wurde er - allerdings rein informatorisch unter der Überschrift „Kennzeichnung und nachrichtliche Übernahmen (§ 9 (6) BauGB)“ - durch die Höhenlage des umliegenden Geländes ergänzt. Einer ausdrücklichen Festsetzung bedurfte es nicht, weil die Höhenlage des die Trasse umgebenden Geländes nicht verändert wird, so dass bereits anhand der festgesetzten Höhenlage der Trasse berechnet werden konnte, ob die Antragstellerin zu 1 hinreichend vor Lärmimmissionen geschützt wird. Ob die ergänzten Höhenangaben tatsächlich einer der in § 9 Abs. 5 BauGB genannten Fallgruppen der nachrichtlichen Übernahme zuzuordnen sind, oder ob es sich um einen sonstigen Hinweis handelt, kann dahin stehen. Denn jedenfalls bedurfte es insoweit nicht einer ausdrücklichen Festsetzung und nur in diesem Fall würde es an der erforderlichen Bestimmtheit fehlen.
78 
c) Die Antragsteller sind der Auffassung, die Bezeichnung „Feldweg und Zufahrt zu Flst.-Nr. ...“ sei in straßenrechtlicher Hinsicht ungenügend. Dies trifft nicht zu.
79 
Durch einen Bebauungsplan angelegte öffentliche Straßen gelten nach § 5 Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 StrG mit ihrer Überlassung für den Verkehr als gewidmet. Die Einteilung der Straßen richtet sich nach § 3 StrG. Nach dessen Absatz 1 Nr. 3 i.V.m Abs. 2 Nr. 4 zählen zu den Gemeindestraßen auch beschränkt öffentliche Wege. Dies sind Wege, die einem auf bestimmte Benutzungsarten oder Benutzungszwecke beschränkten Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. Zu solchen beschränkt öffentlichen Wegen zählen nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 Buchstabe a) StrG insbesondere Feldwege. Die Aufzählung in § 5 Abs. 2 Nr. 4 StrG ist aber - wie die Verwendung des Wortes „insbesondere“ zeigt - nicht abschließend. Auch die Bezeichnung „Zufahrt zu Flst.-Nr. ...“ beschränkt die Benutzung des Weges auf einen bestimmten Benutzungszweck und stellt daher eine geeignete Bezeichnung der „beschränkten Öffentlichkeit“ im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 4 StrG dar. Sie macht deutlich, dass nicht nur die Nutzung für die Bewirtschaftung der Feldgrundstücke zulässig ist, sondern auch die Nutzung als Zufahrt zum Grundstück der Antragstellerin zu 1.
80 
3. Der Freistellungsbescheid nach § 23 AEG des Regierungspräsidiums Stuttgart erging am 09.07.2008 und lag somit zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren am 23.01.2009 vor. Ein Fehler liegt daher nicht - zumindest aber nicht mehr - vor.
81 
4. Die Trennung des Bebauungsplans „Weilerweg“, von den Bebauungsplanverfahren „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“, „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ ist nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung zur Straßenplanung ist anerkannt, dass die Bildung von Abschnitten keinen Bedenken begegnet, wenn auf eine übermäßige, faktisch rechtsschutzverhindernde "Parzellierung" verzichtet wird, die Abschnittsbildung aus planerischen Gründen gerechtfertigt erscheint und jedem Abschnitt auch isoliert eine eigene Verkehrsbedeutung zukommt (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 16.10.2002 - 8 C 11774/01 -, BauR 2003, 351). Der Verwirklichung des (Gesamt-)Vorhabens dürfen keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, NVwZ 2008, 678).
82 
Diese Rechtsprechung lässt sich auf die planfeststellungsersetzende Bauleitplanung übertragen. Davon ausgehend sind Rechtsfehler infolge der Trennung der Bebauungspläne nicht ersichtlich. Der Bebauungsplan „Weilerweg“ steht zwar in Verbindung mit sämtlichen genannten Plänen. Ein Zusammenhang der Planungsinhalte dergestalt, dass sie in sinnvoller Weise nur in einem Verfahren beschlossen werden können, besteht indes nicht. Die Bebauungspläne „Weilerweg“ und „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ beinhalten reine Straßenplanungen, während die Bebauungspläne „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ Baugebietsplanungen darstellen. Schon wegen dieser inhaltlichen Unterschiede drängt sich eine Verbindung des Planes „Weilerweg“ mit den Plänen „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ nicht auf. Der Weilerweg dient zwar auch zur Erschließung der neuen Baugebiete. Dies allein gebietet es jedoch nicht, die Planungen zu vereinen. Denn die Bedeutung des Weilerweges erschöpft sich nicht in dieser Erschließungsfunktion. Vielmehr soll er vor allem die Funktion der bislang nördlich der Bahnlinie verlaufenden K 2160 übernehmen. Diese Hauptfunktion rechtfertigt es, den Ausbau des Weilerweges einem eigenen Bebauungsplanverfahren vorzubehalten. Aber auch gegenüber der weiteren Straßenplanung durch den Bebauungsplan „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ hat der Ausbau des Weilerweges eine eigene Verkehrsbedeutung, indem er eine neue Verkehrsachse von Ost nach West bildet. Der Bebauungsplan „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ steht mit dem Bebauungsplan „Weilerweg“ nur insofern in Verbindung, als beide Pläne Teile des Gesamtverkehrskonzepts der Stadt Schwaigern sind. Sie lassen sich jedoch unabhängig voneinander verwirklichen, ohne ihre jeweilige Bedeutung zu verlieren. Ohne die Verwirklichung des Bebauungsplans „Untere Massenbacher-/Zeppelinstraße“ würde daher zwar das Gesamtverkehrskonzept nicht vollständig umgesetzt werden können. Der ausgebaute Weilerweg würde aber nicht quasi als Torso ohne Funktion übrigbleiben. Vielmehr erfüllte er dann zumindest seine Aufgabe als Erschließungsstraße für die Baugebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ sowie als Ost-West-Verbindung südlich der Bahntrasse.
83 
5. Der Bebauungsplan „Weilerweg“ leidet auch nicht unter einem erheblichen, zur Ungültigkeit führenden Fehler im Abwägungsvorgang. Die Antragsgegnerin hat sämtliche betroffenen Belange hinreichend ermittelt, bewertet und abgewogen. Es liegt daher weder ein beachtlicher Verfahrensmangel im Sinne des § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB noch ein materieller Fehler nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB vor.
84 
Die Aufstellung eines Bebauungsplans erfordert die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrem objektiven Gewicht in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 155.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Diese Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gemäß § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
85 
Eine in materiell-rechtlicher Hinsicht fehlerfreie Abwägung setzt grundsätzlich eine hinreichende Ermittlung und Bewertung aller von der Planung berührten Belange (Abwägungsmaterial) voraus. Das Gebot der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials hat gleichzeitig in formeller Hinsicht eine selbständige Bedeutung bei der Überprüfung der Gültigkeit eines Bebauungsplans. Ein beachtlicher Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist gegeben, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. Die Vorschrift erhebt in Umsetzung gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensrechts (insbesondere der Richtlinie 2001/ 42/EG) einen wesentlichen Ausschnitt von bisher dem materiellen Recht (§ 1 Abs. 7 und § 214 Abs. 3 BauGB) zugerechneten Fehlern im Abwägungsvorgang, nämlich Fehlern bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials, in den Rang einer „Verfahrensgrundnorm“ (zu alldem vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899, unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte; Urteile des Senats vom 06.05.2009 - 3 S 3037/07 -, juris und vom 09.06.2009 - 3 S 1108/07 -, juris).
86 
Dem Senat ist bewusst, dass Abwägungsfehler aus der Gruppe des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB rechtssystematisch auf der Verfahrensebene abzuhandeln sind und eine (nochmalige) Geltendmachung als Mängel im Abwägungsvorgang ausgeschlossen ist, wie § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB klarstellt. Ungeachtet dessen sieht der Senat sich aber nicht gehindert, derartige Ermittlungs- und Bewertungsfehler - aus Gründen besserer Verständlichkeit sowie zur Vermeidung unergiebigen Abgrenzungsaufwands gegenüber dem „Restbestand“ an sonstigen Fehlern im Abwägungsvorgang - einheitlich im Rahmen der Prüfung zu behandeln, ob der Bebauungsplan dem Abwägungsgebot auf der Ebene des Abwägungsvorgangs entspricht (vgl. Urteile des Senats vom 06.05.2009 und vom 09.06.2009, a.a.O.). Denn die Anforderungen an die Beachtlichkeit von verfahrensrechtlichen Fehlern im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB und von sonstigen materiell-rechtlichen Vorgangsfehlern nach § 214 Abs. 3 BauGB sind identisch. Es gelten jeweils die gleichen Rügefristen (vgl. § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB). Auch inhaltlich bestehen keine Unterschiede. § 214 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 3 BauGB setzen die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten einschränkenden Voraussetzungen, unter denen von der Planung berührte Belange zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören und beachtlich sind, stillschweigend voraus und knüpfen hieran an; weitergehende Pflichten bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials als diejenigen, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot entwickelt hatte, wollte der Gesetzgeber den Gemeinden mit der Neuregelung nicht auferlegen. Von der Planung berührte, nicht zutreffend ermittelte oder bewertete Belange betreffen demnach „wesentliche Punkte“ im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, wenn diese Punkte in der konkreten Planungssituation abwägungsbeachtlich waren, d.h. der planenden Stelle entweder bekannt waren oder wegen ihrer Bedeutung von Amts wegen erkennbar sein mussten (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899). Auch der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Ermittlungs- und Bewertungspflicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB stimmt mit dem Zeitpunkt der „übrigen“ Abwägungspflicht nach § 1 Abs. 7 BauGB überein; in beiden Fällen ist nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf den Zeitpunkt der - entscheidenden - Beschlussfassung über die Satzung abzustellen (Urteile des Senats vom 06.05.2009 und vom 09.06.2009, jeweils a.a.O.).
87 
Die Antragsgegnerin hat dem Gebot des § 2 Abs. 3 BauGB einer hinreichenden Ermittlung und Bewertung der bei Verwirklichung der Planung betroffenen Belange genügt und ihr ist auch kein sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang unterlaufen.
88 
a) Ohne Erfolg rügen die Antragsteller, die Antragsgegnerin habe in ihrer Planung nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, in welche Straßengruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 StrG der Weilerweg zukünftig gehören soll.
89 
Die zutreffende Einordnung der geplanten Straße in die ihrer Verkehrsbedeutung entsprechende Straßengruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 StrG ist für die von der Antragsgegnerin vorzunehmende Abwägung von entscheidender Bedeutung. Sie ist unerlässlich, um die von der Planung betroffenen privaten und öffentlichen Belange richtig einschätzen und gewichten zu können. Denn sie hat wesentliche Auswirkungen auf die tatsächliche und rechtliche Betroffenheit der Eigentümer der in der Straßentrasse liegenden Grundstücke sowie der Straßenanlieger - z.B. unter dem Gesichtspunkt der Anbaubeschränkungen nach § 22 StrG -, aber auch für die Frage, wer als Straßenbaulastträger (vgl. §§ 9 und 43 StrG) die Kosten für den Bau und die Unterhaltung der Straße zu tragen hat (vgl. BayVGH, Urteil vom 08.08.2001 - 8 N 00.690 -, NVwZ-RR 2002, 257; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.11.1996 -1 C 12272/94 -, juris Rn. 21). Eine Gemeinde muss sich daher bei der Planung einer Straße darüber selbst im klaren sein und es auch zutreffend in der Planung zum Ausdruck bringen, in welche Straßengruppe die künftige Straße gehören soll (vgl. VGH Baden-Württ., Urteil vom 25.04.2007 - 5 S 2243/07 -, NuR 2007, 685).
90 
Der Einwand der Antragsteller, es liege insoweit ein Ermittlungsdefizit vor, ist nach Vorlage der ergänzenden Unterlagen ausgeräumt. Wie oben ausgeführt, belegen diese, dass umfangreiche Abstimmungen der Planung zwischen der Antragsgegnerin und dem Landkreis stattgefunden haben, dem stets klar war, dass der Weilerweg nach seinem Ausbau die Bedeutung einer Kreisstraße erlangen soll. Aus dieser engen Abstimmung, über die der Bürgermeister der Antragsgegnerin in der Sitzung des Gemeinderates vom 16.11.2007 berichtete, und den Ausführungen in der Begründung zum Bebauungsplan ergibt sich für den Senat mit hinreichender Deutlichkeit, dass auch dem Gemeinderat der Antragsgegnerin bewusst war, dass die Planung auf den Ausbau des Weilerwegs zu einer Straße gerichtet ist, die die Bedeutung einer Kreisstraße erlangen soll. Diese Absicht hat er hinreichend deutlich in der Planung zum Ausdruck gebracht, wie die oben unter 1. c) zitierten Teile der Begründung belegen.
91 
b) Die weitere Rüge der Antragsteller, die Bewältigung der Verkehrsproblematik sei fehlerhaft, greift ebenfalls nicht durch.
92 
aa) Die Vorwürfe der Antragsteller, das der Planung zugrunde liegende Verkehrskonzept bewirke eine bloße Umverteilung von Verkehrsbelastungen auf gleichermaßen schützenswerte Straßenzüge und ziehe zusätzlichen Verkehr von der B 293 an, treffen nicht zu.
93 
(1) Der Ausbau des Weilerweges ist Teil des Verkehrskonzepts der Antragsgegnerin. Dieses sieht nicht nur den Ausbau des Weilerwegs sondern unter anderem auch den Bau einer Bahnunterführung zwischen der nördlich der Bahnlinie gelegenen Zeppelinstraße und dem südlich der Bahnlinie verlaufenden Weilerweg sowie eine teilweise Verkehrsverlagerung durch verkehrslenkende Maßnahmen von der Kernstadt auf den Bereich der Zeppelinstraße vor (Planfall 7). Das Verkehrsgutachten geht einerseits bereits für den Planfall 1F (Ausbau des Weilerweges zuzüglich verkehrslenkender Maßnahmen in der Innenstadt) von einer Zunahme der Verkehrsbelastung auf der Zeppelinstraße gegenüber dem Planfall 0 um mehr als 50 % aus (von durchschnittlich täglich 1.959 Kfz auf 3.050 Kfz). Zu einer massiven Zunahme wird es schließlich nach Umsetzung des Planfalls 7 kommen. Für diesen Fall wird eine Zunahme auf durchschnittlich täglich 6.300 Kfz, d.h. um mehr als 200 % gegenüber dem Planfall 0 prognostiziert. Andererseits wird die Innenstadt gegenüber dem Planfall 0 entlastet: um 47 % im Planfall 1F (von durchschnittlich täglich 10.100 Kfz auf 5.300 Kfz) und um 48,5 % im Planfall 7 (auf 5.200 Kfz täglich). Beim Bahnübergang Heilbronner Straße beträgt die Entlastung (gegenüber dem Planfall 0) 31 % im Planfall 1F (von durchschnittlich täglich 16.800 Kfz auf 11.500 Kfz) und 88 % im Planfall 7 (auf 4.000 Kfz pro Tag).
94 
Die Zunahme des Verkehrsaufkommens auf der Zeppelinstraße wird somit zu einer Entlastung der Innenstadt führen. Allerdings wird der Verkehr nicht vollständig verlagert. Vielmehr verbleibt sowohl im Planfall 1F als auch im Planfall 7 ein ganz erheblicher Teil des Verkehrs in der Innenstadt (Reduzierung von 10.100 Kfz auf 5.300 Kfz bzw. 5.200 Kfz pro Tag). Einen (Groß-)Teil des in der Innenstadt wegfallenden Verkehrs nimmt die Zeppelinstraße auf. Der Gesamtverkehr wird aber - wie auch die Antragsgegnerin vorträgt - auf mehrere Netzelemente verteilt. Dies war auch Planungsziel. Ein solches Ziel der Umlenkung lokaler Verkehrsströme ist legitim (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.01.2008 - 9 A 27.06 -, NVwZ 2008, 678). Von einer bloßen Umverteilung des Verkehrs kann dagegen angesichts der prognostizierten Verkehrsbelastungen für die betroffenen Straßenzüge - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht gesprochen werden.
95 
Darüber hinaus spricht wenig dafür, dass - wie die Antragsteller meinen -, die den Verkehr zukünftig aufnehmenden Straßenzüge gleichermaßen schutzwürdig sind. Bisher wird der Verkehr durch den Stadtkern Schwaigerns geleitet, der dicht bebaut ist. Die Strecke weist drei 90-Grad-Kurven auf. Demgegenüber handelt es sich bei der Zeppelinstraße um eine fast geradlinig in Nord-Süd-Richtung verlaufende Straße. Die daran angrenzenden Grundstücke sind ausweislich des Luftbildes und des Bebauungsplans deutlich lockerer bebaut als die Innenstadtbereiche. Teilweise befinden sich entlang der Straße auch noch größere Freiflächen. Die an die Zeppelinstraße angrenzenden Grundstücke werden nicht nur zu Wohnzwecken genutzt, sondern dienen auch gewerblichen Zwecken, wie schon die Nutzung der den Antragstellern zu 3 gehörenden Grundstücke ... ... und ... ... (Ecke ...) zeigt.
96 
(2) Die von den Antragstellern behauptete Anziehungswirkung des ausgebauten Weilerwegs für Verkehr von der B 293 ist nicht zu erkennen. Die B 293 verläuft nördlich von Schwaigern in Ost-West-Richtung und somit parallel zum Weilerweg, der im Süden der Stadt verläuft. Die A 6 verläuft ebenfalls nördlich Schwaigerns. Die Anschlussstellen Sinsheim-Steinsfurt und Bad Rappenau werden über Landes- und Kreisstraßen angefahren, die von der B 293 nach Norden abzweigen. Südlich von Schwaigern befinden sich keine größeren Städte oder Straßen, insbesondere keine Autobahnen oder Bundesstraßen. Die nächste größere Stadt ist Heilbronn; sie liegt 15 km entfernt, allerdings in östlicher Richtung. Bei dieser Sachlage ist nicht zu erkennen, welche Anziehungskraft ein ausgebauter Weilerweg auf den Verkehr der B 293 haben könnte. Er bietet keine kürzere oder schnellere Alternative für den Verkehr auf der B 293 und stellt auch keine Verbindung zu einer anderen übergeordneten Straße oder einer größeren Stadt her.
97 
bb) Die Antragsteller rügen ferner zu Unrecht, die Antragsgegnerin hätte bei ihrer Abwägung berücksichtigen müssen, dass auf dem ausgebauten Weilerweg auch höhere Geschwindigkeiten als 50 km/h gefahren werden. Diese Geschwindigkeit war den schalltechnischen Berechnungen zugrunde gelegt worden. Sie soll durch das Aufstellen einer Ortstafel auf Höhe des Grundstücks Flst.-Nr. ..., ... ... sichergestellt werden. Bereits am 16.10.2006 wurde darum in einem Schreiben der Antragsgegnerin an das Straßenbauamt des Landratsamtes Heilbronn gebeten. In Anbetracht des Bebauungsplanverfahrens „Mühlpfad I“, das seit dem 24.10.2008 abgeschlossen ist, und dem noch in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan „Herrengrund“ erscheint diese Planung realistisch und durchführbar. Denn durch beide Bebauungsplanverfahren wird das bislang dem Außenbereich zuzurechnende Gebiet südlich der Bahnlinie zum Wohngebiet. Der Weilerweg wird daher zukünftig entlang dieser Baugebiete verlaufen, so dass er auch optisch innerhalb einer „geschlossenen Ortslage“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 StrG liegt. Die Vorschrift definiert den Begriff der „geschlossenen Ortslage“ als den Teil des Gemeindegebiets, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist.
98 
Auf der Basis dieser nicht zu beanstandenden Planungen wurde die zu erwartende Lärmbelastung berechnet. Grundlage hierfür waren die RLS-90. Dies ist rechtlich korrekt. Die RLS-90 sind durch die 16. BImSchV als anzuwendendes Rechenverfahren eingeführt. Die Antragsteller rügen jedoch, „die formale Argumentation mit der RLS-90 führe zu einer Vernachlässigung der aufgrund des Bebauungsplans tatsächlich ermöglichten Lärmbelastungen“. Soweit sie damit zum Ausdruck bringen wollen, dass unter Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auch höhere Geschwindigkeiten gefahren werden können, dringen sie damit nicht durch. Denn die Antragsgegnerin war von Rechts wegen nicht verpflichtet, bei den Berechnungen solche Normübertretungen in Rechnung stellen. Dies gilt umso mehr, als die geplante Breite und der Ausbauzustand des zukünftigen Weilerwegs solche Normübertretungen „auf breiter Front“ nicht nahe legen - etwa weil die Straße nach ihrem optischen Eindruck zum „Schnellerfahren“ verleiten würde.
99 
cc) Der Einwand der Antragsteller, die Antragsgegnerin hätte berücksichtigen müssen, dass durch die Kreisverkehre verstärkte Abbrems- und Beschleunigungsgeräusche auftreten, trifft nicht zu. Der Lärmgutachter verweist in seiner Stellungnahme vom 15.09.2009 zum einen darauf, dass die den Berechnungen zugrunde gelegten RLS-90 eine Berücksichtigung von Abbrems- und Anfahrvorgängen an nicht signalgesteuerten Kreuzungen nicht vorsehen. Zum anderen sei davon auszugehen, dass die Geräuschentwicklung, die sich beim Beschleunigen ergebe, kompensiert werde durch die gegenüber der zulässigen Höchstgeschwindigkeit insgesamt geminderte Geschwindigkeit im Kreuzungsbereich. Er verweist insoweit auf eine Studie des Fraunhofer Instituts aus dem Jahr 2003, wonach die Pegelwerte im Einwirkungsbereich eines Kreisverkehrs um rund 3 dB(A) niedriger seien als bei „konventionellen“ Kreuzungen. Diese Ausführungen sind nachvollziehbar und plausibel; sie werden von den Antragstellern auch nicht in Frage gestellt. Die Antragsteller sind jedoch der Meinung, die Antragsgegnerin hätte gleichwohl eine „ordnungsgemäße Abwägung des Einzelfalls“ vornehmen müssen. Dies ist jedoch erfolgt, denn die Antragsgegnerin hat die für die geplante Straße ordnungsgemäß berechneten Lärmwerte ihrer Abwägung zugrunde gelegt. Mehr können die Antragsteller nicht verlangen.
100 
dd) Die Antragsteller rügen weiter ohne Erfolg, die Erschließung der neuen Baugebiete werde in unzulässiger Weise in den Bebauungsplan „Weilerweg“ verlagert, obwohl sie durch die Bebauungspläne „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ gelöst werden müssten. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Plangeber mit dem Ausbau des Weilerweges nicht nur die Schaffung einer neuen zügigen Ost-West-Verbindung beabsichtigt, sondern zugleich eine verkehrliche Erschließung der beiden neuen Baugebiete schaffen will. Beides sind zulässige Planungsziele. Sie können miteinander verknüpft werden, ohne dass dadurch neue Konflikte entstünden. Der Plangeber war daher nicht gezwungen, die Lösung der Erschließungsproblematik für die neuen Baugebiete den Bauleitplanungen für diese Gebiete vorzubehalten. Dies gilt umso mehr, als es sich dabei nicht nur um vage Planungsabsichten, sondern um zwei konkrete Planungsverfahren handelt, wovon eines bereits zum Abschluss gebracht worden ist.
101 
ee) Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat eine ordnungsgemäße Alternativenprüfung stattgefunden. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat in nicht zu beanstandender Weise der gewählten Trassenvariante den Vorzug vor den übrigen Varianten gegeben; er hätte nicht die von den Antragstellern favorisierte Variante auswählen müssen.Der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung die Vorstellungen der Antragsteller hierzu erläutert. Danach dränge sich der Bau einer Bahnunterführung an der Neipperger Straße und die Erschließung der neuen Baugebiete über eine Straße auf, die südlich der Baugebiete oder auch inmitten der Baugebiete verlaufe und in die Neipperger Straße münde. Diese Vorstellungen entsprechen hinsichtlich der Bahnunterführung der Variante I bzw. dem in der Verkehrsprognose des Planungsbüros ... vom Februar 2002 untersuchten Planfall 6. Er sieht die Sperrung des Bahnübergangs, den Bau einer neuen Bahnunterführung östlich des Bahnhofs, den Ausbau und die Verlängerung des Weilerwegs bis zur Stettener Straße sowie Restriktionen auf der Mozartstraße/Heilbronner Straße/Uhlandstraße, d.h. der bisherigen Ortsdurchfahrt vor. Hinsichtlich der Erschließung der Baugebiete über eine südlich der neuen Baugebiete verlaufende Straße entsprechen die Vorstellungen der Antragsteller der Variante A.
102 
Die Auswahl unter verschiedenen in Betracht kommenden Trassenvarianten ist als Abwägungsentscheidung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur begrenzt gerichtlicher Kontrolle zugänglich. Eine planende Gemeinde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer "besseren" Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit sind bei der Auswahl zwischen verschiedenen Trassenvarianten erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.01.2008 - 9 A 27.06 -, NVwZ 2008, 678). Das ist hier nicht der Fall.
103 
Mit der von den Antragstellern favorisierten Linienführung hat sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin im Rahmen des ergänzenden Verfahrens abwägend auseinandergesetzt. In der Begründung zum Bebauungsplan ist dargelegt, dass die Trassenvariante D besser geeignet ist, die Planungsziele zu erreichen. Gegen die Variante I, die eine Bahnunterführung an der Neipperger/Heilbronner Straße vorsieht, sprach aus Sicht des Gemeinderates insbesondere, dass durch die Aufhebung des schienengleichen Bahnübergangs im Zuge der Heilbronner Straße ein wesentliches verkehrlich-städtbauliches Oberziel verlassen werde. Durch die nördlich der Bahnlinie für eine Bahnunterquerung erforderlichen Parallelrampensysteme südlich der Stettener Straße bzw. der Mozartstraße entstünden städtebaulich unbefriedigende Additionen von Verkehrswegen mit unterschiedlichem Trassenniveau. Hierzu seien Eingriffe in Bahnanlagen und in die aktuell vorhandene Bausubstanz erforderlich. Die Trassenvariante I sei deutlich teurer als die Variante D. Außerdem entstünde eine verwinkelte und umwegige Linienführung der Trasse durch die erforderliche Bahnunterquerung.
104 
Auch die - bahnferne - Trassenvariante A hat der Gemeinderat bewertet. Er kam zu dem Ergebnis, dass sie gegenüber der Variante D nicht vorzugswürdig ist. Gegen die Variante A sprach aus seiner Sicht insbesondere, dass ein städtebaulich nicht zu vertretender Freiraum zwischen künftiger baulicher Entwicklung im Süden und der Innenstadt und ein erheblicher Mehrbedarf an Grundstücksfläche - einhergehend mit eklatanten Mehrkosten für den Grunderwerb - entstünden. Darüber hinaus erfordere die Überquerung des Rohnsbaches einen erheblichen Eingriff in besonders geschützte Gebiete nach § 32 LNatSchG und in das dort festgesetzte Landschaftsschutzgebiet. Im Bereich westlich des Rohnsbaches würden landwirtschaftliche Nutzflächen in hohem Umfang verbraucht und durch Zerschneidung der Grundstücke erhebliche Bearbeitungserschwernisse verursacht.
105 
Die Trassenvariante D ist zwar auch nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht nachteilsfrei. Sie verursache u.a. im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 Eingriffe in bebaute Grundstücksflächen. Deren Garage werde Nutzungseinschränkungen ausgesetzt sein. Außerdem werde die Lärmbelastung bestehender Wohngebäude verstärkt. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin gleichwohl dieser Variante den Vorzug vor den Varianten A und I gab. Denn deren dargestellte Nachteile sind nachvollziehbar und sie sind jedenfalls so gewichtig, dass sich keine dieser Varianten und auch keine Kombination dieser Varianten, in der Form, wie sie sich die Antragsteller vorstellen, dem Gemeinderat der Antragsgegnerin aufdrängen musste. Dagegen sprechen für die ausgewählte Trassenvariante D gute Gründe, insbesondere die Bündelung von verschiedenen Verkehrsarten (Straße und Schiene), der geringere Verbrauch bislang landwirtschaftlich genutzter Außenbereichsflächen sowie die Höhe der Kosten.
106 
ff) Die Antragsteller rügen den Prognosehorizont 2015 als zu kurz und sind der Auffassung, die Lenkung des Schwerlastverkehrs könne auch mit straßenverkehrsrechtlichen Mitteln erfolgen. Beides trifft nicht zu.
107 
(1) Für die rechtliche Beurteilung des der Lärmberechnung zugrunde liegenden Prognosehorizonts kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses an. Der Prognosezeitraum ist dann zu beanstanden, wenn er auf unsachlichen Erwägungen beruht oder er von vornherein ungeeignet erscheint (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.03.2007 - 9 C 2.06 -, juris Rn. 20 und Beschluss vom 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rn. 23 f.). Unsachliche Erwägungen, die zur Wahl des Prognosehorizonts 2015 geführt hätten, sind im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Insbesondere geben die Akten keinen Anhaltspunkt dafür, dass absichtlich ein kurzer Prognosehorizont gewählt worden wäre, um den Umfang der erforderlichen Lärmschutzmaßnahmen möglichst gering zu halten. Der entsprechende Vorwurf der Antragsteller ist insoweit ins Blaue hinein erhoben worden und lässt sich durch nichts bestätigen.
108 
Der Prognosezeitraum ist auch nicht ungeeignet. Dies wäre dann der Fall, wenn im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bereits verlässlich absehbar wäre, dass die Straße bis zum gewählten Prognosehorizont noch nicht fertiggestellt und in Betrieb genommen sein wird, wenn also von vornherein feststünde, dass der Prognose für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Straße keine Aussagekraft mehr zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.05.2005, a.a.O.). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Zum Zeitpunkt der ursprünglichen Beschlussfassung am 16.11.2007 lag der Prognosehorizont noch acht Jahre entfernt, so dass mit einer Inbetriebnahme der Straße vor dem Erreichen des Prognosehorizonts zu rechnen war. Unabhängig davon entsprach die Wahl der Prognosehorizonts 2015 zu diesem Zeitpunkt der gängigen Praxis, denn auch die „Verkehrsprognose 2015“ des Bundesverkehrsministeriums vom April 2001 stellte auf diesen Zeitraum ab. Die Daten dieser Verkehrsprognose dienten - ebenso wie deren überarbeitete spätere Version - als Grundlage für die Fortentwicklung der Verkehrsplanung im Bund und in den Ländern. Die zwei Tage vor dem Satzungsbeschluss erstellte „Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025“ des Bundesverkehrsministeriums, die den Planungshorizont auf das Jahr 2025 erweiterte, konnte dagegen noch nicht als Grundlage dienen, da sie nicht unmittelbar nach ihrer Erstellung überall zur Verfügung stand.
109 
Aber auch zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren kann von einem ungeeigneten Prognosehorizont nicht ausgegangen werden. Denn die verbleibenden sechs Jahre reichen für den Straßenbau aus. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob die Verschiebung des Prognosehorizonts zu einer nennenswerten Veränderung der Lärmbelastung führen würde. Denn im Gegensatz zu früheren Prognose geht die Verkehrsprognose 2025 von einer sinkenden Bevölkerungszahl aus. Der Anteil der „fahrfähigen Bevölkerung“ (Einwohner über 18 Jahre) wächst nach der Prognose zwar immer noch um 2,3 % und die Pkw-Dichte pro fahrfähigem Einwohner wird um 10 % steigen. Diese Steigerungsraten sind jedoch deutlich geringer als die bis 2015 prognostizierten. Nach der Verkehrsprognose 2015 war noch von einer Erhöhung des Anteils der fahrfähigen Bevölkerung um 6 % und der Pkw-Dichte pro fahrfähigem Einwohner um 14 % auszugehen. Damit einhergehend ist auch ein deutlich geringerer Verkehrslärmzuwachs zu erwarten. Nach der Prognose wird zudem vor allem der Güterfernverkehr sowie im Personenverkehr der Anteil der Urlaubsfahrten besonders steigen. Dagegen wird der Anteil der beruflichen Fahrten nur minimal zunehmen und die Fahrten für Ausbildungs- und Einkaufszwecke sogar zurückgehen. Diese Entwicklung lässt ebenfalls Rückschlüsse auf die Belastungsentwicklung Schwaigerns zu. Denn die von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebene Verkehrsuntersuchung zeigt, dass der Anteil des Durchgangsverkehrs gering, der Anteil des Ziel- und Quellverkehrs dagegen sehr hoch ist. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Antragsteller meinen - zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen erforderlich gewesen wären, wenn auf einen späteren Prognosehorizont abgestellt worden wäre. Dies gilt umso mehr, als der Verkehrsgutachter nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin in seine Berechnungen künftige Entwicklungen in Schwaigern einbezogen hat, die für die Verkehrsmenge von Einfluss sind. Dazu zählen insbesondere die Besiedelung der beiden Baugebiete „Mühlpfad I“ und „Herrengrund“ sowie die Erweiterung des „Handelshofes“.
110 
Der von den Antragstellern als Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung zitierte ADAC-Bericht aus dem Jahr 2008 führt zu keinem anderen Ergebnis. Er gibt in weiten Teilen die beiden oben genannten Prognosen des Bundesverkehrsministeriums wieder und befasst sich mit dem Fernverkehr - vor allem mit dem Güterfernverkehr -, wie beispielsweise die Grafiken auf den Seiten 4, 5 und 7, insbesondere aber auch das Fazit des Berichts zeigen. Als Beleg für eine bis 2025 zu erwartende erhebliche Steigerung des innerörtlichen Verkehrs in Schwaigern ist er damit nicht geeignet.
111 
Der gesamte überörtliche Verkehr, der Schwaigern auf der B 293 passiert, hat sich im Übrigen von 2002 bis 2008 nicht wesentlich verändert. Dies belegen die von der Antragsgegnerin vorgelegten Auswertungen der automatischen Straßenverkehrszählung an der B 293 auf Höhe Schwaigern. Die Jahresmittelwerte bezogen auf sämtliche Kraftfahrzeuge an sämtlichen Wochentagen bewegen sich zwischen ca. 9900 und 10800 Fahrzeugen, wobei die Zahl der Fahrzeuge im Jahr 2007 mit ca. 10800 am höchsten war. Im Jahr 2008 ging sie zurück auf ca. 10200. Der Anteil des Schwerlastverkehrs erhöhte sich dagegen stärker. Er bewegte sich zwischen 665 und 1050 Fahrzeugen, wobei er wiederum 2007 seinen höchsten Stand erreichte und 2008 wieder auf 820 Fahrzeuge zurückging. Diese Zahlen belegen zum einen, dass die Antragsgegnerin zu Recht nicht von einer zu erwartenden wesentlichen Veränderung der Verkehrszahlen ausging. Denn die Gesamtverkehrszahlen haben sich innerhalb von acht Jahren nur um ca. 3 % erhöht; selbst bezogen auf das verkehrsreiche Jahr 2007 liegt nur eine Erhöhung um 9 % vor. Dies zeigt, dass die Verkehrszunahme in Schwaigern nicht höher liegt als im Bundesdurchschnitt, sondern niedriger. Die Zahlen belegen aber zum anderen auch die Gültigkeit der Aussagen in den Prognosen der Bundesverkehrsministeriums und des ADAC für die Gemarkung Schwaigern, dass nämlich der überörtliche Schwerverkehr erheblich zugenommen hat und wohl auch weiter zunehmen wird. Letzteres ist aber für die Frage, ob im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens „Weilerweg“ von zutreffenden Verkehrszahlen ausgegangen wurde, angesichts des auf den maßgeblichen Straßen überwiegenden Ziel- und Quellverkehrs ohne wesentliche Bedeutung.
112 
(2) Der Senat ist des Weiteren mit der Antragsgegnerin der Auffassung, dass eine Lenkung des Schwerlastverkehrs ausschließlich mit straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen nicht möglich ist. Insbesondere erscheint die Vorstellung der Antragsteller nicht realistisch, der aus Süden über die Neipperger Straße kommende Verkehr mit Ziel B 293 könne zunächst über die Heilbronner Straße (K 2160) nach Osten geführt werden, um bei Leingarten auf die B 293 einzumünden. Dies bedeutete eine Sperrung der durch Schwaigern in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Kreisstraße K 2152 sowie von Teilen der K 2160 für den überörtlichen Verkehr, was deren Bedeutung als vorwiegend dem überörtlichen Verkehr zwischen zwei benachbarten Kreisen oder innerhalb eines Kreises dienende Straßen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 StrG) zuwiderlaufen würde.
113 
c) Der Bebauungsplan weist auch keine Fehler im Abwägungsvorgang zu Lasten der Antragstellerin zu 1 auf.
114 
aa) Die Rüge, die Antragsgegnerin habe die Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin zu 1 falsch eingeschätzt, greift nicht durch. Die Antragsgegnerin hat ihrer Abwägung zu Recht die Außenbereichseigenschaft des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 zugrunde gelegt.
115 
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist auch bei seiner erneuten Abwägung der betroffenen Belange im Rahmen des ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB davon ausgegangen, dass das Grundstück der Antragstellerin zu 1 im Außenbereich liegt; hilfsweise hat er einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB unterstellt und das Gebiet als Misch-/Dorfgebiet eingestuft. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren am 23.01.2009 war bereits der Bebauungsplan „Mühlpfad I“ in Kraft, der auch das Grundstück der Antragstellerin zu 1 erfasst. Er setzt für das Grundstück der Antragstellerin zu 1 ein allgemeines Wohngebiet fest. Durch den Bebauungsplan „Mühlpfad I“ entsteht somit ein Konfliktpotential, da sich aufgrund dieser Festsetzung die Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin zu 1 gegenüber dem Verkehrslärm erhöht. Dieser Konflikt ist jedoch in diesem Bebauungsplan zu lösen. Ob dies gelungen ist, kann im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden, sondern kann allenfalls Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens gegen den Bebauungsplan „Mühlpfad I“ sein. Ohne Bedeutung ist insoweit, dass am 23.01.2009 der Satzungsbeschluss im ergänzenden Verfahren zum Bebauungsplan „Weilerweg“ erging. Wiederholt eine Gemeinde - zumindest teilweise - die Abwägungsentscheidung und die Beschlussfassung im ergänzenden Verfahren, hat sie die Möglichkeit - und auch die Pflicht -, neu eingetretene Umstände bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. zum anders gelagerten Fall einer bloßen Wiederholung der Ausfertigung BVerwG, Beschluss vom 12.03.2008 - 4 BN 5.08 -, BauR 2008, 1417). Zu den zu berücksichtigenden neuen Umständen zählt aber im vorliegenden Fall nicht die geänderte Qualität der Schutzwürdigkeit der Antragstellerin. Denn dieses - neue - Maß der Schutzwürdigkeit ist - wie oben dargelegt - im Bebauungsplanverfahren „Mühlpfad I“ zu berücksichtigen. Die Forderung nach einer Konfliktlösung auch im Bebauungsplanverfahren „Weilerweg“ würde die Forderung nach einer gleichsam doppelten Konfliktbewältigung bedeuten.
116 
Die für das Außenbereichsgrundstück der Antragstellerin zu 1 maßgeblichen Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 der 16. BImSchV von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts werden nicht überschritten. Nach Teil 2/8 der schalltechnischen Berechnungen vom 11.04.2007 beträgt die höchste Lärmbelastung am Gebäude der Antragstellerin zu 1 im Planfall 1F tagsüber 63 dB(A) und nachts 53 dB(A). Die gleichen Werte hat der Gutachter für den Planfall 7 errechnet. Diese Berechnungen sind nicht deshalb fehlerhaft, weil ihnen falsche Annahmen über die Menge und Art der Fahrzeuge zugrunde gelegt worden wären, die die neue Trasse des Weilerweges nutzen werden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter b) verwiesen werden.
117 
bb) Die Antragsteller rügen des Weiteren zu Unrecht, die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend ermittelt und bewertet, dass die verkehrliche Erschließung des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 mehrfach geändert werden muss.
118 
Auf der Ebene der vorgelagerten Pflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB hat die planende Gemeinde vor Erlass eines Bebauungsplans die Betroffenheit von Eigentümern, deren Flächen in Anspruch genommen werden sollen, umfassend und gründlich zu ermitteln und zu bewerten. Dies betrifft zunächst den Umfang und die Verteilung der Flächeninanspruchnahme, sodann die Auswirkungen auf den Zuschnitt und die Nutzung der verbleibenden Grundstücke sowie deren etwaige Wertminderungen. Darüber hinaus bleibt zu prüfen, welche baulichen Veränderungen (z.B. Rückbauten) und sonstigen Maßnahmen auf den betroffenen Grundstücken erforderlich wären und welche Ausgleichsmaßnahmen gegebenenfalls hieraus resultieren könnten. Die Notwendigkeit künftiger Enteignungen ist bei der Ermittlung ebenso in den Blick zu nehmen wie die Auswirkungen veränderter Verkehrsführungen auf die betroffenen Anlieger (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 31.07.2008 - 1 C 10193/08 -, juris).
119 
Diesen Verpflichtungen ist die Antragsgegnerin nachgekommen. Sie hat erkannt, dass zunächst durch den Bebauungsplan „Weilerweg“ eine Änderung der Zufahrt notwendig wird und diese Zufahrt wegen der Planung des neuen Baugebiets „Mühlpfad I“ erneut geändert werden muss. Auch hat sie berücksichtigt, dass die Aufrechterhaltung einer bestimmten Zufahrtsmöglichkeit zu den abwägungserheblichen Belangen zählt. Sie hat des Weiteren in ihre Erwägungen eingestellt, dass es sich um einen gewichtigen Eingriff in die bestehenden Verhältnisse auf dem Grundstück handelt. In der Begründung zum Bebauungsplan hat sie dazu ausgeführt: „Die durch die Planung vorgesehene Zufahrt von Westen bedingt eine tiefgreifende Neuordnung der inneren Erschließung und Nutzungsstruktur des Grundstück und geht mit weiteren Eingriffen in den Gartenbereich (mit zum Teil altem Baumbestand und ausgeprägtem sonstigen Bewuchs) einher“. Auf Seite 67/68 heißt es weiter, das schutzwürdige Interesse der betroffenen Eigentümer u.a. am Fortbestand der Grundstücksordnung sei mit hohem Gewicht zu berücksichtigen; dies gelte insbesondere für die bebauten Grundstücke ... ..., ..., ... und .... Die Antragsgegnerin hat gleichfalls erkannt, dass die Beeinträchtigungen insbesondere durch Entschädigungsleistungen auszugleichen sind. Über die Höhe dieser Entschädigungsleistungen liegen zwar keine konkreten Kostenschätzungen vor; auch die Kostenschätzung der Trassenvarianten vom 14.09.2005 (Anlage 7 zur Begründung zum Bebauungsplan) berücksichtigt diese Kosten nicht. Darin sind nur die Kosten für den notwendig werdenden Grunderwerb enthalten. Dies stellt jedoch keinen Ermittlungsfehler im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB dar, weil die planbedingt notwendig werdenden Entschädigungsleistungen für andere Grundstücksbeeinträchtigungen im Verhältnis zu den Gesamtkosten nur einen äußerst geringen Bruchteil ausmachen. Zum einen werden nur vier Grundstücke betroffen (... ..., ..., ... und ...) und zum anderen beschränkt sich das Ausmaß der Betroffenheit auf Einzelaspekte der Grundstücksnutzung, wie z.B. die Verlegung der Zufahrt, die Änderung der inneren Erschließung oder die Nutzung der Vorgärten), ohne die Gesamtnutzung des Grundstücks in Frage zu stellen.
120 
cc) Die Antragsteller rügen gleichfalls ohne Erfolg, statt der vorgesehenen Böschung im nordwestlichen Bereich des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 habe als milderes Mittel die Fortführung der Stützwand vorgesehen werden müssen, da hierfür weniger Fläche in Anspruch genommen werden müsse. Zudem sei ein im Plan grün eingefärbter Bereich zwischen der Straßen- und der Böschungsfläche vorgesehen, dessen Funktion und Notwendigkeit nicht ersichtlich sei, der aber zu weiterem Flächenverlust führe.
121 
Die Antragsgegnerin hat - wie sich aus der Begründung zum Bebauungsplan ergibt - das Problem des Flächenbedarfs für die Böschung erkannt und sich abwägend damit auseinandergesetzt, ob stattdessen die Stützwand weiterzuführen sei. Sie hat sich gegen die Verlängerung der Stützwand entschieden, da dies nur zu einer Reduzierung des Flächenbedarfs um 40 m 2 geführt hätte, dem aber Mehrkosten in Höhe vom 66.000,-- EUR gegenüber gestanden hätten. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, die Belastungen der Antragstellerin zu 1 auf das - absolut gesehen - geringste Maß zu beschränken. Nach § 1 Abs. 7 BauGB hat sie vielmehr die widerstreitenden Interessen bzw. öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. In Anbetracht des relativ geringen Flächenminderbedarfs für eine Stützwand war es nicht abwägungsfehlerhaft, das Interesse der Antragstellerin zu 1 hinter das öffentliche Interesse an einer möglichst sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel zurücktreten zu lassen.
122 
Die Bedeutung des von den Antragstellern als funktionslos bemängelten grün eingezeichneten Bereichs zwischen Straßen- und Böschungsfläche hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar erläutert. Sie hat darauf verwiesen, dass er als Sicherheits- und Sichtraum, als Notgehweg und als Arbeitsraum bei der Straßenunterhaltung erforderlich ist und zwar unabhängig davon, ob eine Stützwand oder eine Böschung errichtet wird. Insoweit liegt daher kein Ermittlungs- oder Bewertungsfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor.
123 
d) Die Antragsgegnerin hat auch die Belange der Antragstellerin zu 2 im Hinblick auf deren Anspruch auf Schutz vor Lärmimmissionen fehlerfrei ermittelt und bewertet.
124 
Die schalltechnischen Berechnungen gelangen für das außerhalb des Plangebiets liegende Grundstück der Antragstellerin zu 2 zwar zu einer Veränderung der Lärmsituation, sehen aber keine Veränderung, die zu einer Gesundheitsgefahr führt, weil die entsprechenden Lärmwerte nicht erreicht werden. Schallschutzmaßnahmen zu Gunsten dieses Grundstücks wurden nicht getroffen. Die Antragstellerin zu 2 rügt, dass passive Schallschutzmaßnahmen zwar geprüft, aber nicht festgesetzt worden seien.
125 
Diese Rüge führt schon deshalb nicht zum Erfolg des Antrags, weil ein Bebauungsplan für außerhalb des Plangebiets gelegene Gebäude keine passiven Schallschutzmaßnahmen festsetzen kann (VGH Baden-Württ., Urteil vom 22.07.1997 - 5 S 3391/94 -, NVwZ-RR 1998, 325). Ein außerhalb des Plangebiets notwendig werdender passiver Schallschutz nötigt aber auch nicht zu einer Ausweitung des Plangebietes, um die Festsetzungsmöglichkeit zu erlangen. Denn die Gemeinde muss regelmäßig auch im Plangebiet nicht auf das Instrumentarium zur Festsetzung passiven Schallschutzes nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB zurückgreifen, sondern kann dessen Regelung dem Verfahren nach § 42 BImSchG überlassen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 16.10.2002 - 8 C 11774/01 -, BauR 2003, 351).
126 
Unabhängig davon hat die Antragstellerin zu 2 keinen Anspruch auf Lärmschutz nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht einem Lärmbetroffenen ein Anspruch auf Lärmschutz nach dieser Vorschrift grundsätzlich nur zu, wenn gerade von der neuen oder geänderten Straße Verkehrslärm ausgeht, der den nach § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwert überschreitet. Der hierfür maßgebende Beurteilungspegel ist nicht als „Summenpegel“ unter Einbeziehung von Lärmvorbelastungen durch bereits vorhandene Verkehrswege zu ermitteln. Allerdings dürfen die Vorbelastung und die zusätzliche Lärmbeeinträchtigung nicht zu einer Gesamtbelastung führen, die eine Gesundheitsgefährdung darstellt (Urteil vom 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, BauR 2001, 900 und Urteil vom 21.03.1996 - 4 C 9.95 -, BVerwGE 101, 1).
127 
Die Antragsgegnerin hat die Lärmbetroffenheit der Antragstellerin zu 2 ermittelt. Der Gutachter hat berechnet, dass es planbedingt zu einer Lärmverlagerung kommen wird, denn ein Teil des Verkehrs, der derzeit nördlich des Grundstücks verläuft, wird zukünftig auf den südlich des Grundstücks verlaufenden Weilerweg verlagert werden. Im Norden wird es daher zu einer Verbesserung der Lärmsituation kommen, im Süden dagegen zu einer Verschlechterung. Die ausschließlich durch den Ausbau des Weilerweges ausgelösten Lärmveränderungen wurden nicht ermittelt; es liegen insoweit nur Berechnungen über den Gesamtlärmpegel aus Schienen- und Straßenverkehr vor (Teil 2/9 der schalltechnischen Berechnungen). Der ausschließlich dem Straßenverkehrslärm zuzurechnende Lärm wurde jedoch für den Planfall 7 berechnet (Teil 2/5 der schalltechnischen Berechnungen). Dabei ergaben sich keine Pegelwerte, die die für ein Mischgebiet geltenden Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV von 64 dB(A) am Tag und 54 dB(A) in der Nacht überschritten. Der höchste berechnete Wert entsteht im Dachgeschoss auf der Südseite des Hauses der Antragstellerin zu 2 mit 58 dB(A) tags und 48 dB(A) nachts. Da der Planfall 7 nach dem Verkehrsgutachten zu einer Verkehrszunahme und damit zu einer Erhöhung der Lärmbelastung gegenüber dem Planfall 1F und damit erst recht gegenüber dem alleinigen Ausbau des Weilerweges führen wird, ist ausgeschlossen, dass der bloße Ausbau des Weilerweges die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten wird. Ein Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen besteht daher nicht.
128 
Die Lärmbelastung wird auch die Schwelle zur Gesundheitsgefährdung nicht überschreiten. Dies belegt Teil 2/9 der schalltechnischen Berechnungen der Antragsgegnerin. Der Schwellenwert für eine Gesundheitswertgefährdung wird allgemein bei einem Lärmpegel von 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht angenommen (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, NVwZ 2009, 1498). Die genannten Werte werden nicht überschritten. Ungeachtet der methodischen Schwierigkeiten bei der Berechnung eines Summenpegels aus Verkehrs- und Gewerbelärm, die bedingt sind durch die unterschiedlichen Methoden der Pegelermittlung, hat der Lärmgutachter einen solchen im Sinne eines „worst-case-Szenarios“ berechnet. Er hat dabei ein zweistufiges Verfahren gewählt. Zunächst wurde unterstellt, dass der Gewerbelärm die Richtwerte der TA-Lärm nicht übersteigt. In diesem Fall lagen die Summenpegel aus Gewerbelärm und Verkehrslärm im Planfall 1F und 7 deutlich unter der Schwelle zur Gesundheitsgefahr. In einem zweiten Schritt wurde dann - ausgehend von den Angaben des Anlagenbetreibers über den Ablauf und die Auslastung der Anlage im Kampagnenbetrieb - weitere Pegel berechnet. In diesem Fall überschritten die Pegel des Gewerbelärms an der Westseite des Gebäudes der Antragstellerin zu 2 den Richtwert der TA-Lärm für Mischgebiete nachts um 12 dB(A), an der Nordseite um 7 dB(A). Gleichwohl blieben die Summenpegel nach wie vor unter der Schwelle der Gesundheitsgefährdung, und zwar ebenfalls wieder sowohl im Planfall 1F als auch im Planfall 7.
129 
Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit der Berechnungen zu zweifeln. Auch die Antragsteller ziehen sie nicht substantiiert in Zweifel. Sie sind allerdings der Auffassung, dass es zur Feststellung der Höhe der Gewerbelärmimmissionen einer Messung bedurft hätte, weil - wie der Gutachter einräumt - nur wenig Literatur zum Kampagnenbetrieb vorliegt. Diese Ansicht teilt der Senat nicht. Die Antragsgegnerin musste bei der Ermittlung der Gesamtlärmbelastung nicht jegliche tatsächlichen Lärmimmissionen des Gewerbebetriebes berücksichtigen, sondern nur solche, die sich im Rahmen des bundesimmissionsschutzrechtlich zulässigen Maßes halten. Ansonsten könnte ein rechtswidrig emittierender Betrieb sämtliche weiteren Vorhaben verhindern, die ebenfalls mit Lärmemissionen verbunden sind, obwohl diese bei korrektem Verhalten des vorhandenen Betriebs ohne Überschreitung der Schwelle zur Gesundheitsgefahr umgesetzt werden könnten. Denn das „Lärmkontingent“ wäre bereits ausgeschöpft. Gegen Immissionen, die das zulässige Maß überschreiten, steht der Antragstellerin ein Anspruch auf Einschreiten der zuständigen Behörde gegenüber dem Anlagenbetreiber nach § 17 bzw. § 22 BImSchG zu, denn diese Normen haben drittschützenden Charakter (vgl. Czajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, § 17 BImSchG Rn. 122 und § 22 BImSchG Rn. 79). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass der Lärmgutachter der Antragsgegnerin bei seinen Berechnungen davon ausging, dass die ... ... die maßgeblichen Richtwerte der TA-Lärm einhält. Die sodann aufgrund der Betreiberangaben berechneten Immissionspegel mussten nicht zusätzlich durch Messungen verifiziert werden. Die Berechnungen ergaben an der durch den Gewerbelärm am meisten belasteten Westfassade eine Überschreitung des Richtwertes der TA-Lärm für Mischgebiete um 12 dB(A) in der Nacht. Der Richtwert beträgt 45 dB(A), berechnet wurden 57 dB(A). Die Höhe der Überschreitung deutet bereits darauf hin, dass der Betrieb der ... ... das bundesimmissionsschutzrechtlich zulässige Maß der Emissionen übersteigt. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Antragsgegnerin, dieses Maß im Rahmen der Bauleitplanung zu ermitteln und gegebenenfalls für eine Sanierung der Gewerbelärmsituation bei der Antragstellerin zu 2 zu sorgen, zumal dann nicht, wenn trotz der berechneten erheblichen Überschreitung des Richtwertes der Summenpegel aus Gewerbe- und Verkehrslärm den Schwellenwert zur Gesundheitsgefährdung nicht überschreitet. Die von den Antragstellern wohl erwarteten noch höheren Pegelwerte im Falle einer Lärmmessung würden daher allenfalls - verschärft - die Frage der Gewerbelärmsanierung aufwerfen. Sie würden jedoch nichts an der Einschätzung des Senats ändern, dass die Antragsgegnerin die zu erwartenden Lärmimmissionen am Gebäude der Antragstellerin zu 2 ordnungsgemäß ermittelt und bewertet hat.
130 
e) Der Rüge der Antragsteller, die unterbliebene Festsetzung von Schallschutzmaßnahmen für das Grundstück der Antragsteller zu 3 sei abwägungsfehlerhaft, bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.
131 
Da sich das Grundstück außerhalb des Plangebiets befindet, fehlt es - ebenso wie im Fall der Antragstellerin zu 2 - bereits an der Möglichkeit einer solchen Festsetzung. Unabhängig davon haben die Antragsteller aber auch keinen Anspruch auf Lärmschutz. Ein solcher bestünde nur, falls die Pegelwerte der rein planbedingten Lärmimmissionen die maßgeblichen Grenzwerte der 16. BImSchV überstiegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.2001, a.a.O.). Diese Pegelwerte sind hier zwar nicht berechnet worden. Aufgrund der vorliegenden schalltechnischen Berechnungen und der Ausführungen des Lärmgutachters in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 steht jedoch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Antragsteller zu 3 aufgrund der Verwirklichung des Bebauungsplans „Weilerweg“ keinen Lärmimmissionen ausgesetzt sein werden, die einen Anspruch auf Lärmschutz auslösen.
132 
Nach den schalltechnischen Berechnungen Teil 2/7 A 17 und Teil 2/9 S. 8 wird die Gesamtlärmbelastung am Gebäude ... ... im Planfall 1F zwar um bis zu 5,7 dB(A) zunehmen . Der höchste Wert wird für die Westfassade mit 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts errechnet. Dies bedeutet, dass die Gesamtlärmbelastung die hier maßgeblichen Grenzwerte für Mischgebiete nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV überschreiten wird. Auf die Gesamtlärmbelastung kommt es jedoch bei der Frage, ob ein Anspruch auf Lärmschutz besteht, nicht an. Maßgebend ist vielmehr allein der von der neuen Straße ausgehende Verkehrslärm (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.01.2001, a.a.O.). Dieser wird nach Überzeugung des Senats zu keiner nennenswerten Erhöhung der Lärmimmissionen bei den Antragstellern zu 3 führen. Erst recht werden sie die für ein Mischgebiet geltenden Grenzwerte der 16. BImSchV nicht übersteigen.
133 
Nach den Feststellungen, die der Senat gemeinsam mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 getroffen hat, befindet sich das Grundstück ... ... der Antragsteller zu 3 - entgegen deren Auffassung - nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV für reine und allgemeine Wohngebiete sind daher nicht anzuwenden. Gegen die Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebiets sprechen insbesondere das Ausmaß und die Art der gewerblichen Nutzungen in der näheren Umgebung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan. Die maßgebliche nähere Umgebung wird gerade durch die gewerblichen Nutzungen der Antragsteller zu 3 mitgeprägt. So befindet sich auf dem Grundstück der Antragsteller zu 3, ... ..., deren Bauunternehmen mit Lagerhalle und auf deren Grundstück ... ... ein dem Bauunternehmen dienender Lagerplatz. Darüber hinaus befindet sich auf dem Grundstück ...-... ... eine Flaschnerei. Die Schreinerei auf dem Grundstück ...-... ... wurde zwar nach Angaben der Beteiligten im August 2009 aufgegeben. Sie ist hier jedoch zu berücksichtigen, da sie zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch betrieben wurde. Sämtliche genannten Betriebe zählen nicht zu den in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein zulässigen nicht störenden Handwerksbetrieben im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO oder zu den ausnahmsweise zulässigen nicht störenden Gewerbebetrieben im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Für Schreinereibetriebe hat dies das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 1971 entschieden (Urteil vom 07.05.1971 - IV C 76.68 -, BauR 1971, 182). Aber auch ein Bauunternehmen ist in einem Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, da es sich um einen Betrieb handelt, der das Wohnen stört. Abzustellen ist dabei auf eine typisierende Betrachtungsweise. Maßgebend ist der Betriebstyp als solcher, nicht die Einzelheiten des konkreten Betriebs (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 4 Rn. 4.4 m.w.N.). Der Betrieb eines Bauunternehmens ist mit einem erhöhten Maß an LKW-Verkehr und damit einhergehenden Lärmemissionen verbunden. Dies gilt umso mehr, wenn - wie im Fall der Antragsteller zu 3 - zum Betrieb eine Lagerhalle und ein Lagerplatz gehören. Ein solcher Betrieb ist mit dem typischen Erscheinungsbild eines allgemeinen Wohngebiets nicht vereinbar, das nach § 4 Abs. 1 BauNVO vorwiegend dem Wohnen dient. Schließlich ist auch der von den Beteiligten als Flaschnerei bezeichnete Betrieb kein der Versorgung des Gebiets dienender, nicht störender Handwerksbetrieb im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO. Es fehlt bereits am Merkmal „der Versorgung des Gebiets dienend“, denn der Betrieb bezeichnet sich nach seinem Internetauftritt selbst als „Fachmann für Sanitär, Heizung und Klima in Schwaigern und Umgebung“. Er stellt auch keinen nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen sonstigen nicht störenden Gewerbebetrieb dar, denn die Blechverarbeitung eines Flaschnereibetriebes ist mit Lärmemissionen verbunden, die das Wohnen stören.
134 
Auf die Frage, ob die Zeppelinstraße trennende Wirkung entfaltet - wie die Antragsteller behaupten - kommt es nicht an, wenngleich hierfür angesichts der Straßenbreite und der aus den vorliegenden Plänen ersichtlichen Bebauung an beiden Straßenseiten wenig spricht. Denn auch in diesem Fall läge das Grundstück ... ..., das an die östliche Seite der Zeppelinstraße angrenzt, nicht in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet. In unmittelbarer Nähe befanden sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses die Schreinerei und die Flaschnerei. Beide Betriebe sind - wie ausgeführt - in einem allgemeinen Wohngebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig. Auch bei einer gesonderten Betrachtung der östlich der Zeppelinstraße gelegenen Grundstücksnutzungen in der näheren Umgebung des Grundstücks ... ... wäre die nähere Umgebung daher zu stark gewerblich geprägt, als dass von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet gesprochen werden könnte.
135 
Ob die nähere Umgebung einem Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO entspricht, kann ebenfalls dahingestellt bleiben; jedenfalls handelt es sich um eine Gemengelage aus Wohnnutzung und einem erheblichen Maß an gewerblicher Nutzung, der nicht das Schutzniveau eines Wohngebiets zukommt, sondern das eines Mischgebiets. Daher sind die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete maßgebend. Die für den Planfall 1F (und erst recht für den Planfall 7) berechnete erhebliche Zunahme der Gesamtlärmbelastung am Grundstück ... ... ... ist keine Folge der Verwirklichung des Bebauungsplans „Weilerweg“. Vielmehr ist sie auf den bereits im Planfall 1F berücksichtigten zusätzlichen Verkehr auf der Zeppelinstraße zurückzuführen, der aus den neuen Baugebieten südlich des Weilerweges stammt. Dieser wird die durch den Ausbau des Weilerweges geschaffene Möglichkeit der leichteren Querung der Bahnlinie über den Übergang Stettener Straße nutzen und über die Zeppelinstraße nach Norden abfließen. Ferner berücksichtigt der Planfall 1F verkehrslenkende Maßnahmen im Innenstadtbereich, die ebenfalls zu einer Verkehrszunahme auf der Zeppelinstraße führen. Dies hat der Lärmgutachter bereits in seinen Stellungnahmen vom 29.06.2009 und vom 15.06.2009 ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 erläutert. Die Antragsteller treten den Ausführungen nicht mit beachtlichen Argumenten entgegen. Der Senat ist angesichts dieser Erkenntnisse davon überzeugt, dass die berechneten Lärmimmissionen nicht von dem Verkehr auf der ca. 250 m südlich der Grundstücke der Antragsteller zu 3 verlaufenden Trasse des ausgebauten Weilerweges stammen. Dafür spricht bereits die große Entfernung zwischen der Trasse und dem Grundstück der Antragsteller zu 3. Diese lässt es ausgeschlossen erscheinen, dass sich die Lärmsituation für die Antragsteller zu 3 nennenswert verändern wird. Denn selbst die der Plantrasse zugewandte Südseite des Hauses der Antragstellerin zu 2 wird - im Planfall 1F - nur um 1,3 dB(A) höheren Verkehrsimmissionen ausgesetzt sein als bisher. Dieses Haus befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Plantrasse. In einer Entfernung von 250 m zur Bahntrasse fallen die Lärmveränderungen noch deutlich geringer aus, so dass sie mit Sicherheit unter der Hörbarkeitsschwelle liegen werden (s. dazu Urteil des Senats vom 14.05.1997 - 3 S 1682/96 -, a.a.O.). Es kommt hinzu, dass sich in dem Bereich zwischen dem Grundstück der Antragsteller zu 3 und der Plantrasse zahlreiche Gebäude befinden, so dass sich der durch den Verkehr auf dem Weilerweg ausgelöste Lärm nicht ungehindert bis zu dem Grundstück der Antragsteller zu 3 ausbreiten kann. Vielmehr entfalten diese Gebäude eine zusätzliche Abschirmungswirkung.
136 
f) Die Ermittlung und Bewertung der Luftschadstoffe durch die Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden.
137 
aa) Die Antragsteller meinen allerdings, die Vorbelastung mit Luftschadstoffen sei zu hoch angesetzt worden, was zu einem Abwägungsfehler hinsichtlich der neu hinzukommenden Belastung geführt habe. Letzteres trifft nicht zu. Es ist zwar richtig, dass im Hinblick auf die Vorbelastung in Ermangelung verfügbarer Werte für Schwaigern die Werte für das ca. 15 km entfernte Heilbronn zugrunde gelegt wurden. Diese liegen unstreitig höher als die Schwaigerns. Das gereicht den Antragstellern jedoch nicht zum Nachteil, sondern allenfalls zum Vorteil. Denn bei der Gesamtbetrachtung aus Vorbelastung und hinzukommender Belastung werden höhere Werte erreicht, als beim Ansatz einer geringeren Vorbelastung. Dennoch bleiben die Werte unter den Grenzwerten. Die Ermittlung der neu hinzukommenden Belastung erfolgte unabhängig von der Vorbelastung, so dass es hierfür ohne Belang ist, welche Vorbelastungswerte angenommen wurden. Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Abwägung auch nicht darauf abgestellt, dass die hinzukommende Belastung im Verhältnis zur Vorbelastung gering ist, sondern darauf, dass die Gesamtbelastung die Grenzwerte nicht übersteigt. Die gegenteilige Behauptung der Antragsteller erfolgt ins Blaue hinein; die Vorgänge über die Aufstellung des Bebauungsplans geben keinerlei Anhaltspunkte, die diese Behauptung stützen könnten. Der von den Antragstellern gerügte Abwägungsfehler liegt daher nicht vor.
138 
Dies gilt auch, soweit die Antragsteller meinen, die planbedingte Mehrbelastung sei nicht ermittelt worden; es habe eine bloße Ergebniskontrolle dahingehend stattgefunden, dass die Grenzwerte eingehalten sind. Der Vorwurf trifft nicht zu. Die planbedingt hinzukommende Belastung wurde im Einzelnen bezüglich bestimmter Luftschadstoffe ermittelt (s. Anlage 4 zur Begründung des Bebauungsplans „Abschätzung der Luftschadstoffe nach MLuS 02“). Zu diesen Werten wurden die für Heilbronn verfügbaren Vorbelastungswerte hinzugerechnet und daraus die Gesamtbelastung errechnet. Die maßgeblichen Unterlagen lagen dem Gemeinderat zur Abwägung vor. Er hat sich in Kenntnis dessen für die Planung entschieden.
139 
bb) Die Antragsteller werfen der Antragsgegnerin ferner vor, den prognostizierten Fahrzeugflottenmix „manipuliert“ zu haben, indem unterstellt worden sei, dass künftig immer mehr Fahrzeuge eine verbesserte Abgasreinigungstechnik erhalten. Die Antragsgegnerin hält dem unter Verweis auf die Stellungnahme des Instituts ... vom 11.12.2008 entgegen, für die Emissionsberechnung sei das vom Umweltbundesamt herausgegebene Handbuch Emissionsfaktoren (HBEFA, Version 2.1, Stand 2004) verwendet worden, das Emissionsfaktoren für verschiedene Fahrzeugkategorien und Verkehrssituationen beinhalte. Die Fahrzeugkategorien im HBEFA spiegelten den Stand der Technik wider. Darin enthalten seien aktuelle Entwicklungen und auch Prognosen für zukünftige Abgasnormen sowie der Anteil der Fahrzeuge mit der jeweiligen Abgasnorm an der Fahrzeugflotte. Bislang lägen keine besseren Erkenntnisse vor.
140 
Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Liegen zu einem Gutachtenthema bereits empirische Daten vor, darf der Gutachter diese verwerten und seinem Gutachten zugrunde legen, sofern nicht die Verhältnisse im Einzelfall so erheblich vom Durchschnittsfall abweichen, dass sie eine gesonderte Datenerhebung erfordern. Das HBEFA liefert Emissionsfaktoren pro Kilometer oder Verkehrsvorgang in Abhängigkeit bestimmter Parameter. Hierzu zählen die Emissionsart, die Fahrzeugkategorie, die Bezugsjahre, die Schadstoffkomponenten, die Verkehrssituation, die Längsneigung sowie die Einflussfaktoren von Kaltstartzuschlägen und für die Bestimmung von Verdampfungsemissionen nach Motorabstellen. Diese ausdifferenzierte Datengrundlage durfte der Gutachter auch im vorliegenden Fall seinem Gutachten zugrunde legen, denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verhältnisse in Schwaigern eine Sonderbetrachtung erfordern. Auch die Antragsteller verweisen nicht auf bessere Erkenntnisse, sondern meinen, in einem eher ländlich geprägten Raum wie Schwaigern sei angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise nicht mit einem schnellen, sondern nur mit einem „durchschnittlichen“ Austausch des Fahrzeugbestandes zu rechnen. Dies ist jedoch reine Spekulation und wird durch keine Fakten erhärtet. Zudem spricht dieses Argument gerade für die Annahmen des Gutachters und nicht gegen sie, denn die im HBEFA wiedergegebenen Werte stellen Durchschnittswerte dar.
141 
Schließlich dürfte sich die im HBEFA prognostizierte Geschwindigkeit des Austauschs alter Fahrzeuge sogar noch erhöht haben. Denn die Annahmen im HBEFA stammen aus dem Jahr 2004. Zu diesem Zeitpunkt war die „Abwrackprämie“, die zu einem umfangreichen Austausch älterer zugunsten neuer Fahrzeuge geführt hat, noch nicht absehbar.
142 
cc) Die Antragsteller meinen weiter, die vom Gutachter angenommene mittlere Geschwindigkeit auf dem Weilerweg von 39 km/h spiegele das tatsächliche Fahr- und Abgasverhalten nicht wider. Auch dieser Vorwurf wird durch die Stellungnahme des Gutachters vom 11.12.2008 entkräftet. Danach folgt die Annahme einer mittleren Geschwindigkeit von 39 km/h den Angaben im HBEFA. Sie ergibt sich durch einen gestörten Fahrmodus, wie er gerade bei Kreisverkehren auftritt, da in solchen Fällen nicht auf der gesamten Strecke die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren werden kann. Die Antragsteller stützen ihre gegenteilige Auffassung nicht auf bessere Erkenntnisse, sondern behaupten lediglich, die Annahme einer mittleren Geschwindigkeit von 39 km/h sei fehlerhaft. Dies genügt nicht, um an der Richtigkeit der nachvollziehbaren, auf empirischen Daten beruhenden Berechnungen des von der Antragsgegnerin beauftragten Gutachters zu zweifeln.
143 
dd) Die Antragsteller rügen schließlich, es sei nicht geklärt, ob und wie oft der Grenzwert für PM 10 auf dem Grundstück der Antragstellerin zu 1 überschritten und inwieweit dies planbedingt verschärft werde. Das Grundstück befinde sich in einem Abstand von weniger als 10 m zum Fahrbahnrand. Die Aussage des Ingenieurbüros ... (...) in seiner Stellungnahme vom 31.03.2005 (Anlage 4 zur Begründung des Bebauungsplans), im Abstand von 10 m vom Fahrbahnrand werde der zulässige Grenzwert maximal 32 Mal (erlaubt sind 35 Mal) überschritten, sei daher nicht geeignet die Betroffenheit der Antragstellerin zu 1 zu klären.
144 
In den Umweltbericht wurden im Rahmen des ergänzenden Verfahrens jedoch weitere Ausführungen zur Luftschadstoffbelastung aufgenommen. Danach wird der Grenzwert für Feinstaub (PM 10) im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin zu 1 direkt am Fahrbahnrand 26 Mal pro Jahr und in einem Abstand von 10 m vom Fahrbahnrand 22 Mal pro Jahr überschritten. Die Richtigkeit dieser Aussage wird von den Antragstellern nicht bestritten. Für den Senat ist daher nicht ersichtlich, dass insoweit ein Ermittlungs- oder Bewertungsfehler im Hinblick auf die Feinstaubbelastung der Antragstellerin zu 1 vorliegt.
145 
g) Die Antragsgegnerin hat auch die betroffenen naturschutzrechtlichen Belange ordnungsgemäß ermittelt, bewertet und abgewogen.
146 
aa) Die Vorwürfe der Antragsteller, die ornithologische Kartierung sei unzureichend und die Feststellungen hinsichtlich der Gelbbauchunke sowie der Nachtigall seien fehlerhaft, treffen nicht zu.
147 
(1) Im Hinblick auf die ornithologische Kartierung halten die Antragsteller den Beobachtungszeitraum für zu kurz. Dies ist nicht der Fall. Die Erfassung der Vogelarten fand an 6 Tagen zwischen dem 25.04.2005 und dem 16.06.2005 - also während eines Zeitraums von fast zwei Monaten - zu verschiedenen Tageszeiten statt. Sie dauerte jeweils ca. zwei Stunden, begann morgens zwischen 5.30 Uhr und 6.00 Uhr und endete abends zwischen 18.00 Uhr und 20.15 Uhr. Der Umfang dieser Erfassung ist ausreichend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum erforderlichen Umfang von Artenerhebungen im Planfeststellungsrecht (Urteil vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, NuR 2009, 776) setzt die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, eine ausreichende Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus. Das verpflichtet die Behörde nicht, ein lückenloses Arteninventar zu fertigen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt vielmehr von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von Art und Ausgestaltung des Vorhabens ab. Erforderlich, aber auch ausreichend ist - auch nach den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts - eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung. Bei der Bestandsaufnahme hat sich die Behörde sowohl bereits vorhandener Erkenntnisse als auch einer Bestandserfassung vor Ort zu bedienen, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Diese Grundsätze lassen sich auf einen Bebauungsplan übertragen, der - wie hier - ein Straßenbauprojekt zum Gegenstand hat.
148 
Den genannten Anforderungen wird die artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme der Antragsgegnerin gerecht. Sowohl der Umfang des gesamten Erhebungszeitraums als auch der Erhebungszeitraum selbst sowie die jeweiligen Erhebungszeiten und die Methodik der Erhebung sind ausreichend und geeignet, ein repräsentatives Bild der im Vorhabengebiet vorhandenen Vögel zu zeichnen. Der Erhebungszeitraum von Ende April bis Mitte Juni erfasst nahezu den gesamten Brutzeitraum. Eine weitere Kartierung im Winter und im Herbst war dagegen nicht erforderlich.
149 
Die Antragsteller rügen zwar, dass es an Erhebungen über durchziehende Vögel mangele, weil der Erhebungszeitraum zu spät begonnen habe. Da der Vogelzug Ende April aber noch nicht abgeschlossen ist, kann dies allenfalls auf einzelne sehr früh durch ziehende Vogelarten zutreffen, wobei für den Senat nicht ersichtlich ist, um welche Arten es sich im konkreten Fall handeln könnte. Auch die Antragsteller legen dies nicht dar. Es kommt hinzu, dass die Erfassung von Durchzüglern wegen deren kurzer Verweildauer im Durchzugsgebiet schwierig ist; sie hängt vielfach von eher zufälligen Beobachtungen ab. Im Ergebnis kann es sich daher allenfalls um punktuelle Erfassungslücken und eine Diskrepanz im Detail handeln, welche die Methodik und den Umfang der Bestandsaufnahme zur Avifauna nicht ungeeignet erscheinen lassen. Den „wahren“ Bestand von Flora und Fauna eines Naturraums vollständig abzubilden, ist weder tatsächlich möglich noch rechtlich geboten (BVerwG, Urteil vom 12.08.2009, a.a.O., Rn. 48). Weitere Erhebungen waren deshalb nicht geboten. Dies gilt auch, soweit die Antragsteller Erhebungen im Herbst vermissen. Denn durchziehende Vögel wurden - mit den genannten punktuellen Ausnahmen - bereits durch die Bestandsaufnahme im Frühjahr auf deren Flug in die Sommerquartiere erfasst. Einer weiteren Bestandsaufnahme zum Zeitpunkt der Rückkehr in die Winterquartiere bedurfte es daher nicht.
150 
(2) Soweit es überwinternde Vögel betrifft, werden deren Wohn- und Zufluchtsstätten zwar beschränkt. Zur Vermeidung von Verbotstatbeständen nach § 42 BNatSchG hat die Antragsgegnerin mit dem Landratsamt Heilbronn jedoch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen geschlossen. Solche Maßnahmen sind nach § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG zulässig. Durch die vereinbarten Maßnahmen wird sichergestellt, dass durch das Straßenbauvorhaben der Antragsgegnerin nicht gegen § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verstoßen wird, der es verbietet, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
151 
(3) Die Rüge der Antragsteller, der Beobachtungszeitraum sei zu kurz gewesen, um das Vorkommen der Nachtigall feststellen zu können, greift ebenfalls nicht durch. Die von ihnen der Sache nach geforderte Bestandsaufnahme für die Dauer von mehr als einem Jahr wäre im Hinblick auf die Bedeutung des Straßenbauvorhabens mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, der nach dem vom Bundesverwaltungsgericht angewendeten Maßstab der praktischen Vernunft nicht gefordert werden kann. Es entspricht - wie der Sachverständige Simon in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 erläuterte - dem allgemeinen Standard, für die Nachtigall drei Erfassungstermine zwischen Ende April und Ende Mai vorzusehen. Die Erfassung und Auswertung der Beobachtungsdaten erfolgte nach den Angaben in der ornithologischen Kartierung 2005 auf der Grundlage des Werks „Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands“. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit dieser Vorgehensweise zu zweifeln, zumal der Antragsgegnerin insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zusteht, die der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274). Die Grenzen ihres Einschätzungsspielraums hat die Antragsgegnerin nicht überschritten; die Annahmen des Fachgutachters sind naturschutzfachlich vertretbar und beruhen nicht auf einem Bewertungsverfahren, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.07.2008, a.a.O.). Auch die Antragsteller stellen dies nicht substantiiert in Frage. Im vorliegenden Fall wurden zudem sogar vier Begehungen innerhalb des genannten Zeitraums durchgeführt sowie zwei weitere Begehungen im Juni. Dadurch war eine ordnungsgemäße Bestandsaufnahme gewährleistet.
152 
(4) Der Senat teilt des Weiteren nicht die Auffassung der Antragsteller, ein Zeitraum von zwei bis drei Jahren, in denen keine Nachweise für das Vorkommen der Gelbbauchunke im Plangebiet geführt worden seien, sei zu kurz, um ein dauerhaftes Ausbleiben der Art annehmen zu können. Ergibt die Bestandsaufnahme vor Ort keinen Hinweis darauf, dass eine Tierart im Plangebiet noch vorkommt, und liegen Erkenntnisse über die Zerstörung von Lebensräumen im Plangebiet in früheren Jahren vor, darf der Plangeber ohne weitere Nachforschungen davon ausgehen, dass die Art im Plangebiet dauerhaft nicht mehr existiert. Denn der Ermittlungsumfang im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung muss nicht den gleichen Anforderungen genügen, wie sie für den Habitatschutz gelten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2009 a.a.O. und Urteil vom 09.07.2008, a.a.O.) - wovon allerdings wohl die Antragsteller ausgehen, wenn sie eine Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Richtlinie fordern. So liegen die Dinge hier. Nach dem Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und dem Umweltbericht hat es zwar nach Auskunft eines Mitarbeiters des NABU Schwaigern vor einigen Jahren rund um die Bauhoflagerfläche ein Vorkommen von Gelbbauchunken gegeben. Die genützten Pfützen seien damals aber durch Unwissenheit der Stadt zugeschüttet worden. Seit zwei bis drei Jahren würden keine Nachweise mehr auf das Vorkommen von Gelbbauchunken geführt. Angesichts des negativen Ergebnisses der Bestandsaufnahmen vor Ort sowie der vorliegenden Erkenntnisse über die Zerstörung des Lebensraums in früheren Jahren war es nicht erforderlich, weiter nach dem Vorkommen dieser Art zu forschen (vgl. zu den regelmäßigen Erkenntnisquellen einer artenschutzrechtlichen Untersuchung BVerwG, Urteil vom 09.07.2008, a.a.O. und Urteil vom 12.08.2009, a.a.O. Rn. 38). Vielmehr durfte die Antragsgegnerin daraus den Schluss ziehen, dass sie mangels Lebensraums dauerhaft nicht mehr im Plangebiet vorkommt.
153 
bb) Die Rüge der Antragsteller, die Bedeutung und Auswirkungen der vorgesehenen Verdolungen seien verkannt worden, trifft nicht zu.
154 
(1) Die Antragsteller sind der Auffassung, durch die vorgesehene Verdolung des Rohnsbaches auf einer Länge von 10 m könnten - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - Einflüsse auf das Landschaftsschutzgebiet „Leintal mit Seitentälern und angrenzenden Gebieten“ nicht ausgeschlossen werden. Dieser Ansicht folgt der Senat nicht.
155 
Der Rohnsbach fließt in Süd-Nord-Richtung. Er durchquert das südlich des Plangebiets gelegene Landschaftsschutzgebiet. Die Entfernung zwischen der Nordgrenze des Landschaftsschutzgebiets und der Südgrenze des Plangebiets beträgt ca. 1 km. Außerhalb des Landschaftsschutzgebiets ist der Rohnsbach bereits auf einer Länge von ca. 22 m verdolt, und zwar unter der Bahnlinie und dem Weilerweg. Diese Verdolung wird aufgrund des Ausbaus des Weilerwegs um 10 m verlängert. Die Antragsgegnerin tritt der Ansicht der Antragsteller zu Recht mit der Begründung entgegen, dass das auf der Straßenfläche niedergehende Niederschlagswasser nicht direkt in den Rohnsbach entwässere und das Landschaftsschutzgebiet gut 1 km von der Verdolung entfernt sei. Dies schließe eine Beeinträchtigung des Landschaftsschutzgebietes aus. Aus Sicht des Senats gilt dies umso mehr, als der Rohnsbach nach Norden fließt, das Landschaftsschutzgebiet aber südlich der Trasse und der Verdolung liegt. Dadurch ist ausgeschlossen, dass das Niederschlagswasser der Trasse über den Rohnsbach in das Landschaftsschutzgebiet gelangt.
156 
Die von den Antragstellern vermisste Festsetzung der im Grünordnungsplan vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahme wurde im ergänzenden Verfahren nachgeholt. Nach dieser Festsetzung soll die Verdolung des Baches so nah als technisch möglich an der neuen Straße beginnen. Die Verdolung wird so dimensioniert und ausgeführt, dass in der zusätzlichen Verdolungsstrecke eine naturähnliche Sohle entstehen kann.
157 
(2) Die Verdolung des Steinhäldegrabens auf einer Länge von 45 m erfolgt zur Herstellung privater Stellplätze. Diese Stellplätze müssen infolge der Herstellung des östlichen Kreisverkehrs von ihrem jetzigen Standort verlegt werden. Der durch die Verdolung verursachte Eingriff in die Schutzgüter Wasser sowie Tiere und Pflanzen wird im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und im Umweltbericht erwähnt und bewertet. Die Leistungsfähigkeit/Eignung des Steinhäldegrabens für das Schutzgut Wasser wird im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan als „gering“ eingestuft, für das Schutzgut Tiere und Pflanzen als von „allgemeiner Bedeutung“. Der Eingriff in das Schutzgut Wasser werde mit den zum Ausgleich der Eingriffe in die Schutzgüter Tiere und Pflanzen getroffenen Maßnahmen kompensiert (vgl. S. 18 des Erläuterungsberichts). Dies erfolgt durch Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Plangebiets, da im Plangebiet ausgleichswirksame Flächen und Maßnahmen nicht möglich sind (vgl. S. 17 und 26 ff. des Erläuterungsberichts). Sowohl der Umweltbericht als auch der Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan lagen dem Gemeinderat der Antragsgegnerin bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan vor. Der Vorwurf der Antragsteller, die Verdolung des Steinhäldegrabens sei nicht ordnungsgemäß in die Abwägung einbezogen worden, lässt sich daher nicht halten.
158 
(3) Dies gilt auch hinsichtlich des weiteren Vorwurfs, die Verdolung des Rohnsbachs und des Steinhäldegrabens verstoße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot naturnaher Gewässer bzw. das Verbesserungsgebot für naturferne Gewässer. Zudem sei der erforderliche Gewässerrandstreifen nicht eingehalten worden.
159 
Die Verdolungen sind seit dem 24.08.2007 wasserrechtlich genehmigt. Ihre Auswirkungen sind im Übrigen ordnungsgemäß ermittelt, bewertet und abgewogen worden. Nach § 25a WHG sind oberirdische Gewässer, soweit sie nicht als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen und chemischen Zustands vermieden und ein guter ökologischer und chemischer Zustand erhalten oder erreicht wird. Dieses Gebot greift im vorliegenden Fall nicht, da der Rohnsbach im fraglichen Teil, der verdolt werden soll, als erheblich verändert einzustufen ist, d.h. sich nicht in einem naturnahen Zustand befindet. Ein solcher wird durch den Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und den Umweltbericht erst außerhalb des Plangebiets festgestellt. Auch der Steinhäldegraben stellt jedenfalls im fraglichen Bereich kein naturnahes Gewässer dar. Dies wird von den Antragstellern auch nicht bestritten.
160 
Nach § 25b Abs. 1 WHG sind künstliche und erheblich veränderte oberirdische Gewässer so zu bewirtschaften, dass eine nachteilige Veränderung ihres ökologischen Potentials und chemischen Zustands vermieden und ein gutes ökologisches Potential und guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden. Die Vorschrift des § 68a Abs. 1 WG verpflichtet die Träger der Unterhaltungslast bei nicht naturnah ausgebauten Gewässern in einem angemessenen Zeitraum die Voraussetzungen für eine naturnahe Entwicklung zu schaffen, soweit nicht Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen. Das Verbesserungsgebot gilt somit nicht schrankenlos, sondern steht unter dem Vorbehalt entgegenstehender Gründe des Wohls der Allgemeinheit. Der Ausbau des Weilerweges, der die Verdolung bedingt, stellt einen solchen Grund dar. Hinsichtlich des Rohnsbachs kann nach den Feststellungen im Umweltbericht dessen Beeinträchtigung darüber hinaus durch eine entsprechende Planung und Ausführung so vermindert werden, dass sie nicht mehr als erheblich bewertet werden muss. Diese Vermeidungsmaßnahmen wurden im ergänzenden Verfahren als Festsetzungen in den Bebauungsplan aufgenommen. Hinsichtlich des Steinhäldegrabens wird die Verdolung bezüglich des Schutzgutes Wasser von vornherein nicht als erhebliche Beeinträchtigung bewertet. Ein Verstoß gegen das wasserrechtliche Verbesserungsgebot lässt sich daher nicht feststellen.
161 
Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, einen Gewässerrandstreifen festzusetzen. Soweit sich ein Gewässer im Außenbereich befindet, existiert ein solcher Gewässerrandstreifen bereits kraft Gesetzes (vgl. § 68b Abs. 2 WG). Dagegen behält es § 68b Abs. 6 WG der Entscheidung der Ortspolizeibehörde vor, ob sie einen Gewässerrandstreifen im Innenbereich festsetzt. Eine Verpflichtung hierzu besteht jedoch nicht.
162 
(cc) Die Rügen der Antragsteller hinsichtlich des Biotopschutzes greifen ebenfalls nicht durch. Sie sind der Auffassung, die Einschätzung der Antragsgegnerin, es würden nur drei besonders geschützte Biotope erheblich beeinträchtigt, lasse sich nicht nachvollziehen, denn im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan werde ausgeführt, dass fünf besonders geschützte Biotope nach § 32 NatSchG im Plangebiet lägen oder direkt angrenzten. Aus dem zeichnerischen Teil des Plans ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass nur die Biotope mit den Endnummern 0072, 0075 (teilweise) und 0163 (fast vollständig) im Plangebiet liegen, sämtliche weiteren Biotope auf der Gemarkung der Antragsgegnerin liegen außerhalb des Plangebiets. Dies gilt insbesondere auch für die im Erläuterungsbericht zum Grünordnungsplan und im Umweltbericht erwähnten beiden Biotope mit den Endnummern 0162 und 0184. Sie grenzen - anders als in den beiden erwähnten Berichten beschrieben - nicht unmittelbar an das Plangebiet an, sondern liegen im Abstand von jeweils ca. 20 m hierzu. Die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass diese beiden Biotope nicht erheblich beeinträchtigt werden, wird von den Antragstellern nicht substantiiert in Frage gestellt. Auch für den Senat ist eine solche Beeinträchtigung aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich.
163 
dd) Die Antragsteller rügen weiter, es fehle an einer Untersuchung der ökologischen Wirksamkeit des Gartens der Antragstellerin zu 1. Dies trifft nicht zu. Im Grünordnungsplan werden Hausgärten als Bereiche und Elemente mit Funktionen von allgemeiner Bedeutung eingestuft. Ihre Eingriffsempfindlichkeit im Hinblick auf die Schutzgüter Boden, Tiere und Pflanzen wird als mittel bis gering bewertet (s. S. 13).
164 
Die Antragsteller sind darüber hinaus der Auffassung, die durch die Planung notwendig werdende Änderung der Zufahrt innerhalb des Grundstücks hätte in die Eingriffs-/Ausgleichsermittlung einfließen müssen. Die Annahme der Antragsgegnerin - gestützt auf die Ausführungen des Gutachters Simon - der Eingriff könne durch Maßnahmen an anderer Stelle innerhalb des Grundstücks ausgeglichen werden, sei fehlerhaft und überdies nicht abgesichert. Der Gutachter sei davon ausgegangen, dass für die Herstellung der Erschließung innerhalb des Grundstücks ca. 80 m² Gartenfläche in Anspruch genommen werden müssten. Im Gegenzug könnten heute befestigte oder versiegelte Flächen im Grundstück entsiegelt werden. Dies sei fehlerhaft, weil auf dem Grundstück nur der Garagenvorplatz versiegelt sei, der auch weiterhin versiegelt bleiben müsse.
165 
Die Ausführungen des Gutachters sind aber eindeutig so zu verstehen, dass er unterstellt, für die Herstellung der neuen Zufahrt müsse Boden versiegelt werden; diese Versiegelung könne durch die Entsiegelung der alten Zufahrt ausgeglichen werden. Diese Annahme ist insofern nicht zutreffend, als die bisherige Zufahrt nach den Angaben der Antragstellerin zu 1 nicht versiegelt ist. Allerdings tragen die Antragsteller auch nicht vor, dass die neue Zufahrt versiegelt werden wird, geschweige denn versiegelt werden muss. Es ist daher davon auszugehen, dass die Antragstellerin zu 1 eine Zufahrt herstellen wird, die in ihrer Beschaffenheit der bisherigen entspricht. Im Ergebnis wird dann eine nicht versiegelte Zufahrt gegen eine andere nicht versiegelte Zufahrt ausgetauscht werden, so dass kein ausgleichsbedürftiger Eingriff entsteht.
166 
ee) Die Antragsteller meinen ferner, der naturschutzrechtliche Ausgleich sei fehlerhaft, weil eine naturschutzrechtliche Ausnahmeentscheidung zugrunde gelegt worden sei, deren Anforderungen nicht erfüllt würden. Die vollständige Umsetzung des in der Ausnahmeentscheidung des Landratsamtes Heilbronn vom 02.11.2006 angelegten naturschutzrechtlichen Ausgleichs und die Identität der innerhalb des Plangebiets festgesetzten Ausgleichsflächen seien nicht nachgewiesen. Diese Vorwürfe halten einer Überprüfung nicht stand.
167 
Die naturschutzrechtliche Ausnahmeentscheidung des Landratsamtes Heilbronn vom 02.11.2006 enthält die Erlaubnis zur teilweisen Beseitigung der drei im Plangebiet gelegenen Biotope mit den Endnummern 0072, 0075, 0163. In der Entscheidung ist vorgesehen, dass die Eingriffe entsprechend dem Grünordnungsplan vom 08.11.2005 erfolgen. Der Ausgleich sei im Rahmen der Eingriffsausgleichsbilanzierung abgearbeitet worden und erfolge über die im Grünordnungsplan beschriebenen Ausgleichsflächen A5, A6, A7, A9 und E15.
168 
Die Antragsteller sind der Auffassung, die Ausgleichsflächenanforderung von 2.480 m² werde nicht erfüllt, da nach der Begründung zum Bebauungsplan im Plangebiet nur im Umfang von 950 m² Neu- und Ergänzungspflanzungen vorgenommen würden. Sie übersehen dabei jedoch, dass der Ausgleich nach dem Grünordnungsplan nur teilweise innerhalb des Plangebiets erfolgen kann und soll. Zur vollständigen Kompensation der Eingriffe sind daher weitere Maßnahmen außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans vorgesehen, darunter auch die Ausgleichsmaßnahme E15 auf den Flst.-Nrn. ... und ... der Gemarkung Stetten. Die durchzuführenden Maßnahmen auf den innerhalb des Plangebiets liegenden Ausgleichsflächen sind im Einzelnen nicht nur im Grünordnungsplan bezeichnet, sondern auch im Bebauungsplan unter Nr. 1.3 Buchstabe h) bis n) als Maßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festgesetzt. Diese Festsetzungen übernehmen die im Grünordnungsplan unter A5 bis A11 bezeichneten Maßnahmen. Die auf den Ausgleichsflächen außerhalb des Plangebiets durchzuführenden Maßnahmen werden im Grünordnungsplan beschrieben, auf den die naturschutzrechtliche Ausnahmeentscheidung verweist. Eine Festsetzung im Bebauungsplan selbst war schon wegen der Lage außerhalb des Plangebiets nicht möglich.
169 
Die Identität der im Grünordnungsplan einerseits und im Bebauungsplan andererseits vorgesehenen Ausgleichsflächen ergibt sich aus einem Vergleich des zeichnerischen Teils des Grünordnungsplans mit dem des Bebauungsplans. Im Maßnahmenplan des Grünordnungsplans sind ebenso wie im Bebauungsplan die für die Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Bereiche 1 bis 7 bezeichnet. Darüber hinaus sind im Maßnahmenplan die einzelnen Ausgleichsmaßnahmen vermerkt, die innerhalb dieser Ausgleichsbereiche durchzuführen sind, und zwar als gelbe Raute mit der Bezeichnung „A5“ bis „A11“.
170 
ff) Entgegen der Ansicht der Antragsteller wird die Ausgleichsfläche E15 auch nicht in unzulässiger Weise doppelt in Anspruch genommen.
171 
Der Sachverständige Simon hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009 dargelegt, dass die Fläche sowohl für den Ausgleich in das Schutzgut Boden verwendet wird, als auch für den Ausgleich in die Schutzgüter Tiere und Pflanzen. Eine unzulässige doppelte Inanspruchnahme der Fläche liegt darin gleichwohl nicht. Sie wird zwar zwei Mal in Anspruch genommen, jedoch für den Ausgleich der Eingriffe in verschiedene Schutzgüter und durch Festlegung unterschiedlicher Ausgleichsmaßnahmen, die sich gegenseitig weder ausschließen noch behindern. Der Ausgleich in das Schutzgut Boden erfolgt durch die festgelegte Entwicklung der Fläche von einem intensiv genutzten Acker zu einem Auwald. Zum Ausgleich in die Schutzgüter Tiere und Pflanzen wurden Initialbepflanzungen festgelegt. Beide Maßnahmen - die Einstellung der Bewirtschaftung und die Bepflanzung - ergänzen sich gegenseitig und sind geeignet die beiden Eingriffe auszugleichen. Die vom Gutachter berechnete Höhe des Ausgleichs wird von den Antragstellern nicht angegriffen. Der Senat hat seinerseits keinen Anlass an der Richtigkeit der Berechnungen zu zweifeln.
172 
gg) Zu Unrecht werfen die Antragsteller der Antragsgegnerin vor, sie habe es versäumt, die erforderliche Umweltverträglichkeitsuntersuchung durchzuführen.
173 
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UVPG wird die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bei der Aufstellung UVP-pflichtiger Bebauungspläne nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt. Findet eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB statt, so entfällt sowohl eine UVP als auch eine Vorprüfung nach dem UVPG; die Umweltprüfung ersetzt für den Bereich der Bauleitplanung die nach dem UVPG erforderliche UVP (vgl. Stüer, Der Bebauungsplan, 3. Aufl. 2006 Rn. 635 f.).
174 
Die Antragsgegnerin hat eine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt und einen Umweltbericht nach § 2a BauGB erstellt. Die Umweltprüfung umfasste die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Bebauungsplans auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen den genannten Schutzgütern, wie sie auch für eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sind. Der Umweltbericht war auch Bestandteil der förmlichen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung. Damit hat die Antragsgegnerin ihrer Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit der Planung genügt.
175 
hh) Dem ursprünglichen Vorwurf der Antragsteller, die Festsetzungen zum Pflanzzwang seien zu unbestimmt, wurde im ergänzenden Verfahren der Boden entzogen, da die im Plan vorgesehenen Standorte als verbindlich festgesetzt wurden.
176 
h) Die Antragsteller rügen schließlich ohne Erfolg, die Antragsgegnerin gehe zu Unrecht davon aus, dass das Nebengebäude des in seiner Gesamtheit denkmalgeschützten Bahnhofs nicht erhalten werden könne. Sie verstoße gegen die Erhaltungspflicht des § 6 DSchG. Eine Erhaltung des Gebäudes sei ohne weiteres möglich, wenn auf die Bahnunterführung und die Verknüpfung mit der B 293 verzichtet werde. Der Bahnhof liege zwar außerhalb des Plangebiets. Auch sei die Unterführung nicht Gegenstand des Bebauungsplans „Weilerweg“. Dieser schaffe aber durch die Planung eines Kreisverkehrs mit einer Anschlussmöglichkeit für die Unterführung einen „Zwangspunkt“, so dass die Frage des Denkmalschutzes bereits in diesem Planverfahren abzuwägen gewesen sei.
177 
Für den Senat ist nicht erkennbar, dass durch die Planung tatsächlich ein solcher „Zwangspunkt“ gesetzt würde, dass die erst durch ein weiteres Bauleitplanungsverfahren tatsächlich erfolgende Beeinträchtigung des denkmalgeschützten Gebäudes bereits zu berücksichtigen wäre. Denn die geplante Trasse kann auch ohne diesen Anschluss genutzt werden. Sie behält zudem ihre Verkehrsbedeutung als Ost-West-Verbindung und als Anschluss der neuen Baugebiete. Die Unterführung muss - mit anderen Worten - nicht zwangsläufig gebaut werden, um der streitgegenständlichen Planung einen Sinn zu geben. Nur dann könnte aber von einem „Zwangspunkt“ gesprochen werden. Den Antragstellern ist allerdings zuzugestehen, dass es der Planung eines Kreisverkehrs an dieser Stelle nicht bedurft hätte, wenn eine Unterführung nicht in Betracht käme. Mit dieser Argumentation wenden sich die Antragsteller aber der Sache nach nicht gegen die Beeinträchtigung des Bahnhofsnebengebäudes durch zukünftige Planungen, sondern bezweifeln die Sinnhaftigkeit der Anlage des Kreisverkehrs.
178 
Ein Verstoß gegen die Erhaltungspflicht des § 6 DSchG liegt nicht vor, denn der Abriss des Nebengebäudes wurde unstreitig durch Bescheid des Landratsamtes Heilbronn vom 06.11.2006 genehmigt.
179 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 VwGO.
180 
Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
181 
Beschluss vom 3. Februar 2010
182 
Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gem. § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG auf 30.000,-- EUR festgesetzt.
183 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Der Bebauungsplan "Häugern Süd - 1. Änderung" der Stadt Weil der Stadt vom 30. Juni 2009 i. d. F. des Bebauungsplans „Häugern Süd - 2. Änderung“ der Stadt Weil der Stadt vom 1. Juni 2010 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit des Bebauungsplans „Häugern Süd - 1. Änderung“ der Antragsgegnerin vom 30.06.2009 in der Fassung des Bebauungsplans „Häugern Süd - 2. Änderung“ vom 01.06.2010.
Die Antragstellerin zu 1 ist Eigentümerin des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks Flst. Nr. ... (...Straße ...), der Antragsteller zu 2 Eigentümer des ebenfalls mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks Flst. Nr. ... (...straße ...). Beide Grundstücke liegen im Baugebiet „Häugern“ am nördlichen Ortsrand der Antragsgegnerin in Richtung des Ortsteils Merklingen und im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Häugern Süd“ vom 23.07.1985, der südwestlich an den am 12.07.1971 genehmigten Bebauungsplan „Häugern I“ anschließt. Der Bebauungsplan „Häugern Süd“ setzt u. a., soweit er die Grundstücke der Antragsteller betrifft, ein reines Wohngebiet, ein Vollgeschoss, eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,3, eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,5, abweichende Bauweise, Einzelhäuser sowie ein Satteldach mit einer Dachneigung von 20 – 30° fest. Es ist eine Firstrichtung parallel zur jeweiligen Erschließungsstraße einzuhalten. Die max. Gebäudehöhe darf bei der dort nur zulässigen eingeschossigen Bebauung talseits 5,80 m, bergseits 3,50 m nicht überschreiten; sie ist jeweils an der entsprechenden Gebäudeaußenwand von der natürlichen, bei Abgrabungen von der festgelegten, im Mittel gemessenen Geländeoberfläche bis zum Schnitt von Außenwand und Dachhaut (bei Giebelstellung an den Traufpunkten) zu messen. „Um eine räumliche Trennung zur bestehenden Bebauung (im nordöstlich angrenzenden Baugebiet „Häugern I“) zu erreichen“, wurde unmittelbar entlang der nordwestlichen Bebauungsplangrenze (zwischen der bestehenden Bebauung im Bereich der Franz-Hammer-Straße und der Zeppelinstraße) eine mit heimischen Bäumen und Sträuchern zu bepflanzende öffentliche Grünfläche festgesetzt; in deren mittlerem Bereich ist ein Kinderspielplatz vorgesehen. Die Grundstücke der Antragsteller grenzen jeweils südwestlich an diese Grünfläche an, die im Flächennutzungsplan ebenfalls als Wohnbaufläche/Spielplatz dargestellt ist.
Der von den Antragstellern angegriffene, ein Fläche von ca. 0,9 ha erfassende Bebauungsplan „Häugern Süd - 1. Änderung“ vom 30.06.2009 setzt – „zur Deckung der Nachfrage nach geeigneten Neubauflächen in ortsnaher Lage“ – nahezu für den gesamten Bereich jener Grünfläche ebenfalls ein reines Wohngebiet, eingeschossige Bebauung, Einzelhäuser sowie (in den Örtlichen Bauvorschriften) ein Satteldach mit einer Dachneigung von 20 – 30° fest. Ferner sieht der Änderungsbebauungsplan für die neue Bebauung eine Grundfläche von 0,4, offene Bauweise, eine Firsthöhe von max. 7,00 m sowie eine Traufhöhe von max. 3,80 m vor; diese sind von der Erdgeschossrohfußbodenhöhe aus zu messen, welche wiederum in Abhängigkeit von der Erschließungsstraße definiert und insofern auf +0,2 m in Bezug auf deren Fahrbahnrandhöhe in der Mitte der zugeordneten Gebäudefassade festgelegt wurde. Der bestehende Kinderspielplatz soll am Nordrand des Baugebiets, jenseits der das neue Baugebiet erschließenden, im Wesentlichen bereits bestehenden Franz-Hammer-Straße neu erstellt werden. Der dortige Bereich liegt noch im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich, ist aber Bestandteil der geplanten und im Flächennutzungsplan bereits dargestellten Wohnbaufläche „Häugern Nord“.
Dem - inzwischen geänderten - (Änderungs-)Bebauungsplan lag im Wesentlichen folgendes Verfahren zugrunde:
Bereits am 14.11.2006 waren dem Gemeinderat der Antragsgegnerin in nichtöffentlicher Sitzung alternative Varianten zur Überbauung der Grünfläche mit der Bitte vorgestellt worden, „die grundsätzliche Bereitschaft zur Bebauung im Hinblick auf die Finanzierung der Ganztagsschule an der Grund- und Hauptschule zu überdenken“. Nachdem die Gesamtkosten für den Bau der Mensa sowie die Erneuerung bzw. den Umbau der Küche und Sanitäreinrichtungen der Stadthalle nur mit dem Erlös aus dem Verkauf von Bauplätzen aus dem noch zu erschließenden Baugebiet „Häugern Süd“ finanzierbar erschienen, hielt der Gemeinderat der Antragsgegnerin eine Umnutzung der Grünfläche für gerechtfertigt und beschloss am 27.02.2007, zur Änderung des Bebauungsplans „Häugern Süd“ unter Einbeziehung geringer Teilflächen des Bebauungsplans „Häugern I“ - u. a. auch des Grundstücks Flst. Nr. 3887/2 - einen Bebauungsplan der Innenentwicklung aufzustellen. Über diesen Beschluss wurde zwei Jahre später – nämlich am 26.02.2009 – im Wochenblatt der Antragsgegnerin berichtet, nachdem der Gemeinderat am 17.02.2009 die inzwischen ausgearbeitete Planung in ihrer Variante II (Erschließung im Wesentlichen über eine zu verlängernde Franz-Hammer-Straße) grundsätzlich gebilligt und beschlossen hatte, die Änderung als Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren, d. h. ohne frühzeitigen Unterrichtungs- und Erörterungstermin durchzuführen. Zwar war die Mensa des Schulzentrums inzwischen anderweit finanziert worden, doch standen noch andere Aufgaben zur Finanzierung an (u. a. die für den Mensabetrieb anfallenden Folgekosten, die Kinderkrippe an der Jahnstraße, die Sanierung des Schulzentrums), weshalb die Antragsgegnerin nicht zuletzt vor dem Hintergrund der rückläufigen Entwicklung bei der Gewerbesteuer und der steigenden Kreisumlage „ganz dringend die Einnahmen aus dem Verkauf der Bauplätze brauchte“; der Bürgermeister der Antragsgegnerin hatte auf eine entsprechende Nachfrage aus dem Gemeinderat erklärt, dass sich bei ihm auch bereits Interessenten nach Bauplätzen im Plangebiet erkundigt hätten.
Nachdem sich der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 04.03.2009 für die inzwischen ausgearbeitete Planungsvariante II b (mit einem zusätzlichen Rettungsweg) ausgesprochen hatte, wurde der Aufstellungsbeschluss vom 27.02.2007 am 12.03.2009 im Wochenblatt der Antragsgegnerin öffentlich bekanntgemacht, wobei darauf hingewiesen wurde, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung aufgestellt werde. Auch wurde der Öffentlichkeit Gelegenheit gegeben, sich frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung und die voraussichtlichen wesentlichen Auswirkungen beim Stadtbauamt zu unterrichten, wo die Planunterlagen aushingen, und sich zur Planung bis zum 26.03.2009 zu äußern. Eine Kurzfassung der allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung war im Anschluss abgedruckt. Nachdem das zuletzt 1997 ausgewiesene Wohngebiet „Renninger Backen“ inzwischen nahezu vollständig überbaut sei, bestehe für die Kernstadt weiterer Bedarf nach Wohnraum. Eine Innenentwicklung habe dabei Vorrang vor einer Inanspruchnahme von Flächen des Außenbereichs. Dies entspreche auch den Zielsetzungen des 2006 verabschiedeten Stadtentwicklungsplanes. Nach einer im Oktober 2006 fertiggestellten Untersuchung hätten im Plangebiet zwar mehrere europarechtlich geschützte und artenschutzrechtlich relevante Arten festgestellt werden können, jedoch könne ein Auslösen der Verbotstatbestände durch eine zeitgerechte „Baufeldbereinigung“ verhindert werden. Für die Artengruppen der Fledermäuse, Vögel und Reptilien lägen auch keine erheblichen Störungen vor bzw. werde die ökologische Funktionsfähigkeit ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang auch bei Durchführung des Vorhabens weiterhin erfüllt.
Am 23./24.03.2009 bzw. am 22./25.03.2009 brachten auch die Antragsteller Anregungen und Bedenken gegen die vorgestellte Planung vor.
Am 28.04.2009 stimmte der Gemeinderat nach Abwägung der während der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen Bedenken und Anregungen Änderungen der Planung zu, wonach auch das südliche Wohngrundstück Flst. Nr. 3981/11 über den Wendehammer erschlossen und das für das Grundstück Flst. Nr. 3887/1 vorgesehene Baufenster verkleinert wurde, und beschloss, den nunmehrigen Planentwurf öffentlich auszulegen.
Der Planentwurf lag einschließlich Textteil und Begründung sowie der artenschutzrechtlichen Prüfung und Begutachtung vom Oktober 2008 in der Zeit vom 18.05.2009 bis 17.06.2009 (je einschließlich) auf dem Stadtbauamt im Rathaus des Stadtteils Merklingen im dort allgemein zugänglichen Gang des Obergeschosses öffentlich zu jedermanns Einsicht aus. Hierauf sowie auf die Möglichkeit, während des Auslegungszeitraums Anregungen und Bedenken schriftlich oder zur Niederschrift abzugeben, wurde mit öffentlicher Bekanntmachung im Wochenblatt der Antragsgegnerin am 07.05.2009 hingewiesen. Vorsorglich wurde darauf hingewiesen, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen unberücksichtigt bleiben könnten und ein etwaiger Antrag nach § 47 VwGO unzulässig sei, soweit mit ihm Einwendungen geltend gemacht würden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht worden seien, aber hätten geltend gemacht werden können.
10 
Mit Sammeleinwendungsschreiben vom 15.06.2009 erhoben auch die Antragsteller Einwendungen gegen die vorgesehene Planung. Hierbei wiederholten sie im Wesentlichen die Anregungen und Bedenken der Antragstellerin zu 1, welche diese bereits während der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebracht hatte:
11 
Als Bestandteil des Bebauungsplans „Häugern Süd" sei die nunmehr zu überplanende Grünzone seinerzeit bewusst als solche vorgesehen worden. Dies habe zunächst ökologische Gründe gehabt. Da der dortige wasserführende Hang das Naturschutzgebiet „Merklinger Ried“ speise, wanderten massenhaft Amphibien durchs Baugebiet. Insofern sei eine möglichst geringe Versiegelung der Oberfläche und eine offen gehaltene Grünzone gewollt gewesen. Auch sei die Grünzone bewusst als Ausgleich für die im oberen Teil des Bebauungsplangebiets vorgesehene dichte Wohnbebauung vorgesehen worden; als solche sollte sie dem Erholungsbedürfnis der Anwohner Rechnung tragen.
12 
Als letzte unbebaute Schneise zwischen Weil der Stadt und Merklingen habe sie auch als Reserve für eine separate Fuß- und Radwegverbindung zwischen den beiden Teilorten offen gehalten werden sollen. Schließlich sei dort auch der nach wie vor gleichermaßen erforderliche Spielplatz geplant worden. Der Spielplatz sei auch keineswegs nur mit „einigen Spielgeräten" oder einer „Minimalausstattung" versehen worden. Vielmehr stelle die über den gesamten Nordteil der Grünzone verstreute Anlage in Zusammenschau mit einer interessanten Geländeausformung und dem dichten und unterschiedlich hohen Bewuchs ein attraktives und stark frequentiertes Spielgelände dar. Daran habe sich auch nichts geändert. Einige junge Familien seien sogar wegen dieses Spielplatzes hierher gezogen. Die vorgestellte Planung führe daher zu einem erheblichen Verlust an Lebens- und Wohnqualität. Die Grünzone habe sich auch nicht nur „sukzessive begrünt", sondern sei von der Antragsgegnerin 1990/1991 systematisch mit teilweise hochwertigen Pflanzen bepflanzt worden. Dass der Bewuchs später nicht mehr systematisch gepflegt worden sei, habe allerdings einen außerordentlich naturnahen und attraktiven Erholungsraum für die Anwohner entstehen lassen. Abgesehen davon, dass ein solcher Erholungsraum nicht ohne jede Begründung „weggeplant“ werden dürfe, sehe die nunmehrige Planung keinen adäquaten Ersatz vor. Hinzukomme, dass die Grünzone aus dem 30%-igen Flächenbeitrag im Umlegungsverfahren gebildet worden sei und insofern nur für öffentliche Zwecke verwendet werden dürfe und überwiegend (zumindest mittelbar) den Bedürfnissen im Umlegungsgebiet dienen müsse. Dem stehe eine Nutzung als Baulandreserve für private Interessen oder als reine Geldbeschaffungsmaßnahme zur Verbesserung des notleidenden Gemeindehaushalts ersichtlich entgegen. Allenfalls dann dürfe über den Flächenbeitrag anderweit verfügt werden, wenn dies für das Gemeinwohl rentierlich sei, was hier jedoch zweifelhaft sei, zumal ein Baugrundstück bereits „herausgeplant“ worden sei und weitere Flächen nicht bebaubar seien. Nach Abzug der Erschließungskosten verblieben gerade mal 100.000,-- bis 200.000,-- EUR. Dem stehe der Verlust einer zur Steigerung des Freizeit- und Erholungswerts der Anwohner geplanten Grünzone mit einem großflächigen schönen Spielplatz gegenüber. Tatsächlich sei die Neuausweisung eines Wohnbaugebiets auch nicht erforderlich. So gebe es auch in der Kernstadt noch genügend Bauland in den bereits ausgewiesenen Neubaugebieten. Unabhängig davon sei die Nachfrage nach Einfamilienhäusern rückläufig. Bevor Grünflächen und Kinderspielplätze überplant würden, müssten zunächst vorhandene Baulandreserven ausgeschöpft werden. Allein im Baugebiet „Häugern Süd“ gebe es noch ca. 12 unbebaute Baugrundstücke, mithin ebenso viele, wie nunmehr neu ausgewiesen werden sollten. Als „milderes Mittel" müsse daher zunächst ein „Bauzwang“ angeordnet und durchgesetzt werden. Es könne nicht angehen, dass ein Grundstückseigentümer, der sich nach dem Bebauungsplan darauf habe einstellen müssen, sein Baugrundstück alsbald oder zügig zu bebauen, geschont werde, während ein Grundstückseigentümer, der nach demselben Bebauungsplan auf den Bestand einer Grünzone vertraut habe, belastet werde. Der Beschluss, einen Bebauungsplan aufzustellen, sei seinerzeit auch allein aus finanziellen Gründen erfolgt. Diese seien inzwischen entfallen. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin schon wieder Grundstücke erworben habe. Dann könne es aber nicht erforderlich sein, die nunmehr zu überplanenden Bauplätze zu verkaufen. Auch seien in den letzten zwei Jahren Schulden abgebaut worden, weshalb es auch keine allgemeine Finanznot gebe. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren nicht vor, nachdem das Baugebiet schon „innenentwickelt" sei. Weder stehe eine Brachfläche noch eine Baulücke in Rede. Eine bewusst als Erholungszone und Grünausgleich geplante Grünzone mit einem attraktiven, naturnahen und frequentierten Spielplatz sei damit auch nicht vergleichbar. Wenn vom Planaufstellungsbeschluss bis zur Vorlage eines Planentwurfs ca. zwei Jahre vergingen und die Begründung für das beschleunigte Verfahren in der Zwischenzeit weggefallen sei, werde deutlich, dass lediglich eine Umweltverträglichkeitsprüfung vermieden und Beteiligungsrechte Betroffener eingeschränkt werden sollten. Dass es der Antragsgegnerin letztlich nicht um eine Nachverdichtung, sondern allein um die Erzielung von Verkaufserlösen gehe, erhelle auch daraus, dass sie lediglich öffentliche Grundstücke überplant habe, auf denen bisher noch kein Baurecht bestanden habe. Dem entspreche, dass willkürlich einzelne Flurstücke in das Plangebiet einbezogen bzw. nicht (mehr) einbezogen würden. So sei etwa das städtische Grundstück Flst. Nr. 3899/10 ohne Gemeinderatsbeschluss wieder aus dem Plangebiet herausgefallen und diene weiterhin der Vergrößerung eines Privatgartens (u. a. eines Gemeinderats). Infolgedessen sei auch die Bebaubarkeit des angrenzenden Flurstücks Nr. 3937/1 entfallen. Auch jenseits des vorgesehen Wegs finde sich nunmehr eine dreieckige Fläche, die nicht mehr bebaut werden könne und inzwischen den Eigentümern des Grundstücks Flst. Nr. ... (...Straße ...) zur Vergrößerung ihres Privatgrundstücks zum Kauf angeboten worden sei. Genauso verhalte es sich bei dem Grundstück Flst. Nr. 3887/1, welches in seinem östlichen Teil vom Eigentümer des Flurstücks Nr. ..., einem langjährigen Gemeinderatsmitglied, seit Jahrzehnten als Gartengrundstück genutzt werde. Zwar sei es nunmehr in das Plangebiet einbezogen worden, nicht jedoch das angrenzende städtische Flurstück Nr. 3887/2, das ebenfalls als privates Gartengrundstück genutzt worden sei. Dass dieses nicht von Anfang an in das Plangebiet einbezogen worden sei, sei schlicht willkürlich. Inzwischen sei das Grundstück gar an den vorgenannten Eigentümer verkauft worden. Hinzu komme, dass die zwei Baufenster auf dem Flurstück Nr. 3887/1 derart klein seien, dieses auch noch mit Leitungsrechten belastet und von der Wegeführung her kaum zu erschließen sei. Ersichtlich sollten diese Baufenster nicht ausgenutzt werden können. Damit sei aber der gesamte südöstliche Teil des Plangebiets zumindest faktisch von einer Bebaubarkeit ausgeschlossen. Bei einer Nachverdichtung müssten indessen alle Anwohner möglichst gleich belastet werden. Auch die zuletzt vorgenommene Änderung der Grundstücksgrenzen unterhalb der Häuser an der Hermann-Schütz-Straße führe zu einer unangemessenen Ungleichbehandlung. Abgesehen von der unsinnigen Wegeführung werde für den Balkon des Gebäudes ...-...Straße ... Aussicht und Morgensonne „freigeplant“, während dem Balkon des Hauses der Antragstellerin zu 1 (...Straße ...) noch mehr Aussicht und Morgensonne genommen werde. Welche finanziellen Auswirkungen die Umplanung zur Folge habe, insbesondere wem die unbebau-baren Flächen zu welchem Preis verkauft werden könnten, sei noch völlig offen. Von einer Nachverdichtung könne insofern nicht mehr gesprochen werden. Damit fehle es aber an einer städtebaulichen Begründung für die Änderung des Bebauungsplans. Die im Hinblick auf die artenschutzrechtliche Prüfung gegebene Begründung mute vor allem vor dem Hintergrund der - keineswegs „zeitgerecht im Winter“ erfolgten - Rodungsmaßnahmen am 18./19.2.2009 geradezu zynisch an. Eine ordnungsgemäße Abwägung der Belange von Umwelt- und Naturschutz sei darin jedenfalls nicht zu sehen. Die artenschutzrechtliche Prüfung sei auch unzureichend. So beziehe sich die Untersuchung nur auf das Gebiet von der Franz-Hammer-Straße bis zur Zeppelinstraße und erfasse daher nicht den südöstlichen Teil des Plangebiets. Dort fänden sich jedoch ein sehr alter Birnbaum und mehrere über Jahrzehnte gewachsene Gehölze und Steinriegel. Abgesehen davon sei die artenschutzrechtliche Prüfung ausdrücklich auf Vögel, Fledermäuse und Reptilien beschränkt worden. Andere Tierarten seien dagegen nicht erfasst worden, sodass die Abwägung der Belange des Umweltschutzes schon aus diesem Grund fehlerhaft sei. Auch wenn im beschleunigten Verfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei, müsse der Bebauungsplan doch umweltverträglich sein. Keine Berücksichtigung habe gefunden, dass mit der vorgesehenen Bebauung eine weitere Bodenversiegelung eines zudem wasserführenden Hangs verbunden sei. Auch ginge ein sehr artenreicher Bestand an Schmetterlingen verloren. Aufgrund des Pflanzenbewuchses seien zahlreiche seltene Schmetterlingsarten zu beobachten. Diese bräuchten naturnahe Pflanzenbiotope zum Überleben und zur Vermehrung, wie sie hier in der Grünzone vorkämen. Auch der Igel sei in der Grünzone heimisch gewesen. Auch die gefährdete Zwergfledermaus habe in der Grünzone ihr Jagdrevier. Der Lebensraum und das Jagdrevier von Fledermäusen würden durch eine Bebauung der Grünzone zumindest derart gestört, dass sie für ungewisse Zeit vertrieben würden. Ebenso wenig habe die artenreiche Insektenwelt mit Wildbienen, Hummeln und Hornissen Berücksichtigung gefunden. Blindschleichen, Ringelnattern und Eidechsen kämen ebenso vor wie (Kreuz-)Spinnen und mehrere Heuschreckenarten. Der Grünzone komme auch eine wichtige Bedeutung als Luftfilter und Frischluftkorridor zwischen den Wohngebieten einerseits und der Innenstadt und den Waldgebieten im Westen andererseits zu. Gerade von dem westlich angrenzenden Nordhang (Quellgebiet) mit oben Wald und unten Streuobstwiesen ziehe in den späten Nachmittagsstunden selbst an heißen Sommertagen rasch kühle und feuchte Luft auf, die zahlreiche Insekten vorzugsweise in temperiertere Grünbereiche abweichen lasse. Fledermäuse suchten daher in den frühen Abendstunden die Grünzone als leicht höher temperierte lange Jagdschneise sowie den anschließenden Gartenraum mit altem Obstbaumbestand besonders gerne als Jagdrevier auf. Insofern werde durch eine Überbauung nicht nur deren Jagdrevier zerstört, sondern auch die Frischluftversorgung der Wohngebiete und der Innenstadt erheblich gestört. Nach der Bebauungsplanbegründung von 1985 habe der Spielplatz nach einem pädagogischen Konzept erstellt werden sollen. Nicht zuletzt gehe ein naturnaher und erlebbarer Erholungsraum verloren. Die nunmehr jenseits der Erschließungsstraße als Spielplatz vorgesehene Fläche stelle weder nach ihrer Größe noch nach der Qualität des Geländes oder dem Spiel- und Erlebniswert der Anlage einen gleichwertigen Ersatz dar. Aufgrund ihrer Lage sei diese Fläche auch schlechter zu erreichen; auch entstünden zusätzliche Gefahren, nicht zuletzt im Hinblick auf die angrenzende intensiv landwirtschaftlich genutzte Fläche. Letztlich müsste der künftige Spielplatz zum Schutze der Kinder eingezäunt werden. Auch sei ungeklärt, wie der Kontakt mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln vermieden werden könnte. Insofern sei der „Ersatzspielplatz“ in jeder Hinsicht ungeeignet. Entgegen der Zusage beim Aufstellungsbeschluss und einem ersten Planentwurf sehe die nunmehrige Planung nicht mehr nur eine lockere Einfamilienhaus-Bebauung vor. Dies zeige, dass die Bauflächen im Hinblick auf die erzielbaren Verkaufserlöse optimiert werden sollten. Während auf den Einwand des Eigentümers des Grundstücks Flst. Nr. .../6 - einem Gemeinderatsmitglied -, sein Garten werde durch die geplante Bebauung ab der Mittagszeit bis in die Abendstunden beschattet, das Baufenster auf dem Flurstück Nr. .../1 noch weiter verkleinert worden sei, seien andere Anwohner wie der Antragsteller zu 2, deren Wohnhäuser weniger als zehn Meter vom geplanten Baufenster entfernt seien, dahin beschieden worden, es seien die zur Sicherung von Belichtung, Belüftung und Besonnung gebotenen landesrechtlichen Abstandsflächen eingehalten. Die bisherige Grünzone sei schließlich durch eine Hügellandschaft geprägt, die nicht der ursprünglichen Geländeform entspreche. Dies sei darauf zurückzuführen, dass der beim Bau der Erschließungsstraßen abgetragene Boden und wohl auch der Aushub einzelner Privatgrundstücke dort abgelagert worden seien. Da die nunmehr vorgelegte Planung keinen Höhenlinienplan enthalte, sei zu besorgen, dass der seit Jahren auf dem Gelände lagernde Aushub nicht abgefahren, sondern großflächig auf dem Gelände verteilt werde, was zu einer erheblichen Geländeanhebung führte. Deshalb müsse durch konkrete Erdgeschossfußbodenhöhen für jedes Baugrundstück in Metern über NN oder durch einen Höhenlinienplan sichergestellt werden, dass die ursprünglichen natürlichen Geländehöhen nicht überschritten würden. Besonders deutlich werde dies beim Grundstück Flst. Nr. 3887/1, welches nach der Höhe überhaupt nicht definiert sei. Die Angrenzer hätten indes wegen der Belichtung bzw. Beschattung ihrer Grundstücke ein elementares Interesse daran, dass die Bebauung nicht zu hoch werde. Deswegen sei vor allem auch hier eine Definition der Geländehöhen und der Erdgeschossfußbodenhöhen notwendig. Zwar regele der Bebauungsplan die Erdgeschossfußbodenhöhe, doch fehle es an einem eindeutigen Bezugspunkt. Da zu besorgen sei, dass die Erschließungsstraße für die nördlich davon liegenden Grundstücke unangemessen hoch verlaufe, sei eine verbindliche Regelung der Höhe des Straßenniveaus unabdingbar. Schließlich müsse vermieden werden, dass ein etwaiger Höhenunterschied vom von der Franz-Hammer-Straße abgehenden Fußweg zur bisherigen Grünzone durch Treppenstufen überbrückt werden müsse. Die vorgesehene Gebäudehöhe von max. 7,00 m sei schließlich zu hoch, nachdem sich im Baugebiet „Häugern Süd“ aus der Zusammenschau von Traufhöhe und Dachneigung eine maximale Gebäudehöhe von 6,30 m ergebe. Eine höhere Gebäudehöhe führe insbesondere für die nördlich, also unterhalb wohnenden Anwohner zu einer zusätzlichen, nicht hinnehmbaren Beeinträchtigung hinsichtlich der Belichtung ihrer Grundstücke. Aber auch bei den südlich, also oberhalb wohnenden Anwohnern würden Aussicht und Besonnung wesentlich schlechter, zumal an diesem Nordhang von Anfang November bis Ende Februar ohnehin keine Sonne das Erdgeschoss erreiche. Insofern dürften von der festgesetzten Gebäudehöhe und Dachneigung keine Ausnahmen zugelassen werden. Ferner müsse im nordwestlichen Gebiet eine verbindliche Baulinie am Nordrand des Baufensters festgelegt werden. Es könne nicht angehen, dass sich vor den Balkonen der Häuser ...Str. ... und ... - der Antragstellerin zu 1 - in 5 m Abstand eine 7 m hohe Firstwand aufbaue. Diese müsse so weit wie möglich entfernt liegen. Dafür, dass die Firstrichtung der Gebäude anders als im gesamten Baugebiet „Häugern Süd“ freigegeben („drehbar) sei, gebe es keinen Grund. Eine 7 m hohe Firstwand vor dem Haus sei jedenfalls störender als eine 3,80 m hohe Traufwand. Dass eine nach Südosten ausgerichtete Dachfläche solarthermisch besser nutzbar sein solle als eine nach Südwesten ausgerichtete Dachfläche, sei nicht nachgewiesen.
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Am 30.06.2009 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, über die während der öffentlichen Auslegung eingegangenen Bedenken und Anregungen unter sachgerechter Abwägung zu entscheiden, wobei er sich die (von der Verwaltung) vorgestellten Abwägungskriterien zu Eigen mache. Sodann beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan „Häugern Süd - 1. Änderung“ sowie die Örtlichen Bauvorschriften zu diesem Bebauungsplan jeweils als Satzung. Nach Ausfertigung durch den Bürgermeister am 03.07.2009 wurde (lediglich) die Satzung über den Bebauungsplan im Wochenblatt der Antragsgegnerin am 16.07.2009 öffentlich bekanntgemacht. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass eine etwaige Verletzung der in § 214 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 2 BauGB bezeichneten Verfahrensmängel und Formvorschriften sowie „Mängel der Abwägung“ nach § 215 BauGB unbeachtlich würden, wenn die Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften nicht innerhalb eines Jahres geltend gemacht würden.
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Nach der Planbegründung sei zur Deckung der Nachfrage nach geeigneten Neubauflächen in ortsnaher Lage die Ausweisung von Wohnbaugebieten erforderlich. Dabei komme im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der Innenentwicklung der Stadt besondere Bedeutung zu. Zur Verminderung der Flächeninanspruchnahme im Außenbereich sei deshalb die Bebauung von Brachflächen und Baulücken unumgänglich. Da der bestehende Kinderspielplatz am Nordrand des Baugebiets neu erstellt werde, komme es insoweit auch zu keinem Defizit an Spielfläche. Mit der Festsetzung der Grundflächenzahl und den großzügigen Baugrenzen solle unter entsprechender Berücksichtigung der weiteren Planungsvorgaben genügend Spielraum für die mögliche Bebauung geschaffen werden. Mit der Festlegung von First- und Traufhöhe werde der maximalen Höhenentwicklung Einhalt geboten. Die Festlegung basiere auf der Erdgeschossrohfußbodenhöhe bezogen auf die jeweilige Fahrbahnhöhe der maßgebenden Erschließungsstraße. Da die überbaubare Grundstücksfläche überwiegend durch Baugrenzen bestimmt werde, bleibe in den meisten Fällen genug Spielraum, mit der Stellung der baulichen Anlagen zu variieren. In Anlehnung an die Bebauungspläne „Häugern I“ und „Häugern Süd“ seien als Dachformen nur Satteldächer zugelassen. Aus Sicht des Umweltschutzes würden durch das neue Siedlungsgebiet keine wesentlichen Merkmale wie Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Biotopflächen gem. § 32 BNatSchG a. F., Grundwasserschutzgebiete und Gewässerflächen direkt berührt. Zwar sei eine Umweltprüfung bei Bebauungsplänen der Innenentwicklung nicht erforderlich, gleichwohl seien bereits im Jahr 2008 Untersuchungen zum Artenschutz durchgeführt worden, um eventuelle geschützte Arten festzustellen. Die im Oktober 2008 fertig gestellte Untersuchung habe zwar ergeben, dass mehrere europarechtlich geschützte und artenschutzrechtlich relevante Arten im geplanten Siedlungsgebiet vorhanden seien. Ein Auslösen der Verbotstatbestände nach § 42 Abs. 1 BNatSchG a. F. könne jedoch verhindert werden, wenn die Baufeldbereinigung zeitgerecht im Winter erfolge. Für die Arten der Fledermäuse, Vögel und Reptilien lägen dann keine erheblichen Störungen vor, die ökologische Funktionsfähigkeit der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang sei weiterhin erfüllt.
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Mit Schreiben vom 13.07.2009 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern das Ergebnis der vom Gemeinderat getroffenen Abwägungsentscheidung mit. Dass der nunmehr überplante Grünzug seinerzeit mit heimischen Bäumen und Sträuchern habe bepflanzt werden sollen und darauf ein Kinderspielplatz vorgesehen worden sei, lasse nicht den Rückschluss zu, dass die Fläche auch bewusst als Ausgleich für die im oberen Teil des Bebauungsplangebiets zulässige Bebauung geplant gewesen wäre. Auch habe sie keineswegs als Reserve für eine separate Fuß- und Radwegverbindung nach Merklingen dienen sollen. Eine angedachte unverbindliche Studie habe allenfalls eine Verbindung im südwestlichen Bereich vorgesehen. Einer Untersuchung des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg vom 29.03.1985 zufolge sei auch keine Beeinträchtigung der Riedquellen zu erwarten, soweit die Gebäude und die Abwasserleitungen nicht so tief geführt würden, dass sie bis ins Grundwasser reichten. Die im damaligen städtebaulichen Gesamtentwurf im nordwestlichen Bereich vorgesehene Grünzone habe ebenfalls als Trennung zu einer künftigen Bebauung des Abschnitts „Häugern Nord" dienen und eine klare Trennung für einen nicht gewünschten Verbindungs- oder Schleichverkehr zwischen beiden Gebieten bewirken sollen. Die weitergehende Grünzone zwischen der Gemarkung der Antragsgegnerin und Merklingen sei im Regionalplan als Grünzug ausgewiesen und müsse als solcher erhalten bleiben. Anstelle des im Bebauungsplan zeichnerisch abgegrenzten Kinderspielplatzes sei eine vergleichbare Fläche in der Nähe als gleichwertiger Ersatz geschaffen worden. Neuanpflanzungen würden auch hier für eine ansprechende Bepflanzung sorgen. Die Ansicht der Antragsteller, der damalige Flächenbeitrag sei zweckgebunden für öffentliche Verkehrsflächen usw. beziehungsweise andere öffentliche Zwecke zu verwenden, werde nach wie vor nicht geteilt. Jener sei als Wertausgleich für die Bebauung anzusehen. Abgesehen davon seien Bebauungsplanung und Umlegung zu trennen. Auch seien beide längst abgeschlossen und rechtskräftig. Verkaufserlöse seien im Übrigen nicht Gegenstand der Planung. Der Regionalverband habe schließlich unter dem 14.05.2009 ausdrücklich die vorliegende Planung gebilligt, da sie es ermögliche, eine bisherige Grünfläche im Rahmen der Innenentwicklung künftig als Wohnbauland zu nutzen und damit das Gebiet nachträglich zu verdichten. Da eine städtebauliche Planung keine unmittelbare Verpflichtung der Grundstückseigentümer zu ihrer Verwirklichung begründe, müssten für ein Bau-gebot besondere - hier indes nicht vorliegende - Voraussetzungen erfüllt sein. Um eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung zu ermöglichen und zu sichern, würden innerörtliche Flächen für die Bebauung zur Verfügung gestellt, bevor eine Ausdehnung in die freie Außenbereichslandschaft notwendig werde. Dabei müssten sich der Gemeinderat und die Verwaltung auch über finanzielle Auswirkungen Gedanken machen. Die Innenentwicklung sei auch Ziel des Stadtentwicklungsplans und der Regionalplanung. Mit § 13a BauGB solle den Gemeinden ein Instrument zur zügigen Schaffung von Baurecht im vorhandenen Siedlungsbereich an die Hand gegeben werden. Zugleich solle die Siedlungsentwicklung stärker als bisher nach „innen" auf die vorhandenen Zentren und Quartiere gelenkt und damit die Inanspruchnahme bisher unbebauter Außenbereichsflächen eingeschränkt werden. Nach § 13a Abs. 4 BauGB sei das beschleunigte Verfahren auch bei der Änderung oder Ergänzung eines Bebauungsplans anzuwenden. Auch nach der sog. „Bodenschutzklausel" des § 1a Abs. 2 BauGB solle zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeit der Entwicklung der Gemeinde insbesondere auch durch andere Maßnahmen der Innenentwicklung genutzt werden. Unter Beachtung der Zielsetzung des § 1 Abs. 6 BauGB, sei gleichwohl eine artenschutzrechtliche Untersuchung in Auftrag gegeben worden. Danach lägen keine erheblichen Störungen vor und sei die ökologische Funktionsfähigkeit der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang auch bei Durchführung des Vorhabens weiterhin erfüllt. Nicht zuletzt die Ausarbeitung dieser Untersuchung sei u.a. auch maßgeblich für die Verfahrensdauer gewesen. Soweit planerische Überlegungen oder neue Gesichtspunkte die Notwendigkeit einer Einbeziehung einzelner Grundstücke oder deren Entbehrlichkeit aufzeigten, stehe es in ihrem planerischen Ermessen bis zur endgültigen Planreife entsprechende Feinabstimmungen vorzunehmen. So verhalte es sich etwa bei dem Flurstück Nr. 3899/10, auf dem aufgrund seiner Hanglage und der Nähe zur Trafostation keine Bebauung mehr beabsichtigt gewesen sei. Die weiteren von ihnen angesprochenen Grundstücke seien nach Abwägung durch den Gemeinderat entsprechend der Vorgabe einer lockeren Bebauung wieder aus dem Plangebiet herausgenommen worden. Diese seien ohnehin bereits vom Bebauungsplan „Häugern I" erfasst. Die auf dem Grundstück Flst. Nr. 3887/1 vorgesehenen Baugrenzen seien für eine Einzelhausbebauung völlig ausreichend. Die Leitungsrechte dienten der örtlichen Versorgung. Die seitlichen Grundstücksgrenzen seien noch unverbindlich. Aufgrund der Höhenlage der neuen Gebäude sei schließlich keine eklatante Verschlechterung der Aussicht zu erwarten. Finanzielle Belange seien vom Gemeinderat zwar erörtert worden, jedoch beschäftige sich die Bauleitplanung vorrangig mit nachhaltiger Städteplanung; die Finanzierung sei auch nicht Teil der Begründung. Aus dem Untersuchungsbericht für die artenschutzrechtliche Prüfung ergäbe sich auch die Umweltverträglichkeit der Planung. Die in Rede stehende Grünanlage werde dort als Vielschnittwiese angesprochen. Aufgrund ihrer Nutzung als Spielplatz und der damit einhergehenden Pflegeintensität sowie ihres stark gärtnerischen Aspekts, nämlich der verstärkten Anpflanzung nicht heimischer Arten, sei das gesamte Gelände anthropogen überformt. Naturnahe und für die untersuchten Tierartengruppen besonders relevante Strukturen träten dort nicht auf. Die Eignung für Tierarten mit größerem Raumanspruch sei durch die Kleinräumigkeit des Gebiets und die Siedlungsrandlage deutlich eingeschränkt. Entgegen ihrer Auffassung sei auch der südöstliche Bereich des Plangebiets bis zum Lukas-Moser-Weg untersucht worden. Die Verdichtung bestehender Bebauung sei schließlich der richtige Weg, den Landschaftsverbrauch mit weitreichenden Folgewirkungen zu verringern. Die eigentliche, im Bebauungsplan abgegrenzte Spielplatzfläche betrage auch nur ca. 600 m2 und habe dem Spiel von Kindern bis 14 Jahren dienen sollen und sei dementsprechend ausgestattet. Als adäquater Ersatz werde eine gleichwertige Fläche in unmittelbarer Nähe geschaffen. Neuanpflanzungen würden auch hier für eine ansprechende Erscheinung sorgen. Der neue Spielplatz sei auch ähnlich gut erreichbar. Mit der vorgesehenen Ausstattung und Anlage werde er hinsichtlich seiner Qualität gleichwertig sein. Die Zufahrtsstraße werde verkehrsberuhigt. Ein Zaun entlang eines Spielplatzes sei schließlich durchaus üblich. Abgesehen davon diene die nicht als Spielplatz vorgesehene Restfläche als Pufferzone zu den landwirtschaftlichen Flächen. Insoweit entspreche die Lage des Spielplatzes derjenigen der angrenzenden Wohngrundstücke. Die angestrebte lockere Einzelhausbebauung werde nach wie vor erreicht, nachdem auf eine Bebauung im mittleren Bereich verzichtet und eine GRZ von 0,4 festgesetzt worden sei. Die Baugrenze auf dem Grundstück Flst. Nr. 3887/1 habe u. a. deshalb geändert werden müssen, weil sich die bisherige Katasterdarstellung als fehlerhaft herausgestellt habe. Die von den angrenzenden Bauherrn vorgenommenen Aufschüttungen würden schließlich vor Beginn der Erschließungsarbeiten entfernt und seien demzufolge für die Straßenplanung nicht maßgeblich. Diese werde vielmehr dem ursprünglichen Gelände angepasst werden, sodass am Übergang zum Fußweg zur Franz-Hammer-Straße auch keine Treppenstufen erforderlich würden. Der Bebauungsplan „Häugern Süd“ sehe keine Beschränkung der Firsthöhe vor. Aufgrund der vorgesehenen Beschränkung der Traufhöhen und Giebelbreiten seien deshalb Firsthöhen von über 7 m möglich gewesen. Insofern habe die nunmehr - im Hinblick auf die Forderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nach einem dickerem Dachaufbau - getroffene Festsetzung sogar einschränkende Wirkung. Mit der auf 20 - 30° festgelegten Dachneigung werde die Firstrichtung im Hinblick auf die Forderung nach der Nutzung erneuerbarer Energien weitestgehend freigestellt, um auch die Nutzung von Solarenergie zu ermöglichen.
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Am 29.07.2009 haben die Antragsteller beim erkennenden Gerichtshof ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Hierzu tragen sie im Wesentlichen vor:
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Aus der Entstehungsgeschichte des Bebauungsplans folge, dass die Grünzone nicht als Abstandsfläche und schon gar nicht als Baulandreserve vorgesehen worden sei. Dies ergebe sich aus den Bebauungsplanakten. Insbesondere habe das Gebiet nicht maximal dicht besiedelt werden sollen, sondern es habe auch planungsrechtlich ein Übergang zu dem sich anschließenden Außenbereich geschaffen werden sollen. Aufgrund des Bebauungsplans „Häugern Süd“ ergebe sich eine Höhenbegrenzung der Gebäude allein aus der festgesetzten Geschossflächenzahl. Eine EFH-Festsetzung oder eine Traufhöhenbegrenzung gebe es demgegenüber nicht. Ein unterzeichnetes Original-Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 30.06.2009 finde sich in den Bebauungsplanakten nicht.
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Ihre Antragsbefugnis folge aus den fehlenden Festsetzungen hinsichtlich der zulässigen Gebäudehöhe. So fehle es an der erforderlichen Bezugsgröße für die Erdgeschossfußbodenhöhe. Da das Plangebiet derzeit - infolge erheblicher Aufschüttungen - nicht dem ursprünglichen Zustand entspreche, sei zu besorgen, dass neu zu errichtende Gebäude ihre Einfamilienhäuser von unter 6,5 m deutlich überragten. Erschwerend komme hinzu, dass ihre Grundstücke aufgrund ihrer Ausrichtung ohnehin schon deutlich verschattet würden. Dieser Konflikt wäre auch bereits im Rahmen der bauplanerischen Abwägung zu berücksichtigen gewesen. Nicht zuletzt im Vertrauen auf die festgesetzte öffentliche Grünfläche hätten sie ihre Wohngebäude so weit wie möglich an die nordöstliche Grundstücksgrenze gebaut. Auch ihre Außenwohnbereiche hätten sie entsprechend ausgerichtet. Bei der gebotenen Berücksichtigung ihrer Interessen wäre aber auch die Firstrichtung vorzuschreiben gewesen, die zu einer möglichst geringen Verschattung ihrer Grundstücke führe. Schließlich wäre im Rahmen der Abwägung auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Antragsgegnerin die nunmehr überplante Grünfläche im Umlegungsverfahren im Wege des Flächenabzugs erhalten habe. Dies gelte umso mehr, als mit ihr städtebauliche Ziele verfolgt worden seien, die zumindest auch den Interessen der Grundstückseigentümer im Plangebiet hätten dienen sollen. Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan „Häugern Süd" habe mit dem Spielplatz im Bereich der Grünfläche ein Ort der Kommunikation entstehen sowie ein Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft hergestellt werden sollen. Auch habe das Gebiet gerade nicht maximal dicht besiedelt werden sollen.
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Ihr Antrag sei auch begründet. Der angegriffene Bebauungsplan sei bereits deshalb unwirksam, weil es an einem wirksamen Satzungsbeschluss fehle. So fehle es an einer Bezugnahme auf einen bestimmten Bebauungsplan und eine bestimmte Begründung. Die Bezugnahme auf die entsprechende Gemeinderatsvorlage sei nicht ausreichend. So ergebe sich nicht mit hinreichender Bestimmbarkeit aus dem Gemeinderatsprotokoll, welche Pläne der (selbst nicht protokollierten) Vorlage beigelegen hätten. Unabhängig davon sei der Bebauungsplan auch verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. So hätten die Voraussetzungen für ein beschleunigtes Verfahren nach § 13a BauGB nicht vorgelegen. Weder gehe es um die Wiedernutzbarmachung einer brachgefallenen Fläche noch um eine Nachverdichtung. Vielmehr stehe die Umnutzung einer bisherigen Grünfläche in Rede, infolge der vormals unüberbaubare Flächen zu Bauland würden. Ob von einer sonstigen Maßnahme der Innenentwicklung ausgegangen werden könnte, sei indes zweifelhaft. Der Bebauungsplan sei aber auch deshalb unwirksam, weil er in mehrfacher Hinsicht gegen das Gebot gerechter Abwägung verstoße. So sei ungeachtet ihrer bereits im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebrachten Bedenken keine Bezugsgröße für die Gebäudehöhen festgesetzt worden. Als Anwohner hätten sie jedoch offenkundig ein Interesse daran, dass die angrenzende Bebauung nach ihrer Lage und Höhe so gestaltet werde, dass Beschattung und Belüftung erträglich blieben. Abzuwägen gewesen wären die privaten Belange der späteren Grundstückseigentümer mit denen der Angrenzer. Da die späteren Straßen- und damit auch die Gebäudehöhen ausschließlich der Ausführungsplanung überlassen worden seien, sei derzeit ungeregelt, wie hoch die Gebäude tatsächlich würden. Anlass zu einer entsprechenden Festsetzung hätte umso mehr bestanden, als die künftig zulässigen Gebäude schon aufgrund ihrer absoluten Höhen die bestehende Bebauung deutlich überragen würden. Dass von einer Präzisierung abgesehen worden sei, beruhe letztlich darauf, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan nicht noch einmal habe auslegen wollen; dies erhelle aus einem Schreiben des Ingenieurbüros Sch. an das Bauamt der Antragsgegnerin vom 16.06.2009. Die unterbliebene Festsetzung der Firstrichtung sei ebenfalls abwägungsfehlerhaft. So sei es für sie ein Unterschied, ob entlang ihrer bestehenden Gebäude die angrenzende Bebauung parallel oder senkrecht zu diesen errichtet werde. Dass die Nutzbarkeit von Solar- oder Fotovoltaikanlagen maßgeblich von der Firstrichtung abhänge, sei nicht erwiesen. Auch wäre dies noch kein ihre Interessen überwiegender Belang. Die Überplanung der Grünfläche sei auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil diese im Rahmen der Umlegung infolge eines 30 %-igen Flächenabzugs in das Eigentum der Antragsgegnerin gelangt sei. Zwar sei der Flächenabzug nach § 58 Abs. 1 Satz 2 BauGB anders als die nach § 55 Abs. 2 BauGB auszuscheidenden Flächen nicht zweckgebunden, doch entbinde dies nicht von der gebotenen Abwägung, ob die aus dem Flächenbeitrag entnommenen, zur Anlegung einer Grünfläche verwendeten Flächen durch eine Wohnbebauung überplant werden sollten. Das Interesse der seinerzeit am Umlegungsverfahren Beteiligten, dass ihr Flächenbeitrag gemeinnützig verwendet werde und den Anwohnern zugutekomme, sei ein zu berücksichtigender privater Belang, zumal auf der Grünfläche eine für das Plangebiet notwendige Infrastruktureinrichtung (Kinderspielplatz) geschaffen worden sei. Ein Abwägungsmangel sei ferner darin zu sehen, dass das Grundstück Flurstück Nr. 3887/2 aus dem Plangebiet herausgenommen und später sogar an den Eigentümer des Grundstücks Flst. Nr. 3887/6 veräußert worden sei. Dadurch könne das Grundstück Flst. Nr. 3887/1 nun noch intensiver bebaut werden. Diese einseitige Bevorzugung eines Eigentümers sei durch kein öffentliches Interesse gerechtfertigt. Sollten möglichst hohe Einnahmen aus einem späteren Grundstücksverkauf beabsichtigt gewesen sein, hätte auch dieses Grundstück im Plangebiet verbleiben müssen. Abwägungsfehlerhaft sei auch die im Bereich des Grundstücks Flst. Nr. 3899/10 vorgenommene Planänderung, der zufolge nur mehr auf einem ca. 5 m breiten Streifen ein reines Wohngebiet festgesetzt sei. Die westlich des Erschließungswegs verbliebene Fläche sei schließlich teilweise als öffentliche Grünfläche, teilweise als reines Wohngebiet festgesetzt worden, obwohl es sich auch bei dieser Teilfläche erkennbar um keine Wohnbaufläche handle. Bei einer konsequenten Nachverdichtung hätte auch dort Wohnbebauung vorgesehen werden müssen, was nach der ursprünglichen Planung auch ohne weiteres möglich gewesen wäre. Ein weiterer Abwägungsmangel bestehe schließlich darin, dass der durch die Verlagerung des Kinderspielplatzes entstehende Konflikt mit der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzung nicht bewältigt worden sei. Auch eine Einzäunung könnte den Eintrag schädlicher Stoffe nicht verhindern. In abwägungsfehlerhafter Weise habe die Antragsgegnerin davon abgesehen, den Einsatz chemischer Stoffe auf diesen Flächen zu erheben. Um beurteilen zu können, ob an diesem Standort überhaupt ein Kinderspielplatz betrieben werden könne, wäre dies jedoch erforderlich gewesen, zumal „Pufferzonen“ nicht vorgesehen seien. Schließlich sei die Planung auch im Hinblick auf umwelt- und naturschutzrechtliche Belange fehlerhaft. Dies folge schon daraus, dass das eingeholte artenschutzrechtliche Gutachten dem Gemeinderat nicht als Entscheidungsgrundlage vorgelegen habe. Auch inhaltlich sei es unzureichend. So beziehe es sich lediglich auf den Bereich zwischen Franz-Hammer-Straße und Zeppelinstraße und erfasse damit nicht den südöstlichen Teil des Plangebiets, in dem es jedoch einen sehr alten Birnbaum sowie mehrere über Jahrzehnte gewachsene Gehölze und Steinriegel gebe, welche Lebensraum für geschützte Arten böten. Schließlich beschränke sich die artenschutzrechtliche Prüfung auf Vögel, Fledermäuse und Reptilien. Im Hinblick auf die Untersuchungsergebnisse sei allerdings auch das Abwägungsergebnis fehlerhaft. So habe sich die Abwägung nicht nur darauf zu beziehen, ob Verbotstatbestände ausgelöst würden. Vielmehr hätte der Gemeinderat abwägen müssen, ob im Hinblick auf die mit der Planung verfolgten Ziele die Belange des Umwelt- und Naturschutzes zurückzutreten hätten. Insbesondere sei nicht erwogen worden, ob die verfolgten Ziele die unwiederbringliche Vertreibung 14 geschützter Vogelarten, einer geschützten Reptilie und 3 geschützter Fledermausarten rechtfertigte. Darüber hinaus hätten sie auf einen artenreichen Bestand an seltenen Schmetterlingen, den dort ebenfalls vorkommenden Igel und vitale Insektenpopulationen hingewiesen.
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Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und führt hierzu im Wesentlichen aus: Der im Bebauungsplan „Häugern-Süd" ausgewiesene Kinderspielplatz sei nie ausgeführt worden, weshalb auch keine Erschließungskosten angefordert worden seien. Auf die Entstehungsgeschichte des Bebauungsplans „Häugern Süd“ komme es nicht an. Nachdem die Antragsteller nicht geltend machten, was sie freilich auch nicht könnten, dass der Gemeinderat seinen Beschlüssen andere als städtebauliche Erwägungen zugrunde gelegt habe, komme es auf den von ihnen vorgetragenen Sachverhalt nicht an. Im Übrigen sei der Bebauungsplan „Häugern-Süd" lediglich eine von 12 Nachverdichtungsmaßnahmen zur Erschließung innerstädtischer Grünflächen, welche in einer Untersuchung aufgeführt seien. Deren Hintergrund sei die städtebauliche Überlegung gewesen, den Siedlungsdruck in den Außenbereich zu mindern. Dies sei vorrangiges Ziel der Bauleitplanung der Antragsgegnerin. Das Flurstück Nr. 3887/2 sei im Übrigen nie Gegenstand des Bebauungsplanverfahrens, sondern lediglich unzutreffend in den Katasterplänen dargestellt gewesen. Finanzierungsgesichtspunkte hätten bei der Beschlussfassung keine Rolle gespielt.
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Die Höhenlage der Gebäude erschließe sich aus den Vorgaben des Bebauungsplans in Ziff. 1.6 der planungsrechtlichen Festsetzungen. Da die Höhe der neu geplanten Erschließungsstraße zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Bebauungsplans noch nicht festgestanden habe, sei lediglich die Bezugshöhe „+ 0,2 m über Fahrbahnrandhöhe“ festgelegt worden. Allerdings habe sich dies als nicht praktikabel erwiesen, weshalb der Bebauungsplan auch dahin geändert werden solle, dass für jedes Grundstück exakt definierte Bezugshöhen festgelegt würden. Im Bebauungsplan sei auch nur eine giebel- oder traufständige Dachbauweise zulässig. Soweit aufgrund der fehlenden Festsetzung der Erdgeschossfußbodenhöhen eine Rechtsverletzung in Betracht kommen sollte, würde dieser Mangel in dem derzeit durchgeführten ergänzenden Verfahren beseitigt; damit entfalle auch eine etwaige Rechtsbeeinträchtigung durch die Festsetzung unterschiedlicher Firstrichtungen. Auf welche Weise die Antragsgegnerin Eigentümerin der überplanten Grundstücksfläche geworden sei, sei nicht zu berücksichtigen gewesen. Die Wiedernutzbarmachung von Flächen und die Nachverdichtung seien lediglich Beispiele für Maßnahmen der Innenentwicklung. Dass ein Bebauungsplan im Bereich einer festgesetzten Grünfläche durch einen neuen Bebauungsplan abgelöst werde, sei als Regelfall einer zulässigen Innenentwicklung anzusehen. Zwar habe der Gesetzgeber möglicherweise auch eine ausgreifende Siedlungsstruktur in den Außenbereich verhindern wollen, dies bedeute indes nicht, dass nur ein Bebauungsplan mit einer solchen Zielsetzung zulässig wäre. Soweit die Antragsteller geltend machten, es sei der Antragsgegnerin erkennbar nicht um die Schaffung von Siedlungsflächen aufgrund städtebaulicher Erforderlichkeiten, sondern um die Erzielung von Einnahmen gegangen, sei dem entgegenzuhalten, dass die Schulmensa bereits zum Zeitpunkt der Beratungen im Gemeinderat längst errichtet und mit anderen Mitteln bezahlt gewesen sei. Die Antragsteller hätten auch nicht erwarten können, dass die Antragsgegnerin an der zunächst festgesetzten - die Antragsteller einseitig begünstigenden - öffentlichen Grundfläche festhalte. Auch die angeblich fehlende Festsetzung einer Firstrichtung stelle für sich genommen noch keinen Abwägungsmangel dar. Den diesbezüglichen Bedenken werde jedenfalls durch die nunmehr vorgesehene Festsetzung individueller Gebäudehöhen Rechnung getragen. Im Übrigen sei es ohne weiteres sachgerecht, die Firstrichtung im Hinblick auf eine etwaige Solarzellenausrüstung freizustellen. Die Argumentation der Antragsteller in Bezug auf das Grundstück Flst. Nr. 3899/10 führe schon deshalb nicht weiter, weil die in früheren Entwurfsvarianten noch mit einem Baufenster versehene Fläche aufgrund ihrer topographischen Lage ohnehin nicht bebaubar gewesen wäre, da das Gelände von Westen her steil abfalle und zwecks einer Bebauung eine mehr als 3 m hohe Stützmauer hätte errichtet werden müssen. Von einem nicht bewältigten Konflikt im Hinblick auf den neuen Kinderspielplatz könne ebenso wenig die Rede sein. Erhebungen zum Einsatz von chemischen Stoffen seien nicht erforderlich gewesen, weil der Einsatz solcher, für einen Kinderspielplatz nachteiligen Stoffe ohnehin nicht zulässig wäre. Das artenschutzrechtliche Gutachten sei schließlich bereits in den Sitzungsunterlagen zur Gemeinderatssitzung vom 17.02.2009 angesprochen worden. Tatsächlich habe auch eine vollständige Untersuchung des Bebauungsplangebiets stattgefunden.
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Bereits am 19.01.2010 hatte die Antragsgegnerin beschlossen, den angegriffenen Bebauungsplan „Häugern Süd – 1. Änderung“ im vereinfachten Verfahren zu ändern, um den Bedenken der Antragsteller Rechnung zu tragen und noch konkrete Festsetzungen über die Bezugshöhen für die Erdgeschossfußbodenhöhen aufzunehmen. Da sich gezeigt habe, dass die fußläufige Erschließung über den Lukas-Moser Weg und über die Hermann-Schütz-Straße nicht wie geplant als Straßenbezugspunkt habe angenommen werden können, weil sonst diese Gebäude hangseits mit ihrer EFH weit im Boden lägen, seien die neu anzusetzenden Bezugshöhen teilweise sehr drastisch - teilweise um bis zu 2,5 m - angehoben worden. Die Grundstücke zwischen dem Wendehammer und dem Spielplatz würden - ebenso wie diejenigen südlich des Wendehammers - dem jeweiligen Geländeverlauf angepasst, um keine allzu großen Versprünge zu erhalten. Im Bereich des geplanten Wendehammers seien durch Aufschüttungen aus alten Baumaßnahmen teilweise beträchtliche Erdhügel entstanden, die den ursprünglichen Geländeverlauf stark verändert hätten. Im südlichen Bereich befänden sich zudem sehr langgezogene Grundstücke, deren Höhenlage bezogen auf die Erschließungsstraße stark schwanke, sodass hier eine Festlegung der Erdgeschossfußbodenhöhe in Abhängigkeit von der Straßenhöhe nicht praktikabel sei, zumal die geplante Erschließungsstraße auf dem bestehenden Gelände errichtet werde und die Erdgeschosse einiger neuer Gebäude teilweise im Erdreich zu liegen kämen. Es sollten daher jeweils separate Bezugshöhen für jedes Baugrundstück festgelegt werden, die von einem natürlichen Gelände nach Abtrag der vorhandenen Aufschüttungen ausgehe. Gegenüber der ursprünglichen Planung ergäben sich dadurch zwischen 0,5 bis 2,5 m höhere Gebäudehöhen, die jedoch noch 2 - 4 m unter den Trauf- und Firsthöhen der südwestlich angrenzenden Gebäude lägen. Dadurch, dass die Erdgeschossfußbodenhöhen nicht direkt festgelegt würden, bestünde für die Bauherrn noch ausreichender Spielraum bei der Gebäudegestaltung. Der maximalen Höhenentwicklung werde durch die Abhängigkeit der Trauf- und Firsthöhen von der Bezugshöhe Einhalt geboten, um ein stimmiges Erscheinungsbild der Gebäude zur bestehenden Nachbarbebauung zu gewährleisten.
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Zu diesem Zwecke führte die Antragsgegnerin ein neuerliches Änderungsverfahren - im Wege eines vereinfachten Verfahrens - durch. Während der öffentlichen Auslegung vom 11.02. bis 11.03.2010 beim Stadtbauamt im Rathaus Merklingen, auf die mit öffentlicher Bekanntmachung vom 04.02.2010 hingewiesen worden war, hatten die Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 04.03.2010 im Wesentlichen folgende Anregungen und Bedenken erhoben:
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Die Voraussetzungen des § 13a BauGB lägen weiterhin nicht vor. Die sich nach der Änderung ergebenden Gebäudehöhen seien nach wie vor fehlerhaft und würden ihren Interessen nicht gerecht. So stimmten die in den Plan eingetragenen Höhenlinien nicht mit denjenigen des ursprünglichen Geländes nach der Bestandskarte von 1983 überein, sondern seien teilweise deutlich höher. Würden damit später vorgenommene Aufschüttungen doch berücksichtigt, werde entgegen der Planbegründung aber nicht das natürliche (ursprüngliche) Gelände zugrunde gelegt. Bei den nordwestlichen Grundstücken wäre die Erschließungsstraße auf der Höhe des Ursprungsgeländes anzulegen und die Erdgeschossfußbodenhöhen entsprechend zu begrenzen gewesen. Soweit dies für den südlichen Bereich nicht für praktikabel gehalten werde, weil die Erschließungsstraße auf dem bestehenden Gelände errichtet werde, treffe letzteres nicht zu, da das dortige Grundstück bereits von der Zeppelinstraße erschlossen werde. Insofern sei auch die auf 425,5 m festgesetzte Bezugshöhe zu beanstanden; zu Unrecht sei hier auf den Lukas-Moser-Weg abgestellt worden. Soweit die EFH entsprechend Nr. 3.2 der Planbegründung nicht auf die Höhe der Erschließungsstraße festgelegt werde, fehle es wiederum an der erforderlichen planerischen Festlegung. Sicher hätte der Gemeinderat der Höhenplanung nicht zugestimmt, wenn die bisherigen Höhenschnitte mit den nunmehr festgelegten Höhen gezeichnet und die Gebäudehöhen nicht nur bei der Riemerstraße 11 mit einem Lattengerüst dargestellt worden wären. Die erstmals eingeplante Treppenanlage im Bereich des Fußweges zwischen der Hermann-Schütz-Straße und der Franz-Hammer-Straße sei so nicht beschlossen worden. Auch sei den Anwohnern Barrierefreiheit zugesichert worden. Durch die nunmehr deutlich höhere Bebauung würden ihre Grundstücke erheblich verschattet. Die Bezugshöhen wären daher an die vorhandene Bebauung anzupassen gewesen. Die für die Änderung des Bebauungsplans offenbar maßgeblichen Höhenprofile seien in der Gemeinderatssitzung nicht lesbar gewesen. Da sie auch weder der Begründung beigefügt noch anderweit zugänglich gemacht worden seien, sei nicht nachzuvollziehen, aufgrund welcher Erkenntnisse die Bezugshöhen letztlich beschlossen worden seien.
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Am 01.06.2010 beschloss der Gemeinderat, über die während der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen und Bedenken unter sachgerechter Abwägung zu entscheiden, wobei er sich wiederum die (von der Verwaltung) vorgestellten Abwägungskriterien (Anlagen Nrn. 3 u. 4) zu eigen machte. Sodann beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan „Häugern Süd – 2. Änderung“ - „mit den erforderlichen redaktionellen Änderungen und Ergänzungen“ - als Satzung. Gegenüber dem Änderungsentwurf wurden die Bezugshöhen im Bereich südlich der Wendeplatte sowie der Zeppelinstraße nochmals reduziert, um die Beeinträchtigungen für die nördlich liegenden Grundstücke zu minimieren. Die öffentliche Bekanntmachung im „Wochenblatt für Weil der Stadt und Umgebung“ erfolgte am 17.06.2010. Dabei wurde wiederum darauf hingewiesen, dass eine etwaige Verletzung der in § 214 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Abs. 2 BauGB bezeichneten Verfahrensmängel und Formvorschriften sowie „Mängel der Abwägung“ nach § 215 BauGB unbeachtlich würden, wenn die Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften nicht innerhalb eines Jahres geltend gemacht würden.
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Unter dem 06.07.2010 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass der Gemeinderat über ihrer Anregungen und Bedenken entsprechend den Vorschlägen der Verwaltung entschieden habe; insoweit werde auf die entsprechenden Empfehlungen verwiesen, die als Anlage beigefügt würden.
27 
Vor diesem Hintergrund haben die Antragsteller am 31.08./01.09.2010 im Normenkontrollverfahren im Wesentlichen noch vorgetragen: Die bereits im ausgelegten Entwurf enthaltenen Änderungen änderten an der Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans nichts. So würden auch die sich aus ihm ergebenden Höhen ihren Interessen nicht gerecht. Soweit entsprechend Ziff. 3.2 der Planbegründung eine vom natürlichen Gelände - nach Abtrag der vorhandenen Aufschüttungen - ausgehende, separate Bezugshöhe festgelegt werde, stimmten die im Plan eingetragenen Höhenlinien tatsächlich nicht mit denjenigen des ursprünglichen Geländes von 1983 überein. Seien die Bezugshöhen weiterhin nicht vom natürlichen Gelände aus definiert worden und demzufolge zu hoch, finde bei der Bauausführung auch nicht das natürliche Gelände mehr Berücksichtigung. Da die Anliegergrundstücke durch die nunmehr mögliche, deutlich höhere Bebauung erheblich verschattet würden, hätten die Bezugshöhen an die vorhandene Bebauung angepasst werden müssen. Aus einem Ausdruck aus der Umweltdatenbank der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg ergebe sich schließlich, dass für die Nutzbarkeit der Dächer für Solaranlagen vor allem die Lage am Nordhang sowie die Lage der Nachbargebäude maßgeblich seien. Insofern hätte keine planerische Notwendigkeit bestanden, die Firstrichtung freizugeben. Fehlerhaft sei auch, dass hinsichtlich der Abstände auf die vorhandenen Gebäude und nicht auf die festgesetzten Baufenster abgestellt worden sei. Dann betrage der Abstand aber in den meisten Fällen weniger als 10 m. Daraus ergäben sich bei späteren Erweiterungen oder Änderungen erhebliche Einschränkungen. Dass sehr wohl eine Grünfläche verwirklicht worden sei, erhelle schon daraus, dass der Spielplatz tatsächlich vorhanden sei, die Antragsgegnerin großzügig Bäume und Sträucher gepflanzt, Schilder mit einer Benutzungsordnung aufgestellt und ihre Verkehrssicherungspflicht wahrgenommen habe. Nachdem in der Landwirtschaft regelmäßig Düngemittel und Chemikalien eingesetzt würden, hätte es nahe gelegen, bei der Wahl eines neuen Standorts für den Kinderspielplatz die Belange der ggf. betroffenen Kinder in die Abwägung einzubeziehen. Entsprechende Abstandsflächen seien nach wie vor nicht vorgesehen. Dass das Grundstück Flurstück Nr. 3899/10 aufgrund seiner topographischen Lage nicht bebaubar gewesen bzw. zunächst eine mehr als 3 m hohe Stützmauer hätte errichtet werden müssen, treffe nicht zu. Vielmehr wäre das Grundstück bei einer leichten Geländeanpassung ohne Weiteres bebaubar gewesen.
28 
Nach erfolgter Akteneinsicht haben die Antragsteller ihr Vorbringen am 12.11./16.11.2010 noch wie folgt ergänzt: Die angegriffene Planung sei durch eine nicht am Gemeinwohl orientierte Berücksichtigung von Einzelinteressen geprägt. Dies betreffe auch nicht nur die Grundstücke Flurstücke Nr. 3887/2 und Nr. 3899/10, wo jeweils zugunsten der Angrenzer auf eine sinnvolle Nachverdichtung verzichtet worden sei. Vielmehr sei die Planung auf die Einwendungen der Eigentümer des Grundstücks Flurstück Nr. ... (...Straße ...) korrigiert und das nördlich davon vorgesehene Baufenster deutlich abgerückt worden. Im Hinblick auf die seinerzeit bestehende Planung hätten sie ihre Wohnräume weitgehend zur festgesetzten Grünfläche hin ausgerichtet und die Baufenster in nördlicher Richtung ausgeschöpft. Obwohl sie danach besonders schutzwürdig seien, sei dies in den Erwägungen der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Mit der naheliegenden Möglichkeit die neue Erschließungsstraße unmittelbar entlang ihrer Grundstücksgrenze zu führen, damit die neue Wohnbebauung nicht unnötig nah heranrücke, habe sich die Antragsgegnerin nicht auseinandergesetzt.
29 
Die Antragsteller beantragen,
30 
den Bebauungsplan „Häugern Süd – 1. Änderung“ der Antragsgegnerin vom 30.06.2009 in der Fassung des Bebauungsplans „Häugern Süd - 2. Änderung“ vom 01.06.2010 für unwirksam zu erklären.
31 
Die Antragsgegnerin beantragt,
32 
die Anträge abzuweisen.
33 
Am 08./09.02.2011 hat die Antragsgegnerin noch vortragen lassen: Inwiefern die von den Antragstellern beanstandete Verfahrenswahl Verfahrens- oder Beteiligungsrechte verletzt haben sollte, sei nicht ersichtlich. Wie sich aus der Anlage der Vorlage für die Gemeinderatssitzung vom 19.01.2010 ergebe, sei im geänderten, zeichnerischen Teil des Bebauungsplans für jedes Grundstück eine Bezugshöhe zwischen 413,4 m und 419,5 m eingetragen worden; die ansteigenden Bezugshöhen entsprächen dabei dem leicht nach Südosten ansteigenden Gelände. Dass die Höhenlinien des ursprünglichen Geländes nicht mit der Bestandskarte von 1983 übereinstimmten, sondern teilweise deutlich höher seien, treffe nicht zu. Die Bezugshöhen bezögen sich auf das natürliche, vorhandene Gelände ohne Berücksichtigung der Aufschüttungen, die bei den Baumaßnahmen im Zuge der Realisierung des Bebauungsplans „Häugern Süd" vorgenommen worden seien. Die Gemeinde sei schließlich in ihrer Entscheidung frei, ob sie Höhenfestsetzungen aus dem natürlichen Gelände oder aus anderen Bezugsgrößen wie dem Niveau einer bereits vorhandenen Straße ableite. Dass das Plangebiet weiterhin freigehalten werde, könnten die Antragsteller nicht beanspruchen. Diese seien auch nicht deshalb besonders schutzwürdig, weil sie im Vertrauen auf einen Fortbestand der Grünfläche ihre Baufenster in nördlicher Richtung ausgeschöpft und auch ihre Wohnräume entsprechend ausgerichtet hätten. Auch eine andere Führung der Erschließungsstraße sei nicht zu erwägen gewesen, nachdem ihre Gartenflächen nach Westen ausgerichtet seien und das Gelände zum Plangebiet abfalle. Der Abstand zu den bestehenden Baufenstern werde ganz überwiegend mehr als 10 m betragen. Anders verhalte es sich lediglich bei der Franz-Hammer-Straße 9 und der Zeppelinstraße 24. Auch dort lägen die Abstände jedoch noch weit über den landesrechtlich einzuhaltenden Abstandsflächen. Dass an den Spielplatz landwirtschaftliche Flächen angrenzten, werde bei der Ausführungsplanung berücksichtigt.
34 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die dem Senat vorliegenden Bebauungsplanakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
35 
Die nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften, gegen den Bebauungsplan „H. Süd – 1. Änderung“ der Antragsgegnerin vom 30.06.2009 in der Fassung des Bebauungsplans „H. Süd – 2. Änderung“ vom 01.06.2010 gerichteten Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig (I) und begründet (II).
I.
36 
Die ursprünglichen Normenkontrollanträge sind am 29.07.2009 ersichtlich innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Den Antragstellern kann ungeachtet der inzwischen hinsichtlich der Bezugsgröße für die Erdgeschossfußbodenhöhe vorgenommenen Planänderungen auch nicht die erforderliche Antragsbefugnis abgesprochen werden.
37 
Antragsbefugt ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss Tatsachen vortragen, die es möglich erscheinen lassen, dass die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung seine Rechte verletzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123; Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215). Zumindest muss er substantiiert darlegen, dass sein aus dem (insofern drittschützenden) Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) folgendes subjektiv öffentliches Recht auf gerechte Abwägung seiner Belange verletzt sein kann. Dies setzt voraus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung gerade seiner abwägungsbeachtlichen - insbesondere nicht nur geringwertigen sowie schutzwürdigen - Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1998, a.a.O.). Dies ist hier der Fall.
38 
Soweit die Antragsteller hierzu geltend gemacht haben, dass es im angegriffenen Bebauungsplan an der im Hinblick auf den Nachbarschutz erforderlichen Bezugsgröße für die Erdgeschossfußböden fehle (vgl. § 9 Abs. 3 BauGB; hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB <96. Erg.lfg. 2010> § 9 Rn. 243 ff. m.w.N.; VGH Bad.-Würt., Beschl. v. 10.02.1972 - I 501/70 -, BRS 25 Nr. 4), vermag dies ihre Antragsbefugnis nicht mehr zu begründen, nachdem mit der 2. Planänderung nunmehr für jedes Baugrundstück separate Bezugshöhen in den Bebauungsplan aufgenommen wurden, sodass die Antragsteller nun jedenfalls wissen, mit welchen Beeinträchtigungen sie für den Fall einer Überbauung der an ihre Grundstücke angrenzenden Grünfläche zu rechnen haben.
39 
Jedoch machen die Antragsteller geltend, dass auch die sich nunmehr ergebenden Gebäudehöhen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) mit ihren nachbarlichen Interessen nicht vereinbar seien, da schon die Bezugshöhen teilweise deutlich über dem ursprünglichen Gelände nach der Bestandskarte von 1983 lägen. So seien die im Zuge der Bebauung des Baugebiets „H. Süd“ vorgenommenen Aufschüttungen entgegen den Bekundungen der Antragsgegnerin im Bebauungsplanverfahren nun doch nicht durchweg außer Ansatz geblieben. Insofern seien auch ihre Grundstücke, obwohl sie höher lägen, im Hinblick auf eine ausreichende Belichtung und Besonnung weiterhin nachteilig betroffen. Dem lässt sich nicht schon entgegenhalten, dass Festsetzungen zur Gebäudehöhe - als Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung - ohnehin nicht nachbarschützend seien. Denn auch dann können entgegenstehende nachbarliche Belange abwägungsfehlerhaft übergangen oder hintangestellt worden sein. Solches kommt hier durchaus in Betracht, zumal auch die Firstrichtung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB<“Stellung der baulichen Anlagen“>) nicht auf eine solche parallel zur Erschließungsstraße beschränkt wurde und, worauf die Antragsteller zu Recht hinweisen, die nordöstlich an ihre Wohngrundstücke angrenzenden Grundstücke aufgrund der im Ursprungsbebauungsplan „H. – Süd“ getroffenen Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche mit Spielplatz bislang überhaupt nicht bebaubar waren.
40 
Zwar dient die planerische Ausweisung eines innerstädtischen Grünzuges - ebenso wie die eines Kinderspielplatzes (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.05.1974 - VIII 450/73 -) - regelmäßig allein dem Interesse der Allgemeinheit, sofern sich nicht aus dem Bebauungsplan und seiner Begründung ergibt, dass sie auch den Schutz der Eigentümer anliegender Grundstücke bezwecken soll (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 15.09.1994 - 2 S 24.94 -, NuR 1995, 299). Solches lässt sich hier weder dem Bebauungsplan noch seiner Begründung oder den entsprechenden Verfahrensakten entnehmen. Vielmehr beruhte die Festsetzung – ebenso wie die entlang des Grünstreifens lediglich vorgesehene Bebauung mit Einfamilienhäusern – allein auf städtebaulichen Erwägungen. So sollte zur bestehenden Bebauung (im Baugebiet „H. I“) im Bereich der Franz-Hammer-Straße und der Zeppelinstraße eine räumliche Trennung erreicht werden. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die festgesetzte Grünfläche im späteren Umlegungsverfahren offenbar im Wege des Flächenabzugs (vgl. § 55 Abs. 2 BauGB) vorweg aus der Umlegungsmasse ausgeschieden worden war. Zwar hatte dies nach § 55 Abs. 2 2. Hs. BauGB in der bis zum 30.06.1987 geltenden Fassung vorausgesetzt, dass sie überwiegend den Bedürfnissen der Bewohner des Umlegungsgebiets dienen sollte (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19.01.1984 - II ZR 185/82 -, BGHZ 89, 353), doch ist dies bereits dann der Fall, wenn sie nach ihrer Größe den üblichen gebietsbezogenen Einrichtungen dieser Art entsprechen; insofern durfte sie lediglich keine über das Umlegungsgebiet hinausgehende Funktion erfüllen (vgl. Birk, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB 2009, § 55 Rn. 19).
41 
Jedoch wurden die Antragsteller durch die Festsetzung der - nicht überbaubaren - öffentlichen Grünfläche (vgl. § 9 Abs. 1 Nrn. 10, 15 BauGB) gleichwohl faktisch begünstigt. Wird diese später geändert und erweist sich die Änderung für einzelne Planbetroffene - auch für die Antragsteller - als nachteilig, so können sie die Änderung regelmäßig in einem Normenkontrollverfahren zur Überprüfung bringen. Denn sie dürfen darauf vertrauen, dass der Plan nicht ohne Berücksichtigung ihrer Interessen geändert wird. Zwar gewährt das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf den Fortbestand eines Bebauungsplans und schließt auch Änderungen des Plans nicht aus. Das bedeutet aber nur, dass die Aufhebung oder Änderung eines Bebauungsplans, auch wenn sie für die Planbetroffenen nachteilig sind, rechtmäßig sein k ö n n e n. Für die Antragsbefugnis unerheblich ist, dass mit der Aufhebung oder Änderung bestehender Bebauungspläne stets gerechnet werden muss. Entscheidend ist, ob die Planänderung ein nicht geringwertiges privates Interesse berührt. Ein solches Interesse ist aber nicht nur dann gegeben, wenn der Bebauungsplan in seiner ursprünglichen Fassung ein subjektives öffentliches Recht begründet hat. Führt eine Planänderung dazu, dass Nachbargrundstücke - wie hier - in anderer Weise als bisher genutzt werden dürfen, gehören die I n t e r e s s e n der Nachbarn a n d e r B e i b e h a l t u n g d e s b e s t e h e n d e n Z u s t a n d e s grundsätzlich zum notwendigen Abwägungsmaterial. Zwar bedeutet die Annahme der Abwägungsbeachtlichkeit nachbarrechtlicher Interessen nicht, dass sie sich in der Abwägung auch durchsetzen m ü s s e n (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.09.1988 - 4 NB 15.88 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 34). Ob sie aber Gegenstand der Abwägung waren und dabei hinreichend berücksichtigt worden sind, kann der betroffene Nachbar im Wege der Normenkontrolle überprüfen lassen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 20.08.1992 - 4 NB 3.92 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 69, Beschl. v. 09.02.1995 - 4 NB 17.94 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 102; auch Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 16.87 -, Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 2).
42 
Vor diesem Hintergrund kann den Antragstellern aber auch mit dem Hinweis jedenfalls nicht die Antragsbefugnis abgesprochen werden, dass ihre Interessen durch die nunmehr festgesetzten Höhenlagen, die sich maßgeblich an der vorhandenen Bebauung, dem Rücksichtnahmegebot und den landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften orientierten und nach der öffentlichen Auslegung der Planänderung noch einmal zugunsten der Anwohner reduziert wurden, nur mehr geringfügig betroffen wären. Denn dass ihr Interesse an der Beibehaltung des bestehenden Zustandes nicht ordnungsgemäß abgewogen wurde, kommt jedenfalls noch in Betracht.
II.
43 
Der Bebauungsplan „H. Süd - 1. Änderung“ i. d. F. der 2. Änderung vom 01.06.2010 ist bereits verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
44 
1. Beachtliche bleibende Verfahrensfehler, die sich letztlich aus dem Verstoß gegen rechtsstaatliche Anforderungen ergeben, liegen allerdings nicht vor.
45 
a) Soweit die Antragsteller zunächst geltend machen, es fehle hinsichtlich des „Bebauungsplans „H. Süd - 1. Änderung“ vom 30.06.2009 bereits an einem hinreichend bestimmten Satzungsbeschluss, geht dies fehl. Denn aufgrund der zulässigen Bezugnahme auf die Gemeinderatsvorlage Nr. 43/2009 steht fest, mit welchem Plan und Text, nämlich in der jeweiligen Fassung vom 28.04.2009, der Bebauungsplan seinerzeit beschlossen wurde. Dass in dem Satzungsbeschlussentwurf einmal der Ortsteil Schafhausen erwähnt ist, stellt eine bloße unschädliche Falschbezeichnung dar.
46 
b) Soweit die Antragsteller weiter rügen, es liege insoweit kein Gemeinderatsbeschluss vor (vgl. § 214 Abs. 1 Nr. 4 BauGB), als einzelne Grundstücke aus dem Plangebiet herausgenommen worden seien und im Bereich des von der Franz-Hammer-Straße ausgehenden Fußweges nunmehr doch eine Treppe vorgesehen sei, trifft dies ausweislich der Gemeinderatsprotokolle ersichtlich nicht zu.
47 
c) Die in Rede stehenden Änderungsbebauungspläne wurden auch ordnungsgemäß vom Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt.
48 
Dies gilt zunächst für den vom Gemeinderat am 30.06.2009 beschlossenen Bebauungsplan „H. Süd - 1. Änderung“. Abgesehen davon, dass diesem Erfordernis bereits dadurch entsprochen war, dass mit der Beurkundung auch von § 3 der Tagesordnung vom 30.06.2009 (vgl. Protokollband) auch der Satzungsbeschluss beurkundet wurde, in dem über eine Bezugnahme auf den Satzungstext in der Gemeinderatsvorlage Nr. 43/2009 auch in einer Weise auf den Lageplan und die planungsrechtlichen Festsetzungen Bezug genommen wurde, die Zweifel an der Identität ausschlossen (vgl. Senat, Urt. v. 08.05.1990 - 5 S 3064/88 - , VBlBW 1991, 19, Urt. v. 24.09.1993 - 5 S 800/92 -, VBlBW 1994, 101; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303), wurden der Lageplan und der gesamte Textteil (Planungsrechtliche Festsetzungen und Örtliche Bauvorschriften) am 03.07.2009 gesondert ausgefertigt.
49 
Für den am 01.06.2010 beschlossenen Bebauungsplan „H. Süd - 2. Änderung“ gilt nichts anderes. Auch hier wurde mit der einheitlichen Beurkundung auch von § 6 der Tagesordnung auch der gefasste Satzungsbeschluss beurkundet (vgl. das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Originalprotokoll), in dem über eine Bezugnahme auf den Satzungstext in der Gemeinderatsvorlage Nr. 39/2010 wieder in einer Weise auf den Lageplan und die planungsrechtlichen Festsetzungen (i. d. F. vom 19.05.2010) Bezug genommen wurde, die Zweifel an der Identität ausschlossen. Darüber hinaus wurde auch hier der Lageplan/Textteil am 02.06.2010 gesondert ausgefertigt.
50 
c) Zwar dürfte es noch an einer ordnungsgemäßen öffentlichen Bekanntmachung der am 30.06.2009 beschlossenen und am 03.07.2010 ausgefertigten Satzung über die Örtlichen Bauvorschriften fehlen, doch sind diese nicht Gegenstand des vorliegenden Normenkontrollantrags.
51 
2. Jedoch liegt insofern ein offensichtlicher und auch auf das Ergebnis von Einfluss gewesener Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 2 Abs. 3 BauGB vor, als im südlichen Teil des Plangebiets die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht ordnungsgemäß ermittelt wurden. Weitere Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 1 - 3 und Abs. 2a BauGB, die trotz der - im Hinblick auf Abwägungsmängel („Mängel der Abwägung“) - fehlerhaften Hinweise nach § 215 Abs. 2 BauGB innerhalb eines Jahres geltend zu machen waren bzw. sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.06.2009 - 3 S 1108/07 -, NVwZ-RR 2009, 953), liegen demgegenüber nicht vor.
52 
a) Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 BauGB liegen nicht vor. Dass die Antragsgegnerin zu Unrecht das nach § 13a Abs. 4 BauGB auch bei einer Änderung eines Bebauungsplans Anwendung findende beschleunigte Verfahren nach § 13a BauGB - und bei der 2. Änderung - das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB gewählt hätte, ist nicht zu erkennen.
53 
Dass die Änderung der Nutzung im Bereich der vormaligen öffentlichen Grünfläche in eine Bau- und Verkehrsfläche eine andere Maßnahme der Innenentwicklung i. S. des § 13a Abs. 1 BauGB darstellt, ist offensichtlich. Hierunter fallen insbesondere auch innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Flächen, die einer anderen Nutzungsart zugeführt werden sollen; hierfür kommen grundsätzlich auch Grünflächen in Betracht (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 13a Rn. 27; einschränkend Gierke, in: Brügelmann, BauGB für bisher nicht bebaute - hier freilich ohnehin nicht in Rede stehende - sog. Außenbereichsinseln). Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 b BauGB genannten Schutzgüter lagen ersichtlich nicht vor. Dass die Antragsgegnerin diese Verfahrensart deshalb gewählt haben mag, um keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu müssen (vgl. § 13a Abs. 2 Nr. 1, 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB), wäre jedenfalls nicht zu beanstanden. Dass der einschlägige Flächennutzungsplan im Bereich des Plangebiets noch einen Kinderspielplatz darstellte, stand einem beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB ebenso wenig entgegen.
54 
Dass im Hinblick auf das 2. Änderungsverfahren die Voraussetzungen für ein vereinfachtes (nicht beschleunigtes!) Verfahren nach § 13 BauGB vorlagen, liegt auf der Hand. So wurden durch die Aufnahme von Festsetzungen nach § 9 Abs. 3 BauGB ersichtlich nicht die Grundzüge der Planung berührt.
55 
b) Allerdings ist der Antragsgegnerin ein Ermittlungsdefizit i. S. des § 214 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB unterlaufen; insoweit steht seit Inkrafttreten des EAG Bau ebenfalls ein Verfahrens- und kein Abwägungsfehler mehr in Rede.
56 
So wurden Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, wozu insbesondere die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt gehören (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 a BauGB), nicht in jeder Hinsicht zutreffend ermittelt.
57 
Allerdings hatte die Antragsgegnerin ungeachtet dessen, dass nach §§ 13a Abs. 2 Nr. 1, 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB eine Umweltprüfung entbehrlich war, eine artenschutzrechtliche Prüfung veranlasst. Zwar lag dem Gemeinderat das entsprechende, von der Verwaltung eingeholte Gutachten vom Oktober 2008 nicht vor - der Sitzungsvorlage war dieses nicht angeschlossen -, doch wurde in den Empfehlungen der Verwaltung zur Behandlung der Anregungen und Einwände verschiedentlich auf das Gutachten verwiesen. Auch war dem Gemeinderat bereits aufgrund der Gemeinderatsvorlage Nr. 16/2009 im Hinblick auf die seinerzeit anstehende Entscheidung für ein beschleunigtes Verfahren das Untersuchungsergebnis hinlänglich bekannt.
58 
Die artenschutzrechtliche Prüfung bezog sich indes nicht auf das gesamte Plangebiet. Zwar entsprach „die zu untersuchende Fläche dem Plangebiet einschließlich angrenzender Kontaktlebensräume“ (S. 1). Als „Plangebiet“ war nach den Erläuterungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung allerdings nur die aus dem Stadtplan ersichtliche Grünfläche gemeint; zwar war der südliche Teil des Plangebiets gleichwohl als „angrenzender Kontaktlebensraum“ von der Untersuchung erfasst. Dies galt jedoch nicht für das ebenfalls zum festgesetzten Plangebiet gehörende, aufgrund einer Hecke nicht ohne weiteres einsehbare Grundstück Flst. Nr. 3887/1. Dieses war, wie der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, auch nicht ohne weiteres zugänglich und daher unberücksichtigt geblieben. Auch dort sollen sich nach dem Vorbringen der Antragsteller aber mehrere über Jahrzehnte gewachsene Gehölze und Steinriegel befinden.
59 
Hinzu kommt, dass die Untersuchung - entsprechend dem Gutachtensauftrag der Antragsgegnerin - auf die europarechtlich geschützten Arten „fokussierte“ und im Sinne einer überschlägigen Betrachtung (lediglich) die nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders bzw. streng geschützten Arten berücksichtigte (S. 1). Sämtliche „nicht bewertungsrelevante“ Arten blieben demgegenüber im Gutachten und insofern auch in der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats unberücksichtigt. Insbesondere wurden auch die von den Antragstellern sowohl vor als auch während der Auslegung behaupteten Auswirkungen auf die Insektenwelt, namentlich auf verschiedene „geschützte Schmetterlingsarten“, nicht in den Blick genommen. Die Naturschutzbelange gehörten indessen unabhängig davon, ob die Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG a. F. (§ 44 BNatSchG n. F.) ausgelöst würden, zum notwendigen Abwägungsmaterial.
60 
Zwar kann zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 30.06.2009 aufgrund der am 18.02.2009 im Bereich der vormaligen Grünfläche durchgeführten Rodungsmaßnahmen, die sich nach den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht nur auf den Bereich der künftigen Verkehrsfläche erstreckten, von einem entsprechenden Ermittlungsdefizit nicht mehr gesprochen werden. Für den südlichen, noch nicht gerodeten Teil des Plangebiets bleibt es indessen bei dem festgestellten Ermittlungsdefizit hinsichtlich des Grundstücks Flst. Nr. 3887/1 und hinsichtlich der „nicht bewertungsrelevanten“ Arten.
61 
Zwar mag es mit den Antragstellern unbefriedigend erscheinen, dass die dem geltenden Bebauungsplan ungeachtet dessen, dass die Grünfläche im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts noch nicht endgültig hergestellt gewesen sein mag (vgl. allerdings § 125 Abs. 1a Nr. 1 BauGB a. F. bzw. § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB n.F.), zuwiderlaufende vorzeitige „Baufeldbereinigung“ der Antragsgegnerin „zugutekommt“. Jedoch kann der ansonsten (in zweiseitigen Verhältnissen) denkbare Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht dazu führen, dass tatsächlich nicht mehr berührte Belange ein Ermittlungsdefizit begründen. Ob eine Rechtsnorm im Hinblick auf die ihr zugrundeliegende Abwägungsentscheidung wirksam ist oder nicht, beurteilt sich allein nach der (objektiven) Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan.
62 
Diese - offensichtlichen - Ermittlungsfehler waren insofern auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss, als die Planung ohne sie im - abtrennbaren - südlichen Teil des Plangebiets nicht zuletzt aufgrund seiner Kleinräumigkeit und der dortigen Erschließungsproblematik anders ausgefallen sein könnte, mag es sich auch hier nur um ein „antropogen überformtes Gelände“ handeln (vgl. artenschutzrechtliches Gutachten, S. 5), welches nach Einschätzung des Gutachters in der mündlichen Verhandlung noch weniger artenschutzrechtlich bedeutsam ist.
63 
Die von den Antragstellern angesprochene Verschlechterung der Amphibienwanderwege in Richtung auf die Feuchtgebiete im „Merklinger Ried“ im Grünbereich zwischen Weil der Stadt und Merklingen (vgl. die Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt Böblingen v. 23.11.1983 u. 25.01.1984 zum seinerzeit auch das Baugebiet „H. Süd“ umfassenden Baugebiet „H. II“) sollten nach dem Ursprungsbebauungsplan dagegen erst bei den Planungen betreffend den Bauabschnitt II berücksichtigt werden (vgl. Planbegründung zum Bebauungsplan „H. Süd“ Nr. 13.7).
64 
Nachdem die Hauptwindrichtung durch die Planung der Erschließungsstraße gewährleistet blieb, lagen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Frischluftversorgung der Innenstadt beeinträchtigt werden könnte. Dies lag umso ferner, als die untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt Böblingen zum Vorentwurf zum umfassenden Bebauungsplan „H. II“ am 06.04./04.05.1982 bereits dahin Stellung genommen hatte, dass die Frischluftzufuhr für das Stadtgebiet (auch) durch die (insgesamt) geplante Überbebauung nicht wesentlich beeinträchtigt würde. Insofern musste sich die Antragsgegnerin auch im Planänderungsverfahren zu keinen weiteren Ermittlungen veranlasst sehen. Soweit vom Regionalverband Mittlerer Neckar unter dem 25.05.1984 auf die Ausformung der regionalplanerischen Grünzäsur zwischen den Teilorten, die erforderliche Ortsgestaltung und auf mögliche k l i- m a t i s c h e Auswirkungen einer Überbauung des Hanges zum Würmtal hingewiesen worden war, bezog sich dies auf einen künftigen nördlichen Baugebietsteil der Gesamtplanung „H. II“.
65 
Über etwaige von einer künftigen Bebauung ausgehende nachteilige Wirkungen auf die Ried-Quellen bzw. das Naturschutzgebiet „Merklinger Ried“ lag schließlich bereits ein im den ursprünglichen Bebauungsplan betreffenden Verfahren eingeholtes - entsprechende Auswirkungen gerade verneinendes - Gutachten des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg vom 29.03.1985 vor.
66 
Auch im Hinblick auf die Lage des neu zu erstellenden Kinderspielplatzes waren entgegen der Auffassung der Antragsteller im Bebauungsplanverfahren keine weiteren Ermittlungen veranlasst. Insbesondere bedurfte es nicht der Erhebung der von der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzung im Einzelnen ausgehenden Beeinträchtigungen. Denn den etwa in § 1 Abs. 1 LBOAVO enthaltenen Vorgaben an einen Kinderspielplatz kann auch noch im Rahmen der Ausführungsplanung, insbesondere durch entsprechende Abschirmmaßnahmen, Rechnung getragen werden.
67 
Die Auswirkungen der nachträglich aufgenommenen Festsetzungen zur Höhenlage waren schließlich aufgrund der Planeintragungen, der bereits im 1. Änderungsverfahren gezeichneten Höhenschnitte und der anhand von weiteren Höhenschnitten gegebenen Erläuterungen seitens der Verwaltung ohne weiteres nachvollziehbar, sodass es insoweit keiner weiteren Ermittlungen bedurfte. Insbesondere mussten weder weitere Lattengerüste aufgestellt noch eine 3-D-Simulation durchgeführt werden.
III.
68 
Der Änderungsbebauungsplan weist darüber hinaus aber auch materiell-rechtliche Fehler auf, die - anders als das zuvor für den südlichen Teil des Plangebiets festgestellte Ermittlungsdefizit - auch zur Unwirksamkeit des gesamten Plans führen.
69 
1. Die nach Aktenlage bestehenden Zweifel, ob die Aufstellung eines Bebauungsplans für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auf der Gemarkung der Antragsgegnerin überhaupt erforderlich war (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB), konnten allerdings vom Bürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeräumt werden. Zwar wurden städtebauliche Gründe vom für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinderat im Verfahren lediglich insofern in Bezug genommen, als die von einem Ingenieurbüro verfasste Planbegründung billigend zu Kenntnis genommen wurde, in der sich zur städtebaulichen Zielsetzung wiederum nur sehr allgemein gehaltene Formulierungen finden („zur Deckung der Nachfrage nach geeigneten Neubauflächen in ortsnaher Lage“, „kommt der Innenentwicklung besondere Bedeutung zu“, „zur Vermeidung der Flächeninanspruchnahmen im Außenbereich“, „Ausweisung zentral gelegener Wohnbauflächen mit Anbindung an bestehende Infrastrukturen“). In allen maßgeblichen Gemeinderatssitzungen bis einschließlich derjenigen vom 28.04.2009 - in der Sitzung vom 30.06.2009 wurde die Zielsetzung nicht mehr thematisiert -, ging es demgegenüber ausschließlich darum, unbebaute Innenbereichsgrundstücke der Antragsgegnerin einer Bebaubarkeit zuzuführen, um diese dann im Hinblick auf anders nicht zu finanzierende Gemeindeaufgaben günstig veräußern zu können („eigentliches Ziel die Finanzierung des Ausbaus von Bildungseinrichtungen“). Daran vermag auch die Erklärung der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren nichts mehr zu ändern, dass sich ihre städtebauliche Planung tatsächlich nicht hierauf bezogen hätte. Unabhängig von der anschließend zu klärenden Frage, ob vor diesem Hintergrund noch von einer ordnungsgemäßen Abwägung der gegen eine Überbauung der Grünfläche sprechenden Belange ausgegangen werden kann (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB), kann gleichwohl nicht angenommen werden, dass der Erlass des Bebauungsplans nur ein vorgeschobenes Mittel zur Verfolgung anderer als städtebaulicher, nämlich fiskalischer Gründe darstellte (vgl. zu einem solchen Fall das Senatsurt. v. 27.07.2001 - 5 S 2534/99 -, VBlBW 2002, 124). Zwar könnte eine auf die Realisierung von Veräußerungserlösen beschränkte Zielsetzung den Erlass eines Bebauungsplans nicht rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 Rn. 22), mögen diese auch mittelbar der Finanzierung anderer öffentlicher Aufgaben dienen. Jedoch ist der Senat vor dem Hintergrund der überzeugenden Erläuterungen des Bürgermeisters der Antragsgegnerin davon überzeugt, dass städtebauliche Gründe ungeachtet dessen vorlagen, dass diese vom Gemeinderat nicht konkret ins Feld geführt wurden. So kann trotz noch anderweit zur Verfügung stehender Neubauflächen von einer Nachfrage insbesondere nach Neubauflächen in ortsnaher u n d verkehrsgünstiger Lage (S-Bahn) ausgegangen werden (vgl. hierzu auch bereits die Stellungnahme des Regionalverbands Mittlerer Neckar v. 25.05.1984 zum Bebauungsplanentwurf „H. Süd“), welche nach den ohne weiteres plausiblen Vorstellungen des Bürgermeisters der Antragsgegnerin auf für eine Nachverdichtung besonders geeigneten, nämlich aufgrund ihrer Verfügbarkeit ohne weiteres zu überplanenden gemeindeeigenen Grundstücken ausgewiesen werden sollten. Dies erscheint umso nachvollziehbarer, als nach seinen Angaben 44 % des Gemeindegebiets unter Natur- bzw. Landschaftsschutz stehen. Vor diesem Hintergrund kann aber nicht allein deshalb, weil sich der Gemeinderat aufgrund aktueller haushaltspolitischer Notwendigkeiten zu der angegriffenen städtebaulichen Planung veranlasst gesehen hatte, ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB angenommen werden. Ein konkreter Bedarf an weiteren Neubauflächen war schließlich nicht erforderlich. Einen groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriff stellte der Änderungsbebauungsplan danach ersichtlich nicht dar.
70 
Dass - auch im Baugebiet „H. Süd“ - noch einige Baulücken (vgl. § 176 Abs. 2 BauGB) vorhanden sein mögen, ändert an der Erforderlichkeit der Planung ebenfalls nichts. Eine Gemeinde darauf zu verweisen, ein neues Baugebiet erst dann auszuweisen, wenn alle anderen erschlossenen Baugrundstücke bereits bebaut sind, widerspräche jeder vorausschauenden Bauleitplanung (vgl. BayVGH, Urt. v. 22.11.2004 - 20 N 02.1326 -). Auch sind die Voraussetzungen für den Erlass eines Baugebots nach den §§ 176 Abs. 1, 175 Abs. 2 BauGB ungleich enger und setzen voraus, dass die a l s b a l d i g e D u r c h f ü h r u n g der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen e r f o r- d e r l i c h ist, wobei auch ein dringender Wohnbedarf der Bevölkerung berücksichtigt werden darf.
71 
Die Durchführbarkeit und damit die Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 BauGB wäre auch nicht aufgrund des Eingreifens artenschutzrechtlicher Verbote nach §§ 39, 44 BNatSchG n. F. in Frage gestellt. Insoweit kann auf das Ergebnis der ohne weiteres überzeugenden artenschutzrechtlichen Prüfung Bezug genommen werden. Anderes folgt auch nicht aus dem - zumal vor der „Baufeldbereinigung“ beobachteten - Vorkommen „geschützter Schmetterlingsarten“. Bei lediglich „anderen besonders geschützten Arten“ i. S. des § 42 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG a. F. bzw. § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG n. F. läge ohnehin kein Verstoß gegen die Zugriffsverbote vor, da ein nach § 19 BNatSchG a. F. bzw. § 15 BNatSchG n. F. zulässiger Eingriff in Rede stünde (vgl. § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB). Auch wenn im Bereich des nicht untersuchten Grundstücks im südlichen Teil des Plangebiets anderes gälte, ließe dies die Wirksamkeit des Bebauungsplans im Übrigen ersichtlich unberührt.
72 
Inwiefern der Antragsgegnerin schließlich eine Überplanung der am 23.07.1985 festgesetzten Grünfläche aus anderen Rechtsgründen verwehrt sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Solches folgt insbesondere nicht daraus, dass jene offenbar im Wege des Flächenabzugs nach § 55 Abs. 2 BauGB vorab aus der Umlegungsmasse ausgeschieden worden war. Auch war die Grünfläche seinerzeit nicht als Ausgleichsfläche für einen Eingriff in Natur und Landschaft festgesetzt worden. Anderes folgt auch nicht aus dem Hinweis in Nr. 13.7 der Planbegründung, dass die in der Gesamtplanung „H.“ vorgesehene große Grünzone als „ausgleichende Ersatzmaßnahme“ angesehen werde. Nicht zuletzt aus dem weiteren, erkennbar auf die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 23.11.1983 bezogenen Hinweis, dass eventuelle Amphibienwanderwege durch entsprechende Planungen im Bauabschnitt II berücksichtigt würden, erhellt, dass der als öffentliche Grünfläche ausgewiesene Grünzug (Nr. 13.5) auch nicht als Teil jener „großen Grünzone“ begriffen wurde.
73 
Auch Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gemeinderat nicht nur über ursprüngliche Planungsvorstellungen, sondern über wirksam gegebene Zusicherungen hinsichtlich einer lockereren Bebauung hinweggesetzt hätte, liegen nicht vor.
74 
2. Allerdings sind der Antragsgegnerin sonstige (materielle) Fehler im Abwägungsvorgang (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB) unterlaufen. Der pauschale und zudem unvollständige Hinweis im Hinblick auf etwaige „Mängel der Abwägung“ führt dazu, dass auch jene uneingeschränkt geltend gemacht werden können (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, VBlBW 2009, 186, Urt. v. 09.06.2009, a.a.O.).
75 
a) Ein solcher Fehler ist dem Gemeinderat der Antragsgegnerin zunächst insofern unterlaufen, als er das (durchaus zutreffend ermittelte und bewertete) Interesse der Anwohner, auch der Antragsteller, letztlich nur unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung (keine „eklatante Verschlechterung der Aussicht“, „Beeinträchtigungen infolge der Höhenfestsetzungen minimieren“) sowie der gebotenen Rücksichtnahme berücksichtigte. Deren Interesse an einem Erhalt der sie tatsächlich begünstigenden öffentlichen Grünfläche (Lebens- und Wohnqualität, Erholungsraum) wurde demgegenüber nach Aktenlage nicht berücksichtigt, auch nicht in den vom Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung in Bezug genommenen Empfehlungen in der Sitzungsvorlage. Vielmehr wurde auf den seinerzeit beschränkten Zweck der Festsetzung verwiesen. Dass das von den Antragstellern geltend gemachte Interesse an einer Beibehaltung der bisherigen Situation nicht als abwägungsbeachtlich erkannt wurde, lässt sich auch dem Vorbringen der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren entnehmen. So wurde den Antragstellern jegliche Schutzwürdigkeit im Hinblick auf die sie begünstigende Grünflächenfestsetzung abgesprochen. Aus all dem kann nur der Schluss gezogen werden, dass jener private Belang vom Gemeinderat tatsächlich nicht für abwägungsbeachtlich (vgl. auch die Äußerung eines Gemeinderats, wonach „auf den Erhalt der Umgebung kein Rechtsanspruch“ bestehe) und lediglich eine an dem Gebot der Rücksichtnahme und dem Sinn und Zweck der Abstandsflächenvorschriften orientierte anwohnerverträgliche Umsetzung der jedenfalls beabsichtigten Überplanung der Grünfläche für erforderlich gehalten wurde.
76 
Zwar hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin dem nunmehr entgegengehalten, dass die Frage, ob die Grünfläche überhaupt überplant werden solle, bereits Gegenstand der vorausgegangenen Suche nach für eine jedenfalls vorgesehene Nachverdichtung geeigneten Flächen gewesen sei, was auch dem Gemeinderat klar gewesen sei. Doch fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der letztlich zuständige Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung den 2006 beschlossenen Stadtentwicklungsplan aufgegriffen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB), sich eine etwa im Rahmen der vorausgegangenen Untersuchung getroffene Abwägung zu eigen gemacht und darüber hinaus die Besonderheit gerade des vorliegenden Plangebiets in den Blick genommen hätte, dass nämlich die Grünfläche, mag sie aus Sicht der Antragsgegnerin auch noch nicht endgültig i.S. des Erschließungsbeitragsrechts hergestellt worden sein (vgl. hierzu allerdings § 125 Abs. 1a Nr. 2 BauGB a.F. bzw. § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB), jedenfalls den mit ihrer Festsetzung verfolgten Zweck erfüllte und die Anwohner dadurch tatsächlich begünstigt wurden. Der weitere Hinweis darauf, dass die Grünfläche nie endgültig hergestellt worden und damit als Brachland anzusehen gewesen sei, bestätigt letztlich die Einschätzung des Senats.
77 
Ein entsprechender Fehler - teilweiser Abwägungsausfall - ist dem Gemeinderat auch hinsichtlich der mit der Grünfläche bezweckten räumlichen Trennung der Baugebiete unterlaufen. Obwohl die Antragsgegnerin wiederholt auf diesen beschränkten Zweck der Grünflächenfestsetzung hingewiesen hatte, finden sich, obwohl dies eigentlich zu erwarten gewesen wäre, keine Erwägungen dazu, warum dieser städtebauliche Grund nicht mehr tragfähig sein sollte. Weder der seinerzeitigen Planbegründung noch den entsprechenden Bebauungsplanakten lässt sich schließlich entnehmen, dass jene Festsetzung - wie der Bürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat indessen geltend gemacht hat - allein im Hinblick auf den weiteren, derzeit jedoch nicht absehbaren weiteren Bauabschnitt der Gesamtplanung „H. II“ getroffen worden wäre. Im Übrigen ist es keineswegs gesichert, dass es aufgrund der von ihm angeführten, wenn auch gewichtigen und überzeugenden städtebaulichen Erwägungen trotz der entsprechenden Darstellungen im Flächennutzungsplan tatsächlich zu keiner weiteren (nördlichen) Bebauung des „H.“ kommt.
78 
Ein weiterer Fehler im Abwägungsvorgang liegt schließlich darin, dass sich der Gemeinderat bei seiner Entscheidung, die festgesetzte Grünfläche mit einer Baugebietsfestsetzung zu überplanen, maßgeblich von dem - tatsächlich aber nicht beachtlichen - Belang hat leiten lassen, mit dem Verkauf der neu geschaffenen Baugrundstücke anderweitige Gemeindeaufgaben finanzieren zu können.
79 
All diese Fehler im Abwägungsvorgang ergeben sich ohne weiteres aus den Bebauungsplanakten, insbesondere aus den Gemeinderatsprotokollen und sind daher offensichtlich. Darüber hinaus waren sie insofern auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB), als die konkrete Möglichkeit bestand, dass ohne die Mängel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen abzeichnet, dass ein Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33). Denn je nachdem, welches Gewicht der Gemeinderat den vom Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung dargelegten konkreten städtebaulichen Gründe beigemessen hätte, kam ohne Weiteres in Betracht, dass von der Maßnahme der Innenentwicklung ganz oder zumindest teilweise abgesehen worden wäre. So hat der Gemeinderat auch sonst erkennen lassen, dass er im Hinblick auf andere nicht unerheblich betroffene Belange auch auf das eine oder andere Baufenster zu verzichten bereit war.
80 
b) Dies gilt umso mehr, als - wie ausgeführt - auch die Umwelt- bzw. Naturschutzbelange bzw. die Belange des Landespflege (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) aufgrund der dem Gemeinderat insoweit unterlaufenen Ermittlungsdefizite nur unzureichend berücksichtigt worden waren. Diese hatten insofern einen weiteren Fehler im Abwägungsvorgang zur Folge, der sich für sich allein genommen allerdings nur auf den südlichen Teil des Plangebiets ausgewirkt hätte.
81 
c) Demgegenüber wurden die weiteren von den Antragstellern angeführten Belange vom Gemeinderat zu Recht nicht als gegen eine Überplanung sprechend berücksichtigt. Insbesondere konnte gegen die Planung - wie ausgeführt - nicht eingewandt werden, dass die Grünfläche als Ausgleich oder Ersatz für eine im Übrigen dichte Bebauung vorgesehen gewesen wäre. Auch wurde mit der Grünflächenfestsetzung keineswegs naturschutzrechtlichen oder wasserwirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen, welche bei einer Überplanung erneut abzuwägen gewesen wären. Auch dafür, dass gerade dort Flächen für eine Fuß- und Radwegverbindung nach Merklingen offen gehalten werden sollten, bestanden keinerlei Anhaltspunkte. Der bloße Umstand, dass die überplante Grünfläche aufgrund ihrer dem Baugebiet dienenden Funktion offenbar im Wege des Flächenabzugs aus der damaligen Umlegungsmasse vorweg ausgeschieden worden war, stellte für sich genommen schon keinen abwägungsbeachtlichen Belang dar.
82 
d) Inwiefern sich eine Führung der Erschließungsstraße (Fortführung der Franz-Hammer-Straße) unmittelbar entlang der Wohngebäude an der Hermann-Schütz-Straße 10 - 30 aufgedrängt hätte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Zwar wären die neu vorgesehenen Baufenster in diesem Fall weiter von den dort vorhandenen Wohngebäuden entfernt, jedoch wären deren zur Grünfläche hin orientierten (Außen-)Wohnbereiche dann erstmals vom Erschließungsverkehr betroffen und insofern nicht unerheblich in ihrer Nutzbarkeit beeinträchtigt.
83 
Dass von der Festsetzung einer Baulinie parallel zur Erschließungsstraße abgesehen wurde, kann im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angeführten Interessen der künftigen Grundstückseigentümer nicht beanstandet werden.
84 
Dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin maßgeblich auf die Abstände zu den bereits vorhandenen Wohngebäuden und damit auf den besonders schutzwürdigen Bestand und weniger auf die im Ursprungsbebauungsplan festgesetzten Baufenster abgestellt haben mag, begegnete ebenso wenig rechtlichen Bedenken.
85 
Dass nicht nur eine zur Erschließungsstraße parallele Firstrichtung, sondern auch eine senkrecht hierzu verlaufende zugelassen wurde, ist ebenso wenig zu beanstanden. So ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) gewünschte Nutzung von Solar- und Fotovoltaikanlagen dadurch zumindest erleichtert wird, mag die getroffene Festsetzung hierfür auch keine notwendige Voraussetzung sein.
86 
Dass die im Zuge der Erschließung des Baugebiets vorgenommenen Aufschüttungen bei den mit der 2. Änderung in den Bebauungsplan aufgenommenen Festsetzungen der Höhenlage entgegen der grundsätzlichen Planungsvorstellung (vgl. auch die Planbegründung Nr. 3.2) - von einer strikten Vorgabe des Plangebers kann insoweit ersichtlich nicht gesprochen werden (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 27.10.2010 - 5 S 1292/10 -) - nicht durchweg außer Betracht gelassen wurden, sondern nur dort, wo „erkennbar unnatürliche Aushubhügel“ in Rede standen, kann ebenso wenig beanstandet werden wie der Umstand, dass sich die Bezugshöhe nicht immer an der Höhe der jeweiligen Erschließungsstraße orientierte. Entscheidend ist, dass nunmehr hinreichend bestimmte Festsetzungen zur Höhenlage nach § 9 Abs. 3 BauGB getroffen sind, die auch im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Anwohner Fehler nicht erkennen lassen. Insbesondere konnten diese entgegen der Auffassung der Antragsteller durchaus - im Hinblick auf die in der Planbegründung angeführten städtebaulichen Erfordernisse - auch von der tatsächlichen Geländeoberfläche bzw. den in den Ursprungsbebauungsplan von 1983 lediglich nachrichtlich aufgenommenen Höhenlinien abweichen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB 11. A. 2009, § 9 Rn. 103), zumal sich auch anhand der bisherigen Höhenlinien nicht mehr alle Aufschüttungen hätten eindeutig feststellen lassen.
87 
Auch daraus, dass einzelne Grundstücke wieder aus dem Plangebiet herausgenommen wurden, lässt sich kein sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang herleiten, mag dies auch dazu geführt haben, dass weniger Baufenster ausgewiesen werden konnten. Denn dafür gab es jeweils nachvollziehbare Gründe. So beruhte die Zurücknahme des Baufensters auf dem Grundstück Flst. Nr. 3887/1 ersichtlich auf einer ursprünglich fehlerhaften katastermäßigen Darstellung dieses Grundstücks. Auch die Herausnahme des während des Verfahrens verkauften Grundstücks Flst. Nr. 3887/2, das von der (Vor-) Planung noch erfasst gewesen war, leuchtet aufgrund seiner geringen Größe ohne weiteres ein. Aufgrund seiner topografischen Lage (Geländeversprung von 2 m), der Nähe zur Trafostation, der während des Verfahrens vorgenommenen Verkleinerung der für eine Bebauung in Betracht kommenden Fläche und der vom Bürgermeister angeführten nachteiligen Wirkungen einer Bebauung auf die Nachbarschaft, erscheint auch die Herausnahme des Grundstücks Flst. Nr. 3899/10 ohne weiteres plausibel. Einen für die Abwägung beachtlichen Grundsatz des Inhalts, dass von einer Maßnahme der Innenentwicklung regelmäßig alle in Betracht kommenden Grundstücke erfasst werden müssten, damit alle Nachbarn gleichermaßen betroffen würden, gibt es ersichtlich nicht; ein solcher lässt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG herleiten.
88 
Irgendwelche Hinweise, wonach die Grünfläche nicht zuletzt deshalb - abwägungsfehlerhaft - überplant worden wäre, weil ein Anwohner angebliche Versäumnisse der Antragsgegnerin bei der Beantragung eines Zuschusses für den Bau der Mensa „aufgedeckt“ hätte, lassen sich den Bebauungsplanakten nicht entnehmen.
89 
Der neue Standort für den Kinderspielplatz wäre zwar weiterhin stufenlos erreichbar (vgl. § 9 Abs. 2 LBO), erscheint jedoch aufgrund dessen, dass eine weitere (nördliche) Bebauung des „H.“ derzeit nicht absehbar ist, wenig überzeugend, mag den sich aus § 1 LBOAVO ergebenden Vorgaben auch noch in der Ausführungsplanung Rechnung getragen werden können und insoweit noch kein Verstoß gegen das Konfliktbewältigungsgebot vorliegen. Naheliegender wäre jedenfalls ein Standort im Bereich des Grundstücks Nr. 3944/1 gewesen. Dies mag hier freilich auf sich beruhen.
90 
3. Inwiefern schließlich auch das vom Gemeinderat gefundene Abwägungsergebnis fehlerhaft wäre, weil die öffentlichen und privaten Belange entgegen § 1 Abs. 7 BauGB auch im Ergebnis nicht gerecht abgewogen worden wären (sog. Abwägungsdisproportionalität), ist schließlich nicht zu erkennen. Dies folgt insbesondere nicht schon daraus, dass die konkrete Möglichkeit bestand, dass die Planung bei einer ordnungsgemäßen Abwägung anders ausgefallen wäre. Das Abwägungsergebnis ist vielmehr erst dann zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht mehr zum selben Ergebnis führen könnte, weil anderenfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.09.2010 - 4 CN 2.10 -, BauR 2011, 225). Insbesondere kann rechtlich nicht beanstandet werden, wenn ein bisher als öffentliche Grünfläche festgesetztes Gebiet im Wege der Innenentwicklung künftig als Bau- und Verkehrsfläche genutzt werden soll. Dass in das Plangebiet nicht alle zu einer entsprechenden Umnutzung potentiell geeigneten Flächen einbezogen worden sein mögen, führt ersichtlich noch auf kein fehlerhaftes Abwägungsergebnis, solange das verfolgte Planungsziel mit dem entsprechend verkleinerten Plangebiet - wie hier - weiterhin erreichbar ist.
91 
Nach alldem ist der angegriffene Bebauungsplan wegen sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang (hinsichtlich der zu berücksichtigenden, gegen eine Überplanung sprechenden privaten und öffentlichen Belange sowie hinsichtlich des leitend gewesenen Belangs der Erzielung von Verkaufserlösen zur Finanzierung anderweitiger Gemeindeaufgaben) insgesamt für unwirksam zu erklären. Diese könnten freilich vor dem Hintergrund der vom Bürgermeister überzeugend dargelegten städtebaulichen Gründe (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB) - insbesondere einer aufgrund eines entsprechenden Bedarfs jedenfalls gewünschten Nachverdichtung auf allen dafür geeigneten, insbesondere aufgrund ihrer Verfügbarkeit ohne weiteres überplanbaren Flächen - im Wege eines ergänzenden Verfahrens - ggf. auch mit der Folge eines modifizierten Abwägungsergebnisses - behoben werden (vgl. § 214 Abs. 4 BauGB). Gleiches gilt für die der Antragsgegnerin im südlichen Teil des Plangebiets unterlaufenen Fehler bei der Ermittlung und Bewertung der Naturschutzbelange.
92 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Senat sieht davon ab, sie entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
93 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
94 
Beschluss vom 6. Mai 2011
95 
Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren endgültig auf EUR 20.000,-- festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs 2004).
96 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
35 
Die nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften, gegen den Bebauungsplan „H. Süd – 1. Änderung“ der Antragsgegnerin vom 30.06.2009 in der Fassung des Bebauungsplans „H. Süd – 2. Änderung“ vom 01.06.2010 gerichteten Normenkontrollanträge der Antragsteller sind zulässig (I) und begründet (II).
I.
36 
Die ursprünglichen Normenkontrollanträge sind am 29.07.2009 ersichtlich innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Den Antragstellern kann ungeachtet der inzwischen hinsichtlich der Bezugsgröße für die Erdgeschossfußbodenhöhe vorgenommenen Planänderungen auch nicht die erforderliche Antragsbefugnis abgesprochen werden.
37 
Antragsbefugt ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss Tatsachen vortragen, die es möglich erscheinen lassen, dass die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung seine Rechte verletzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123; Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215). Zumindest muss er substantiiert darlegen, dass sein aus dem (insofern drittschützenden) Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) folgendes subjektiv öffentliches Recht auf gerechte Abwägung seiner Belange verletzt sein kann. Dies setzt voraus, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung gerade seiner abwägungsbeachtlichen - insbesondere nicht nur geringwertigen sowie schutzwürdigen - Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1998, a.a.O.). Dies ist hier der Fall.
38 
Soweit die Antragsteller hierzu geltend gemacht haben, dass es im angegriffenen Bebauungsplan an der im Hinblick auf den Nachbarschutz erforderlichen Bezugsgröße für die Erdgeschossfußböden fehle (vgl. § 9 Abs. 3 BauGB; hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB <96. Erg.lfg. 2010> § 9 Rn. 243 ff. m.w.N.; VGH Bad.-Würt., Beschl. v. 10.02.1972 - I 501/70 -, BRS 25 Nr. 4), vermag dies ihre Antragsbefugnis nicht mehr zu begründen, nachdem mit der 2. Planänderung nunmehr für jedes Baugrundstück separate Bezugshöhen in den Bebauungsplan aufgenommen wurden, sodass die Antragsteller nun jedenfalls wissen, mit welchen Beeinträchtigungen sie für den Fall einer Überbauung der an ihre Grundstücke angrenzenden Grünfläche zu rechnen haben.
39 
Jedoch machen die Antragsteller geltend, dass auch die sich nunmehr ergebenden Gebäudehöhen (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) mit ihren nachbarlichen Interessen nicht vereinbar seien, da schon die Bezugshöhen teilweise deutlich über dem ursprünglichen Gelände nach der Bestandskarte von 1983 lägen. So seien die im Zuge der Bebauung des Baugebiets „H. Süd“ vorgenommenen Aufschüttungen entgegen den Bekundungen der Antragsgegnerin im Bebauungsplanverfahren nun doch nicht durchweg außer Ansatz geblieben. Insofern seien auch ihre Grundstücke, obwohl sie höher lägen, im Hinblick auf eine ausreichende Belichtung und Besonnung weiterhin nachteilig betroffen. Dem lässt sich nicht schon entgegenhalten, dass Festsetzungen zur Gebäudehöhe - als Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung - ohnehin nicht nachbarschützend seien. Denn auch dann können entgegenstehende nachbarliche Belange abwägungsfehlerhaft übergangen oder hintangestellt worden sein. Solches kommt hier durchaus in Betracht, zumal auch die Firstrichtung (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB<“Stellung der baulichen Anlagen“>) nicht auf eine solche parallel zur Erschließungsstraße beschränkt wurde und, worauf die Antragsteller zu Recht hinweisen, die nordöstlich an ihre Wohngrundstücke angrenzenden Grundstücke aufgrund der im Ursprungsbebauungsplan „H. – Süd“ getroffenen Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche mit Spielplatz bislang überhaupt nicht bebaubar waren.
40 
Zwar dient die planerische Ausweisung eines innerstädtischen Grünzuges - ebenso wie die eines Kinderspielplatzes (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 31.05.1974 - VIII 450/73 -) - regelmäßig allein dem Interesse der Allgemeinheit, sofern sich nicht aus dem Bebauungsplan und seiner Begründung ergibt, dass sie auch den Schutz der Eigentümer anliegender Grundstücke bezwecken soll (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 15.09.1994 - 2 S 24.94 -, NuR 1995, 299). Solches lässt sich hier weder dem Bebauungsplan noch seiner Begründung oder den entsprechenden Verfahrensakten entnehmen. Vielmehr beruhte die Festsetzung – ebenso wie die entlang des Grünstreifens lediglich vorgesehene Bebauung mit Einfamilienhäusern – allein auf städtebaulichen Erwägungen. So sollte zur bestehenden Bebauung (im Baugebiet „H. I“) im Bereich der Franz-Hammer-Straße und der Zeppelinstraße eine räumliche Trennung erreicht werden. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die festgesetzte Grünfläche im späteren Umlegungsverfahren offenbar im Wege des Flächenabzugs (vgl. § 55 Abs. 2 BauGB) vorweg aus der Umlegungsmasse ausgeschieden worden war. Zwar hatte dies nach § 55 Abs. 2 2. Hs. BauGB in der bis zum 30.06.1987 geltenden Fassung vorausgesetzt, dass sie überwiegend den Bedürfnissen der Bewohner des Umlegungsgebiets dienen sollte (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19.01.1984 - II ZR 185/82 -, BGHZ 89, 353), doch ist dies bereits dann der Fall, wenn sie nach ihrer Größe den üblichen gebietsbezogenen Einrichtungen dieser Art entsprechen; insofern durfte sie lediglich keine über das Umlegungsgebiet hinausgehende Funktion erfüllen (vgl. Birk, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB 2009, § 55 Rn. 19).
41 
Jedoch wurden die Antragsteller durch die Festsetzung der - nicht überbaubaren - öffentlichen Grünfläche (vgl. § 9 Abs. 1 Nrn. 10, 15 BauGB) gleichwohl faktisch begünstigt. Wird diese später geändert und erweist sich die Änderung für einzelne Planbetroffene - auch für die Antragsteller - als nachteilig, so können sie die Änderung regelmäßig in einem Normenkontrollverfahren zur Überprüfung bringen. Denn sie dürfen darauf vertrauen, dass der Plan nicht ohne Berücksichtigung ihrer Interessen geändert wird. Zwar gewährt das Baugesetzbuch keinen Anspruch auf den Fortbestand eines Bebauungsplans und schließt auch Änderungen des Plans nicht aus. Das bedeutet aber nur, dass die Aufhebung oder Änderung eines Bebauungsplans, auch wenn sie für die Planbetroffenen nachteilig sind, rechtmäßig sein k ö n n e n. Für die Antragsbefugnis unerheblich ist, dass mit der Aufhebung oder Änderung bestehender Bebauungspläne stets gerechnet werden muss. Entscheidend ist, ob die Planänderung ein nicht geringwertiges privates Interesse berührt. Ein solches Interesse ist aber nicht nur dann gegeben, wenn der Bebauungsplan in seiner ursprünglichen Fassung ein subjektives öffentliches Recht begründet hat. Führt eine Planänderung dazu, dass Nachbargrundstücke - wie hier - in anderer Weise als bisher genutzt werden dürfen, gehören die I n t e r e s s e n der Nachbarn a n d e r B e i b e h a l t u n g d e s b e s t e h e n d e n Z u s t a n d e s grundsätzlich zum notwendigen Abwägungsmaterial. Zwar bedeutet die Annahme der Abwägungsbeachtlichkeit nachbarrechtlicher Interessen nicht, dass sie sich in der Abwägung auch durchsetzen m ü s s e n (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.09.1988 - 4 NB 15.88 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 34). Ob sie aber Gegenstand der Abwägung waren und dabei hinreichend berücksichtigt worden sind, kann der betroffene Nachbar im Wege der Normenkontrolle überprüfen lassen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 20.08.1992 - 4 NB 3.92 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 69, Beschl. v. 09.02.1995 - 4 NB 17.94 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 102; auch Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 16.87 -, Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 2).
42 
Vor diesem Hintergrund kann den Antragstellern aber auch mit dem Hinweis jedenfalls nicht die Antragsbefugnis abgesprochen werden, dass ihre Interessen durch die nunmehr festgesetzten Höhenlagen, die sich maßgeblich an der vorhandenen Bebauung, dem Rücksichtnahmegebot und den landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften orientierten und nach der öffentlichen Auslegung der Planänderung noch einmal zugunsten der Anwohner reduziert wurden, nur mehr geringfügig betroffen wären. Denn dass ihr Interesse an der Beibehaltung des bestehenden Zustandes nicht ordnungsgemäß abgewogen wurde, kommt jedenfalls noch in Betracht.
II.
43 
Der Bebauungsplan „H. Süd - 1. Änderung“ i. d. F. der 2. Änderung vom 01.06.2010 ist bereits verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
44 
1. Beachtliche bleibende Verfahrensfehler, die sich letztlich aus dem Verstoß gegen rechtsstaatliche Anforderungen ergeben, liegen allerdings nicht vor.
45 
a) Soweit die Antragsteller zunächst geltend machen, es fehle hinsichtlich des „Bebauungsplans „H. Süd - 1. Änderung“ vom 30.06.2009 bereits an einem hinreichend bestimmten Satzungsbeschluss, geht dies fehl. Denn aufgrund der zulässigen Bezugnahme auf die Gemeinderatsvorlage Nr. 43/2009 steht fest, mit welchem Plan und Text, nämlich in der jeweiligen Fassung vom 28.04.2009, der Bebauungsplan seinerzeit beschlossen wurde. Dass in dem Satzungsbeschlussentwurf einmal der Ortsteil Schafhausen erwähnt ist, stellt eine bloße unschädliche Falschbezeichnung dar.
46 
b) Soweit die Antragsteller weiter rügen, es liege insoweit kein Gemeinderatsbeschluss vor (vgl. § 214 Abs. 1 Nr. 4 BauGB), als einzelne Grundstücke aus dem Plangebiet herausgenommen worden seien und im Bereich des von der Franz-Hammer-Straße ausgehenden Fußweges nunmehr doch eine Treppe vorgesehen sei, trifft dies ausweislich der Gemeinderatsprotokolle ersichtlich nicht zu.
47 
c) Die in Rede stehenden Änderungsbebauungspläne wurden auch ordnungsgemäß vom Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt.
48 
Dies gilt zunächst für den vom Gemeinderat am 30.06.2009 beschlossenen Bebauungsplan „H. Süd - 1. Änderung“. Abgesehen davon, dass diesem Erfordernis bereits dadurch entsprochen war, dass mit der Beurkundung auch von § 3 der Tagesordnung vom 30.06.2009 (vgl. Protokollband) auch der Satzungsbeschluss beurkundet wurde, in dem über eine Bezugnahme auf den Satzungstext in der Gemeinderatsvorlage Nr. 43/2009 auch in einer Weise auf den Lageplan und die planungsrechtlichen Festsetzungen Bezug genommen wurde, die Zweifel an der Identität ausschlossen (vgl. Senat, Urt. v. 08.05.1990 - 5 S 3064/88 - , VBlBW 1991, 19, Urt. v. 24.09.1993 - 5 S 800/92 -, VBlBW 1994, 101; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303), wurden der Lageplan und der gesamte Textteil (Planungsrechtliche Festsetzungen und Örtliche Bauvorschriften) am 03.07.2009 gesondert ausgefertigt.
49 
Für den am 01.06.2010 beschlossenen Bebauungsplan „H. Süd - 2. Änderung“ gilt nichts anderes. Auch hier wurde mit der einheitlichen Beurkundung auch von § 6 der Tagesordnung auch der gefasste Satzungsbeschluss beurkundet (vgl. das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Originalprotokoll), in dem über eine Bezugnahme auf den Satzungstext in der Gemeinderatsvorlage Nr. 39/2010 wieder in einer Weise auf den Lageplan und die planungsrechtlichen Festsetzungen (i. d. F. vom 19.05.2010) Bezug genommen wurde, die Zweifel an der Identität ausschlossen. Darüber hinaus wurde auch hier der Lageplan/Textteil am 02.06.2010 gesondert ausgefertigt.
50 
c) Zwar dürfte es noch an einer ordnungsgemäßen öffentlichen Bekanntmachung der am 30.06.2009 beschlossenen und am 03.07.2010 ausgefertigten Satzung über die Örtlichen Bauvorschriften fehlen, doch sind diese nicht Gegenstand des vorliegenden Normenkontrollantrags.
51 
2. Jedoch liegt insofern ein offensichtlicher und auch auf das Ergebnis von Einfluss gewesener Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i. V. m. § 2 Abs. 3 BauGB vor, als im südlichen Teil des Plangebiets die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht ordnungsgemäß ermittelt wurden. Weitere Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 1 - 3 und Abs. 2a BauGB, die trotz der - im Hinblick auf Abwägungsmängel („Mängel der Abwägung“) - fehlerhaften Hinweise nach § 215 Abs. 2 BauGB innerhalb eines Jahres geltend zu machen waren bzw. sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.06.2009 - 3 S 1108/07 -, NVwZ-RR 2009, 953), liegen demgegenüber nicht vor.
52 
a) Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 BauGB liegen nicht vor. Dass die Antragsgegnerin zu Unrecht das nach § 13a Abs. 4 BauGB auch bei einer Änderung eines Bebauungsplans Anwendung findende beschleunigte Verfahren nach § 13a BauGB - und bei der 2. Änderung - das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB gewählt hätte, ist nicht zu erkennen.
53 
Dass die Änderung der Nutzung im Bereich der vormaligen öffentlichen Grünfläche in eine Bau- und Verkehrsfläche eine andere Maßnahme der Innenentwicklung i. S. des § 13a Abs. 1 BauGB darstellt, ist offensichtlich. Hierunter fallen insbesondere auch innerhalb des Siedlungsbereichs befindliche Flächen, die einer anderen Nutzungsart zugeführt werden sollen; hierfür kommen grundsätzlich auch Grünflächen in Betracht (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O., § 13a Rn. 27; einschränkend Gierke, in: Brügelmann, BauGB für bisher nicht bebaute - hier freilich ohnehin nicht in Rede stehende - sog. Außenbereichsinseln). Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 b BauGB genannten Schutzgüter lagen ersichtlich nicht vor. Dass die Antragsgegnerin diese Verfahrensart deshalb gewählt haben mag, um keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen zu müssen (vgl. § 13a Abs. 2 Nr. 1, 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB), wäre jedenfalls nicht zu beanstanden. Dass der einschlägige Flächennutzungsplan im Bereich des Plangebiets noch einen Kinderspielplatz darstellte, stand einem beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB ebenso wenig entgegen.
54 
Dass im Hinblick auf das 2. Änderungsverfahren die Voraussetzungen für ein vereinfachtes (nicht beschleunigtes!) Verfahren nach § 13 BauGB vorlagen, liegt auf der Hand. So wurden durch die Aufnahme von Festsetzungen nach § 9 Abs. 3 BauGB ersichtlich nicht die Grundzüge der Planung berührt.
55 
b) Allerdings ist der Antragsgegnerin ein Ermittlungsdefizit i. S. des § 214 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB unterlaufen; insoweit steht seit Inkrafttreten des EAG Bau ebenfalls ein Verfahrens- und kein Abwägungsfehler mehr in Rede.
56 
So wurden Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, wozu insbesondere die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt gehören (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 a BauGB), nicht in jeder Hinsicht zutreffend ermittelt.
57 
Allerdings hatte die Antragsgegnerin ungeachtet dessen, dass nach §§ 13a Abs. 2 Nr. 1, 13 Abs. 3 Satz 1 BauGB eine Umweltprüfung entbehrlich war, eine artenschutzrechtliche Prüfung veranlasst. Zwar lag dem Gemeinderat das entsprechende, von der Verwaltung eingeholte Gutachten vom Oktober 2008 nicht vor - der Sitzungsvorlage war dieses nicht angeschlossen -, doch wurde in den Empfehlungen der Verwaltung zur Behandlung der Anregungen und Einwände verschiedentlich auf das Gutachten verwiesen. Auch war dem Gemeinderat bereits aufgrund der Gemeinderatsvorlage Nr. 16/2009 im Hinblick auf die seinerzeit anstehende Entscheidung für ein beschleunigtes Verfahren das Untersuchungsergebnis hinlänglich bekannt.
58 
Die artenschutzrechtliche Prüfung bezog sich indes nicht auf das gesamte Plangebiet. Zwar entsprach „die zu untersuchende Fläche dem Plangebiet einschließlich angrenzender Kontaktlebensräume“ (S. 1). Als „Plangebiet“ war nach den Erläuterungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung allerdings nur die aus dem Stadtplan ersichtliche Grünfläche gemeint; zwar war der südliche Teil des Plangebiets gleichwohl als „angrenzender Kontaktlebensraum“ von der Untersuchung erfasst. Dies galt jedoch nicht für das ebenfalls zum festgesetzten Plangebiet gehörende, aufgrund einer Hecke nicht ohne weiteres einsehbare Grundstück Flst. Nr. 3887/1. Dieses war, wie der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, auch nicht ohne weiteres zugänglich und daher unberücksichtigt geblieben. Auch dort sollen sich nach dem Vorbringen der Antragsteller aber mehrere über Jahrzehnte gewachsene Gehölze und Steinriegel befinden.
59 
Hinzu kommt, dass die Untersuchung - entsprechend dem Gutachtensauftrag der Antragsgegnerin - auf die europarechtlich geschützten Arten „fokussierte“ und im Sinne einer überschlägigen Betrachtung (lediglich) die nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders bzw. streng geschützten Arten berücksichtigte (S. 1). Sämtliche „nicht bewertungsrelevante“ Arten blieben demgegenüber im Gutachten und insofern auch in der Abwägungsentscheidung des Gemeinderats unberücksichtigt. Insbesondere wurden auch die von den Antragstellern sowohl vor als auch während der Auslegung behaupteten Auswirkungen auf die Insektenwelt, namentlich auf verschiedene „geschützte Schmetterlingsarten“, nicht in den Blick genommen. Die Naturschutzbelange gehörten indessen unabhängig davon, ob die Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG a. F. (§ 44 BNatSchG n. F.) ausgelöst würden, zum notwendigen Abwägungsmaterial.
60 
Zwar kann zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 30.06.2009 aufgrund der am 18.02.2009 im Bereich der vormaligen Grünfläche durchgeführten Rodungsmaßnahmen, die sich nach den Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nicht nur auf den Bereich der künftigen Verkehrsfläche erstreckten, von einem entsprechenden Ermittlungsdefizit nicht mehr gesprochen werden. Für den südlichen, noch nicht gerodeten Teil des Plangebiets bleibt es indessen bei dem festgestellten Ermittlungsdefizit hinsichtlich des Grundstücks Flst. Nr. 3887/1 und hinsichtlich der „nicht bewertungsrelevanten“ Arten.
61 
Zwar mag es mit den Antragstellern unbefriedigend erscheinen, dass die dem geltenden Bebauungsplan ungeachtet dessen, dass die Grünfläche im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts noch nicht endgültig hergestellt gewesen sein mag (vgl. allerdings § 125 Abs. 1a Nr. 1 BauGB a. F. bzw. § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB n.F.), zuwiderlaufende vorzeitige „Baufeldbereinigung“ der Antragsgegnerin „zugutekommt“. Jedoch kann der ansonsten (in zweiseitigen Verhältnissen) denkbare Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht dazu führen, dass tatsächlich nicht mehr berührte Belange ein Ermittlungsdefizit begründen. Ob eine Rechtsnorm im Hinblick auf die ihr zugrundeliegende Abwägungsentscheidung wirksam ist oder nicht, beurteilt sich allein nach der (objektiven) Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan.
62 
Diese - offensichtlichen - Ermittlungsfehler waren insofern auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss, als die Planung ohne sie im - abtrennbaren - südlichen Teil des Plangebiets nicht zuletzt aufgrund seiner Kleinräumigkeit und der dortigen Erschließungsproblematik anders ausgefallen sein könnte, mag es sich auch hier nur um ein „antropogen überformtes Gelände“ handeln (vgl. artenschutzrechtliches Gutachten, S. 5), welches nach Einschätzung des Gutachters in der mündlichen Verhandlung noch weniger artenschutzrechtlich bedeutsam ist.
63 
Die von den Antragstellern angesprochene Verschlechterung der Amphibienwanderwege in Richtung auf die Feuchtgebiete im „Merklinger Ried“ im Grünbereich zwischen Weil der Stadt und Merklingen (vgl. die Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt Böblingen v. 23.11.1983 u. 25.01.1984 zum seinerzeit auch das Baugebiet „H. Süd“ umfassenden Baugebiet „H. II“) sollten nach dem Ursprungsbebauungsplan dagegen erst bei den Planungen betreffend den Bauabschnitt II berücksichtigt werden (vgl. Planbegründung zum Bebauungsplan „H. Süd“ Nr. 13.7).
64 
Nachdem die Hauptwindrichtung durch die Planung der Erschließungsstraße gewährleistet blieb, lagen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Frischluftversorgung der Innenstadt beeinträchtigt werden könnte. Dies lag umso ferner, als die untere Naturschutzbehörde beim Landratsamt Böblingen zum Vorentwurf zum umfassenden Bebauungsplan „H. II“ am 06.04./04.05.1982 bereits dahin Stellung genommen hatte, dass die Frischluftzufuhr für das Stadtgebiet (auch) durch die (insgesamt) geplante Überbebauung nicht wesentlich beeinträchtigt würde. Insofern musste sich die Antragsgegnerin auch im Planänderungsverfahren zu keinen weiteren Ermittlungen veranlasst sehen. Soweit vom Regionalverband Mittlerer Neckar unter dem 25.05.1984 auf die Ausformung der regionalplanerischen Grünzäsur zwischen den Teilorten, die erforderliche Ortsgestaltung und auf mögliche k l i- m a t i s c h e Auswirkungen einer Überbauung des Hanges zum Würmtal hingewiesen worden war, bezog sich dies auf einen künftigen nördlichen Baugebietsteil der Gesamtplanung „H. II“.
65 
Über etwaige von einer künftigen Bebauung ausgehende nachteilige Wirkungen auf die Ried-Quellen bzw. das Naturschutzgebiet „Merklinger Ried“ lag schließlich bereits ein im den ursprünglichen Bebauungsplan betreffenden Verfahren eingeholtes - entsprechende Auswirkungen gerade verneinendes - Gutachten des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg vom 29.03.1985 vor.
66 
Auch im Hinblick auf die Lage des neu zu erstellenden Kinderspielplatzes waren entgegen der Auffassung der Antragsteller im Bebauungsplanverfahren keine weiteren Ermittlungen veranlasst. Insbesondere bedurfte es nicht der Erhebung der von der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzung im Einzelnen ausgehenden Beeinträchtigungen. Denn den etwa in § 1 Abs. 1 LBOAVO enthaltenen Vorgaben an einen Kinderspielplatz kann auch noch im Rahmen der Ausführungsplanung, insbesondere durch entsprechende Abschirmmaßnahmen, Rechnung getragen werden.
67 
Die Auswirkungen der nachträglich aufgenommenen Festsetzungen zur Höhenlage waren schließlich aufgrund der Planeintragungen, der bereits im 1. Änderungsverfahren gezeichneten Höhenschnitte und der anhand von weiteren Höhenschnitten gegebenen Erläuterungen seitens der Verwaltung ohne weiteres nachvollziehbar, sodass es insoweit keiner weiteren Ermittlungen bedurfte. Insbesondere mussten weder weitere Lattengerüste aufgestellt noch eine 3-D-Simulation durchgeführt werden.
III.
68 
Der Änderungsbebauungsplan weist darüber hinaus aber auch materiell-rechtliche Fehler auf, die - anders als das zuvor für den südlichen Teil des Plangebiets festgestellte Ermittlungsdefizit - auch zur Unwirksamkeit des gesamten Plans führen.
69 
1. Die nach Aktenlage bestehenden Zweifel, ob die Aufstellung eines Bebauungsplans für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auf der Gemarkung der Antragsgegnerin überhaupt erforderlich war (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB), konnten allerdings vom Bürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeräumt werden. Zwar wurden städtebauliche Gründe vom für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinderat im Verfahren lediglich insofern in Bezug genommen, als die von einem Ingenieurbüro verfasste Planbegründung billigend zu Kenntnis genommen wurde, in der sich zur städtebaulichen Zielsetzung wiederum nur sehr allgemein gehaltene Formulierungen finden („zur Deckung der Nachfrage nach geeigneten Neubauflächen in ortsnaher Lage“, „kommt der Innenentwicklung besondere Bedeutung zu“, „zur Vermeidung der Flächeninanspruchnahmen im Außenbereich“, „Ausweisung zentral gelegener Wohnbauflächen mit Anbindung an bestehende Infrastrukturen“). In allen maßgeblichen Gemeinderatssitzungen bis einschließlich derjenigen vom 28.04.2009 - in der Sitzung vom 30.06.2009 wurde die Zielsetzung nicht mehr thematisiert -, ging es demgegenüber ausschließlich darum, unbebaute Innenbereichsgrundstücke der Antragsgegnerin einer Bebaubarkeit zuzuführen, um diese dann im Hinblick auf anders nicht zu finanzierende Gemeindeaufgaben günstig veräußern zu können („eigentliches Ziel die Finanzierung des Ausbaus von Bildungseinrichtungen“). Daran vermag auch die Erklärung der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren nichts mehr zu ändern, dass sich ihre städtebauliche Planung tatsächlich nicht hierauf bezogen hätte. Unabhängig von der anschließend zu klärenden Frage, ob vor diesem Hintergrund noch von einer ordnungsgemäßen Abwägung der gegen eine Überbauung der Grünfläche sprechenden Belange ausgegangen werden kann (vgl. § 1 Abs. 7 BauGB), kann gleichwohl nicht angenommen werden, dass der Erlass des Bebauungsplans nur ein vorgeschobenes Mittel zur Verfolgung anderer als städtebaulicher, nämlich fiskalischer Gründe darstellte (vgl. zu einem solchen Fall das Senatsurt. v. 27.07.2001 - 5 S 2534/99 -, VBlBW 2002, 124). Zwar könnte eine auf die Realisierung von Veräußerungserlösen beschränkte Zielsetzung den Erlass eines Bebauungsplans nicht rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 Rn. 22), mögen diese auch mittelbar der Finanzierung anderer öffentlicher Aufgaben dienen. Jedoch ist der Senat vor dem Hintergrund der überzeugenden Erläuterungen des Bürgermeisters der Antragsgegnerin davon überzeugt, dass städtebauliche Gründe ungeachtet dessen vorlagen, dass diese vom Gemeinderat nicht konkret ins Feld geführt wurden. So kann trotz noch anderweit zur Verfügung stehender Neubauflächen von einer Nachfrage insbesondere nach Neubauflächen in ortsnaher u n d verkehrsgünstiger Lage (S-Bahn) ausgegangen werden (vgl. hierzu auch bereits die Stellungnahme des Regionalverbands Mittlerer Neckar v. 25.05.1984 zum Bebauungsplanentwurf „H. Süd“), welche nach den ohne weiteres plausiblen Vorstellungen des Bürgermeisters der Antragsgegnerin auf für eine Nachverdichtung besonders geeigneten, nämlich aufgrund ihrer Verfügbarkeit ohne weiteres zu überplanenden gemeindeeigenen Grundstücken ausgewiesen werden sollten. Dies erscheint umso nachvollziehbarer, als nach seinen Angaben 44 % des Gemeindegebiets unter Natur- bzw. Landschaftsschutz stehen. Vor diesem Hintergrund kann aber nicht allein deshalb, weil sich der Gemeinderat aufgrund aktueller haushaltspolitischer Notwendigkeiten zu der angegriffenen städtebaulichen Planung veranlasst gesehen hatte, ein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB angenommen werden. Ein konkreter Bedarf an weiteren Neubauflächen war schließlich nicht erforderlich. Einen groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriff stellte der Änderungsbebauungsplan danach ersichtlich nicht dar.
70 
Dass - auch im Baugebiet „H. Süd“ - noch einige Baulücken (vgl. § 176 Abs. 2 BauGB) vorhanden sein mögen, ändert an der Erforderlichkeit der Planung ebenfalls nichts. Eine Gemeinde darauf zu verweisen, ein neues Baugebiet erst dann auszuweisen, wenn alle anderen erschlossenen Baugrundstücke bereits bebaut sind, widerspräche jeder vorausschauenden Bauleitplanung (vgl. BayVGH, Urt. v. 22.11.2004 - 20 N 02.1326 -). Auch sind die Voraussetzungen für den Erlass eines Baugebots nach den §§ 176 Abs. 1, 175 Abs. 2 BauGB ungleich enger und setzen voraus, dass die a l s b a l d i g e D u r c h f ü h r u n g der Maßnahmen aus städtebaulichen Gründen e r f o r- d e r l i c h ist, wobei auch ein dringender Wohnbedarf der Bevölkerung berücksichtigt werden darf.
71 
Die Durchführbarkeit und damit die Erforderlichkeit der Planung nach § 1 Abs. 3 BauGB wäre auch nicht aufgrund des Eingreifens artenschutzrechtlicher Verbote nach §§ 39, 44 BNatSchG n. F. in Frage gestellt. Insoweit kann auf das Ergebnis der ohne weiteres überzeugenden artenschutzrechtlichen Prüfung Bezug genommen werden. Anderes folgt auch nicht aus dem - zumal vor der „Baufeldbereinigung“ beobachteten - Vorkommen „geschützter Schmetterlingsarten“. Bei lediglich „anderen besonders geschützten Arten“ i. S. des § 42 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG a. F. bzw. § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG n. F. läge ohnehin kein Verstoß gegen die Zugriffsverbote vor, da ein nach § 19 BNatSchG a. F. bzw. § 15 BNatSchG n. F. zulässiger Eingriff in Rede stünde (vgl. § 13a Abs. 2 Nr. 4 BauGB). Auch wenn im Bereich des nicht untersuchten Grundstücks im südlichen Teil des Plangebiets anderes gälte, ließe dies die Wirksamkeit des Bebauungsplans im Übrigen ersichtlich unberührt.
72 
Inwiefern der Antragsgegnerin schließlich eine Überplanung der am 23.07.1985 festgesetzten Grünfläche aus anderen Rechtsgründen verwehrt sein sollte, erschließt sich dem Senat nicht. Solches folgt insbesondere nicht daraus, dass jene offenbar im Wege des Flächenabzugs nach § 55 Abs. 2 BauGB vorab aus der Umlegungsmasse ausgeschieden worden war. Auch war die Grünfläche seinerzeit nicht als Ausgleichsfläche für einen Eingriff in Natur und Landschaft festgesetzt worden. Anderes folgt auch nicht aus dem Hinweis in Nr. 13.7 der Planbegründung, dass die in der Gesamtplanung „H.“ vorgesehene große Grünzone als „ausgleichende Ersatzmaßnahme“ angesehen werde. Nicht zuletzt aus dem weiteren, erkennbar auf die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 23.11.1983 bezogenen Hinweis, dass eventuelle Amphibienwanderwege durch entsprechende Planungen im Bauabschnitt II berücksichtigt würden, erhellt, dass der als öffentliche Grünfläche ausgewiesene Grünzug (Nr. 13.5) auch nicht als Teil jener „großen Grünzone“ begriffen wurde.
73 
Auch Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gemeinderat nicht nur über ursprüngliche Planungsvorstellungen, sondern über wirksam gegebene Zusicherungen hinsichtlich einer lockereren Bebauung hinweggesetzt hätte, liegen nicht vor.
74 
2. Allerdings sind der Antragsgegnerin sonstige (materielle) Fehler im Abwägungsvorgang (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB) unterlaufen. Der pauschale und zudem unvollständige Hinweis im Hinblick auf etwaige „Mängel der Abwägung“ führt dazu, dass auch jene uneingeschränkt geltend gemacht werden können (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, VBlBW 2009, 186, Urt. v. 09.06.2009, a.a.O.).
75 
a) Ein solcher Fehler ist dem Gemeinderat der Antragsgegnerin zunächst insofern unterlaufen, als er das (durchaus zutreffend ermittelte und bewertete) Interesse der Anwohner, auch der Antragsteller, letztlich nur unter dem Gesichtspunkt einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung (keine „eklatante Verschlechterung der Aussicht“, „Beeinträchtigungen infolge der Höhenfestsetzungen minimieren“) sowie der gebotenen Rücksichtnahme berücksichtigte. Deren Interesse an einem Erhalt der sie tatsächlich begünstigenden öffentlichen Grünfläche (Lebens- und Wohnqualität, Erholungsraum) wurde demgegenüber nach Aktenlage nicht berücksichtigt, auch nicht in den vom Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung in Bezug genommenen Empfehlungen in der Sitzungsvorlage. Vielmehr wurde auf den seinerzeit beschränkten Zweck der Festsetzung verwiesen. Dass das von den Antragstellern geltend gemachte Interesse an einer Beibehaltung der bisherigen Situation nicht als abwägungsbeachtlich erkannt wurde, lässt sich auch dem Vorbringen der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren entnehmen. So wurde den Antragstellern jegliche Schutzwürdigkeit im Hinblick auf die sie begünstigende Grünflächenfestsetzung abgesprochen. Aus all dem kann nur der Schluss gezogen werden, dass jener private Belang vom Gemeinderat tatsächlich nicht für abwägungsbeachtlich (vgl. auch die Äußerung eines Gemeinderats, wonach „auf den Erhalt der Umgebung kein Rechtsanspruch“ bestehe) und lediglich eine an dem Gebot der Rücksichtnahme und dem Sinn und Zweck der Abstandsflächenvorschriften orientierte anwohnerverträgliche Umsetzung der jedenfalls beabsichtigten Überplanung der Grünfläche für erforderlich gehalten wurde.
76 
Zwar hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin dem nunmehr entgegengehalten, dass die Frage, ob die Grünfläche überhaupt überplant werden solle, bereits Gegenstand der vorausgegangenen Suche nach für eine jedenfalls vorgesehene Nachverdichtung geeigneten Flächen gewesen sei, was auch dem Gemeinderat klar gewesen sei. Doch fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass der letztlich zuständige Gemeinderat bei seiner Abwägungsentscheidung den 2006 beschlossenen Stadtentwicklungsplan aufgegriffen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB), sich eine etwa im Rahmen der vorausgegangenen Untersuchung getroffene Abwägung zu eigen gemacht und darüber hinaus die Besonderheit gerade des vorliegenden Plangebiets in den Blick genommen hätte, dass nämlich die Grünfläche, mag sie aus Sicht der Antragsgegnerin auch noch nicht endgültig i.S. des Erschließungsbeitragsrechts hergestellt worden sein (vgl. hierzu allerdings § 125 Abs. 1a Nr. 2 BauGB a.F. bzw. § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB), jedenfalls den mit ihrer Festsetzung verfolgten Zweck erfüllte und die Anwohner dadurch tatsächlich begünstigt wurden. Der weitere Hinweis darauf, dass die Grünfläche nie endgültig hergestellt worden und damit als Brachland anzusehen gewesen sei, bestätigt letztlich die Einschätzung des Senats.
77 
Ein entsprechender Fehler - teilweiser Abwägungsausfall - ist dem Gemeinderat auch hinsichtlich der mit der Grünfläche bezweckten räumlichen Trennung der Baugebiete unterlaufen. Obwohl die Antragsgegnerin wiederholt auf diesen beschränkten Zweck der Grünflächenfestsetzung hingewiesen hatte, finden sich, obwohl dies eigentlich zu erwarten gewesen wäre, keine Erwägungen dazu, warum dieser städtebauliche Grund nicht mehr tragfähig sein sollte. Weder der seinerzeitigen Planbegründung noch den entsprechenden Bebauungsplanakten lässt sich schließlich entnehmen, dass jene Festsetzung - wie der Bürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat indessen geltend gemacht hat - allein im Hinblick auf den weiteren, derzeit jedoch nicht absehbaren weiteren Bauabschnitt der Gesamtplanung „H. II“ getroffen worden wäre. Im Übrigen ist es keineswegs gesichert, dass es aufgrund der von ihm angeführten, wenn auch gewichtigen und überzeugenden städtebaulichen Erwägungen trotz der entsprechenden Darstellungen im Flächennutzungsplan tatsächlich zu keiner weiteren (nördlichen) Bebauung des „H.“ kommt.
78 
Ein weiterer Fehler im Abwägungsvorgang liegt schließlich darin, dass sich der Gemeinderat bei seiner Entscheidung, die festgesetzte Grünfläche mit einer Baugebietsfestsetzung zu überplanen, maßgeblich von dem - tatsächlich aber nicht beachtlichen - Belang hat leiten lassen, mit dem Verkauf der neu geschaffenen Baugrundstücke anderweitige Gemeindeaufgaben finanzieren zu können.
79 
All diese Fehler im Abwägungsvorgang ergeben sich ohne weiteres aus den Bebauungsplanakten, insbesondere aus den Gemeinderatsprotokollen und sind daher offensichtlich. Darüber hinaus waren sie insofern auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB), als die konkrete Möglichkeit bestand, dass ohne die Mängel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen abzeichnet, dass ein Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33). Denn je nachdem, welches Gewicht der Gemeinderat den vom Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung dargelegten konkreten städtebaulichen Gründe beigemessen hätte, kam ohne Weiteres in Betracht, dass von der Maßnahme der Innenentwicklung ganz oder zumindest teilweise abgesehen worden wäre. So hat der Gemeinderat auch sonst erkennen lassen, dass er im Hinblick auf andere nicht unerheblich betroffene Belange auch auf das eine oder andere Baufenster zu verzichten bereit war.
80 
b) Dies gilt umso mehr, als - wie ausgeführt - auch die Umwelt- bzw. Naturschutzbelange bzw. die Belange des Landespflege (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) aufgrund der dem Gemeinderat insoweit unterlaufenen Ermittlungsdefizite nur unzureichend berücksichtigt worden waren. Diese hatten insofern einen weiteren Fehler im Abwägungsvorgang zur Folge, der sich für sich allein genommen allerdings nur auf den südlichen Teil des Plangebiets ausgewirkt hätte.
81 
c) Demgegenüber wurden die weiteren von den Antragstellern angeführten Belange vom Gemeinderat zu Recht nicht als gegen eine Überplanung sprechend berücksichtigt. Insbesondere konnte gegen die Planung - wie ausgeführt - nicht eingewandt werden, dass die Grünfläche als Ausgleich oder Ersatz für eine im Übrigen dichte Bebauung vorgesehen gewesen wäre. Auch wurde mit der Grünflächenfestsetzung keineswegs naturschutzrechtlichen oder wasserwirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen, welche bei einer Überplanung erneut abzuwägen gewesen wären. Auch dafür, dass gerade dort Flächen für eine Fuß- und Radwegverbindung nach Merklingen offen gehalten werden sollten, bestanden keinerlei Anhaltspunkte. Der bloße Umstand, dass die überplante Grünfläche aufgrund ihrer dem Baugebiet dienenden Funktion offenbar im Wege des Flächenabzugs aus der damaligen Umlegungsmasse vorweg ausgeschieden worden war, stellte für sich genommen schon keinen abwägungsbeachtlichen Belang dar.
82 
d) Inwiefern sich eine Führung der Erschließungsstraße (Fortführung der Franz-Hammer-Straße) unmittelbar entlang der Wohngebäude an der Hermann-Schütz-Straße 10 - 30 aufgedrängt hätte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Zwar wären die neu vorgesehenen Baufenster in diesem Fall weiter von den dort vorhandenen Wohngebäuden entfernt, jedoch wären deren zur Grünfläche hin orientierten (Außen-)Wohnbereiche dann erstmals vom Erschließungsverkehr betroffen und insofern nicht unerheblich in ihrer Nutzbarkeit beeinträchtigt.
83 
Dass von der Festsetzung einer Baulinie parallel zur Erschließungsstraße abgesehen wurde, kann im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angeführten Interessen der künftigen Grundstückseigentümer nicht beanstandet werden.
84 
Dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin maßgeblich auf die Abstände zu den bereits vorhandenen Wohngebäuden und damit auf den besonders schutzwürdigen Bestand und weniger auf die im Ursprungsbebauungsplan festgesetzten Baufenster abgestellt haben mag, begegnete ebenso wenig rechtlichen Bedenken.
85 
Dass nicht nur eine zur Erschließungsstraße parallele Firstrichtung, sondern auch eine senkrecht hierzu verlaufende zugelassen wurde, ist ebenso wenig zu beanstanden. So ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) gewünschte Nutzung von Solar- und Fotovoltaikanlagen dadurch zumindest erleichtert wird, mag die getroffene Festsetzung hierfür auch keine notwendige Voraussetzung sein.
86 
Dass die im Zuge der Erschließung des Baugebiets vorgenommenen Aufschüttungen bei den mit der 2. Änderung in den Bebauungsplan aufgenommenen Festsetzungen der Höhenlage entgegen der grundsätzlichen Planungsvorstellung (vgl. auch die Planbegründung Nr. 3.2) - von einer strikten Vorgabe des Plangebers kann insoweit ersichtlich nicht gesprochen werden (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 27.10.2010 - 5 S 1292/10 -) - nicht durchweg außer Betracht gelassen wurden, sondern nur dort, wo „erkennbar unnatürliche Aushubhügel“ in Rede standen, kann ebenso wenig beanstandet werden wie der Umstand, dass sich die Bezugshöhe nicht immer an der Höhe der jeweiligen Erschließungsstraße orientierte. Entscheidend ist, dass nunmehr hinreichend bestimmte Festsetzungen zur Höhenlage nach § 9 Abs. 3 BauGB getroffen sind, die auch im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Anwohner Fehler nicht erkennen lassen. Insbesondere konnten diese entgegen der Auffassung der Antragsteller durchaus - im Hinblick auf die in der Planbegründung angeführten städtebaulichen Erfordernisse - auch von der tatsächlichen Geländeoberfläche bzw. den in den Ursprungsbebauungsplan von 1983 lediglich nachrichtlich aufgenommenen Höhenlinien abweichen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB 11. A. 2009, § 9 Rn. 103), zumal sich auch anhand der bisherigen Höhenlinien nicht mehr alle Aufschüttungen hätten eindeutig feststellen lassen.
87 
Auch daraus, dass einzelne Grundstücke wieder aus dem Plangebiet herausgenommen wurden, lässt sich kein sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang herleiten, mag dies auch dazu geführt haben, dass weniger Baufenster ausgewiesen werden konnten. Denn dafür gab es jeweils nachvollziehbare Gründe. So beruhte die Zurücknahme des Baufensters auf dem Grundstück Flst. Nr. 3887/1 ersichtlich auf einer ursprünglich fehlerhaften katastermäßigen Darstellung dieses Grundstücks. Auch die Herausnahme des während des Verfahrens verkauften Grundstücks Flst. Nr. 3887/2, das von der (Vor-) Planung noch erfasst gewesen war, leuchtet aufgrund seiner geringen Größe ohne weiteres ein. Aufgrund seiner topografischen Lage (Geländeversprung von 2 m), der Nähe zur Trafostation, der während des Verfahrens vorgenommenen Verkleinerung der für eine Bebauung in Betracht kommenden Fläche und der vom Bürgermeister angeführten nachteiligen Wirkungen einer Bebauung auf die Nachbarschaft, erscheint auch die Herausnahme des Grundstücks Flst. Nr. 3899/10 ohne weiteres plausibel. Einen für die Abwägung beachtlichen Grundsatz des Inhalts, dass von einer Maßnahme der Innenentwicklung regelmäßig alle in Betracht kommenden Grundstücke erfasst werden müssten, damit alle Nachbarn gleichermaßen betroffen würden, gibt es ersichtlich nicht; ein solcher lässt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG herleiten.
88 
Irgendwelche Hinweise, wonach die Grünfläche nicht zuletzt deshalb - abwägungsfehlerhaft - überplant worden wäre, weil ein Anwohner angebliche Versäumnisse der Antragsgegnerin bei der Beantragung eines Zuschusses für den Bau der Mensa „aufgedeckt“ hätte, lassen sich den Bebauungsplanakten nicht entnehmen.
89 
Der neue Standort für den Kinderspielplatz wäre zwar weiterhin stufenlos erreichbar (vgl. § 9 Abs. 2 LBO), erscheint jedoch aufgrund dessen, dass eine weitere (nördliche) Bebauung des „H.“ derzeit nicht absehbar ist, wenig überzeugend, mag den sich aus § 1 LBOAVO ergebenden Vorgaben auch noch in der Ausführungsplanung Rechnung getragen werden können und insoweit noch kein Verstoß gegen das Konfliktbewältigungsgebot vorliegen. Naheliegender wäre jedenfalls ein Standort im Bereich des Grundstücks Nr. 3944/1 gewesen. Dies mag hier freilich auf sich beruhen.
90 
3. Inwiefern schließlich auch das vom Gemeinderat gefundene Abwägungsergebnis fehlerhaft wäre, weil die öffentlichen und privaten Belange entgegen § 1 Abs. 7 BauGB auch im Ergebnis nicht gerecht abgewogen worden wären (sog. Abwägungsdisproportionalität), ist schließlich nicht zu erkennen. Dies folgt insbesondere nicht schon daraus, dass die konkrete Möglichkeit bestand, dass die Planung bei einer ordnungsgemäßen Abwägung anders ausgefallen wäre. Das Abwägungsergebnis ist vielmehr erst dann zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht mehr zum selben Ergebnis führen könnte, weil anderenfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.09.2010 - 4 CN 2.10 -, BauR 2011, 225). Insbesondere kann rechtlich nicht beanstandet werden, wenn ein bisher als öffentliche Grünfläche festgesetztes Gebiet im Wege der Innenentwicklung künftig als Bau- und Verkehrsfläche genutzt werden soll. Dass in das Plangebiet nicht alle zu einer entsprechenden Umnutzung potentiell geeigneten Flächen einbezogen worden sein mögen, führt ersichtlich noch auf kein fehlerhaftes Abwägungsergebnis, solange das verfolgte Planungsziel mit dem entsprechend verkleinerten Plangebiet - wie hier - weiterhin erreichbar ist.
91 
Nach alldem ist der angegriffene Bebauungsplan wegen sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang (hinsichtlich der zu berücksichtigenden, gegen eine Überplanung sprechenden privaten und öffentlichen Belange sowie hinsichtlich des leitend gewesenen Belangs der Erzielung von Verkaufserlösen zur Finanzierung anderweitiger Gemeindeaufgaben) insgesamt für unwirksam zu erklären. Diese könnten freilich vor dem Hintergrund der vom Bürgermeister überzeugend dargelegten städtebaulichen Gründe (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB) - insbesondere einer aufgrund eines entsprechenden Bedarfs jedenfalls gewünschten Nachverdichtung auf allen dafür geeigneten, insbesondere aufgrund ihrer Verfügbarkeit ohne weiteres überplanbaren Flächen - im Wege eines ergänzenden Verfahrens - ggf. auch mit der Folge eines modifizierten Abwägungsergebnisses - behoben werden (vgl. § 214 Abs. 4 BauGB). Gleiches gilt für die der Antragsgegnerin im südlichen Teil des Plangebiets unterlaufenen Fehler bei der Ermittlung und Bewertung der Naturschutzbelange.
92 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Senat sieht davon ab, sie entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
93 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
94 
Beschluss vom 6. Mai 2011
95 
Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren endgültig auf EUR 20.000,-- festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs 2004).
96 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die im Rahmen von Nachbarwiderspruchsverfahren erfolgte Aufhebung der ihr erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Krematoriums ohne Abschiedsraum.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Baugrundstücke Flst.-Nr. 10677 und 10677/1 in XXX. Die Grundstücke wurden ihr von der Beklagten zur Errichtung eines Krematoriums veräußert (AS 89). Der Beigeladene zu 1 ist Eigentümer des zu Wohnzwecken und gewerblich genutzten Grundstücks Flst.-Nr. 10679 in XXX. Er stellt dort seit dem Jahr 2008 Honigwein (Met) her und füllt Schnaps ab. Die Beigeladenen zu 2 und 3 sind die Eltern des Beigeladenen zu 1 und arbeiten in dem Betrieb mit. Das Grundstück Flst.-Nr. 10679 liegt westlich der Baugrundstücke. Zwischen den Grundstücken verläuft eine Straße, die u.a. auch zum südlich gelegenen Friedhof von XXX führt. Das östlich angrenzende Grundstück ist noch unbebaut. Auf dem ebenfalls im Plangebiet und östlich von den Baugrundstücken gelegenen Grundstück Flst.-Nr. 1067 befindet sich seit dem Jahr 2008 der metallverarbeitende Betrieb des Beigeladenen zu 5.
Die genannten Grundstücke liegen sämtlich im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen Bebauungsplans „XXX“, der das circa 16 ha große Plangebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) ausweist. Nach seinen schriftlichen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind im gesamten Plangebiet Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Anlagen für sportliche, kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten und Handelsbetriebe jeglicher Art nicht zulässig. Das Plangebiet liegt nördlich des Friedhofs des Ortsteils XXX, östlich der Landstraße L XXX und südlich der Autobahn BAB 6 bzw. der Autobahnanschlussstelle XXX für die Bundesstraße B XX und der Landesstraße L XXX. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt sich, dass die Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse erfolgte.
Am 16.12.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums auf ihren oben genannten Baugrundstücken im Plangebiet. Nach den eingereichten Plänen war neben den technischen Anlagen auch ein Abschiedsraum vorgesehen. Sie legte eine Garantieerklärung des Lieferanten der Kaminanlage, der XXX vom 03.12.2008, vor, wonach von dem geplanten Krematorium die Grenzwerte der 27. BImSchV eingehalten werden.
Mit Schreiben vom 18.12.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das geplante Vorhaben nach den derzeitigen Festsetzungen des Bebauungsplans „XXX“ nicht zulässig sei und auch im Wege einer Befreiung nicht zugelassen werden könne.
Mit Bescheid vom 18.03.2009 erteilte die Beklagte der Klägerin die beantragte Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Gleichzeitig erteilte sie auch die Genehmigung zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage nach § 17 Bestattungsgesetz. Nr. 18 der Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung regelt, dass die 27. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. In der verwaltungsinternen Stellungnahme des Bauverwaltungsamtes vom 18.03.2009 wird zur Befreiung ausgeführt: Die Befreiung werde im Vorgriff auf die zu erwartende Änderung des Bebauungsplans erteilt, da die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht vorlägen. Der geplante Standort sei wegen der Nähe des Friedhofs geradezu ideal. Im Gewerbegebiet habe sich bisher nur eine Brennerei angesiedelt, von der keine Störung und Belästigung ausgehe, die die Würde der Toten oder die Pietät verletze. Für das östlich angrenzende Grundstück habe die Beklagte eine Option, dieses Grundstück vorrangig erwerben zu können, so dass die Ansiedelung eines Gewerbes von der Beklagten gesteuert werden könne.
Mit Schreiben u.a. vom 27.04.2009, vom 05.05.2009 und vom 14.05.2009 erhoben die Beigeladenen mit inhaltlich identischen Schreiben Widerspruch gegen die Baugenehmigung zum Neubau des Krematoriums. Beanstandet wurde u.a. das Entstehen stark toxischer Filterstäube. Die Beigeladenen zu 6 bis zu 28 sind im südlich des Plangebiets gelegenen Wohngebiet wohnhaft.
Mit Bescheiden der Beklagten vom 23.04.2009 und 08.05.2009 wurde die Teilbaufreigabe zur Gründung der Bodenplatte ohne Kaminfundamente und für die Errichtung von Mauerwerkswänden im Erdgeschoß erteilt und die statische Berechnung genehmigt. Mit Verfügung vom 28.05.2009 ergänzte die Beklagte gemäß § 58 Abs. 6 LBO die Baugenehmigung vom 18.03.2009 und die Nebenbestimmung Ziffer 18 und legte fest, welche Emissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchVO nicht überschritten werden dürfen. Die Klägerin begann daraufhin mit den Bauarbeiten.
Am 22.06.2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Abänderung der Baugenehmigung dahingehend, dass der bisher zur Nutzung als Abschiedsraum genehmigte Raum als Besprechungsraum genehmigt wird. Die Änderungs-/Nachtragsbaugenehmigung wurde der Klägerin am 23.06.2009 erteilt. Der Beigeladene zu 1 legte hiergegen mit Schreiben vom 10.07.2009 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass selbst bei Verzicht auf den vormals genehmigten Abschiedsraum das Vorhaben planungsrechtlich unzulässig sei.
10 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) ordnete durch rechtskräftigen Beschluss vom 23.06.2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beigeladenen zu 1 wegen einer Verletzung des Gebietswahrungsanspruchs des Beigeladenen durch die erteilte Baugenehmigung an. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 2 und zu 3 lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe (1 K 1111/09) mit der Begründung ab, auf den Gebietswahrungsanspruch könnten sich nur Eigentümer berufen. Weder ihrem Vortrag noch den Bauakten lasse sich entnehmen, dass der Betrieb einer Feuerbestattungsanlage für die Nachbarschaft gesundheitsgefährdend sei, wenn sämtliche ordnungspolizeirechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden. Hiervon sei auszugehen, zumal die streitbefangene Baugenehmigung entsprechende Auflagen beinhalte, deren Einhaltung jederzeit überprüfbar sei. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes der Beigeladenen zu 10, die außerhalb des Plangebiets wohnt, wurde durch Beschluss vom 29.07.2009 (1 K 1199/09) mit der Begründung abgelehnt, es könne keine Rede davon sein, dass das Vorhaben in einem Ausmaß gegen die allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen verstoße, dass auch noch weit entfernt wohnende Nachbarn wie die Antragstellerin um Leben, Gesundheit oder ihre natürlichen Lebensgrundlagen fürchten müssten.
11 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte der Beklagten mit Schreiben vom 03.07.2009 mit, die Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze und sei deshalb aufzuheben. Dem Widerspruch des Eigentümers des Nachbargrundstücks sei abzuhelfen.
12 
Mit Bescheid vom 04.08.2009, der mit einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen war, hob die Beklagte die Baugenehmigung vom 18.03.2009 einschließlich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23.06.2009 auf. Mit Schreiben vom 04.08.2009 an die anderen Beigeladenen wurde diesen eine Mehrfertigung der „Rücknahme der Baugenehmigung“ vom 04.08.2009 übersandt und mitgeteilt, dass ihrem Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung abgeholfen werde.
13 
Der inhaltlich mit dem Bescheid vom 04.08.2009 übereinstimmende Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 mit einer korrigierten Rechtsmittelbelehrung wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die erteilte Baugenehmigung sei rechtswidrig, weil sie den Nachbarn schützende Vorschriften des Bauplanungsrechts verletze. Die im Zusammenhang mit der Baugenehmigung erteilte Befreiung verstoße gegen die Grundzüge der Planung und sei somit unzulässig. Die Baugenehmigung sei deshalb rechtswidrig und dem Widerspruch daher abzuhelfen.
14 
Die Klägerin hat am Montag, den 26.10.2009 Klage erhoben. Sie beantragt,
15 
den Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 in Verbindung mit den den Beigeladenen zugestellten Abhilfebescheiden aufzuheben.
16 
Zur Begründung wird ausgeführt: Ein Krematorium ohne Pietätshalle sei als nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts handele es sich bei einem von einem Privaten mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenen Krematorium um einen Gewerbebetrieb. Sinn der Gebietsfestsetzung sei es, bodenrechtliche Spannungen zu vermeiden. Sofern das Betreiben eines Krematoriums auch bestattungsrechtlichen Anforderungen entsprechen müsse, könne dies bei der Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Dem Nachbarn sei es jedoch versagt, sich erfolgreich auf Verstöße gegen das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg zu berufen. Im Übrigen kämen vorliegend Verstöße gegen die entsprechenden Anforderungen nicht in Betracht. Aufgrund des beabsichtigten Abschlusses eines Nutzungsvertrages bezüglich der in unmittelbarer Nähe befindlichen gemeindlichen Trauerhalle seien dort sowohl Zeremonien durchführbar als auch im Bedarfsfalle Möglichkeiten gegeben, den Hinterbliebenen für die Zeit des Verbrennungsvorganges Räumlichkeiten der inneren Einkehr zu bieten. Die räumliche Trennung zwischen einer Feuerbestattung und der Bestattungszeremonie sei seit der Entstehung von Krematorien von Beginn an vollzogen worden und stelle aufgrund der technischen Abläufe den wesentlichen Unterschied zu einer Erdbestattung dar. Regelmäßig wohnten Angehörige der Verbrennung unmittelbar räumlich nicht bei. Es löse heute kein Befremden mehr aus, dass der letzte Gang in einer würdigen Trauerfeierlichkeit und Beisetzung bestehe, die Einäscherung dagegen in einem pietätvoll eingerichteten Krematorium mit Lage in einem Gewerbegebiet.
17 
Ausgehend von der Annahme, bei einem Krematorium mit Trauerhalle handele es sich um eine "Anlage für kulturelle Zwecke", habe die Beklagte rechtmäßig Befreiung von der im Bebauungsplan vorgesehenen einschränkenden Festsetzung erteilt. Die streitgegenständliche Anlage und deren Ausschluss seien nicht vom seinerzeitigen Planungswillen getragen gewesen. Der Normzweck der Festsetzung sei die Wahrung möglichst geringfügiger Belästigungen. Diesem Normzweck werde genügt. Ein Krematorium mit einer Trauerhalle verursache keine erheblichen Belästigungen. Zudem habe sich das Rechtsverständnis des Begriffs "kulturelle Anlage" verändert. Zum Zeitpunkt der Festsetzung sei der heutige Inhalt des Begriffs nicht bekannt gewesen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Klage abzuweisen.
20 
Sie nimmt Bezug auf die Begründung ihrer Abhilfeentscheidung und die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in seinen Beschlüssen vom 23.06.2009 und 29.07.2009.
21 
Der Beigeladene zu 1 beantragt,
22 
die Klage abzuweisen.
23 
Die Beigeladenen zu 2 bis zu 28 haben keine Anträge gestellt.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf die vorgelegten Baurechtsakten (3 Bände) sowie auf die vorgelegten Akten zum Bebauungsplan „ XXX“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
25 
Die Klage ist zulässig.
26 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung der ihr und den Beigeladenen zugestellten Abhilfeentscheidung der Beklagten, mit der diese die Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 aufgehoben hat. Mit der damit erhobenen Anfechtungsklage wurde die Monatsfrist des § 74 Abs.1 S.2 VwGO gewahrt (§ 57 VwGO, § 222 Abs.1 und Abs. 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2. 193 BGB). Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 wurde der Klägerin am 24.09.2009 zugestellt. Fristbeginn war daher der 25.09.2009 und Fristende Samstag, der 24.10.2009; die Klage wurde am darauffolgenden Montag, dem nächsten Werktag und damit rechtzeitig erhoben. Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn ihr Gegenstand ein Abhilfebescheid ist, der erstmalig eine Beschwer enthält. Bei dem Bescheid der Beklagten vom 22.09.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid. Die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde aus Anlass von Widersprüchen um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 i.d.F. der Änderungsbaugenehmigung vom 23.06.2009 insgesamt aufhebt.
27 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der formell ordnungsgemäße Abhilfebescheid der Beklagten vom 22.09.2009 ist auch materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
28 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nur im Hinblick auf die nachbar-schützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
29 
Die Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens der Klägerin beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Baunutzungsverordnung. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und zu 5 liegen im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen qualifizierten Bebauungsplans „XXX“, für dessen Unwirksamkeit keine Anhaltspunkte bestehen. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war auch die bereits beschlossene Änderung des Bebauungsplans, wonach die Grundstücke der Klägerin sich wohl in einem Sondergebiet befinden werden, noch nicht bekanntgemacht und damit nicht beachtlich.
30 
Die schriftlichen planungsrechtlichen Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für das gesamte Plangebiet ein eingeschränktes Gewerbegebiet GEe (§ 8 BauNVO) vor. Nach seinen nach § 1 Abs. 5 BauNVO zulässigen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind die im gesamten Plangebiet nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Handelsbetriebe jeglicher Art und Anlagen für sportliche Zwecke nicht zulässig. Festgesetzt wurde weiter, dass die nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten unzulässig sind (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO).
31 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sowie der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Die Beigeladenen, soweit sie Grundstückseigentümer im Plangebiet sind, haben damit ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart und können sich auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Gebietsart berufen. Der Gebietsgewährleistungsanspruch berechtigt sie, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 4 B 55.07 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
32 
Die festgesetzte Gebietsart wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt, so dass die Eigentümer von Grundstücken im Planungsgebiet in ihren Rechten verletzt sind.
33 
Das geplante Vorhaben, ein Krematorium ohne Abschiedsraum, ist wegen seiner fehlender Gebietsverträglichkeit nicht allgemein als „Gewerbebetrieb aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig.
34 
Ein Krematorium, das von einem Privaten in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, ist zwar ein Gewerbebetrieb mit gewerblich technischem Charakter. Daraus folgt jedoch nicht, dass es in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässig ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet es sich nicht nur nach dem Wortlaut des § 8 BauNVO, sondern auch nach der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets, welche Gewerbebetriebe in ihm bei typisierender Betrachtung zulässig sind (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Als Merkmal für die Typisierung ist dabei nicht nur die unterschiedliche Immissionsträchtigkeit oder Immissionsverträglichkeit einzelner Nutzungen maßgebend. Der Zweck der Baugebiete und die Zulässigkeit von Nutzungen in ihnen werden vielmehr auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt. Dem Leitbild, "eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende Bodennutzung (zu) gewährleisten" (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB), kann eine Planung nicht gerecht werden, die den Zweck der Baugebiete und die in ihnen zulässigen Nutzungen ausschließlich nach dem Störgrad oder der Störanfälligkeit von Nutzungen im Hinblick auf Immissionen bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Die Gebietsverträglichkeit ist damit eine für die in einem Baugebiet allgemein zulässigen und erst recht für die ausnahmsweise zulassungsfähigen Nutzungsarten ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung, der eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde liegt und die der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 BauNVO vorgelagert ist (BVerwG, Urt. v. -18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
35 
Für die Frage der Gebietsverträglichkeit ist der spezifische Gebietscharakter und Gebietsbedarf des Gewerbegebiets „XXX“ maßgeblich. Allgemein dienen Gewerbegebiete gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Nach dem Leitbild der BauNVO ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Handwerksbetrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können (BayVGH, Urt. v. 30. 06. 2005 - 15 BV 04.576 -, juris). Für diese Baugebiete ist kennzeichnend, dass in ihnen gearbeitet wird. Sie sind durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris) und weisen die durch die verschiedenen gewerblichen Betätigungen verursachten Arbeitsgeräusche, den herrschenden, regelmäßig erheblichen Straßenverkehr, Werbungen, möglicherweise Geruchsimmissionen etc. auf. Welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets und insbesondere mit der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets „XXX“ verträglich sind, beurteilt sich nach den Anforderungen menschedes geplanten Vorhabens an dieses Gewerbegebiet, den Auswirkungen des Vorhabens auf dieses und der Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris).
36 
Die Anforderungen eines Krematoriums (auch ohne Abschiedsraum) an das Gewer-begebiet „XXX“ sowie seine Auswirkungen auf dieses sind mit dieser Zweckbestimmung des Plangebiets nicht vereinbar. Dies ergibt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes über das Friedhofs-und Leichenwesen Baden-Württemberg (Bestattungsgesetz - BestattG -) vom 21.07.1970 (GBl. 1970,395). Die im Bestattungsrecht geregelten Anforderungen an Bestattungseinrichtungen sind, soweit sie städtebaulich relevant sind, im Zusammenhang mit der Frage der Gebietsverträglichkeit eines Krematoriums bereits im Baugenehmigungsverfahren zu beachten und nicht nur bei der Erteilung einer Genehmigung nach dem Bestattungsgesetz zu berücksichtigen.
37 
Das Bestattungsgesetz Baden-Württemberg enthält zur Feuerbestattung folgende Reglungen: Mit Leichen ist würdig und in gesundheitlich unbedenklicher Weise umzugehen (§ 25 BestattG). Bestattungseinrichtungen sind würdig und entsprechend den polizeilichen Erfordernissen zu gestalten und zu betreiben (§ 19 BestattG). Eine Feuerbestattung ist die Einäscherung einer Leiche und die Beisetzung der Asche (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG). Leichen dürfen nur in Feuerbestattungsanlagen eingeäschert werden (Feuerbestattung), deren Betrieb behördlich genehmigt ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 BestattG). Feuerbestattungsanlagen müssen einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben wahren, eine würdige Umgebung muss gewährleistet sein (§ 17 BestattG).
38 
Aus § 32 Abs. 2 Satz 2 BestattG ergibt sich, dass die Einäscherung einer Leiche Teil des Bestattungsvorgangs ist. Zur Feuerbestattung gehört danach sowohl die Beisetzung der in einer Urne verschlossenen Aschenreste in einer Grabstätte, als auch die Einäscherung in einer Feuerbestattungsanlage. Ein Krematorium ist daher mit der Gesamtheit seiner Räumlichkeiten, d.h. als Gesamtanlage, bestehend aus technischen Einrichtungen und Verwaltungsbereich, eine Bestattungseinrichtung, weil in ihm ein Teil des Bestattungsvorgangs, nämlich die Einäscherung stattfindet. Ob ein Abschiedsraum vorhanden ist, ist - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unerheblich. (vgl. auch zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO - kulturelle Anlage - des OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris; vgl. auch VG Augsburg, Urt. v. 12.10.2006 - Au 5 K 03.2079 -, juris).
39 
Die Regelung in § 3 Abs. 3 Satz der Verordnung über Anlagen zur Feuerbestattung vom 19.03.1997 - BGBl I 1997, 545 (27. BImSchVO) belegt ebenfalls, dass eine (reine) Verbrennungsanlage für menschliche Leichen eine Bestattungseinrichtung ist. Denn der Verordnungsgeber hat in dieser Vorschrift aus übergeordneten ethischen Gründen geregelt, dass eine bereits begonnene Einäscherung zu Ende zu führen ist, auch wenn die kontinuierlich ermittelte Konzentration von Kohlenmonoxid oder die Anzeige für die Rauchgasdichte auf eine Störung des ordnungsgemäßen Betriebes hinweist (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 - 4 TG 1536/07 -, juris).
40 
Die Vorschriften des Bestattungsgesetzes Baden-Württemberg, wonach ein Krematorium als Bestattungseinrichtung einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes wahren und eine würdige Umgebung des Krematoriums gewährleistet sein muss, sind durch diese Anforderungen an den Standort und den Betrieb eines Krematoriums städtebaulich relevant. Durch diese Vorgaben ist der technische Vorgang des Verbrennens von menschlichen Leichen in einem Krematorium daher bauplanungsrechtlich nicht z.B. mit einer Tierkörperbeseitigungsanlage oder einer Anlage zur Verwertung tierischer Abfälle i.S. v. § 2 Abs. 1 Buchstabe a Nr. 7.12 des Anhanges zur 4. BImSchV auf die gleiche Stufe zu stellen (siehe auch Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, 12 - 14 Rn 13. 1.; VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris).
41 
Indem das Bestattungsgesetz für ein Krematorium ein würdevolles städtebauliches Umfeld einfordert und danach als Bestattungseinrichtung nicht den für ein Gewerbegebiet typischen Nachteilen oder Belästigungen ausgesetzt sein soll, wäre grundsätzlich durch ein Krematorium in einem Gewerbegebiet die Zulässigkeit der in Gewerbegebieten üblichen werktäglichen Geschäftigkeit in Frage gestellt. Denn die Betriebe und Anlagen im Plangebiet müssen auf die Notwendigkeit einer würdevollen Umgebung des Krematoriums Rücksicht nehmen. Das Krematorium wirkt sich zugleich störend auf seine Umgebung aus, weil es als Bestattungseinrichtung die Betriebe und Anlagen in ihrer typischen Nutzung einschränkt.
42 
Die von der Kammer vertretene Auffassung, dass ein Krematorium grundsätzlich in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich ist, wird durch Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die im Folgenden sinngemäß (zusammengefasst) wiedergegeben werden: Der traditionelle Standort eines Krematoriums - von möglichen Ausnahmen abgesehen - ist das Friedhofsgelände. Friedhöfe sind üblicherweise Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen. Sie bieten das kontemplative Umfeld, in das eine pietätvolle Totenbestattung nach herkömmlicher Anschauung und Erwartungshaltung einzubetten ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Im Gegensatz zu Friedhöfen sind Gewerbegebiete nicht durch Stille und Beschaulichkeit, sondern durch werktägliche Geschäftigkeit geprägt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Krematorien sind deshalb für Gewerbegebiete - auch wenn in ihnen nur der technische Vorgang der Verbrennung stattfindet, nicht charakteristisch und widersprechen dem Leitbild eines Gewerbegebiets. Daraus dass die Nutzungsarten der Baunutzungsverordnung in den Grenzen des Wortsinns so auszulegen sind, dass jede – unbedenkliche – Nutzung ihren städtebaulich angemessenen Standort findet, folgt, dass Krematorien generell auf Friedhofsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB), auf Flächen für den Gemeinbedarf (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) oder in Sondergebiete (§ 11 BauNVO) gehören. Hieran hat sich durch die Zulassung der Privatisierung von Krematorien nichts geändert. Feuerbestattungsanlagen sind den im Gewerbegebiet typischerweise vertretenen Betrieben nicht gleichzustellen. Vor der gesetzlichen Zulassung von Feuerbestattungsanlagen in privater Trägerschaft ist, soweit ersichtlich, nicht bezweifelt worden, dass Krematorien der allgemeinen Zweckbestimmung des Gewerbegebiets fremd sind; denn es findet sich niemand, der die Auffassung vertritt, diese Anlagen seien als öffentliche Betriebe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässig.
43 
Das Plangebiet „XXX“ weist keine Besonderheiten auf, die ausnahmsweise ein Krematorium dort als gebietsverträglich erscheinen ließen. Auch in diesem Plangebiet werden die Anforderungen eines Krematoriums an eine würdevolle Umgebung nicht erfüllt. Soweit in dem Gewerbegebiet „XXX“ bestimmte allgemein zulässige Anlagen, nämlich Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen ausgeschlossen sind, wird hierdurch nicht schon ein würdevolles Umfeld gewährleistet. In dem Gewerbegebiet können sich verschiedene andere für das Gewerbegebiet typische aber nach den Vorgaben des Bestattungsgesetzes störende Gewerbe ansiedeln. So haben sich in dem Gewerbebetrieb bereits eine Produktionsstätte für Metallverarbeitung und ein Betrieb, der ein Genussmittel und zwar Honigwein (Met) herstellt und Schnaps abfüllt, angesiedelt. Diese Betriebe tragen nicht zu einer pietätvollen Umgebung bei und sind nach dem allgemeinen sittlichen Empfinden als störende Betriebe im Sinne des Bestattungsgesetzes anzusehen. Der Betrieb, der Genussmittel herstellt und verarbeitet, befindet sich auch in unmittelbarer Nähe des Krematoriums, da er auf der gegenüberliegenden Straßenseite und damit nicht in ausreichender Entfernung von dem Krematorium angesiedelt ist. Die Grundstücksgrenzen der Betriebsgrundstücke sind nur 8 m voneinander entfernt. Das Krematorium ist in diesem Gewerbegebiet nach allem nicht gebietsverträglich, weil es störempfindlich ist und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, in Konflikt geraten kann.
44 
Der Umstand, dass kein Abschiedsraum vorgesehen ist, hat nach allem keinen Einfluss auf die Frage der Gebietsunverträglichkeit des Krematoriums. Unabhängig hiervon ist jedoch auszuführen, dass trotz des fehlenden Abschiedsraums im konkreten Fall damit zu rechnen ist, dass Trauernde das Krematorium im Gewerbegebiet aufsuchen würden, um individuell vom Verstorbenen Abschied zu nehmen, was umso mehr eine würdevolle Umgebung des Krematoriums voraussetzen würde. Nach § 4 der Rechtsverordnung des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Durchführung des Bestattungsgesetzes (Bestattungsverordnung - BestattVO) vom 15. September 2000 muss nach Absatz 1 für die Feuerbestattungsanlage eine Leichenhalle vorhanden sein, in der die Leichen bis zur Einäscherung aufzubahren sind und müssen nach Absatz 3 für Bestattungsfeierlichkeiten geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Zu den in der Verordnung angesprochenen Bestattungsfeierlichkeiten gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass Angehörige und andere Trauergäste in einem dem Anlass angemessenen äußeren Rahmen individuell von dem Verstorbenen vor oder während der Einäscherung Abschied nehmen und des Verstorbenen gedenken können. Allerdings muss der individuelle Abschied vom Verstorbenen nicht zwingend am Standort der Verbrennungsanlage ermöglicht werden. Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass die Trauernden den individuellen Abschied vom Verstorbenen in einer anderen angemessenen Örtlichkeit vornehmen können. Im Bauänderungsverfahren hat die Klägerin den Betriebsablauf hinsichtlich der Ermöglichung von Bestattungsfeierlichkeiten nicht geschildert. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ausdrücklich erklärt, dass es zwischen der Klägerin und ihr keinen Nutzungsvertrag für die Trauerhalle gebe und auch nicht geben werde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Angehörige und andere Trauernde wegen des Fehlens einer anderen angemessenen Örtlichkeit das Krematorium aufsuchen werden, um dort individuell von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen.
45 
Ohne dass es hierauf ankäme, wird noch angemerkt, dass damit nicht ersichtlich ist, wie die Klägerin die Nebenbestimmung Nr. 18 der Baugenehmigung hätte erfüllen wollen, wonach von dem Betreiber des Krematoriums die Regelungen des Bestattungsgesetzes und der Bestattungsverordnung einzuhalten sind. Da eine entsprechende Betriebsablaufschilderung auch im Bauänderungsantrag fehlt, dürfte sich auch die Frage stellen, ob die Baugenehmigung ausreichend bestimmt ist.
46 
Da nach allem das Krematorium in dem Plangebiet der Beklagten nicht gebietsverträglich ist, kann offen bleiben, ob es sich es bei einem Krematorium um einen öffentlichen Betrieb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Denn die Zulässigkeit wäre ebenfalls wegen der fehlenden Gebietsverträglichkeit zu verneinen.
47 
Das geplante Krematorium ist auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulässig.
48 
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in einem Gewerbegebiet Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Bestimmung erfasst allerdings nur solche Anlagen, die zusätzlich zu der genannten Zweckbestimmung einem Gemeinbedarf dienen. Das Krematorium ist eine derartige Gemeinbedarfsanlage. Es dient nach seinem Nutzungszweck einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urt. v. 30.6.2004 - 4 CN 7/03 -, juris), denn es ermöglicht den Angehörigen des Verstorbenen, ihrer Bestattungspflicht für den Fall einer Feuerbestattung (§ 31 BestattG) nachzukommen. Darauf, ob die Anlage im Sinn eines Gemeingebrauchs jedermann ohne weiteres offen steht, kommt es nicht an (vgl. BVerwG v. 30.6.2004.). Der erforderliche Gemeinwohlbezug fehlt nicht deshalb, weil die Anlage von einer Person des privaten Rechts nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen mit Gewinnerzielungsabsicht und damit gewerblich betrieben werden soll. Die hoheitliche "Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit" (vgl. hierzu BVerwG vom 30.6.2004 a.a.O.), die wegen des besonderen Allgemeininteresses an einer geordneten Bestattung besteht, stellt den Gemeinwohlbezug her. Die in Baden-Württemberg nach § 31 BestattVO zuständigen Behörden haben darüber zu wachen, dass die Vorschriften des Bestattungsgesetzes eingehalten werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris).
49 
Das genehmigte Krematorium unterfällt als Bestattungseinrichtung aber nicht dem städte-baulichen Begriff einer Anlage für kulturelle Zwecke (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). Dahingestellt bleiben kann, ob die Regelungen der Baunutzungsverordnung auf traditionelle Erscheinungsformen kultureller Anlagen wie etwa Stadtbüchereien, Theatern, Konzerthallen, Museen und Hochschulen des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht beschränkt und für neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben offen sind, die vom Verordnungsgeber noch gar nicht in den Blick genommen werden konnten (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris). Denn ein Krematorium ist, obwohl es als Bestattungseinrichtung nach dem Bestattungsgesetz Baden-Württemberg Teil der Bestattungskultur ist (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.06.2005 -15 BV 04.576 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris) und seine Nutzung sich nicht in der technischen, gewerblich betriebenen Verbrennung Verstorbener erschöpft, sondern in einen kulturellen Kontext eingebettet ist und die Einäscherung als solche Teil der (Bestattungs-) Kultur ist (vgl. zum Krematorium mit Pietätsraum OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.10.2010 - 7 A 1298/09 -, juris), nach der Systematik der Baunutzungsverordnung auch bei einem solchen weiten Verständnis keine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO. Für die Beurteilung, ob eine Anlage eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs.3 Nr. 2 BauNVO ist, ist entscheidend, welche Bedeutung aus städtebaulicher Sicht der Regelung einer allgemeinen bzw. ausnahmsweisen Zulässigkeit von Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke zukommt. Nach der Systematik der Baunutzungsverordnung sind Gemeinbedarfsanlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke, die innerhalb der Baugebiete nicht gesondert als Gemeinbedarfsanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB festgesetzt sind, Anlagen, die wegen ihres geringen Umfangs und (oder) wegen der baulichen Anpassung in die Umgebung in den Baugebieten grundsätzlich an jeder Stelle errichtet werden können, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. § 2 - 9, Rn 11.6). Sie sind deshalb in fast allen Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässig. So sind sie nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten allgemein zulässig, und können ausnahmsweise nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in Kleinsiedlungsgebieten, nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in reinen Wohngebieten, nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet und nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Industriegebiet zugelassen werden. Die Baunutzungsverordnung geht daher nach ihrer Systematik davon aus, dass die allgemein oder ausnahmsweise zulässigen kulturellen Anlagen in der Regel in diesen Baugebieten gebietsverträglich sind. Ein Krematorium ist aber keine Anlage, die wegen ihres geringen Umfangs (oder) der baulichen Anpassung in die Umgebung regelmäßig in den angeführten Baugebieten an jeder Stelle errichtet werden kann, ohne dass damit der Gebietscharakter verändert wird. Bei einem Krematorium drängt sich wegen der von ihm ausgehenden Störungen aufgrund des Erfordernisses der Rücksichtnahme auf das Umfeld der Bestattungseinrichtung einerseits und andererseits durch die Anforderungen der 27. Bundesimmissionsschutzverordnung von vorneherein die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB oder als Friedhofsfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB) oder als Sondergebiet (§ 11 BauNVO) auf, damit die Interessen- und Nutzungskonflikte schon im Rahmen einer planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB bewältigt werden. Eine Anlage wie ein Krematorium, bei dem nicht nur im Einzelfall, sondern in den weit überwiegenden Fällen eine Gebietsverträglichkeit zu verneinen sein dürfte, gehört damit nicht zu den kulturellen Anlagen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO (so im Ergebnis auch VG Osnabrück, Urt. v. 23.04.2010 - 2 A 21/09 -, juris; vgl. zum bisher üblichen Standort von Krematorien auf Friedhofsflächen BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris).
50 
Letztlich kann aber auch dahingestellt bleiben, ob das geplante Krematorium (ohne Abschiedsraum) eine Anlage für kulturelle Zwecke im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Denn selbst wenn ein Krematorium ohne Abschiedsraum von diesem Begriff i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfasst sein sollte, hat die Klage keinen Erfolg.
51 
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bezeichneten Nutzungsarten sind - wie bereits ausgeführt - nur dann ohne Weiteres gebietsverträglich, wenn sie nicht störempfindlich sind und deshalb mit dem Zweck des Gewerbegebiets, der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, nicht in Konflikt geraten können. Das Vorhaben ist aus den zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ausgeführten Gründen jedoch als Anlage für kulturelle Zwecke in dem Gewerbegebiet „XXX“ nicht gebietsverträglich und kann deshalb nicht ausnahmsweise zugelassen werden.
52 
Eine Feuerbestattungsanlage ohne Abschiedsraum ist unabhängig hiervon als kulturelle Anlage im Gewerbegebiet der Beklagten auch deshalb nicht ausnahmsweise zulässig, weil nach den schriftlichen Festsetzungen des Bebauungsplans im gesamten Plangebiet Anlagen für kulturelle Zwecke nicht zulässig sind. Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler, 11. Aufl., § 1 Rn 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass sich in dem Gewerbegebiet die dort typischen Gewerbebetriebe und nicht auch kirchliche, kulturelle und soziale Anlagen ansiedeln können. Dass die Beklagte bei dieser Festsetzung nicht an Krematorien gedacht haben mag und die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage, ob ein Krematorium (mit Pietätsraum) eine kulturelle Anlage ist, erst seit 2005 bekannt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Maßgeblich ist der objektive Erklärungsgehalt der planerischen Festsetzungen. Dem Wortlaut der Festsetzungen ist aber nicht zu entnehmen, dass Krematorien als kulturelle Anlagen von der Regelung nicht erfasst sein sollen. Auch die Entstehungsgeschichte und Begründung des Bebauungsplans gibt hierfür keine Anhaltspunkte. Deshalb ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Plangeber mit den unter Ziff. 1.1 aufgeführten „kulturellen Anlage“ die von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erfassten Anlagen ausschließen wollte.
53 
Die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 1 BauGB, wonach von den Festsetzungen eines Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind, liegen nicht vor. Der Bebauungsplan „XXX“ sieht nicht vor, dass von dem Ausschluss der Erteilung einer Ausnahme wiederum eine Ausnahme gemacht werden kann.
54 
Die Beklagte hat allerdings von den textlichen Festsetzungen unter Ziff. 1.1. gemäß § 31 Abs. 2 BauGB rechtswidrig eine Befreiung erteilt. Die Beigeladenen, die Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sind, können sich aus eigenem Recht auf die Unzulässigkeit der Befreiung berufen, weil die Beklagte von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit hat. Das bräuchten die Beigeladenen als Grundstückseigentümer im Plangebiet nur hinzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt wären. Daran fehlt es.
55 
Die Befreiung ist rechtswidrig, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vorliegen.
56 
Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
57 
Nach der verwaltungsinternen Begründung der Erteilung einer Befreiung durch die Beklagte soll die Befreiung im Hinblick auf die beabsichtigte Änderung des Bebauungsplans erteilt worden sein. Dies wäre durch § 31 Abs. 2 BauGB nicht gedeckt. Die Bestimmung des § 31 Abs. 2 BauGB sieht nach ihrem Wortlaut nicht vor, dass im Vorgriff auf die Festsetzungen eines neuen Bebauungsplans, der die Voraussetzungen von § 33 BauGB noch nicht erfüllt, Befreiungen von dem noch gültigen Bebauungsplan erteilt werden können. Ein Vorhaben kann vor Inkrafttreten eines Bebauungsplans nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 BauGB genehmigt werden.
58 
Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung liegen nicht vor. Für alle drei Fallgruppen des § 31 Abs. 2 BauGB gilt, dass eine Befreiung nicht schon erteilt werden kann, wenn die jeweiligen Voraussetzungen der Befreiungsgründe vorliegen, sondern dass zusätzlich die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen (BVerwG, Beschl. v. 24.09.2009 - 4 B 29/09 -, juris). Die von der Beklagten erteilte Befreiung zum Zweck der Genehmigung des streitigen Vorhabens berührt die Grundzüge der Planung und ist deshalb nicht zulässig.
59 
Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung in der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Abweichung muss - soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein - durch das planerische Wollen gedeckt sein; es muss - mit anderen Worten - angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind daher nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris m.w. N.). Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung stellt der Gesetzgeber sicher, dass die Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Von diesem Planungskonzept kann nicht durch Einzelfallregelung im Wege einer Befreiung abgewichen werden, weil das den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen würde und deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden könnte. Die Änderung eines Bebauungsplanes obliegt nach § 2 Abs. 4 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in den §§ 3 und 4 BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelung darf nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis aus den Angeln gehoben werden. Abweichungen von der festgesetzten Art der Nutzung berühren nicht ausnahmslos die Grundzüge der Planung, da auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen ist.
60 
Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt damit einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris).
61 
Zum planerischen Grundkonzept der Beklagten gehört der vollständige Ausschluss von Anlagen für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Aus der Begründung des Bebauungsplans (S. 3) ergibt sich nichts anderes. Aus ihr wird lediglich erkennbar, dass in Anbetracht der ungünstigen Ventilations-und Luftaustauschsituation im Nördlichen Elsenztal nur die Zulassung nicht emittierenden Gewerbes in Frage kam und wegen der hydrogeologischen Verhältnisse ein eingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt wurde. Aus welchen Gründen keine Ausnahmen für kulturelle Anlagen, gleich welcher Art, zugelassen werden sollten, ist nicht ersichtlich. Wäre das geplante Krematorium eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, würde die Erteilung einer Befreiung für eine solche Anlage, das Konzept, Anlagen für kulturelle Zwecke nicht ausnahmsweise zuzulassen, aus den Angeln heben. Die Genehmigung eines Krematoriums wäre nicht eine Abweichung von minderem Gewicht. Vielmehr würde sie den allgemeinen Geltungsanspruch des Bebauungsplans in Frage stellen und könnte deshalb nur vom Plangeber selbst im Wege einer Änderung des Bebauungsplans legitimiert werden. Eine Änderung des Bebauungsplans dahingehend, Krematorien ausnahmsweise zuzulassen, wurde nicht vorgenommen.
62 
Darüber hinaus wurde von der Beklagten das nach § 31 Abs. 2 BauGB eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist im Hinblick auf die zu berücksichtigenden nachbarlichen Interessen und auf die Besonderheiten, die mit der Genehmigung eines Krematoriums verbunden sind, nicht zu bejahen. Durch die Nichtausübung des Ermessens werden die Rechte der Nachbarn, deren Belange bei der Ermessensausübung zu würdigen sind, auch verletzt.
63 
Darauf, ob die Voraussetzungen einer Befreiung von der Festsetzung des Gebietstyps eines eingeschränkten Gewerbegebiet vorliegen, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil die Beklagte ausdrücklich die Baugenehmigung unter Befreiung gem. § 31 Abs.2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat. Unabhängig hiervon wären auch hierfür schon deshalb die Befreiungsvoraussetzungen nicht gegeben, weil Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung erfordern würden. Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern eine Befreiung im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zwar nicht erst dann, wenn den Belangen der Allgemeinheit auf eine andere Weise als durch eine Befreiung nicht entsprochen werden könnte, sondern bereits dann, wenn es zur Wahrnehmung des jeweiligen öffentlichen Interesses "vernünftigerweise geboten" ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Dass die Befreiung dem Gemeinwohl nur irgendwie nützlich oder dienlich ist, reicht demgegenüber nicht aus. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Dabei kann es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit ankommen (BVerwG, Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 -, juris). Nach diesen Grundsätzen erfordern Gründe des Allgemeinwohls nicht die Befreiung. Zwar hat die Zahl der Feuerbestattungen erheblich zugenommen. Dass die Errichtung eines Krematorien wegen eines besonderen Bedarfs für ein Krematorium gerade in XXX und dort im Gewerbegebiet „XXX“ vernünftigerweise geboten ist, ist aber nicht ersichtlich.
64 
Eine Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung ergibt sich auch nicht aus § 33 BauGB. Im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43/10 -, juris) war nach dem Vorbringen der Beteiligten ein Bauantrag nach § 33 BauGB nicht streitgegenständlich. Auf die Frage, ob der inzwischen neu gestellte Bauantrag mit dem bisherigen Bauantrag identisch ist, kam es daher nicht an. Unabhängig hiervon lagen die besonderen Voraussetzungen des § 33 BauGB nicht nachweislich insgesamt vor. Denn die erforderliche schriftliche Anerkennung der Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplans für sich und seine Rechtsnachfolger (§ 33 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) lag dem Gericht im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht vor.
65 
Da die erteilte Baugenehmigung wegen der Verletzung von nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu Recht aufgehoben wurde, war auf die Frage der Verletzung von drittschützenden immissionsschutzrechtlichen Vorschriften nicht mehr einzugehen. Der Vollständigkeit halber wird jedoch ausgeführt, dass auch Eigentümer eines nicht im Plangebiet, aber in unmittelbarer Nähe der genehmigten Anlage gelegenen (Wohn-) Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass sie keinen unzumutbaren oder erheblichen Belästigungen, Störungen oder Nachteilen im Sinne der - im Schutzniveau identischen - Vorschriften des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ausgesetzt werden (VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2007 -4 TG 1536/07 -, juris). Im vorliegenden Fall ist jedoch davon auszugehen, dass die Einhaltung der Vorgaben der 27. BImSchV gesichert ist. Die Einhaltung der Grenzwerte nach der 27. BImSchV wird durch die Klägerin in einer so genannten Garantieerklärung vom 03.12.2008 gewährleistet; vor allem wurden mit ergänzendem Bescheid vom 28.05.2009 durch Auflagen die Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte nach der 27. BImSchV beim Betrieb der Anlage sichergestellt.
66 
Die Beigeladenen können sich auch nicht auf Wertminderungen ihrer Grundstücke berufen. Wertminderungen als Folge der Nutzung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück bilden für sich genommen - also über das zum Gebot der Rücksichtnahme bereits Ausgeführte hinaus - keinen Maßstab für die Zulässigkeit eines Vorhabens. Die Abhängigkeit, in der Grundstücke zu der sie umgebenden städtebaulichen Situation stehen, schließt ein, dass die Grundstückswerte von dieser Situation beeinflusst werden und dass deshalb auch ungünstige Einflüsse, die auf Änderungen der Umgebung beruhen, grundsätzlich hingenommen werden müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladenen einen über die situationsbedingte Wertminderung hinausgehenden, schlechthin unzumutbaren Wertverlust ihrer Immobilie hinnehmen müssten, sind nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, Urt. v. 16.12.2010 -AN 9 K 10.01394 -, juris).
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Auferlegung der Kosten eines Beigeladenen entspricht im Regelfall nur dann der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, wenn er i. S. des § 154 Abs. 3 VwGO einen Antrag gestellt oder das Verfahren wesentlich gefördert hat. Für einen notwendig Beigeladenen gilt grundsätzlich nichts Anderes, auch nicht im Baunachbarstreit (VGH Bad.Württ., Beschl. v. 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, juris). Danach hat die Klägerin nur die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen, da nur er einen Antrag gestellt hat und ein Kostenrisiko eingegangen ist. Da die weiteren Beigeladenen keinen Antrag gestellt und das Verfahren auch nicht wesentlich gefördert haben und auch kein anderer Billigkeitsgrund zu ihren Gunsten zu berücksichtigen ist, tragen sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
68 
Das Gericht sah keinen Anlass, das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären, § 167 Abs. 2 VwGO.
69 
BESCHLUSS
70 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 73.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für„ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 220.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/3 der Rohbaukosten entspricht der wirtschaftlichen Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin und führt zu einem Streitwert in Höhe von 73.000,-- EUR (abgerundet).
71 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.