Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Apr. 2015 - 5 K 2370/14
Tenor
1. Die Bescheide der Beklagten vom 22.11.2013 und vom 23.06.2014 jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.07.2014 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Oktober 2006 - 9 K 790/06 - werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
Der Bebauungsplan „
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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(1) Die Genehmigung erlischt, wenn
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innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde gesetzten angemessenen Frist nicht mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen oder - 2.
eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben
(2) Die Genehmigung erlischt ferner, soweit das Genehmigungserfordernis aufgehoben wird.
(3) Die Genehmigungsbehörde kann auf Antrag die Fristen nach Absatz 1 aus wichtigem Grunde verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird.
Tenor
Der Bebauungsplan „
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
Der Bebauungsplan „
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2013 - 8 K 979/11 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zu 1).
- 2
Sie ist Eigentümerin des Grundstückes T.straße … in B.. Gegenüber befindet sich das Grundstück T.str. … der Beigeladenen zu 2) bis 5). Für den Um- und Ausbau des dortigen Gewölbekellers erteilte der Beklagte am 3. September 1968 eine Baugenehmigung. In den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen ist der Betrieb als Diskothek mit dem Namen „A.“ bezeichnet. Der Diskothekenbetrieb wurde eingestellt, nachdem der 10-jährige Pachtvertrag mit dem Pächter R. nach seinem Ablauf 1992 nicht weiter verlängert worden war. Die Verbandsgemeinde B. erteilte am 23. September 2010 dem Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen in den Räumen der ehemaligen Diskothek „A.“. Bald nach der Eröffnung wurden Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärms und anderer Belästigungen laut. Die Klägerin und andere Nachbarn forderten von dem Beklagten ein Einschreiten gegen den Beigeladenen zu 1). Es handele sich um einen Diskothekenbetrieb, der in dem vorhandenen Wohngebiet nicht zulässig sei.
- 3
Mit Bescheid vom 28. März 2011 lehnte der Beklagte es ab, die Nutzung der Gaststätte baurechtlich zu untersagen. Die Nutzung als Diskothek sei mit Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Genehmigung sei nach wie vor wirksam. Eine bloße Nutzungsunterbrechung führe, insbesondere bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der Anlage, nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung, zumal im Baurecht keine Rechtspflicht zur Nutzung eines genehmigten Gebäudes bestehe. Im Übrigen sei der Diskothekenbetrieb in dem vorhandenen Mischgebiet allgemein zulässig.
- 4
Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 zurück.
- 5
Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben: Die Baugenehmigung umfasse nicht die Nutzung als Diskothek. Jedenfalls sei die Genehmigung wegen der langen Nutzungsunterbrechung nicht mehr wirksam. Die Diskothek sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die weder in einem Mischgebiet noch in dem hier tatsächlich vorhandenen Wohngebiet zulässig sei. Der Beigeladene zu 4) hat ausgeführt, eine Aufgabe der Nutzung sei nie geplant gewesen. Das Verwaltungsgericht hat über die Nutzung zwischen 1990 und 2010 Beweis erhoben durch Anhörung des früheren Betreibers der Diskothek und zweier Nachbarn.
- 6
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einschreiten zu. Das Vorhaben sei formal legal, denn die Nutzung als Diskothek sei mit dem Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Nutzung sei Gegenstand der genehmigten Bauunterlagen. Die erteilte Genehmigung wirke auch trotz der langjährigen Nutzungsunterbrechung bis heute fort. Eine endgültige Aufgabe der Nutzung oder ein Verzicht auf die Genehmigung sei nicht feststellbar. Die Vermutung, nach längerer Nichtnutzung sei von einer endgültigen Aufgabe der Nutzung auszugehen, sei durch die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) widerlegt, der in überzeugender und nachvollziehbarer Weise geschildert habe, weshalb der Gewölbekeller über eine längere Zeit nicht dauerhaft verpachtet worden sei. Ein schlichter Leerstand von Wohn- und Geschäftsräumen sei noch kein Indiz für eine beabsichtigte Nutzungsaufgabe. Besondere Umstände, die eine endgültige Aufgabe der Nutzung belegen könnten, seien nicht erkennbar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wann eine Baugenehmigung bei längerer Nutzungsunterbrechung wirkungslos werde, sei aber die Berufung zuzulassen.
- 7
Die Klägerin hat Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet: Die Nutzungsunterbrechung zwischen 1992 und 2010 sei nur dadurch zu erklären, dass die damalige Eigentümerin die Nutzung nicht habe fortführen wollen. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) könnten entgegen der Meinung des Gerichts die Nutzungsunterbrechung nicht ausreichend begründen. Der Beigeladene zu 4) sei nicht entscheidungsbefugt gewesen, sondern nur seine Mutter als Eigentümerin. Deren Absichten würden aus der Darstellung des Zeugen Radtke deutlich, der ausgesagt habe, er habe alles entfernen müssen, was er für den Diskothekenbetrieb eingebracht habe, sogar die von ihm verlegten Fliesen. Bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 seien keine Anstalten gemacht worden, die Nutzung als Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung des Beigeladenen zu 4), es habe sich kein Pächter gefunden, der den Vorstellungen seiner Mutter entsprochen habe, sei so zu verstehen, dass die Mutter des Beigeladenen zu 4) nicht an eine Fortsetzung des Diskothekenbetriebes gedacht habe. Es stehe im Widerspruch zu der Erklärung des Beigeladenen zu 4), das Grundstück habe stets der Existenzsicherung der Familie dienen sollen, wenn es von 1992 bis 2010 ungenutzt geblieben sei. Auf die Vorstellungen des Beigeladenen zu 4), die er 18 Jahre lang gegenüber seiner Mutter als Eigentümerin nicht habe durchsetzen können, komme es nicht an. Das Landesrecht enthalte Vorgaben zur Geltungsdauer einer Baugenehmigung, nach denen die Baugenehmigung keine Wirkungen mehr entfalte. Danach erlösche eine Baugenehmigung, wenn die Ausführung des Vorhabens vier Jahre lang unterbrochen worden sei, wobei eine Fristverlängerung um vier Jahre möglich sei. Dies müsse bei der Beurteilung der Aufgabe der Nutzung über 18 Jahre hinweg berücksichtigt werden. Es sei nicht dargetan worden, welche konkreten Anstalten getroffen worden seien, den Betrieb der Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung, die Verpachtung habe sich schwierig gestaltet, sei nicht ausreichend. Erschwerend komme hinzu, dass die Gebietsstruktur sich während der Nutzungsunterbrechung verändert habe. Die Umgebung sei nun durch eine reine Wohnnutzung geprägt, so dass der Betrieb einer Diskothek nicht zulässig sei. Jedenfalls beziehe sich die Baugenehmigung nur auf das damals genehmigte Vorhaben, das sich ausschließlich auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … beschränke und die Nutzung des Flurstücks Nr. … gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht erfasse, von dem sämtliche störenden Immissionen ausgingen. Hier befinde sich der Ein- und Ausgangsbereich, im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption, die dafür das Flurstück Nr. … vorgesehen habe.
- 8
Der Kläger beantragt,
- 9
1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Diskothek „D.“, T.straße, B. zu untersagen,
hilfsweise
2. den Betrieb der Diskothek „D.“, T,straße, B. zu untersagen, soweit nicht durch Bauschein vom 03.09.1968 auf dem Grundstück Flur …, Parzellen Nr. … und … genehmigt.
- 10
Der Beklagte beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Das Verwaltungsgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nicht von einem Wegfall des Interesses an der Nutzung der genehmigten Diskothek ausgegangen werden könne. Der Diskothekenbetrieb sei nicht beschränkt auf bestimmte Parzellen erteilt worden, sondern für das gesamte Bauvorhaben.
- 13
Die Beigeladenen zu1) bis 5) haben keinen Antrag gestellt.
- 14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
- 15
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
- 16
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
- 17
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Betrieb der Diskothek „D.“ in der T.straße … ganz oder teilweise untersagt.
- 18
Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen.
- 19
Die Bauaufsichtsbehörde kann die Benutzung von Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen (§ 81 Abs. 1 LBauO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wie sich aus der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. September 1968 ergibt. Diese enthält die Feststellung, dass dem genehmigten Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf die Nutzung als Diskothek und ist nicht erloschen oder unwirksam geworden. Sie erfasst die Nutzung der genehmigten Anlagen für den Betrieb einer Diskothek, und zwar auch, soweit sie sich auf dem Flurstück Flur … Nr. … gegenüber dem Anwesen der Klägerin befinden.
- 20
Die Nutzung für eine Diskothek ist Gegenstand der Baugenehmigung. Zwar wird ausdrücklich nur die Genehmigung erteilt, „den Gewölbekeller um- und auszubauen“. Allerdings wird auf die beiliegenden, mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauunterlagen verwiesen. Zu diesen Bauunterlagen gehören die Baubeschreibung mit der Überschrift „Diskothek A.“, die Bauzeichnung, in der das Bauvorhaben als „Diskothek A.“ bezeichnet ist, sowie die „statische Berechnung zum Bau einer Diskothek“. Mit dem Begriff Diskothek ist die zugelassene Nutzung ausreichend bestimmt beschrieben.
- 21
Die Genehmigung für die Nutzung als Diskothek bezieht sich auch nicht nur auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … . Zwar sind nur diese Flurstücke im Bauschein ausdrücklich genannt. Die Anlagen, auf die sich der Bauantrag bezieht, sind jedoch in dem Lageplan mit roter Schraffur gekennzeichnet. In der Bauzeichnung sind die Toiletten, der Eingang und der Zugang in einer Lage dargestellt, die dem Flurstück Flur … Nr. … entspricht.
- 22
Diese Baugenehmigung ist nicht erloschen oder unwirksam geworden.
- 23
Die Landesbauordnung sieht ein Erlöschen der Baugenehmigung nur vor, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist (§ 74 LBauO). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte, vielmehr erfolgte hier eine Unterbrechung der Nutzung als Diskothek erst nach der Ausführung des Vorhabens, also nachdem das Vorhaben den genehmigten Ausbauzustand erreicht hatte. Während etwa § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorsieht, dass die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird, gibt es in der LBauO keine entsprechende Regelung.
- 24
Eine analoge Anwendung von § 74 LBauO auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nach Ausführung des Vorhabens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer unbeabsichtigten Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen begründet eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz, als eine, deren Ausführung sich verzögert. Danach kommt nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Frage, dass insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar erklärt. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
- 25
Diese landesrechtlichen Regelungen bestimmen den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtspositionen genießt und damit den Inhalt des Eigentums. Daneben ist kein Raum für einen Bestandsschutz, der unmittelbar auf § 14 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird (BVerwG, Urteil vom 7. November 1997 - 4 C 7.97 -, juris, Rn. 23). Das vom Bundesverwaltungsgericht für den Bestandsschutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell findet daher auf genehmigte Bauvorhaben keine Anwendung (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 174 und juris, Rn. 31 f. m. w. N.; Gatz, juris-Praxisreport zu BVerwG, Beschluss vom 5.Juni 2007 – 4 B 20/07 -).
- 26
Die Baugenehmigung ist nicht durch die Einstellung der Nutzung als Diskothek durch den Pächter A. R. und die Entfernung der von ihm eingebrachten Ausstattung im Jahr 1992 und die anschließende Nutzungsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme der Nutzung 2010 auf andere Weise erledigt.
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Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er durch einen Wegfall des Berechtigten oder des Regelungsobjekts oder auch durch Verzicht des Berechtigten auf die Wahrnehmung seiner Rechte seine regelnde Wirkung verliert sowie wenn die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass er gegenstandslos ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 43 Rn. 41 f.).
- 28
Eine solche Erledigung ist hier nicht eingetreten. Der Berechtigte ist nicht weggefallen, vielmehr sind nunmehr die Beigeladenen zu 2) bis 5) als Rechtsnachfolger des Adressaten der Baugenehmigung berechtigt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO). Das Regelungsobjekt ist nicht weggefallen, denn die genehmigten Anlagen sind nicht untergegangen oder dauerhaft unbrauchbar geworden. Zwar waren sie Überschwemmungen ausgesetzt, es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, damit keine bleibenden Schäden entstanden. Die Wiederaufnahme des Diskothekenbetriebs im Jahr 2010 belegt, dass sie aufgrund der Nutzungsunterbrechung nicht unbrauchbar geworden sind. Auch eine Erledigung dadurch, dass die Beteiligten den Verwaltungsakt übereinstimmend als obsolet ansehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1988, 729 f.), ist nicht eingetreten.
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Insbesondere hat auch der Berechtigte nicht auf die Nutzung als Diskothek verzichtet.
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Die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5), die als Grundstückseigentümerin und damit Rechtsnachfolgerin des Genehmigungsadressaten Ulrich Wehr bis zu ihrem Tode 2009 durch die Baugenehmigung berechtigt war, hat unstreitig nicht ausdrücklich auf ihre Rechte verzichtet.
- 31
Ein Verzicht auf die Nutzung als Diskothek lässt sich auch nicht schlüssig aus ihrem Verhalten herleiten. Ein konkludenter Verzicht wäre nur anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass sie endgültig auf eine Nutzung als Diskothek verzichten wollte. Der Verzicht auf die durch eine Baugenehmigung genehmigte Nutzung bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies gilt besonders dann, wenn eine neue Genehmigung, wie die Klägerin meint, nicht erteilt werden dürfte. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (vgl. VGH BW a.a.O., BayVGH, Urteil vom 1. Februar 2007 – 2 B 05.2470 –, BRS 71 Nr. 112 und juris, Rn 21 f.) Dies ist hier nicht mit ausreichender Deutlichkeit der Fall.
- 32
Für einen Verzicht spricht nicht, dass der Diskothekenbetrieb 1992 eingestellt wurde. Nach der Darstellung des Pächters hat dieser den Betrieb eingestellt, weil sich ein Nachbar bei ihm beschwert und gedroht habe, die Schließung der Diskothek zu betreiben. Selbst wenn die Berechtigte die Einstellung des Betriebes befürwortet und unterstützt hätte, ließe sich diesem Verhalten noch kein endgültiger Verzicht auf eine Nutzung als Diskothek entnehmen. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sie den Pächter veranlasst hat, die von ihm eingebrachte Ausstattung der Diskothek zu entfernen und sogar die von ihm zur Erweiterung der Tanzfläche verlegten Fliesen abzuschlagen. Bei dieser Ausstattung handelt es sich um gebrauchte Tische und Stühle, die der Pächter bereits 1982 von seinem Vorgänger übernommen hatte und die von ihm installierte Diskothekenausstattung mit Musikanlage und Lichteffekten. Soweit Fliesen entfernt wurden, waren diese für den Diskothekenbetrieb nicht erforderlich. Nach ihrer Entfernung kam der ursprüngliche Untergrund, ein Fußbodenbelag aus Marmor, wieder zum Vorschein. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er diese Fliesen nicht habe ersetzen müssen, um den Diskothekenbetrieb wieder aufnehmen zu können. Somit wurde durch das Verlangen der Verpächterin auf Entfernung der eingebrachten Anlagen die zukünftige Nutzung als Diskothek nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert. Es kann daher nicht als Hinweis auf einen Verzicht auf eine zukünftige Diskothekennutzung gewertet werden.
- 33
Ein Verzicht ist auch nicht darin zu sehen, dass die Wiederaufnahme der Nutzung als Diskothek erst nach einer Unterbrechung von etwa 18 Jahren und dem Tode der damaligen Eigentümerin erfolgt ist.
- 34
Eine Verpflichtung, eine genehmigte Nutzung ohne Unterbrechung fortzuführen, folgt aus der Baugenehmigung nicht. Das jahrelange Unterlassen der genehmigten Nutzung verstößt allerdings in der Regel gegen die Interessen des Berechtigten, so dass es durchaus die Frage aufwirft, ob noch ein Nutzungsinteresse besteht. Es gibt jedoch andererseits überzeugende Gründe dafür, eine Diskothekennutzung auch für längere Zeit zu unterlassen, ohne auf sie für immer verzichten zu wollen. Ein solcher Grund kann hier im Mangel an Pachtinteressenten für eine Diskothekennutzung oder in der kritischen Einstellung der Berechtigten zu den in Frage kommenden Pachtinteressenten liegen. Darauf hat der Beigeladene zu 4) die Dauer der Nutzungsunterbrechung zurückgeführt. Ein Grund kann aber auch das persönliche Verhältnis zu Nachbarn sein, mit denen man Streit vermeiden möchte, ohne aber deshalb gleich für immer und auch für Rechtsnachfolger auf eine Diskothekennutzung verzichten zu wollen. Auch eine altersbedingte Passivität und Entscheidungsscheu kann die Dauer der Nutzungsunterbrechung erklären. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass, wie die Klägerin meint, die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5) keine Diskothekennutzung mehr gewünscht habe und erst nach ihrem Tod diese Nutzung wieder erneut angestrebt wurde. Vielmehr wurde noch vor ihrem Tod ein Pächter gefunden, der zumindest vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme des Betriebes durchführte, wenn auch der Diskothekenbetrieb erst nach ihrem Tod 2009 durch einen neuen Pächter, den Beigeladenen zu 1), auf der Grundlage der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 23. September 2010 wieder aufgenommen wurde.
- 35
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es wäre unbillig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
- 36
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ZPO.
- 37
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
- 38
Beschluss
- 39
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 30.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die von der Klägerin vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände(§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.). Sie führen auch nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (dazu 2.).
41. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
7den Beklagten zu verpflichten, gegen die Nutzung des 1. Obergeschosses des Wohn- und Geschäftshauses Dr.-Q. -Straße 1 in I. als Spielcasino nach § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW bauaufsichtlich einzuschreiten und der Beigeladenen diese Nutzung dauerhaft zu untersagen,
8im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der wiederaufgenommene Spielhallenbetrieb sei rechtmäßig. Die ursprüngliche Baugenehmigung vom 30. Mai 1996 sei weiterhin gültig und decke diesen Betrieb ab. Durch die Unterbrechung der Nutzung der Räume als Spielhalle für die Dauer von 6 ½ Jahren habe die Baugenehmigung ihre Legalisierungswirkung nicht verloren.
9Die dagegen von der Klägerin erhobenen Einwände bleiben ohne Erfolg.
10Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erlischt der Bestandsschutz, der durch eine Baugenehmigung vermittelt wird, wenn die Genehmigung gemäß der allgemeinen - nicht insgesamt durch § 77 BauO NRW gesperrten - Bestimmung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW unwirksam wird. Dies kann als Erledigung auf sonstige Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW auch dann der Fall sein, wenn eine zulässige Nutzung zeitweilig nicht ausgeübt wird.
11Zur Beantwortung der Frage, nach welchem Zeitablauf eine Nutzungsunterbrechung/Nutzungsaufgabe bzw. ein baurechtlich relevanter Wechsel der Grundstückssituation den Bestandsschutz entfallen lässt, mag im Ausgangspunkt ggf. auch ein ‑ von dem Bundesverwaltungsgericht allerdings zu § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickeltes - sog. „Zeitmodell“ herangezogen werden können, das insoweit als (grobe) Orientierungshilfe dient. Dieses „Zeitmodell“ besagt schematisierend, dass im ersten Jahr nach dem Wechsel der Grundstückssituation nach der Verkehrsauffassung stets mit der Wiederherstellung des vorherigen Zustands zu rechnen sei. Eine Einzelfallprüfung erübrige sich dann. Im zweiten Jahr spreche für die Annahme, dass die Verkehrsauffassung eine Wiederherstellung noch erwarte, eine Regelvermutung, die im Einzelfall jedoch entkräftet werden könne, wenn Anhaltspunkte für das Gegenteil vorhanden seien. Nach Ablauf von zwei Jahren kehre sich diese Vermutung um. Es sei davon auszugehen, dass die Grundstückssituation nach so langer Zeit für eine Wiederherstellung nicht mehr offen sei. Der Bauherr habe besondere Gründe dafür darzulegen, dass der Wechsel der Grundstückssituation noch keinen als endgültig erscheinenden Zustand herbeigeführt habe.
12Vgl. zu dem „Zeitmodell“: BVerwG, Beschluss vom5. Juni 2007 - 4 B 20.07 -, BRS 71 Nr. 113 = jurisRn. 4, Urteil vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 235 = BRS 57 Nr. 67 = juris Rn. 15.
13Gleichwohl bleibt es dabei, dass - worauf das Verwaltungsgericht wie gesagt richtig hingewiesen hat - die Prüfung der Erledigung einer Baugenehmigung, soweit - wie hier - § 77 BauO NRW nicht eingreift, letztentscheidend von den gesetzlichen Vorgaben des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW abhängt. Der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Bestandsschutz, den eine Baugenehmigung vermittelt, wird durch Landesrecht als Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ausgestaltet. In welchem Umfang das Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Rechtsposition Schutz genießt, richtet sich dann nach der landesrechtlichen Norm, die hierfür die Grundlage bildet, hier also § 43 Abs. 2 VwVfG NRW.
14Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 7. November 1997- 4 C 7.97 -, BRS 59 Nr. 109 = juris Rn. 21 und Rn. 23.
15Folge dessen ist, dass das - nicht normativ verankerte - „Zeitmodell“ die Anwendung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW und das Verständnis des Begriffs der Erledigung jedenfalls nicht strikt steuern kann. Dies relativiert seine Bedeutung für die Beurteilung, wann und unter welchen Voraussetzungen sich eine Baugenehmigung erledigt haben kann, stark. Das „Zeitmodell“ kann insofern nicht mehr als eine grobe Richtschnur, eine Art Auslegungshilfe bei der Subsumtion des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW darstellen, die stets mit dem allgemeinen Terminus der Erledigung und den besonderen Einzelfallumständen abzugleichen ist. Ein rein schematisches Vorgehen, das maßgeblich auf den Zeitablauf abstellt, ist grundsätzlich nicht möglich. Ähnlich wie bei der Figur der Verwirkung hat das Zeitmoment einer Nutzungsaufgabe bzw. einer Nutzungsunterbrechung aus sich heraus keinen eindeutigen Erklärungswert. Es muss regelmäßig durch ein wie auch immer geartetes Umstandsmoment ergänzt werden, um (rechtsvernichtende) Rechtsfolgen auslösen zu können. Aus ähnlichen Gründen kann die Erledigung einer Baugenehmigung auch nicht autoritativ über den Vorhabenbegriff des § 29 BauGB erschlossen werden. Baurechtlich relevante Änderungen der Grundstückssituation, die von der genehmigten Lage abweichen, werfen abgesehen von eindeutigen Fällen wie der Zerstörung eines Gebäudes - des tatsächlichen Wegfalls des Regelungsobjekts - die Erledigungsfrage erst auf. Sie beantworten sie aber nicht jenseits von § 43 Abs. 2 VwVfG NRW.
16Vgl. zum Ganzen - bezogen auf das jeweilige Landesrecht - OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. März 2013- 8 A 11152/12 -, juris Rn. 25, das das „Zeitmodell“ sogar für auf genehmigte Vorhaben nicht anwendbar erklärt; Nds. OVG, Beschluss vom 3. Januar 2011- 1 ME 209/10 -, BRS 78 Nr. 159 = juris Rn. 28 ff., demzufolge die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung im Einzelfall auch dann andauern kann, wenn die genehmigte Nutzung mehr als sechs Jahre unterbrochen worden ist; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 164 = juris Rn. 31 ff., das ebenfalls auf dem Standpunkt steht, das „Zeitmodell“ sei zumindest im Hinblick auf das Unwirksamwerden von Baugenehmigungen zu eng; siehe überdies BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 2007 - 4 B 20.07 -, BRS 71 Nr. 113 = juris Rn. 2, das die Zeitdauer und die sonstigen Umstände nebeneinanderstellt; offen gelassen worden ist die genaue Bewandtnis des „Zeitmodells“ von OVG NRW, Beschluss vom 17. Oktober 2011 - 2 B 889/11 -, BRS 78 Nr. 111 = juris Rn. 25 ff., und Urteil vom20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rn. 42 ff.
17Daran anschließend ist es folgerichtig, dass das Verwaltungsgericht den Fortbestand der Baugenehmigung vom 30. Mai 1996 - das Zeitmoment und die Einzelfallumstände kombinierend - nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW geprüft und sich die Frage vorgelegt hat, ob hier eine Erledigung auf sonstige Weise aufgrund eines auch aus schlüssigem Verhalten herleitbaren hinreichend eindeutigen dauerhaften Verzichtswillens oder aufgrund einer - ggf. stillschweigenden - Übereinkunft der Beteiligten, die Baugenehmigung sei obsolet, eingetreten sein könnte.
18Vgl. zu diesem Ansatz auch BVerwG, Urteil vom27. März 1998 - 4 C 11.97 -, BRS 60 Nr. 148 = juris Rn. 17; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. März 2013 - 8 A 11152/12 -, juris Rn. 27 und Rn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 3. Januar 2011 - 1 ME 209/10 -, BRS 78 Nr. 159 = juris Rn. 38 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 164 = juris Rn. 34 f.
19Das Verwaltungsgericht hat seine Position auf dieser richtigen rechtlichen Basis nachvollziehbar damit begründet, der Eigentümer des Gebäudes Dr.-Q. -Straße 1 und der Beklagte seien - soweit ersichtlich - nicht übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Baugenehmigung keinerlei tatsächliche und rechtliche Bedeutung mehr habe. Auch die Klägerin habe in ihrer der Beigeladenen am 6. August 2010 erteilten Erlaubnis nach § 33 i GewO zum Ausdruck gebracht, dass sie die Baugenehmigung noch als existent betrachte. Der Grundstückseigentümer habe auch zu keinem Zeitpunkt auf die Baugenehmigung verzichtet. Insofern komme es nicht darauf an, welche Maßnahmen er konkret getroffen habe, um die Bausubstanz zu erhalten bzw. den Betrieb der Spielhalle wieder aufnehmen zu lassen. Durch die bloße Nichtnutzung des 1. Obergeschosses werde jedenfalls nicht deutlich, dass der Grundstückseigentümer auf die Genehmigung verzichte. Eine Rechtspflicht zur Nutzung bestehe nicht. Der Grundstückseigentümer habe die Räumlichkeiten auch nicht zwischenzeitlich anderweitig genutzt.
20Diese Einschätzung erschüttert das Zulassungsvorbringen nicht.
21Der Einwand, das Verwaltungsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, bei der in Rede stehenden (Wiederaufnahme der) Nutzung handele es sich nicht um ein Vorhaben im Sinne der §§ 29 ff. BauGB kann - wie schon angesprochen - für sich genommen nicht zur Erledigung der Baugenehmigung vom 30. Mai 1996 nach § 43 Abs. 2 VwVfG NRW führen. Diese Subsumtion hängt von den oben genannten entscheidungssteuernden Parametern - ausdrücklicher oder konkludenter Verzicht, Zeitmoment und nach der Verkehrsauffassung zu bewertende Einzelfallumstände - ab und nicht davon, ob eine bauliche Anlage von ihrer Nutzung nicht getrennt werden kann und ob ein Vorhaben als Ganzes seine Identität verliert, wenn sich durch eine längerfristige Unterbrechung der Nutzung die Funktion des Vorhabens ändert. Diese letztgenannten Aspekte müssen erst noch aus dem Blickwinkel der Erledigung gewertet werden.
22Die Argumentation des Zulassungsantrags zu diesem Punkt läuft vielmehr auf die allgemeine - jedoch nicht auf die konkrete Begründung des Verwaltungsgerichts eingehende - Schlussfolgerung hinaus, ein langfristiger Leerstand sei als Änderung der Funktion des Gebäudes einzustufen, was auch ohne manifesten Verzichtswillen zum Verlust der Identität des genehmigten Vorhabens und zur Erledigung der Baugenehmigung führe. Dieser Schluss kann so pauschal allerdings nicht geteilt werden, weil ein mehrjähriger Leerstand allein nichts Entscheidendes über einen etwaigen unmissverständlichen und dauerhaften Verzichtswillen des Grundstückseigentümers oder über einen Konsens zwischen den Beteiligten aussagt, die Baugenehmigung solle (nicht) weitergelten. Das bloße Zeitmoment der Nutzungsunterbrechung ohne rechtlichen Erklärungswert wird durch die von dem Verwaltungsgericht verwerteten besonderen Einzelfallumstände im zugrunde liegenden Fall maßgeblich relativiert. Entsprechendes gilt für das Vorbringen des Zulassungsantrags zu dem zeitlichen Rahmen, den das Bodenrecht abstecke, um zu beurteilen, wie lange nicht ausgeübte Nutzungen höchstens nachwirken und die städtebauliche Situation mitbestimmen. Der Zulassungsantrag setzt sich auch insoweit nicht mit der konkreten Gedankenführung des Verwaltungsgerichts auseinander, die über Schematisierungen hinausgehend von einem korrekten rechtlichen Ausgangspunkt aus aus den Umständen des Einzelfalls schöpft. Wegen des notwendigen Einzelfallbezugs der entscheidungserheblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Frage der Erledigung der Baugenehmigung ist ferner unerheblich, auf welchem Sachverhalt das Urteil des 7. Senats des beschließenden Gerichts vom 14. März 1997 - 7 A 5179/95 -, BRS 59 Nr. 149 = juris, beruhte.
23Warum die Notwendigkeit einer (erneuten) glückspielrechtlichen Konzession ein Indiz dafür sein soll, dass die ursprüngliche Nutzung nicht habe aufrechterhalten bleiben sollen, erschließt sich nicht. Das Verwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die nach § 33 i GewO erteilte Erlaubnis der Beigeladenen zur Auflage gemacht hat, dass die von dem Beklagten am 30. Mai 1996 erteilte Baugenehmigung sowie die Nachtragsgenehmigung vom 26. Mai 1998 Bestandteil der Erlaubnis seien. Dies spricht maßgeblich für die von dem Verwaltungsgericht bejahte übereinstimmende Auffassung der Beteiligten, dass diese Genehmigungen unverändert wirksam sind. Ob die Beigeladene sich erst im Jahr 2009 ernsthaft nach Interessenten umgesehen hat und neue Werbetafeln anbringen musste, ist irrelevant, weil - dies sei nochmals wiederholt - eine reine Nichtnutzung regelmäßig nicht ohne hinzutretende weitere Umstände einen unmissverständlichen und dauerhaften Verzichtswillen nach außen manifestiert, der für eine Erledigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG gebraucht wird. Derartige zusätzliche Umstände zeigt der Zulassungsantrag indes nicht auf.
242. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrunds die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
26Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
27Die Frage,
28„ob und unter welchen Voraussetzungen eine mehrjährige Nutzungsunterbrechung Einfluss auf die Fortdauer einer Baugenehmigung für eine gewerbliche Nutzung hat“,
29ist nicht allgemein klärungsbedürftig bzw. klärungsfähig. Dass eine mehrjährige Nutzungsunterbrechung bei der Gesamtprüfung der Erledigung einer Baugenehmigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG NRW berücksichtigt werden muss, steht - wie unter 1. dargelegt - fest. Welchen Stellenwert die Zeitdauer der Nutzungsunterbrechung hat, ist aber von den jeweiligen Einzelfallumständen - Zeitmoment/Umstandsmoment - abhängig, die wiederum in den Begriff der Erledigung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW eingebettet werden müssen. Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt auch der Hinweis des Zulassungsantrags auf das „Zeitmodell“ und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2007 - 4 B 20.07 -, BRS 71 Nr. 113 = juris, nicht auf. Zum einen verhält sich dieser Beschluss zu § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB, um den es hier nicht geht. Zum anderen stellt auch das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung (siehe dort juris Rn. 2) - wie bereits unter 1. erwähnt - die Zeitdauer und die sonstigen Umstände nach der Verkehrsauffassung (das Umstandsmoment) - als gleichberechtigt entscheidungserheblich nebeneinander. Dadurch ist ohne Weiteres vorgezeichnet und muss nicht erst in einem Berufungsverfahren geklärt werden, dass das „Zeitmodell“ für die Anwendung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW keine strikten Vorgaben bereithält. Ob Eigentümer sich auch nach mehrjährigem Leerstand einer Immobilie auf eine früher erteilte Baugenehmigung berufen dürfen, bleibt eine Frage des Einzelfalls, die sich einer abstrakten Beantwortung entzieht. Der vorliegende Fall bietet für eine Rechtsfortbildung keinen Anlass.
30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
33Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06. November 2008 - 9 K 1660/07 - wird geändert. Der Nutzungsuntersagungsbescheid des Landratsamts Enzkreis vom 19.09.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 16.04.2007 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2013 - 8 K 979/11 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zu 1).
- 2
Sie ist Eigentümerin des Grundstückes T.straße … in B.. Gegenüber befindet sich das Grundstück T.str. … der Beigeladenen zu 2) bis 5). Für den Um- und Ausbau des dortigen Gewölbekellers erteilte der Beklagte am 3. September 1968 eine Baugenehmigung. In den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen ist der Betrieb als Diskothek mit dem Namen „A.“ bezeichnet. Der Diskothekenbetrieb wurde eingestellt, nachdem der 10-jährige Pachtvertrag mit dem Pächter R. nach seinem Ablauf 1992 nicht weiter verlängert worden war. Die Verbandsgemeinde B. erteilte am 23. September 2010 dem Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen in den Räumen der ehemaligen Diskothek „A.“. Bald nach der Eröffnung wurden Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärms und anderer Belästigungen laut. Die Klägerin und andere Nachbarn forderten von dem Beklagten ein Einschreiten gegen den Beigeladenen zu 1). Es handele sich um einen Diskothekenbetrieb, der in dem vorhandenen Wohngebiet nicht zulässig sei.
- 3
Mit Bescheid vom 28. März 2011 lehnte der Beklagte es ab, die Nutzung der Gaststätte baurechtlich zu untersagen. Die Nutzung als Diskothek sei mit Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Genehmigung sei nach wie vor wirksam. Eine bloße Nutzungsunterbrechung führe, insbesondere bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der Anlage, nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung, zumal im Baurecht keine Rechtspflicht zur Nutzung eines genehmigten Gebäudes bestehe. Im Übrigen sei der Diskothekenbetrieb in dem vorhandenen Mischgebiet allgemein zulässig.
- 4
Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 zurück.
- 5
Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben: Die Baugenehmigung umfasse nicht die Nutzung als Diskothek. Jedenfalls sei die Genehmigung wegen der langen Nutzungsunterbrechung nicht mehr wirksam. Die Diskothek sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die weder in einem Mischgebiet noch in dem hier tatsächlich vorhandenen Wohngebiet zulässig sei. Der Beigeladene zu 4) hat ausgeführt, eine Aufgabe der Nutzung sei nie geplant gewesen. Das Verwaltungsgericht hat über die Nutzung zwischen 1990 und 2010 Beweis erhoben durch Anhörung des früheren Betreibers der Diskothek und zweier Nachbarn.
- 6
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einschreiten zu. Das Vorhaben sei formal legal, denn die Nutzung als Diskothek sei mit dem Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Nutzung sei Gegenstand der genehmigten Bauunterlagen. Die erteilte Genehmigung wirke auch trotz der langjährigen Nutzungsunterbrechung bis heute fort. Eine endgültige Aufgabe der Nutzung oder ein Verzicht auf die Genehmigung sei nicht feststellbar. Die Vermutung, nach längerer Nichtnutzung sei von einer endgültigen Aufgabe der Nutzung auszugehen, sei durch die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) widerlegt, der in überzeugender und nachvollziehbarer Weise geschildert habe, weshalb der Gewölbekeller über eine längere Zeit nicht dauerhaft verpachtet worden sei. Ein schlichter Leerstand von Wohn- und Geschäftsräumen sei noch kein Indiz für eine beabsichtigte Nutzungsaufgabe. Besondere Umstände, die eine endgültige Aufgabe der Nutzung belegen könnten, seien nicht erkennbar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wann eine Baugenehmigung bei längerer Nutzungsunterbrechung wirkungslos werde, sei aber die Berufung zuzulassen.
- 7
Die Klägerin hat Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet: Die Nutzungsunterbrechung zwischen 1992 und 2010 sei nur dadurch zu erklären, dass die damalige Eigentümerin die Nutzung nicht habe fortführen wollen. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) könnten entgegen der Meinung des Gerichts die Nutzungsunterbrechung nicht ausreichend begründen. Der Beigeladene zu 4) sei nicht entscheidungsbefugt gewesen, sondern nur seine Mutter als Eigentümerin. Deren Absichten würden aus der Darstellung des Zeugen Radtke deutlich, der ausgesagt habe, er habe alles entfernen müssen, was er für den Diskothekenbetrieb eingebracht habe, sogar die von ihm verlegten Fliesen. Bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 seien keine Anstalten gemacht worden, die Nutzung als Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung des Beigeladenen zu 4), es habe sich kein Pächter gefunden, der den Vorstellungen seiner Mutter entsprochen habe, sei so zu verstehen, dass die Mutter des Beigeladenen zu 4) nicht an eine Fortsetzung des Diskothekenbetriebes gedacht habe. Es stehe im Widerspruch zu der Erklärung des Beigeladenen zu 4), das Grundstück habe stets der Existenzsicherung der Familie dienen sollen, wenn es von 1992 bis 2010 ungenutzt geblieben sei. Auf die Vorstellungen des Beigeladenen zu 4), die er 18 Jahre lang gegenüber seiner Mutter als Eigentümerin nicht habe durchsetzen können, komme es nicht an. Das Landesrecht enthalte Vorgaben zur Geltungsdauer einer Baugenehmigung, nach denen die Baugenehmigung keine Wirkungen mehr entfalte. Danach erlösche eine Baugenehmigung, wenn die Ausführung des Vorhabens vier Jahre lang unterbrochen worden sei, wobei eine Fristverlängerung um vier Jahre möglich sei. Dies müsse bei der Beurteilung der Aufgabe der Nutzung über 18 Jahre hinweg berücksichtigt werden. Es sei nicht dargetan worden, welche konkreten Anstalten getroffen worden seien, den Betrieb der Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung, die Verpachtung habe sich schwierig gestaltet, sei nicht ausreichend. Erschwerend komme hinzu, dass die Gebietsstruktur sich während der Nutzungsunterbrechung verändert habe. Die Umgebung sei nun durch eine reine Wohnnutzung geprägt, so dass der Betrieb einer Diskothek nicht zulässig sei. Jedenfalls beziehe sich die Baugenehmigung nur auf das damals genehmigte Vorhaben, das sich ausschließlich auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … beschränke und die Nutzung des Flurstücks Nr. … gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht erfasse, von dem sämtliche störenden Immissionen ausgingen. Hier befinde sich der Ein- und Ausgangsbereich, im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption, die dafür das Flurstück Nr. … vorgesehen habe.
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Der Kläger beantragt,
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1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Diskothek „D.“, T.straße, B. zu untersagen,
hilfsweise
2. den Betrieb der Diskothek „D.“, T,straße, B. zu untersagen, soweit nicht durch Bauschein vom 03.09.1968 auf dem Grundstück Flur …, Parzellen Nr. … und … genehmigt.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Verwaltungsgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nicht von einem Wegfall des Interesses an der Nutzung der genehmigten Diskothek ausgegangen werden könne. Der Diskothekenbetrieb sei nicht beschränkt auf bestimmte Parzellen erteilt worden, sondern für das gesamte Bauvorhaben.
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Die Beigeladenen zu1) bis 5) haben keinen Antrag gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Betrieb der Diskothek „D.“ in der T.straße … ganz oder teilweise untersagt.
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Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen.
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Die Bauaufsichtsbehörde kann die Benutzung von Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen (§ 81 Abs. 1 LBauO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wie sich aus der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. September 1968 ergibt. Diese enthält die Feststellung, dass dem genehmigten Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf die Nutzung als Diskothek und ist nicht erloschen oder unwirksam geworden. Sie erfasst die Nutzung der genehmigten Anlagen für den Betrieb einer Diskothek, und zwar auch, soweit sie sich auf dem Flurstück Flur … Nr. … gegenüber dem Anwesen der Klägerin befinden.
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Die Nutzung für eine Diskothek ist Gegenstand der Baugenehmigung. Zwar wird ausdrücklich nur die Genehmigung erteilt, „den Gewölbekeller um- und auszubauen“. Allerdings wird auf die beiliegenden, mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauunterlagen verwiesen. Zu diesen Bauunterlagen gehören die Baubeschreibung mit der Überschrift „Diskothek A.“, die Bauzeichnung, in der das Bauvorhaben als „Diskothek A.“ bezeichnet ist, sowie die „statische Berechnung zum Bau einer Diskothek“. Mit dem Begriff Diskothek ist die zugelassene Nutzung ausreichend bestimmt beschrieben.
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Die Genehmigung für die Nutzung als Diskothek bezieht sich auch nicht nur auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … . Zwar sind nur diese Flurstücke im Bauschein ausdrücklich genannt. Die Anlagen, auf die sich der Bauantrag bezieht, sind jedoch in dem Lageplan mit roter Schraffur gekennzeichnet. In der Bauzeichnung sind die Toiletten, der Eingang und der Zugang in einer Lage dargestellt, die dem Flurstück Flur … Nr. … entspricht.
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Diese Baugenehmigung ist nicht erloschen oder unwirksam geworden.
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Die Landesbauordnung sieht ein Erlöschen der Baugenehmigung nur vor, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist (§ 74 LBauO). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte, vielmehr erfolgte hier eine Unterbrechung der Nutzung als Diskothek erst nach der Ausführung des Vorhabens, also nachdem das Vorhaben den genehmigten Ausbauzustand erreicht hatte. Während etwa § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorsieht, dass die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird, gibt es in der LBauO keine entsprechende Regelung.
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Eine analoge Anwendung von § 74 LBauO auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nach Ausführung des Vorhabens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer unbeabsichtigten Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen begründet eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz, als eine, deren Ausführung sich verzögert. Danach kommt nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Frage, dass insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar erklärt. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
- 25
Diese landesrechtlichen Regelungen bestimmen den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtspositionen genießt und damit den Inhalt des Eigentums. Daneben ist kein Raum für einen Bestandsschutz, der unmittelbar auf § 14 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird (BVerwG, Urteil vom 7. November 1997 - 4 C 7.97 -, juris, Rn. 23). Das vom Bundesverwaltungsgericht für den Bestandsschutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell findet daher auf genehmigte Bauvorhaben keine Anwendung (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 174 und juris, Rn. 31 f. m. w. N.; Gatz, juris-Praxisreport zu BVerwG, Beschluss vom 5.Juni 2007 – 4 B 20/07 -).
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Die Baugenehmigung ist nicht durch die Einstellung der Nutzung als Diskothek durch den Pächter A. R. und die Entfernung der von ihm eingebrachten Ausstattung im Jahr 1992 und die anschließende Nutzungsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme der Nutzung 2010 auf andere Weise erledigt.
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Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er durch einen Wegfall des Berechtigten oder des Regelungsobjekts oder auch durch Verzicht des Berechtigten auf die Wahrnehmung seiner Rechte seine regelnde Wirkung verliert sowie wenn die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass er gegenstandslos ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 43 Rn. 41 f.).
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Eine solche Erledigung ist hier nicht eingetreten. Der Berechtigte ist nicht weggefallen, vielmehr sind nunmehr die Beigeladenen zu 2) bis 5) als Rechtsnachfolger des Adressaten der Baugenehmigung berechtigt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO). Das Regelungsobjekt ist nicht weggefallen, denn die genehmigten Anlagen sind nicht untergegangen oder dauerhaft unbrauchbar geworden. Zwar waren sie Überschwemmungen ausgesetzt, es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, damit keine bleibenden Schäden entstanden. Die Wiederaufnahme des Diskothekenbetriebs im Jahr 2010 belegt, dass sie aufgrund der Nutzungsunterbrechung nicht unbrauchbar geworden sind. Auch eine Erledigung dadurch, dass die Beteiligten den Verwaltungsakt übereinstimmend als obsolet ansehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1988, 729 f.), ist nicht eingetreten.
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Insbesondere hat auch der Berechtigte nicht auf die Nutzung als Diskothek verzichtet.
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Die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5), die als Grundstückseigentümerin und damit Rechtsnachfolgerin des Genehmigungsadressaten Ulrich Wehr bis zu ihrem Tode 2009 durch die Baugenehmigung berechtigt war, hat unstreitig nicht ausdrücklich auf ihre Rechte verzichtet.
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Ein Verzicht auf die Nutzung als Diskothek lässt sich auch nicht schlüssig aus ihrem Verhalten herleiten. Ein konkludenter Verzicht wäre nur anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass sie endgültig auf eine Nutzung als Diskothek verzichten wollte. Der Verzicht auf die durch eine Baugenehmigung genehmigte Nutzung bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies gilt besonders dann, wenn eine neue Genehmigung, wie die Klägerin meint, nicht erteilt werden dürfte. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (vgl. VGH BW a.a.O., BayVGH, Urteil vom 1. Februar 2007 – 2 B 05.2470 –, BRS 71 Nr. 112 und juris, Rn 21 f.) Dies ist hier nicht mit ausreichender Deutlichkeit der Fall.
- 32
Für einen Verzicht spricht nicht, dass der Diskothekenbetrieb 1992 eingestellt wurde. Nach der Darstellung des Pächters hat dieser den Betrieb eingestellt, weil sich ein Nachbar bei ihm beschwert und gedroht habe, die Schließung der Diskothek zu betreiben. Selbst wenn die Berechtigte die Einstellung des Betriebes befürwortet und unterstützt hätte, ließe sich diesem Verhalten noch kein endgültiger Verzicht auf eine Nutzung als Diskothek entnehmen. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sie den Pächter veranlasst hat, die von ihm eingebrachte Ausstattung der Diskothek zu entfernen und sogar die von ihm zur Erweiterung der Tanzfläche verlegten Fliesen abzuschlagen. Bei dieser Ausstattung handelt es sich um gebrauchte Tische und Stühle, die der Pächter bereits 1982 von seinem Vorgänger übernommen hatte und die von ihm installierte Diskothekenausstattung mit Musikanlage und Lichteffekten. Soweit Fliesen entfernt wurden, waren diese für den Diskothekenbetrieb nicht erforderlich. Nach ihrer Entfernung kam der ursprüngliche Untergrund, ein Fußbodenbelag aus Marmor, wieder zum Vorschein. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er diese Fliesen nicht habe ersetzen müssen, um den Diskothekenbetrieb wieder aufnehmen zu können. Somit wurde durch das Verlangen der Verpächterin auf Entfernung der eingebrachten Anlagen die zukünftige Nutzung als Diskothek nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert. Es kann daher nicht als Hinweis auf einen Verzicht auf eine zukünftige Diskothekennutzung gewertet werden.
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Ein Verzicht ist auch nicht darin zu sehen, dass die Wiederaufnahme der Nutzung als Diskothek erst nach einer Unterbrechung von etwa 18 Jahren und dem Tode der damaligen Eigentümerin erfolgt ist.
- 34
Eine Verpflichtung, eine genehmigte Nutzung ohne Unterbrechung fortzuführen, folgt aus der Baugenehmigung nicht. Das jahrelange Unterlassen der genehmigten Nutzung verstößt allerdings in der Regel gegen die Interessen des Berechtigten, so dass es durchaus die Frage aufwirft, ob noch ein Nutzungsinteresse besteht. Es gibt jedoch andererseits überzeugende Gründe dafür, eine Diskothekennutzung auch für längere Zeit zu unterlassen, ohne auf sie für immer verzichten zu wollen. Ein solcher Grund kann hier im Mangel an Pachtinteressenten für eine Diskothekennutzung oder in der kritischen Einstellung der Berechtigten zu den in Frage kommenden Pachtinteressenten liegen. Darauf hat der Beigeladene zu 4) die Dauer der Nutzungsunterbrechung zurückgeführt. Ein Grund kann aber auch das persönliche Verhältnis zu Nachbarn sein, mit denen man Streit vermeiden möchte, ohne aber deshalb gleich für immer und auch für Rechtsnachfolger auf eine Diskothekennutzung verzichten zu wollen. Auch eine altersbedingte Passivität und Entscheidungsscheu kann die Dauer der Nutzungsunterbrechung erklären. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass, wie die Klägerin meint, die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5) keine Diskothekennutzung mehr gewünscht habe und erst nach ihrem Tod diese Nutzung wieder erneut angestrebt wurde. Vielmehr wurde noch vor ihrem Tod ein Pächter gefunden, der zumindest vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme des Betriebes durchführte, wenn auch der Diskothekenbetrieb erst nach ihrem Tod 2009 durch einen neuen Pächter, den Beigeladenen zu 1), auf der Grundlage der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 23. September 2010 wieder aufgenommen wurde.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es wäre unbillig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ZPO.
- 37
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
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Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2013 - 6 K 3031/13 - wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Der der Beigeladenen erteilte Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 und des 3. Än-derungsbescheides vom 13. Februar 2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte und die Beigeladene selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage vom 29. März 2011 in der Form der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Nachtragsgenehmigung vom 13. Februar 2014.
3Die Kläger bewohnen in T. /I1. ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, auf dem - laut Auskunft der Landwirtschaftskammer - bis in die 1980er Jahre Rinderhaltung betrieben wurde. Ihr Wohnhaus liegt in südwestlicher Richtung ca. 25 m von der Biogasanlage entfernt. Links und rechts an das Wohnhaus grenzen ehemalige Stallgebäude. Der nördliche Teil des Wohnhauses, die sog. Diele, diente früher als Verbindung zwischen den Stallgebäuden und ist von den Klägern in den 1970er Jahren umgebaut und in den Wohnbereich integriert worden. Dort befindet sich seitdem der Eingangsbereich zum Wohnhaus. In einem Umkreis von rund 600 m um das Wohnhaus der Kläger befinden sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe, die Tierhaltung betreiben. Ca. 50 m in nördlicher Richtung liegen die Stallgebäude der T1. B. GbR, deren Gesellschafter B1. und G1. T1. mit den Gesellschaftern der Beigeladenen identisch sind. Dort werden ca. 1.700 Schweine (berücksichtigt wurden die genehmigten Tierplatzzahlen) in sechs Ställen gehalten. Auf dem Nachbargrundstück I2. hält die Beigeladene weitere Schweine. Ca. 400 m in östlicher Richtung befindet der Tierhaltungsbetrieb L. (ca. 1.300 Sauen, Mastschweine und Ferkel), ca. 300 m in südlicher Richtung die landwirtschaftlichen Betriebe K. (ca. 2.000 Sauen, Mastschweine und Ferkel) und H1. (176 Rinder).
4Am 23. August 2010 beantragte die Beigeladene beim Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage. Dem Antrag nachfolgend beigefügt wurde u.a. ein Geruchsgutachten des Ingenieurbüros V. und Q. GmbH vom 14. September 2010, wonach die Zusatzbelastung durch die geplante Biogasanlage lediglich 2 % der Jahresgeruchsstunden betrage und damit irrelevant i.S. der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) sei.
5Unter dem 29. März 2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Verbrennungsmotoranlage zur Erzeugung von Strom und Warmwasser für den Einsatz von Biogas mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 bis weniger als 10 MW auf dem Grundstück Gemarkung I1. , Flur 6, Flurstück 1 in der Gemeinde T. , deren sofortige Vollziehung er anordnete. Im Rahmen der Begründung heißt es auf Seite 23 des Genehmigungsbescheides: „Mit der gutachterlichen Geruchsprognose von V. und Q. vom 14. September 2010, Nr. 13104110‑1, wird belegt, dass der Betrieb der Biogasanlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastungen auf den beurteilenden Flächen im Umgebungsbereich der Biogasanlage, in dem sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten, nicht relevant erhöht.“
6Am 13. April 2011 haben die Kläger Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt - 11 L 180/11 -. Mit Beschluss vom 15. Juni 2011 hat das erkennende Gericht den Antrag abgelehnt. In dem sich anschließenden Beschwerdeverfahren hat das OVG NRW mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt. Zur Begründung hat das OVG NRW angeführt, auf Grund der im Beschwerdeverfahren eingeholten fachliche Stellungnahme und Plausibilitätsprüfung des M1. für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (M2. NRW) vom 13. April 2012 sei davon auszugehen, dass im Gutachten der V. und Q. GmbH vom 14. September 2010 nebst Ergänzung vom 16. Dezember 2010 nicht alle Ansätze sachgerecht gewählt worden seien. Insgesamt sei nicht auszuschließen, dass die Irrelevanzschwelle von 2 % der Jahresgeruchsstunden überschritten werde.
7Im Anschluss hat die Beigeladene dem Beklagten ein weiteres Gutachten der V. und Q. GmbH vom 07. August 2012 vorgelegt. Der Gutachter gelangt hierin zu dem Ergebnis, dass bei den Klägern (S. 7) eine Zusatzbelastung durch die Biogasanlage von 9 % Jahresgeruchsstunden, eine Gesamtbelastung inkl. Nachbarbetrieb im Istzustand von 15 % Jahresgeruchsstunden sowie eine Gesamtbelastung inkl. Nachbarbetrieb im Planzustand - Erhöhung der Abluftkamine und der Abluftgeschwindigkeit bei den vorhandenen Stallgebäuden - von ebenfalls 15 % der Jahresgeruchsstunden zu erwarten sei.
8Unter Berücksichtigung dieses Gutachtens hat der Beklagte am 16. August 2012 eine 1. Nachtragsgenehmigung zum Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 erlassen. Gegenstand des Nachtrages sind folgende Maßnahmen: Erhöhung der Ab-luftkamine der vorhandenen Stallgebäude (Gebäude 1 bis 6) auf eine Mindesthöhe von 11 m über Grund und Anpassung der Abluftgeschwindigkeit der Stallgebäude der T1. B. GbR auf >= 7 m/s. Die Nachtragsgenehmigung enthält u.a. folgende Nebenbestimmungen:
9Nr. III 4: „Die von der Genehmigung erfasste Anlage ist so errichten und zu betreiben, dass die allein von der Biogasanlage hervorgerufenen Geruchsimmissionen nicht zu einer Erhöhung der derzeitigen Gesamtbelastung von IGB = 15 % um mehr als 9 % der Jahresstunden an Geruchswahrnehmungshäufigkeit an dem maßgeblichen Immissionsort - hier: Wohnhaus S. 7 - führen. Die Ermittlung und die Beurteilung der Geruchsimmissionen haben entsprechend der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zu erfolgen.“
10Nr. III 5: „Um der Entstehung zusätzlicher Geruchsimmissionen vorzubeugen, ist die Silageanschnittfläche nach der Silageentnahme unverzüglich und vollständig mit einer geeigneten Folie abzudecken.“
11Nr. III 8. „Dieser Nachtrag ist zu dem oben genannten Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 zu nehmen und gilt nur in Verbindung mit diesem Bescheid.“
12In der Begründung hat der Beklagte ausgeführt, die geplante Biogasanlage wie auch das dem Vorhaben nächstgelegene Grundstück mit dem Wohnhaus S. 7 lägen bauplanungsrechtlich im Außenbereich der Gemeinde T. . Die geplante Anlage erfülle die Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Die Immissionsprognose vom 07. August 2012 weise an dem der Anlage nächst gelegenen Wohnhaus, S. 7, eine durch die Biogasanlage zu erwartende geruchliche Zusatzbelastung von 9 % und als Gesamtbelastung einen Wert von 15 % der Jahresstunden aus. Die erstellte Prognose sei aus seiner Sicht nicht zu beanstanden. Die Ertüchtigung der auf den Stallgebäuden der T1. B. GbR vorhandenen Abluftkamine führe an den westlich bzw. nordwestlich gelegenen Wohngebäuden zu einer Verbesserung der Gesamtbelastung um 4 % bzw. 5 %. Das geplante Vorhaben verletze nicht das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Von ihm gingen keine unzumutbaren Gerüche aus. Das nächstgelegene Wohnhaus (S. 7) liege im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Es handele sich um ein ehemals landwirtschaftlich genutztes Anwesen mit Tierhaltung. Aufgrund der Außenbereichslage sei das Wohnhaus mit einem geringeren immissionsschutzrechtlichen Schutzanspruch als Wohnnutzungen im Dorfgebiet beschwert. Eine optisch bedrängende Wirkung gehe von der geplanten Biogasanlage nicht aus.
13Am 10. August 2012 hat die Beigeladene beim erkennenden Gericht den Antrag gestellt, den Beschluss des OVG NRW vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 11 K 805/11 gegen die ihr erteilte Genehmigung abzulehnen - 11 L 521/12 -. Mit Beschluss vom 14. September 2012 hat das erkennende Gericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung angeführt, die Interessenabwägung gehe weiterhin zu Gunsten der Beigeladenen aus, da bestehende Zweifel an der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen auch durch die neuerlichen Gutachten und die 1. Nachtragsgenehmigung des Beklagten vom 16. August 2012 nicht ausgeräumt seien.
14Gegen diesen Beschluss hat die Beigeladene Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hat das erkennende Gericht am 17. September 2012 das M2. NRW um eine gutachterliche Stellungnahme und Plausibilitätsprüfung zum Gutachten von V. und Q. vom 07. August 2012 und einer Ergänzung vom 10. September 2012 gebeten.
15Am 30. Oktober 2012 hat der Beklagte einen 2. Nachtrag zum Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 erlassen. Gegenstand dieses Nachtrages sind folgende Maßnahmen: Geänderte Ausführung der Fahrsiloanlage durch Austausch der Silowände (Traunsteiner gegen U‑Wände), Einkürzungen der ersten und dritten Fahrsilospur, Verzicht auf die westlich gelegene Zufahrt, geänderte Ausführung des Technikgebäudes, Einbau einer geplanten Holzbalkendecke, Verlagerung und Erhöhung der Wallanlage von der Grundstücksgrenze nach innen auf das Anlagengelände im westlichen und südlichen Bereich (Breite der Sohle 7 m, Höhe 2,80 m) und geänderter Betrieb des Annahmebunkers (Reinigung, einmal wöchentlich für 2 Stunden geöffnet). In den Nebenbestimmungen zum Nachtragsbescheid (dort unter III) wird ausgeführt, dass die Auflagen der Bescheide vom 29. März 2011 und 16. August 2012 unverändert gültig blieben und die Abschätzung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation durch die V. und Q. GmbH vom 20. April 2012 verbindlicher Bestandteil des Antrages ist und die darin enthaltenen Randbedingungen einzuhalten sind.
16Das M2. NRW hat in seiner Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 gegenüber dem erkennenden Gericht dargetan, die Ausführungen des Gutachters seien zum Teil nicht nachvollziehbar. Der seitens des Gutachters gewählte Radius von 350 m erweise sich als nicht ausreichend. Entsprechend des heutigen Kenntnisstandes zu den Immissionsauswirkungen von Tierhaltungsbetrieben seien für die Ermittlung der Gesamtbelastung mindestens alle Geruchsemittenten in einem Radius von 600 m um die Beurteilungsfläche in die Ausbreitungsberechnung aufzunehmen. Ferner führt das M2. aus, entsprechend den Auslegungshinweisen der GIRL könne der maximale Immissionswert von 25 % der Jahresgeruchsstunden für Tierhaltungsgerüche im Außenbereich nur unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls angewandt werden. Von Seiten des M2. werde empfohlen, die Kriterien Siedlungsstruktur/Ortsüblichkeit, Nutzung und Historie für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranziehen.
17Mit Blick auf die Stellungnahme des M2. vom 13./14. Dezember 2012 hat die Beigeladene eine weitere Immissionsprognose der V. und Q. GmbH vom 21. Januar 2013 vorgelegt. Danach ist unter Berücksichtigung der Vorbelastungen durch die o.g. Tierhaltungen am Wohnhaus der Kläger mit einer Geruchsbelastung an 21 % der Jahresgeruchsstunden zu rechnen. Die durch die Biogasanlage entstehende Zusatzbelastung wurde mit 5 % der Jahresgeruchstunden veranschlagt.
18Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 - hat das OVG NRW die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der Kammer vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - zurückgewiesen. In der Begründung nimmt das OVG NRW Bezug auf die Ausführungen des M2. NRW in seiner Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 und führt weiter aus, dass die Plausibilitätszweifel, die den Senat maßgeblich zu seiner Bewertung im Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - veranlasst haben, durch die Immissionsprognose vom 07. August 2012 nicht hinreichend verlässlich ausgeräumt würden.
19Eine weiteres im Auftrag der Beigeladenen erstelltes Gutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22. März 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus der Kläger eine Immissionsbelastung in Höhe von 20 bis 23 % der Jahresgeruchsstunden zu erwarten ist.
20Nachdem die Beigeladene zwischenzeitlich mit der Errichtung der Biogasanlage begann, hat das Gericht auf den Antrag der Kläger mit Beschluss vom 09. Juli 2013
21- 11 L 328/13 - festgestellt, dass die Klage im Verfahren 11 K 805/11 auf der Grundlage der Beschlüsse des OVG NRW vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - und vom 30. Januar 2013 - 8 B 130/12 - aufschiebende Wirkung hat und den Beklagten verpflichtet, der Beigeladenen durch sofort vollziehbare Ordnungsverfügung aufzugeben, den Betrieb der Biogasanlage vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache einzustellen. Das dagegen gerichtete Beschwerdeverfahren ist erfolglos geblieben (OVG NRW, Beschluss vom 06. August 2013 - 8 B 829/13 -).
22Der Beklagte hat daraufhin am 19. Juli 2013 eine Untersagungsverfügung bezüglich der im Betrieb befindlichen Biogasanlage erlassen. Hiergegen hat die Beigeladene am 25. Juli 2013 erneut Klage erhoben - 11 K 2565/13 - und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt - 11 L 455/13 -. Letzteren hat das Gericht mit Beschluss vom 30. Juli 2013 abgelehnt. Im Anschluss hat die Beigeladene diese Klage zurückgenommen.
23Im Klageverfahren - 11 K 805/11 - hat das erkennende Gericht mit Verfügung vom 03. Mai 2013 das M2. NRW gebeten, das Gutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22. März 2013 auf seine Plausibilität zu überprüfen. Unter dem 26. November 2013 hat das M2. NRW eine fachliche Stellungnahme zu diesem Geruchsgutachten abgeben und hierin ausgeführt, dass die Geruchsberechnung des Gutachters plausibel und nachvollziehbar sei, allerdings sei die Geruchseinwirkung unter Berücksichtigung der nunmehr anwendbaren Beurteilungsmethodik der Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft (LAI) zur Anwendung der GIRL unzulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellungnahme wird auf Bl. 231 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
24Unter dem 13. Februar 2014 hat der Beklagte eine 3. Nachtragsgenehmigung erlassen. Die Nebenbestimmungen Nr. III 1 bis 4 des Nachtragsbescheides vom 16. August 2012 wurden aufgehoben und durch folgende Nebenbestimmungen ersetzt:
25Nr. III 1: „Das Geruchsgutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22.03.2013 ist verbindlicher Bestandteil des Genehmigungsbescheides und zwingend zu beachten.“
26Nr. III 4: „Die von der Genehmigung erfasste Anlage ist unter Beachtung der den unter Ziffer 1 genannten Geruchsgutachten zugrunde gelegten Rahmenbedingungen zu errichten und zu betreiben. Die allein von der Biogasanlage hervorgerufenen Geruchsimmissionen dürfen am maßgeblichen Immissionsort - Wohnhaus S2. 7 - eine Zusatzbelastung von 7 % der Jahresgeruchsstunden nicht überschreiten.“
27Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Auflagen in dem Abschnitt III Nrn. 2 und 3 des Nachtrags der Unteren Umweltschutzbehörde vom 16.08.2012 rechtswidrig seien und aufgehoben würden, weil dies für den Bescheidempfänger nicht umsetzbar sei, da er nicht Eigentümer des zu Grunde liegenden Stalles sei.
28Die Kläger haben sich zur fachlichen Stellungnahme des M2. NRW vom 26. November 2013 nicht geäußert. Zur Klagebegründung verweisen sie auf ihren umfangreichen Vortrag im Rahmen der entsprechenden Eilverfahren. Sie berufen sich weiterhin im Wesentlichen auf eine durch den Betrieb der Biogasanlage zu erwartende unzumutbare Geruchsbelastung.
29Die Kläger beantragen,
30den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Änderungsgenehmigung vom 13. Februar 2014 aufzuheben.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er trägt vor, dass nach den Empfehlungen des M2. bei einer Wohnnutzung im Außenbereich dieser ein Immissionswert bis 25 % der Jahresgeruchsstunden auch dann zugeordnet werden könne, wenn die Wohnnutzung auf einer ehemaligen Hofstelle mit Tierhaltung erfolge. Ausführungen zur Prüfung der speziellen Randbedingungen für das Wohnhaus der Kläger seien im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 16. April 2013 erfolgt. Die Auffassung des M2. NRW, dass Gerüche aus Biogasanlagen anders zu beurteilen seien als Gerüche aus landwirtschaftlichen Betrieben (Tierhaltungsanlagen), teile er nicht. Eine signifikante Unterscheidung der Geruchsqualität zwischen der Silage einer Biogasanlage und der einer Rinderhaltung könne nicht bestehen. Auch entfalte die Biogasanlage eine sogenannte dienende Funktion innerhalb der Landwirtschaft. Die anfallende, betriebseigene Gülle werde über verlegte Leitungen der Anlage direkt zugeführt und die anfallende Abwärme des Motors wiederum zum Teil im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen genutzt.
34Die Beigeladene beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Sie macht geltend, nach der fachliche Stellungnahme des M2. NRW vom 26. November 2013 beständen an der Richtigkeit der Berechnungsdurchführungen durch das Sachverständigenbüro S1. & I3. keine Zweifel, vielmehr werde die Plausibilität des Gutachtens ausdrücklich bestätigt. Die weitergehenden Ausführungen des M2. NRW zur Beurteilung der Geruchsbelastungen seien dagegen nur bedingt zutreffend. Es bestehe bereits kein Erfordernis, zwischen den Gerüchen aus der Biogasanlage und den Gerüchen aus der Tierhaltung zu differenzieren. Es handele sich bei der Biogasanlage ausschließlich um eine solche, die mit nachwachsenden Rohstoffen, wie Mais und Getreide sowie mit Gülle aus der Tierhaltung beschickt werde. Es sei daher hier ein Immissionsgrenzwert bis 25 % der Jahresgeruchsstunden anzunehmen. Die Immissionsbelastung beim Wohnhaus der Kläger betrage lediglich 22 %, so dass damit keine unzumutbare Geruchsbelästigung vorliege. Selbst wenn eine Differenzierung der Gerüche aus der Biogasanlage und solcher aus der Tierhaltung zulässig sei, wären die maßgeblichen Immissionswerte weiterhin eingehalten. Nach der bislang angewendeten und fachlich anerkannten Methodik zur Beurteilung gemeinsamer Einwirkung verschiedener Gerüche anhand der in der fachlichen Stellungnahme angeführten zwei Prüfungsschritte liege insgesamt ebenfalls keine unzumutbare Geruchsbelastung vor. Soweit am Ende der fachlichen Stellungnahme allerdings eine gänzlich neue, bislang selbst in Gutachterkreisen unbekannte Methodik der Prüfung der Zulässigkeit der Geruchsbelastung angeführt werde, die im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz länderübergreifend geregelt worden sein solle, sei diese vorliegend nicht zu berücksichtigen. Ein Erlass oder eine Verwaltungsvorschrift zu dieser neuen Methodik existiere nicht. Hinzu komme, dass die Angelegenheit seitens des M2. NRW nicht zeitnah bearbeitet worden sei. Wäre die fachliche Stellungnahme innerhalb angemessener Zeit erstellt worden, wäre eine Entscheidung aller Wahrscheinlichkeit vor der internen Beschlussfassung der LAI getroffen worden. Eine derartige Verzögerung könne nicht zu Lasten der Beigeladenen gehen.
37In der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene darüber hinaus vorgetragen, sie verzichte auf die Errichtung des dritten, dem Grundstück der Kläger nächstgelegenen Fahrsilos und den Einsatz und die Lagerung von Grassilage. Hierdurch werde, sogar wenn man die Methodik der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für anwendbar hielte, ein Wert der Geruchsimmissionen erreicht, der unter 1 liege. Insoweit habe sich der Rechtsstreit erledigt.
38Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigen B2. T2. u.a. zu seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 informatorisch befragt. Wegen der Einzelheiten der Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verfahrensakten 11 K 804/11, 11 L 180/11, 11 L 521/12, 11 L 328/13, 11 L 455/13 sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (10 Hefte) Bezug genommen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
40Die Klage hat Erfolg.
41I. Gegenstand der Klage ist der Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in der Gestalt, die er durch die Nachtragsgenehmigungen vom 16. August 2012, 30. Oktober 2012 und 13. Februar 2014 erhalten hat. Die Nachtragsbaugenehmigung stellt keinen selbständig anfechtbaren Streitgegenstand dar, wenn sie kein selbständiges Vorhaben betrifft. Sie kann in diesem Fall nur zusammen mit der ursprünglichen Baugenehmigung angegriffen werden, der sie - genauso wie dem genehmigten Vorhaben - eine abschließende Gestalt gibt.
42Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 25. September 2012 - 2 B 1048/12 -, vom 17. März 2009 - 7 B 1768/08 -, juris Rn. 8, und vom 04. Mai 2004 - 10 A 1476/04 -, BRS 67 Nr. 169 = juris Rn. 7 ff.
43Diese Grundsätze aus dem Baurecht sind auf das Immissionsschutzrecht übertragbar. Mit den o.g. Nachtragsbescheiden wird kein vom ursprünglichen Genehmigungsgegenstand abweichendes Vorhaben genehmigt. Lage, Größe und Umfang der mit der Genehmigung vom 29. März 2011 immissionsschutzrechtlich und baurechtlich genehmigten Anlagenteile der Biogasanlage,
44soweit es sich nicht um solche handelt, die die der Anlage 1 zur 4. BImschV unterfallen, dürften diese entweder als Nebenanlagen nach § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV oder baurechtlich (vgl.
45§ 13 BImSchG) von der Genehmigung umfasst sein,
46sind durch die Nachtragsbescheide nicht verändert worden. Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich im Wesentlichen auf die Einbeziehung der im Verlauf des Verfahrens erstellten weiteren Geruchsimmissionsprognosen und die hierdurch erforderlichen Anpassungen bestimmter Nebenbestimmungen.
47Die Festlegung geänderter Immissionswerte gibt der Genehmigung keinen selbständigen neuen Inhalt, so dass Streitgegenstand der Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in der Fassung der jeweiligen Änderungsbescheide ist.
48II. Die Klage ist zulässig.
49Die Änderungsgenehmigung i.d.F. des 3. Änderungsbescheides hat sich nicht durch den in der mündlichen Verhandlung erklärten „Teilverzicht“ auf die Genehmigung erledigt, mit der Folge, dass die Anfechtungsklage hinsichtlich eines Teiles der Genehmigung mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig geworden wäre.
50Verzichtet der Inhaber auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, so erlischt diese, ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Verfügung der zuständigen Behörde bedürfte. Die in § 18 BImSchG aufgeführten Erlöschensgründe sind insoweit nicht abschließend.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, NVwZ 1990, 464; OVG NRW, Urteil vom 09. August 2006 - 8 A 3726/05 -, S. 14 des amtlichen Umdrucks; Beschlüsse vom 14. September 2006 - 8 A 496/05 - und - 8 A 497/05 - jeweils S. 10 des amtlichen Umdrucks.
52Soweit in der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass dies grundsätzlich auch bei einem Teilverzicht gilt, wenn die Genehmigung teilbar ist und der restliche Anlagenteil noch genehmigt werden kann,
53vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. September 2006 - 8 A 496/05 - und - 8 A 497/05 - jeweils S. 10 des amtlichen Umdrucks; Jarass, BImSchG, 10.Auflage 2013, § 18 Rn. 9,
54mag dies gelten, wenn es - wie im Urteil des OVG NRW vom 09. August 2006 (a.a.O.) - darum geht, dass der Bauherr beim genehmigten Betrieb einer Windkraftanlage mit der Beschränkung des Schallleistungspegels auf eine von der technischen Ausgestaltung der genehmigten Anlage her mögliche Kapazität in vollem Umfang verzichtet, denn ein Verzicht auf eine optimale Kapazitätsauslastung lässt im Übrigen das Vorhaben, so wie es genehmigt war, unverändert. Beschränkt sich der Verzicht dagegen nicht nur auf die von der Baugenehmigung bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erfassten Nutzungsmöglichkeiten (Betriebszeiten), sondern auch auf die Realisierung bestimmter baulicher Elemente eines umfangreichen Gesamtvorhabens, führt dies zu einer wesentlichen Umgestaltung des Vorhabens in baurechtlicher, gegebenenfalls auch in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht,
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - 7 B 1368/08 -, juris Rn. 18 und 19,
56sodass es einer baurechtlichen bzw. immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung bedarf. Ein Teilverzicht, mit der Folge, dass insoweit eine Teilerledigung des Rechtsstreites eintritt, ist in diesen Fällen nicht möglich, weil das Vorhaben nach dem teilweisen Verzicht seine Grundlage nicht mehr in der erteilten Genehmigung finden kann.
57So liegt es hier. Der in der mündlichen Verhandlung erklärte und schriftlich bestätigte „Teilverzicht“ beschränkt sich nicht nur auf eine Eingrenzung der Nutzungsmöglichkeiten, sondern auf den Verzicht eines der genehmigten Fahrsilos sowie den Einsatz von Grassilage. Damit wird nicht nur auf einen Teil der baurechtlich genehmigten Anlagenteile verzichtet, sondern auch das Betriebskonzept für die genehmigte Biogasanlage geändert. Denn die Einsatzstoffe sind wesentlicher Bestandteil der Betriebsbeschreibung, die wiederum Bestandteil des Genehmigungsbescheides ist (vgl. Nr. 3.1 des Genehmigungsantrages, Bl. 202 BA II und II des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011) und - mit Blick auf die unterschiedlichen Geruchsemissionsfaktoren (vgl. V. & Q. , Gutachten vom 14. September 2010, Seite 16) - auch für die Immissionsprognose von Bedeutung sind.
58Die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ergibt sich im vorliegenden Fall zumindest daraus, dass sich die Kläger als Eigentümer und Anwohner des Grundstücks S2. 7 auf eine nicht ausgeschlossene Verletzung der nachbarschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG berufen können.
59Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nach § 110 Abs. 3 Satz 1 Justizgesetz NRW bedurfte es nicht, da die Kläger im Verwaltungsverfahren beteiligt worden sind. Dies gilt auch bezüglich der im Verfahren ergangenen Nachtragsbescheide.
60III. Die Klage ist auch begründet. Der der Beigeladenen erteilte Genehmigungsbescheid zur Errichtung und dem Betrieb einer Biogasanlage vom 29. März 2011 in der Fassung der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Nachtragsgenehmigung vom 13. Februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
61Rechtsgrundlage für die hier erteilte Genehmigung ist § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m. Nr. 1.4.b) aa) Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV. Zumindest (s.o.) die Errichtung und der Betrieb des hier geplanten BHKW’s bedürfen danach einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
62Der Beigeladenen steht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer derartigen Genehmigung zu, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, hierzu unter III 2) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, hierzu unter III 1).
631. Soweit es die hier mit zu prüfenden (§ 13 BImSchG) Vorschriften des öffentlichen Baurechts angeht, ist nicht ersichtlich, dass durch die Genehmigungserteilung gegen Vorschriften verstoßen wird, denen nachbarschützende Wirkung zukommt.
64Hierbei geht das Gericht nach Auswertung der ihm vorliegenden Karten und Pläne davon aus, dass sowohl das Grundstück der Kläger als auch das Grundstück der Beigeladenen nicht in einem faktischen Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO) liegen, sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB).
65a.) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare und bereits vorhandene Gegebenheiten an, so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung. Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen, und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können. Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen. Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden. Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen. Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt. Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke. Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde, sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden. Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen, in aufgelockerter Bebauung aber auch größer. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt. Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind.
66b) Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz1 BauGB ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen. Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde. Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen. Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht. Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen.
67Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 18. Januar 2011 - 8 S 600/09 - m.w.N., juris.
68c.) Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall die um das Wohnhaus der Kläger gelegene Bebauung nicht als zusammenhängend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und insgesamt nicht als Ortsteil zu werten. Vielmehr ist diese Gegend von T. /I1. als Außenbereich und nicht als faktisches Dorfgebiet anzusehen. An dem Kreuzungsbereich der Straßen X. /S2. befinden sich ausweislich des Luftbildes bei google maps maximal fünf zu Wohnzwecken genutzte ehemalige landwirtschaftliche Anwesen. Diese vermitteln nicht den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit eines bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, vielmehr sind sie augenscheinlich ursprünglich für die jeweils getrennt voneinander wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebe als Wohnhäuser errichtet worden und werden zudem durch das Straßenkreuz voneinander getrennt. Das Gebiet lässt sich auch nicht als zum Dorfgebiet I4. gehörig ansehen. Dagegen spricht bereits die Entfernung zwischen dem Grundstück S2. 7 und der Grenze des „Ortsgebietes“ von I1. . Diese beträgt rund 500 m Luftlinie. Dazu kommt, dass entlang der Straße X. , die das Anwesen der Kläger und I1. verbindet, in südlicher Richtung kaum bauliche Nutzung zu finden ist, sondern sich dort überwiegend landwirtschaftlich genutzte Freiflächen befinden. Aktive landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung (L. , K. und H1. ) befinden sich in einem Umkreis von 400 m. Es liegt daher insgesamt eine für den Außenbereich typische aufgelockerte Bebauung ehemals genutzter landwirtschaftlicher Hofstellen an einer Straße vor, die von Wiesen und Feldern unterbrochen wird.
69d) Ob es sich bei der hier genehmigten Biogasanlage um ein privilegiertes Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB handelt oder - in Ermangelung der dort genannten Voraussetzungen - um ein sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB ist in bauplanungsrechtlicher Hinsicht für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, weil dem Vorliegen eines Privilegierungstatbestandes keine nachbarschützende Wirkung zukommt, die unzutreffende Annahme eines Privilegierungstatbestandes durch die Genehmigungsbehörde deshalb den Nachbarn nicht in subjektiven Rechten verletzt.
70Vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 10. Juli 2013 - 2 B 320/13 -, juris Rn.13; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07. Oktober 2009
71- 1 A 10872/07 -, BauR 2010, 581 = juris Rn. 99.
72Nachbarschutz wird im baurechtlichen Außenbereich nur über das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gewährt. Für eine optisch erdrückende Wirkung des hier genehmigten Vorhabens mit Blick auf das benachbarte Grundstück der Kläger ist nichts ersichtlich. Die dem Grundstück der Kläger nächstgelegenen Teile der Anlage - die Fahrsilos - weisen eine Höhe von weniger als drei Metern auf. Die Fermenter sind mit bis zu 6 Metern die höchsten Anlagenbestandteile, diese sind jedoch am östlichen Rand des Grundstücks und in weiterer Entfernung zu den Klägern positioniert. Zum Grundstück der Kläger wird die Biogasanlage außerdem durch einen Wall abgeschirmt.
73Insoweit ist entscheidungserheblich nur noch die Frage, ob das genehmigte Vorhaben das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, weil es schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB hervorruft (hierzu unter 2.) Hierbei konkretisiert das Bundesimmissionsschutzgesetz die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht. Andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 - 7 C 7.92 -, NVwZ 1993, 987, und Beschluss vom 02. Februar 2000 - 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679.
752. Durch die Genehmigung vom 29. März 2011 in der Fassung der Nachtragsbescheide wird nicht hinreichend sicherstellt, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen für die Kläger entstehen.
76a) Zur Klärung der Frage, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, bedarf es grundsätzlich - vorbehaltlich hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose, bei der aus der Vor- und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird.
77Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33.
78Hierbei kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 zurückgegriffen werden.
79In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie sowie die entsprechenden VDI-Richtlinien,
80die VDI Richtlinien 3471 und 3472 (Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine bzw. Geflügel) wurden durch die VDI-Richtlinie 3894 - Stand: September 2011 - ersetzt,
81bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden können; sie enthalten technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
82Vgl. BVerwG, Beschluss vom 07. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, DVBl. 2007, 1515 (nur LS), und vom 13. Dezember 2007 - 7 D 142/06.NE -, juris, sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 263, vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, NWVBl. 2006, 337, vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris, und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -.
83Die GIRL findet grundsätzlich auch Anwendung im Zusammenhang mit der Beurteilung von Gerüchen aus Biogasanlagen.
84Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. März 2011 - 12 ME 26/11 -, juris.
85Auf die Ermittlung von Kenngrößen für die Geruchsbelastung nach der GIRL kann schon deshalb nicht verzichtet werden, weil das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen insoweit nicht durch die Einhaltung des Abstandsdiagrammes nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sichergestellt ist. Dieses findet nur auf Tierhaltungsanlagen Anwendung, nicht auf Biogasanlagen.
86Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 16. Mai 2006 - 7 ME 6/06 -, RdL 2006, 212.
87b.) Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert (IW) von 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15; einen Immissionswert für den Außenbereich regelt die GIRL nicht. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen.
88Für den Außenbereich enthält die GIRL keine Immissionswerte. In der Begründung und in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL wird hierzu lediglich ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es "möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 25 % für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen."
89Der Begriff der „landwirtschaftlichen Gerüche“ i.S.d. GIRL knüpft hierbei nicht an den Begriff der Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB an. In seiner fachlichen Stellungnahme vom 14. Dezember 2012 an das erkennende Gericht hat das M2. NRW hierzu ausgeführt:
90Zu bedenken ist hier, dass sich die Bezeichnungen "Landwirtschaft",
91"landwirtschaftliche Gerüche", "landwirtschaftlicher Bereich" und
92"landwirtschaftliche Anlagen" in Nr. 1 und 3.1 der GIRL bzw. den
93Auslegungshinweisen zu Nr. 1, 2, 3.1 und 5 der GIRL nicht auf
94"Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB" beziehen, sondern als
95Bezug die im Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur GIRL genannten
96Definitionen heranzuziehen sind. In diesem "Bericht zu Expositions-
97Wirkungsbeziehungen" (LUA NRW 2006) wird der Summe der
98Geruchsqualitäten "Geflügel, Schwein, Rind, Pferd, Gülle, Mist, Silage"
99die Bezeichnung "landwirtschaftliche Gerüche" zugeordnet (Tabelle 5,
100Seite 35). Für die in die GIRL 2008 eingegangenen Auswertungen
101hingegen ist das Belastungsmaß "Tierhaltungsgerüche" (Geflügel,
102Schwein, Rind) verwendet worden (Seite 73, LUA NRW 2006). Die
103Geruchsqualität Pferd wurde zu Beginn des Projektes mit aufgenommen,
104konnte aber nicht untersucht werden. Der Begriff "landwirtschaftlich" in
105der GIRL bezieht sich somit auf die Geruchsqualität, die von landwirt-
106schaftlicher Tätigkeit, hier speziell der Tierhaltung und deren Nebenein-
107richtungen hervorgerufen wird. Insoweit ist die Formulierung in den
108Auslegungshinweisen zur GIRL wie folgt zu präzisieren: Unter der
109Prüfung der speziellen Bedingungen des Einzelfalls kann bei der
110Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25 für Gerüche
111aus der Tierhaltung herangezogen werden.“
112Die bisher vom OVG NRW offen gelassene Frage, ob „landwirtschaftliche Gerüche“ i.S.d. der GIRL auch solche aus einer gewerblichen Tierhaltung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sind,
113vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 42,
114dürfte damit zu bejahen seien. Das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 30. Januar 2013 auf diese Stellungnahme des M2. NRW vom 13./14. Dezember 2012 Bezug genommen und sich dieser Rechtsauffassung offensichtlich angeschlossen.
115Zu Geruchsbelastungen durch Gerüche aus einer Biogasanlage führt das M2. NRW in der vorgenannten Stellungnahme vom 14. Dezember 2012 an das erkennende Gericht aus:
116„Die Gerüche einer Biogasanlage wurden im Rahmen des genannten Forschungsobjektes nicht untersucht, sie sind keine Gerüche aus der Tierhaltung, entsprechend ist für sie eine Erhöhung des Immissionswertes bis zu 0,25 nicht anzuwenden. Vor dem Hintergrund einer Geruchsimmissionsmessung kann es im Einzelfall schwierig sein, die Gerüche aus einem Tierhaltungsbetrieb mit Silage von denen der Silage einer Biogasanlage zu unterscheiden. In Immissionsprognosen jedoch können die Zuordnungen separat ausgewertet werden.“
117c.) Wie oben bereits ausgeführt, ist es nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL im Außenbereich nur „unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls“ - und nicht etwa ohne Weiteres - möglich, bei der Geruchsbeurteilung einen Wert von bis zu 0,25/25 % für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Die Feststellung einer Außenbereichslage ist dabei notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung zur Annahme eines Wertes von bis zu 0,25/25 %. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten und der Qualität der Geruchsbelästigung im konkreten Fall zu erfolgen hat.
118Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 7, und vom 09. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, n.v., Abdruck S. 18.
119Eine solche Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde lässt sich den Genehmigungsbescheiden nicht entnehmen. Sie war im Rahmen der Genehmigungserteilung für den Bescheid vom 29. März 2011 und den 1. Änderungsbescheid vom 16. August 2012 auch nicht erforderlich, weil der Beklagte vor dem Hintergrund der Geruchsprognosen vom 14. September 2010 bzw. 07. August 2012 von einer irrelevanten Zusatzbelastung bzw. einer Gesamtbelastung von nicht mehr als 15 % der Jahresgeruchsstunden ausgehen durfte. Unter Berücksichtigung der dem 3. Änderungsbescheid vom 13. Februar 2014 zu Grunde liegenden Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros S1. & I3. war eine solche jedoch erforderlich. Der Begründung dieses Änderungsbescheides lässt sich aber nicht entnehmen, welche Gesamtgeruchsbelastung der Beklagte innerhalb des durch die GIRL für den Außenbereich eröffneten Rahmens zwischen 15 % und 25 % der Jahresgeruchsstunden für die Kläger (noch) als zumutbar ansieht. Insoweit hätten entsprechende Festlegungen nach Auffassung des Gerichts im Bescheid erfolgen müssen. Eine Genehmigung, die - wie hier - keinen Immissionswert für die maßgebliche (vgl. Nr. 4.2 GIRL) Gesamtbelastung am Grundstück der Kläger festlegt, sondern sich lediglich auf eine Regelung der Zusatzbelastung beschränkt (vgl. Nebenbestimmung III Nr. 4 des 3. Änderungsbescheides vom 13. Februar 2014), reicht insoweit nicht aus. Sofern im Genehmigungsbescheid vom 13. Februar 2014 bestimmt wird, dass das Geruchsgutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. als Bestandteil des Genehmigungsbescheides zwingend zu beachten sei, genügt dies gleichfalls nicht. Die Einzelfallprüfung ist durch die Genehmigungsbehörde durchzuführen und zu begründen. Meinungen und Feststellungen eines Gutachters können diese nicht ersetzen. Im Übrigen beschränken sich die Ausführungen des Ingenieurbüros S1. & I3. im Gutachten vom 22. März 2013 (Seite 22) auf eine Wiedergabe der Auslegungshinweise der GIRL. Eine an den Vorgaben des M2. orientierte Einzelfallprüfung, auf die der Beklagte Bezug nehmen könnte, hat offensichtlich nicht stattgefunden.
120e.) Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Ergebnis der nach Nr. 5 GIRL durchzuführenden Prüfung im Einzelfall nicht Bestandteil des Genehmigungsbescheides sein muss und hierzu auf die Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung vom 16. April 2013 (BA Bl. 152 ff.) abstellt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
121Die hierin geäußerte Rechtsauffassung des Beklagten, bei einer Wohnnutzung im Außenbereich seien bis zu 25 % der Jahresgeruchsstunden für die Kläger unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles zumutbar, wenn es sich um eine ehemalige landwirtschaftliche Hofstelle handele, teilt das Gericht jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - eine vorhandene Tierhaltungsanlage um eine Biogasanlage erweitert werden soll.
122aa.) Zu den Voraussetzungen, wann eine Erhöhung des maßgeblichen Richtwertes auf 0,25/25 % möglich ist, hat das OVG NRW in seinem Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 - Bezug genommen auf die in der fachlichen Stellungnahme des M2. NRW vom 13. Dezember 2012 aufgeführten Kriterien für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls. Dort heißt es:
123„- Siedlungsstruktur/Ortsüblichkeit: Einzelnen Wohnnutzungen im
124Außenbereich kann, soweit keine der im Weiteren genannten Kriterien
125dagegen sprechen, in der Regel ein Immissionswert bis 0,25 zugeordnet
126werden. Für Straßendörfer und Streusiedlungen wird die Anwendung
127eines Immissionswertes bis 0,20 empfohlen.
128- Nutzung: Soweit es sich um eine reine Wohnnutzung im Außenbereich
129handelt, können, in Abhängigkeit von den weiteren genannten Kriterien,
130Immissionswerte oberhalb von 0,15 bis 0,25 festgelegt werden. Für
131Wohnnutzungen von tierhaltenden Betrieben wird ein Immissionswert
132bis 0,25 empfohlen, wobei die jeweilige Eigenbelastung
133(Geruchsstundenhäufigkeiten, hervorgerufen durch die eigene
134Tierhaltung) unberücksichtigt bleibt. Ein solches Vorgehen stellt sicher,
135dass die Bewohner einer solchen Hofstelle für den Fall einer Aufgabe
136der Tierhaltung (ein aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft
137regelmäßig auftretender Fall) nicht unbegrenzt Geruchsimmissionen
138ausgesetzt sind, somit auch für diesen Fall der Schutz sichergestellt ist.
139- Historie: Der Wohnnutzung innerhalb einer Hofstelle, auf der Tiere
140gehalten wurden, die heute insgesamt aber nur noch zu Wohnzwecken
141genutzt wird, kann ein Immissionswert bis 0,25 zugeordnet werden.
142Handelt es sich um ein Wohnhaus im Außenbereich, das ohne
143landwirtschaftlichen Bezug errichtet wurde (z.B. Bahnwärterhaus), wird
144ein Immissionswert bis 0,20 empfohlen.
145- Vorbelastung: Liegt die Vorbelastung bereits über 0,25, ist im Rahmen
146eines Genehmigungsverfahrens anzustreben, den Immissionswert von
1470,25 im Sinne eines Zielwertes zu erreichen.“
148Das OVG NRW hat diese Grundsätze in seinem Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, n.v. weitergehend präzisiert und Kriterien aufgestellt, die bei der Bestimmung des Grenzwertes der zulässigen Geruchsbelastung Berücksichtigung finden sollen. Diese sind
149- der Gebietscharakter,
150- Vorbelastung und Ortsüblichkeit der Gerüche,
151- eine gegebenenfalls erhöhten Duldungspflicht des Nachbarn bei eigener
152Tierhaltung,
153- das gesetzgeberische Anliegen, Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen generell zu vermeiden und an sich nicht zumutbare Zustände nicht zu verfestigen,
154- der Stand der Technik,
155- das Ziel, Vorhabenänderungen dann nicht zu verhindern, wenn sie zwar nicht die an sich zumutbaren Geruchsimmissionswerte einhalten, aber deutliche Verbesserungen herbeiführen, sowie
156- sonstige Einzelfallumstände.
157bb.) Legt man diese Kriterien für die zu treffende Einzelentscheidung zu Grunde, sind den Klägern Geruchsimmissionen bis zu 25 % der Jahresgeruchsstunden nicht zumutbar.
158Die nach den o.g. Empfehlungen des M2. NRW vorzunehmende Differenzierung bei Wohnnutzungen im Außenbereich zwischen solchen mit landwirtschaftlichen Bezug (im Einzelfall bis 25 % der Jahresgeruchstunden) und ohne landwirtschaftlichen Bezug (bis 20 % der Jahresgeruchsstunden), dürfte zwar grundsätzlich dem Gebot der Rücksichtnahme Rechnung tragen.
159In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Wohnnutzungen im Außenbereich gegenüber einer zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung ein höheres Maß an Rücksichtnahme zu üben haben als Wohnnutzungen in Dorfgebieten.
160Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, juris.
161In der GIRL kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass für Dorfgebiete nach Nr. 3.1 ein Immissionswert von 0,15/15 % der Jahresstunden gilt, während bei einer Wohnnutzung im Außenbereich über diesen Wert hinausgegangen werden kann. Mit Blick darauf, dass nach der Rechtsprechung Wohnnutzungen ehemaliger landwirtschaftlicher Betriebe mit einem nachwirkenden Gebot der Rücksichtnahme belegt sind,
162vgl. OVG NRW Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn.25,
163dürfte es auch zulässig sein, nicht allein die derzeitige Nutzung in den Blick zu nehmen. Das Gebot der Rücksichtnahme beruht aber auf Gegenseitigkeit. Dies bedeutet, dass eine landwirtschaftliche privilegierte Nutzung ihrerseits im Rahmen der dem Landwirt durchaus zustehenden Entwicklungsmöglichkeiten auch auf bestehende Wohnnutzungen im Außenbereich Rücksicht nehmen muss, selbst dann, wenn diese ihrerseits an eine aufgegebene privilegierte Nutzung geknüpft waren. Das der Wohnnutzung mit Blick auf die frühere (eigene) privilegierte Nutzung obliegende erhöhte Maß an Rücksichtnahme kann hierbei nicht zeitlos sein. Mit zunehmender Dauer der Aufgabe der privilegierten Nutzung nähert sich dies dem an, was eine nicht privilegierte Wohnnutzung im Außenbereich an Rücksicht hinzunehmen hat. Wird - wie hier - eine eigene landwirtschaftliche Nutzung seit ca. 30 Jahren nicht mehr betrieben, die Wohnnutzung im Außenbereich seitdem aber genehmigt oder geduldet ausgeübt, dürfte ein erhöhtes Maß an Rücksichtnahme bis zum Ausschöpfen des Grenzwertes von 25 % der Jahresstunden nicht mehr geboten sein.
164Berücksichtigt werden muss im vorliegenden Fall im Rahmen des gegenseitigen Gebots der Rücksichtnahme auch, dass die Kläger bis in die 1980er Jahre eine Tierhaltung nur im geringsten Umfang (3 Kühe und 1 Pferd) ausgeübt haben, sodass die von ihnen in der Vergangenheit verursachten Geruchsimmissionen auch nicht annähernd mit den von der T1. B. GbR verursachten Immissionen (ca. 1.700 Schweine) vergleichbar waren.
165Nimmt man im Rahmen der Einzelfallprüfung - wie es das M2. NRW und auch das OVG NRW fordern - ergänzend auch die Ortsüblichkeit in den Blick ist weiterhin zu berücksichtigen, dass es sich hier nach dem Genehmigungsgegenstand nicht um Gerüche aus einer Tierhaltungsanlage, die bisher prägend für das Gebiet sind, handelt, sondern um Gerüche aus einer Biogasanlage, die keineswegs hinsichtlich der Geruchsintensität und Geruchsart mit denen aus einer Tierhaltungsanlage vergleichbar sind (hierzu näher unter cc.).
166cc.) Ungeachtet dessen, ob danach bei einer Wohnnutzung im Außenbereich grundsätzlich 25 % der Jahresgeruchsstunden zumutbar sind, hat der Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Genehmigung hier nach Auffassung des M2. NRW keine landwirtschaftlichen Gerüche i.S.d. GIRL betrifft, sondern Gerüche einer Biogasanlage, für die - so das M2. in der Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 - grundsätzlich auch im Außenbereich ein Immissionsrichtwert von 15 % der Jahresgeruchstunden gilt.
167Das M2. hat diese Auffassung in einer weiteren Stellungnahme vom 26. November 2013 wiederholt und hierzu ausgeführt:
168„Gerüche aus Biogasanlagen sind nicht eindeutig den Gerüchen aus Tierhaltungen gleichzustellen. Insbesondere im Nahbereich unter 100 m geht, als Ergebnis einer fachlichen Diskussion im Rahmen einer Dienstbesprechung am 15. November 2012, nach überwiegender Auffassung der fachlich mit Biogasanlagen vertrauten Behördenmitarbeiter in Nordrhein-Westfalen, von diesen ein biogasanlagentypischer Geruch aus. Dies wird in Zusammenhang gebracht mit den Gerüchen aus dem Silagelager (Anschnittfläche, Silagetransport/gegebenenfalls verschmutzte Oberflächen, austretender Silosickersaft/Regenereignisse, gegebenenfalls abweichende Geruchsqualität der Biogassilage aufgrund anderer Silierung und Handhabung) sowie dem Umstand, dass bei Biogasanlagen die Silagen einen deutlich größeren Anteil an den Gesamtimmissionen aufweisen, als dies bei Tierhaltungen der Fall ist. Hinzukommen gegebenenfalls minimale Immissionen aus dem Fermenter, dem Nachgärbehälter, dem Gärrestlager und Rohrleitungen/Pumpen (bzw. den je nach Anlagentechnik jeweils vorhandenen Betriebsteilen), die zum Platzgeruch beitragen und nur im Nahbereich immissionswirksam sind.
169Für Biogasanlagengerüche im Außenbereich sollte aus den genannten fachlichen Gründen, zumindest für den Nahbereich bis 100 m, wie für sonstige gewerbliche und industrielle Geruchsarten/-qualitäten, ein Immissionswert angewendet werden, der unterhalb des für Tierhaltungen nach Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls möglichen Wertes von 0,25/25 % liegt. Hier sind nach Auffassung des M2. zulässige Geruchsstundenhäufigkeiten von 0,15 bis 0,20 denkbar.
170Im vorliegenden Fall wäre somit die Situation gegeben, dass auf die zu beurteilende Wohnnutzung Gerüche einwirken, für die ein Immissionswert von z.B. 0,15 bis 0,20 zur Anwendung kommen kann (Biogasanlage) und Gerüche, für die ein Immissionswert bis 0,25 denkbar ist (Tierhaltung).
171Es stellt sich somit die Frage, wie die gemeinsame Einwirkung der Gerüche für eine zusammenfassende Beurteilung der Situation einzuschätzen ist. Eine Antwort zu dieser Frage ist in der Vergangenheit auf Fachebene nicht abschließend gegeben worden. So war es in der Vergangenheit fachlich nicht zu beanstanden, die Zulässigkeit der Geruchsbelastung im Rahmen einer Immissionsprognose wie folgt zu prüfen:
172Prüfungsschritt 1: Die Geruchsbelastung der Geruchsart mit dem geringeren Immissionswert überschreitet diesen nicht.Prüfungsschritt 2: Die Gesamtbelastung (Geruchsstundenhäufigkeiten, verursacht von beiden Geruchsarten, ermittelt durch Ausbreitungsberechnung) überschreitet den höheren Immissionswert nicht.
173Bezogen auf die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Kläger könnte dies Folgendes bedeuten:
174Prüfungsschritt 1: Die Geruchsbelastung durch die Biogasanlage beträgt 0,07, zulässig ist eine Geruchshäufigkeit von 0,15 bis 0,20 (genaue Festlegung im Rahmen einer Beurteilung im Einzelfall). Der hierfür geltende Immissionswert wird eingehalten.Prüfungsschritt 2: Die Gesamtbelastung beträgt 0,22, zulässig wäre im Außenbereich eine Geruchshäufigkeit von 0,25 (Beurteilung im Einzelfall/Abwägung auch unter Berücksichtigung der Belastung durch Tierhaltungsgerüche – hier 0,17). In diesem Fall wäre auch dieser Immissionswert eingehalten, die Anlage somit zulässig. Würde die Einzelfallbeurteilung im Ergebnis zu einem Immissionswert von 0,20 führen, so wäre das zulässige Maß der Geruchsbelastung überschritten.
175Zwischenzeitlich ist die Methodik der Prüfung der Zulässigkeit im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) zur Anwendung der GIRL (GIRL-Expertengremium, Sitzung 22./23. Oktober 2013, Rostock) länderübergreifend geregelt worden. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die jeweiligen Anteile dürfen summarisch 1,00 nicht überschreiten.
176IBb TH + IBb G/I
177IWTH IWG/I <= 1
178IBb TH = Immissionsbelastung belästigungsrelevant Tierhaltung
179IBb G/I = Immissionsbelastung belästigungsrelevant Gewerbe/Industrie/
180Nicht-Tierhaltung
181IW = Immissionswert
182Die Anwendung dieser Prüfungsregel würde, bei einem Immissionswert für die Gesamtbelastung von 0,25 zu einer Unzulässigkeit der Geruchseinwirkungen führen, auch wenn für den Nahbereich von Biogasanlagen im Außenbereich ein Immissionswert von 0,20 zugrunde gelegt würde.“
183f.) Gemessen an diesen Ausführungen des M2. NRW ist die durch die Biogasanlage entstehende Geruchsbelastung unter Berücksichtigung der vorhandenen Vorbelastungen und unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls für die Kläger nicht mehr zumutbar. Das M2. NRW hat die im Gutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22. März 2013 für das Grundstück der Kläger ermittelte Geruchsbelastung - 20 % bis 23 % der Jahresgeruchstunden - für plausibel erachtet und eine Geruchsbelastung von 22 % angenommen. Diese Annahme beruhte auf den von dem Beklagten mitgeteilten und insoweit maßgeblichen genehmigten Tierplatzzahlen,
184vgl. OVG NRW, Beschluss vom 02. Dezember 2013 - 2 A 2652/11 -, juris Rn.102,
185die allerdings nach der Mitteilung des Beklagten einer Korrektur bedurften. Denn die für den landwirtschaftlichen Betrieb H1. mitgeteilten Tierplatzzahlen waren um 17 Tiere zu niedrig angesetzt (vgl. Stellungnahme des Beklagten vom 21. Februar 2014).
186Ausgehend von diesen korrigierten Tierplatzzahlen hat das Ingenieurbüro S1. & I3. am 21. Februar 2014 eine Nachberechnung vorgenommen. Danach ist davon auszugehen, dass am Wohngrundstück der Kläger eine Geruchsbelastung an (mindestens) 23 % der Jahresgeruchstunden eintritt. Schon diese Geruchsbelastung überschreitet nach den vorstehenden Kriterien das den Klägern zumutbare Maß.
187Das Gericht lässt deshalb dahinstehen, ob hier nicht sogar von einer Geruchsbelastung von 24 - 25 % der Jahresgeruchsstunden auszugehen ist. Das Ingenieurbüro S1. & I3. hat bei der Geruchsimmissionsprognose den vorderen Teil des Wohngebäudes - die sog. „Diele“ - nicht mit einbezogen, obwohl dieser Bereich seit mehr als 30 Jahren als Eingang zum Wohnhaus gehört und nicht mehr - wie in der Prognose dargestellt (Seite 8 des Gutachtens) - als „Kuhstall“ genutzt wird. Es dürfte sich um einen Bereich handeln, der nicht nur vorübergehend zum Aufenthalt von Menschen genutzt wird und deshalb immissionsrechtlich relevant ist (vgl. Nr. 4.4.6 GIRL). Geht man von einer Relevanz auch dieses Bereiches aus, beträgt die Geruchsbelastung 24 - 25 % der Jahresgeruchsstunden (Neuberechnung des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 21. Februar 2014).
188Im Hinblick darauf, dass zwischen den Beteiligten streitig ist, ob insoweit eine Nutzungsänderungsgenehmigung erteilt wurde, lässt das Gericht dahinstehen, ob dieser Bereich bei der Geruchsimmissionsprognose als Wohnbereich allein auf Grund der langjährigen, unbeanstandeten Praxis in der Geruchsprognose hätte berücksichtigt werden müssen.
189Das Gericht hat keinen Anlass, die überarbeiteten Tierplatzzahlen in Zweifel zu ziehen. Der Vortrag der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, sie halte zum Teil in den Stallungen weniger Tiere als genehmigt, ist insoweit unbeachtlich, da es nicht auf den tatsächlichen, sondern den genehmigten Tierbestand ankommt. Ausgehend von den o.g. korrigierten Tierplatzzahlen im Rahmen der Ermittlung der Vorbelastung dürfte bei einer Gesamtgeruchsbelastung in Höhe von 23 % der Jahresgeruchsstunden von einer Vorbelastung in Höhe von 18 % der Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung in Höhe von 7 % durch die Biogasanlage auszugehen sein.
190Nach den Ausführungen des M2. NRW kommt eine Addition der Vorbelastung und Zusatzbelastung bei einem Zusammentreffen von Gerüchen aus Tierhaltungsanlagen und Biogasanlagen allerdings nicht mehr in Betracht. Vielmehr ist nach Auffassung des M2. NRW zu berücksichtigen, dass Gerüche aus einer Biogasanlage insbesondere im Nahbereich bis 100 m - wie hier - nicht mit den Gerüchen aus der Tierhaltung gleichzusetzen sind und eine Gewichtung der Geruchsbelastungen nach den jeweiligen Anteilen an der Gesamtbelastung vorgenommen werden muss. Für Gerüche aus einer Biogasanlage ist hierbei ein Immissionswert von 15 %, unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalles allenfalls ein Immissionsrichtwert von 20 % anzusetzen.
191Ausgehend von der o.g. Methodik ergibt sich unter Berücksichtigung der durch die Biogasanlage entstehenden Zusatzbelastung in Höhe von 7 % und einem Immissionsrichtwert von 15 % eine Gesamtgeruchsbelastung von
19217 + 7 = 51 + 35 = 86 > 1
19325 15 75 75
194bei einem Immissionsrichtwert von 20 % der Jahresgeruchstunden für die Biogasanlage eine Gesamtgeruchsbelastung von
19517 + 7 = 68 + 35 = 103 > 1
19625 20 100 100
197Der nach Auffassung des M2. einzuhaltende Immissionsrichtwert von 1 wird damit in beiden Fällen überschritten. Die Auffassung der Beigeladenen, die nunmehr von M2. NRW und der LAI zu Grunde gelegte Berechnungsmethodik sei hier nicht anzuwenden, weil sie zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht einmal den mit der GIRL befassten Geruchssachverständigen bekannt gewesen sei, verfängt nicht.
198In Fällen der Anfechtung einer bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte ist zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung abzustellen.
199Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BauR 1998, 995 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, BauR 2008, 799 = juris Rn. 46 ff.
200Dies schließt es allerdings nicht aus, nachträglich gewonnene Erkenntnisse im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
201Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22.
202Messungen oder prognostische Begutachtungen zur Immissionssituation sind daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für die rechtliche Bewertung auch dann anwendbar, wenn sie erst im Anschluss an das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 03. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f.
204Nichts anderes gilt für die einer solchen Messung oder Begutachtung zugrundeliegenden Beurteilungs- und Bewertungskriterien. Werden - wie im vorliegenden Fall - nach Erlass einer Genehmigung diese Kriterien überarbeitet oder liegen sonst neue Kriterien zur Bewertung vor, sind sie auch im Gerichtsverfahren als neue Erkenntnisquelle und Orientierungshilfe zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchs-immissionen maßgeblich.
205Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, S. 5 und 6 sowie bereits - jeweils zur Anwendbarkeit einer neuen VDI-Richtlinie - OVG NRW, Beschluss vom 03. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und OVG Lüneburg, Urteil vom 04. November 2003 - 1 LB 323/02 -, BauR 2004, 469 = juris Rn. 32.
2063. Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob durch die Genehmigung ausreichend sichergestellt wird, dass die Kläger keinen schädlichen Immissionen in Form von Lärm durch den Betrieb der Anlage und den dem Betrieb zuzurechnenden Zu- und Abfahrverkehr (vgl. Nr. 7.4. TA Lärm) ausgesetzt sind.
207Die Kostenentscheidung ergeht gem. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
208Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
209(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Oktober 2006 - 9 K 790/06 - werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
Der Bebauungsplan „
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Die Genehmigung erlischt, wenn
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innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde gesetzten angemessenen Frist nicht mit der Errichtung oder dem Betrieb der Anlage begonnen oder - 2.
eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben
(2) Die Genehmigung erlischt ferner, soweit das Genehmigungserfordernis aufgehoben wird.
(3) Die Genehmigungsbehörde kann auf Antrag die Fristen nach Absatz 1 aus wichtigem Grunde verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird.
Tenor
Der Bebauungsplan „
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
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einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Tenor
Der Bebauungsplan „
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2013 - 8 K 979/11 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zu 1).
- 2
Sie ist Eigentümerin des Grundstückes T.straße … in B.. Gegenüber befindet sich das Grundstück T.str. … der Beigeladenen zu 2) bis 5). Für den Um- und Ausbau des dortigen Gewölbekellers erteilte der Beklagte am 3. September 1968 eine Baugenehmigung. In den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen ist der Betrieb als Diskothek mit dem Namen „A.“ bezeichnet. Der Diskothekenbetrieb wurde eingestellt, nachdem der 10-jährige Pachtvertrag mit dem Pächter R. nach seinem Ablauf 1992 nicht weiter verlängert worden war. Die Verbandsgemeinde B. erteilte am 23. September 2010 dem Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen in den Räumen der ehemaligen Diskothek „A.“. Bald nach der Eröffnung wurden Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärms und anderer Belästigungen laut. Die Klägerin und andere Nachbarn forderten von dem Beklagten ein Einschreiten gegen den Beigeladenen zu 1). Es handele sich um einen Diskothekenbetrieb, der in dem vorhandenen Wohngebiet nicht zulässig sei.
- 3
Mit Bescheid vom 28. März 2011 lehnte der Beklagte es ab, die Nutzung der Gaststätte baurechtlich zu untersagen. Die Nutzung als Diskothek sei mit Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Genehmigung sei nach wie vor wirksam. Eine bloße Nutzungsunterbrechung führe, insbesondere bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der Anlage, nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung, zumal im Baurecht keine Rechtspflicht zur Nutzung eines genehmigten Gebäudes bestehe. Im Übrigen sei der Diskothekenbetrieb in dem vorhandenen Mischgebiet allgemein zulässig.
- 4
Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 zurück.
- 5
Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben: Die Baugenehmigung umfasse nicht die Nutzung als Diskothek. Jedenfalls sei die Genehmigung wegen der langen Nutzungsunterbrechung nicht mehr wirksam. Die Diskothek sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die weder in einem Mischgebiet noch in dem hier tatsächlich vorhandenen Wohngebiet zulässig sei. Der Beigeladene zu 4) hat ausgeführt, eine Aufgabe der Nutzung sei nie geplant gewesen. Das Verwaltungsgericht hat über die Nutzung zwischen 1990 und 2010 Beweis erhoben durch Anhörung des früheren Betreibers der Diskothek und zweier Nachbarn.
- 6
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einschreiten zu. Das Vorhaben sei formal legal, denn die Nutzung als Diskothek sei mit dem Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Nutzung sei Gegenstand der genehmigten Bauunterlagen. Die erteilte Genehmigung wirke auch trotz der langjährigen Nutzungsunterbrechung bis heute fort. Eine endgültige Aufgabe der Nutzung oder ein Verzicht auf die Genehmigung sei nicht feststellbar. Die Vermutung, nach längerer Nichtnutzung sei von einer endgültigen Aufgabe der Nutzung auszugehen, sei durch die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) widerlegt, der in überzeugender und nachvollziehbarer Weise geschildert habe, weshalb der Gewölbekeller über eine längere Zeit nicht dauerhaft verpachtet worden sei. Ein schlichter Leerstand von Wohn- und Geschäftsräumen sei noch kein Indiz für eine beabsichtigte Nutzungsaufgabe. Besondere Umstände, die eine endgültige Aufgabe der Nutzung belegen könnten, seien nicht erkennbar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wann eine Baugenehmigung bei längerer Nutzungsunterbrechung wirkungslos werde, sei aber die Berufung zuzulassen.
- 7
Die Klägerin hat Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet: Die Nutzungsunterbrechung zwischen 1992 und 2010 sei nur dadurch zu erklären, dass die damalige Eigentümerin die Nutzung nicht habe fortführen wollen. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) könnten entgegen der Meinung des Gerichts die Nutzungsunterbrechung nicht ausreichend begründen. Der Beigeladene zu 4) sei nicht entscheidungsbefugt gewesen, sondern nur seine Mutter als Eigentümerin. Deren Absichten würden aus der Darstellung des Zeugen Radtke deutlich, der ausgesagt habe, er habe alles entfernen müssen, was er für den Diskothekenbetrieb eingebracht habe, sogar die von ihm verlegten Fliesen. Bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 seien keine Anstalten gemacht worden, die Nutzung als Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung des Beigeladenen zu 4), es habe sich kein Pächter gefunden, der den Vorstellungen seiner Mutter entsprochen habe, sei so zu verstehen, dass die Mutter des Beigeladenen zu 4) nicht an eine Fortsetzung des Diskothekenbetriebes gedacht habe. Es stehe im Widerspruch zu der Erklärung des Beigeladenen zu 4), das Grundstück habe stets der Existenzsicherung der Familie dienen sollen, wenn es von 1992 bis 2010 ungenutzt geblieben sei. Auf die Vorstellungen des Beigeladenen zu 4), die er 18 Jahre lang gegenüber seiner Mutter als Eigentümerin nicht habe durchsetzen können, komme es nicht an. Das Landesrecht enthalte Vorgaben zur Geltungsdauer einer Baugenehmigung, nach denen die Baugenehmigung keine Wirkungen mehr entfalte. Danach erlösche eine Baugenehmigung, wenn die Ausführung des Vorhabens vier Jahre lang unterbrochen worden sei, wobei eine Fristverlängerung um vier Jahre möglich sei. Dies müsse bei der Beurteilung der Aufgabe der Nutzung über 18 Jahre hinweg berücksichtigt werden. Es sei nicht dargetan worden, welche konkreten Anstalten getroffen worden seien, den Betrieb der Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung, die Verpachtung habe sich schwierig gestaltet, sei nicht ausreichend. Erschwerend komme hinzu, dass die Gebietsstruktur sich während der Nutzungsunterbrechung verändert habe. Die Umgebung sei nun durch eine reine Wohnnutzung geprägt, so dass der Betrieb einer Diskothek nicht zulässig sei. Jedenfalls beziehe sich die Baugenehmigung nur auf das damals genehmigte Vorhaben, das sich ausschließlich auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … beschränke und die Nutzung des Flurstücks Nr. … gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht erfasse, von dem sämtliche störenden Immissionen ausgingen. Hier befinde sich der Ein- und Ausgangsbereich, im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption, die dafür das Flurstück Nr. … vorgesehen habe.
- 8
Der Kläger beantragt,
- 9
1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Diskothek „D.“, T.straße, B. zu untersagen,
hilfsweise
2. den Betrieb der Diskothek „D.“, T,straße, B. zu untersagen, soweit nicht durch Bauschein vom 03.09.1968 auf dem Grundstück Flur …, Parzellen Nr. … und … genehmigt.
- 10
Der Beklagte beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Das Verwaltungsgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nicht von einem Wegfall des Interesses an der Nutzung der genehmigten Diskothek ausgegangen werden könne. Der Diskothekenbetrieb sei nicht beschränkt auf bestimmte Parzellen erteilt worden, sondern für das gesamte Bauvorhaben.
- 13
Die Beigeladenen zu1) bis 5) haben keinen Antrag gestellt.
- 14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
- 15
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
- 16
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
- 17
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Betrieb der Diskothek „D.“ in der T.straße … ganz oder teilweise untersagt.
- 18
Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen.
- 19
Die Bauaufsichtsbehörde kann die Benutzung von Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen (§ 81 Abs. 1 LBauO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wie sich aus der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. September 1968 ergibt. Diese enthält die Feststellung, dass dem genehmigten Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf die Nutzung als Diskothek und ist nicht erloschen oder unwirksam geworden. Sie erfasst die Nutzung der genehmigten Anlagen für den Betrieb einer Diskothek, und zwar auch, soweit sie sich auf dem Flurstück Flur … Nr. … gegenüber dem Anwesen der Klägerin befinden.
- 20
Die Nutzung für eine Diskothek ist Gegenstand der Baugenehmigung. Zwar wird ausdrücklich nur die Genehmigung erteilt, „den Gewölbekeller um- und auszubauen“. Allerdings wird auf die beiliegenden, mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauunterlagen verwiesen. Zu diesen Bauunterlagen gehören die Baubeschreibung mit der Überschrift „Diskothek A.“, die Bauzeichnung, in der das Bauvorhaben als „Diskothek A.“ bezeichnet ist, sowie die „statische Berechnung zum Bau einer Diskothek“. Mit dem Begriff Diskothek ist die zugelassene Nutzung ausreichend bestimmt beschrieben.
- 21
Die Genehmigung für die Nutzung als Diskothek bezieht sich auch nicht nur auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … . Zwar sind nur diese Flurstücke im Bauschein ausdrücklich genannt. Die Anlagen, auf die sich der Bauantrag bezieht, sind jedoch in dem Lageplan mit roter Schraffur gekennzeichnet. In der Bauzeichnung sind die Toiletten, der Eingang und der Zugang in einer Lage dargestellt, die dem Flurstück Flur … Nr. … entspricht.
- 22
Diese Baugenehmigung ist nicht erloschen oder unwirksam geworden.
- 23
Die Landesbauordnung sieht ein Erlöschen der Baugenehmigung nur vor, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist (§ 74 LBauO). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte, vielmehr erfolgte hier eine Unterbrechung der Nutzung als Diskothek erst nach der Ausführung des Vorhabens, also nachdem das Vorhaben den genehmigten Ausbauzustand erreicht hatte. Während etwa § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorsieht, dass die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird, gibt es in der LBauO keine entsprechende Regelung.
- 24
Eine analoge Anwendung von § 74 LBauO auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nach Ausführung des Vorhabens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer unbeabsichtigten Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen begründet eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz, als eine, deren Ausführung sich verzögert. Danach kommt nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Frage, dass insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar erklärt. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
- 25
Diese landesrechtlichen Regelungen bestimmen den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtspositionen genießt und damit den Inhalt des Eigentums. Daneben ist kein Raum für einen Bestandsschutz, der unmittelbar auf § 14 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird (BVerwG, Urteil vom 7. November 1997 - 4 C 7.97 -, juris, Rn. 23). Das vom Bundesverwaltungsgericht für den Bestandsschutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell findet daher auf genehmigte Bauvorhaben keine Anwendung (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 174 und juris, Rn. 31 f. m. w. N.; Gatz, juris-Praxisreport zu BVerwG, Beschluss vom 5.Juni 2007 – 4 B 20/07 -).
- 26
Die Baugenehmigung ist nicht durch die Einstellung der Nutzung als Diskothek durch den Pächter A. R. und die Entfernung der von ihm eingebrachten Ausstattung im Jahr 1992 und die anschließende Nutzungsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme der Nutzung 2010 auf andere Weise erledigt.
- 27
Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er durch einen Wegfall des Berechtigten oder des Regelungsobjekts oder auch durch Verzicht des Berechtigten auf die Wahrnehmung seiner Rechte seine regelnde Wirkung verliert sowie wenn die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass er gegenstandslos ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 43 Rn. 41 f.).
- 28
Eine solche Erledigung ist hier nicht eingetreten. Der Berechtigte ist nicht weggefallen, vielmehr sind nunmehr die Beigeladenen zu 2) bis 5) als Rechtsnachfolger des Adressaten der Baugenehmigung berechtigt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO). Das Regelungsobjekt ist nicht weggefallen, denn die genehmigten Anlagen sind nicht untergegangen oder dauerhaft unbrauchbar geworden. Zwar waren sie Überschwemmungen ausgesetzt, es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, damit keine bleibenden Schäden entstanden. Die Wiederaufnahme des Diskothekenbetriebs im Jahr 2010 belegt, dass sie aufgrund der Nutzungsunterbrechung nicht unbrauchbar geworden sind. Auch eine Erledigung dadurch, dass die Beteiligten den Verwaltungsakt übereinstimmend als obsolet ansehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1988, 729 f.), ist nicht eingetreten.
- 29
Insbesondere hat auch der Berechtigte nicht auf die Nutzung als Diskothek verzichtet.
- 30
Die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5), die als Grundstückseigentümerin und damit Rechtsnachfolgerin des Genehmigungsadressaten Ulrich Wehr bis zu ihrem Tode 2009 durch die Baugenehmigung berechtigt war, hat unstreitig nicht ausdrücklich auf ihre Rechte verzichtet.
- 31
Ein Verzicht auf die Nutzung als Diskothek lässt sich auch nicht schlüssig aus ihrem Verhalten herleiten. Ein konkludenter Verzicht wäre nur anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass sie endgültig auf eine Nutzung als Diskothek verzichten wollte. Der Verzicht auf die durch eine Baugenehmigung genehmigte Nutzung bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies gilt besonders dann, wenn eine neue Genehmigung, wie die Klägerin meint, nicht erteilt werden dürfte. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (vgl. VGH BW a.a.O., BayVGH, Urteil vom 1. Februar 2007 – 2 B 05.2470 –, BRS 71 Nr. 112 und juris, Rn 21 f.) Dies ist hier nicht mit ausreichender Deutlichkeit der Fall.
- 32
Für einen Verzicht spricht nicht, dass der Diskothekenbetrieb 1992 eingestellt wurde. Nach der Darstellung des Pächters hat dieser den Betrieb eingestellt, weil sich ein Nachbar bei ihm beschwert und gedroht habe, die Schließung der Diskothek zu betreiben. Selbst wenn die Berechtigte die Einstellung des Betriebes befürwortet und unterstützt hätte, ließe sich diesem Verhalten noch kein endgültiger Verzicht auf eine Nutzung als Diskothek entnehmen. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sie den Pächter veranlasst hat, die von ihm eingebrachte Ausstattung der Diskothek zu entfernen und sogar die von ihm zur Erweiterung der Tanzfläche verlegten Fliesen abzuschlagen. Bei dieser Ausstattung handelt es sich um gebrauchte Tische und Stühle, die der Pächter bereits 1982 von seinem Vorgänger übernommen hatte und die von ihm installierte Diskothekenausstattung mit Musikanlage und Lichteffekten. Soweit Fliesen entfernt wurden, waren diese für den Diskothekenbetrieb nicht erforderlich. Nach ihrer Entfernung kam der ursprüngliche Untergrund, ein Fußbodenbelag aus Marmor, wieder zum Vorschein. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er diese Fliesen nicht habe ersetzen müssen, um den Diskothekenbetrieb wieder aufnehmen zu können. Somit wurde durch das Verlangen der Verpächterin auf Entfernung der eingebrachten Anlagen die zukünftige Nutzung als Diskothek nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert. Es kann daher nicht als Hinweis auf einen Verzicht auf eine zukünftige Diskothekennutzung gewertet werden.
- 33
Ein Verzicht ist auch nicht darin zu sehen, dass die Wiederaufnahme der Nutzung als Diskothek erst nach einer Unterbrechung von etwa 18 Jahren und dem Tode der damaligen Eigentümerin erfolgt ist.
- 34
Eine Verpflichtung, eine genehmigte Nutzung ohne Unterbrechung fortzuführen, folgt aus der Baugenehmigung nicht. Das jahrelange Unterlassen der genehmigten Nutzung verstößt allerdings in der Regel gegen die Interessen des Berechtigten, so dass es durchaus die Frage aufwirft, ob noch ein Nutzungsinteresse besteht. Es gibt jedoch andererseits überzeugende Gründe dafür, eine Diskothekennutzung auch für längere Zeit zu unterlassen, ohne auf sie für immer verzichten zu wollen. Ein solcher Grund kann hier im Mangel an Pachtinteressenten für eine Diskothekennutzung oder in der kritischen Einstellung der Berechtigten zu den in Frage kommenden Pachtinteressenten liegen. Darauf hat der Beigeladene zu 4) die Dauer der Nutzungsunterbrechung zurückgeführt. Ein Grund kann aber auch das persönliche Verhältnis zu Nachbarn sein, mit denen man Streit vermeiden möchte, ohne aber deshalb gleich für immer und auch für Rechtsnachfolger auf eine Diskothekennutzung verzichten zu wollen. Auch eine altersbedingte Passivität und Entscheidungsscheu kann die Dauer der Nutzungsunterbrechung erklären. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass, wie die Klägerin meint, die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5) keine Diskothekennutzung mehr gewünscht habe und erst nach ihrem Tod diese Nutzung wieder erneut angestrebt wurde. Vielmehr wurde noch vor ihrem Tod ein Pächter gefunden, der zumindest vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme des Betriebes durchführte, wenn auch der Diskothekenbetrieb erst nach ihrem Tod 2009 durch einen neuen Pächter, den Beigeladenen zu 1), auf der Grundlage der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 23. September 2010 wieder aufgenommen wurde.
- 35
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es wäre unbillig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
- 36
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ZPO.
- 37
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
- 38
Beschluss
- 39
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 30.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die von der Klägerin vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände(§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.). Sie führen auch nicht auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (dazu 2.).
41. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
7den Beklagten zu verpflichten, gegen die Nutzung des 1. Obergeschosses des Wohn- und Geschäftshauses Dr.-Q. -Straße 1 in I. als Spielcasino nach § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW bauaufsichtlich einzuschreiten und der Beigeladenen diese Nutzung dauerhaft zu untersagen,
8im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der wiederaufgenommene Spielhallenbetrieb sei rechtmäßig. Die ursprüngliche Baugenehmigung vom 30. Mai 1996 sei weiterhin gültig und decke diesen Betrieb ab. Durch die Unterbrechung der Nutzung der Räume als Spielhalle für die Dauer von 6 ½ Jahren habe die Baugenehmigung ihre Legalisierungswirkung nicht verloren.
9Die dagegen von der Klägerin erhobenen Einwände bleiben ohne Erfolg.
10Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erlischt der Bestandsschutz, der durch eine Baugenehmigung vermittelt wird, wenn die Genehmigung gemäß der allgemeinen - nicht insgesamt durch § 77 BauO NRW gesperrten - Bestimmung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW unwirksam wird. Dies kann als Erledigung auf sonstige Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW auch dann der Fall sein, wenn eine zulässige Nutzung zeitweilig nicht ausgeübt wird.
11Zur Beantwortung der Frage, nach welchem Zeitablauf eine Nutzungsunterbrechung/Nutzungsaufgabe bzw. ein baurechtlich relevanter Wechsel der Grundstückssituation den Bestandsschutz entfallen lässt, mag im Ausgangspunkt ggf. auch ein ‑ von dem Bundesverwaltungsgericht allerdings zu § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickeltes - sog. „Zeitmodell“ herangezogen werden können, das insoweit als (grobe) Orientierungshilfe dient. Dieses „Zeitmodell“ besagt schematisierend, dass im ersten Jahr nach dem Wechsel der Grundstückssituation nach der Verkehrsauffassung stets mit der Wiederherstellung des vorherigen Zustands zu rechnen sei. Eine Einzelfallprüfung erübrige sich dann. Im zweiten Jahr spreche für die Annahme, dass die Verkehrsauffassung eine Wiederherstellung noch erwarte, eine Regelvermutung, die im Einzelfall jedoch entkräftet werden könne, wenn Anhaltspunkte für das Gegenteil vorhanden seien. Nach Ablauf von zwei Jahren kehre sich diese Vermutung um. Es sei davon auszugehen, dass die Grundstückssituation nach so langer Zeit für eine Wiederherstellung nicht mehr offen sei. Der Bauherr habe besondere Gründe dafür darzulegen, dass der Wechsel der Grundstückssituation noch keinen als endgültig erscheinenden Zustand herbeigeführt habe.
12Vgl. zu dem „Zeitmodell“: BVerwG, Beschluss vom5. Juni 2007 - 4 B 20.07 -, BRS 71 Nr. 113 = jurisRn. 4, Urteil vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 -, BVerwGE 98, 235 = BRS 57 Nr. 67 = juris Rn. 15.
13Gleichwohl bleibt es dabei, dass - worauf das Verwaltungsgericht wie gesagt richtig hingewiesen hat - die Prüfung der Erledigung einer Baugenehmigung, soweit - wie hier - § 77 BauO NRW nicht eingreift, letztentscheidend von den gesetzlichen Vorgaben des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW abhängt. Der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Bestandsschutz, den eine Baugenehmigung vermittelt, wird durch Landesrecht als Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ausgestaltet. In welchem Umfang das Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Rechtsposition Schutz genießt, richtet sich dann nach der landesrechtlichen Norm, die hierfür die Grundlage bildet, hier also § 43 Abs. 2 VwVfG NRW.
14Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 7. November 1997- 4 C 7.97 -, BRS 59 Nr. 109 = juris Rn. 21 und Rn. 23.
15Folge dessen ist, dass das - nicht normativ verankerte - „Zeitmodell“ die Anwendung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW und das Verständnis des Begriffs der Erledigung jedenfalls nicht strikt steuern kann. Dies relativiert seine Bedeutung für die Beurteilung, wann und unter welchen Voraussetzungen sich eine Baugenehmigung erledigt haben kann, stark. Das „Zeitmodell“ kann insofern nicht mehr als eine grobe Richtschnur, eine Art Auslegungshilfe bei der Subsumtion des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW darstellen, die stets mit dem allgemeinen Terminus der Erledigung und den besonderen Einzelfallumständen abzugleichen ist. Ein rein schematisches Vorgehen, das maßgeblich auf den Zeitablauf abstellt, ist grundsätzlich nicht möglich. Ähnlich wie bei der Figur der Verwirkung hat das Zeitmoment einer Nutzungsaufgabe bzw. einer Nutzungsunterbrechung aus sich heraus keinen eindeutigen Erklärungswert. Es muss regelmäßig durch ein wie auch immer geartetes Umstandsmoment ergänzt werden, um (rechtsvernichtende) Rechtsfolgen auslösen zu können. Aus ähnlichen Gründen kann die Erledigung einer Baugenehmigung auch nicht autoritativ über den Vorhabenbegriff des § 29 BauGB erschlossen werden. Baurechtlich relevante Änderungen der Grundstückssituation, die von der genehmigten Lage abweichen, werfen abgesehen von eindeutigen Fällen wie der Zerstörung eines Gebäudes - des tatsächlichen Wegfalls des Regelungsobjekts - die Erledigungsfrage erst auf. Sie beantworten sie aber nicht jenseits von § 43 Abs. 2 VwVfG NRW.
16Vgl. zum Ganzen - bezogen auf das jeweilige Landesrecht - OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. März 2013- 8 A 11152/12 -, juris Rn. 25, das das „Zeitmodell“ sogar für auf genehmigte Vorhaben nicht anwendbar erklärt; Nds. OVG, Beschluss vom 3. Januar 2011- 1 ME 209/10 -, BRS 78 Nr. 159 = juris Rn. 28 ff., demzufolge die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung im Einzelfall auch dann andauern kann, wenn die genehmigte Nutzung mehr als sechs Jahre unterbrochen worden ist; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 164 = juris Rn. 31 ff., das ebenfalls auf dem Standpunkt steht, das „Zeitmodell“ sei zumindest im Hinblick auf das Unwirksamwerden von Baugenehmigungen zu eng; siehe überdies BVerwG, Beschluss vom 5. Juni 2007 - 4 B 20.07 -, BRS 71 Nr. 113 = juris Rn. 2, das die Zeitdauer und die sonstigen Umstände nebeneinanderstellt; offen gelassen worden ist die genaue Bewandtnis des „Zeitmodells“ von OVG NRW, Beschluss vom 17. Oktober 2011 - 2 B 889/11 -, BRS 78 Nr. 111 = juris Rn. 25 ff., und Urteil vom20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rn. 42 ff.
17Daran anschließend ist es folgerichtig, dass das Verwaltungsgericht den Fortbestand der Baugenehmigung vom 30. Mai 1996 - das Zeitmoment und die Einzelfallumstände kombinierend - nach Maßgabe des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW geprüft und sich die Frage vorgelegt hat, ob hier eine Erledigung auf sonstige Weise aufgrund eines auch aus schlüssigem Verhalten herleitbaren hinreichend eindeutigen dauerhaften Verzichtswillens oder aufgrund einer - ggf. stillschweigenden - Übereinkunft der Beteiligten, die Baugenehmigung sei obsolet, eingetreten sein könnte.
18Vgl. zu diesem Ansatz auch BVerwG, Urteil vom27. März 1998 - 4 C 11.97 -, BRS 60 Nr. 148 = juris Rn. 17; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 12. März 2013 - 8 A 11152/12 -, juris Rn. 27 und Rn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 3. Januar 2011 - 1 ME 209/10 -, BRS 78 Nr. 159 = juris Rn. 38 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 164 = juris Rn. 34 f.
19Das Verwaltungsgericht hat seine Position auf dieser richtigen rechtlichen Basis nachvollziehbar damit begründet, der Eigentümer des Gebäudes Dr.-Q. -Straße 1 und der Beklagte seien - soweit ersichtlich - nicht übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Baugenehmigung keinerlei tatsächliche und rechtliche Bedeutung mehr habe. Auch die Klägerin habe in ihrer der Beigeladenen am 6. August 2010 erteilten Erlaubnis nach § 33 i GewO zum Ausdruck gebracht, dass sie die Baugenehmigung noch als existent betrachte. Der Grundstückseigentümer habe auch zu keinem Zeitpunkt auf die Baugenehmigung verzichtet. Insofern komme es nicht darauf an, welche Maßnahmen er konkret getroffen habe, um die Bausubstanz zu erhalten bzw. den Betrieb der Spielhalle wieder aufnehmen zu lassen. Durch die bloße Nichtnutzung des 1. Obergeschosses werde jedenfalls nicht deutlich, dass der Grundstückseigentümer auf die Genehmigung verzichte. Eine Rechtspflicht zur Nutzung bestehe nicht. Der Grundstückseigentümer habe die Räumlichkeiten auch nicht zwischenzeitlich anderweitig genutzt.
20Diese Einschätzung erschüttert das Zulassungsvorbringen nicht.
21Der Einwand, das Verwaltungsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, bei der in Rede stehenden (Wiederaufnahme der) Nutzung handele es sich nicht um ein Vorhaben im Sinne der §§ 29 ff. BauGB kann - wie schon angesprochen - für sich genommen nicht zur Erledigung der Baugenehmigung vom 30. Mai 1996 nach § 43 Abs. 2 VwVfG NRW führen. Diese Subsumtion hängt von den oben genannten entscheidungssteuernden Parametern - ausdrücklicher oder konkludenter Verzicht, Zeitmoment und nach der Verkehrsauffassung zu bewertende Einzelfallumstände - ab und nicht davon, ob eine bauliche Anlage von ihrer Nutzung nicht getrennt werden kann und ob ein Vorhaben als Ganzes seine Identität verliert, wenn sich durch eine längerfristige Unterbrechung der Nutzung die Funktion des Vorhabens ändert. Diese letztgenannten Aspekte müssen erst noch aus dem Blickwinkel der Erledigung gewertet werden.
22Die Argumentation des Zulassungsantrags zu diesem Punkt läuft vielmehr auf die allgemeine - jedoch nicht auf die konkrete Begründung des Verwaltungsgerichts eingehende - Schlussfolgerung hinaus, ein langfristiger Leerstand sei als Änderung der Funktion des Gebäudes einzustufen, was auch ohne manifesten Verzichtswillen zum Verlust der Identität des genehmigten Vorhabens und zur Erledigung der Baugenehmigung führe. Dieser Schluss kann so pauschal allerdings nicht geteilt werden, weil ein mehrjähriger Leerstand allein nichts Entscheidendes über einen etwaigen unmissverständlichen und dauerhaften Verzichtswillen des Grundstückseigentümers oder über einen Konsens zwischen den Beteiligten aussagt, die Baugenehmigung solle (nicht) weitergelten. Das bloße Zeitmoment der Nutzungsunterbrechung ohne rechtlichen Erklärungswert wird durch die von dem Verwaltungsgericht verwerteten besonderen Einzelfallumstände im zugrunde liegenden Fall maßgeblich relativiert. Entsprechendes gilt für das Vorbringen des Zulassungsantrags zu dem zeitlichen Rahmen, den das Bodenrecht abstecke, um zu beurteilen, wie lange nicht ausgeübte Nutzungen höchstens nachwirken und die städtebauliche Situation mitbestimmen. Der Zulassungsantrag setzt sich auch insoweit nicht mit der konkreten Gedankenführung des Verwaltungsgerichts auseinander, die über Schematisierungen hinausgehend von einem korrekten rechtlichen Ausgangspunkt aus aus den Umständen des Einzelfalls schöpft. Wegen des notwendigen Einzelfallbezugs der entscheidungserheblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Frage der Erledigung der Baugenehmigung ist ferner unerheblich, auf welchem Sachverhalt das Urteil des 7. Senats des beschließenden Gerichts vom 14. März 1997 - 7 A 5179/95 -, BRS 59 Nr. 149 = juris, beruhte.
23Warum die Notwendigkeit einer (erneuten) glückspielrechtlichen Konzession ein Indiz dafür sein soll, dass die ursprüngliche Nutzung nicht habe aufrechterhalten bleiben sollen, erschließt sich nicht. Das Verwaltungsgericht hat hervorgehoben, dass die nach § 33 i GewO erteilte Erlaubnis der Beigeladenen zur Auflage gemacht hat, dass die von dem Beklagten am 30. Mai 1996 erteilte Baugenehmigung sowie die Nachtragsgenehmigung vom 26. Mai 1998 Bestandteil der Erlaubnis seien. Dies spricht maßgeblich für die von dem Verwaltungsgericht bejahte übereinstimmende Auffassung der Beteiligten, dass diese Genehmigungen unverändert wirksam sind. Ob die Beigeladene sich erst im Jahr 2009 ernsthaft nach Interessenten umgesehen hat und neue Werbetafeln anbringen musste, ist irrelevant, weil - dies sei nochmals wiederholt - eine reine Nichtnutzung regelmäßig nicht ohne hinzutretende weitere Umstände einen unmissverständlichen und dauerhaften Verzichtswillen nach außen manifestiert, der für eine Erledigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG gebraucht wird. Derartige zusätzliche Umstände zeigt der Zulassungsantrag indes nicht auf.
242. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrunds die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
26Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
27Die Frage,
28„ob und unter welchen Voraussetzungen eine mehrjährige Nutzungsunterbrechung Einfluss auf die Fortdauer einer Baugenehmigung für eine gewerbliche Nutzung hat“,
29ist nicht allgemein klärungsbedürftig bzw. klärungsfähig. Dass eine mehrjährige Nutzungsunterbrechung bei der Gesamtprüfung der Erledigung einer Baugenehmigung nach § 43 Abs. 2 VwVfG NRW berücksichtigt werden muss, steht - wie unter 1. dargelegt - fest. Welchen Stellenwert die Zeitdauer der Nutzungsunterbrechung hat, ist aber von den jeweiligen Einzelfallumständen - Zeitmoment/Umstandsmoment - abhängig, die wiederum in den Begriff der Erledigung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW eingebettet werden müssen. Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt auch der Hinweis des Zulassungsantrags auf das „Zeitmodell“ und den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2007 - 4 B 20.07 -, BRS 71 Nr. 113 = juris, nicht auf. Zum einen verhält sich dieser Beschluss zu § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB, um den es hier nicht geht. Zum anderen stellt auch das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung (siehe dort juris Rn. 2) - wie bereits unter 1. erwähnt - die Zeitdauer und die sonstigen Umstände nach der Verkehrsauffassung (das Umstandsmoment) - als gleichberechtigt entscheidungserheblich nebeneinander. Dadurch ist ohne Weiteres vorgezeichnet und muss nicht erst in einem Berufungsverfahren geklärt werden, dass das „Zeitmodell“ für die Anwendung des § 43 Abs. 2 VwVfG NRW keine strikten Vorgaben bereithält. Ob Eigentümer sich auch nach mehrjährigem Leerstand einer Immobilie auf eine früher erteilte Baugenehmigung berufen dürfen, bleibt eine Frage des Einzelfalls, die sich einer abstrakten Beantwortung entzieht. Der vorliegende Fall bietet für eine Rechtsfortbildung keinen Anlass.
30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
33Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 06. November 2008 - 9 K 1660/07 - wird geändert. Der Nutzungsuntersagungsbescheid des Landratsamts Enzkreis vom 19.09.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 16.04.2007 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 27. März 2013 - 8 K 979/11 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen zu 1).
- 2
Sie ist Eigentümerin des Grundstückes T.straße … in B.. Gegenüber befindet sich das Grundstück T.str. … der Beigeladenen zu 2) bis 5). Für den Um- und Ausbau des dortigen Gewölbekellers erteilte der Beklagte am 3. September 1968 eine Baugenehmigung. In den der Baugenehmigung zugrunde liegenden Antragsunterlagen ist der Betrieb als Diskothek mit dem Namen „A.“ bezeichnet. Der Diskothekenbetrieb wurde eingestellt, nachdem der 10-jährige Pachtvertrag mit dem Pächter R. nach seinem Ablauf 1992 nicht weiter verlängert worden war. Die Verbandsgemeinde B. erteilte am 23. September 2010 dem Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit gelegentlichen Musikdarbietungen in den Räumen der ehemaligen Diskothek „A.“. Bald nach der Eröffnung wurden Beschwerden aus der Nachbarschaft wegen Lärms und anderer Belästigungen laut. Die Klägerin und andere Nachbarn forderten von dem Beklagten ein Einschreiten gegen den Beigeladenen zu 1). Es handele sich um einen Diskothekenbetrieb, der in dem vorhandenen Wohngebiet nicht zulässig sei.
- 3
Mit Bescheid vom 28. März 2011 lehnte der Beklagte es ab, die Nutzung der Gaststätte baurechtlich zu untersagen. Die Nutzung als Diskothek sei mit Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Genehmigung sei nach wie vor wirksam. Eine bloße Nutzungsunterbrechung führe, insbesondere bei fortbestehender Nutzungstauglichkeit der Anlage, nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung, zumal im Baurecht keine Rechtspflicht zur Nutzung eines genehmigten Gebäudes bestehe. Im Übrigen sei der Diskothekenbetrieb in dem vorhandenen Mischgebiet allgemein zulässig.
- 4
Den Widerspruch der Klägerin wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2012 zurück.
- 5
Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben: Die Baugenehmigung umfasse nicht die Nutzung als Diskothek. Jedenfalls sei die Genehmigung wegen der langen Nutzungsunterbrechung nicht mehr wirksam. Die Diskothek sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die weder in einem Mischgebiet noch in dem hier tatsächlich vorhandenen Wohngebiet zulässig sei. Der Beigeladene zu 4) hat ausgeführt, eine Aufgabe der Nutzung sei nie geplant gewesen. Das Verwaltungsgericht hat über die Nutzung zwischen 1990 und 2010 Beweis erhoben durch Anhörung des früheren Betreibers der Diskothek und zweier Nachbarn.
- 6
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Einschreiten zu. Das Vorhaben sei formal legal, denn die Nutzung als Diskothek sei mit dem Bauschein vom 3. September 1968 genehmigt worden. Diese Nutzung sei Gegenstand der genehmigten Bauunterlagen. Die erteilte Genehmigung wirke auch trotz der langjährigen Nutzungsunterbrechung bis heute fort. Eine endgültige Aufgabe der Nutzung oder ein Verzicht auf die Genehmigung sei nicht feststellbar. Die Vermutung, nach längerer Nichtnutzung sei von einer endgültigen Aufgabe der Nutzung auszugehen, sei durch die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) widerlegt, der in überzeugender und nachvollziehbarer Weise geschildert habe, weshalb der Gewölbekeller über eine längere Zeit nicht dauerhaft verpachtet worden sei. Ein schlichter Leerstand von Wohn- und Geschäftsräumen sei noch kein Indiz für eine beabsichtigte Nutzungsaufgabe. Besondere Umstände, die eine endgültige Aufgabe der Nutzung belegen könnten, seien nicht erkennbar. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, wann eine Baugenehmigung bei längerer Nutzungsunterbrechung wirkungslos werde, sei aber die Berufung zuzulassen.
- 7
Die Klägerin hat Berufung eingelegt, die sie wie folgt begründet: Die Nutzungsunterbrechung zwischen 1992 und 2010 sei nur dadurch zu erklären, dass die damalige Eigentümerin die Nutzung nicht habe fortführen wollen. Die Ausführungen des Beigeladenen zu 4) könnten entgegen der Meinung des Gerichts die Nutzungsunterbrechung nicht ausreichend begründen. Der Beigeladene zu 4) sei nicht entscheidungsbefugt gewesen, sondern nur seine Mutter als Eigentümerin. Deren Absichten würden aus der Darstellung des Zeugen Radtke deutlich, der ausgesagt habe, er habe alles entfernen müssen, was er für den Diskothekenbetrieb eingebracht habe, sogar die von ihm verlegten Fliesen. Bis zum Tod der Eigentümerin im Jahr 2009 seien keine Anstalten gemacht worden, die Nutzung als Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung des Beigeladenen zu 4), es habe sich kein Pächter gefunden, der den Vorstellungen seiner Mutter entsprochen habe, sei so zu verstehen, dass die Mutter des Beigeladenen zu 4) nicht an eine Fortsetzung des Diskothekenbetriebes gedacht habe. Es stehe im Widerspruch zu der Erklärung des Beigeladenen zu 4), das Grundstück habe stets der Existenzsicherung der Familie dienen sollen, wenn es von 1992 bis 2010 ungenutzt geblieben sei. Auf die Vorstellungen des Beigeladenen zu 4), die er 18 Jahre lang gegenüber seiner Mutter als Eigentümerin nicht habe durchsetzen können, komme es nicht an. Das Landesrecht enthalte Vorgaben zur Geltungsdauer einer Baugenehmigung, nach denen die Baugenehmigung keine Wirkungen mehr entfalte. Danach erlösche eine Baugenehmigung, wenn die Ausführung des Vorhabens vier Jahre lang unterbrochen worden sei, wobei eine Fristverlängerung um vier Jahre möglich sei. Dies müsse bei der Beurteilung der Aufgabe der Nutzung über 18 Jahre hinweg berücksichtigt werden. Es sei nicht dargetan worden, welche konkreten Anstalten getroffen worden seien, den Betrieb der Diskothek wieder aufzunehmen. Die Erklärung, die Verpachtung habe sich schwierig gestaltet, sei nicht ausreichend. Erschwerend komme hinzu, dass die Gebietsstruktur sich während der Nutzungsunterbrechung verändert habe. Die Umgebung sei nun durch eine reine Wohnnutzung geprägt, so dass der Betrieb einer Diskothek nicht zulässig sei. Jedenfalls beziehe sich die Baugenehmigung nur auf das damals genehmigte Vorhaben, das sich ausschließlich auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … beschränke und die Nutzung des Flurstücks Nr. … gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht erfasse, von dem sämtliche störenden Immissionen ausgingen. Hier befinde sich der Ein- und Ausgangsbereich, im Gegensatz zur ursprünglichen Konzeption, die dafür das Flurstück Nr. … vorgesehen habe.
- 8
Der Kläger beantragt,
- 9
1. unter Abänderung des angefochtenen Urteils unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2012 den Beklagten zu verpflichten, den Betrieb der Diskothek „D.“, T.straße, B. zu untersagen,
hilfsweise
2. den Betrieb der Diskothek „D.“, T,straße, B. zu untersagen, soweit nicht durch Bauschein vom 03.09.1968 auf dem Grundstück Flur …, Parzellen Nr. … und … genehmigt.
- 10
Der Beklagte beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Das Verwaltungsgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass nicht von einem Wegfall des Interesses an der Nutzung der genehmigten Diskothek ausgegangen werden könne. Der Diskothekenbetrieb sei nicht beschränkt auf bestimmte Parzellen erteilt worden, sondern für das gesamte Bauvorhaben.
- 13
Die Beigeladenen zu1) bis 5) haben keinen Antrag gestellt.
- 14
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
- 15
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
- 16
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
- 17
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Betrieb der Diskothek „D.“ in der T.straße … ganz oder teilweise untersagt.
- 18
Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung nicht vorliegen.
- 19
Die Bauaufsichtsbehörde kann die Benutzung von Anlagen untersagen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen (§ 81 Abs. 1 LBauO). Ein derartiger Verstoß liegt nicht vor, wie sich aus der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 3. September 1968 ergibt. Diese enthält die Feststellung, dass dem genehmigten Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBauO). Die Baugenehmigung erstreckt sich auch auf die Nutzung als Diskothek und ist nicht erloschen oder unwirksam geworden. Sie erfasst die Nutzung der genehmigten Anlagen für den Betrieb einer Diskothek, und zwar auch, soweit sie sich auf dem Flurstück Flur … Nr. … gegenüber dem Anwesen der Klägerin befinden.
- 20
Die Nutzung für eine Diskothek ist Gegenstand der Baugenehmigung. Zwar wird ausdrücklich nur die Genehmigung erteilt, „den Gewölbekeller um- und auszubauen“. Allerdings wird auf die beiliegenden, mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauunterlagen verwiesen. Zu diesen Bauunterlagen gehören die Baubeschreibung mit der Überschrift „Diskothek A.“, die Bauzeichnung, in der das Bauvorhaben als „Diskothek A.“ bezeichnet ist, sowie die „statische Berechnung zum Bau einer Diskothek“. Mit dem Begriff Diskothek ist die zugelassene Nutzung ausreichend bestimmt beschrieben.
- 21
Die Genehmigung für die Nutzung als Diskothek bezieht sich auch nicht nur auf die Flurstücke Flur … Nrn. … und … . Zwar sind nur diese Flurstücke im Bauschein ausdrücklich genannt. Die Anlagen, auf die sich der Bauantrag bezieht, sind jedoch in dem Lageplan mit roter Schraffur gekennzeichnet. In der Bauzeichnung sind die Toiletten, der Eingang und der Zugang in einer Lage dargestellt, die dem Flurstück Flur … Nr. … entspricht.
- 22
Diese Baugenehmigung ist nicht erloschen oder unwirksam geworden.
- 23
Die Landesbauordnung sieht ein Erlöschen der Baugenehmigung nur vor, wenn innerhalb von vier Jahren nach ihrer Zustellung mit der Ausführung des Vorhabens nicht begonnen oder die Ausführung vier Jahre unterbrochen worden ist (§ 74 LBauO). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte, vielmehr erfolgte hier eine Unterbrechung der Nutzung als Diskothek erst nach der Ausführung des Vorhabens, also nachdem das Vorhaben den genehmigten Ausbauzustand erreicht hatte. Während etwa § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorsieht, dass die immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung erlischt, wenn eine Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wird, gibt es in der LBauO keine entsprechende Regelung.
- 24
Eine analoge Anwendung von § 74 LBauO auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nach Ausführung des Vorhabens kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil von einer unbeabsichtigten Regelungslücke nicht ausgegangen werden kann. Im Übrigen begründet eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz, als eine, deren Ausführung sich verzögert. Danach kommt nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes in Frage, dass insoweit das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar erklärt. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
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Diese landesrechtlichen Regelungen bestimmen den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtspositionen genießt und damit den Inhalt des Eigentums. Daneben ist kein Raum für einen Bestandsschutz, der unmittelbar auf § 14 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird (BVerwG, Urteil vom 7. November 1997 - 4 C 7.97 -, juris, Rn. 23). Das vom Bundesverwaltungsgericht für den Bestandsschutz nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell findet daher auf genehmigte Bauvorhaben keine Anwendung (vgl. VGH BW, Urteil vom 4. März 2009 - 3 S 1467/07 -, BRS 74 Nr. 174 und juris, Rn. 31 f. m. w. N.; Gatz, juris-Praxisreport zu BVerwG, Beschluss vom 5.Juni 2007 – 4 B 20/07 -).
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Die Baugenehmigung ist nicht durch die Einstellung der Nutzung als Diskothek durch den Pächter A. R. und die Entfernung der von ihm eingebrachten Ausstattung im Jahr 1992 und die anschließende Nutzungsunterbrechung bis zur Wiederaufnahme der Nutzung 2010 auf andere Weise erledigt.
- 27
Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er durch einen Wegfall des Berechtigten oder des Regelungsobjekts oder auch durch Verzicht des Berechtigten auf die Wahrnehmung seiner Rechte seine regelnde Wirkung verliert sowie wenn die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass er gegenstandslos ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 43 Rn. 41 f.).
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Eine solche Erledigung ist hier nicht eingetreten. Der Berechtigte ist nicht weggefallen, vielmehr sind nunmehr die Beigeladenen zu 2) bis 5) als Rechtsnachfolger des Adressaten der Baugenehmigung berechtigt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 LBauO). Das Regelungsobjekt ist nicht weggefallen, denn die genehmigten Anlagen sind nicht untergegangen oder dauerhaft unbrauchbar geworden. Zwar waren sie Überschwemmungen ausgesetzt, es wurden jedoch Vorkehrungen getroffen, damit keine bleibenden Schäden entstanden. Die Wiederaufnahme des Diskothekenbetriebs im Jahr 2010 belegt, dass sie aufgrund der Nutzungsunterbrechung nicht unbrauchbar geworden sind. Auch eine Erledigung dadurch, dass die Beteiligten den Verwaltungsakt übereinstimmend als obsolet ansehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 11.97 -, NVwZ 1988, 729 f.), ist nicht eingetreten.
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Insbesondere hat auch der Berechtigte nicht auf die Nutzung als Diskothek verzichtet.
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Die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5), die als Grundstückseigentümerin und damit Rechtsnachfolgerin des Genehmigungsadressaten Ulrich Wehr bis zu ihrem Tode 2009 durch die Baugenehmigung berechtigt war, hat unstreitig nicht ausdrücklich auf ihre Rechte verzichtet.
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Ein Verzicht auf die Nutzung als Diskothek lässt sich auch nicht schlüssig aus ihrem Verhalten herleiten. Ein konkludenter Verzicht wäre nur anzunehmen, wenn Umstände vorlägen, die eindeutig und unmissverständlich den Schluss zuließen, dass sie endgültig auf eine Nutzung als Diskothek verzichten wollte. Der Verzicht auf die durch eine Baugenehmigung genehmigte Nutzung bedeutet den Verzicht auf eine Rechtsposition, die einen wirtschaftlichen Wert hat. Dies gilt besonders dann, wenn eine neue Genehmigung, wie die Klägerin meint, nicht erteilt werden dürfte. Deshalb kann ein objektiv wirtschaftlich unvernünftiger endgültiger Verzicht ohne ausdrückliche Erklärung nicht bereits angenommen werden, wenn die genehmigte Nutzung unterlassen wird, sondern erst dann, wenn es dafür erkennbar besondere Gründe gibt, etwa eine neue, vorteilhaftere Nutzung, oder veränderte Umstände, die darauf hindeuten, dass die genehmigte Nutzung dauerhaft nicht mehr gewollt oder unmöglich ist (vgl. VGH BW a.a.O., BayVGH, Urteil vom 1. Februar 2007 – 2 B 05.2470 –, BRS 71 Nr. 112 und juris, Rn 21 f.) Dies ist hier nicht mit ausreichender Deutlichkeit der Fall.
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Für einen Verzicht spricht nicht, dass der Diskothekenbetrieb 1992 eingestellt wurde. Nach der Darstellung des Pächters hat dieser den Betrieb eingestellt, weil sich ein Nachbar bei ihm beschwert und gedroht habe, die Schließung der Diskothek zu betreiben. Selbst wenn die Berechtigte die Einstellung des Betriebes befürwortet und unterstützt hätte, ließe sich diesem Verhalten noch kein endgültiger Verzicht auf eine Nutzung als Diskothek entnehmen. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sie den Pächter veranlasst hat, die von ihm eingebrachte Ausstattung der Diskothek zu entfernen und sogar die von ihm zur Erweiterung der Tanzfläche verlegten Fliesen abzuschlagen. Bei dieser Ausstattung handelt es sich um gebrauchte Tische und Stühle, die der Pächter bereits 1982 von seinem Vorgänger übernommen hatte und die von ihm installierte Diskothekenausstattung mit Musikanlage und Lichteffekten. Soweit Fliesen entfernt wurden, waren diese für den Diskothekenbetrieb nicht erforderlich. Nach ihrer Entfernung kam der ursprüngliche Untergrund, ein Fußbodenbelag aus Marmor, wieder zum Vorschein. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er diese Fliesen nicht habe ersetzen müssen, um den Diskothekenbetrieb wieder aufnehmen zu können. Somit wurde durch das Verlangen der Verpächterin auf Entfernung der eingebrachten Anlagen die zukünftige Nutzung als Diskothek nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert. Es kann daher nicht als Hinweis auf einen Verzicht auf eine zukünftige Diskothekennutzung gewertet werden.
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Ein Verzicht ist auch nicht darin zu sehen, dass die Wiederaufnahme der Nutzung als Diskothek erst nach einer Unterbrechung von etwa 18 Jahren und dem Tode der damaligen Eigentümerin erfolgt ist.
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Eine Verpflichtung, eine genehmigte Nutzung ohne Unterbrechung fortzuführen, folgt aus der Baugenehmigung nicht. Das jahrelange Unterlassen der genehmigten Nutzung verstößt allerdings in der Regel gegen die Interessen des Berechtigten, so dass es durchaus die Frage aufwirft, ob noch ein Nutzungsinteresse besteht. Es gibt jedoch andererseits überzeugende Gründe dafür, eine Diskothekennutzung auch für längere Zeit zu unterlassen, ohne auf sie für immer verzichten zu wollen. Ein solcher Grund kann hier im Mangel an Pachtinteressenten für eine Diskothekennutzung oder in der kritischen Einstellung der Berechtigten zu den in Frage kommenden Pachtinteressenten liegen. Darauf hat der Beigeladene zu 4) die Dauer der Nutzungsunterbrechung zurückgeführt. Ein Grund kann aber auch das persönliche Verhältnis zu Nachbarn sein, mit denen man Streit vermeiden möchte, ohne aber deshalb gleich für immer und auch für Rechtsnachfolger auf eine Diskothekennutzung verzichten zu wollen. Auch eine altersbedingte Passivität und Entscheidungsscheu kann die Dauer der Nutzungsunterbrechung erklären. Es kann jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass, wie die Klägerin meint, die Mutter der Beigeladenen zu 2) bis 5) keine Diskothekennutzung mehr gewünscht habe und erst nach ihrem Tod diese Nutzung wieder erneut angestrebt wurde. Vielmehr wurde noch vor ihrem Tod ein Pächter gefunden, der zumindest vorbereitende Arbeiten für die Aufnahme des Betriebes durchführte, wenn auch der Diskothekenbetrieb erst nach ihrem Tod 2009 durch einen neuen Pächter, den Beigeladenen zu 1), auf der Grundlage der gaststättenrechtlichen Erlaubnis vom 23. September 2010 wieder aufgenommen wurde.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es wäre unbillig, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
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Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
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Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG).
Tenor
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2013 - 6 K 3031/13 - wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Der der Beigeladenen erteilte Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 und des 3. Än-derungsbescheides vom 13. Februar 2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte und die Beigeladene selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Genehmigung zur Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage vom 29. März 2011 in der Form der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Nachtragsgenehmigung vom 13. Februar 2014.
3Die Kläger bewohnen in T. /I1. ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, auf dem - laut Auskunft der Landwirtschaftskammer - bis in die 1980er Jahre Rinderhaltung betrieben wurde. Ihr Wohnhaus liegt in südwestlicher Richtung ca. 25 m von der Biogasanlage entfernt. Links und rechts an das Wohnhaus grenzen ehemalige Stallgebäude. Der nördliche Teil des Wohnhauses, die sog. Diele, diente früher als Verbindung zwischen den Stallgebäuden und ist von den Klägern in den 1970er Jahren umgebaut und in den Wohnbereich integriert worden. Dort befindet sich seitdem der Eingangsbereich zum Wohnhaus. In einem Umkreis von rund 600 m um das Wohnhaus der Kläger befinden sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe, die Tierhaltung betreiben. Ca. 50 m in nördlicher Richtung liegen die Stallgebäude der T1. B. GbR, deren Gesellschafter B1. und G1. T1. mit den Gesellschaftern der Beigeladenen identisch sind. Dort werden ca. 1.700 Schweine (berücksichtigt wurden die genehmigten Tierplatzzahlen) in sechs Ställen gehalten. Auf dem Nachbargrundstück I2. hält die Beigeladene weitere Schweine. Ca. 400 m in östlicher Richtung befindet der Tierhaltungsbetrieb L. (ca. 1.300 Sauen, Mastschweine und Ferkel), ca. 300 m in südlicher Richtung die landwirtschaftlichen Betriebe K. (ca. 2.000 Sauen, Mastschweine und Ferkel) und H1. (176 Rinder).
4Am 23. August 2010 beantragte die Beigeladene beim Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage. Dem Antrag nachfolgend beigefügt wurde u.a. ein Geruchsgutachten des Ingenieurbüros V. und Q. GmbH vom 14. September 2010, wonach die Zusatzbelastung durch die geplante Biogasanlage lediglich 2 % der Jahresgeruchsstunden betrage und damit irrelevant i.S. der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) sei.
5Unter dem 29. März 2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Verbrennungsmotoranlage zur Erzeugung von Strom und Warmwasser für den Einsatz von Biogas mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 bis weniger als 10 MW auf dem Grundstück Gemarkung I1. , Flur 6, Flurstück 1 in der Gemeinde T. , deren sofortige Vollziehung er anordnete. Im Rahmen der Begründung heißt es auf Seite 23 des Genehmigungsbescheides: „Mit der gutachterlichen Geruchsprognose von V. und Q. vom 14. September 2010, Nr. 13104110‑1, wird belegt, dass der Betrieb der Biogasanlage die belästigende Wirkung der vorhandenen Belastungen auf den beurteilenden Flächen im Umgebungsbereich der Biogasanlage, in dem sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten, nicht relevant erhöht.“
6Am 13. April 2011 haben die Kläger Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt - 11 L 180/11 -. Mit Beschluss vom 15. Juni 2011 hat das erkennende Gericht den Antrag abgelehnt. In dem sich anschließenden Beschwerdeverfahren hat das OVG NRW mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt. Zur Begründung hat das OVG NRW angeführt, auf Grund der im Beschwerdeverfahren eingeholten fachliche Stellungnahme und Plausibilitätsprüfung des M1. für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (M2. NRW) vom 13. April 2012 sei davon auszugehen, dass im Gutachten der V. und Q. GmbH vom 14. September 2010 nebst Ergänzung vom 16. Dezember 2010 nicht alle Ansätze sachgerecht gewählt worden seien. Insgesamt sei nicht auszuschließen, dass die Irrelevanzschwelle von 2 % der Jahresgeruchsstunden überschritten werde.
7Im Anschluss hat die Beigeladene dem Beklagten ein weiteres Gutachten der V. und Q. GmbH vom 07. August 2012 vorgelegt. Der Gutachter gelangt hierin zu dem Ergebnis, dass bei den Klägern (S. 7) eine Zusatzbelastung durch die Biogasanlage von 9 % Jahresgeruchsstunden, eine Gesamtbelastung inkl. Nachbarbetrieb im Istzustand von 15 % Jahresgeruchsstunden sowie eine Gesamtbelastung inkl. Nachbarbetrieb im Planzustand - Erhöhung der Abluftkamine und der Abluftgeschwindigkeit bei den vorhandenen Stallgebäuden - von ebenfalls 15 % der Jahresgeruchsstunden zu erwarten sei.
8Unter Berücksichtigung dieses Gutachtens hat der Beklagte am 16. August 2012 eine 1. Nachtragsgenehmigung zum Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 erlassen. Gegenstand des Nachtrages sind folgende Maßnahmen: Erhöhung der Ab-luftkamine der vorhandenen Stallgebäude (Gebäude 1 bis 6) auf eine Mindesthöhe von 11 m über Grund und Anpassung der Abluftgeschwindigkeit der Stallgebäude der T1. B. GbR auf >= 7 m/s. Die Nachtragsgenehmigung enthält u.a. folgende Nebenbestimmungen:
9Nr. III 4: „Die von der Genehmigung erfasste Anlage ist so errichten und zu betreiben, dass die allein von der Biogasanlage hervorgerufenen Geruchsimmissionen nicht zu einer Erhöhung der derzeitigen Gesamtbelastung von IGB = 15 % um mehr als 9 % der Jahresstunden an Geruchswahrnehmungshäufigkeit an dem maßgeblichen Immissionsort - hier: Wohnhaus S. 7 - führen. Die Ermittlung und die Beurteilung der Geruchsimmissionen haben entsprechend der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zu erfolgen.“
10Nr. III 5: „Um der Entstehung zusätzlicher Geruchsimmissionen vorzubeugen, ist die Silageanschnittfläche nach der Silageentnahme unverzüglich und vollständig mit einer geeigneten Folie abzudecken.“
11Nr. III 8. „Dieser Nachtrag ist zu dem oben genannten Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 zu nehmen und gilt nur in Verbindung mit diesem Bescheid.“
12In der Begründung hat der Beklagte ausgeführt, die geplante Biogasanlage wie auch das dem Vorhaben nächstgelegene Grundstück mit dem Wohnhaus S. 7 lägen bauplanungsrechtlich im Außenbereich der Gemeinde T. . Die geplante Anlage erfülle die Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB. Die Immissionsprognose vom 07. August 2012 weise an dem der Anlage nächst gelegenen Wohnhaus, S. 7, eine durch die Biogasanlage zu erwartende geruchliche Zusatzbelastung von 9 % und als Gesamtbelastung einen Wert von 15 % der Jahresstunden aus. Die erstellte Prognose sei aus seiner Sicht nicht zu beanstanden. Die Ertüchtigung der auf den Stallgebäuden der T1. B. GbR vorhandenen Abluftkamine führe an den westlich bzw. nordwestlich gelegenen Wohngebäuden zu einer Verbesserung der Gesamtbelastung um 4 % bzw. 5 %. Das geplante Vorhaben verletze nicht das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Von ihm gingen keine unzumutbaren Gerüche aus. Das nächstgelegene Wohnhaus (S. 7) liege im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Es handele sich um ein ehemals landwirtschaftlich genutztes Anwesen mit Tierhaltung. Aufgrund der Außenbereichslage sei das Wohnhaus mit einem geringeren immissionsschutzrechtlichen Schutzanspruch als Wohnnutzungen im Dorfgebiet beschwert. Eine optisch bedrängende Wirkung gehe von der geplanten Biogasanlage nicht aus.
13Am 10. August 2012 hat die Beigeladene beim erkennenden Gericht den Antrag gestellt, den Beschluss des OVG NRW vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage 11 K 805/11 gegen die ihr erteilte Genehmigung abzulehnen - 11 L 521/12 -. Mit Beschluss vom 14. September 2012 hat das erkennende Gericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung angeführt, die Interessenabwägung gehe weiterhin zu Gunsten der Beigeladenen aus, da bestehende Zweifel an der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen auch durch die neuerlichen Gutachten und die 1. Nachtragsgenehmigung des Beklagten vom 16. August 2012 nicht ausgeräumt seien.
14Gegen diesen Beschluss hat die Beigeladene Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hat das erkennende Gericht am 17. September 2012 das M2. NRW um eine gutachterliche Stellungnahme und Plausibilitätsprüfung zum Gutachten von V. und Q. vom 07. August 2012 und einer Ergänzung vom 10. September 2012 gebeten.
15Am 30. Oktober 2012 hat der Beklagte einen 2. Nachtrag zum Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 erlassen. Gegenstand dieses Nachtrages sind folgende Maßnahmen: Geänderte Ausführung der Fahrsiloanlage durch Austausch der Silowände (Traunsteiner gegen U‑Wände), Einkürzungen der ersten und dritten Fahrsilospur, Verzicht auf die westlich gelegene Zufahrt, geänderte Ausführung des Technikgebäudes, Einbau einer geplanten Holzbalkendecke, Verlagerung und Erhöhung der Wallanlage von der Grundstücksgrenze nach innen auf das Anlagengelände im westlichen und südlichen Bereich (Breite der Sohle 7 m, Höhe 2,80 m) und geänderter Betrieb des Annahmebunkers (Reinigung, einmal wöchentlich für 2 Stunden geöffnet). In den Nebenbestimmungen zum Nachtragsbescheid (dort unter III) wird ausgeführt, dass die Auflagen der Bescheide vom 29. März 2011 und 16. August 2012 unverändert gültig blieben und die Abschätzung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation durch die V. und Q. GmbH vom 20. April 2012 verbindlicher Bestandteil des Antrages ist und die darin enthaltenen Randbedingungen einzuhalten sind.
16Das M2. NRW hat in seiner Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 gegenüber dem erkennenden Gericht dargetan, die Ausführungen des Gutachters seien zum Teil nicht nachvollziehbar. Der seitens des Gutachters gewählte Radius von 350 m erweise sich als nicht ausreichend. Entsprechend des heutigen Kenntnisstandes zu den Immissionsauswirkungen von Tierhaltungsbetrieben seien für die Ermittlung der Gesamtbelastung mindestens alle Geruchsemittenten in einem Radius von 600 m um die Beurteilungsfläche in die Ausbreitungsberechnung aufzunehmen. Ferner führt das M2. aus, entsprechend den Auslegungshinweisen der GIRL könne der maximale Immissionswert von 25 % der Jahresgeruchsstunden für Tierhaltungsgerüche im Außenbereich nur unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls angewandt werden. Von Seiten des M2. werde empfohlen, die Kriterien Siedlungsstruktur/Ortsüblichkeit, Nutzung und Historie für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranziehen.
17Mit Blick auf die Stellungnahme des M2. vom 13./14. Dezember 2012 hat die Beigeladene eine weitere Immissionsprognose der V. und Q. GmbH vom 21. Januar 2013 vorgelegt. Danach ist unter Berücksichtigung der Vorbelastungen durch die o.g. Tierhaltungen am Wohnhaus der Kläger mit einer Geruchsbelastung an 21 % der Jahresgeruchsstunden zu rechnen. Die durch die Biogasanlage entstehende Zusatzbelastung wurde mit 5 % der Jahresgeruchstunden veranschlagt.
18Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 - hat das OVG NRW die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der Kammer vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - zurückgewiesen. In der Begründung nimmt das OVG NRW Bezug auf die Ausführungen des M2. NRW in seiner Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 und führt weiter aus, dass die Plausibilitätszweifel, die den Senat maßgeblich zu seiner Bewertung im Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - veranlasst haben, durch die Immissionsprognose vom 07. August 2012 nicht hinreichend verlässlich ausgeräumt würden.
19Eine weiteres im Auftrag der Beigeladenen erstelltes Gutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22. März 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus der Kläger eine Immissionsbelastung in Höhe von 20 bis 23 % der Jahresgeruchsstunden zu erwarten ist.
20Nachdem die Beigeladene zwischenzeitlich mit der Errichtung der Biogasanlage begann, hat das Gericht auf den Antrag der Kläger mit Beschluss vom 09. Juli 2013
21- 11 L 328/13 - festgestellt, dass die Klage im Verfahren 11 K 805/11 auf der Grundlage der Beschlüsse des OVG NRW vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - und vom 30. Januar 2013 - 8 B 130/12 - aufschiebende Wirkung hat und den Beklagten verpflichtet, der Beigeladenen durch sofort vollziehbare Ordnungsverfügung aufzugeben, den Betrieb der Biogasanlage vorläufig bis zum Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache einzustellen. Das dagegen gerichtete Beschwerdeverfahren ist erfolglos geblieben (OVG NRW, Beschluss vom 06. August 2013 - 8 B 829/13 -).
22Der Beklagte hat daraufhin am 19. Juli 2013 eine Untersagungsverfügung bezüglich der im Betrieb befindlichen Biogasanlage erlassen. Hiergegen hat die Beigeladene am 25. Juli 2013 erneut Klage erhoben - 11 K 2565/13 - und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt - 11 L 455/13 -. Letzteren hat das Gericht mit Beschluss vom 30. Juli 2013 abgelehnt. Im Anschluss hat die Beigeladene diese Klage zurückgenommen.
23Im Klageverfahren - 11 K 805/11 - hat das erkennende Gericht mit Verfügung vom 03. Mai 2013 das M2. NRW gebeten, das Gutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22. März 2013 auf seine Plausibilität zu überprüfen. Unter dem 26. November 2013 hat das M2. NRW eine fachliche Stellungnahme zu diesem Geruchsgutachten abgeben und hierin ausgeführt, dass die Geruchsberechnung des Gutachters plausibel und nachvollziehbar sei, allerdings sei die Geruchseinwirkung unter Berücksichtigung der nunmehr anwendbaren Beurteilungsmethodik der Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft (LAI) zur Anwendung der GIRL unzulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellungnahme wird auf Bl. 231 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
24Unter dem 13. Februar 2014 hat der Beklagte eine 3. Nachtragsgenehmigung erlassen. Die Nebenbestimmungen Nr. III 1 bis 4 des Nachtragsbescheides vom 16. August 2012 wurden aufgehoben und durch folgende Nebenbestimmungen ersetzt:
25Nr. III 1: „Das Geruchsgutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22.03.2013 ist verbindlicher Bestandteil des Genehmigungsbescheides und zwingend zu beachten.“
26Nr. III 4: „Die von der Genehmigung erfasste Anlage ist unter Beachtung der den unter Ziffer 1 genannten Geruchsgutachten zugrunde gelegten Rahmenbedingungen zu errichten und zu betreiben. Die allein von der Biogasanlage hervorgerufenen Geruchsimmissionen dürfen am maßgeblichen Immissionsort - Wohnhaus S2. 7 - eine Zusatzbelastung von 7 % der Jahresgeruchsstunden nicht überschreiten.“
27Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Auflagen in dem Abschnitt III Nrn. 2 und 3 des Nachtrags der Unteren Umweltschutzbehörde vom 16.08.2012 rechtswidrig seien und aufgehoben würden, weil dies für den Bescheidempfänger nicht umsetzbar sei, da er nicht Eigentümer des zu Grunde liegenden Stalles sei.
28Die Kläger haben sich zur fachlichen Stellungnahme des M2. NRW vom 26. November 2013 nicht geäußert. Zur Klagebegründung verweisen sie auf ihren umfangreichen Vortrag im Rahmen der entsprechenden Eilverfahren. Sie berufen sich weiterhin im Wesentlichen auf eine durch den Betrieb der Biogasanlage zu erwartende unzumutbare Geruchsbelastung.
29Die Kläger beantragen,
30den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Änderungsgenehmigung vom 13. Februar 2014 aufzuheben.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er trägt vor, dass nach den Empfehlungen des M2. bei einer Wohnnutzung im Außenbereich dieser ein Immissionswert bis 25 % der Jahresgeruchsstunden auch dann zugeordnet werden könne, wenn die Wohnnutzung auf einer ehemaligen Hofstelle mit Tierhaltung erfolge. Ausführungen zur Prüfung der speziellen Randbedingungen für das Wohnhaus der Kläger seien im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 16. April 2013 erfolgt. Die Auffassung des M2. NRW, dass Gerüche aus Biogasanlagen anders zu beurteilen seien als Gerüche aus landwirtschaftlichen Betrieben (Tierhaltungsanlagen), teile er nicht. Eine signifikante Unterscheidung der Geruchsqualität zwischen der Silage einer Biogasanlage und der einer Rinderhaltung könne nicht bestehen. Auch entfalte die Biogasanlage eine sogenannte dienende Funktion innerhalb der Landwirtschaft. Die anfallende, betriebseigene Gülle werde über verlegte Leitungen der Anlage direkt zugeführt und die anfallende Abwärme des Motors wiederum zum Teil im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen genutzt.
34Die Beigeladene beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Sie macht geltend, nach der fachliche Stellungnahme des M2. NRW vom 26. November 2013 beständen an der Richtigkeit der Berechnungsdurchführungen durch das Sachverständigenbüro S1. & I3. keine Zweifel, vielmehr werde die Plausibilität des Gutachtens ausdrücklich bestätigt. Die weitergehenden Ausführungen des M2. NRW zur Beurteilung der Geruchsbelastungen seien dagegen nur bedingt zutreffend. Es bestehe bereits kein Erfordernis, zwischen den Gerüchen aus der Biogasanlage und den Gerüchen aus der Tierhaltung zu differenzieren. Es handele sich bei der Biogasanlage ausschließlich um eine solche, die mit nachwachsenden Rohstoffen, wie Mais und Getreide sowie mit Gülle aus der Tierhaltung beschickt werde. Es sei daher hier ein Immissionsgrenzwert bis 25 % der Jahresgeruchsstunden anzunehmen. Die Immissionsbelastung beim Wohnhaus der Kläger betrage lediglich 22 %, so dass damit keine unzumutbare Geruchsbelästigung vorliege. Selbst wenn eine Differenzierung der Gerüche aus der Biogasanlage und solcher aus der Tierhaltung zulässig sei, wären die maßgeblichen Immissionswerte weiterhin eingehalten. Nach der bislang angewendeten und fachlich anerkannten Methodik zur Beurteilung gemeinsamer Einwirkung verschiedener Gerüche anhand der in der fachlichen Stellungnahme angeführten zwei Prüfungsschritte liege insgesamt ebenfalls keine unzumutbare Geruchsbelastung vor. Soweit am Ende der fachlichen Stellungnahme allerdings eine gänzlich neue, bislang selbst in Gutachterkreisen unbekannte Methodik der Prüfung der Zulässigkeit der Geruchsbelastung angeführt werde, die im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz länderübergreifend geregelt worden sein solle, sei diese vorliegend nicht zu berücksichtigen. Ein Erlass oder eine Verwaltungsvorschrift zu dieser neuen Methodik existiere nicht. Hinzu komme, dass die Angelegenheit seitens des M2. NRW nicht zeitnah bearbeitet worden sei. Wäre die fachliche Stellungnahme innerhalb angemessener Zeit erstellt worden, wäre eine Entscheidung aller Wahrscheinlichkeit vor der internen Beschlussfassung der LAI getroffen worden. Eine derartige Verzögerung könne nicht zu Lasten der Beigeladenen gehen.
37In der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene darüber hinaus vorgetragen, sie verzichte auf die Errichtung des dritten, dem Grundstück der Kläger nächstgelegenen Fahrsilos und den Einsatz und die Lagerung von Grassilage. Hierdurch werde, sogar wenn man die Methodik der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für anwendbar hielte, ein Wert der Geruchsimmissionen erreicht, der unter 1 liege. Insoweit habe sich der Rechtsstreit erledigt.
38Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigen B2. T2. u.a. zu seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 informatorisch befragt. Wegen der Einzelheiten der Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verfahrensakten 11 K 804/11, 11 L 180/11, 11 L 521/12, 11 L 328/13, 11 L 455/13 sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (10 Hefte) Bezug genommen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
40Die Klage hat Erfolg.
41I. Gegenstand der Klage ist der Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in der Gestalt, die er durch die Nachtragsgenehmigungen vom 16. August 2012, 30. Oktober 2012 und 13. Februar 2014 erhalten hat. Die Nachtragsbaugenehmigung stellt keinen selbständig anfechtbaren Streitgegenstand dar, wenn sie kein selbständiges Vorhaben betrifft. Sie kann in diesem Fall nur zusammen mit der ursprünglichen Baugenehmigung angegriffen werden, der sie - genauso wie dem genehmigten Vorhaben - eine abschließende Gestalt gibt.
42Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 25. September 2012 - 2 B 1048/12 -, vom 17. März 2009 - 7 B 1768/08 -, juris Rn. 8, und vom 04. Mai 2004 - 10 A 1476/04 -, BRS 67 Nr. 169 = juris Rn. 7 ff.
43Diese Grundsätze aus dem Baurecht sind auf das Immissionsschutzrecht übertragbar. Mit den o.g. Nachtragsbescheiden wird kein vom ursprünglichen Genehmigungsgegenstand abweichendes Vorhaben genehmigt. Lage, Größe und Umfang der mit der Genehmigung vom 29. März 2011 immissionsschutzrechtlich und baurechtlich genehmigten Anlagenteile der Biogasanlage,
44soweit es sich nicht um solche handelt, die die der Anlage 1 zur 4. BImschV unterfallen, dürften diese entweder als Nebenanlagen nach § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV oder baurechtlich (vgl.
45§ 13 BImSchG) von der Genehmigung umfasst sein,
46sind durch die Nachtragsbescheide nicht verändert worden. Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich im Wesentlichen auf die Einbeziehung der im Verlauf des Verfahrens erstellten weiteren Geruchsimmissionsprognosen und die hierdurch erforderlichen Anpassungen bestimmter Nebenbestimmungen.
47Die Festlegung geänderter Immissionswerte gibt der Genehmigung keinen selbständigen neuen Inhalt, so dass Streitgegenstand der Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in der Fassung der jeweiligen Änderungsbescheide ist.
48II. Die Klage ist zulässig.
49Die Änderungsgenehmigung i.d.F. des 3. Änderungsbescheides hat sich nicht durch den in der mündlichen Verhandlung erklärten „Teilverzicht“ auf die Genehmigung erledigt, mit der Folge, dass die Anfechtungsklage hinsichtlich eines Teiles der Genehmigung mangels Rechtschutzbedürfnis unzulässig geworden wäre.
50Verzichtet der Inhaber auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, so erlischt diese, ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Verfügung der zuständigen Behörde bedürfte. Die in § 18 BImSchG aufgeführten Erlöschensgründe sind insoweit nicht abschließend.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, NVwZ 1990, 464; OVG NRW, Urteil vom 09. August 2006 - 8 A 3726/05 -, S. 14 des amtlichen Umdrucks; Beschlüsse vom 14. September 2006 - 8 A 496/05 - und - 8 A 497/05 - jeweils S. 10 des amtlichen Umdrucks.
52Soweit in der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass dies grundsätzlich auch bei einem Teilverzicht gilt, wenn die Genehmigung teilbar ist und der restliche Anlagenteil noch genehmigt werden kann,
53vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. September 2006 - 8 A 496/05 - und - 8 A 497/05 - jeweils S. 10 des amtlichen Umdrucks; Jarass, BImSchG, 10.Auflage 2013, § 18 Rn. 9,
54mag dies gelten, wenn es - wie im Urteil des OVG NRW vom 09. August 2006 (a.a.O.) - darum geht, dass der Bauherr beim genehmigten Betrieb einer Windkraftanlage mit der Beschränkung des Schallleistungspegels auf eine von der technischen Ausgestaltung der genehmigten Anlage her mögliche Kapazität in vollem Umfang verzichtet, denn ein Verzicht auf eine optimale Kapazitätsauslastung lässt im Übrigen das Vorhaben, so wie es genehmigt war, unverändert. Beschränkt sich der Verzicht dagegen nicht nur auf die von der Baugenehmigung bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erfassten Nutzungsmöglichkeiten (Betriebszeiten), sondern auch auf die Realisierung bestimmter baulicher Elemente eines umfangreichen Gesamtvorhabens, führt dies zu einer wesentlichen Umgestaltung des Vorhabens in baurechtlicher, gegebenenfalls auch in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht,
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - 7 B 1368/08 -, juris Rn. 18 und 19,
56sodass es einer baurechtlichen bzw. immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung bedarf. Ein Teilverzicht, mit der Folge, dass insoweit eine Teilerledigung des Rechtsstreites eintritt, ist in diesen Fällen nicht möglich, weil das Vorhaben nach dem teilweisen Verzicht seine Grundlage nicht mehr in der erteilten Genehmigung finden kann.
57So liegt es hier. Der in der mündlichen Verhandlung erklärte und schriftlich bestätigte „Teilverzicht“ beschränkt sich nicht nur auf eine Eingrenzung der Nutzungsmöglichkeiten, sondern auf den Verzicht eines der genehmigten Fahrsilos sowie den Einsatz von Grassilage. Damit wird nicht nur auf einen Teil der baurechtlich genehmigten Anlagenteile verzichtet, sondern auch das Betriebskonzept für die genehmigte Biogasanlage geändert. Denn die Einsatzstoffe sind wesentlicher Bestandteil der Betriebsbeschreibung, die wiederum Bestandteil des Genehmigungsbescheides ist (vgl. Nr. 3.1 des Genehmigungsantrages, Bl. 202 BA II und II des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011) und - mit Blick auf die unterschiedlichen Geruchsemissionsfaktoren (vgl. V. & Q. , Gutachten vom 14. September 2010, Seite 16) - auch für die Immissionsprognose von Bedeutung sind.
58Die gem. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ergibt sich im vorliegenden Fall zumindest daraus, dass sich die Kläger als Eigentümer und Anwohner des Grundstücks S2. 7 auf eine nicht ausgeschlossene Verletzung der nachbarschützenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG berufen können.
59Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nach § 110 Abs. 3 Satz 1 Justizgesetz NRW bedurfte es nicht, da die Kläger im Verwaltungsverfahren beteiligt worden sind. Dies gilt auch bezüglich der im Verfahren ergangenen Nachtragsbescheide.
60III. Die Klage ist auch begründet. Der der Beigeladenen erteilte Genehmigungsbescheid zur Errichtung und dem Betrieb einer Biogasanlage vom 29. März 2011 in der Fassung der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Nachtragsgenehmigung vom 13. Februar 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
61Rechtsgrundlage für die hier erteilte Genehmigung ist § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m. Nr. 1.4.b) aa) Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV. Zumindest (s.o.) die Errichtung und der Betrieb des hier geplanten BHKW’s bedürfen danach einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
62Der Beigeladenen steht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer derartigen Genehmigung zu, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, hierzu unter III 2) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, hierzu unter III 1).
631. Soweit es die hier mit zu prüfenden (§ 13 BImSchG) Vorschriften des öffentlichen Baurechts angeht, ist nicht ersichtlich, dass durch die Genehmigungserteilung gegen Vorschriften verstoßen wird, denen nachbarschützende Wirkung zukommt.
64Hierbei geht das Gericht nach Auswertung der ihm vorliegenden Karten und Pläne davon aus, dass sowohl das Grundstück der Kläger als auch das Grundstück der Beigeladenen nicht in einem faktischen Dorfgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO) liegen, sondern im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB).
65a.) Ein Bebauungszusammenhang i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine aufeinander folgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei kommt es nur auf äußerlich erkennbare, mit dem Auge wahrnehmbare und bereits vorhandene Gegebenheiten an, so dass etwa Darstellungen im Flächennutzungsplan ebenso unerheblich sind wie eine erst künftig geplante Bebauung. Maßstabsbildend sind im Regelfall nur bauliche Anlagen, die nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als Ortsteil mit bestimmtem städtebaulichen Charakter zu prägen, und zwar unabhängig davon, ob sie genehmigt oder nur zweifelsfrei geduldet sind oder ob sie einem bestimmten städtebaulichen Ordnungsbild entsprechen. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, wozu im Einzelfall auch landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Zwecken dienende Betriebsgebäude gehören können. Bauwerke, die - wie eine Scheune oder ein Stall - nur vorübergehend genutzt werden, gehören in der Regel nicht dazu, unabhängig davon, welchen Zwecken sie dienen. Wie räumlich eng die maßstabsbildende Bebauung sein muss, um sich als zusammenhängend darzustellen, ist nicht nach geographisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund umfassender Wertung und Bewertung des Sachverhalts im Einzelfall zu entscheiden. Dabei können auch Flächen ohne solche Bebauung dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen. Das gilt zum einen für freie Flächen, die - gedanklich - übersprungen werden können, weil die Verkehrsanschauung das unbebaute Grundstück i. S. eines verbindenden Elements als eine sich zur Bebauung anbietende Lücke erscheinen lässt. Insoweit gibt es jedoch keinen bestimmten Höchstwert für die Ausdehnung einer Baulücke. Ihr Vorliegen wird aber umso unwahrscheinlicher, je größer die unbebaute Fläche ist. Während eine Baulücke bei Gebäudeabständen bis zu 90 m bejaht und bei einer 130 m ausgedehnten unbebauten Fläche für möglich gehalten wurde, sind Flächen von 280 m, 240 m und 210 m Ausdehnung nicht als Baulücke bewertet worden. Als Faustformel dient die Ausdehnung von zwei bis drei Bauplätzen, in aufgelockerter Bebauung aber auch größer. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, ob es sich um eine ländlich oder städtisch geprägte Umgebung handelt. Außer Baulücken sind dem Bebauungszusammenhang noch Flächen zuzurechnen, auf denen sich nicht maßstabsbildende Bautätigkeit in sichtbarer Veränderung der Geländeoberfläche niedergeschlagen hat oder die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (z.B. Gewässer) oder Zweckbestimmung (z.B. Sportplätze, Erholungsflächen) der Bebauung entzogen sind.
66b) Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz1 BauGB ist - in Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) - ein Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Das nach der Zahl vorhandener Bauten “gewisse Gewicht“ ist im Vergleich mit anderen Ansiedlungen und im Gegenvergleich mit der unerwünschten Splittersiedlung zu bestimmen. Räumlicher Bezugsrahmen ist wegen der Funktion des § 34 BauGB als “Planersatz“ oder “Planergänzung“ und seines Zusammenhangs mit der gemeindlichen Planungshoheit nur die Siedlungsstruktur der jeweiligen Gemeinde. Eine feste Mindestzahl an Gebäuden lässt sich daher nicht festlegen. Eine Ansammlung von nur vier Wohngebäuden genügt allerdings regelmäßig nicht. Sechs oder auch nur fünf Gebäude können im Einzelfall aber schon ausreichen.
67Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 18. Januar 2011 - 8 S 600/09 - m.w.N., juris.
68c.) Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall die um das Wohnhaus der Kläger gelegene Bebauung nicht als zusammenhängend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und insgesamt nicht als Ortsteil zu werten. Vielmehr ist diese Gegend von T. /I1. als Außenbereich und nicht als faktisches Dorfgebiet anzusehen. An dem Kreuzungsbereich der Straßen X. /S2. befinden sich ausweislich des Luftbildes bei google maps maximal fünf zu Wohnzwecken genutzte ehemalige landwirtschaftliche Anwesen. Diese vermitteln nicht den Eindruck von Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit eines bandartig gewachsenen dörflichen Bebauungskomplexes, vielmehr sind sie augenscheinlich ursprünglich für die jeweils getrennt voneinander wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebe als Wohnhäuser errichtet worden und werden zudem durch das Straßenkreuz voneinander getrennt. Das Gebiet lässt sich auch nicht als zum Dorfgebiet I4. gehörig ansehen. Dagegen spricht bereits die Entfernung zwischen dem Grundstück S2. 7 und der Grenze des „Ortsgebietes“ von I1. . Diese beträgt rund 500 m Luftlinie. Dazu kommt, dass entlang der Straße X. , die das Anwesen der Kläger und I1. verbindet, in südlicher Richtung kaum bauliche Nutzung zu finden ist, sondern sich dort überwiegend landwirtschaftlich genutzte Freiflächen befinden. Aktive landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung (L. , K. und H1. ) befinden sich in einem Umkreis von 400 m. Es liegt daher insgesamt eine für den Außenbereich typische aufgelockerte Bebauung ehemals genutzter landwirtschaftlicher Hofstellen an einer Straße vor, die von Wiesen und Feldern unterbrochen wird.
69d) Ob es sich bei der hier genehmigten Biogasanlage um ein privilegiertes Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB handelt oder - in Ermangelung der dort genannten Voraussetzungen - um ein sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB ist in bauplanungsrechtlicher Hinsicht für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, weil dem Vorliegen eines Privilegierungstatbestandes keine nachbarschützende Wirkung zukommt, die unzutreffende Annahme eines Privilegierungstatbestandes durch die Genehmigungsbehörde deshalb den Nachbarn nicht in subjektiven Rechten verletzt.
70Vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 10. Juli 2013 - 2 B 320/13 -, juris Rn.13; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07. Oktober 2009
71- 1 A 10872/07 -, BauR 2010, 581 = juris Rn. 99.
72Nachbarschutz wird im baurechtlichen Außenbereich nur über das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gewährt. Für eine optisch erdrückende Wirkung des hier genehmigten Vorhabens mit Blick auf das benachbarte Grundstück der Kläger ist nichts ersichtlich. Die dem Grundstück der Kläger nächstgelegenen Teile der Anlage - die Fahrsilos - weisen eine Höhe von weniger als drei Metern auf. Die Fermenter sind mit bis zu 6 Metern die höchsten Anlagenbestandteile, diese sind jedoch am östlichen Rand des Grundstücks und in weiterer Entfernung zu den Klägern positioniert. Zum Grundstück der Kläger wird die Biogasanlage außerdem durch einen Wall abgeschirmt.
73Insoweit ist entscheidungserheblich nur noch die Frage, ob das genehmigte Vorhaben das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, weil es schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB hervorruft (hierzu unter 2.) Hierbei konkretisiert das Bundesimmissionsschutzgesetz die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Bebauungsrecht. Andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort planungsrechtlich zulässig ist.
74Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 - 7 C 7.92 -, NVwZ 1993, 987, und Beschluss vom 02. Februar 2000 - 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679.
752. Durch die Genehmigung vom 29. März 2011 in der Fassung der Nachtragsbescheide wird nicht hinreichend sicherstellt, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen für die Kläger entstehen.
76a) Zur Klärung der Frage, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, bedarf es grundsätzlich - vorbehaltlich hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose, bei der aus der Vor- und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird.
77Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33.
78Hierbei kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 zurückgegriffen werden.
79In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie sowie die entsprechenden VDI-Richtlinien,
80die VDI Richtlinien 3471 und 3472 (Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine bzw. Geflügel) wurden durch die VDI-Richtlinie 3894 - Stand: September 2011 - ersetzt,
81bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden können; sie enthalten technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
82Vgl. BVerwG, Beschluss vom 07. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, DVBl. 2007, 1515 (nur LS), und vom 13. Dezember 2007 - 7 D 142/06.NE -, juris, sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 263, vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, NWVBl. 2006, 337, vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris, und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -.
83Die GIRL findet grundsätzlich auch Anwendung im Zusammenhang mit der Beurteilung von Gerüchen aus Biogasanlagen.
84Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. März 2011 - 12 ME 26/11 -, juris.
85Auf die Ermittlung von Kenngrößen für die Geruchsbelastung nach der GIRL kann schon deshalb nicht verzichtet werden, weil das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen insoweit nicht durch die Einhaltung des Abstandsdiagrammes nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft sichergestellt ist. Dieses findet nur auf Tierhaltungsanlagen Anwendung, nicht auf Biogasanlagen.
86Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 16. Mai 2006 - 7 ME 6/06 -, RdL 2006, 212.
87b.) Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert (IW) von 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15; einen Immissionswert für den Außenbereich regelt die GIRL nicht. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen.
88Für den Außenbereich enthält die GIRL keine Immissionswerte. In der Begründung und in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL wird hierzu lediglich ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es "möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 25 % für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen."
89Der Begriff der „landwirtschaftlichen Gerüche“ i.S.d. GIRL knüpft hierbei nicht an den Begriff der Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB an. In seiner fachlichen Stellungnahme vom 14. Dezember 2012 an das erkennende Gericht hat das M2. NRW hierzu ausgeführt:
90Zu bedenken ist hier, dass sich die Bezeichnungen "Landwirtschaft",
91"landwirtschaftliche Gerüche", "landwirtschaftlicher Bereich" und
92"landwirtschaftliche Anlagen" in Nr. 1 und 3.1 der GIRL bzw. den
93Auslegungshinweisen zu Nr. 1, 2, 3.1 und 5 der GIRL nicht auf
94"Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB" beziehen, sondern als
95Bezug die im Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur GIRL genannten
96Definitionen heranzuziehen sind. In diesem "Bericht zu Expositions-
97Wirkungsbeziehungen" (LUA NRW 2006) wird der Summe der
98Geruchsqualitäten "Geflügel, Schwein, Rind, Pferd, Gülle, Mist, Silage"
99die Bezeichnung "landwirtschaftliche Gerüche" zugeordnet (Tabelle 5,
100Seite 35). Für die in die GIRL 2008 eingegangenen Auswertungen
101hingegen ist das Belastungsmaß "Tierhaltungsgerüche" (Geflügel,
102Schwein, Rind) verwendet worden (Seite 73, LUA NRW 2006). Die
103Geruchsqualität Pferd wurde zu Beginn des Projektes mit aufgenommen,
104konnte aber nicht untersucht werden. Der Begriff "landwirtschaftlich" in
105der GIRL bezieht sich somit auf die Geruchsqualität, die von landwirt-
106schaftlicher Tätigkeit, hier speziell der Tierhaltung und deren Nebenein-
107richtungen hervorgerufen wird. Insoweit ist die Formulierung in den
108Auslegungshinweisen zur GIRL wie folgt zu präzisieren: Unter der
109Prüfung der speziellen Bedingungen des Einzelfalls kann bei der
110Geruchsbeurteilung im Außenbereich ein Wert bis zu 0,25 für Gerüche
111aus der Tierhaltung herangezogen werden.“
112Die bisher vom OVG NRW offen gelassene Frage, ob „landwirtschaftliche Gerüche“ i.S.d. der GIRL auch solche aus einer gewerblichen Tierhaltung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sind,
113vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 42,
114dürfte damit zu bejahen seien. Das OVG NRW hat in seinem Beschluss vom 30. Januar 2013 auf diese Stellungnahme des M2. NRW vom 13./14. Dezember 2012 Bezug genommen und sich dieser Rechtsauffassung offensichtlich angeschlossen.
115Zu Geruchsbelastungen durch Gerüche aus einer Biogasanlage führt das M2. NRW in der vorgenannten Stellungnahme vom 14. Dezember 2012 an das erkennende Gericht aus:
116„Die Gerüche einer Biogasanlage wurden im Rahmen des genannten Forschungsobjektes nicht untersucht, sie sind keine Gerüche aus der Tierhaltung, entsprechend ist für sie eine Erhöhung des Immissionswertes bis zu 0,25 nicht anzuwenden. Vor dem Hintergrund einer Geruchsimmissionsmessung kann es im Einzelfall schwierig sein, die Gerüche aus einem Tierhaltungsbetrieb mit Silage von denen der Silage einer Biogasanlage zu unterscheiden. In Immissionsprognosen jedoch können die Zuordnungen separat ausgewertet werden.“
117c.) Wie oben bereits ausgeführt, ist es nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL im Außenbereich nur „unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls“ - und nicht etwa ohne Weiteres - möglich, bei der Geruchsbeurteilung einen Wert von bis zu 0,25/25 % für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Die Feststellung einer Außenbereichslage ist dabei notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung zur Annahme eines Wertes von bis zu 0,25/25 %. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten und der Qualität der Geruchsbelästigung im konkreten Fall zu erfolgen hat.
118Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 7, und vom 09. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, n.v., Abdruck S. 18.
119Eine solche Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde lässt sich den Genehmigungsbescheiden nicht entnehmen. Sie war im Rahmen der Genehmigungserteilung für den Bescheid vom 29. März 2011 und den 1. Änderungsbescheid vom 16. August 2012 auch nicht erforderlich, weil der Beklagte vor dem Hintergrund der Geruchsprognosen vom 14. September 2010 bzw. 07. August 2012 von einer irrelevanten Zusatzbelastung bzw. einer Gesamtbelastung von nicht mehr als 15 % der Jahresgeruchsstunden ausgehen durfte. Unter Berücksichtigung der dem 3. Änderungsbescheid vom 13. Februar 2014 zu Grunde liegenden Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros S1. & I3. war eine solche jedoch erforderlich. Der Begründung dieses Änderungsbescheides lässt sich aber nicht entnehmen, welche Gesamtgeruchsbelastung der Beklagte innerhalb des durch die GIRL für den Außenbereich eröffneten Rahmens zwischen 15 % und 25 % der Jahresgeruchsstunden für die Kläger (noch) als zumutbar ansieht. Insoweit hätten entsprechende Festlegungen nach Auffassung des Gerichts im Bescheid erfolgen müssen. Eine Genehmigung, die - wie hier - keinen Immissionswert für die maßgebliche (vgl. Nr. 4.2 GIRL) Gesamtbelastung am Grundstück der Kläger festlegt, sondern sich lediglich auf eine Regelung der Zusatzbelastung beschränkt (vgl. Nebenbestimmung III Nr. 4 des 3. Änderungsbescheides vom 13. Februar 2014), reicht insoweit nicht aus. Sofern im Genehmigungsbescheid vom 13. Februar 2014 bestimmt wird, dass das Geruchsgutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. als Bestandteil des Genehmigungsbescheides zwingend zu beachten sei, genügt dies gleichfalls nicht. Die Einzelfallprüfung ist durch die Genehmigungsbehörde durchzuführen und zu begründen. Meinungen und Feststellungen eines Gutachters können diese nicht ersetzen. Im Übrigen beschränken sich die Ausführungen des Ingenieurbüros S1. & I3. im Gutachten vom 22. März 2013 (Seite 22) auf eine Wiedergabe der Auslegungshinweise der GIRL. Eine an den Vorgaben des M2. orientierte Einzelfallprüfung, auf die der Beklagte Bezug nehmen könnte, hat offensichtlich nicht stattgefunden.
120e.) Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Ergebnis der nach Nr. 5 GIRL durchzuführenden Prüfung im Einzelfall nicht Bestandteil des Genehmigungsbescheides sein muss und hierzu auf die Ausführungen des Beklagten in der Klageerwiderung vom 16. April 2013 (BA Bl. 152 ff.) abstellt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
121Die hierin geäußerte Rechtsauffassung des Beklagten, bei einer Wohnnutzung im Außenbereich seien bis zu 25 % der Jahresgeruchsstunden für die Kläger unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles zumutbar, wenn es sich um eine ehemalige landwirtschaftliche Hofstelle handele, teilt das Gericht jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - eine vorhandene Tierhaltungsanlage um eine Biogasanlage erweitert werden soll.
122aa.) Zu den Voraussetzungen, wann eine Erhöhung des maßgeblichen Richtwertes auf 0,25/25 % möglich ist, hat das OVG NRW in seinem Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 - Bezug genommen auf die in der fachlichen Stellungnahme des M2. NRW vom 13. Dezember 2012 aufgeführten Kriterien für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls. Dort heißt es:
123„- Siedlungsstruktur/Ortsüblichkeit: Einzelnen Wohnnutzungen im
124Außenbereich kann, soweit keine der im Weiteren genannten Kriterien
125dagegen sprechen, in der Regel ein Immissionswert bis 0,25 zugeordnet
126werden. Für Straßendörfer und Streusiedlungen wird die Anwendung
127eines Immissionswertes bis 0,20 empfohlen.
128- Nutzung: Soweit es sich um eine reine Wohnnutzung im Außenbereich
129handelt, können, in Abhängigkeit von den weiteren genannten Kriterien,
130Immissionswerte oberhalb von 0,15 bis 0,25 festgelegt werden. Für
131Wohnnutzungen von tierhaltenden Betrieben wird ein Immissionswert
132bis 0,25 empfohlen, wobei die jeweilige Eigenbelastung
133(Geruchsstundenhäufigkeiten, hervorgerufen durch die eigene
134Tierhaltung) unberücksichtigt bleibt. Ein solches Vorgehen stellt sicher,
135dass die Bewohner einer solchen Hofstelle für den Fall einer Aufgabe
136der Tierhaltung (ein aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft
137regelmäßig auftretender Fall) nicht unbegrenzt Geruchsimmissionen
138ausgesetzt sind, somit auch für diesen Fall der Schutz sichergestellt ist.
139- Historie: Der Wohnnutzung innerhalb einer Hofstelle, auf der Tiere
140gehalten wurden, die heute insgesamt aber nur noch zu Wohnzwecken
141genutzt wird, kann ein Immissionswert bis 0,25 zugeordnet werden.
142Handelt es sich um ein Wohnhaus im Außenbereich, das ohne
143landwirtschaftlichen Bezug errichtet wurde (z.B. Bahnwärterhaus), wird
144ein Immissionswert bis 0,20 empfohlen.
145- Vorbelastung: Liegt die Vorbelastung bereits über 0,25, ist im Rahmen
146eines Genehmigungsverfahrens anzustreben, den Immissionswert von
1470,25 im Sinne eines Zielwertes zu erreichen.“
148Das OVG NRW hat diese Grundsätze in seinem Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, n.v. weitergehend präzisiert und Kriterien aufgestellt, die bei der Bestimmung des Grenzwertes der zulässigen Geruchsbelastung Berücksichtigung finden sollen. Diese sind
149- der Gebietscharakter,
150- Vorbelastung und Ortsüblichkeit der Gerüche,
151- eine gegebenenfalls erhöhten Duldungspflicht des Nachbarn bei eigener
152Tierhaltung,
153- das gesetzgeberische Anliegen, Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen generell zu vermeiden und an sich nicht zumutbare Zustände nicht zu verfestigen,
154- der Stand der Technik,
155- das Ziel, Vorhabenänderungen dann nicht zu verhindern, wenn sie zwar nicht die an sich zumutbaren Geruchsimmissionswerte einhalten, aber deutliche Verbesserungen herbeiführen, sowie
156- sonstige Einzelfallumstände.
157bb.) Legt man diese Kriterien für die zu treffende Einzelentscheidung zu Grunde, sind den Klägern Geruchsimmissionen bis zu 25 % der Jahresgeruchsstunden nicht zumutbar.
158Die nach den o.g. Empfehlungen des M2. NRW vorzunehmende Differenzierung bei Wohnnutzungen im Außenbereich zwischen solchen mit landwirtschaftlichen Bezug (im Einzelfall bis 25 % der Jahresgeruchstunden) und ohne landwirtschaftlichen Bezug (bis 20 % der Jahresgeruchsstunden), dürfte zwar grundsätzlich dem Gebot der Rücksichtnahme Rechnung tragen.
159In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Wohnnutzungen im Außenbereich gegenüber einer zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung ein höheres Maß an Rücksichtnahme zu üben haben als Wohnnutzungen in Dorfgebieten.
160Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, juris.
161In der GIRL kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass für Dorfgebiete nach Nr. 3.1 ein Immissionswert von 0,15/15 % der Jahresstunden gilt, während bei einer Wohnnutzung im Außenbereich über diesen Wert hinausgegangen werden kann. Mit Blick darauf, dass nach der Rechtsprechung Wohnnutzungen ehemaliger landwirtschaftlicher Betriebe mit einem nachwirkenden Gebot der Rücksichtnahme belegt sind,
162vgl. OVG NRW Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn.25,
163dürfte es auch zulässig sein, nicht allein die derzeitige Nutzung in den Blick zu nehmen. Das Gebot der Rücksichtnahme beruht aber auf Gegenseitigkeit. Dies bedeutet, dass eine landwirtschaftliche privilegierte Nutzung ihrerseits im Rahmen der dem Landwirt durchaus zustehenden Entwicklungsmöglichkeiten auch auf bestehende Wohnnutzungen im Außenbereich Rücksicht nehmen muss, selbst dann, wenn diese ihrerseits an eine aufgegebene privilegierte Nutzung geknüpft waren. Das der Wohnnutzung mit Blick auf die frühere (eigene) privilegierte Nutzung obliegende erhöhte Maß an Rücksichtnahme kann hierbei nicht zeitlos sein. Mit zunehmender Dauer der Aufgabe der privilegierten Nutzung nähert sich dies dem an, was eine nicht privilegierte Wohnnutzung im Außenbereich an Rücksicht hinzunehmen hat. Wird - wie hier - eine eigene landwirtschaftliche Nutzung seit ca. 30 Jahren nicht mehr betrieben, die Wohnnutzung im Außenbereich seitdem aber genehmigt oder geduldet ausgeübt, dürfte ein erhöhtes Maß an Rücksichtnahme bis zum Ausschöpfen des Grenzwertes von 25 % der Jahresstunden nicht mehr geboten sein.
164Berücksichtigt werden muss im vorliegenden Fall im Rahmen des gegenseitigen Gebots der Rücksichtnahme auch, dass die Kläger bis in die 1980er Jahre eine Tierhaltung nur im geringsten Umfang (3 Kühe und 1 Pferd) ausgeübt haben, sodass die von ihnen in der Vergangenheit verursachten Geruchsimmissionen auch nicht annähernd mit den von der T1. B. GbR verursachten Immissionen (ca. 1.700 Schweine) vergleichbar waren.
165Nimmt man im Rahmen der Einzelfallprüfung - wie es das M2. NRW und auch das OVG NRW fordern - ergänzend auch die Ortsüblichkeit in den Blick ist weiterhin zu berücksichtigen, dass es sich hier nach dem Genehmigungsgegenstand nicht um Gerüche aus einer Tierhaltungsanlage, die bisher prägend für das Gebiet sind, handelt, sondern um Gerüche aus einer Biogasanlage, die keineswegs hinsichtlich der Geruchsintensität und Geruchsart mit denen aus einer Tierhaltungsanlage vergleichbar sind (hierzu näher unter cc.).
166cc.) Ungeachtet dessen, ob danach bei einer Wohnnutzung im Außenbereich grundsätzlich 25 % der Jahresgeruchsstunden zumutbar sind, hat der Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Genehmigung hier nach Auffassung des M2. NRW keine landwirtschaftlichen Gerüche i.S.d. GIRL betrifft, sondern Gerüche einer Biogasanlage, für die - so das M2. in der Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 - grundsätzlich auch im Außenbereich ein Immissionsrichtwert von 15 % der Jahresgeruchstunden gilt.
167Das M2. hat diese Auffassung in einer weiteren Stellungnahme vom 26. November 2013 wiederholt und hierzu ausgeführt:
168„Gerüche aus Biogasanlagen sind nicht eindeutig den Gerüchen aus Tierhaltungen gleichzustellen. Insbesondere im Nahbereich unter 100 m geht, als Ergebnis einer fachlichen Diskussion im Rahmen einer Dienstbesprechung am 15. November 2012, nach überwiegender Auffassung der fachlich mit Biogasanlagen vertrauten Behördenmitarbeiter in Nordrhein-Westfalen, von diesen ein biogasanlagentypischer Geruch aus. Dies wird in Zusammenhang gebracht mit den Gerüchen aus dem Silagelager (Anschnittfläche, Silagetransport/gegebenenfalls verschmutzte Oberflächen, austretender Silosickersaft/Regenereignisse, gegebenenfalls abweichende Geruchsqualität der Biogassilage aufgrund anderer Silierung und Handhabung) sowie dem Umstand, dass bei Biogasanlagen die Silagen einen deutlich größeren Anteil an den Gesamtimmissionen aufweisen, als dies bei Tierhaltungen der Fall ist. Hinzukommen gegebenenfalls minimale Immissionen aus dem Fermenter, dem Nachgärbehälter, dem Gärrestlager und Rohrleitungen/Pumpen (bzw. den je nach Anlagentechnik jeweils vorhandenen Betriebsteilen), die zum Platzgeruch beitragen und nur im Nahbereich immissionswirksam sind.
169Für Biogasanlagengerüche im Außenbereich sollte aus den genannten fachlichen Gründen, zumindest für den Nahbereich bis 100 m, wie für sonstige gewerbliche und industrielle Geruchsarten/-qualitäten, ein Immissionswert angewendet werden, der unterhalb des für Tierhaltungen nach Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls möglichen Wertes von 0,25/25 % liegt. Hier sind nach Auffassung des M2. zulässige Geruchsstundenhäufigkeiten von 0,15 bis 0,20 denkbar.
170Im vorliegenden Fall wäre somit die Situation gegeben, dass auf die zu beurteilende Wohnnutzung Gerüche einwirken, für die ein Immissionswert von z.B. 0,15 bis 0,20 zur Anwendung kommen kann (Biogasanlage) und Gerüche, für die ein Immissionswert bis 0,25 denkbar ist (Tierhaltung).
171Es stellt sich somit die Frage, wie die gemeinsame Einwirkung der Gerüche für eine zusammenfassende Beurteilung der Situation einzuschätzen ist. Eine Antwort zu dieser Frage ist in der Vergangenheit auf Fachebene nicht abschließend gegeben worden. So war es in der Vergangenheit fachlich nicht zu beanstanden, die Zulässigkeit der Geruchsbelastung im Rahmen einer Immissionsprognose wie folgt zu prüfen:
172Prüfungsschritt 1: Die Geruchsbelastung der Geruchsart mit dem geringeren Immissionswert überschreitet diesen nicht.Prüfungsschritt 2: Die Gesamtbelastung (Geruchsstundenhäufigkeiten, verursacht von beiden Geruchsarten, ermittelt durch Ausbreitungsberechnung) überschreitet den höheren Immissionswert nicht.
173Bezogen auf die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Kläger könnte dies Folgendes bedeuten:
174Prüfungsschritt 1: Die Geruchsbelastung durch die Biogasanlage beträgt 0,07, zulässig ist eine Geruchshäufigkeit von 0,15 bis 0,20 (genaue Festlegung im Rahmen einer Beurteilung im Einzelfall). Der hierfür geltende Immissionswert wird eingehalten.Prüfungsschritt 2: Die Gesamtbelastung beträgt 0,22, zulässig wäre im Außenbereich eine Geruchshäufigkeit von 0,25 (Beurteilung im Einzelfall/Abwägung auch unter Berücksichtigung der Belastung durch Tierhaltungsgerüche – hier 0,17). In diesem Fall wäre auch dieser Immissionswert eingehalten, die Anlage somit zulässig. Würde die Einzelfallbeurteilung im Ergebnis zu einem Immissionswert von 0,20 führen, so wäre das zulässige Maß der Geruchsbelastung überschritten.
175Zwischenzeitlich ist die Methodik der Prüfung der Zulässigkeit im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) zur Anwendung der GIRL (GIRL-Expertengremium, Sitzung 22./23. Oktober 2013, Rostock) länderübergreifend geregelt worden. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die jeweiligen Anteile dürfen summarisch 1,00 nicht überschreiten.
176IBb TH + IBb G/I
177IWTH IWG/I <= 1
178IBb TH = Immissionsbelastung belästigungsrelevant Tierhaltung
179IBb G/I = Immissionsbelastung belästigungsrelevant Gewerbe/Industrie/
180Nicht-Tierhaltung
181IW = Immissionswert
182Die Anwendung dieser Prüfungsregel würde, bei einem Immissionswert für die Gesamtbelastung von 0,25 zu einer Unzulässigkeit der Geruchseinwirkungen führen, auch wenn für den Nahbereich von Biogasanlagen im Außenbereich ein Immissionswert von 0,20 zugrunde gelegt würde.“
183f.) Gemessen an diesen Ausführungen des M2. NRW ist die durch die Biogasanlage entstehende Geruchsbelastung unter Berücksichtigung der vorhandenen Vorbelastungen und unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls für die Kläger nicht mehr zumutbar. Das M2. NRW hat die im Gutachten des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 22. März 2013 für das Grundstück der Kläger ermittelte Geruchsbelastung - 20 % bis 23 % der Jahresgeruchstunden - für plausibel erachtet und eine Geruchsbelastung von 22 % angenommen. Diese Annahme beruhte auf den von dem Beklagten mitgeteilten und insoweit maßgeblichen genehmigten Tierplatzzahlen,
184vgl. OVG NRW, Beschluss vom 02. Dezember 2013 - 2 A 2652/11 -, juris Rn.102,
185die allerdings nach der Mitteilung des Beklagten einer Korrektur bedurften. Denn die für den landwirtschaftlichen Betrieb H1. mitgeteilten Tierplatzzahlen waren um 17 Tiere zu niedrig angesetzt (vgl. Stellungnahme des Beklagten vom 21. Februar 2014).
186Ausgehend von diesen korrigierten Tierplatzzahlen hat das Ingenieurbüro S1. & I3. am 21. Februar 2014 eine Nachberechnung vorgenommen. Danach ist davon auszugehen, dass am Wohngrundstück der Kläger eine Geruchsbelastung an (mindestens) 23 % der Jahresgeruchstunden eintritt. Schon diese Geruchsbelastung überschreitet nach den vorstehenden Kriterien das den Klägern zumutbare Maß.
187Das Gericht lässt deshalb dahinstehen, ob hier nicht sogar von einer Geruchsbelastung von 24 - 25 % der Jahresgeruchsstunden auszugehen ist. Das Ingenieurbüro S1. & I3. hat bei der Geruchsimmissionsprognose den vorderen Teil des Wohngebäudes - die sog. „Diele“ - nicht mit einbezogen, obwohl dieser Bereich seit mehr als 30 Jahren als Eingang zum Wohnhaus gehört und nicht mehr - wie in der Prognose dargestellt (Seite 8 des Gutachtens) - als „Kuhstall“ genutzt wird. Es dürfte sich um einen Bereich handeln, der nicht nur vorübergehend zum Aufenthalt von Menschen genutzt wird und deshalb immissionsrechtlich relevant ist (vgl. Nr. 4.4.6 GIRL). Geht man von einer Relevanz auch dieses Bereiches aus, beträgt die Geruchsbelastung 24 - 25 % der Jahresgeruchsstunden (Neuberechnung des Ingenieurbüros S1. & I3. vom 21. Februar 2014).
188Im Hinblick darauf, dass zwischen den Beteiligten streitig ist, ob insoweit eine Nutzungsänderungsgenehmigung erteilt wurde, lässt das Gericht dahinstehen, ob dieser Bereich bei der Geruchsimmissionsprognose als Wohnbereich allein auf Grund der langjährigen, unbeanstandeten Praxis in der Geruchsprognose hätte berücksichtigt werden müssen.
189Das Gericht hat keinen Anlass, die überarbeiteten Tierplatzzahlen in Zweifel zu ziehen. Der Vortrag der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, sie halte zum Teil in den Stallungen weniger Tiere als genehmigt, ist insoweit unbeachtlich, da es nicht auf den tatsächlichen, sondern den genehmigten Tierbestand ankommt. Ausgehend von den o.g. korrigierten Tierplatzzahlen im Rahmen der Ermittlung der Vorbelastung dürfte bei einer Gesamtgeruchsbelastung in Höhe von 23 % der Jahresgeruchsstunden von einer Vorbelastung in Höhe von 18 % der Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung in Höhe von 7 % durch die Biogasanlage auszugehen sein.
190Nach den Ausführungen des M2. NRW kommt eine Addition der Vorbelastung und Zusatzbelastung bei einem Zusammentreffen von Gerüchen aus Tierhaltungsanlagen und Biogasanlagen allerdings nicht mehr in Betracht. Vielmehr ist nach Auffassung des M2. NRW zu berücksichtigen, dass Gerüche aus einer Biogasanlage insbesondere im Nahbereich bis 100 m - wie hier - nicht mit den Gerüchen aus der Tierhaltung gleichzusetzen sind und eine Gewichtung der Geruchsbelastungen nach den jeweiligen Anteilen an der Gesamtbelastung vorgenommen werden muss. Für Gerüche aus einer Biogasanlage ist hierbei ein Immissionswert von 15 %, unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalles allenfalls ein Immissionsrichtwert von 20 % anzusetzen.
191Ausgehend von der o.g. Methodik ergibt sich unter Berücksichtigung der durch die Biogasanlage entstehenden Zusatzbelastung in Höhe von 7 % und einem Immissionsrichtwert von 15 % eine Gesamtgeruchsbelastung von
19217 + 7 = 51 + 35 = 86 > 1
19325 15 75 75
194bei einem Immissionsrichtwert von 20 % der Jahresgeruchstunden für die Biogasanlage eine Gesamtgeruchsbelastung von
19517 + 7 = 68 + 35 = 103 > 1
19625 20 100 100
197Der nach Auffassung des M2. einzuhaltende Immissionsrichtwert von 1 wird damit in beiden Fällen überschritten. Die Auffassung der Beigeladenen, die nunmehr von M2. NRW und der LAI zu Grunde gelegte Berechnungsmethodik sei hier nicht anzuwenden, weil sie zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht einmal den mit der GIRL befassten Geruchssachverständigen bekannt gewesen sei, verfängt nicht.
198In Fällen der Anfechtung einer bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte ist zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung abzustellen.
199Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BauR 1998, 995 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, BauR 2008, 799 = juris Rn. 46 ff.
200Dies schließt es allerdings nicht aus, nachträglich gewonnene Erkenntnisse im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
201Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22.
202Messungen oder prognostische Begutachtungen zur Immissionssituation sind daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für die rechtliche Bewertung auch dann anwendbar, wenn sie erst im Anschluss an das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.
203Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 03. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f.
204Nichts anderes gilt für die einer solchen Messung oder Begutachtung zugrundeliegenden Beurteilungs- und Bewertungskriterien. Werden - wie im vorliegenden Fall - nach Erlass einer Genehmigung diese Kriterien überarbeitet oder liegen sonst neue Kriterien zur Bewertung vor, sind sie auch im Gerichtsverfahren als neue Erkenntnisquelle und Orientierungshilfe zur Beurteilung der Zumutbarkeit von Geruchs-immissionen maßgeblich.
205Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 09. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, S. 5 und 6 sowie bereits - jeweils zur Anwendbarkeit einer neuen VDI-Richtlinie - OVG NRW, Beschluss vom 03. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und OVG Lüneburg, Urteil vom 04. November 2003 - 1 LB 323/02 -, BauR 2004, 469 = juris Rn. 32.
2063. Nach alledem kann dahingestellt bleiben, ob durch die Genehmigung ausreichend sichergestellt wird, dass die Kläger keinen schädlichen Immissionen in Form von Lärm durch den Betrieb der Anlage und den dem Betrieb zuzurechnenden Zu- und Abfahrverkehr (vgl. Nr. 7.4. TA Lärm) ausgesetzt sind.
207Die Kostenentscheidung ergeht gem. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
208Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
209(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.