Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 17. Dez. 2015 - 1 K 3501/15

bei uns veröffentlicht am17.12.2015

Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Beigeladenen zum weiteren aufsichtsführenden Richter am Arbeitsgericht zu ernennen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, den Beigeladenen zum weiteren aufsichtsführenden Richter am Arbeitsgericht zu ernennen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist, hat Erfolg. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung des Beigeladenen zum weiteren aufsichtsführenden Richter die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers in dem Beförderungsverfahren zur Besetzung einer Stelle eines Richters am Arbeitsgericht als weiterer aufsichtsführender Richter bei dem Arbeitsgericht M (Ausschreibung ... ).
Das Justizministerium hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 24.06.2015 mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, dem Ministerpräsidenten die Ernennung des Beigeladenen zum weiteren aufsichtsführenden Richter vorzuschlagen. Diese Mitteilung kündigt die Ernennung des Beigeladenen, d.h. den Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102), nach Verstreichen einer Wartefrist an. Sie soll unterlegenen Bewerbern Gelegenheit geben, vorbeugend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um die Ernennung zu verhindern. Ein Bewerber, der davon Gebrauch macht, verfolgt einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf vorbeugende Unterlassung der Ernennung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2011 - 2 B 106/11 -, juris Rn. 13). Er muss ferner diesen Anspruch durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle. Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, BVerwGE 145, 112, juris Rn. 22).
II.
Hierbei sind nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung im Wesentlichen folgende Grundsätze zu beachten:
1. Ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 19). Dieser Prüfungsmaßstab ist – wie im Hauptsacheverfahren – auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ebenfalls nicht strenger sein dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 12 ff.).
2. Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.02.2009 - 2 A 7.06 -, BVerwGE 141, 361 und Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, a.a.O).
3. Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch), wobei der Dienstherr an das gegebenenfalls von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden ist, mit welchem er die Kriterien für die Auswahl der Bewerber im Voraus festlegt (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58, vom 04.11.2010, a.a.O., und vom 26.01.2012 - 2 A 7.09 -, BVerwGE 141, 361). Zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG auch die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 14).
4. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Der gebotene Vergleich der dienstlichen Beurteilungen muss bei gleichen Maßstäben in sich ausgewogen und stimmig sein. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Liegen für mehrere Bewerber Beurteilungen mit gleichlautenden Gesamturteilen vor, sind die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen. Der Dienstherr muss dabei der Frage nachgehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt ermöglichen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, bei der gebotenen inhaltlichen Ausschärfung der Beurteilungen einer ungerechtfertigten Überbewertung nur geringfügiger Unterschiede zu begegnen, etwa dadurch, dass er die Einzelfeststellungen in ihrer Wertigkeit gewichtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1/13 -, BVerwGE 147, 20, juris Rn. 47 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.01.2015 - 6 B 1365/14 -, juris Rn. 4; Bodanowitz, in: Schnellenbach/Bodanowitz, Dienstliche Beurteilung, Stand: Juni 2015, B IV Rn. 260).
Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Die Beurteilungen dürfen keine rechtlichen Mängel aufweisen, die zur Rechtswidrigkeit der auf sie gestützten Auswahlentscheidung führen können und bei der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden müssten. Sie müssen in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sein. Kann der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den gesamten Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen. Als solche sachkundigen Personen kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich, die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Beamten aus eigener Anschauung kennen. Beurteilungsbeiträge müssen die Informationen enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die er keine aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt. Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt, d.h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Der Beurteiler ist zwar an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste, sondern er kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren. Kennt der Beurteiler die dienstlichen Leistungen des zu Beurteilenden nicht – oder nicht hinreichend – aus eigener Anschauung, muss er sich voll auf die Beurteilungsbeiträge verlassen. Er kann sie also nur noch in das Beurteilungssystem – idealerweise mit dem Blick des erfahrenen und das Leistungs- und Befähigungsspektrum der vergleichbaren Richter kennenden Beurteilers – einpassen. In einem solchen Fall müssen die Beurteilungsbeiträge hinreichende textliche Ausführungen für die Bewertung der Leistung des Richters enthalten (vgl. zur dienstlichen Beurteilung eines Bundesbeamten: BVerwG, Urteil vom 27.11.2014 - 2 A 10/13 -, BVerwGE 150, 359, juris Rn. 21 ff. m.w.N.).
10 
5. Die dienstlichen Beurteilungen können von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Die maßgebliche Beurteilung darüber, wie Leistungen eines Beamten bzw. Richters einzuschätzen sind und ob und in welchem Grad er die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden jeweiligen Beurteiler vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den rechtlichen Rahmen und die anzuwendenden Begriffe zutreffend gewürdigt, ob er richtige Sachverhaltsannahmen zugrunde gelegt und ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet und sachfremde Erwägungen unterlassen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen (vgl. insgesamt VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 - 4 S 1733/15 -, juris Rn. 3 ff.).
III.
11 
Von diesen Maßgaben ausgehend liegt eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers vor.
12 
Die Kammer hat bereits Zweifel, ob eine an den Anforderungen des angestrebten Beförderungsamtes ausgerichtete Eignungsprognose als alleiniges zusammenfassendes Gesamturteil einer dienstlichen Anlassbeurteilung – wie in Nr. 4 Abs. 5 der hier noch anwendbaren Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 15.10.2008 vorgesehenfür eine Auswahlentscheidung tragfähig ist. Denn die Anlassbeurteilung muss ebenso wie eine Regelbeurteilung eine Bewertung der im Beurteilungszeitraum erbrachten dienstlichen Leistungen im ausgeübten Amt zum Gegenstand haben, die zusammen mit den Befähigungseinschätzungen Rückschlüsse auf die Eignung für das zu vergebende Amt zulässt (vgl. zur Unterscheidung zwischen der für die Auswahlentscheidung zusätzlich erforderlichen Eignungsprognose und der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen: BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 -, juris Rn. 45, 49).
13 
Im Ergebnis kann dies jedoch offen bleiben, da sich im vorliegenden Fall auf der Grundlage der Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen jedenfalls der vom Antragsgegner angenommene Leistungsvorsprung des Beigeladenen nicht annehmen lässt. Die im Rahmen der Auswahlentscheidung herangezogene Anlassbeurteilung des Antragstellers erweist sich schon wegen fehlender Begründung der Eignungsprognose als rechtsfehlerhaft und ist damit keine taugliche Auswahlgrundlage (dazu unter 1.). Hinsichtlich der Ausführungen zur Fachkompetenz des Antragstellers und des Beigeladenen fehlt es ferner an der Vergleichbarkeit der dienstlichen Anlassbeurteilungen (dazu unter 2.), zudem dürfte sich die Beurteilung des Beigeladenen hinsichtlich des Merkmals der Führungskompetenz als fehlerhaft erweisen (dazu unter 3.).
14 
1. Die in einer Anlassbeurteilung auf Grundlage der Bewertung der im ausgeübten Amt erbrachten Leistungen und der Befähigungseinschätzungen zu erstellende Eignungsprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 -, juris Rn. 45) bedarf einer gesonderten nachvollziehbaren Begründung in der Beurteilung. Denn allein aus der wertenden textlichen Beschreibung der im ausgeübten Amt erbrachten Leistungen und der bestehenden Befähigungen erschließt sich die prognostizierte Erfüllung der im angestrebten Beförderungsamt bestehenden Anforderungen schon mit Blick auf die gegenüber dem ausgeübten Amt höheren und unterschiedlichen Anforderungen des Beförderungsamtes nicht ohne Weiteres. Dies folgt für eine dem zuständigen Beurteiler übertragene Eignungsprognose als maßgebender vorweggenommener Teil der Auswahlentscheidung schon in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Pflicht zur schriftlichen Dokumentation der maßgebenden Auswahlerwägungen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 14 m.w.N.). Hieran fehlt es jedenfalls in der zugrunde gelegten Anlassbeurteilung des Antragstellers völlig, zumal sich die Eignungsprognose gleichlautend auf unterschiedliche Beförderungsämter bezieht. Erwägungen zu den vorgenommenen Eignungsprognosen – im Form einer lediglich kursorischen Plausibilitätsprüfung – finden sich erst im Auswahlvermerk des Justizministeriums vom 05.05.2015 zu der schlechteren Eignungsprognose einer weiteren Bewerberin, während bei dem Antragsteller lediglich eine vergleichende Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen durch Betrachtung von Einzelaussagen erfolgt. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob eine fehlende Begründung der Eignungsprognose in der Anlassbeurteilung durch die in dem Auswahlvermerk niedergelegten Auswahlerwägungen nachgeholt werden könnte.
15 
2. Der Antragsgegner hat aufgrund des Beurteilungsgleichstands im Gesamturteil des Beigeladenen und des Antragstellers eine vergleichende inhaltliche Ausschärfung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen vorgenommen. Diese Ausschärfung durfte jedoch aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen nicht (allein) auf die eingeholten Anlassbeurteilungen gestützt werden. Denn jedenfalls hinsichtlich der fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers und des Beigeladenen greifen die Beurteilungen auf unterschiedliche Anknüpfungspunkte zurück, die eine inhaltliche Gegenüberstellung der Einzelaussagen verhindern. Der Beurteiler des Antragstellers hat – wohl in Anlehnung an die Absprachen zur Sicherung der Einheitlichkeit der Regelbeurteilungen (vgl. das vom Antragsgegner vorgelegte Besprechungsergebnis der aufsichtsführenden Richter zur Regelbeurteilung 2013) – die einzelnen Anforderungen des Anforderungsprofils nicht nacheinander dargestellt und bewertet, sondern die fachliche Befähigung und Leistung des Antragstellers im Wesentlichen anhand der Fallbearbeitung außerhalb der mündlichen Verhandlung, der Leitung der mündlichen Verhandlung sowie der vom Antragsteller verfassten Urteile dargestellt. Der Beurteilungsbeitrag der Richterin am Bundesverfassungsgericht, auf den sich die Beurteilung des Beigeladenen hinsichtlich seiner fachlichen Befähigung und Leistung, sozialen Kompetenz und persönlichen Eigenschaften im Wesentlichen stützt, bezieht sich hingegen konkret auf einzelne Merkmale des Anforderungsprofils, stellt diese dar und bewertet sie. Aufgrund dieser unterschiedlichen Herangehensweise sieht die Kammer – auch vor dem Hintergrund, dass der Beurteilung des Antragstellers keine ergänzenden Erwägungen zur Einordnung der erbrachten Leistungen im Hinblick auf die im Gesamturteil angestellte Eignungsprognose zu entnehmen sind – die Vergleichbarkeit der textlichen Aussagen der Anlassbeurteilungen und deren Heranziehung zur Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen nicht als gewährleistet an. In wesentlichen Teilen fehlt es bei der Anlassbeurteilung des Antragsstellers an dem expliziten Aufgriff einzelner Merkmale des Anforderungsprofils. Insbesondere soweit der Antragsgegner darauf verweist, dass die Fachkompetenz des Antragstellers verhalten beschrieben werde, lässt sich aufgrund der beschriebenen unterschiedlichen Anknüpfungspunkte der Beurteilungen kein Leistungsabfall gegenüber dem Beigeladenen feststellen. Die in diesem Zusammenhang zitierte Textpassage „ließen umfassende Rechtskenntnisse erkennen“ bezog sich allein auf die Gestaltung der Entscheidungsgründe der vom Antragsteller abgefassten Urteile und gerade nicht wie der Beurteilungsbeitrag der Richterin am Bundesverfassungsgericht insgesamt auf die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen.
16 
Der Anlassbeurteilung des Antragstellers lässt sich bei der dargestellten Herangehensweise des Beurteilers auch keine – einem Vergleich mit der Beurteilung des Beigeladenen zugängliche – negative oder neutrale Aussage zur fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers hinsichtlich der nicht weiter erwähnten Kriterien des Anforderungsprofils entnehmen. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass der Beurteiler des Antragstellers entsprechend den Vorgaben des Abschnitts IV. des Besprechungsergebnis der aufsichtsführenden Richter der fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers bei Findung des Gesamturteils besondere Bedeutung beigemessen hat. Vor dem Hintergrund der gebotenen Fortentwicklung der vorherigen Beurteilungen des Antragstellers (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, BVerwGE 145, 112, juris Rn. 30 f.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2013 - 1 K 2614/12 -, juris Rn. 23 und Beschluss vom 17.12.2015 - 1 K 3517/15 -) dürften die textlichen Aussagen in der Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 29.12.2014 auch nicht so zu verstehen sein, dass sie lediglich aufgrund der starken Verhandlungskompetenz und der kommunikativen Fähigkeiten des Antragstellers die Notenstufe „übertrifft die Anforderungen“ rechtfertigen. Denn der Antragsteller wurde erst am 31.03.2014 bei nahezu textidentischer Beurteilung hinsichtlich seiner Eignung für das Amt eines Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgerichts – wie schon in seiner Abordnungsbeurteilung vom 31.07.2012 – mit der zusammengefassten Beurteilung „übertrifft teilweise die Anforderungen“ beurteilt. Damit wurde dem Antragsteller, ohne dass dies vom Antragsgegner nunmehr in Frage gestellt wird, zumindest eine „besonders ausgeprägte Fachkompetenz“ sowie eine „besondere Fähigkeit zur vertieften Auseinandersetzung mit Rechtsproblemen“ und „besonderes Verständnis für die praktischen Konsequenzen rechtlicher Lösungsansätze“ attestiert (vgl. Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie, Anforderungsprofil für einen Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nr. 2). Aus diesen Bewertungen dürfte insgesamt zu schließen sein, dass der Antragsteller die Anforderungen, die an die Fachkompetenz eines weiteren aufsichtsführenden Richters gestellt werden, übertrifft.
17 
Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass der Antragsteller mit der Anlassbeurteilung vom 29.12.2014 auch für das von ihm in einem weiteren Bewerbungsverfahren angestrebte Amt eines Vizepräsidenten des Arbeitsgerichts die Eignungsprognose „übertrifft die Anforderungen“ erhalten hat. Schon insoweit dürften jedoch höhere Anforderungen als für das hier streitgegenständliche Amt eines weiteren aufsichtsführenden Richters bestehen. An das Amt des Vizepräsidenten bei Kollegialgerichten, die mit dem Vorsitz in einem Spruchkörper verbunden sind, richten sich nach dem Anforderungsprofil des Antragsgegners (vgl. Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie) hinsichtlich der notwendigen Fachkompetenz besondere Anforderungen, die über das Anforderungsprofil für einen weiteren aufsichtsführenden Richter hinausgehen. Dies dürfte auch für das vom Antragsteller angestrebte Amt des Vizepräsidenten des Arbeitsgerichts gelten, da die Arbeitsgerichte bereits in erster Instanz als Kollegialgericht unter Vorsitz eines Berufsrichters tätig werden (vgl. § 16 Abs. 2 ArbGG sowie http://www.bundesarbeitsgericht.de/allgemeines/gerichtsbarkeit.html).
18 
Nach alledem hätte es zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit der eingeholten Anlassbeurteilungen entweder der weiteren Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen anhand vorangegangener Beurteilungen, der Personalakten der Bewerber oder der Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Beurteilers des Antragstellers bedurft (vgl. auch VGH Hessen, Beschluss vom 23.09.2015 - 1 B 707/15 -, juris Rn. 30 f., 54).
19 
3. Soweit die Auswahlentscheidung des Weiteren auf die im Vergleich zum Beigeladenen geringer zu bewertende Führungskompetenz des Antragstellers abstellt, dürfte sich die Beurteilung des Beigeladenen zudem als fehlerhaft erweisen. Die Beurteilung des Beigeladenen macht sich den Beurteilungsbeitrag des Bundesverfassungsgerichts zu eigen, welche dem Beigeladenen ein ausgeprägtes Organisationstalent und überdurchschnittliche Organisations- und Koordinierungsfähigkeit insbesondere aufgrund der Organisation eines Treffens wissenschaftlicher Mitarbeiter bescheinigt. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, auf welche Erkenntnisquellen sich der Beurteilungsbeitrag stützt. Aus dem Beurteilungsbeitrag ergibt sich nicht, dass die Verfasserin des Beurteilungsbeitrags selbst in die Organisation des Mitarbeitertreffens eingebunden war. Gleiches gilt für die Teilnahme des Beigeladenen am „AR-Dialog“. Die bestätigenden Ausführungen unter Ziff. 10 der Anlassbeurteilung des Beigeladenen nehmen zudem allein Bezug auf Tätigkeiten des Beigeladenen während seiner Dienstzeit am Arbeitsgericht ..., die bereits Gegenstand der vorangegangenen Regelbeurteilung des Beigeladenen waren. Die dortigen Ausführungen beschränken sich jedoch auf die allgemeine Feststellung, dass die fachlichen und sozialen Kompetenzen des Beigeladenen seine Fähigkeit zur Übernahme von Führungsaufgaben deutlich machten. Der Rückgriff auf die Feststellungen des Beurteilungsbeitrags sowie die Erfahrungen des Beurteilers aus vorangegangenen Beurteilungszeiträumen zur Feststellung eines ausgeprägten Organisationstalents und überdurchschnittlicher Koordinationsfähigkeit des Beigeladenen hätten vor diesem Hintergrund zumindest weiterer Erläuterung bedurft.
IV.
20 
Auch bei Annahme einer fehlerhaften Auswahlentscheidung setzt ein Anspruch des Antragstellers auf eine erneute Auswahlentscheidung voraus, dass sich der Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Die Aussichten des Antragstellers im Falle eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens zum Zuge zu kommen, müssen zumindest offen sein. Das heißt seine Auswahl muss zumindest möglich erscheinen; seine Bewerbung darf nicht offensichtlich chancenlos sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 19). Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall von hinreichenden Erfolgsaussichten der Bewerbung des Antragstellers auszugehen, da es bei möglicher erneuter Gleichbeurteilung des Antragstellers und des Beigeladenen in der Gesamtnote auch in einem neuen Auswahlverfahren auf eine vergleichende inhaltliche Ausschärfung der Beurteilungen ankommen dürfte.
V.
21 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.06.2015 - 1 K 499/15 -, juris Rn. 23).

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Diese Entscheidung wird zitiert Tenor 1. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den Beigeladenen in ein nach A13g (BBesO) bewertetes Statusamt zu befördern bis über die Besetzung des korrespondierenden Befö

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Gründe

1

Die Beschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der Divergenz und der grundsätzlichen Bedeutung vorliegen.

2

Der Kläger steht als Stadtbauamtsrat (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst der Beklagten. Im September 2007 bewarb er sich um die Beförderungsstelle des Amtsleiters der städtischen Bauverwaltung (Besoldungsgruppe A 13). Die Bürgermeisterin der Beklagten wählte die Beigeladene aus und setzte diese mit Wirkung vom 1. Januar 2008 vorläufig als Amtsleiterin ein. Der Kläger beschritt den Rechtsweg, um die Beförderung der Beigeladenen zu verhindern: Seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung lehnte das Verwaltungsgericht ab; die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht zurück. Dessen Beschluss wurde am 24. September 2008 an die Beteiligten versandt. Nachdem der Rat der Beklagten am 25. September 2008 der Besetzung der Stelle mit der Beigeladenen zugestimmt hatte, wurde diese am 21. Oktober 2008 zur Stadtoberamtsrätin (Besoldungsgruppe A 13) ernannt.

3

Die Klage, mit der der Kläger in erster Linie die Ernennung aufgehoben, hilfsweise die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung festgestellt wissen will, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, die Ernennung sei aus Gründen der Ämterstabilität rechtsbeständig, weil kein Fall der Verhinderung effektiven Rechtsschutzes vorliege. Der Dienstherr müsse nach einem für ihn erfolgreichen Abschluss des Konkurrentenstreitverfahrens nach § 123 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers noch zwei Wochen zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Die Beigeladene sei erst rund drei Wochen nach Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung ernannt worden. Der Kläger habe nicht mitgeteilt, er beabsichtige die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Der Hilfsantrag sei unzulässig, weil dem Kläger wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung ein berechtigtes Interesse an der nochmaligen Prüfung der Auswahlentscheidung fehle. Im Übrigen stehe die Auswahl der Beigeladenen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG.

4

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, in Bezug auf zwei Rechtsfragen seien die Zulassungsgründe der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben: Zum einen habe das Oberverwaltungsgericht eine Wartefrist von zwei Wochen für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts als angemessen erachtet. Dies stehe in Widerspruch zur Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht. Der Dienstherr müsse mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde zuwarten. Zum anderen habe das Oberverwaltungsgericht verkannt, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei Auswahlentscheidung und Ernennung um eigenständige Rechtsakte handele. Aufgrund dessen habe es rechtsirrig nicht beanstandet, dass die Beklagte dem Kläger die bevorstehende Ernennung der Beigeladenen nicht gesondert mitgeteilt habe. Die Beigeladene sei zu Unrecht befördert worden. Die Bürgermeisterin habe die dem Rat vorbehaltene Auswahlentscheidung unter Verstoß gegen das Satzungsrecht der Beklagten an sich gezogen. Die Auswahl der Beigeladenen verletze die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, weil die ihm erteilte dienstliche Beurteilung der Bürgermeisterin aus mehreren Gründen rechtswidrig gewesen sei.

5

1. Der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, den Bundesverfassungs- oder Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt haben. Zwischen beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Inhalt einer Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Danach liegen die vom Kläger behaupteten Divergenzen nicht vor, weil die tragenden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts nicht in Widerspruch zu einem Rechtssatz des Bundesverfassungs- oder des Bundesverwaltungsgerichts stehen:

6

Dies gilt zum einen für den Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, der Dienstherr müsse mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach Obsiegen im Konkurrentenstreitverfahren nach § 123 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht noch zwei Wochen zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zur Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu geben. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Länge dieser Wartefrist keinen abweichenden Rechtssatz aufgestellt. In dem Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 = NJW 2011, 695) heißt es nur, diese Wartefrist müsse "angemessen" sein. Auch der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht - wie vom Kläger behauptet - der Rechtssatz entnehmen, die Wartefrist müsse entsprechend § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG einen Monat betragen. In dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - (NVwZ 2009, 1430) heißt es:

"Im Fall dringender dienstlicher Bedürfnisse können Ausnahmen von der grundsätzlich anzuerkennenden Wartefrist gegeben sein. Diese entziehen sich allerdings - ebenso wie die Bestimmung der Länge der Wartefrist - einer schematischen Beurteilung; vielmehr kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an. ... In der obergerichtlichen Rechtsprechung hat sich teilweise eine Wartefrist von zwei Wochen nach Zustellung der zweitinstanzlichen Eilentscheidung eingebürgert, ... Zur Vermeidung von Missverständnissen ist allerdings darauf hinzuweisen, dass für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG gilt, die der Beschwerdeführer zur Substanziierung seines Vortrags bzw. gegebenenfalls zur Nachreichung von Unterlagen ausschöpfen kann. ..."

7

Danach hat das Bundesverfassungsgericht eine Wartefrist von einem Monat nicht generell für erforderlich gehalten, um die Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG sicherzustellen. Vielmehr hat das Gericht den Umständen des Einzelfalls Bedeutung für die Länge der Wartefrist beigemessen.

8

Der tragende Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, unterlegenen Bewerbern müsse die Auswahlentscheidung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG rechtzeitig vor der Ernennung des ausgewählten Bewerbers mitgeteilt werden, steht in Einklang mit der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht. Eine weitere Mitteilung über die bevorstehende Ernennung im Anschluss an ein Konkurrentenstreitverfahren nach § 123 VwGO oder nach dem Verstreichen einer Wartefrist wird von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG nicht gefordert (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - NJW-RR 2005, 998, vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 9. Juli 2009 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 33 f.).

9

2. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist, d.h. im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung der Nachprüfung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f., stRspr). An der allgemeinen Bedeutung einer von der Beschwerde aufgeworfenen Frage fehlt es, wenn sie bereits geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie nur einzelfallbezogen zu beantworten ist (stRspr; vgl. zuletzt Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - juris Rn. 4 = NVwZ-RR 2011, 329 ). Dies ist in Bezug auf die vom Kläger aufgeworfenen Fragen der Fall:

10

Die Frage nach der Bedeutung der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Länge der Wartefrist bedarf im vorliegenden Fall in Anbetracht des oben dargestellten Kammerbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juli 2009 (a.a.O.) keiner weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärung. Es liegt nahe, dass der Dienstherr nach seinem Obsiegen im Konkurrentenstreitverfahren nach § 123 VwGO vor dem Oberverwaltungsgericht mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers regelmäßig einen Monat ab Bekanntgabe der obergerichtlichen Entscheidung warten sollte, wenn der unterlegene Bewerber rechtzeitig, nämlich vor oder spätestens zwei Wochen nach der Bekanntgabe mitgeteilt hat, er werde das Bundesverfassungsgericht anrufen. In diesem Fall sollte ihm Gelegenheit gegeben werden, die Monatsfrist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG auszuschöpfen. Weitergehende verallgemeinerungsfähige Fragen stellen sich hier nicht.

11

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden, weil nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Kläger nicht geäußert, er beabsichtige die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts. Daher ist die Ernennung der Beigeladenen rund drei Wochen nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

12

Dem vom Kläger thematisierten Verhältnis von Auswahlentscheidung und Ernennung kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Die Beklagte hat die Mitteilungs- und Wartepflichten, die ihr nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG gegenüber dem Kläger oblegen haben, erfüllt. Sie hat ihm damit die Möglichkeit eröffnet, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung der Beigeladenen auszuschöpfen. Damit waren die grundgesetzlichen Ansprüche des Klägers zum Zeitpunkt der Ernennung der Beigeladenen erfüllt. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der abschließenden obergerichtlichen Entscheidung im Konkurrentenstreitverfahren materiell-rechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass das Bestehen eines Anspruchs des unterlegenen Bewerbers auf Beachtung seiner Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich geprüft wird (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 33 bis 36). Daher kommt es nicht darauf an, ob die Einwendungen des Klägers gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts in der Sache zutreffen.

13

Darüber hinaus bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, welcher Zweck mit der Mitteilung der Auswahlentscheidung an unterlegene Bewerber verfolgt wird. Es liegt auf der Hand, dass diese von der Absicht des Dienstherrn in Kenntnis gesetzt werden sollen, den ausgewählten Bewerber zu ernennen. Die Mitteilung kündigt die Ernennung, d.h. den Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung, für den Fall an, dass eine Wartefrist verstreicht oder die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfolglos bleibt. Sie soll unterlegenen Bewerbern Gelegenheit geben, vorbeugend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um die Ernennung zu verhindern (Urteil vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 31). Ein Bewerber, der davon Gebrauch macht, verfolgt einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf vorbeugende Unterlassung der Ernennung.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil für diese im Beschwerdeverfahren kein Kostenrisiko bestanden hat. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Der Antragsgegnerin wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35 802 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst der Antragsgegnerin. Er begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15).

2

Der Antragsteller ist seit dem 1. April 2010 und der Beigeladene seit dem 10. August 2010 auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten beim Bundesnachrichtendienst (BND) eingesetzt. Die Anzahl dieser Dienstposten übersteigt die Zahl der entsprechenden Planstellen erheblich. Die Antragsgegnerin nimmt deshalb Beförderungen auf der Basis einer Rangliste der "beförderungsreifen" Beamten vor, in der sie diejenigen Beamten einreiht, die einen nach A 15 bewerteten Dienstposten wahrnehmen und die Erprobungszeit erfolgreich absolviert haben.

3

Die Antragsgegnerin erstellte im April 2011 eine Beförderungsrangliste, die die Reihenfolge nach der Gesamtpunktzahl der für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2010 erstellten letzten Regelbeurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung des nach A 15 bewerteten Dienstpostens festlegte. Danach war der Beigeladene - als letzter der mit der Spitzenpunktzahl von 9 Punkten bewerteten Beamten - auf Platzziffer 5 eingeordnet und der mit der zweithöchsten Punktzahl von 8 Punkten bewertete Antragsteller auf Platzziffer 13 der insgesamt 31 Personen erfassenden Liste.

4

In der Folgezeit legte die Antragsgegnerin in Absprache mit dem Personalrat fest, dass Hauptkriterium für eine Beförderung zukünftig die letzte Regelbeurteilung sein solle; bei notengleichen Gesamturteilen werde auf das Hilfskriterium der "Dauer der Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeiten" zurückgegriffen. Allerdings mache die geänderte Verfahrenspraxis grundsätzlich Anlassbeurteilungen erforderlich; die vorliegenden Beurteilungen seien nicht durchweg miteinander vergleichbar, da Regel- und Anlassbeurteilungen vorlägen. Um eine einheitliche Vergleichsbasis zu schaffen, sollten zeitnah Anlassbeurteilungen erstellt werden.

5

Daraufhin wurden Anlassbeurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. April 2010 bis zum 1. Dezember 2011 für alle auf der Liste erfassten Beamten der Besoldungsgruppe A 14 gefertigt. Dabei wurden die beiden höchsten Punktzahlen der Beurteilungsskala erheblich häufiger vergeben als bei den davor erstellten Regelbeurteilungen (eine Gesamtbeurteilung mit der Spitzennote von 9 Punkten wurde vierzehnmal erreicht gegenüber fünfmal bei der Regelbeurteilung, bei der Note von 8 Punkten gab es eine Steigerung der Anzahl von zehn auf 16.)

6

Antragsteller und Beigeladener erreichten erneut das Gesamturteil von 8 bzw. 9 Punkten. In der neuen Rangliste vom Februar 2012 erhielten der Beigeladene als zweitletzter der mit 9 Punkten bewerteten Beamten die Platzziffer 13 und der Antragsteller die Platzziffer 28.

7

Nach der Mitteilung, dass die Beförderung von vier Beamten, darunter der Beigeladene, beabsichtigt sei, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Antragsgegnerin hat in Kenntnis dieses Antrages die drei in der Beförderungsrangliste vor dem Beigeladenen platzierten Beamten befördert. Antragsteller und Antragsgegnerin haben das Eilverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

8

Der Antragsteller hält die Auswahlentscheidung u.a. deshalb für rechtswidrig, weil kein hinreichender Grund für Anlassbeurteilungen bestanden habe; vielmehr hätten die Regelbeurteilungen der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden müssen. Zumindest hätten bei den Anlassbeurteilungen wie bei den Regelbeurteilungen die Richtwerte für Spitzenbeurteilungen beachtet werden müssen.

9

Der Antragsteller beantragt nunmehr sinngemäß, den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel,

der Antragsgegnerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

11

Sie ist der Ansicht, dass Anlassbeurteilungen der beförderungsreifen Beamten deshalb erforderlich gewesen seien, weil vier der Beamten erst nach der letzten Regelbeurteilungen auf einen nach A 15 bewerteten Dienstposten gelangt seien. Eine Beachtung der Richtwerte für die beiden höchsten Beurteilungsstufen sei für Anlassbeurteilungen bei richtigem Verständnis der Beurteilungsrichtlinien nicht erforderlich.

12

Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte BVerwG 2 VR 4.12 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

14

Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Untersagung der Beförderung des Beigeladenen zuständig.

15

1. Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das einstweilige Anordnungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist nach  nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

16

Die Antragsgegnerin hat die teilweise Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt, soweit sie drei der vier Mitbewerber des Antragstellers, die sie für die Beförderung in das Amt des Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) ausgewählt hat, nach Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch Aushändigung der Ernennungsurkunden zu Regierungsdirektoren ernannt hat (). Damit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der darauf gerichtet gewesen war, die Ernennungen auch dieser ausgewählten Mitbewerber bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Anordnungsverfahrens nach  zu verhindern, gegenstandslos geworden.

17

Dieses Vorgehen entspricht nicht den Anforderungen der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG. Die Antragsgegnerin hat durch die Ernennungen verhindert, dass der Antragsteller effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs in Anspruch nehmen konnte. Eine solche Verhinderung effektiven Rechtsschutzes durch den Dienstherrn hat zur Folge, dass die grundrechtswidrig vorgenommenen Ernennungen nicht nach dem Grundsatz der Ämterstabilität rechtsbeständig sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des im Auswahlverfahren unterlegenen Bewerbers geht durch die Ernennungen nicht unter, sondern kann im Wege der Anfechtungsklage mit dem Rechtsschutzziel ihrer Aufhebung durch das Verwaltungsgericht weiter verfolgt werden. Dies hat der Senat in einem zur selben Beförderungsrunde der Antragsgegnerin ergangenen Beschluss (vom 3. Juli 2012 - BVerwG 2 VR 3.12 Rn. 3 - juris) bereits ausgeführt (vgl. zum Ganzen: Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 36 f).

18

Eine Rechtsschutzverhinderung ist nicht nur in den Fällen gegeben, in denen die einzige Planstelle oder - bei mehreren vorgesehenen Beförderungen - alle Planstellen durch Ernennung besetzt werden, sondern auch dann, wenn - wie hier - der Dienstherr noch eine Planstelle unbesetzt lässt, der Antragsteller aber die vorläufige Untersagung weiterer Beförderungen begehrt (vgl. auch OVG Münster, Beschlüsse vom 12. Januar 2011 - 1 B 1585/10 - ZBR 2011, 275 und vom 1. Oktober 2012 - 1 B 691/12 - juris; OVG Weimar, Beschluss vom 18. Juni 2012 - 2 EO 961/11 - IÖD 2012, 241; OVG Saarlouis, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 1 B 161/12 - NVwZ-RR 2012, 692; VGH Kassel, Beschlüsse vom 18. Februar 1991 - 1 TG 85/91 - NVwZ-RR 1992, 34 und vom 23. April 2012 - 1 B 2284/11 - RiA 2012, 167; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317/07 - NVwZ-RR 2008, 552).

19

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen tatsächlich wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156>, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179>; BVerwG Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Das bedeutet bei mehreren beabsichtigten Beförderungen, z.B. wenn - wie hier - eine Beförderungsrangliste nach und nach durch Beförderungen "abgearbeitet" wird, dass der Beamte bezüglich aller zur Beförderung konkret anstehenden Beamten seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen kann. Er hat einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird. Das gilt unabhängig davon, dass der Beamte für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann. Der Antrag des Beamten bestimmt bei mehreren zeitgleich beabsichtigten Beförderungen, ob er die Beförderung nur eines ausgewählten Bewerbers oder aber mehrerer oder aller ausgewählten Bewerber angreift.

20

Der Dienstherr ist deshalb aus Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich verpflichtet, vorläufig alle Beförderungen zu unterlassen, auf den sich der Rechtsschutzantrag des unberücksichtigt gebliebenen Beamten erstreckt. Anderes kann gelten, wenn der auf vorläufige Unterlassung der Beförderung einer Mehrzahl - ggfs. sogar einer Vielzahl - von Mitbewerbern gerichtete Rechtsschutzantrag sich als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Beförderung der Mitbewerber den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt, und der Angriff auf eine größere Zahl von beabsichtigten Ernennungen von Mitbewerbern ersichtlich nicht der Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs dient, sondern Druck auf den Dienstherrn ausüben soll. Soweit dem Beschluss des Senats vom 10. November 1993 - BVerwG 2 ER 301/93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 etwas von den vorstehenden Darlegungen Abweichendes zu entnehmen ist, hält der Senat hieran nicht fest.

21

2. Der Antrag hat, soweit er noch anhängig ist, Erfolg. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung des Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

22

Ein bei der Beförderungsauswahl unterlegener Bewerber muss seinen Anspruch aus  durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können.  garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -  <122 f.> m.w.N.; stRspr). Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. Urteil vom 21. August 2003 -  - BVerwGE 118, 370 <373> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus  durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (Beschluss vom 20. Januar 2004 - BVerwG 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 -  - a.a.O., Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).

23

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49 jeweils Rn. 14 m.w.N.).

24

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 15 ).

25

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteile vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - a.a.O. S. 2 f. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 16). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - a.a.O. S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O.). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 a.a.O.).

26

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 56, vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 17).

27

Hat der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr; Urteil vom 24. November 2005 -  -  = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 m.w.N.).

28

Regelbeurteilungen bilden grundsätzlich (vgl. § 48 Bundeslaufbahnverordnung - BLV) und auch nach den Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin die Grundlage für Auswahlentscheidungen des Dienstherrn. Sie gewährleisten mit gleichen Beurteilungszeiträumen ein Höchstmaß an Chancengleichheit.

29

Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin hier für alle in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beförderungsbewerber Anlassbeurteilungen erstellt hat. Dies war gerechtfertigt, weil mehrere Beamte erst nach der Regelbeurteilung die laufbahnrechtlich vorgeschriebene (vgl. § 34 BLV) Erprobungszeit auf dem höherwertigen Dienstposten absolviert und damit die Beförderungsreife erlangt hatten. Für diese Beamten waren die vorhergehenden Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell, um Grundlage für eine Auswahlentscheidung zu sein (vgl. Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 <88 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 ff. Nr. 49, jeweils Rn. 22 ff.). Die Antragsgegnerin durfte diese Beamten in die Auswahlentscheidung über die Beförderungen einbeziehen. Im Hinblick auf die aus Gründen der Chancengleichheit anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit der erhobenen Daten (Urteile vom 26. August 1993 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15 S. 15, vom 27. Februar 2003 -  - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 20; Beschluss vom 31. Januar 1994 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 16 S. 1) war es sachgerecht, auch für die übrigen beförderungsreifen Beamten, für die "an sich" eine weitere dienstliche Beurteilung nicht erforderlich war, eine Anlassbeurteilung zu erstellen, um die größtmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume insbesondere bezüglich ihres Endzeitpunktes herzustellen. Dementsprechend sehen die Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin Anlassbeurteilungen u.a. zum Zweck einer anstehenden Personalentscheidung vor (vgl. Nr. 3.5 der Beurteilungsbestimmungen-BND vom 1. Juli 2009 i.d.F. vom 27. Dezember 2011).

30

Allerdings müssen Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden (hier 20 Monate statt drei Jahre), aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden; sie dürfen diese lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen - sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall - ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung.

31

Dem Entwicklungscharakter solcher Anlassbeurteilungen entspricht es, dass Leistungssprünge nur ausnahmsweise zu verzeichnen sein dürften, das Notengefüge der Anlassbeurteilungen also im Wesentlichen demjenigen der Regelbeurteilungen entspricht. In diesem Sinne werden sich bei der Erstellung von Regelbeurteilungen ggf. zu beachtende Richtwerte für die Vergabe von Spitzenbeurteilungen auch bei den Anlassbeurteilungen niederschlagen, selbst wenn für diese entsprechende Richtwerte nicht gelten sollten. Weicht das Notengefüge der Anlassbeurteilungen demgegenüber deutlich von demjenigen der Regelbeurteilungen ab, ist das ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen und ggf. sogar für eine an sachfremden Gesichtspunkten orientierte Beurteilungspraxis.

32

Diesen Anforderungen wird das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

33

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin - entsprechend ihrer gerichtsbekannten bisherigen Praxis - den Kreis der in die Beförderungsrangliste aufgenommenen Beförderungsbewerber zutreffend ermittelt hat, indem sie die nach A 15 bewerteten Dienstposten in ihrem Bereich jeweils erst nach der Durchführung eines leistungsbezogenen Auswahlverfahrens vergeben hat. Vor der Dienstpostenvergabe muss ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügendes Auswahlverfahren stattfinden; ist das nicht der Fall, kann bei einer anschließenden Beförderungsentscheidung der Kreis der Bewerber nicht auf den Kreis der Dienstposteninhaber bezogen werden (vgl. nur Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <59>). Entsprechendes gilt, wenn es Beamte gibt, die sich auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten bewährt haben, aber aktuell auf einem nach A 14 bewerteten Dienstposten eingesetzt werden; auch sie müssen in eine Auswahlentscheidung zur Beförderung auf Statusämter nach A 15 einbezogen werden. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung hierzu ist aber entbehrlich, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unabhängig hiervon Erfolg hat.

34

Der Leistungsvergleich für die Beförderungsreihenfolge ist auf einer rechtsfehlerhaften Beurteilungsgrundlage erfolgt. Die Anlassbeurteilungen hätten nicht losgelöst von den vorherigen Regelbeurteilungen erstellt werden dürfen, sondern aus diesen entwickelt werden müssen. Die Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilungen bewirkt die Fehlerhaftigkeit der auf ihrer Grundlage erstellten Beförderungsrangliste.

35

Die von der Antragsgegnerin erstellten Anlassbeurteilungen für die laufende Beförderungsrunde genügen nicht den dargestellten Anforderungen. Dem Text der Anlassbeurteilungen in den dem Senat vorliegenden Akten ist nicht zu entnehmen, dass der Fortentwicklungscharakter der Anlassbeurteilungen Leitlinie bei deren Abfassung gewesen wäre. Dieser Fortentwicklungscharakter verlangte auch, die nach Nr. 11.7.1 der Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin geltenden Richtwerte für die Vergabe der Notenstufen 9 und 8 in den Blick zu nehmen; dies gilt unabhängig davon, dass die Beurteilungsrichtlinien den Geltungsbereich der Richtwerte weder ausdrücklich auf Regelbeurteilungen beschränken noch auf Anlassbeurteilungen erstrecken. Der signifikant höhere Anteil an Spitzenbewertungen bei den beförderungsreifen Beamten (vierzehnmal statt vorher fünfmal Gesamtergebnis 9 Punkte, sechzehnmal statt vorher zehnmal Gesamtergebnis 8 Punkte) ist ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen.

36

Die Auswahlentscheidung ist außerdem deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht bei gleichem Gesamturteil vor dem Rückgriff auf Hilfskriterien zunächst die aktuellen dienstlichen Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe inhaltlich ausgewertet und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis genommen hat (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17 m.w.N.). Um praktischen Erfordernissen in einer großen Behörde wie der Antragsgegnerin Rechnung zu tragen, ist es beispielsweise möglich, zu Beginn des Auswahlverfahrens einzelne als besonders bedeutsam erachtete Leistungsmerkmale zu definieren, dies zu dokumentieren und die insoweit erzielten Bewertungen bei der Reihung besonders zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin hingegen hat die Reihung allein nach der Gesamtpunktzahl der aktuellen dienstlichen Beurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens vorgenommen. Das wird dem Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung nicht gerecht.

37

Die in der Beförderungsrangliste abgebildete Auswahlentscheidung ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie unter Verstoß gegen § 33 Abs. 1 BLV erstellt worden ist. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BLV sind frühere Beurteilungen zusätzlich zu den aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Frühere dienstliche Beurteilungen können Aufschluss über die Leistungsentwicklung und ggfs. über das Vorhandensein von in der letzten dienstlichen Beurteilung nicht abgebildeten Eignungsmerkmalen geben (vgl. Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <377> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 12). Die Antragsgegnerin hat den Leistungsvergleich allein auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt und sodann bei gleicher Gesamtnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung als Hilfskriterium auf die Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens abgestellt. Frühere dienstliche Beurteilungen - insbesondere die Regelbeurteilungen aus dem Jahr 2010 - hat sie hingegen nicht einbezogen.

38

Die Auswahl des Antragstellers bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens, d.h. für dieses gerichtliche Eilverfahren die Platzierung des Antragsteller bei einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren vor dem Beigeladenen, erscheint auch möglich (zu diesem Maßstab Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Zwar hat der Beigeladene gegenüber dem Antragsteller bei den beiden letzten dienstlichen Beurteilungen jeweils einen Punkt Vorsprung in der Gesamtbeurteilung (9 statt 8 Punkte). Aber es ist offen, wie die Beachtung der Erfordernisse der Entwicklung der Anlassbeurteilung aus der Regelbeurteilung, der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung sowie der Berücksichtigung der vorherigen dienstlichen Beurteilung vorrangig vor Hilfskriterien sich auf die Anlassbeurteilungen und die Reihenfolge der Beförderungsrangliste ausgewirkt hätten.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber auch von vornherein keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

40

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren (vgl. § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG), jedoch ohne dass sich die beantragte Anzahl der freizuhaltenden Stellen streitwerterhöhend auswirkt.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin ist Regierungsdirektorin (Besoldungsgruppe A 15) im Dienst der Antragsgegnerin. Sie wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Besetzung des mit der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Referatsleiters "Rechtsangelegenheiten/G 10" (...) mit dem Beigeladenen, der ebenfalls das Amt eines Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) innehat.

2

Zur Nachbesetzung des freiwerdenden Dienstpostens entwickelte die Antragsgegnerin aus einer Dienstpostenbeschreibung ein Anforderungsprofil und schrieb den Dienstposten im Juni 2012 entsprechend aus. Nach der Stellenausschreibung sind u.a. die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG, Führungskompetenz, eine mindestens sechsjährige Erfahrung in Führungspositionen im juristischen Bereich, Sprachkenntnisse Englisch entsprechend "SLP 3" und eine mindestens zweijährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten gefordert. Auf die Ausschreibung bewarben sich u.a. die Antragstellerin und der Beigeladene, die in ihren letzten Regelbeurteilungen beide das Gesamturteil 8 von 9 möglichen Punkten erzielt hatten. Die Antragsgegnerin entschied sich für den Beigeladenen und teilte nach Zustimmung des Bundeskanzleramts den anderen Bewerbern mit, dass die "förderliche Besetzung" des Dienstpostens mit dem Beigeladenen zum 1. Februar 2013 geplant sei.

3

Hiergegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Sie hält die Auswahlentscheidung für rechtswidrig, weil sie nur auf einzelne Merkmale des Anforderungsprofils abstelle, ohne hierfür eine ausreichende Begründung zu geben. Darüber hinaus sei dem Beigeladenen zu Unrecht ein Vorsprung im Merkmal Führungskompetenz zugesprochen worden. Sie sei hier besser beurteilt und verfüge auch über eine längere Führungserfahrung im rechtlichen Bereich. Die ebenfalls im Anforderungsprofil geforderten Sprachkenntnisse würden aktuell nur von ihr, nicht aber vom Beigeladenen erfüllt. Sie weise auch die geforderte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten auf, weil sie als Sachgebietsleiterin die Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe für ausländische Nachrichtendienste geplant und gesteuert habe und für die Entwicklung des AND-Policy-Konzepts zuständig gewesen sei.

4

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Dienstposten Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10 in der Abteilung ... mit dem Beigeladenen zu besetzen.

5

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

6

Sie verteidigt die Auswahlentscheidung. Nur der Beigeladene erfülle alle Merkmale des Anforderungsprofils vollständig. Im Übrigen könne ein Vorsprung der Antragstellerin auch im Hinblick auf das Merkmal Führungskompetenz nicht festgestellt werden. Zwar sei der Beigeladene hier etwas schlechter beurteilt; es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass er als Referatsleiter deutlich mehr Sach- und Personalverantwortung getragen und damit höhere Anforderungen zu erfüllen gehabt habe als die als Sachgebietsleiterin tätige Antragstellerin. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die leicht schlechtere Beurteilung bei höheren Anforderungen im Vergleich mit einer leicht besseren Beurteilung bei weniger hohen Anforderungen als im Wesentlichen gleich gut einzustufen sei.

7

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

8

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakten sowie die vom Bundesnachrichtendienst übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

9

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

10

1. Der Antragstellerin steht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

11

Zwar ist Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amtes, die nach Ernennung des ausgewählten Bewerbers nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nur noch rückgängig gemacht werden könnte, wenn der unterlegene Bewerber unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG an der Ausschöpfung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten gehindert worden wäre (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 27). Die mit dem Eilantrag angegriffene Übertragung des Dienstpostens auf einen Mitbewerber kann nachträglich aufgehoben und der Dienstposten anderweitig besetzt werden, so dass der Antragstellerin auch nachgelagerter Rechtsschutz zur Verfügung steht (Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 19).

12

Die Auswahlentscheidung ist auch nicht auf die spätere Vergabe des Beförderungsamts gerichtet. Bereits der Text der Ausschreibung nimmt ausschließlich die Vergabe eines Dienstpostens in Bezug, so dass potentielle Bewerber, deren Interesse auf eine Beförderung gerichtet ist, nicht angesprochen und von einer Bewerbung abgehalten wurden. Ausweislich der Erwägungen des Auswahlvermerks hat der Präsident des Bundesnachrichtendienstes auch tatsächlich keine Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamts getroffen, sondern allein die Besetzung des Dienstpostens geregelt.

13

Soweit die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt hat, eine Beförderung des Beigeladenen sei im Falle seiner Bewährung nach rund einem Jahr beabsichtigt, fehlt es daher an einer hierauf bezogenen Auswahlentscheidung. Ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig wäre, mit der Dienstpostenvergabe auch eine unter der Bedingung einer erfolgreichen Erprobung (§ 22 Abs. 2 BBG, § 32 Nr. 2, § 34 Abs. 1 Satz 1 BLV) stehende Auswahlentscheidung für die erst zu einem ungewissen künftigen Zeitpunkt beabsichtigte Beförderung zu treffen, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Jedenfalls wäre der Verzicht auf ein weiteres Auswahlverfahren nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der Zuweisung des Beförderungsdienstpostens denkbar, um die Aktualität der dienstlichen Beurteilungen zu wahren (Urteil vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20) und in der Zwischenzeit möglicherweise hinzukommende weitere Bewerber nicht ohne hinreichende Rechtfertigung vom Auswahlverfahren über das Beförderungsamt auszuschließen.

14

Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe vermag die Rechtsstellung der Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 2 GG aber dennoch zu beeinträchtigen, weil sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts der Besoldungsgruppe A 16 trifft (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 11 m.w.N.; hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268 f.> = juris Rn. 11). Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Verbindlichkeit dieses verfassungsunmittelbar angeordneten Maßstabs gilt nicht nur für die unmittelbare Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern auch für vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird (stRspr; vgl. Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 jeweils Rn. 49 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 C 74.10 - NVwZ 2013, 80 Rn. 18).

15

Der von der Antragsgegnerin zur Neubesetzung ausgeschriebene und mit der Besoldungsgruppe A 16 bewertete Dienstposten des Referatsleiters "Rechtsangelegenheiten/G 10" stellt für die Antragstellerin und den Beigeladenen, die beide ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 bekleiden, einen höherwertigen Dienstposten dar. Die Übertragung schafft daher die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG). Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen für eine Beförderung aus laufbahnrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Damit wird die Auslese für Beförderungsämter vorverlagert auf die Auswahl unter den Bewerbern um "Beförderungsdienstposten".

16

Diese Vorwirkung begründet in Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber für den Unterlegenen einen Anordnungsgrund und führt dazu, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in diesen Fällen grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Deshalb muss es den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden und darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten, bei der die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannt werden dürfen (Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 12, stRspr). Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs festgestellt, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201> = juris Rn. 13).

17

2. Der Antragstellerin steht auch ein Anordnungsanspruch zu, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin für die Vergabe des Dienstpostens den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin verletzt. Die Auswahlentscheidung beruht auf einem unzulässigen Anforderungsprofil (a) und einem fehlerhaften Leistungsvergleich (b). Es erscheint auch möglich, dass der Dienstposten im Falle einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens an die Antragstellerin vergeben würde.

18

a) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts und dessen Laufbahn gewachsen ist (aa). Eine Einengung des Bewerberfelds anhand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens ist hiermit nicht vereinbar (bb). Anderes gilt nur dann, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (cc). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der in der Stellenausschreibung vorausgesetzten juristischen Ausbildung vor, nicht aber im Hinblick auf die geforderte Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten (dd).

19

aa) Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amts genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten oder Richtern um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat.

20

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um ein Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch).

21

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 46; stRspr).

22

Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen ist auf das Statusamt bezogen. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist.

23

Über die Eignung des Bewerberfeldes kann der Dienstherr auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (Beschluss vom 6. April 2006 - BVerwG 2 VR 2.05 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 = juris Rn. 17 und 30).

24

bb) Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit, soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht (vgl. Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <242> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31), auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet (Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30). Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar.

25

Zwar entscheidet der Dienstherr über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 - NVwZ 2012, 368 <369>). Wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er ihnen im Einzelnen zuweist und welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht, fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (Urteil vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 = Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6, jeweils Rn. 54). Setzt ein Dienstposten nach seiner Funktionsbeschreibung spezifische Anforderungen voraus, die der Inhaber zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufgaben erfüllen muss, können diese Kriterien im Rahmen der Stellenausschreibung verlangt werden.

26

Die Organisationsgewalt des Dienstherrn ist aber beschränkt und an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn - wie hier - mit der Dienstpostenzuweisung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe des Amts im statusrechtlichen Sinne verbunden sind und die hierauf bezogene Auswahlentscheidung damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. Diese Bindung bereits der Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG kann ein Dienstherr nur vermeiden, wenn er die Dienstpostenvergabe von der Auswahlentscheidung für die Vergabe des Statusamts entkoppelt.

27

In diesen Vorwirkungsfällen sind damit auch die Vorgaben des Anforderungsprofils den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen. Mit dem Anforderungsprofil wird die Zusammensetzung des Bewerberfeldes gesteuert und eingeengt. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um den Dienstposten gemessen. Fehler im Anforderungsprofil führen daher grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Grundsatz der Bestenauswahl orientierten Gesichtspunkten beruhen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <270 f.> = juris Rn. 18).

28

Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist aber nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 - IÖD 2013, 98; zum Amtsbezug auch Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Hiermit ist nicht vereinbar, einen Bewerber vom Auswahlverfahren auszuschließen, nur weil er den besonderen Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens nicht entspricht. Dies steht mit dem Laufbahnprinzip nicht in Einklang. Danach wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 15).

29

Eine Ausrichtung an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens lässt überdies außer Acht, dass die Betrauung des Beamten mit einem bestimmten Dienstposten nicht von Dauer sein muss. Der Dienstherr kann den Aufgabenbereich des Beamten nach seinen organisatorischen Vorstellungen und Bedürfnissen jederzeit ändern, sofern ein sachlicher Grund hierfür vorliegt (Urteil vom 28. November 1991 - BVerwG 2 C 41.89 - BVerwGE 89, 199 = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 34). Der ausgewählte Bewerber soll daher der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist. Schließlich ermöglicht die an den Anforderungen eines Dienstpostens orientierte Auswahlentscheidung eine vom Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung unabhängige Ämtervergabe (vgl. zur Missbrauchsgefahr derartiger Auswahlentscheidungen Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53).

30

Die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung darf daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen.

31

cc) Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.

32

Macht ein Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung (vgl. zur Dokumentationspflicht Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 = Buchholz 436.62 § 82 SGB IX Nr. 1, jeweils Rn. 23) Vorgaben für die Vergabe eines Beförderungsdienstpostens, bleiben diese für das laufende Auswahlverfahren verbindlich (Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3; zur Rügefähigkeit der Nichtbeachtung von im Anforderungsprofil vorausgesetzten Merkmalen BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 a.a.O. S. 269 bzw. Rn. 14). Unzulässig ist es insbesondere, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - BVerfGK 10, 355 <357 f.> = juris Rn. 7). Ob und in welchem Umfang ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss daher durch eine entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 18).

33

Hat der Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung zwingende Vorgaben gemacht, die weder durch Art. 33 Abs. 2 GG noch als dienstpostenbezogene Ausnahme im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sind, ist das Auswahlverfahren fehlerhaft. Dieser Mangel kann nachträglich nicht geheilt werden, das Auswahlverfahren muss abgebrochen und die Stellenvergabe mit einer zulässigen Ausschreibung neu in Gang gesetzt werden.

34

Dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen ergeben (vgl. zur Fächerkombination bei Lehrern Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45, jeweils Rn. 17). Je stärker die fachliche Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten ist und je höher die Anforderungen an die Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten sind, desto eher kann es erforderlich werden, im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung besondere Qualifikationsanforderungen an die künftigen Stelleninhaber zu stellen. Bei technisch ausgerichteten Behörden etwa ist durchaus denkbar, dass die Aufgabenwahrnehmung bestimmter Dienstposten spezielle fachspezifische Vorkenntnisse erfordert (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. Februar 2012 - 10 B 11334/11 - DÖD 2012, 133 für einen Fachmann auf dem Gebiet Informationstechnik und Elektronik).

35

Die Schwierigkeit, dass tatsächlich nicht alle Laufbahnangehörigen in der Lage sind, die Aufgaben jedes ihrem Statusamt zugeordneten Dienstpostens auszufüllen, nimmt durch neuere Laufbahnregelungen zu, die ursprünglich fachspezifisch ausdifferenzierte Laufbahnen zusammenfassen (vgl. § 6 Abs. 2 der Bundeslaufbahnverordnung in der Fassung vom 12. Februar 2009, BGBl I S. 284). Der höhere naturwissenschaftliche Dienst des Bundes etwa umfasst Ämter, für die unterschiedliche Ausbildungen erforderlich sind und für die bislang eigenständige Laufbahnen im biologischen, chemischen, geographischen, geologischen, geophysikalischen, informationstechnischen, kryptologischen, lebensmittelchemischen, mathematischen, mineralogischen, ozeanographischen, pharmazeutischen oder physikalischen Dienst vorgesehen waren (vgl. Anlage 4 zur BLV); entsprechendes gilt auch für den sprach- und kulturwissenschaftlichen Dienst. Angesichts der in einer Laufbahn vereinigten unterschiedlichen Fachrichtungen mit der hierzu gehörenden Spezialisierung liegt aber auf der Hand, dass ein Dienstposten Eignungsanforderungen stellen kann, die nicht von jedem Laufbahnangehörigen erfüllt werden.

36

Aus den besonderen Aufgaben eines Dienstpostens können sich auch über die Festlegung der Fachrichtung hinaus Anforderungen ergeben, ohne deren Vorhandensein die zugeordneten Funktionen schlechterdings nicht wahrgenommen werden können. Obliegt einem Dienstposteninhaber etwa das Aushandeln und Abschließen von Verträgen mit ausländischen Partnern, sind die hierfür erforderlichen Sprachkenntnisse objektiv unabdingbar. Ein Bewerber, der für das Statusamt zwar grundsätzlich hervorragend geeignet ist, die notwendigen Sprachkenntnisse aber nicht aufweist, ist zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung auf diesem Dienstposten nicht in der Lage. Die Vorgabe spezifischer Eignungsanforderungen kann hier im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erforderlich werden. Andernfalls wäre der Dienstherr gezwungen, solche Dienstposten mit hierfür nicht geeigneten Bewerbern zu besetzen.

37

Ob die besonderen Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens in Ausnahmefällen auch im Rahmen des eigentlichen Leistungsvergleichs berücksichtigt werden und ggf. eine Auswahlentscheidung rechtfertigen können, die nicht dem Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung entspricht (vgl. hierzu Beschluss vom 25. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 17; BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 - ZBR 2013, 126 Rn. 14 und 17), bedarf im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens keiner abschließenden Entscheidung. Die Antragstellerin und der Beigeladene sind im Wesentlichen gleich beurteilt worden. Angesichts der vorrangigen Bedeutung der dienstlichen Beurteilung für die Feststellung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BLV) könnte derartiges insbesondere in Betracht kommen, wenn die Anforderungen des Dienstpostens eine Auswahl anhand von Kriterien erforderlich machen, die in der dienstlichen Beurteilung nicht vollständig berücksichtigt worden sind (vgl. Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - Buchholz 232.1 § 48 BLV Nr. 1 Rn. 25).

38

dd) Die in der Stellenausschreibung zwingend geforderte Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 DRiG entspricht diesen Anforderungen. Der von der Antragsgegnerin ausgeschriebene Dienstposten "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10" ist im Kern mit der juristischen Kontrolle nach dem G 10-Gesetz und anderen Rechtsangelegenheiten betraut. Er setzt die durch eine entsprechende Ausbildung erworbenen Kenntnisse voraus (vgl. zur Prozessführungsbefugnis auch § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO), so dass sich diese Anforderung zwingend aus dem Aufgabenbereich des Dienstpostens ergibt. Bewerber, die zwar die Laufbahnbefähigung für den höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst des Bundes besitzen, nicht aber die genannte juristische Qualifikation, sind zur Wahrnehmung der Kernaufgaben dieses Dienstpostens nicht geeignet.

39

Die Antragsgegnerin hat aber nicht dargetan, dass der Aufgabenbereich des ausgeschriebenen Dienstpostens die geforderte mindestens zweijährige praktische Erfahrung in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten zwingend erfordert (vgl. zum Maßstab auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - BVerfGK 12, 284 <289 f.> = juris Rn. 20 f.).

40

Dies ergibt sich zunächst bereits daraus, dass die "Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten" insgesamt nur einen untergeordneten Ausschnitt der dem "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10" zugewiesenen Fachaufgaben darstellt. Hauptauftrag des Dienstpostens ist ausweislich der Funktionsbeschreibung die Unterstützung der Abteilungsleitung in Rechtsangelegenheiten, die Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten für die Abteilung sowie die Durchführung der juristischen Kontrolle nach dem G 10-Gesetz. Kernaufgaben sind damit die Teilnahme an Sitzungen der G 10-Kommission, die Berichterstellung für das Parlamentarische Kontrollgremium, die Erstellung von G 10-Beschränkungsanträgen, die Bearbeitung von G 10-Grundsatzangelegenheiten und abteilungsspezifischen Rechtsfragen. An diesen Hauptaufgaben sind die Eigenschaften und Fähigkeiten zu orientieren, die von einem Bewerber im Interesse der bestmöglichen Aufgabenwahrnehmung erwartet werden (Urteil vom 16. August 2001 a.a.O. S. 61 bzw. S. 3; hierzu auch Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 53, jeweils Rn. 23).

41

Im Hinblick auf diese maßgeblichen Kriterien der Funktionsbeschreibung ist die zwingende Forderung einer mindestens zweijährigen Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten nicht plausibel. Die Wahrnehmung der Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten ist ein Randbereich der dem Dienstposten übertragenen Aufgaben, so dass nicht erkennbar ist, warum die hierfür wünschenswerten Anforderungen in der Stellenausschreibung eine derart maßgebliche Gewichtung erfahren haben. Dies gilt insbesondere, weil die Vorgabe zu einer weitreichenden und nicht am Kernbereich der Dienstaufgaben orientierten Verengung des Bewerberkreises führen kann (vgl. hierzu auch OVG Weimar, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 2 EO 293/11 - ThürVBl 2013, 79 <81>). Sie schließt auch den für die Hauptaufgaben optimal geeigneten Bewerber aus, wenn er nicht zusätzlich bereits in einer Vorverwendung praktische Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten gesammelt hat. Für eine derartig weitreichende Eingrenzung des Bewerberfeldes bietet die maßgebliche Funktionsbeschreibung des Dienstpostens keine hinreichende Grundlage.

42

Selbst wenn man auf die dem Dienstposten ebenfalls übertragene Aufgabe der "Wahrnehmung der Außenvertretung in G 10-Angelegenheiten" abstellt, ergibt sich keine andere Bewertung. Denn dem Stelleninhaber sind nicht die Außenkontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten generell zugewiesen. Sein Aufgabenbereich beschränkt sich vielmehr auf die "juristische Begleitung von AND-Besuchen zu G 10-Fragestellungen und vergleichbaren Rechtsfragen". Die Zusammenarbeit ist damit auf die Bewältigung von Rechtsfragen ausgerichtet. Aufgabe des Referates ist es dabei insbesondere, ausländischen Besuchern die dem Bundesnachrichtendienst gesetzten rechtlichen Grenzen für eine technische Aufklärung zu erläutern. Dies erfordert - wie die Antragsgegnerin selbst dargelegt hat - insbesondere die Vermittlung des spezifischen juristischen Fachwissens. Denn ausländische Nachrichtendienste unterliegen vergleichbaren Beschränkungen vielfach nicht. Hauptkriterium für diese Aufgabenstellung ist daher die Fähigkeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Technische Aufklärung in Deutschland darstellen und vermitteln zu können. Warum hierfür eine bereits erworbene praktische Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten unabdingbar erforderlich sein soll, ist nicht erkennbar.

43

Dass auch im Rahmen dieser Fachbetreuung "unpassende" Auftritte gegenüber den Vertretern ausländischer Nachrichtendienste vermieden werden müssen, liegt auf der Hand und ist von der Antragsgegnerin eindrücklich beschrieben worden. Die hierfür maßgeblichen Anforderungsmerkmale sind auch Gegenstand der dienstlichen Beurteilung (vgl. etwa die aufgeführten Unterpunkte "soziale Kompetenz" und "Verhandlungsgeschick") und können so bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden. Sie rechtfertigen indes nicht die zwingende Vorgabe einer mindestens zweijährigen Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten für die Vergabe des Dienstpostens "Referatsleiter Rechtsangelegenheiten/G 10".

44

Schließlich ist auch nicht dargetan, warum der Dienstposteninhaber die erwünschte praktische Erfahrung bereits zu seinem Dienstantritt erworben haben muss und eine entsprechende Einarbeitungszeit für ihn nicht organisierbar wäre. Angesichts der Funktionsbeschreibung ist weder ersichtlich, dass die juristische Begleitung ausländischer Besucher stets und ausschließlich durch den Referatsleiter persönlich durchgeführt werden müsste, noch dass dessen Heranführung an die praktischen Besonderheiten durch insoweit erfahrenere Mitarbeiter nicht in kurzer Zeit bewerkstelligt werden könnte.

45

b) Auch die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Erwägungen zum Leistungsvergleich der Bewerber sind fehlerhaft. Die Antragsgegnerin hat die in der Stellenausschreibung vorgegebenen Kriterien beim Vergleich der im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerber nicht hinreichend berücksichtigt (aa) und die Aussagen der dienstlichen Beurteilung im Rahmen des Leistungsvergleichs nicht beachtet (bb).

46

aa) Der Leistungsvergleich der (nach einer zulässigen Vorauswahl verbliebenen) Bewerber muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr zunächst die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17; Beschluss vom 22. November 2012 - BVerwG 2 VR 5.12 - NVwZ-RR 2013, 267 Rn. 36; BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 - BVerfGK 12, 106 <108 f.> = juris Rn. 8).

47

Zu einer Untersuchung der Begründungselemente gleichbewerteter Einzelkriterien ist der Dienstherr grundsätzlich nicht verpflichtet (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 - ZBR 2013, 126 Rn. 17). Eine derartige Heranziehung von Teilelementen der Begründung widerspricht dem wertenden Charakter der dienstlichen Beurteilung als Gesamturteil (vgl. § 49 Abs. 3 Satz 1 BLV) und misst einzelnen Begründungselementen eine Bedeutung zu, die ihnen vom Beurteiler nicht zugedacht war. Ein Zwang zur vorrangigen Ausschöpfung aller Einzelfeststellungen liefe daher Gefahr, geringfügige und aus Sicht des Beurteilers möglicherweise unbedeutende Unterschiede überzubewerten.

48

Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er die dienstlichen Beurteilungen heranziehen, um festzustellen, ob und inwieweit die einzelnen Bewerber mit gleichem Gesamturteil diese Anforderungen erfüllen. Weitere Erkenntnisquellen können nur ergänzend herangezogen werden (stRspr; Urteil vom 30. Juni 2011 a.a.O. jeweils Rn. 20; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 16).

49

Hat sich der Dienstherr vorab in der Stellenausschreibung durch die Vorgabe der beim künftigen Dienstposteninhaber erwünschten Kenntnisse und Fähigkeiten festgelegt, ist diese Entscheidung für das weitere Auswahlverfahren bindend. Der Dienstherr muss diesen Kriterien besondere Bedeutung zumessen, wenn die Bewerber im Wesentlichen gleich beurteilt sind. Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden, und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden.

50

Diesen Anforderungen genügt die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin nicht. Angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin und der Beigeladene im Wesentlichen gleich beurteilt waren, hätte es einer Festlegung der für die Auswahl maßgeblichen Gesichtspunkte bedurft. Diese Aufgabe vermag das in der Stellenausschreibung enthaltene Anforderungsprofil schon deshalb nicht zu erfüllen, weil es eine Vielzahl zum Teil unklarer Kriterien enthält, deren Bedeutung, Gewichtung und Beziehung zueinander offenbleibt. Dem damit maßgeblichen Auswahlvermerk kann ebenfalls nicht entnommen werden, auf welche Gesichtspunkte die Auswahlentscheidung tatsächlich gestützt war.

51

bb) Insbesondere aber ist der dem Beigeladenen zugesprochene Leistungsvorsprung hinsichtlich der Führungserfahrung nicht unter Beachtung der Aussagen der dienstlichen Beurteilungen zustande gekommen. In der Merkmalgruppe Führung hat der Beigeladene sechs Mal die Einzelnote 8 Punkte erhalten, die (statusgleiche) Antragstellerin ist aber je dreimal mit 8 und mit 9 Punkten bewertet worden.

52

Soweit die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren die Auffassung vertreten hat, die schlechtere Beurteilung des Beigeladenen im Merkmal Führung sei im Hinblick auf die erhöhten Anforderungen seines Dienstpostens als im Wesentlichen gleich mit der Beurteilung der Antragstellerin einzustufen, ist dies unzutreffend. Die Argumentation überträgt den Grundsatz, dass bei gleicher Notenstufe die Beurteilung eines Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige eines für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 13 m.w.N.), in unzulässiger Weise auf die unterschiedlichen Anforderungen von Dienstposten im gleichen Statusamt (vgl. hierzu Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 20).

53

Zwar sind bei der Beurteilung die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt (vgl. Nr. 11.4 Satz 1 der Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten im Bundesnachrichtendienst vom 1. Juli 2009). Bezugspunkt der Beurteilung bleibt aber der Vergleich mit den anderen Mitarbeitern derselben Besoldungsgruppe (Nr. 11.7.2 Satz 1 und Nr. 1.3 Satz 1 der Beurteilungsbestimmungen). Mit dieser Anknüpfung an das Statusamt sollen die im Wesentlichen identischen Leistungsanforderungen den Maßstab bestimmen, anhand dessen die Arbeitsqualität und die Arbeitsquantität einzustufen sind (Urteil vom 24. November 2005 - BVerwG 2 C 34.04 - BVerwGE 124, 356 <361 f.> = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 Rn. 16 f.).

54

Weist ein Dienstposten daher Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen - wie im Falle des Beigeladenen die Leitung eines Referates und die damit verbundene Personalverantwortung für 27 Mitarbeiter -, ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen. Dementsprechend ist in der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen die nachgewiesene Eignung zum Referatsleiter auch ausdrücklich hervorgehoben worden. Das besondere Aufgabenprofil und die insoweit gezeigten Leistungen können bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung dergestalt, dass die bereits in Ansehung der besonderen Aufgaben des Dienstpostens vergebene Note im Merkmal Führung gegenüber einem anderen Bewerber derselben Vergleichsgruppe, dessen Dienstposten diese Besonderheiten nicht aufwies, noch einmal "aufgewertet" wird, ist aber nicht zulässig. Sie widerspricht dem mit dem Bezugspunkt Statusamt vorgegebenen Vergleichsmaßstab der Beurteilung.

55

Eine derartige "Verrechnung" liegt der Auswahlentscheidung selbst indes auch nicht zugrunde: Der maßgebliche Auswahlvermerk stellt entsprechende Erwägungen nicht an. Die dortige Annahme, der Beigeladene weise die am deutlichsten ausgeprägte Führungserfahrung auf, beruht nicht auf den in den dienstlichen Beurteilungen vergebenen Noten, sondern ausschließlich auf dem Umstand, dass der Beigeladene breitere Vorverwendungen aufweisen könne und als einziger bereits Erfahrung im Führen eines Referats gesammelt habe.

56

Damit hat die Antragsgegnerin Kriterien zur Bewertung der Führungskompetenz den Ausschlag gegeben, die nicht mit den Aussagen der dienstlichen Beurteilungen in Einklang stehen. Sie hat damit das Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung und "Ausschöpfung" der letzten dienstlichen Beurteilung verletzt (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17; Beschluss vom 22. November 2012 a.a.O. Rn. 36).

Tenor

Der Beschluss wird, soweit er sich auf die zu Gunsten des Beigeladenen zu 2. getroffene Auswahlentscheidung bezieht, geändert.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, eine der frei gehaltenen Beförderungsstellen einer Justizamtsinspektorin/eines Justizamtsinspektors für eine Beamtin/einen Beamten, die/der überwiegend Sachbearbeiteraufgaben nach Abschnitt I a) der RV des JM NRW vom 22. April 2013 in der Fassung vom 8. Juli 2013 – 2325 – Z.24 - wahrnimmt, ausgeschrieben im Justizministe-rialblatt vom 15. Oktober 2013, mit dem Beigeladenen zu 2. zu besetzen, bis erneut über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entschieden worden ist.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu ½. Die weitere Hälfte sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last. Die außergerichtlichen Kosten tragen die Beigeladenen in beiden Rechtszügen selbst.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen jeweils auf die Wertstufe bis 10.000,00 Euro festgesetzt


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(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufhebung ihrer Regelbeurteilung und die erneute Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

2

Die ... geborene Klägerin steht als ... (...) im Dienst der Beklagten; sie ist beim Bundesnachrichtendienst (BND) tätig. Sie war bis zum 6. Januar 2013 dem Abteilungsleiter unmittelbar unterstellte Leiterin des Referats „...“ in der Abteilung X und ist seit dem 7. Januar 2013 Leiterin des Referats „...“ in der Abteilung Y.

3

Für den Beurteilungszeitraum vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2013 wurde eine Regelbeurteilung für die Klägerin erstellt. Grundlage hierfür waren ein Beurteilungsbeitrag des Leiters ihrer früheren Abteilung vom Oktober 2012 für den Beurteilungszeitraum vom 1. April 2010 bis zum 30. November 2012 und ein Beurteilungsbeitrag des Leiters ihrer aktuellen Abteilung vom Juni 2013 für den Beurteilungszeitraum seit dem 7. Januar 2013; beide Abteilungsleiter sind mittlerweile im Ruhestand. Erstbeurteiler war ein Unterabteilungsleiter ihrer früheren Abteilung, Zweitbeurteiler der Präsident des BND. Beide Beurteilungsbeiträge enthalten textliche Ausführungen zur Leistung der Klägerin, nicht aber textliche Ausführungen zu ihrer Befähigung oder Punkte- bzw. Notenbewertungen.

4

In der Leistungsbewertung erzielte die Klägerin - wie schon in der vorangegangenen Regelbeurteilung - eine Gesamtnote von 7 Punkten, auch im Gesamturteil erreichte sie die Note 7. Die Leistungsbewertung beinhaltet die Bewertung von 21 Einzelmerkmalen nach einer 9-stufigen Skala, die Befähigungsbeurteilung die Bewertung von 18 Einzelmerkmalen nach einer 4-stufigen Skala.

5

Die Klägerin hat Widerspruch gegen die dienstliche Beurteilung eingelegt und diesen insbesondere mit Angriffen auf die Höhe der jeweiligen Bewertung begründet. Außerdem hat sie geltend gemacht, es sei zweifelhaft, ob der Unterabteilungsleiter Z der richtige Erstbeurteiler sei, denn er habe lediglich eine Verhinderungsvertretung für den Abteilungsleiter innegehabt. Auch seien die beiden Beurteilungsbeiträge nicht mit dem nötigen Gewicht in die Beurteilung eingeflossen; eigene Akzente der Beurteiler müssten durch Tatsachen belegt oder zumindest belegbar dargestellt und differenziert begründet sein.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2013 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften der Unterabteilungsleiter Z der richtige Erstbeurteiler für die Klägerin gewesen sei. Beide Beurteilungsbeiträge seien in die dienstliche Beurteilung eingeflossen. Besonderes Gewicht habe der Erstbeurteiler dem Beurteilungsbeitrag des früheren Abteilungsleiters beigemessen, da dieser sich über fast den gesamten Beurteilungszeitraum erstreckt habe. Die Einzelnoten bei der Leistungs- und Befähigungsbewertung seien aus den textlichen Ausführungen der Beurteilungsbeiträge abgeleitet.

7

Am 15. November 2013 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Ausweislich des Beurteilungsspiegels habe der BND den Grundsatz des differenzierten Beurteilens nicht berücksichtigt. Die Hälfte der Betroffenen Personen sei mit einer positiv anmutenden Beurteilungsnote von 7 Punkten zufrieden gestellt worden. Aber lediglich 3 % der Vergleichsgruppe seien schlechter beurteilt worden. Ohnehin hätten nur diejenigen eine reelle Beförderungschance, die mit der Spitzennote von 9 Punkten beurteilt worden seien. Dabei liege der Verdacht nahe, dass sich die Zahl dieser Spitzenbeurteilungen an der Anzahl der vorgesehenen Beförderungen orientiere.

8

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der dienstlichen Beurteilung vom 23./30. September 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25. Oktober 2013 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin zum Stichtag 1. April 2013 eine dienstliche Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.

9

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Das Gebot der differenzierten Beurteilung sei beachtet worden. Es entspreche dem Leistungsbild der Inhaber des Amtes A ..., dass keine Note unterhalb der Notenstufe 6 vergeben worden sei. Auch werde die Spitzennote unabhängig von der Zahl der anstehenden Beförderungen vergeben. Tatsächlich sei die Vergabe der Noten 8 und 9 quotiert. Der für die Note 8 vorgesehene Anteil werde überschritten. Dies sei jedoch im Hinblick auf die notwendige Einzelfallbetrachtung und unter Berücksichtigung der Anzahl derjenigen Beamten, die auf eine Beurteilung verzichtet hätten, nicht zu beanstanden.

11

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage, über die das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz zu entscheiden hat, ist begründet. Die angefochtene Regelbeurteilung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie ist zusammen mit dem Widerspruchsbescheid des Bundesnachrichtendienstes aufzuheben. Die Beklagte muss die Klägerin für den streitigen Beurteilungszeitraum unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut beurteilen.

13

1. Die Beklagte war nach §§ 48 ff. der auf Grund der Ermächtigung in § 26 BBG erlassenen Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten (Bundeslaufbahnverordnung - BLV) in der Fassung vom 12. Februar 2009 (BGBl. I S. 284) berechtigt, Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Klägerin in regelmäßigen Abständen zu beurteilen (BVerwG, Urteile vom 11. Dezember 2008 - 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 11 sowie - 2 A 7.08 - ZBR 2009, 196 <197>). Sie hat für die beim BND beschäftigten Beamten die Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten im Bundesnachrichtendienst (Beurteilungsbestimmungen-BND) vom 1. Juli 2009, derzeitig geltende Fassung vom 27. Dezember 2011, erlassen.

14

Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Hat der Dienstherr - wie hier - Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler auf Grund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat deshalb auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr, z.B. BVerwG, Urteile vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 - BVerwGE 124, 356 m.w.N. und vom 11. Dezember 2008 - 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 11 sowie - 2 A 7.08 - ZBR 2009, 196 <197>).

15

Hiervon ausgehend ist die streitgegenständliche Beurteilung in zweifacher Hinsicht zu beanstanden: Zum einen ist sie von einem nicht zuständigen Erstbeurteiler erstellt worden (2.), zum anderen lagen ihr nicht hinreichend aussagekräftige Beurteilungsbeiträge zugrunde (3.). Ein Eingehen auf das übrige Vorbringen der Beteiligten ist daher entbehrlich.

16

2. Die von der Klägerin angegriffene dienstliche Beurteilung ist unter Verletzung von Verfahrensvorschriften erstellt worden. Der von der Beklagten als Erstbeurteiler herangezogene Beamte war hierfür nicht zuständig.

17

Das Bundesbeamtengesetz (§ 21) und die Bundeslaufbahnverordnung (§§ 48 bis 50) enthalten keine Festlegungen dazu, wer für den Dienstherrn die dienstliche Beurteilung erstellt. Mangels normativer Regelung hat der Dienstherr im Rahmen seiner organisatorischen Gestaltungsfreiheit zu bestimmen, durch wen er die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung der Beamten wahrnimmt (BVerwG, Urteil vom 17. April 1986 - 2 C 8.83 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 7 S.10; Beschluss vom 20. August 2004 - 2 B 64.04 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 25 S. 8 f.). Die Beurteilungsbestimmungen-BND, nach denen die Beklagte ihre Beurteilungspraxis bei Beamten des BND ausrichtet, bestimmten zum Erstbeurteiler den Vorgesetzten, der dem Mitarbeiter für seine dienstliche Tätigkeit unmittelbar Anweisungen zu erteilen hat und in dessen Organisationsbereich der Mitarbeiter tatsächlich Dienst leistet (Nr. 6). Für Mitarbeiter, die - wie hier die Klägerin - einem höheren Vorgesetzten unmittelbar unterstellt sind, ist grundsätzlich der höhere Vorgesetzte Erstbeurteiler (Nr. 6.3). Allerdings bleibt der vorherige Erstbeurteiler zuständig, wenn der Mitarbeiter dem beurteilenden Vorgesetzten zum Zeitpunkt des Beurteilungstermins weniger als drei Monate unterstellt war (Nr. 8.2).

18

Es war verfahrensfehlerhaft, dass ein Vertreter des früheren Abteilungsleiters der Klägerin Erstbeurteiler war. Zwar war die Klägerin zum Zeitpunkt des Beurteilungstermins - dem 1. April 2013 - dem Abteilungsleiter Y als ihrem neuen Vorgesetzten erst seit dem 7. Januar 2013 und damit weniger als drei Monate unterstellt, sodass nach Nr. 8.2 Beurteilungsbestimmungen-BND an sich der Abteilungsleiter X als früherer Vorgesetzter Erstbeurteiler war. Diese Bestimmung bezweckt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Erstellung der Beurteilung des Beamten durch denjenigen Vorgesetzten, der die dienstlichen Leistungen des Beamten aus eigener Anschauung am besten beurteilen kann. Der aktuelle Vorgesetzte tritt bei nur kurzer Dauer seiner Vorgesetztenfunktion hinter den früheren Vorgesetzten zurück. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt deshalb voraus, dass der frühere Vorgesetzte noch als aktiver Beamter im Dienst des Beklagten steht und somit tauglicher Erstbeurteiler sein kann oder dass es zumindest einen ständigen Vertreter des früheren Vorgesetzten gibt, der in dieser Eigenschaft den Beamten und seine Leistungen aus eigener Anschauung über einen längeren Zeitraum zur Kenntnis bekam und deshalb bewerten kann.

19

Beides fehlt im vorliegenden Fall. Der frühere Abteilungsleiter X war im Zeitpunkt des Beurteilungstermins nicht mehr im aktiven Dienst und wurde deshalb von der Beklagten zu Recht nicht als Erstbeurteiler herangezogen (BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 S. 3; Beschluss vom 20. August 2004 - 2 B 64.04 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 25 S. 9). Der stattdessen als Erstbeurteiler herangezogene Unterabteilungsleiter war nur einer von mehreren Abwesenheitsvertretern des früheren Abteilungsleiters, der nach den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung der Vertreter des Vertreters war, ohne dass konkretisiert werden konnte, wann und für welchen Zeitraum insgesamt sich dieser Vertretungsfall im Fall der Klägerin im Beurteilungszeitraum aktualisiert hätte. Unter diesen Umständen war es verfahrensfehlerhaft, die Zurückverweisungsregelung der Nr. 8.2 Beurteilungsbestimmungen-BND auch auf den Vertreter des Vertreters des früheren Vorgesetzten und damit auf einen Beamten zu erstrecken, der Eignung, Leistung und Befähigung des zu beurteilenden Beamten letztlich nicht oder jedenfalls deutlich weniger aus eigener Anschauung kannte als der aktuelle unmittelbare Vorgesetzte. Das würde selbst dann gelten, wenn die Beklagte in vergleichbaren Fällen ebenso verfahren wäre. Der Gesichtspunkt, dass es überhaupt eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Erstellung der dienstlichen Beurteilung geben muss, wiegt schwerer als der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der zu beurteilenden Beamten.

20

3. Für die von der Klägerin angegriffene dienstliche Beurteilung fehlt es an einer hinreichenden Tatsachengrundlage, weil die beiden von der Beklagten herangezogenen Beurteilungsbeiträge nicht hinreichend aussagekräftig sind.

21

Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151> und vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 46).

22

Kann der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den gesamten Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen (BVerwG, Urteile vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 47 und vom 26. September 2012 - 2 A 2.10 - NVwZ-RR 2013, 54 Rn. 11). Als solche sachkundigen Personen kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich, die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Beamten aus eigener Anschauung kennen (BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35).

23

Beurteilungsbeiträge müssen die Informationen enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die er keine aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt (BVerwG, Urteil vom 5. November 1998 - 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.>).

24

Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt, d.h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Der Beurteiler ist zwar an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste, sondern er kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1980 - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245 <247 ff.>, vom 2. April 1981 - 2 C 34.79 - BVerwGE 62, 135 <140>; Beschlüsse vom 24. Oktober 1989 - 1 WB 194.88 - BVerwGE 86, 201 <203> und vom 18. August 1992 - 1 WB 106.91 - BVerwGE 93, 281 <282 f.>; Urteile vom 5. November 1998 - 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.>, vom 21. März 2007 - 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10, vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35 und vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 51).

25

Kennt der Beurteiler die dienstlichen Leistungen des zu Beurteilenden nicht - oder nicht hinreichend - aus eigener Anschauung, muss er sich voll auf die Beurteilungsbeiträge verlassen. Er kann sie also nur noch in das Beurteilungssystem - idealerweise mit dem Blick des erfahrenen und das Leistungs- und Befähigungsspektrum der vergleichbaren Beamten kennenden Beurteilers - einpassen. In einem solchen Fall müssen die Beurteilungsbeiträge entweder hinreichende textliche Ausführungen für die Vergabe der Einzelbewertungen enthalten oder die Einzelbewertungen selbst vornehmen (sei es durch Ankreuzen der entsprechenden Beurteilungsstufe oder durch Vergabe der entsprechenden Punktzahl). Im ersteren Fall sind die Anforderungen an Umfang und Tiefe in Beurteilungsbeiträgen höher als in der dienstlichen Beurteilung selbst. Andernfalls ist insbesondere bei positiven Ausführungen in den Beurteilungsbeiträgen eine Zuordnung zu den einzelnen Stufen (Noten) der Leistungs- und Befähigungsbewertung nicht möglich.

26

Diesen Anforderungen an eine hinreichende Tatsachengrundlage für die dienstliche Beurteilung ist im vorliegenden Fall nicht genügt.

27

Da die Beurteilungsbeiträge für Bedienstete des BND nach Nr. 4 und Nr. 17.1 i.V.m. Anlage 4 der Beurteilungsbestimmungen-BND zwar mit einer textlichen Stellungnahme zur Leistung versehen werden, nicht aber mit textlichen Ausführungen zur Befähigung und vor allem nicht mit Punktebewertungen zu den Einzelmerkmalen bei der Leistungsbewertung und bei der Befähigungsbewertung, hätten die textlichen Ausführungen in den Beurteilungsbeiträgen so ausführlich und aussagekräftig gestaltet sein müssen, dass sie eine Bewertung aller Einzelmerkmale ermöglichen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gelungen. Es war für den Beurteiler schlicht nicht möglich, aus den beiden jeweils nur einige Sätze umfassenden Beurteilungsbeiträgen hinreichend differenzierte Erkenntnisse für die Vergabe der Noten aus der 9-teiligen Punkteskala bei 21 Leistungsmerkmalen und der 4-stufigen Skala bei 18 Befähigungsmerkmalen zu gewinnen. Dementsprechend sind im Widerspruchsverfahren nur für einen Teil der Einzelbewertungen Erläuterungen zu den Herleitungen aus den Beurteilungsbeiträgen erfolgt und erscheinen diese Herleitungen auch eher zufällig.

28

4. Die Beklagte wird die Klägerin neu dienstlich beurteilen müssen. Der in der Zeit ab 7. Januar 2013 für die Klägerin zuständige Abteilungsleiter Y ist - ebenso wie schon zuvor ihr früherer Abteilungsleiter X - im Ruhestand und kann daher nicht Beurteiler sein (BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 S. 3; Beschluss vom 20. August 2004 - 2 B 64.04 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 25 S. 9). Die Beklagte wird die Ersteller der beiden Beurteilungsbeiträge um eine inhaltliche Anreicherung der Beurteilungsbeiträge bitten müssen. Das kann nach dem Ermessen der Beklagten entweder - in Ergänzung zu den Beurteilungsbestimmungen-BND, die für den Fall, dass der (Erst-)Beurteiler vollständig auf Beurteilungsbeiträge angewiesen ist, keine Regelung treffen - durch Beurteilungsbeiträge mit anzukreuzenden Einzelbewertungen oder durch textlich alle Leistungs- und Befähigungsmerkmale erfassende, inhaltlich hinreichend differenzierte Beurteilungsbeiträge geschehen. Etwaige Diskrepanzen dieser Beurteilungsbeiträge müssen in nachvollziehbarer und sachgerechter Weise - ggf. nach Rücksprache mit den Verfassern der Beurteilungsbeiträge - aufgelöst werden.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

Tenor

Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Der Antragsgegnerin wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35 802 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst der Antragsgegnerin. Er begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15).

2

Der Antragsteller ist seit dem 1. April 2010 und der Beigeladene seit dem 10. August 2010 auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten beim Bundesnachrichtendienst (BND) eingesetzt. Die Anzahl dieser Dienstposten übersteigt die Zahl der entsprechenden Planstellen erheblich. Die Antragsgegnerin nimmt deshalb Beförderungen auf der Basis einer Rangliste der "beförderungsreifen" Beamten vor, in der sie diejenigen Beamten einreiht, die einen nach A 15 bewerteten Dienstposten wahrnehmen und die Erprobungszeit erfolgreich absolviert haben.

3

Die Antragsgegnerin erstellte im April 2011 eine Beförderungsrangliste, die die Reihenfolge nach der Gesamtpunktzahl der für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2010 erstellten letzten Regelbeurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung des nach A 15 bewerteten Dienstpostens festlegte. Danach war der Beigeladene - als letzter der mit der Spitzenpunktzahl von 9 Punkten bewerteten Beamten - auf Platzziffer 5 eingeordnet und der mit der zweithöchsten Punktzahl von 8 Punkten bewertete Antragsteller auf Platzziffer 13 der insgesamt 31 Personen erfassenden Liste.

4

In der Folgezeit legte die Antragsgegnerin in Absprache mit dem Personalrat fest, dass Hauptkriterium für eine Beförderung zukünftig die letzte Regelbeurteilung sein solle; bei notengleichen Gesamturteilen werde auf das Hilfskriterium der "Dauer der Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeiten" zurückgegriffen. Allerdings mache die geänderte Verfahrenspraxis grundsätzlich Anlassbeurteilungen erforderlich; die vorliegenden Beurteilungen seien nicht durchweg miteinander vergleichbar, da Regel- und Anlassbeurteilungen vorlägen. Um eine einheitliche Vergleichsbasis zu schaffen, sollten zeitnah Anlassbeurteilungen erstellt werden.

5

Daraufhin wurden Anlassbeurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. April 2010 bis zum 1. Dezember 2011 für alle auf der Liste erfassten Beamten der Besoldungsgruppe A 14 gefertigt. Dabei wurden die beiden höchsten Punktzahlen der Beurteilungsskala erheblich häufiger vergeben als bei den davor erstellten Regelbeurteilungen (eine Gesamtbeurteilung mit der Spitzennote von 9 Punkten wurde vierzehnmal erreicht gegenüber fünfmal bei der Regelbeurteilung, bei der Note von 8 Punkten gab es eine Steigerung der Anzahl von zehn auf 16.)

6

Antragsteller und Beigeladener erreichten erneut das Gesamturteil von 8 bzw. 9 Punkten. In der neuen Rangliste vom Februar 2012 erhielten der Beigeladene als zweitletzter der mit 9 Punkten bewerteten Beamten die Platzziffer 13 und der Antragsteller die Platzziffer 28.

7

Nach der Mitteilung, dass die Beförderung von vier Beamten, darunter der Beigeladene, beabsichtigt sei, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Antragsgegnerin hat in Kenntnis dieses Antrages die drei in der Beförderungsrangliste vor dem Beigeladenen platzierten Beamten befördert. Antragsteller und Antragsgegnerin haben das Eilverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

8

Der Antragsteller hält die Auswahlentscheidung u.a. deshalb für rechtswidrig, weil kein hinreichender Grund für Anlassbeurteilungen bestanden habe; vielmehr hätten die Regelbeurteilungen der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden müssen. Zumindest hätten bei den Anlassbeurteilungen wie bei den Regelbeurteilungen die Richtwerte für Spitzenbeurteilungen beachtet werden müssen.

9

Der Antragsteller beantragt nunmehr sinngemäß, den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel,

der Antragsgegnerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

11

Sie ist der Ansicht, dass Anlassbeurteilungen der beförderungsreifen Beamten deshalb erforderlich gewesen seien, weil vier der Beamten erst nach der letzten Regelbeurteilungen auf einen nach A 15 bewerteten Dienstposten gelangt seien. Eine Beachtung der Richtwerte für die beiden höchsten Beurteilungsstufen sei für Anlassbeurteilungen bei richtigem Verständnis der Beurteilungsrichtlinien nicht erforderlich.

12

Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte BVerwG 2 VR 4.12 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

14

Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Untersagung der Beförderung des Beigeladenen zuständig.

15

1. Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das einstweilige Anordnungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist nach  nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

16

Die Antragsgegnerin hat die teilweise Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt, soweit sie drei der vier Mitbewerber des Antragstellers, die sie für die Beförderung in das Amt des Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) ausgewählt hat, nach Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch Aushändigung der Ernennungsurkunden zu Regierungsdirektoren ernannt hat (). Damit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der darauf gerichtet gewesen war, die Ernennungen auch dieser ausgewählten Mitbewerber bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Anordnungsverfahrens nach  zu verhindern, gegenstandslos geworden.

17

Dieses Vorgehen entspricht nicht den Anforderungen der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG. Die Antragsgegnerin hat durch die Ernennungen verhindert, dass der Antragsteller effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs in Anspruch nehmen konnte. Eine solche Verhinderung effektiven Rechtsschutzes durch den Dienstherrn hat zur Folge, dass die grundrechtswidrig vorgenommenen Ernennungen nicht nach dem Grundsatz der Ämterstabilität rechtsbeständig sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des im Auswahlverfahren unterlegenen Bewerbers geht durch die Ernennungen nicht unter, sondern kann im Wege der Anfechtungsklage mit dem Rechtsschutzziel ihrer Aufhebung durch das Verwaltungsgericht weiter verfolgt werden. Dies hat der Senat in einem zur selben Beförderungsrunde der Antragsgegnerin ergangenen Beschluss (vom 3. Juli 2012 - BVerwG 2 VR 3.12 Rn. 3 - juris) bereits ausgeführt (vgl. zum Ganzen: Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 36 f).

18

Eine Rechtsschutzverhinderung ist nicht nur in den Fällen gegeben, in denen die einzige Planstelle oder - bei mehreren vorgesehenen Beförderungen - alle Planstellen durch Ernennung besetzt werden, sondern auch dann, wenn - wie hier - der Dienstherr noch eine Planstelle unbesetzt lässt, der Antragsteller aber die vorläufige Untersagung weiterer Beförderungen begehrt (vgl. auch OVG Münster, Beschlüsse vom 12. Januar 2011 - 1 B 1585/10 - ZBR 2011, 275 und vom 1. Oktober 2012 - 1 B 691/12 - juris; OVG Weimar, Beschluss vom 18. Juni 2012 - 2 EO 961/11 - IÖD 2012, 241; OVG Saarlouis, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 1 B 161/12 - NVwZ-RR 2012, 692; VGH Kassel, Beschlüsse vom 18. Februar 1991 - 1 TG 85/91 - NVwZ-RR 1992, 34 und vom 23. April 2012 - 1 B 2284/11 - RiA 2012, 167; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317/07 - NVwZ-RR 2008, 552).

19

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen tatsächlich wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156>, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179>; BVerwG Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Das bedeutet bei mehreren beabsichtigten Beförderungen, z.B. wenn - wie hier - eine Beförderungsrangliste nach und nach durch Beförderungen "abgearbeitet" wird, dass der Beamte bezüglich aller zur Beförderung konkret anstehenden Beamten seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen kann. Er hat einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird. Das gilt unabhängig davon, dass der Beamte für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann. Der Antrag des Beamten bestimmt bei mehreren zeitgleich beabsichtigten Beförderungen, ob er die Beförderung nur eines ausgewählten Bewerbers oder aber mehrerer oder aller ausgewählten Bewerber angreift.

20

Der Dienstherr ist deshalb aus Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich verpflichtet, vorläufig alle Beförderungen zu unterlassen, auf den sich der Rechtsschutzantrag des unberücksichtigt gebliebenen Beamten erstreckt. Anderes kann gelten, wenn der auf vorläufige Unterlassung der Beförderung einer Mehrzahl - ggfs. sogar einer Vielzahl - von Mitbewerbern gerichtete Rechtsschutzantrag sich als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Beförderung der Mitbewerber den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt, und der Angriff auf eine größere Zahl von beabsichtigten Ernennungen von Mitbewerbern ersichtlich nicht der Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs dient, sondern Druck auf den Dienstherrn ausüben soll. Soweit dem Beschluss des Senats vom 10. November 1993 - BVerwG 2 ER 301/93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 etwas von den vorstehenden Darlegungen Abweichendes zu entnehmen ist, hält der Senat hieran nicht fest.

21

2. Der Antrag hat, soweit er noch anhängig ist, Erfolg. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung des Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

22

Ein bei der Beförderungsauswahl unterlegener Bewerber muss seinen Anspruch aus  durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können.  garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -  <122 f.> m.w.N.; stRspr). Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. Urteil vom 21. August 2003 -  - BVerwGE 118, 370 <373> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus  durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (Beschluss vom 20. Januar 2004 - BVerwG 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 -  - a.a.O., Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).

23

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49 jeweils Rn. 14 m.w.N.).

24

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 15 ).

25

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteile vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - a.a.O. S. 2 f. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 16). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - a.a.O. S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O.). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 a.a.O.).

26

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 56, vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 17).

27

Hat der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr; Urteil vom 24. November 2005 -  -  = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 m.w.N.).

28

Regelbeurteilungen bilden grundsätzlich (vgl. § 48 Bundeslaufbahnverordnung - BLV) und auch nach den Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin die Grundlage für Auswahlentscheidungen des Dienstherrn. Sie gewährleisten mit gleichen Beurteilungszeiträumen ein Höchstmaß an Chancengleichheit.

29

Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin hier für alle in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beförderungsbewerber Anlassbeurteilungen erstellt hat. Dies war gerechtfertigt, weil mehrere Beamte erst nach der Regelbeurteilung die laufbahnrechtlich vorgeschriebene (vgl. § 34 BLV) Erprobungszeit auf dem höherwertigen Dienstposten absolviert und damit die Beförderungsreife erlangt hatten. Für diese Beamten waren die vorhergehenden Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell, um Grundlage für eine Auswahlentscheidung zu sein (vgl. Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 <88 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 ff. Nr. 49, jeweils Rn. 22 ff.). Die Antragsgegnerin durfte diese Beamten in die Auswahlentscheidung über die Beförderungen einbeziehen. Im Hinblick auf die aus Gründen der Chancengleichheit anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit der erhobenen Daten (Urteile vom 26. August 1993 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15 S. 15, vom 27. Februar 2003 -  - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 20; Beschluss vom 31. Januar 1994 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 16 S. 1) war es sachgerecht, auch für die übrigen beförderungsreifen Beamten, für die "an sich" eine weitere dienstliche Beurteilung nicht erforderlich war, eine Anlassbeurteilung zu erstellen, um die größtmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume insbesondere bezüglich ihres Endzeitpunktes herzustellen. Dementsprechend sehen die Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin Anlassbeurteilungen u.a. zum Zweck einer anstehenden Personalentscheidung vor (vgl. Nr. 3.5 der Beurteilungsbestimmungen-BND vom 1. Juli 2009 i.d.F. vom 27. Dezember 2011).

30

Allerdings müssen Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden (hier 20 Monate statt drei Jahre), aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden; sie dürfen diese lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen - sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall - ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung.

31

Dem Entwicklungscharakter solcher Anlassbeurteilungen entspricht es, dass Leistungssprünge nur ausnahmsweise zu verzeichnen sein dürften, das Notengefüge der Anlassbeurteilungen also im Wesentlichen demjenigen der Regelbeurteilungen entspricht. In diesem Sinne werden sich bei der Erstellung von Regelbeurteilungen ggf. zu beachtende Richtwerte für die Vergabe von Spitzenbeurteilungen auch bei den Anlassbeurteilungen niederschlagen, selbst wenn für diese entsprechende Richtwerte nicht gelten sollten. Weicht das Notengefüge der Anlassbeurteilungen demgegenüber deutlich von demjenigen der Regelbeurteilungen ab, ist das ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen und ggf. sogar für eine an sachfremden Gesichtspunkten orientierte Beurteilungspraxis.

32

Diesen Anforderungen wird das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

33

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin - entsprechend ihrer gerichtsbekannten bisherigen Praxis - den Kreis der in die Beförderungsrangliste aufgenommenen Beförderungsbewerber zutreffend ermittelt hat, indem sie die nach A 15 bewerteten Dienstposten in ihrem Bereich jeweils erst nach der Durchführung eines leistungsbezogenen Auswahlverfahrens vergeben hat. Vor der Dienstpostenvergabe muss ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügendes Auswahlverfahren stattfinden; ist das nicht der Fall, kann bei einer anschließenden Beförderungsentscheidung der Kreis der Bewerber nicht auf den Kreis der Dienstposteninhaber bezogen werden (vgl. nur Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <59>). Entsprechendes gilt, wenn es Beamte gibt, die sich auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten bewährt haben, aber aktuell auf einem nach A 14 bewerteten Dienstposten eingesetzt werden; auch sie müssen in eine Auswahlentscheidung zur Beförderung auf Statusämter nach A 15 einbezogen werden. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung hierzu ist aber entbehrlich, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unabhängig hiervon Erfolg hat.

34

Der Leistungsvergleich für die Beförderungsreihenfolge ist auf einer rechtsfehlerhaften Beurteilungsgrundlage erfolgt. Die Anlassbeurteilungen hätten nicht losgelöst von den vorherigen Regelbeurteilungen erstellt werden dürfen, sondern aus diesen entwickelt werden müssen. Die Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilungen bewirkt die Fehlerhaftigkeit der auf ihrer Grundlage erstellten Beförderungsrangliste.

35

Die von der Antragsgegnerin erstellten Anlassbeurteilungen für die laufende Beförderungsrunde genügen nicht den dargestellten Anforderungen. Dem Text der Anlassbeurteilungen in den dem Senat vorliegenden Akten ist nicht zu entnehmen, dass der Fortentwicklungscharakter der Anlassbeurteilungen Leitlinie bei deren Abfassung gewesen wäre. Dieser Fortentwicklungscharakter verlangte auch, die nach Nr. 11.7.1 der Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin geltenden Richtwerte für die Vergabe der Notenstufen 9 und 8 in den Blick zu nehmen; dies gilt unabhängig davon, dass die Beurteilungsrichtlinien den Geltungsbereich der Richtwerte weder ausdrücklich auf Regelbeurteilungen beschränken noch auf Anlassbeurteilungen erstrecken. Der signifikant höhere Anteil an Spitzenbewertungen bei den beförderungsreifen Beamten (vierzehnmal statt vorher fünfmal Gesamtergebnis 9 Punkte, sechzehnmal statt vorher zehnmal Gesamtergebnis 8 Punkte) ist ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen.

36

Die Auswahlentscheidung ist außerdem deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht bei gleichem Gesamturteil vor dem Rückgriff auf Hilfskriterien zunächst die aktuellen dienstlichen Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe inhaltlich ausgewertet und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis genommen hat (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17 m.w.N.). Um praktischen Erfordernissen in einer großen Behörde wie der Antragsgegnerin Rechnung zu tragen, ist es beispielsweise möglich, zu Beginn des Auswahlverfahrens einzelne als besonders bedeutsam erachtete Leistungsmerkmale zu definieren, dies zu dokumentieren und die insoweit erzielten Bewertungen bei der Reihung besonders zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin hingegen hat die Reihung allein nach der Gesamtpunktzahl der aktuellen dienstlichen Beurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens vorgenommen. Das wird dem Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung nicht gerecht.

37

Die in der Beförderungsrangliste abgebildete Auswahlentscheidung ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie unter Verstoß gegen § 33 Abs. 1 BLV erstellt worden ist. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BLV sind frühere Beurteilungen zusätzlich zu den aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Frühere dienstliche Beurteilungen können Aufschluss über die Leistungsentwicklung und ggfs. über das Vorhandensein von in der letzten dienstlichen Beurteilung nicht abgebildeten Eignungsmerkmalen geben (vgl. Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <377> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 12). Die Antragsgegnerin hat den Leistungsvergleich allein auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt und sodann bei gleicher Gesamtnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung als Hilfskriterium auf die Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens abgestellt. Frühere dienstliche Beurteilungen - insbesondere die Regelbeurteilungen aus dem Jahr 2010 - hat sie hingegen nicht einbezogen.

38

Die Auswahl des Antragstellers bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens, d.h. für dieses gerichtliche Eilverfahren die Platzierung des Antragsteller bei einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren vor dem Beigeladenen, erscheint auch möglich (zu diesem Maßstab Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Zwar hat der Beigeladene gegenüber dem Antragsteller bei den beiden letzten dienstlichen Beurteilungen jeweils einen Punkt Vorsprung in der Gesamtbeurteilung (9 statt 8 Punkte). Aber es ist offen, wie die Beachtung der Erfordernisse der Entwicklung der Anlassbeurteilung aus der Regelbeurteilung, der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung sowie der Berücksichtigung der vorherigen dienstlichen Beurteilung vorrangig vor Hilfskriterien sich auf die Anlassbeurteilungen und die Reihenfolge der Beförderungsrangliste ausgewirkt hätten.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber auch von vornherein keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

40

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren (vgl. § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG), jedoch ohne dass sich die beantragte Anzahl der freizuhaltenden Stellen streitwerterhöhend auswirkt.

Tenor

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladene zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof zu ernennen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,. EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die Beigeladene zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof zu ernennen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers vom 09.02.2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist, ist zulässig und begründet. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung der Beigeladenen zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nach dem Antrag des Antragstellers die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers in dem Beförderungsverfahren, das mit Blick auf den altersbedingten Eintritt in den Ruhestand des Vorsitzenden des 4. Strafsenates des Bundesgerichtshofs mit Ablauf des 30.06.2012 eingeleitet worden ist. Es handelt sich hierbei um ein neues selbständiges Auswahlverfahren mit eigenem Bewerberkreis und nicht um die Fortsetzung des Auswahlverfahrens für die Ernennung eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, das aus Anlass der Wiederbesetzung der Stelle des Vorsitzenden des 2. Strafsenates eingeleitet worden ist und in dem der Antragsteller im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Wiederholung der Auswahlentscheidung erstritten hat (vgl. dazu den Gerichtsbeschluss vom 24.10.2011 - 4 K 2146/11 -). In diesem von der Antragsgegnerin nicht vorrangig betriebenen, aber gleichwohl fortdauernden und mit den Maßgaben des Beschlusses vom 24.10.2011 behafteten Auswahlverfahren ist eine neue Auswahlentscheidung trotz der erneuten dienstlichen Beurteilung des Antragstellers unter dem 10.01.2012, die Gegenstand des Gerichtsverfahrens 1 K 1101/12 ist, nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten nicht ergangen (vgl. zu den Voraussetzungen für den ordnungsgemäßen Abbruch eines Auswahlverfahrens: BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 2 A 7/09 -, BVerwGE 141, 361). Auch wenn der Antragsteller für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann, hat er einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 19, 20, zum einstweiligen Rechtsschutz bei mehreren zeitgleich beabsichtigten Beförderungen). Dies gilt auch dann, wenn über eine weitere Beförderung entschieden werden soll, ohne dass ein früheres Auswahlverfahren, in dem der Antragsteller ebenfalls Bewerber ist, endgültig abgeschlossen worden ist.
Der Präsident des Bundesgerichtshofs hat dem Antragsteller und den anderen im vorliegenden Auswahlverfahren unterlegenen Mitbewerbern am 30.07.2012 mitgeteilt, dass die Bundesministerin der Justiz beabsichtigt, dem für die Ernennung zuständigen Bundespräsidenten (Art. 60 Abs. 1 GG) die Ernennung der Beigeladenen zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof vorzuschlagen. Diese Mitteilung kündigt die Ernennung der Beigeladenen, d.h. den Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102), für den Fall an, dass der Bundespräsident nach Verstreichen einer Wartefrist die ihm von der obersten Bundesbehörde vorgeschlagene Auswahl des nach ihrer Ansicht am besten geeigneten Bewerbers in seinen Willen aufnimmt und damit die der Auswahl zugrunde liegenden Erwägungen der obersten Bundesbehörde zum Inhalt der von ihm zu treffenden statusrechtlichen Entscheidung macht (vgl. ausführlich zum Ernennungsverfahren in diesen Fällen und zu dem Prüfungsrecht des Bundespräsidenten: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.1996 - 4 S 1929/96 -. ESVGH 47, 6). Sie soll unterlegenen Bewerbern Gelegenheit geben, vorbeugend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um die Ernennung zu verhindern. Ein Bewerber, der davon Gebrauch macht, verfolgt einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf vorbeugende Unterlassung der Ernennung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2011 - 2 B 106/11 -, juris Rn 13). Er muss ferner diesen Anspruch durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle. Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 22).
2. Hierbei sind nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung im wesentlichen folgende Grundsätze zu beachten (vgl. unter Zusammenfassung ihrer bisherigen Rechtsprechung etwa: BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 22 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.06.2012 - 4 S 472/12 -, VBlBW 2012, 423):
2.1 Ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist - wie im Hauptsacheverfahren - auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ebenfalls nicht strenger sein dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, DVBl. 2002, 1633; BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 - 2 VR 3.03 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12.04.2005 - 4 S 439/05 -, NVwZ-RR 2005, 585, vom 21.12.2006 - 4 S 2206/06 -, vom 04.07.2008 - 4 S 2834/07 -, und vom 20.01.2011 - 4 S 2660/10 -, VBlBW 2011, 306).
2.2 Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerwG, Urteile vom 28.10.2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147, vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237, vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99, vom 11.02.2009 - 2 A 7.06 -, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, und vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102).
2.3 Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch), wobei der Dienstherr an das gegebenenfalls von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden ist, mit welchem er die Kriterien für die Auswahl der Bewerber im Voraus festlegt (BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58, vom 04.11.2010, a.a.O., und vom 26.01.2012 - 2 A 7.09 -, a.a.O. Rn 17; Beschluss vom 25.10.2011 - 2 VR 4.11 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).
2.4 Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes (BVerwG, Urteil vom 04.11.2010, a.a.O.).
2.5 Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist regelmäßig anhand aktueller und aussagekräftiger, d.h. hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die mit ihren auf das jeweils innegehabte Amt bezogenen Bewertungen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vor allem dem Vergleich zwischen den für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens oder für die Verleihung eines Beförderungsamts in Betracht kommenden Richtern oder Beamten dienen (BVerwG, Urteile vom 21.08.2003 - 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370, und vom 26.01.2012, a.a.O.; Beschluss vom 22.11.2012, a.a.O., auch zu Bedeutung und Reichweite von Anlassbeurteilungen; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.01.2010 - 4 S 2455/09 -, jeweils m.w.N.). Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Ergibt sich danach kein Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied von Bewerbern, ist der Dienstherr verpflichtet, die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber inhaltlich auszuschöpfen, d.h. der Frage nachzugehen, ob sich aus den jeweiligen Einzelfeststellungen Anhaltspunkte für einen Qualifikationsvorsprung bzw. für eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt gewinnen lassen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011 - 4 S 1075/11 -, NVwZ-RR 2012, 73; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2012 - 1 B 214/12 -, Juris). Soweit auch danach nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung im Wesentlichen ein Qualifikationsgleichstand vorliegen sollte, sind als weitere unmittelbar leistungsbezogene Erkenntnisquellen zunächst frühere dienstliche Beurteilungen in den Blick zu nehmen. Auch hierbei handelt es sich um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien vorrangig sind (BVerwG, Urteil vom 21.08.2003, a.a.O.). Frühere dienstliche Beurteilungen sind zwar nicht im Hinblick auf die (überholte) Feststellung eines in der Vergangenheit gegebenen Leistungsstands von Bedeutung; sie ermöglichen es aber, mit Blick auf den aktuellen Leistungsvergleich etwa die Leistungsentwicklung zu betrachten und die Kontinuität des Leistungsbilds der Bewerber einzuschätzen oder Rückschlüsse auf den aktuellen Leistungsstand und dessen künftige Entwicklung zu ziehen. Das kommt namentlich dann in Betracht, wenn frühere Beurteilungen positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten (BVerwG, Urteile vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 -, NVwZ 2003, 1398, vom 27.02.2003 - 2 C 16.02 -, NVwZ 2003, 1397 und Beschlüsse vom 25.03.2010 - 1 WB 27.09 -, Buchholz 449 § 3 SG Nr. 55, und vom 18.10.2007 - 1 WB 6.07 -, Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 9 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2011 - 4 S 353/11 -, Juris, und Beschluss vom 21.06.2011, a.a.O.). Erst wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft und die Bewerber im Wesentlichen gleich einzustufen sind, können Hilfskriterien wie die bisher ausgeübte Dienstaufgabe sowie das Dienst- und Lebensalter herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.05.2003 - 4 S 2224/01 -, IÖD 2003, 172, und Beschluss vom 21.06.2011, a.a.O.).
10 
2.6 Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, welche Bedeutung er den einzelnen (leistungsbezogenen) Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, kann als Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs gerichtlich nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt hat, ob er einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 05.09.2007 - 2 BvR 1855/07 -, NVwZ-RR 2008, 433, und vom 11.05.2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191; BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 und vom 04.11.2010, jeweils a.a.O.; Urteil vom 30.06.2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83).
11 
3. Diesen Anforderungen wird das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin nicht gerecht. Fehler im Verfahrensablauf zum Nachteil des Antragstellers sind zwar weder vorgetragen noch ersichtlich (3.1). Inhaltlich hält die Auswahlentscheidung aber nach der auch im vorliegenden Eilverfahren gebotenen vertiefenden Überprüfung einer Nachprüfung nicht stand, da sie auf Grundlage einer rechtsfehlerhaften dienstlichen Beurteilung erfolgt ist (3.2) und sich die Entscheidung auch nicht aus den anderen, von der Antragsgegnerin hilfsweise angeführten Gründen als rechtmäßig erweist (3.3).
12 
3.1 Zuständig für die Ernennung eines Richters zum Vorsitzenden Richter an einem obersten Gerichtshof des Bundes ist nach Art. 60 Abs. 1 GG, § 46 DRiG, § 10 Abs. 1 BBG (entsprechend) der Bundespräsident, der diese Befugnis nach seiner Anordnung über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst vom 23.06.2004 (BGBl. I S. 1286) auch nicht anderen Stellen insgesamt übertragen hat. Gemäß Art. 1 Abs. 2 dieser Anordnung sind dem Bundespräsidenten in solchen Fällen Vorschläge von den zuständigen obersten Bundesbehörden einzureichen. Einzelheiten hierüber sind in den Durchführungsbestimmungen des Bundesministers des Innern zur Anordnung des Bundespräsidenten über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst vom 25.09.1969 (GMBl. S. 434, m.sp.Änd.) enthalten. Nach § 4 Abs. 1 dieser Durchführungsbestimmungen legen die obersten Bundesbehörden ihre Vorschläge dem Bundespräsidenten nach den Mustern der Anlage 2 ohne weiteres Anschreiben vor; die Personalakten sind auf Anfordern nachzureichen. Die erforderlichen Urkunden werden von den obersten Bundesbehörden bis auf das Datum vorbereitet. Sie sind durch den zuständigen Bundesminister, im Falle seiner Verhinderung durch den ihn vertretenden Bundesminister, mit dem Namen ohne weitere Zusätze gegenzuzeichnen. Dies ist erfolgt. Der Präsidialrat des Bundesgerichtshofs hat eine Stellungnahme i.S.d. § 57 DRiG abgegeben. Eine Beteiligung des Richterwahlausschusses nach Art. 95 Abs. 2 GG, § 125 Abs. 1 GVG in Verb. mit den Bestimmungen des Richterwahlgesetzes vom 25.08.1950 (BGBl. I. S. 368) war ebenso wie wohl die erfolgte, aber unschädliche Herbeiführung eines dem Vorschlag der Bundesjustizministerin zustimmenden Kabinettsbeschlusses nicht erforderlich (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.1996 - 4 S 1929/96 -, a.a.O.). Ob die (lediglich interne) Ausschreibung des Amtes mit dem Schreiben des Präsidenten des Bundesgerichtshofs vom 23.01.2012 - etwa auch mit ihrer Wendung nur an Richter und Richterinnen, die das 62. Lebensjahr noch nicht überschritten haben - den hieran zu stellenden Anforderungen entspricht, kann dahinstehen, da der Antragsteller am Auswahlverfahren beteiligt worden ist.
13 
3.2. Ausweislich des sich in den Besetzungsakten befindlichen Auswahlvermerks des Bundesministeriums der Justiz vom 19.07.2012 (zur Dokumentationspflicht für die wesentlichen Auswahlerwägungen vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178) werden nach der vorbereitenden Besetzungspraxis des Bundesministeriums der Justiz im Rahmen des Anforderungsprofils für den Dienstposten eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin berücksichtigt:
14 
- Juristische Fachqualifikation,
- Breite der juristischen Kenntnisse in fachlich damit zusammenhängenden Gebieten einschließlich der Fähigkeit auch zur wissenschaftlichen Durchdringung von Rechtsproblemen,
- Zusammenarbeit im Senat und innerhalb des Gerichts unter besonderer Berücksichtigung von Führungsqualifikationen und Akzeptanz,
- Qualität der richterlichen Arbeit,
- Belastbarkeit, einschließlich Arbeitsmenge.
15 
Bei den obersten Bundesgerichten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und dem Bundespatentgericht bestehe jedoch aufgrund der teilweise sehr hohen Spezialisierung der einzelnen Senate die langjährige Praxis, eine Person für einen bestimmten Spruchkörper vorzuschlagen und dementsprechend ein „spezielles Anforderungsprofil“ für diese Vorsitzendenstelle zugrunde zu legen. Dies sei rechtlich dann möglich, wenn konkret absehbar sei, dass das Präsidium keine Umsetzung vornehmen, sondern die zu benennende Person tatsächlich diesem Spruchkörper zuweisen werde. Die Gerichtspräsident(inn)en teilten demgemäß in ihrem Besetzungsbericht immer mit, welche Entscheidung das – von ihnen vorher konsultierte - Präsidium treffen werde. In diesem Zusammenhang habe der Präsident des Bundesgerichtshofs mitgeteilt, dass der/dem neu zu ernennenden Vorsitzenden voraussichtlich wiederum der Vorsitz im 4. Strafsenat übertragen werde. Eine Besetzung aus dem Kreis der Vorsitzenden anderer Senate sei nicht in Aussicht genommen. Bei der Besetzungsentscheidung sei zunächst auf die allgemeine Qualifikation für das Amt eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin abzustellen. Ob die Bewerber/innen daneben auch das spezielle Anforderungsprofil für einen bestimmten zu besetzenden Senat erfüllten, spiele nach der Entscheidungspraxis des Bundesministeriums der Justiz dann eine Rolle, wenn Bewerber/innen aufgrund der dienstlichen Beurteilungen gleich bewertet seien oder gegebenenfalls auch, wenn einem Bewerber/einer Bewerberin spezifisch erforderliche Fachkenntnisse fehlten.
16 
Ausgehend hiervon beruht die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen auf zwei tragenden Erwägungssäulen. Zum einen wird darauf abgestellt, dass ausweislich der aktuell eingeholten dienstlichen Beurteilungen die Beigeladene mit der für ihre persönliche und fachliche Eignung für das Amt einer Vorsitzenden Richterin erhaltenen Bewertungsstufe „besonders geeignet“ im Vergleich zu dem Antragsteller und den anderen Bewerbern die allgemein an eine Vorsitzende Richterin/einen Vorsitzenden Richter zu stellenden Anforderungen am besten erfülle. Zum anderen würde selbst ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren des Antragstellers gegen seine dienstliche Beurteilung mit der Folge der Anhebung der Bewertungsstufe auf „besonders geeignet“ an dieser Einschätzung nichts ändern. Auch in diesem Fall wäre der Beigeladenen aus fachlichen Gründen der Vorzug vor dem Antragsteller zu geben. Sie sei fast sieben Jahre lang Mitglied im 4. Strafsenat gewesen, sodass ihr die Spezialmaterien des Senats, namentlich Revisionen in Verkehrsstrafsachen sowie Entscheidungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen noch geläufig seien. Dieser Umstand lasse eine nahtlose Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats erwarten. Außerdem wäre die Beigeladene wegen der Unterrepräsentanz von Frauen unter den Vorsitzenden beim BGH nach § 8 BGleiG bevorzugt zu berücksichtigen. Diese Erwägungen tragen eine fehlerfreie Auswahlentscheidung nicht.
17 
3.2.1 Die dem vorliegenden Auswahlverfahren zugrunde gelegte dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 31.05.2012, die an die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012 maßgeblich anknüpft und die deshalb nicht losgelöst von dieser betrachtet werden kann, bildet keine taugliche Auswahlgrundlage, da sie nach derzeitigem Sach- und Streitstand an rechtserheblichen Fehlern leidet.
18 
Im vorliegenden Besetzungsverfahren bezieht die Anlassbeurteilung vom 31.05.2012 die Zeit nach dem 25.02.2011 in ihren Beurteilungszeitraum ein und knüpft im Übrigen an die Erwägungen der dienstlichen (Anlass-)Beurteilung vom 10.01.2012 an, die sie in ihre Begründung aufnimmt. Zwar geht die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012, wie im Widerspruchsbescheid vom 04.05.2012 ausdrücklich hervorgehoben wird, von einem Beurteilungszeitraum nur bis zum 25.02.2011 aus, was schon für sich genommen für die Zwecke des dortigen Besetzungsverfahrens fehlerhaft, weil zu verkürzt gewesen sein dürfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16/09 -, a.a.O.). Gleichwohl schafft die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 31.05.2012 im vorliegenden Besetzungsverfahren zusammen mit den übernommenen Erwägungen der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 einen nahtlosen Übergang zu der davor liegenden Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 16.03.2010.
19 
Sie bleibt aber in der Aussage zum getroffenen Gesamturteil,
20 
„Insgesamt halte ich …. für das Amt eines Vorsitzenden am Bundesgerichtshof aber nach wie vor für (noch) sehr gut geeignet.“,
21 
zu unbestimmt und letztlich widersprüchlich. Entsprechend ihrer Zweckbestimmung, Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu sein, müssen dienstliche Beurteilungen Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beamten oder Richters hinreichend bestimmt bewerten. Der beurteilte Beamte oder Richter muss nachvollziehen können, welchen Stellenwert der Dienstherr seiner beruflichen Leistung im Vergleich zu den Leistungen anderer vergleichbarer und beurteilter Beamter zumisst (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.2008 - 2 A 7/07 -, Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2). Dies erfordert im Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung eine exakte Beschreibung des gewonnenen Ergebnisses. Hierzu hat sich als Praxis für die Beurteilung der Richter des Bundesgerichtshofs aus Anlass der Bewerbung um ein Beförderungsamt die mögliche Vergabe von vier Bewertungsstufen, u.a. der zweithöchsten Bewertungsstufe „sehr gut geeignet“ und der höchsten Bewertungsstufe „besonders geeignet“ herausgebildet. Dies schließt nicht aus, und es ist für eine bessere Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen sogar sinnvoll, dass in der dienstlichen Beurteilung wertend, aber auch insoweit hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, in welchem Bereich der Bewertungsstufe sich das Gesamturteil bewegt, also etwa in dem Sinne, ob die Bewertungsstufe nur knapp erreicht wurde oder ob ihr Überschreiten demnächst zu erwarten ist. Diese sich daraus ergebenden Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit sind nicht erfüllt. Im Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012, wie es in Form des Widerspruchsbescheids vom 04.05.2012 beschrieben ist, wurde dem Antragsteller unter Abweichung nach unten von dem Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung vom 16.03.2010 („besonders geeignet“) ein uneingeschränktes „sehr gut geeignet“ bescheinigt. An dieses Gesamturteil will die dienstliche Beurteilung vom 31.05.2012 einerseits zwar anknüpfen („nach wie vor“), andererseits bleibt der nunmehr gewählte Zusatz „(noch)“ in mehrfacher Hinsicht unklar. Soll er zum Ausdruck bringen, dass bereits das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 sich im untersten Bereich von „sehr gut geeignet“ bewegte, so wäre dies nach Vorstehendem nicht nachvollziehbar. Soll er hingegen zum Ausdruck bringen, dass das neue Gesamturteil nunmehr dort angesiedelt werde, also inhaltlich eine weitere Herabstufung erfolgen solle, so stünde dies im unauflösbaren Widerspruch zur voran stehenden Formulierung „nach wie vor“. Bereits dieser Mangel dürfte zu einem Erfolg der Klage des Antragstellers im Verfahren 1 K 2228/12 führen.
22 
Abgesehen davon dürften beide (Anlass-)Beurteilungen trotz der gerichtlichen Hinweise im Beschluss vom 24.10.2011 (Az.: 4 K 2146/11) an erheblichen Defiziten in der Sachverhaltsermittlung und -darlegung sowie daraus folgend auch ihrer Nachvollziehbarkeit leiden.
23 
Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden, dürfen die grundsätzlich für eine Bewerberauswahl maßgebenden Regelbeurteilungen (§ 46 DRiG in Verb. mit § 21 Satz 1 BBG, §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 48 BLV entsprechend) lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen - sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall - ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 30). Diese Grundsätze dürften entsprechend auch für das Verhältnis von Anlassbeurteilungen untereinander Anwendung finden, wenn - wie hier - eine regelmäßige Beurteilung nicht stattfindet.
24 
Kann - wie hier - der Beurteiler die Leistungsbewertung nicht für den vollständigen Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen, so hat er, um eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten, Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen. Der Beurteiler darf von der Heranziehung dieser Erkenntnisquellen nicht deshalb absehen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Beamten zutreffend einzuschätzen. Zwar ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Auch Werturteile müssen auf nachvollziehbaren Feststellungen gegründet sein, die relevante Sachverhaltskomplexe oder Zeiträume nicht einfach ausblenden dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.09.2012 - 2 A 2/10 -, IÖD 2013, 2, mit weiteren Nachweisen aus seiner Rechtsprechung).
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Ausschlaggebender Grund, das Gesamturteil der Anlassbeurteilung vom 10.01.2012 und dem folgend der hier maßgebenden Anlassbeurteilung vom 31.05.2012 von „besonders geeignet“ wie noch in den vorangegangenen Anlassbeurteilungen vom 16.03.2010 und vom 15.02.2008 auf „sehr gut geeignet“ herabzustufen bzw. das herabgestufte Gesamturteil beizubehalten, war ausweislich der hierfür in der Beurteilung vom 10.01.2012 gegebenen Begründung des beurteilenden Präsidenten des Bundesgerichtshofs allein seine geänderte Einschätzung der für eine erfolgreiche Wahrnehmung des Vorsitzendenamtes erforderlichen persönlichen Eigenschaften des Antragstellers, insbesondere mit Blick auf dessen soziale Kompetenz für einen Senatsvorsitz. So ist neben anderem etwa zusammenfassend ausgeführt: „Der Antragsteller, mit dem über Rechtsfragen zu diskutieren - auch streitig zu diskutieren - wegen seiner profunden Kenntnisse des Rechts und seiner intellektuellen Brillanz bereichernd sein kann, versteht es bedauerlicher Weise nicht in dem für die erfolgreiche Wahrnehmung des Vorsitzendenamtes erforderlichen Maße, dem Gegenüber klar zu machen, dass er ihn mit seiner abweichenden Sicht wirklich ernst nimmt. Er neigt dazu, andere seine intellektuelle Überlegenheit spüren zu lassen - etwa durch überheblich herablassende Äußerungen, durch eine unangebrachte Schärfe im Ton, durch unnötige spitze Anmerkungen, in Einzelfällen aber auch dadurch, dass er dem Gegenüber schlicht die Kompetenz abspricht. Kann er sich mit seiner Auffassung nicht durchsetzen, gelingt es ihm weniger als anderen, dies zu akzeptieren.“ Dies ergebe sich zu seiner Überzeugung aus der inzwischen mitgeteilten Sichtweise von Senatskollegen des Antragstellers und werde nach außen auch schon dadurch sichtbar und belegt, dass sich drei der früheren Mitglieder des Senats, wie sich ihm die Dinge seit dem Senatswechsel der dritten Kollegin darstellten, eine weitere Zusammenarbeit mit dem Antragsteller - zumal als Vorsitzendem - nicht vorstellen hätten können und vom Präsidium auf ihren – maßgeblich oder jedenfalls auch hierauf beruhenden – Wunsch anderen Senaten zugewiesen worden seien. Diese Umstände seien ihm bei der Abfassung der dienstlichen Beurteilungen vom 15.02.2008 und 16.03.2010 nicht bekannt gewesen. Außer vagen Gerüchten hätten ihm - anders als heute - damals keine belastbaren eigenen Erkenntnisse vorgelegen, die ihm durchgreifende Zweifel an den Beurteilungsbeiträgen der Senatsvorsitzenden hätten begründen können. Der positiven Einschätzung der Senatsvorsitzenden in ihren Beurteilungsbeiträgen aus den Jahren 2008-2010, die das Verhalten des Antragstellers und sein Ansehen im Senat nicht zutreffend wiedergeben würden, könne er sich deshalb aus heutiger Sicht nicht mehr anschließen. Diese in der Anlassbeurteilung vom 31.05.2012 unverändert übernommene und gegenüber früheren Bewertungen erheblich geänderte Einschätzung persönlicher Charaktereigenschaften des Antragstellers ist auch durch die nunmehr hierfür gegebenen Begründungen nicht ausreichend nachvollziehbar gemacht.
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Bis zum 16.03.2010 wurde dem Antragsteller, der unstreitig alle übrigen Merkmale des nach der Besetzungspraxis insoweit lediglich beschreibenden Anforderungsprofils (vgl. zur Abgrenzung des konstitutiven vom beschreibenden Anforderungsprofil: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom Beschluss vom 07.12.2010 - 4 S 2057/10 -, VBlBW 2011, 193) in hervorragendem Maße erfüllt, in seinem Berufsleben durchgängig eine ausgeprägte und außergewöhnlich hohe soziale Kompetenz im kollegialen Umgang bescheinigt. So ist etwa schon in der dienstlichen Beurteilung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz vom 20.10.1998 beispielhaft ausgeführt: „Professor Dr. F. ist eine selbstbewusste Persönlichkeit mit natürlicher Autorität. Neben seiner fachlichen Überlegenheit besticht er durch Bescheidenheit und Menschlichkeit. Dadurch gestaltet sich auch das Verhältnis zu weniger herausragenden Kollegen problemlos und freundlich. Aus seiner inneren Festigkeit heraus ist es für ihn eine Selbstverständlichkeit, sich ergebnisoffen jeder sachlichen Diskussion zu stellen, Gegenargumente aufzunehmen und mit großer geistiger Beweglichkeit zutreffend zu gewichten. Erforderlichenfalls ist er ohne Empfindlichkeit bereit, den eigenen Standpunkt zu korrigieren.“ Übereinstimmendes findet sich während der Tätigkeit des Antragstellers als Richter am Bundesgerichtshof durchgängig in den von den jeweiligen Beurteilern ohne jeden Vorbehalt in dienstliche Beurteilungen aus Anlass von Bewerbungen des Antragstellers um das Amt eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, zuletzt in die Anlassbeurteilung vom 16.03.2010, übernommenen Beurteilungsbeiträgen der damaligen Vorsitzenden des 2. Strafsenats. Diese hatte etwa in ihrem Beurteilungsbeitrag vom 04.01.2008, auf den sie in ihren Beurteilungsbeiträgen vom 12.02.2010 und vom 11.11.2010 vollinhaltlich verwiesen hat, ausgeführt: „Er genießt im Senat hohe Wertschätzung, und zwar nicht nur wegen seiner überragenden fachlichen Kompetenz, sondern auch wegen seiner Hilfsbereitschaft und seiner menschlichen Art im kollegialen Miteinander. In den Beratungen überzeugt er nicht nur durch wortgewandte und im höchsten Maße sachkundige Diskussionsbeiträge, sondern auch durch seine ausgeprägte Fähigkeit, zuhören zu können und auf die Argumente seines Gegenübers einzugehen.“ Diese Einschätzung hat sie in ihrem Schreiben an den Präsidenten des Bundesgerichtshofs vom 14.12.2010 nochmals ausdrücklich bestätigt. Zu all diesen in den wesentlichen Aussagen übereinstimmenden wertenden Beschreibungen steht die jetzige Bewertung dieser Eigenschaften des Antragstellers in der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 in geradezu diametralem Gegensatz. Die für eine solche - zudem unter Abweichung von dem Beurteilungsbeitrag der Senatsvorsitzenden vom 11.10.2010 angenommene - Verschlechterung gegenüber den dienstlichen Beurteilungen vom 16.03.2010 und auch vom 15.02.2008 erforderliche eingehende und nachvollziehbare Begründung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, a.a.O. und Urteil vom 26.09.2012 - 2 A 2/10 -, a.a.O.) bleiben die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012 und ihr folgend vom 31.05.2012 nach jetziger Erkenntnislage jedoch schuldig.
27 
Nicht ausgeschlossen ist, dass derartige herausragende Befähigungen auch wieder in den Hintergrund treten oder ganz verloren gehen können, etwa dann, wenn durch dauernden persönlichen Erfolg und hohe fachliche Wertschätzung der eigenen Leistung die Neigung, sei es bewusst oder unbewusst, zunimmt, das Gewicht der eigenen Person zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Dies mag insbesondere auch der Fall sein können, wenn im kollegialen Umgang besondere persönliche Spannungen mit Kolleginnen und Kollegen bestehen, die diese naturgemäß anders wahrnehmen als hier der Antragsteller selbst oder auch seine Senatsvorsitzende, die mit der Zusammenarbeit des Antragstellers höchst zufrieden war. Um eine solche negative Entwicklung - und im vorliegenden Fall quasi aus heiterem Himmel - in einer dienstlichen Beurteilung entgegen früheren Einschätzungen annehmen zu können, bedarf es aber einer eingehenden Begründung unter Darlegung belastbarer Tatsachen. Der beurteilende Präsident des Bundesgerichtshofs gründet seine geänderte und in Abweichung von dem Beurteilungsbeitrag der damaligen Senatsvorsitzenden vorgenommene Einschätzung der Sozialkompetenz des Antragstellers in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 im wesentlichen auf die unbestreitbare Tatsache, dass eine Senatskollegin und zwei Senatskollegen des Antragstellers den Senat verlassen haben, und im Übrigen - neben den Stellungnahmen des Antragstellers im Beurteilungsverfahren - auf neue Erkenntnisse, die er anlässlich eines Gesprächs mit der Senatskollegin im April/Mai 2010 zu ihrem Wechselwunsch sowie aus weiteren Sachverhaltsermittlungen, die er auf den Gerichtsbeschluss vom 24.10.2011 hin veranlasst habe, gewonnen habe. Die abweichende Einschätzung der damaligen Senatsvorsitzenden in ihren Beurteilungsbeiträgen und die gegenläufigen aktuellen Erklärungen anderer Kollegen habe er bei der Gesamtabwägung berücksichtigt. Die Ermittlungen seien durch weitere (vertrauliche) Gespräche und die Einholung von zum Teil schriftlichen Auskünften bei den aus dem Senat ausgeschiedenen und den beiden älteren im Senat verbliebenen Mitgliedern sowie weiteren namentlich nicht benannten Kolleginnen und Kollegen des Antragstellers erfolgt. Der genaue Inhalt der erhaltenen mündlichen oder schriftlichen Auskünfte und ihr jeweiliger Urheber, also der weiteren Beurteilungsbeiträge, ist trotz der Aufbewahrung der Unterlagen aber weder in der dienstlichen Beurteilung noch als sonstiger Bestandteil der Personalakte offen gelegt. Zur Unterstützung werden lediglich wenige, zum Teil viele Jahre zurückliegende konkrete Vorfälle genannt. Dies dürfte aber nach Vorstehendem ohne Offenlegung der erhaltenen Informationen, jedenfalls was ihre Tatsachengrundlagen und ihre Urheber betrifft, nicht ausreichend sein, um entgegen dem Beurteilungsbeitrag der Senatsvorsitzenden vom 11.11.2010 einen gegenüber der dienstlichen Beurteilung vom 16.03.2010 derart erheblichen Befähigungsabfall in nachvollziehbarer Weise zu begründen, zumal der eine ausgeschiedene Senatskollege im Wettbewerb um den stellvertretenden Senatsvorsitz dem Antragsteller im Jahr 2008 unterlegen war und der andere als potentieller Konkurrent des Antragstellers um das Amt eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof, wie gerade das jetzige Besetzungsverfahren zeigt, anzusehen war. Dies schließt zwar ihre Beteiligung am Beurteilungsverfahren des Antragstellers nicht von vorneherein aus, erfordert aber eine besonders kritische Würdigung der von ihnen erhaltenen Informationen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 - 2 C 7/06 -, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27). Solche Erwägungen sind in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 und im Widerspruchsbescheid vom 04.05.2012 nicht angestellt. Ohne Kenntnis der konkret erhaltenen Informationen lässt sich seitens des Gerichts ebenso wenig feststellen, ob dies ausnahmsweise entbehrlich war, wie Umstände dazu, ob die insgesamt erhaltenen Informationen eine Abweichung von dem nach ständiger Beurteilungspraxis vorrangig einzuholenden und in erster Linie maßgebenden Beurteilungsbeitrag der Senatsvorsitzenden im Rahmen der Beurteilungsermächtigung des Beurteilers rechtfertigen können.
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Hinzu kommt, dass es im vorliegenden Verfahren maßgeblich darauf ankommt, wie sich die soziale Kompetenz des Antragstellers im beschriebenen Sinne aufgrund neuerer Erkenntnisse während des aktuellen Beurteilungszeitraums darstellt. Hierzu verhält sich die dienstliche Beurteilung vom 31.05.2012, die die Einschätzungen der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 insoweit unbesehen übernimmt, nicht in ausreichendem Maße. So geht sie insbesondere nicht näher darauf ein, dass auch der inzwischen ebenfalls in den Ruhestand getretene neue Senatsvorsitzende dem Antragsteller in seinem Beurteilungsbeitrag vom 10.05.2012 - den sich der Beurteiler „zu eigen“ machte - u.a. attestiert hatte, er verfüge über ein profundes Wissen und ein ausgezeichnetes Argumentationsgeschick, verschließe sich aber in den Beratungen auch Gegenargumenten nicht, ohne dass von einem „überheblichen“ oder gar „aggressiven“ Verhalten des Antragstellers auch nur ansatzweise die Rede ist. Dies hätte vor Erstellung der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 unter Heranziehung oder ggf. Verschaffung weiterer Erkenntnisse zumindest eine kritische Hinterfragung der in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 insoweit gewonnenen Einschätzung nahelegen müssen, insbesondere zumindest auch dazu, ob mit Blick auf unterschiedlich wahrgenommene Verhaltensweisen des Antragstellers eine Herabstufung um eine Bewertungsstufe gerechtfertigt gewesen ist und nicht vielmehr eine gewisse Differenzierung innerhalb der Bewertungsstufe „besonders geeignet“ ausreichend wäre. Dies ist nicht geschehen. So sind etwa die nach dem 25.02.2011, dem ausdrücklich erklärten Beginn des Beurteilungszeitraums der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012, im Verfahren 4 K 2146/11 vorgelegten und in eine ähnliche Richtung gehenden Versicherungen an Eides Statt mehrerer Senatskolleginnen und -kollegen des Antragstellers von August/September 2011 zu der Zusammenarbeit mit ihm auch und gerade in Zeiten, in der er den Senatsvorsitz vertretungsweise wahrnahm (01.02.2011 bis 31.12.2011), in der dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 ebenso wie in dem Widerspruchsbescheid vom 18.09.2012 nicht einmal mehr erwähnt, geschweige denn zusammen mit dem Beurteilungsbeitrag des Senatsvorsitzenden vom 10.05.2012 wertend berücksichtigt.
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3.2.2 Die dienstliche Beurteilung vom 31.05.2012 erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als offensichtlich rechtmäßig. Zwar werden dem Antragsteller darin weitere Umstände vorgehalten, durch die der beurteilende Präsident des Bundesgerichtshofs „seine Zweifel an der besonderen persönlichen Eignung des Antragstellers“ für das Amt eines Vorsitzenden „bestätigt“ sieht. Es ist jedoch ungeachtet der Richtigkeit und Berechtigung dieser Vorhaltungen offen, ob alleine sie zur Herabstufung einer im Übrigen nach wie vor als bestehend erachteten besonderen Eignung des Antragstellers für das angestrebte Amt führen würden. Daher bedarf es im vorliegenden Verfahren auch keiner Entscheidung, ob mit Blick auf die erheblichen Defizite schon in der Sachverhaltsermittlung vor Erstellung der durch die dienstliche Beurteilung vom 10.01.2012 ersetzten dienstlichen Beurteilung vom 08.12.2010 (vgl. dazu den Beschluss vom 24.10.2011 - 4 K 2146/11 -) und die Aufnahme umfangreicher, aber überflüssiger, weil ausdrücklich nicht berücksichtigter Erwägungen zu Lasten des Antragstellers in der dienstlichen Beurteilung vom 10.01.2012 Anhaltspunkte für eine tatsächliche Voreingenommenheit des beurteilenden Präsidenten des Bundesgerichtshofs bestehen (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 23.04.1998 - 2 C 16/97 -, BVerwGE 106, 318 = IÖD 1999, 2; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.06.2012 - 4 S 472/12 -, a.a.O.).
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3.3 Spricht danach nach derzeitigem Erkenntnisstand vieles dafür, dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 31.05.2012 im Verfahren 1 K 2228/12 keinen Bestand haben und eine Neubeurteilung erforderlich werden wird, ist auch der Ausgang des vorliegenden Besetzungsverfahrens als offen anzusehen. Zwar hat die Antragsgegnerin bei ihren Auswahlerwägungen in Rechnung gestellt, dass der (erstmals) im Gesamturteil ihrer dienstlichen Beurteilung vom 31.05.2012 ebenfalls mit „besonders geeignet“ beurteilten Beigeladenen auch dann der Vorzug zu geben sei, wenn der Antragsteller im Rechtsbehelfsverfahren letztlich ein Gesamturteil „besonders geeignet“, mithin einen Beurteilungsgleichstand erstreiten könnte. Sie hat hierbei auf – nicht vom allgemeinen Anforderungsprofil umfasste – umfangreichere Erfahrungen der Beigeladenen im Verkehrsstrafrecht sowie bei Entscheidungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen wegen ihrer langjährigen Tätigkeit im 4. Strafsenat und die Kriterien des § 8 BGleiG verwiesen. Sie hat dabei jedoch übersehen, dass vor einem Rückgriff auf solche Hilfskriterien erst frühere Beurteilungen zusätzlich zu der aktuellen dienstlichen Beurteilung heranzuziehen sind, die dann eine länger andauernde positive Leistungsentwicklung des Antragstellers nahe legen könnten. Darauf, ob die Beigeladene das so genannte „spezielle Anforderungsprofil“, das allenfalls im Sinne eines Hilfskriteriums bei Beurteilungsgleichstand in jeder Beziehung verstanden werden kann, besser erfüllt als der Antragsteller, kommt es danach nicht mehr an, abgesehen davon, dass das für eine Senatszuweisung allein zuständige und zum Zeitpunkt der Entscheidung aktuelle Präsidium des Bundesgerichtshofs dem im vorliegenden Besetzungsverfahren erfolgreichen Bewerber auch den Vorsitz des 2. Strafsenats übertragen könnte.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Tenor

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladene zur Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts zu ernennen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behält.

Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, die Beigeladene zur Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts zu ernennen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist, hat Erfolg. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung der Beigeladenen zur Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers in dem Beförderungsverfahren zur Besetzung einer Stelle einer Vizepräsidentin / eines Vizepräsidenten des Arbeitsgerichts beim Arbeitsgericht Freiburg (Ausschreibung ...).
Das Justizministerium hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 24.06.2015 mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, dem Ministerpräsidenten die Ernennung der Beigeladenen zur Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts vorzuschlagen. Diese Mitteilung kündigt die Ernennung der Beigeladenen, d.h. den Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102), nach Verstreichen einer Wartefrist an. Sie soll unterlegenen Bewerbern Gelegenheit geben, vorbeugend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um die Ernennung zu verhindern. Ein Bewerber, der davon Gebrauch macht, verfolgt einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf vorbeugende Unterlassung der Ernennung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2011 - 2 B 106/11 -, juris Rn. 13). Er muss ferner diesen Anspruch durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle. Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, BVerwGE 145, 112, juris Rn. 22).
II.
Hierbei sind nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung im Wesentlichen folgende Grundsätze zu beachten:
1. Ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 19). Dieser Prüfungsmaßstab ist – wie im Hauptsacheverfahren – auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ebenfalls nicht strenger sein dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 12 ff.).
2. Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.02.2009 - 2 A 7.06 -, BVerwGE 141, 361 und Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, a.a.O).
3. Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch), wobei der Dienstherr an das gegebenenfalls von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden ist, mit welchem er die Kriterien für die Auswahl der Bewerber im Voraus festlegt (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58, vom 04.11.2010, a.a.O., und vom 26.01.2012 - 2 A 7.09 -, BVerwGE 141, 361). Zur Sicherung des Gebotes effektiven Rechtsschutzes folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG auch die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 14).
4. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Der gebotene Vergleich der dienstlichen Beurteilungen muss bei gleichen Maßstäben in sich ausgewogen und stimmig sein. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Liegen für mehrere Bewerber Beurteilungen mit gleichlautenden Gesamturteilen vor, sind die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen. Der Dienstherr muss dabei der Frage nachgehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt ermöglichen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, bei der gebotenen inhaltlichen Ausschärfung der Beurteilungen einer ungerechtfertigten Überbewertung nur geringfügiger Unterschiede zu begegnen, etwa dadurch, dass er die Einzelfeststellungen in ihrer Wertigkeit gewichtet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1/13 -, BVerwGE 147, 20, juris Rn. 47 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.01.2015 - 6 B 1365/14 -, juris Rn. 4; Bodanowitz, in: Schnellenbach/Bodanowitz, Dienstliche Beurteilung, Stand: Juni 2015, B IV Rn. 260).
Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Die Beurteilungen dürfen keine rechtlichen Mängel aufweisen, die zur Rechtswidrigkeit der auf sie gestützten Auswahlentscheidung führen können und bei der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden müssten. Sie müssen in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar sein.
10 
Anlassbeurteilungen, die regelmäßig einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden, müssen aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden; sie dürfen diese lediglich fortentwickeln. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen – sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall – ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung. Dem Entwicklungscharakter solcher Anlassbeurteilungen entspricht es, dass Leistungssprünge nur ausnahmsweise zu verzeichnen sein dürften, das Notengefüge der Anlassbeurteilungen also im Wesentlichen demjenigen der Regelbeurteilungen entspricht. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, BVerwGE 145, 112, juris Rn. 30 f.; nunmehr ausdrücklich auch die Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums über die dienstliche Beurteilung von Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten vom 11.09.2015 Abschnitt 3.6.). Diese Grundsätze finden auch für das Verhältnis von Anlassbeurteilungen untereinander Anwendung (vgl. für den Fall fehlender Regelbeurteilungen den Beschluss der Kammer vom 17.01.2013 - 1 K 2614/12 -, juris Rn. 23). Denn die in einer Anlassbeurteilung angestellte Eignungsprognose stützt sich ebenso wie das Gesamturteil der Regelbeurteilung auf die im ausgeübten Amt erbrachten Leistungen. Deren Feststellung und Bewertung ist jedoch unabhängig von der Art der Beurteilung und unterliegt damit dem Gebot der Fortentwicklung.
11 
5. Die dienstlichen Beurteilungen können von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Die maßgebliche Beurteilung darüber, wie Leistungen eines Beamten bzw. Richters einzuschätzen sind und ob und in welchem Grad er die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden jeweiligen Beurteiler vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den rechtlichen Rahmen und die anzuwendenden Begriffe zutreffend gewürdigt, ob er richtige Sachverhaltsannahmen zugrunde gelegt und ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet und sachfremde Erwägungen unterlassen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen (vgl. insgesamt VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2015 - 4 S 1733/15 -, juris Rn. 3 ff.).
III.
12 
Von diesen Maßgaben ausgehend liegt eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers vor.
13 
Die Kammer hat bereits Zweifel, ob eine an den Anforderungen des angestrebten Beförderungsamtes ausgerichtete Eignungsprognose als alleiniges zusammenfassendes Gesamturteil einer dienstlichen Anlassbeurteilung – wie in Nr. 4 Abs. 5 der hier noch anwendbaren Beurteilungsrichtlinie für Richter und Staatsanwälte vom 15.10.2008 vorgesehenfür eine Auswahlentscheidung tragfähig ist. Denn die Anlassbeurteilung muss ebenso wie eine Regelbeurteilung eine Bewertung der im Beurteilungszeitraum erbrachten dienstlichen Leistungen im ausgeübten Amt zum Gegenstand haben, die zusammen mit den Befähigungseinschätzungen Rückschlüsse auf die Eignung für das zu vergebende Amt zulässt (vgl. zur Unterscheidung zwischen der für die Auswahlentscheidung zusätzlich erforderlichen Eignungsprognose und der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen: BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 -, juris Rn. 45, 49).
14 
Im Ergebnis kann dies jedoch offen bleiben, da sich im vorliegenden Fall auf der Grundlage der Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen jedenfalls der vom Antragsgegner angenommene Leistungsvorsprung der Beigeladenen nicht annehmen lässt. Denn die im Rahmen der Auswahlentscheidung herangezogenen Anlassbeurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen erweisen sich schon wegen fehlender Begründung der jeweiligen Eignungsprognose als rechtsfehlerhaft und sind damit keine taugliche Auswahlgrundlage (dazu unter 1.). Die Beurteilung der Beigeladenen verstößt zudem gegen das Gebot der Fortentwicklung dienstlicher Beurteilungen (dazu unter 2.).
15 
1. Die in einer Anlassbeurteilung auf Grundlage der Bewertung der im ausgeübten Amt erbrachten Leistungen und der Befähigungseinschätzungen zu erstellende Eignungsprognose (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.2015 - 2 C 12/14 -, juris Rn. 45) bedarf einer gesonderten nachvollziehbaren Begründung in der Beurteilung. Denn allein aus der wertenden textlichen Beschreibung der im ausgeübten Amt erbrachten Leistungen und der bestehenden Befähigungen erschließt sich die prognostizierte Erfüllung der im angestrebten Beförderungsamt bestehenden Anforderungen schon mit Blick auf die gegenüber dem ausgeübten Amt höheren und unterschiedlichen Anforderungen des Beförderungsamtes nicht ohne Weiteres. Dies folgt für eine dem zuständigen Beurteiler übertragene Eignungsprognose als maßgebender vorweggenommener Teil der Auswahlentscheidung schon in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Pflicht zur schriftlichen Dokumentation der maßgebenden Auswahlerwägungen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 14 m.w.N.). Hieran fehlt es in den zugrunde gelegten Anlassbeurteilungen von Antragsteller und Beigeladener völlig. Erwägungen zu den vorgenommenen Eignungsprognosen – im Form einer lediglich kursorischen Plausibilitätsprüfung – finden sich erst im Auswahlvermerk des Justizministeriums vom 23.04.2015 zu der schlechteren Eignungsprognose eines weiteren Bewerbers, während bei Antragsteller und Beigeladener lediglich eine vergleichende Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen durch Betrachtung von Einzelaussagen und eine Erläuterung des Notensprungs der Beigeladenen erfolgte. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob eine fehlende Begründung der Eignungsprognose in der Anlassbeurteilung durch die in dem Auswahlvermerk niedergelegten Auswahlerwägungen nachgeholt werden könnte.
16 
2. Die Anlassbeurteilung der Beigeladenen vom 07.01.2015 ist zudem keine taugliche Grundlage für die Auswahlentscheidung des Antragsgegners, weil sie keine Entwicklung der Leistung und Befähigung der Beigeladenen aufzeigt, die den Notensprung im Gesamturteil im Vergleich zur letzten Regelbeurteilung der Beigeladenen nachvollziehbar begründen könnte. Der Beigeladenen wurde in der Regelbeurteilung vom 14.05.2013 für den Beurteilungszeitraum 01.04.2009 bis 31.03.2013 bescheinigt, die Anforderungen im ausgeübten Amt zu übertreffen. Dieselbe Notenstufe erhielt die Beigeladene in der Anlassbeurteilung vom 07.01.2015 für den Beurteilungszeitraum vom 01.04.2013 bis 31.12.2014 bezogen auf das angestrebte Amt einer Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts, welches jedoch mit höheren Anforderungen als das von ihr ausgeübte Amt verbunden ist (vgl. die Anforderungsprofile der Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie). In einem solchen Fall angenommener Leistungssteigerung bedarf es angesichts des im höheren Statusamt anzulegenden strenge(re)n Beurteilungsmaßstabs und des Erfahrungssatzes, dass eine Beurteilung im neuen Amt grundsätzlich nur dann besser ausfällt, wenn der beförderte Beamte oder Richter seine bisher gezeigten Leistungen weiter gesteigert hat, einer hinreichenden Begründung in der dienstlichen Beurteilung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.11.2014 - 4 S 1641/14 -, juris Rn. 16). Diesen besonderen Darlegungspflichten war der Beurteiler der Beigeladenen auch nicht enthoben, weil die Beigeladene anlässlich des Endes ihrer Abordnung an das Landesarbeitsgericht mit Anlassbeurteilung vom 01.04.2011 die Gesamtbeurteilung „übertrifft teilweise die Anforderungen“ hinsichtlich der Anforderungen des Amts einer Vorsitzenden Richterin am Landesarbeitsgericht erhalten hatte. Denn die Regelbeurteilung der Beigeladenen schloss den dieser Anlassbeurteilung zugrundeliegenden Beurteilungszeitraum ein und bezog sich zudem auch auf die in den nachfolgenden zwei Jahren erbrachten Leistungen. Selbst wenn man davon ausginge, dass mit der Regelbeurteilung vom 14.05.2013, die Beigeladene unter Verstoß gegen die oben dargestellte Pflicht zur Begründung von Leistungssprüngen – dies schließt einen etwaigen Leistungsabfall ein – beurteilt wurde und sich damit ggf. das Gesamturteil der Regelbeurteilung als fehlerhaft erweisen würde, was von dem Antragsgegner nicht geltend gemacht wird, hätte es unter Berücksichtigung obiger Erwägungen auch in diesem Fall einer besonderen Darlegung in der aktuellen Anlassbeurteilung der Beigeladenen bedurft.
17 
An der danach erforderlichen nachvollziehbaren Begründung der Leistungsentwicklung der Beigeladenen im maßgeblichen Beurteilungszeitraum vom 01.04.2013 bis 31.12.2014 durch den zuständigen Beurteiler fehlt es entgegen der Annahmen im Auswahlvermerk.
18 
Die Beurteilung der Beigeladenen nimmt zwar auf ihre Persönlichkeitsentwicklung Bezug, stellt dabei aber auf einen Prozess ab, der bereits im Jahr 2009 begonnen haben soll. Nicht ersichtlich ist, welche Entwicklung der Beurteiler bei der Beigeladenen im Beurteilungszeitraum selbst sieht. Soweit der Beigeladenen des Weiteren eine sehr gut ausgeprägte soziale Kompetenz – gegenüber einer guten Ausprägung zum Ende des Regelbeurteilungszeitraums knapp 21 Monate zuvor – bescheinigt wird, lässt sich anhand der Anlassbeurteilung ebenfalls nicht nachvollziehen, auf welche Entwicklung im Beurteilungszeitraum sich diese Einschätzung stützt. Im Gegenteil entspricht die textliche Erläuterung weitgehend der Regelbeurteilung vom 14.05.2013. Hinsichtlich der Führungskompetenz der Beigeladenen beziehen sich die Ausführungen der Anlassbeurteilung im Wesentlichen auf Tätigkeiten, die bereits Gegenstand der vorangegangenen Regelbeurteilung waren und schon im dort maßgeblichen Zeitraum stattfanden (Vertretungstätigkeit während der Abordnung der ehemaligen Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts an das Landesarbeitsgericht vom 01.07.2012 bis 31.03.2013; Präsidiumstätigkeit; Bereitschaft zur Übernahme zusätzlicher Aufgaben; Organisation der Einführungsveranstaltung für ehrenamtliche Richter; Projekt: Spracherkennung). Eine Weiterentwicklung der Führungskompetenz der Beigeladenen im Beurteilungszeitraum lässt sich hieraus nicht ableiten. Die nunmehr gestellte Eignungsprognose, dass die Beigeladene die Anforderungen an das Amt einer Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts übertreffen wird, genügt nach alledem nicht dem Gebot der Fortentwicklung dienstlicher Beurteilungen.
IV.
19 
Auch bei Annahme einer fehlerhaften Auswahlentscheidung setzt ein Anspruch des Antragstellers auf eine erneute Auswahlentscheidung voraus, dass sich der Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Die Aussichten des Antragstellers im Falle eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens zum Zuge zu kommen, müssen zumindest offen sein. Das heißt seine Auswahl muss zumindest möglich erscheinen; seine Bewerbung darf nicht offensichtlich chancenlos sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 19). Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall von hinreichenden Erfolgsaussichten der Bewerbung des Antragstellers auszugehen. Es ist bereits offen, ob es bei erneuter Anlassbeurteilung des Antragstellers und der Beigeladenen zu einem Beurteilungsgleichstand im Gesamturteil kommen wird.
20 
Bei einer gegebenenfalls notwendigen inhaltlichen Ausschärfung der Beurteilungen in einem erneuten Auswahlverfahren wird der Antragsgegner auch die der aktuellen, ebenfalls dem Fortentwicklungsgebot unterliegenden Anlassbeurteilung vorausgegangenen Beurteilungen des Antragstellers hinreichend würdigen müssen. Dabei kann offenbleiben, ob dies bereits – wie der Antragsteller meint – zur Herstellung vergleichbarer Beurteilungszeiträume geboten ist. Jedenfalls lässt sich unter Berücksichtigung der vorangegangenen Anlassbeurteilungen des Antragstellers vom 31.03.2014 für den Beurteilungszeitraum 01.07.2012 bis 28.02.2014 und vom 31.07.2012 für den Beurteilungszeitraum 01.10.2011 bis 30.06.2012 (seine letzte Regelbeurteilung datiert vom 04.05.2009 und enthält für den Beurteilungszeitraum 01.02.2006 bis 31.03.2009 das Gesamturteil „übertrifft die Anforderungen“) nicht ohne Weiteres eine – dem Vergleich mit textlichen Aussagen anderer Beurteilungen zugängliche – negative oder neutrale Aussage zur fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers hinsichtlich der nicht weiter erwähnten Kriterien des Anforderungsprofils entnehmen. Im Gegenteil ist aufgrund der formalen Gliederung der Anlassbeurteilung vom 29.12.2014 davon auszugehen, dass der Beurteiler des Antragstellers – entsprechend den Vorgaben des Abschnitts IV. des durch den Antragsgegner vorgelegten Besprechungsergebnisses der aufsichtsführenden Richter zur Regelbeurteilung 2013 – der fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers bei Findung des Gesamturteils besondere Bedeutung beigemessen hat. Vor dem Hintergrund der gebotenen Fortentwicklung der vorherigen Beurteilungen des Antragstellers dürften die textlichen Aussagen in der Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 29.12.2014 auch nicht so zu verstehen sein, dass sie lediglich aufgrund der starken Verhandlungskompetenz und der kommunikativen Fähigkeiten des Antragstellers die Notenstufe „übertrifft die Anforderungen“ rechtfertigen. Denn der Antragsteller wurde erst am 31.03.2014 hinsichtlich seiner Eignung für das Amt eines Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht – wie schon in seiner Abordnungsbeurteilung vom 31.07.2012 – mit der zusammengefassten Beurteilung „übertrifft teilweise die Anforderungen“ beurteilt. Damit wurde dem Antragsteller, ohne dass dies vom Antragsgegner in Frage gestellt wird, eine „besonders ausgeprägte Fachkompetenz“ sowie eine „besondere Fähigkeit zur vertieften Auseinandersetzung mit Rechtsproblemen“ und „besonderes Verständnis für die praktischen Konsequenzen rechtlicher Lösungsansätze“ attestiert (vgl. Anlage 3 zur Beurteilungsrichtlinie, Anforderungsprofil für einen Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Nr. 2). Aus diesen Bewertungen dürfte insgesamt zu schließen sein, dass der Antragsteller die Anforderungen, die an die Fachkompetenz eines Vizepräsidenten des Arbeitsgerichts gestellt werden, übertrifft.
V.
21 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.06.2015 - 1 K 499/15 -, juris Rn. 23).

(1) Das Arbeitsgericht besteht aus der erforderlichen Zahl von Vorsitzenden und ehrenamtlichen Richtern. Die ehrenamtlichen Richter werden je zur Hälfte aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber entnommen.

(2) Jede Kammer des Arbeitsgerichts wird in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und je einem ehrenamtlichen Richter aus Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber tätig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens unter Ausschluss der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese auf sich behält.

3. Der Streitwert wird auf 5000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, den Beigeladenen zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof zu ernennen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung des Beigeladenen zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nach dem Antrag des Antragstellers die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers in dem Beförderungsverfahren, das mit Blick auf den altersbedingten Ruhestand des Vorsitzenden des X. Strafsenats des Bundesgerichtshofs mit Ablauf des 31.10.2014 eingeleitet worden ist. Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs hat dem Antragsteller und dem anderen im vorliegenden Auswahlverfahren unterlegenen Mitbewerber am 12.02.2015 mitgeteilt, dass der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz beabsichtige, dem für die Ernennung zuständigen Bundespräsidenten (Art. 60 Abs. 1 GG) die Ernennung des Beigeladenen zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof vorzuschlagen. Diese Mitteilung kündigt die Ernennung des Beigeladenen, d.h. den Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102), für den Fall an, dass der Bundespräsident nach Verstreichen einer Wartefrist die ihm von der obersten Bundesbehörde vorgeschlagene Auswahl des nach ihrer Ansicht am besten geeigneten Bewerbers in seinen Willen aufnimmt und damit die der Auswahl zugrunde liegenden Erwägungen der obersten Bundesbehörde zum Inhalt der von ihm zu treffenden statusrechtlichen Entscheidung macht (vgl. ausführlich zum Ernennungsverfahren in diesen Fällen und zu dem Prüfungsrecht des Bundespräsidenten: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.1996 - 4 S 1929/96 -, ESVGH 47, 6). Sie soll unterlegenen Bewerbern Gelegenheit geben, vorbeugend gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um die Ernennung zu verhindern. Ein Bewerber, der davon Gebrauch macht, verfolgt einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf vorbeugende Unterlassung der Ernennung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.12.2011 - 2 B 106/11 -, juris Rn 13). Er muss ferner diesen Anspruch durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle. Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, juris Rn 22).
II.
Hierbei sind nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung im Wesentlichen folgende Grundsätze zu beachten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 VR 5/12 -, BVerwGE 145, 112; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.06.2012 - 4 S 472/12 -, VBlBW 2012, 423; VG Karlsruhe, Beschluss vom 17.01.2013 - 1 K 2614/12 -, NVwZ-RR 2013, 233):
1. Ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist – wie im Hauptsacheverfahren – auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ebenfalls nicht strenger sein dürfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, DVBl. 2002, 1633; BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 - 2 VR 3.03 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12.04.2005 - 4 S 439/05 - NVwZ-RR 2005, 585, vom 21.12.2006 - 4 S 2206/06 -, vom 04.07.2008 - 4 S 2834/07 -, und vom 20.01.2011 - 4 S 2660/10 -, VBlBW 2011, 306).
2. Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.10.2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147, vom 25.11.2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237, vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99, vom 11.02.2009 - 2 A 7.06 -, Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44, und vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102).
3. Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch), wobei der Dienstherr an das gegebenenfalls von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden ist, mit welchem er die Kriterien für die Auswahl der Bewerber im Voraus festlegt (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58, vom 04.11.2010, a.a.O., und vom 26.01.2012 - 2 A 7.09 -, a.a.O. Rn 17; Beschluss vom 25.10.2011 - 2 VR 4.11 -, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).
4. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen ist auf das Statusamt bezogen. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 - 2 VR 1/14 -, juris Rn. 22 f.). Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Ergibt sich danach kein Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied von Bewerbern, ist der Dienstherr verpflichtet, die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber inhaltlich auszuschöpfen, d.h. der Frage nachzugehen, ob sich aus den jeweiligen Einzelfeststellungen Anhaltspunkte für einen Qualifikationsvorsprung bzw. für eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt gewinnen lassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.06.2011 - 4 S 1075/11 -, NVwZ-RR 2012, 73; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2012 - 1 B 214/12 -, juris).
5. Wegen der maßgeblichen Bedeutung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen für den Bewerbervergleich kann sich eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs gerade auch aus einem Fehler der dienstlichen Beurteilung der konkurrierenden Beamten ergeben. Solche Fehler sind denkbar, wenn die Beurteilung des bei der Bewerberauswahl nicht zum Zuge gekommenen Beamten zu seinen Lasten fehlerhaft (also zu schlecht) oder die Beurteilung des ausgewählten Beamten zu dessen Gunsten fehlerhaft (also zu gut) ausfällt. Beide Fehler kann der konkurrierende Beamte geltend machen, um die Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs zu begründen (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.05.2015 - 13 L 2381/14 -, juris Rn. 21). Dienstliche Beurteilungen sind durch das Gericht aber nur beschränkt überprüfbar. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die jeweiligen Amtsträger gegen Verfahrensvorschriften oder -regeln des Beurteilungsrechts verstoßen haben, der gesetzliche Rahmen oder die anzuwendenden Begriffe verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist oder ob ein Beurteiler allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356, juris Rn. 8).
III.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist nach der auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen vertiefenden Überprüfung keine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers festzustellen. Die Auswahlentscheidung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und genügt inhaltlich den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG.
10 
1. Das vom zuständigen Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführte Auswahlverfahren dürfte frei von Verfahrensfehlern zum Nachteil des Antragstellers sein. Die Kammer kann offenlassen, ob die vor Abgabe des Besetzungsvorschlags der Präsidentin des Bundesgerichtshofs unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung am Bundesgerichtshof durch deren nachträgliche Beteiligung geheilt werden kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.09.2013 - 4 S 547/12 -, juris Rn. 27 zu § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Ein etwaiger Verfahrensfehler hat sich jedenfalls nicht zum Nachteil des Antragstellers ausgewirkt. Denn dem Besetzungsvorschlag kommt keine rechtliche Außenwirkung zugunsten eines Bewerbers zu. Er hindert eine abweichende Besetzung nicht und ist lediglich eine, wenn auch nicht unwesentliche Entscheidungshilfe für den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, der das Vorschlagsrecht gegenüber dem Bundespräsidenten ausübt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.08.1996 - 4 S 1929/96 -, ESVGH 47, 6, juris Rn. 11). Auch ein ggf. rechtsfehlerhaft ergangener Besetzungsvorschlag kann mithin nicht zur Rechtswidrigkeit einer im Übrigen rechtlich nicht zu beanstandenden Auswahlentscheidung führen. Im Übrigen ist kein Verstoß gegen das Anhörungs- und Unterrichtungsrecht gemäß § 95 Abs. 2 SGB IX ersichtlich. Die Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz wurde am Auswahlverfahren beteiligt. Auch eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung am Bundesgerichtshof ist – jedenfalls im Vorfeld der Auswahlentscheidung – erfolgt. Es wurden keine Bedenken gegen die Auswahl des Beigeladenen erhoben. Auf die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erstreckt sich § 95 Abs. 2 SGB IX von vornherein nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.06.1990 - 4 S 1810/88 -, juris Rn. 42 und BVerwG, Beschluss vom 14.12.1990 - 2 B 106/90 -, juris Rn. 7 f. jeweils zur Vorgängernorm des § 25 Abs. 2 Schwerbehindertengesetz).
11 
2. In der Sache dürfte die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung zu Recht auf die dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen und des Antragstellers gestützt haben. Die rechtlich voraussichtlich nicht zu beanstandenden Anlassbeurteilungen führen bereits ihrem Gesamtergebnis nach zu einem Leistungsvorsprung des Beigeladenen und tragen damit die Auswahl des Beigeladenen.
12 
a) Soweit der Antragsteller in seiner Anlassbeurteilung vom 16.10.2014 eine vermeintliche Herabstufung der Bewertung seiner fachlichen Qualifikation sieht, folgt die Kammer dieser Einschätzung nicht. Die fachlichen Kenntnisse des Antragstellers dürften durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs nicht schlechter beurteilt worden sein als in den vorangegangenen Anlassbeurteilungen vom 18.05.2012 und 09.12.2010.
13 
aa) Die Präsidentin hat sich in ihrer Beurteilung ausdrücklich der Einschätzung der fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers durch den Vorsitzenden des X. Strafsenats vom 31.07.2014 angeschlossen. Sie ist dabei von einer „sehr guten Einschätzung der fachlichen Befähigung und Leistung des Antragstellers“ ausgegangen. Soweit sie dem Antragsteller ergänzend „ausgeprägte Kenntnisse im Bereich des allgemeinen Strafrechts, des Steuerstrafrechts sowie des Strafprozessrechts bescheinigt“ dient das aus Sicht der Kammer ausschließlich der Abstufung zwischen den noch besser eingestuften Kenntnissen des Antragstellers im Bereich der Internet- und Cyberkriminalität. Diese abgestufte Bewertung findet sich sowohl im Beurteilungsbeitrag des Vorsitzenden des X. Strafsenats vom 31.07.2014 als auch in dem vom Antragsteller angeführten Beurteilungsbeitrag des damaligen Vorsitzenden des X. Strafsenats vom 02.11.2010, dem sich der Präsident des Bundesgerichtshofs in seiner Anlassbeurteilung vom 09.12.2010 ausdrücklich angeschlossen hat, wieder. Dem Antragsteller wurden im Beurteilungsbeitrag vom 02.11.2010 zwar „herausragende juristische Kenntnisse“ bescheinigt. Darin liegt jedoch eine Gesamtwürdigung der juristischen Kenntnisse des Antragstellers. Erst im Anschluss geht der Beurteilungsbeitrag auf die breite Fächerung der Kenntnisse des Antragstellers ein und hebt die besonderen Kenntnisse des Antragstellers auf dem Gebiet der Internet- und Cyberkriminalität hervor.
14 
bb) Die angegriffene Bewertung der Fachkenntnisse des Antragstellers mit der Beurteilung vom 16.10.2014 steht dazu nicht im Widerspruch. Auch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs dürfte weiterhin von insgesamt herausragenden juristischen Kenntnisse des Antragstellers ausgegangen sein, da sie sich ausdrücklich die „sehr gute Einschätzung der Befähigung und Leistung“ des Antragstellers im Beurteilungsbeitrag des Vorsitzenden des X. Strafsenats vom 31.07.2014 zu eigen gemacht hat. Entscheidend dürfte in diesem Zusammenhang sein, dass die Beurteilung des Antragstellers insgesamt von „gut geeignet (im oberen Bereich)“ auf „sehr gut geeignet“ angehoben wurde, ohne dass in der Anlassbeurteilung vom 16.10.2014 ein Bereich besonders hoher Leistungssteigerungen erkennbar ist, der bei einer vermeintlichen Herabstufung des Antragstellers hinsichtlich seiner fachlichen Kenntnisse oder seiner fachliche Befähigung und Leistung insgesamt noch eine Anhebung der Beurteilung gerechtfertigt hätte. Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs dürfte mithin insgesamt von einer Steigerung und keinem Leistungs- bzw. Befähigungsabfall des Antragstellers ausgegangen sein. Im Übrigen vermag die Kammer auch keinen Widerspruch zwischen der zuvor festgestellten „hervorragenden Leistung und Befähigung“ des Antragstellers (Anlassbeurteilung vom 18.05.2012) sowie der nunmehr „sehr guten Einschätzung der fachlichen Befähigung und Leistung“ zu erkennen. Denn selbst eine besonders hervorragende Leistung kann in der Bewertungssprache ohne Weiteres als „sehr gut“ eingestuft werden (vgl. bspw. § 15 JAPrO Baden-Württemberg).
15 
b) Rechtlich durchgreifende Bedenken lassen sich gegen die Beurteilung des Antragstellers nicht daraus herleiten, dass die Präsidentin in ihrer Beurteilung auf die Schwerbehinderung des Antragstellers nicht eingegangen ist.
16 
aa) Bei der Beurteilung Schwerbehinderter sind durch die Behinderung bedingte Minderleistungen quantitativer Art zu berücksichtigen. In qualitativer Hinsicht sind dagegen die für alle Beamten und Richter geltenden Beurteilungsmaßstäbe anzulegen. Eine Berücksichtigung behinderungsbedingter qualitativer Leistungsmängel würde sonst zu einer fiktiven Leistungsbewertung und damit letztlich zu einer weder vom Gesetz gewollten noch sachlich gerechtfertigten Bevorzugung des Schwerbehinderten führen, die mit dem Leistungsgrundsatz nicht vereinbar wäre (BVerwG, Urteil vom 25.02.1988 - 2 C 72/85 -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.06.2009 - 4 S 213/09 -, juris Rn. 27).
17 
bb) In quantitativer Hinsicht sind der Anlassbeurteilung des Antragstellers keinerlei zu seinen Lasten berücksichtigte Minderleistungen zu entnehmen. Im Gegenteil wird dem Antragsteller durch den Vorsitzenden des X. Strafsenats eine „hohe Arbeitskraft“ bescheinigt und die neben seinem Richteramt wahrgenommene wissenschaftliche Tätigkeit hervorgehoben. Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs würdigt zudem ausdrücklich die vom Antragsteller übernommene Bearbeitung hoher Bestände eines ausgeschiedenen Kollegen.
18 
cc) Auch der Antragssteller macht durch seine Behinderung bedingte Minderleistungen nicht geltend, sondern begehrt letztlich die besondere Würdigung seines erhöhten persönlichen Einsatzes, mit dem er die Beeinträchtigungen durch seine Schwerbehinderung ausgeglichen habe. Entsprechende Beeinträchtigungen musste die Präsidentin des Bundesgerichtshofs bei ihrer Beurteilung jedoch nicht berücksichtigen, da der Antragsteller diese erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat. Der Antragsteller hat zwar bereits Anfang des Jahres 2014 seine Schwerbehinderung angezeigt, jedoch hatte die Antragsgegnerin keinerlei Anhaltspunkte auf konkrete Beeinträchtigungen des Antragstellers. Auch wenn der Antragsteller insoweit – grundsätzlich zu Recht – auf die Fürsorgepflicht der Antragsgegnerin verweist (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2014 - 13 K 7118/12 -, juris Rn. 87 ff.), war die Antragsgegnerin zu Ermittlungen ins Blaue hinein auch unter Berücksichtigung ihrer Fürsorgepflicht nicht verpflichtet. Der Antragsteller hat nach seinem eigenen Vortrag weder unmittelbar nach der rückwirkend erfolgten Zuerkennung des Schwerbehindertenstatus noch in den Gesprächen mit der Präsidentin des Bundesgerichtshofs vor und nach Erstellung seiner Anlassbeurteilung auf konkret durch seine Schwerbehinderung begründete Einschränkungen hingewiesen. Ebenso wenig hat er in diesem Zusammenhang bereits die Richtigkeit der Anlassbeurteilungen vom 18.05.2012 und vom 09.12.2010 beanstandet. Im Gegenteil trägt der Antragsteller selbst vor, neben seinem unstreitig hohen Arbeitseinsatz „– gerichtsbekannt – in den letzten 40 Jahren zahlreiche politische Aufgaben und Ämter wahrgenommen“ habe. Nach alledem durfte die Präsidentin bei ihrer Beurteilung davon ausgehen, dass Einschränkungen des Antragstellers aufgrund seiner Schwerbehinderung nicht bestanden.
19 
c) Die Gesamturteile beider dienstlichen Beurteilungen, auf die die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung tragend stützt, werden sich voraussichtlich auch nicht deshalb als fehlerhaft erweisen, weil die Präsidentin des Bundesgerichtshofs ihren Besetzungsvorschlag vom 28.10.2014 maßgeblich auf die Besonderheiten des konkret zu besetzenden Dienstposten gestützt hat und in der Anlassbeurteilung des Beigeladenen vom 16.10.2014 Ausführungen hinsichtlich des konkret zu besetzenden Dienstpostens enthalten sind. Insoweit ist dem Antragsteller zuzugeben, dass den Besonderheiten eines konkreten Dienstpostens für die Bewerberauswahl im Hinblick auf das zu besetzende Statusamt ebenso wie in der darauf bezogenen Anlassbeurteilung grundsätzlich keine Bedeutung zukommen darf. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die von der Präsidentin des Bundesgerichtshofs ins Auge gefasste Besetzung der Vorsitzendenstelle des X. Strafsenats das Ergebnis der Anlassbeurteilung des Antragstellers oder des Beigeladenen beeinflusst hat.
20 
aa) Der Anlassbeurteilung des Antragstellers lässt sich bereits keinerlei Bezug zum vakanten Senatsvorsitz entnehmen. Vielmehr beschränken sich der Beurteilungsbeitrag des Vorsitzenden des X. Strafsenats sowie die ergänzenden Ausführungen der Präsidentin des Bundesgerichtshofs auf allgemeine Ausführungen im Hinblick auf die fachliche Befähigung und Leistung des Antragstellers. Allein daraus, dass die Präsidentin in ihrem Besetzungsvorschlag dann die konkret ins Auge gefasste Vorsitzendenstelle berücksichtigt, lässt sich nicht folgern, dass dies auch bei der dienstlichen Anlassbeurteilung des Antragstellers geschehen ist. Im Gegenteil bezieht sich die abschließende Einstufung des Antragstellers in der Anlassbeurteilung gerade allgemein auf die Aufgaben eines Vorsitzenden Richters am Bundesgerichtshof.
21 
bb) Anders verhält es sich zwar bei der Anlassbeurteilung des Beigeladenen. Dort wird zusammenfassend im Hinblick auf das Teilmerkmal Führungskompetenz neben der Betonung der Bedeutung für jeden Senatsvorsitz ausdrücklich auch auf die Anforderungen an den Vorsitzenden des X. Strafsenats Bezug genommen. Die Beurteilung zeigt insoweit aber nur ergänzend die Eignung des Beigeladenen für den konkret zu besetzenden Dienstposten auf. Schon die Formulierung, dass der Beigeladene „gerade auch hierfür [den Vorsitz des X. Strafsenats] die allerbesten Voraussetzungen mitbringe“, legt nahe, dass der Beigeladene nach Auffassung der Präsidentin des Bundesgerichtshofs in dieser Hinsicht auch für alle anderen Vorsitzendenstellen die allerbesten Voraussetzungen mitbringe. Des Weiteren sind die Einschätzungen der Präsidentin im Kontext des Beurteilungsbeitrags der Vorsitzenden Richterin des X. Strafsenats zu sehen, die dem Beigeladenen abschließend bescheinigt, für ein Vorsitzendenamt „geradezu prädestiniert“ zu sein. Die Präsidentin ist dieser aus ihrer Sicht „ausgezeichneten Einschätzung der fachlichen Befähigung und Leistung“ des Beigeladenen uneingeschränkt beigetreten und ordnet den Beigeladenen der Spitzengruppe der herausragenden Beisitzer und Beisitzerinnen zu. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Bewertung der Eignung des Beigeladenen für die konkret zu besetzende Vorsitzendenstelle tragende Wirkung für das Gesamtergebnis der Beurteilung zukam, gibt es nach alledem nicht.
22 
d) Soweit der Antragsteller die fehlende Deckungsgleichheit der Beurteilungszeiträume der Anlassbeurteilungen rügt, unterliegt die Auswahlentscheidung ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen bilden eine für die zu treffende Auswahlentscheidung hinreichend aussagekräftige und vergleichbare Grundlage, da sie sich mit dem Ziel einer aktuellen Beurteilung des Leistungsstands der Bewerber im Wesentlichen auf den Zeitraum zwischen dem ... und dem 16.10.2014 stützen. Die Anlassbeurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen sind jeweils am 16.10.2014 durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs aufgrund von Beurteilungsbeiträgen der Vorsitzenden der Strafsenate, denen der Antragsteller und der Beigeladene angehören, erstellt worden (Beurteilungsbeiträge vom 31.07.2014 und 05.08.2014). Dabei hat sich die Präsidentin des Bundesgerichtshofs nicht die zuvor erstellten Anlassbeurteilungen zu eigen gemacht, sondern diese nur informatorisch wiedergegeben. In der Beurteilung des Antragstellers heißt es im Anschluss an die Wiedergabe des Beurteilungsbeitrags des Vorsitzenden des X. Strafsenats wörtlich, dass sich die Präsidentin des Bundesgerichtshofs „diese sehr gute Einschätzung“ zu Eigen mache, wohingegen sie sich bei der Anlassbeurteilung eines weiteren Bewerbers ausdrücklich im Plural auf „diese sehr guten Einschätzungen“ bezieht. Für den Beigeladenen lag ohnehin nur der aktuelle Beurteilungsbeitrag der Vorsitzenden des X. Strafsenats vor. Die danach für die Beurteilung maßgeblichen aktuellen Beurteilungsbeiträge der Vorsitzenden des X. und X. Strafsenats können sich im Wesentlichen aber nur auf deren eigene Anschauung aus dem Zeitraum ihres Vorsitzes seit dem ... bzw. den Vakanzzeitraum zuvor stützen. Insoweit ist eine Vergleichbarkeit der Anlassbeurteilungen ohne Weiteres zu bejahen.
IV.
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2011 - 4 S 353/11 -, juris).