Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, die Zwischenprüfung im Studium der Rechtswissenschaft bestanden zu haben, hilfsweise die Anerkennung eines wichtigen Grundes, um ausstehende Leistungsnachweise wiederholen zu dürfen.

2

Die Klägerin nahm zu dem am 1. April 2012 beginnenden Sommersemester 2012 das Studium der Rechtswissenschaft mit dem Ziel der Ersten juristischen Prüfung an der beklagten Hochschule auf. Bis zu dem am 31. März 2014 endenden Wintersemester 2013/2014 hatte die Klägerin die Aufsichtsarbeit in Europarecht sowie die häusliche Arbeit in Staatsrecht II nicht bestanden.

3

Am 27. Mai 2014 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen von ihr so bezeichneten „Härtefallantrag […], um [ihre] fehlenden Leistungsnachweise […] wiederholen zu können“. Zur Begründung des Antrags trug sie vor: Das Studium der Rechtswissenschaft sei ihr Zweitstudium, sie sei finanziell darauf angewiesen, neben dem Studium zu arbeiten. Nebenbei habe sie noch ehrenamtlich in der Bewährungshilfe und in einer Notunterkunft für Straßenkinder gearbeitet. Seit April 2013 absolviere sie außerdem eine einjährige Zusatzausbildung zur Mediatorin in Strafsachen. Aufgrund der Vielzahl von Verpflichtungen habe sie im vorausgegangenen Jahr „eine Art Burn out bekommen“ und sich deswegen in psychologische Behandlung begeben. Seit über einem Jahr habe sie daher weder an Vorlesungen noch an Arbeitsgemeinschaften teilnehmen können und sich den Stoff der bisher bestandenen Leistungsnachweise seit April 2013 zuhause selbst angeeignet. Sie habe sich dann „eine Art Auszeit“ genommen und sei mehrere Wochen nach Kolumbien gereist. Nebenher habe sie sich um ihren jüngeren Bruder gekümmert, der in Bayern stationär in einer Entzugseinrichtung untergebracht sei. Es falle ihr immer schon schwer, auf körperliche Überlastungserscheinungen frühzeitig zu reagieren. Den ersten Termin der Europarechtsklausur im Februar 2014 habe sie krankheitsbedingt nicht wahrnehmen können, ein Attest sei eingereicht worden. Zum zweiten Termin hätten ihr Schlaf und eine angemessene Vorbereitung auf die Klausur gefehlt, weil sie bis zum vorherigen Tag noch in Hessen gewesen sei, um das letzte Modul ihrer Zusatzausbildung abschließen zu können. Das Verfassen von Hausarbeiten falle ihr nach wie vor schwer. Sie wolle Nachhilfe in Anspruch nehmen und „[sich] ab sofort wieder intensiver [ihrem] Studium widmen“. Mit dem Antrag legte die Klägerin ein Attest des Facharztes für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. A. vom 19. Mai 2014 vor, in dem ausgeführt ist:

4

„Die o.a. Patientin wurde von mir mit einer depressiven Erkrankung tiefenpsychologisch fundiert psychotherapeutisch behandelt, und zwar von Mai bis Oktober 2013.
Die Behandlung war nicht abgeschlossen.
Zur Weiterbehandlung habe ich ihr einen Verfahrenswechsel hin zur kognitiven Verhaltenstherapie emp[f]ohlen.“

5

Die Beklagte lehnte den Antrag vom 27. Mai 2014 mit Bescheid vom 4. September 2014 ab und führte insbesondere aus: Ein wichtiger Grund i.S.d. § 9 Abs. 2 der Zwischenprüfungsordnung liege nicht vor. Dem finanziellen Aspekt sei bereits durch die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums ausreichend Rechnung getragen. Auch die depressive Erkrankung stelle keinen wichtigen Grund dar, da die Klägerin nach eigenem Vortrag infolge des Abschlusses ihrer Zusatzausbildung nicht in der Lage gewesen sei, an den Prüfungen im Wintersemester 2013/2014 teilzunehmen.

6

Durch ihre Bevollmächtigten ließ die Klägerin dagegen am 2. Oktober 2014 Widerspruch einlegen und sodann begründen: Ein wichtiger Grund i.S.d. § 9 Abs. 2 der Zwischenprüfungsordnung liege in ihrer depressiven Erkrankung. Im Härtefallantrag seien die diesbezüglichen Formulierungen etwas unpräzise, was einzig der Tatsache geschuldet sei, dass sie sich ihrer Erkrankung geschämt habe. Das generelle Problem, Hausarbeiten anzufertigen, bestehe nicht mehr fort. Sie habe inzwischen intensiv Nachhilfe in Anspruch genommen.

7

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2016 zurück und führte aus: Der Antrag werde nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 2 der Zwischenprüfungsordnung behandelt, da die diesbezügliche zeitliche Grenze überschritten sei. Der Antrag habe nach § 9 Abs. 2 der Zwischenprüfungsordnung i.V.m. § 4 Abs. 6 HmbJAG keinen Erfolg. Ein wichtiger Grund sei nach diesen Normen in erster Linie ein Krankheitsfall. Die finanzielle Belastung bzw. die daraus resultierende Arbeitsbelastung falle in den Risikobereich eines jeden Studierenden und sei von ihm selbst zu organisieren. Es gehe zu Lasten der Klägerin, dass sie von der durch die Beklagte bereitgestellten Möglichkeit eines Studiums in Teilzeitform keinen Gebrauch gemacht habe. Entsprechendes gelte für die parallel betriebene Zusatzausbildung und ehrenamtliche Tätigkeit. Ausgehend von einer stationären Behandlung des Bruders in Bayern habe es sich eher um Besuche als um Pflege gehandelt. Während des angegebenen Krankheitszeitraums von Mai bis Oktober 2013 habe die Klägerin an fünf Klausuren teilgenommen und davon zwei bestanden. Im Wintersemester 2013/2014 habe sie zwei von vier Klausuren bestanden. Es widerspreche der Chancengleichheit der Prüflinge, eine dem Betroffenen bekannte gesundheitliche Beeinträchtigung nachträglich zu berücksichtigen.

8

Die Klägerin hat am 18. März 2016 Klage erhoben, zunächst mit dem angekündigten Antrag der Anerkennung eines wichtigen Grundes. Sodann hat sie ihre Klage um das Begehren auf Feststellung des Bestehens der Zwischenprüfung erweitert. Zur Begründung trägt sie vor: Die beiden noch ausstehenden Leistungsnachweise habe sie zwischenzeitlich im Sommersemester 2014, ihrem 5. Fachsemester, bestanden. Vor dem Ablauf des 5. Fachsemesters sei es nach § 4 Abs. 6 HmbJAG gerade nicht erforderlich, das Vorliegen eines wichtigen Grundes nachzuweisen. Die engere Bestimmung des § 9 Abs. 2 der Zwischenprüfungsordnung verstoße gegen die vorrangigen gesetzlichen Regelungen. Im hier vorliegenden Fall gingen das Antrags- und Zustimmungserfordernis sowie die zwingende Beschränkung auf einen Leistungsnachweis je Fach über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Hilfsweise habe die Klägerin einen Anspruch auf Anerkennung eines wichtigen Grundes. Im Regelungsbereich der Zwischenprüfungsordnung finde eine Limitierung aufgrund einer Fristenregelung statt, was bedeute, dass der Studienfortschritt zum Maßstab für das endgültige Nichtbestehen gemacht werde. Ein solcher sei allerdings dann nicht mehr Ausdruck der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Prüflings, wenn in einem nennenswerten Zeitraum die Prüfungsfähigkeit nicht gegeben sei. Dies sei vorliegend der Fall. Weiter trägt die Klägerin vor, sie habe im 5. Fachsemester vor Einreichung des Härtefallantrags eine Beratung in der Fakultät für Rechtswissenschaft der Beklagten in Anspruch genommen. Dort sei ihr geraten worden, Gründe so viel wie möglich anzugeben.

9

Die Klägerin beantragt,

10

festzustellen, dass sie die Zwischenprüfung im Fach Rechtswissenschaft bestanden hat,

11

hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. September 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2016 zu verpflichten, bei ihr einen wichtigen Grund i.S.d. § 9 Abs. 2 der Zwischenprüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg anzuerkennen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte trägt vor, die zu absolvierenden Lehrveranstaltungen im Grundstudium ergäben sich aus der Studienordnung und seien in den ersten drei Semestern angeboten worden. Das 4. Semester gehöre inhaltlich bereits zum Hauptstudium und diene der Wiederholung der Prüfungsleistungen des Grundstudiums, was sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 der Zwischenprüfungsordnung ergebe. Eine Frist bis zum 4. Semester sei verhältnismäßig, insbesondere würden den Studierenden ausreichend reguläre Wiederholungsmöglichkeiten eingeräumt. Im 5. Semester könne gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 der Zwischenprüfungsordnung der Grundlagenschein sowie je ein Leistungsnachweis in den Fächern Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht wiederholt werden. Eine noch weitergehende Regelung würde gegen das Gesetz verstoßen, wonach durch die Zwischenprüfung festgestellt werde, ob die für die weitere Ausbildung erforderliche fachliche Qualifikation bestehe. Ein satzungsmäßiges Antrags- und Zustimmungserfordernis verbiete das Gesetz nicht. Unter den engen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 der Zwischenprüfungsordnung könne die erforderliche Qualifikation zwar auch noch nach dem 5. Semester festgestellt werden. Hierbei handele es sich jedoch um eine strenge Ausnahme. Es müsse eine Gesamtschau über das gesamte Grundstudium erfolgen. Trotz ihrer Krankheit sei die Klägerin in der Lage gewesen, während des Sommersemesters 2013 und des Wintersemesters 2013/2014 an Prüfungen teilzunehmen und diese auch zu bestehen. Eine Gewährung weiterer Prüfungsversuche verstieße gegen die Chancengleichheit.

15

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind die Sachakten der Beklagten. Darauf sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht gemäß § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter anstelle der Kammer.

I.

17

Die Klage hat im Hauptantrag keinen Erfolg (hierzu unter 1.), weshalb auch über den Hilfsantrag zu entscheiden ist, in dem die Klage aber ebenso wenig Erfolg hat (hierzu unter 2.).

18

1. Im Hauptantrag ist die Klage zulässig (hierzu unter a.), aber unbegründet (hierzu unter b.).

19

a. Die Klage ist im Hauptantrag, festzustellen, dass die Klägerin die Zwischenprüfung im Fach Rechtswissenschaft bestanden hat, zulässig.

20

Statthafte Rechtsschutzform ist gemäß § 43 Abs. 1 Var. 1 VwGO die (positive) allgemeine Feststellungsklage, da das Begehren der Klägerin auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Ein feststellungsfähiges konkretes Rechtsverhältnis stellt jede rechtliche Beziehung, jedes subjektive Recht und jede Pflicht dar (Pietzcker, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 31. EL Juni 2016, § 43 Rn. 5, 16), hier die Frage, ob die Klägerin in ihrem Studium der Rechtswissenschaft an der beklagten Hochschule die Zwischenprüfung bestanden hat. Das in § 43 Abs. 1 a.E. VwGO vorausgesetzte berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung kommt der Klägerin zu. Vorausgesetzt ist ein nach Lage des Falles anzuerkennendes schutzwürdiges Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (BVerwG, Urt. v. 28.10.1970, VI C 55/68, BVerwGE 36, 218, juris Rn. 38), das hier gegeben ist. Die zur Feststellung gestellte Frage steht zwischen den Beteiligten in Streit. Ihre Klärung ist der Klägerin von Nutzen, weil sie dadurch darüber Gewissheit erlangt, ob sie ihr Studium der Rechtswissenschaft fortsetzen kann. Der Zulässigkeit der (positiven) allgemeinen Feststellungsklage steht vorliegend auch nicht die sich aus § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ergebende Nachrangigkeit dieser Klageart entgegen. Im Einzelnen:

21

Allerdings kann nach dieser Vorschrift die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Im Wege der allgemeinen Feststellungsklage dürfen nicht die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Anfechtungsklage (als besonderer Gestaltungsklage) und der Verpflichtungsklage (als besonderer Leistungsklage) gemäß §§ 68 ff. VwGO umgangen werden. Kennt das Gesetz einen feststellenden Verwaltungsakt, ist grundsätzlich eine Verpflichtungsklage auf Erlass eines solchen Verwaltungsaktes zu erheben (Pietzcker, a.a.O, Rn. 51; vgl. BVerwG, Urt. v. 8.5.1987, 8 C 87/84, Buchholz 448.0 § 9 WPflG Nr. 10, Ls.; Urt. v. 12.4.1991, 8 C 45/90, BVerwGE 88, 117, juris Rn. 30). Denn eine streitige Frage ist nach Möglichkeit zunächst im Verwaltungswege auszutragen (dazu VGH München, Urt. v. 18.8.1990, 22 B – 1410/79, NJW 1981, 2076).

22

Auch käme – das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen unterstellt – eine behördliche Feststellung des Bestehens (bzw. Nichtbestehens) der Zwischenprüfung durch einen entsprechenden feststellenden Verwaltungsakt auf Grundlage der einschlägigen (s.u. b. aa.) Neufassung der Zwischenprüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg (v. 7.11.2007, Amtl. Anz. 2008 S. 1 – ZwPO 2007) in Betracht. Gemäß § 14 Abs. 2 ZwPO 2007 wird dann, wenn die erforderlichen Prüfungsleistungen mit den erzielten Noten nachgewiesen sind, ein Zwischenprüfungszeugnis erteilt (bzw. ergeht im Fall des endgültigen Nichtbestehens gemäß §§ 14 Abs. 1, 15 ZwPO 2007 eine entsprechende feststellende Entscheidung des Prüfungsausschusses). Vor Erteilung des Zwischenprüfungszeugnisses ist zwar verwaltungsverfahrensrechtlich gemäß §§ 22 Satz 2 Nr. 2, 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG kein bei der Behörde zu stellender Antrag erforderlich. Die Beklagte erteilt vielmehr das Zwischenprüfungszeugnis von Amts wegen, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichwohl gilt prozessual das Zulässigkeitserfordernis, vor Anrufung des Gerichts einen Antrag bei der Behörde auf den begehrten Verwaltungsakt zu stellen. Eine auf Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete Verpflichtungsklage ist grundsätzlich nur als Versagungsgegenklage, d.h. nach Erlass eines den begehrten Verwaltungsakts ablehnenden Verwaltungsakts, eröffnet. In der Gestalt der Untätigkeitsklage, d.h. vor Erlass eines solchen ablehnenden Verwaltungsakts, ist die Verpflichtungsklage nur ausnahmsweise und zwar dann zulässig, wenn die Behörde über den Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Dies geht aus § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO hervor. Danach ist die Verpflichtungsklage nur in dem Fall – abweichend von dem zum Antragserfordernis hinzutretenden Vorverfahrenserfordernis des § 68 VwGO – zulässig, dass die Behörde ohne zureichenden Grund in angemessener Frist über den Antrag sachlich nicht entschieden hat. Einen Antrag auf ein Zwischenprüfungszeugnis hat die Klägerin vor Erhebung der Klage bei der Beklagten nicht gestellt.

23

Indessen stehen die mit der grundsätzlichen Nachrangigkeit der allgemeinen Feststellungsklage verfolgten Zwecken deren Zulässigkeit im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht entgegen. Soweit eine streitige Frage nach Möglichkeit zunächst im Verwaltungswege geklärt (VGH München, Urt. v. 18.8.1990, a.a.O.) und die Erstentscheidung nicht auf das Gericht verlagert werden soll (vgl. Pietzcker, a.a.O., Rn. 51), greifen diese Gründe vorliegend nicht ein. Zwar hat die Beklagte noch nicht durch Verwaltungsakt ausgesprochen, ob die Klägerin die Zwischenprüfung bestanden hat (durch Erteilung eines Zwischenprüfungszeugnisses nach § 14 Abs. 2 ZwPO 2007) oder nicht bestanden hat (durch Entscheidung des Prüfungsausschusses nach §§ 14 Abs. 1, 15 ZwPO 2007). Doch hatte sich die Beklagte bereits in einem Verwaltungsverfahren i.S.d. §§ 9, 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG als Vorfrage einer verwaltungsaktförmigen Entscheidung damit zu befassen, ob die Klägerin die Zwischenprüfung ohnehin bereits bestanden hat. Hätte die Beklagte die Zwischenprüfung für bestanden erachtet, hätte sie den von der Klägerin am 27. Mai 2014 gestellten Antrag auf Anerkennung eines wichtigen Grundes zur Wiederholung ausstehender Leistungsnachweise mangels Sachbescheidungsinteresses als unzulässig abgelehnt und von Amts wegen ein Zwischenprüfungszeugnis nach § 14 Abs. 2 ZwPO 2007 erteilt. Die Beklagte hat den Antrag vom 27. Mai 2014 jedoch nicht als unzulässig, sondern mit Bescheid vom 4. September 2014 als unbegründet abgelehnt und ihre Sachentscheidung mit einem erst nach Ende des 5. Fachsemesters ergangenen Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2016 bestätigt. Damit hat sie zu erkennen gegeben, dass sie die Zwischenprüfung nach wie vor für nicht bestanden erachtet.

24

Darüber hinaus gebietet der Grundsatz prozessökonomischer Streitlösung, dass die Frage des Bestehens der Zwischenprüfung zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden kann. Würde die Klägerin allein die Anerkennung eines wichtigen Grundes beanspruchen, wie sie es nunmehr mit dem Hilfsantrag begehrt, so könnte das erkennende Gericht bei einer etwaigen Abweisung der Klage dahinstehen lassen, ob in der Sache kein wichtiger Grund gegeben ist oder die Klägerin die Zwischenprüfung ohnehin bereits bestanden hat, weshalb ihr kein verwaltungsverfahrensrechtliches Sachbescheidungsinteresse zukommt. Denn fehlt ein schutzwürdiges Interesses an der behördlichen Sachbescheidung ist zwar der bei der Behörde gestellte Antrag (nach dem Verwaltungsverfahrensrecht) unzulässig, doch ist die Versagungsgegenklage (nach dem Prozessrecht) nicht unzulässig, sondern unbegründet, da aus der Sicht des späteren Prozesses das Sachbescheidungsinteresse des Antragstellers eine materiell-rechtliche, nämlich verwaltungsverfahrensrechtliche Voraussetzung für den geltend gemachten Verpflichtungsanspruch ist (BVerwG, Beschl. v. 30.6.2004, 7 B 92/03, NVwZ 2004, 1240, juris Rn. 25; VG Hamburg, Urt. v. 10.1.2017, 2 K 6629/15).

25

b. Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet. Die begehrte Feststellung hat das Gericht nicht zu treffen. Denn die Klägerin hat ausgehend von der einschlägigen Satzung (hierzu unter aa.) die Zwischenprüfung im Fach Rechtswissenschaft nicht bestanden (hierzu unter bb.). Die einschlägige Satzung bildet eine hinreichende Rechtsgrundlage zur Abnahme der Zwischenprüfung im Studium der Rechtswissenschaft der Klägerin (hierzu unter cc.).

26

aa. Einschlägig für die Abnahme der Zwischenprüfung in dem von der Klägerin an der beklagten Hochschule zum Sommersemester 2012 aufgenommenen Studium der Rechtswissenschaft ist die ZwPO 2007. Diese gilt gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 ZwPO 2007 für alle Studierenden, die – wie die Klägerin – das Studium an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Beklagten aufgenommen haben, nachdem die ZwPO 2007 gemäß ihrem § 16 Abs. 1 Satz 1 einen Tag nach der am 15. Januar 2008 erfolgten Veröffentlichung im Amtlichen Anzeiger in Kraft getreten ist. Die ZwPO 2007 bleibt für die Klägerin anwendbar ungeachtet der Studien- und Prüfungsordnung der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg für den Studiengang Rechtswissenschaft (v. 19.6.2013, Amtl. Bek. Nr. 90 v. 9.12.2013 – StuPO 2013). Dahinstehen kann, ob die in den Amtlichen Bekanntmachungen der Beklagten veröffentlichte StuPO 2013 in Kraft getreten ist, obwohl sie nach dem Wortlaut ihres § 50 Abs. 1 Satz 1 mit Veröffentlichung im Amtlichen Anzeiger, frühestens aber am 1. April 2014, in Kraft tritt. Jedenfalls gilt die StuPO 2013 gemäß ihrem § 50 Abs. 1 Satz 2 nur für Studierende, die ihr Studium der Rechtswissenschaft nach Inkrafttreten an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Beklagten aufnehmen oder nach einem Wechsel von einer anderen Hochschule fortsetzen, während im Übrigen gemäß § 50 Abs. 2 StuPO 2013 insbesondere die Studienordnung (v. 11.4.2007, Amtl. Bek. Nr. 11 v. 16.10.2007 – StO 2007) sowie die ZwPO 2007 fortgelten.

27

Die in der ZwPO 2007 mehrfach in Bezug genommene StO 2007 regelt gemäß ihrem § 1 Abs. 1 im Rahmen des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes (v. 11.6.2003, HmbGVBl. S. 156 m. spät. Änd. – HmbJAG) und der Verordnung über die Prüfungsgegenstände der staatlichen Pflichtfachprüfung im Rahmen der ersten Prüfung (v. 23.12.2003, HmbGVBl. 2004, S. 1 m. spät. Änd. – PrIGstV) Inhalt und Aufbau des juristischen Studiums an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Beklagten.

28

bb. Unter Zugrundelegung der einschlägigen Satzungen (dazu s.o. aa.) hat die Klägerin die Zwischenprüfung nicht bestanden. Zum einen hat die Klägerin die Zwischenprüfung nicht nach § 4 ZwPO 2007 bestanden. Danach ist die Zwischenprüfung bestanden, wenn bis zum Ende des nach § 1 Abs. 1 ZwPO 2007 maßgeblichen Fachsemesters der Studierende die nach der Aufzählung des § 4 ZwPO 2007 geforderten Leistungsnachweise erbracht hat. Zu den geforderten Leistungsnachweisen gehören eine Aufsichtsarbeit in der Lehrveranstaltung Europarecht sowie eine häusliche Arbeit in der Lehrveranstaltung Staatsrecht II (hierzu unter (1)). Beide Leistungsnachweise hat die Klägerin bis zum Ende des für sie maßgeblichen Wintersemesters 2013/2014, ihrem 4. Fachsemester, nicht erbracht (hierzu unter (2)). Zum anderen konnte die Klägerin die beiden bis zum Ende des 4. Fachsemesters noch ausstehenden Prüfungsteile nicht im Sommersemester 2014, ihrem 5. Fachsemester, wiederholen. Eine Wiederholung war weder nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ZwPO 2007 (hierzu unter (3)) noch nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 (hierzu unter (4)) noch nach § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 (hierzu unter (5)) eröffnet.

29

(1) Die zum Bestehen der Zwischenprüfung geforderten – fünfzehn – Prüfungsleistungen, die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 ZwPO 2007 studienbegleitend im Grundstudium in den durch die StO 2007 geregelten Lehrveranstaltungen abgenommen werden, bestimmt § 4 ZwPO 2007, wobei diese Satzungsbestimmung entsprechend auszulegen ist.

30

Nach § 4 Nr. 1 ZwPO 2007 muss der Studierende im Zivilrecht, im Öffentlichen Recht und im Strafrecht jeweils in einer häuslichen Arbeit in den in § 13 Abs. 1 Satz 2 StO 2007 genannten Lehrveranstaltungen die Punktzahl 4,0 erreicht haben. Dem dadurch in den Willen des Satzungsgebers der ZwPO 2007 aufgenommenen § 13 Abs. 1 Satz 2 StO 2007 ist zu entnehmen, dass die häuslichen Arbeiten im Grundstudium als Bearbeitung eines Rechtsfalles erfolgen in der „Studieneinheit Zivilrecht“ in den Veranstaltungen zum Allgemeinen Teil des Schuldrechts oder zum Besonderen Teil II des Schuldrechts, in der „Studieneinheit Öffentliches Recht“ in der Lehrveranstaltung zum Staatsrecht II (Grundrechte) und in der „Studieneinheit Strafrecht“ in der Lehrveranstaltung Strafrecht II.

31

Nach § 4 Nr. 2 ZwPO 2007 muss der Studierende in jedem der in § 7 Abs. 2 StO 2007 genannten „Pflichtfächer“ mit Ausnahme der Veranstaltung Strafrecht I eine Aufsichtsarbeit (Abschlussklausur) mit mindestens der Punktzahl 4,0 erbracht haben. Neben der Veranstaltung Strafrecht I – Grundlagen des Strafrechts und Allgemeiner Teil I bestimmt der in Bezug genommene § 7 Abs. 2 StO 2007 als Lehrveranstaltungen des Grundstudiums in der „Studieneinheit Zivilrecht“ Allgemeiner Teil des BGB, Schuldrecht Allgemeiner Teil, Schuldrecht Besonderer Teil I (Deliktsrecht), Schuldrecht Besonderer Teil II (vertragliche Schuldverhältnisse), Sachenrecht I (Sachenrecht ohne Kreditsicherung), in der „Studieneinheit Öffentliches Recht“ Staatsrecht I (Staatsorganisationsrecht), Staatsrecht II (Grundrechte), Allgemeines Verwaltungsrecht einschließlich Verwaltungsprozessrecht, Europarecht, in der „Studieneinheit Strafrecht“ Strafrecht II – Allgemeiner Teil II und Besonderer Teil I (Delikte gegen die Person), Strafrecht III – Besonderer Teil II (Eigentums-, Vermögens-, Urkundsdelikte).

32

Nach § 4 Nr. 3 ZwPO 2007 muss der Studierende schließlich einen Grundlagenschein nach § 6 StO 2007 erbringen. Nach § 6 Abs. 1 StO 2007 gehören zur „Studieneinheit Grundlagenstudium“: Methoden der Rechtswissenschaft, Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie, Ökonomische Analyse des Rechts, Einführung in das internationale Recht, Staatstheorie und Verfassungsgeschichte, Grundlagen der modernen Rechtsentwicklung, Kriminologie. Durch Verwendung des Begriffs Grundlagenschein verweist § 4 Nr. 3 ZwPO 2007 auch auf § 12 StO 2007. In einer der Lehrveranstaltung zu den Grundlagen des Rechts nach § 6 StO 2007 muss gemäß § 12 Satz 1 StO 2007 ein Leistungsnachweis in der Leistungsart einer häuslichen Arbeit oder einer Aufsichtsarbeit erworben werden. „Dieser Grundlagenschein“ wird gemäß § 12 Satz 2 StO 2007 zum Grundstudium gerechnet.

33

(2) Die geforderte Aufsichtsarbeit in der Lehrveranstaltung Europarecht sowie die geforderte häusliche Arbeit in der Lehrveranstaltung Staatsrecht II hat die Klägerin bis zum Ende des für sie gemäß § 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 ZwPO 2007 maßgeblichen Wintersemesters 2013/2014, ihrem 4. Fachsemester, nicht erfolgreich absolviert.

34

Grundsätzlich ist insoweit das 4. Fachsemester maßgeblich, da bis zu dessen Ende nach der Regel des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZwPO 2007 die Zwischenprüfung abzulegen ist. Das 4. Fachsemester der Klägerin war das Wintersemester 2013/2014, das am 31. März 2014 endete. Ihr Studium der Rechtswissenschaft hatte die Klägerin mit dem am 1. April 2012 beginnenden Sommersemester 2012 im 1. Fachsemester aufgenommen. Die seitdem bis zum Ablauf des Wintersemesters 2013/2014, ihrem 4. Fachsemester, am 30. September 2014 durchlaufene Studienzeit wird vollständig und nicht nach § 1 Abs. 4 Satz 2 ZwPO 2007 nur teilweise angerechnet. Die Klägerin hat von der ihr nach § 1 Abs. 4 Satz 1 ZwPO 2007 eröffneten Möglichkeit, eine Anerkennung als Teilzeitstudierende zu erwirken, auch in Anbetracht der von ihr vorgetragenen finanziellen Belastung bzw. der daraus resultierenden Arbeitsbelastung keinen Gebrauch gemacht. Daran muss sie sich festhalten lassen.

35

Ausnahmsweise werden zwar gemäß § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 auf begründeten Antrag hin Zeiten nicht auf die Studienzeiten nach § 1 Abs. 1 ZwPO 2007 angerechnet. Doch liegen die diesbezüglichen Voraussetzungen nach dem Katalog des § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 nicht vor. Der Klägerin erwächst kein Nachteil daraus, dass sie, etwaig gemäß einer vorangegangenen Beratung durch die Beklagte, eine Vielzahl von Gründen vorgetragen hat. Jedoch trägt keiner der vorgebrachten Gründe. Im Einzelnen:

36

In § 1 Abs. 3 Nr. 3 ZwPO 2007 vorausgesetzte Zeiten, während derer Studierende wegen durch ärztliches Attest nachgewiesener schwerer Krankheit am Studium gehindert waren, sind nicht gegeben. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, wegen einer Vielzahl von Verpflichtungen habe sie im Jahr 2013 „eine Art Burn out bekommen“, ist bereits ein Krankheitswert dieses Vorgangs nicht ersichtlich. Das vorliegende Attest des Facharztes für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. A. vom 19. Mai 2014 bescheinigt nicht, dass die Klägerin am Studium gehindert gewesen war, sondern gibt nur an, dass die Klägerin wegen „einer depressiven Erkrankung“ zunächst tiefenpsychologisch behandelt und später eine Verhaltenstherapie empfohlen worden sei. Eine Ermittlung von Amts wegen ist insoweit nicht veranlasst, da es an einem konkreten Anhaltspunkt für eine sich auf einen gewissen Zeitraum erstreckende krankheitsbedingte Studierunfähigkeit fehlt. Selbst wenn zugunsten der Klägerin zugrunde gelegt wird, dass sie punktuell am 13. Februar 2014 wegen einer akuten Erkrankung nicht an der Abschlussarbeit der Lehrveranstaltung Europarecht teilnehmen konnte, besteht kein Hinweis auf eine Studierunfähigkeit, die sich auf einen für die Fristenregelung des § 4 i.V.m. § 1 Abs. 1 ZwPO 2007 erheblichen Zeitraum erstreckte.

37

Nicht in Betracht kommt eine in § 1 Abs. 3 Nr. 4 ZwPO 2007 vorausgesetzte Zeit eines Auslandsstudiums bis zu zwei Semestern, während der die Studierende an einer ausländischen Universität für das Fach Rechtswissenschaft eingeschrieben war und dort mindestens einen Leistungsnachweis je Semester erworben hat. Die von der Klägerin in Kolumbien genommene „Art Auszeit“ und die in Hessen absolvierte Zusatzausbildung zur Mediatorin in Strafsachen erfüllen diese Voraussetzungen ersichtlich nicht.

38

Ebenso wenig ist eine in § 1 Abs. 3 Nr. 5 ZwPO 2007 vorausgesetzte Zeit bis zu zwei Semestern gegeben, während derer die Studierende als gewähltes Mitglied in gesetzlich vorgesehenen Gremien oder satzungsmäßigen Organen der Universität oder des Studentenwerks tätig war. Die von der Klägerin außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit in der Bewährungshilfe und in einer Notunterkunft für Straßenkinder fällt nicht unter diesen Tatbestand.

39

Eine in § 1 Abs. 3 Nr. 7 ZwPO 2007 vorausgesetzte Zeit, während der die Studierende aus „anderem wichtigen Grunde am Studium gehindert“ war, kann ebenso wenig anerkannt werden. Dies folgt bereits daraus, dass der Anerkennung die Wertungen entgegen stehen, die sich aus den im Katalog § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 benannten ausdifferenzierten Tatbeständen ergeben, bei deren Vorliegen der Satzungsgeber einem einen „anderen wichtigen Grund“ vorrangigen wichtigen Grund anerkannt hat. Insoweit findet derselbe Rechtsgedanke Anwendung wie bei der ausnahmsweisen Förderung nach dem Ende der Förderungshöchstdauer gemäß dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (i.d.F. v. 7.12.2010, BGBl. I S. 1952 m. spät. Änd. – BAföG). Ebenso wie die prüfungsrechtliche Anerkennung einer Studienverzögerung einen in § 1 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 ZwPO 2007 benannten Grund oder nach § 1 Abs. 3 Nr. 7 ZwPO 2007 einen unbenannten „anderen wichtigen Grund“ erfordert, setzt die förderungsrechtliche Anerkennung einer Studienverzögerung einen in § 15 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 BAföG bezeichneten Grund oder nach dem Auffangtatbestand des § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG einen dort nicht näher benannten „schwerwiegenden Grund“ voraus. So lässt die Regelung des § 1 Abs. 3 Nr. 5 ZwPO 2007 erkennen, dass nur die dort eng umgrenzt bezeichnete und für den Hochschulbereich unerlässliche ehrenamtliche Tätigkeit es rechtfertigt, dass sich der Studierende nicht in dem regelmäßig erforderlichen Maß seinem Studienfortschritt widmet. Förderungsrechtlich können regelmäßig nur solche Verzögerungsgründe berücksichtigt werden, die der Auszubildende nicht auf zumutbare Weise vermeiden konnte, wovon allerdings die hochschulpolitisch erwünschte ehrenamtliche Tätigkeit in den in § 15 Abs. 3 Nr. 3 BAföG bezeichneten Gremien im Hochschulbereich ausgenommen ist (BVerwG, Urt. v. 16.8.1995, 11 C 31/94, BVerwGE 99, 97, juris Rn. 17 f.; VG Hamburg, Urt. v. 12.7.2012, 2 K 2988/11). Entsprechend kann die Klägerin aus einer selbst gewählten Belastung durch eine neben dem Studium betriebene Zusatzausbildung keinen wichtigen Grund herleiten. Ausgehend von den Wertungen des Satzungsgebers sind keine Umstände von solchem Gewicht ersichtlich, welche die Annahme eines „anderen“, d.h. nicht bereits im Katalog des § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 benannten, wichtigen Grundes rechtfertigen könnten.

40

Unabhängig davon kann eine in § 1 Abs. 3 Nr. 7 ZwPO 2007 vorausgesetzte Zeit, während der der Studierende aus „anderem wichtigen Grunde am Studium gehindert“ war, deshalb nicht anerkannt werden, weil der Anerkennung die Wertung des Gesetzgebers in § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG entgegensteht, die der Satzungsbestimmung des § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 zugrunde liegt. Im Einzelnen:

41

Die Satzungsbestimmung dient dazu, dass nicht entgegen der gesetzlichen Vorgabe des § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG im Fall eines wichtigen Grundes die Zwischenprüfung mit dem Ende des nach hochschulrechtlicher Zählung 5. Fachsemesters die Zwischenprüfung endgültig nicht bestanden ist. Rechtstechnisch wird dies dadurch sichergestellt, dass im Fall eines wichtigen Grundes hochschulrechtlich durchlaufene Studienzeiten gemäß durch § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 von der prüfungsrechtlichen Anrechnung ausgenommen werden, mithin die Zeitgrenzen für das Erbringen der geforderten Prüfungsleistungen erst später erreicht werden. Bei Nichtanrechnung eines Semesters gemäß § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 kann die Zwischenprüfung ohne Beschränkung der möglichen Wiederholungen gemäß § 1 Abs. 1 ZwPO 2007 bis zum Ende des in prüfungsrechtlicher Zählung 4. und in hochschulrechtlicher Zählung 5. Fachsemesters abgelegt werden.

42

Der an das Vorliegen eines wichtigen Grundes anzulegende Maßstab ist streng. Nur eine strenge Handhabung entspricht dem Gebot der Chancengleichheit der Prüflinge in berufsbezogenen Prüfungen gemäß Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG, welcher das Prüfungsrecht beherrscht (dazu BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 53; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 403). Ein wichtiger Grund nach § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG setzt besondere Umstände voraus, die unter Berücksichtigung der Chancengleichheit für alle Prüflinge die Annahme rechtfertigen, dass dem Betroffenen eine Wiederholung nicht in dem vorgesehenen Zeitraum möglich war (VG Hamburg, Urt. v. 13.6.2013, 2 K 2215/10, juris Rn. 32). Wie von den Beteiligten ausgeführt, nehmen Gesetz und Satzung eine Limitierung nicht unmittelbar hinsichtlich der Anzahl der Prüfungsversuche, sondern durch eine Fristenregelung vor, so dass der Studienfortschritt zum Maßstab für das endgültige Nichtbestehen gemacht wird. Grundsätzlich eröffnet das Tatbestandsmerkmal des wichtigen Grundes damit eine Gesamtschau auf die Studienzeit. Ein Studienfortschritt ist dabei, wie von der Klägerin ausgeführt, dann nicht mehr Ausdruck der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Prüflings, wenn in einem nennenswerten Zeitraum die Prüfungsfähigkeit nicht gegeben ist.

43

Nach diesem Maßstab sind für die Annahme eines wichtigen Grundes hinreichende Umstände nicht gegeben. Vielmehr ist, wie bereits dargelegt, eine Prüfungsunfähigkeit der Klägerin nur für den Termin ihrer Abschlussarbeit in Europarecht am 13. Februar 2014 substantiiert vorgetragen und belegt, während das vorliegende Attest vom 19. Mai 2014 nicht bescheinigt, dass sie am Studium oder an Prüfungsleistungen gehindert gewesen wäre. Die Klägerin hatte ihre Arbeitskraft im Allgemeinen dem Studium der Rechtswissenschaft zu widmen, nicht einer ehrenamtlichen Tätigkeit außerhalb des Hochschulbereichs oder einer Zusatzausbildung. An der Abschlussklausur der Lehrveranstaltung Europarecht hätte die Klägerin bereits im Wintersemester 2012/2013, ihrem 2. Fachsemester, teilnehmen können, sodann hätten ihr bereits im Sommersemester 2013 Wiederholungsversuche offen gestanden, nicht lediglich der von ihr – ohne Erfolg – wahrgenommene Wiederholungsversuch im Wintersemester 2013/2014, ihrem 4. Fachsemester, am 10. April 2014. Für das Anfertigen der häuslichen Arbeit in der Lehrveranstaltung Staatsrecht II standen der Klägerin mehrere Prüfungsversuche im Sommersemester 2013 und Wintersemester 2013/2014, ihrem 3. und 4. Fachsemester, offen.

44

(3) Eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungsteile war der Klägerin im Sommersemester 2014, ihrem 5. Fachsemester, nicht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ZwPO 2007 möglich. Nach dieser Vorschrift können Prüfungsteilnehmerinnen oder Prüfungsteilnehmer, deren Leistungen (Aufsichtsarbeit oder häusliche Arbeit) in der Zwischenprüfung nicht mindestens mit der Punktzahl 4,0 bewertet worden sind, diese Prüfungsleistungen in dem von der Studienordnung zugelassenen Rahmen bis zum Ablauf des nach § 1 Abs. 1 ZwPO 2007 maßgeblichen Fachsemesters wiederholen. Maßgeblich war hier das am 31. März 2014 bereits abgelaufene Wintersemester 2013/2014, ihr 4. Fachsemester (s.o. (2)).

45

(4) Der Klägerin war eine Wiederholung der beiden ausstehenden Leistungsnachweise im Sommersemester 2014, ihrem 5. Fachsemester, ebenso wenig auf Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 eröffnet.

46

In formeller Hinsicht fehlt es an dem nach § 9 Abs. 1 Satz 3 ZwPO 2007 erforderlichen Antrag, der dem Prüfungsausschuss vor dem Beginn des 5. Fachsemesters rechtzeitig mitzuteilen ist, unter Beifügung der erworbenen Leistungsnachweise sowie der nicht bestandenen Aufsichtsarbeiten oder häuslichen Arbeiten.

47

Unabhängig davon sind auch die materiellen Voraussetzungen einer Wiederholung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 nicht gegeben. Nach dieser Satzungsbestimmung können bis zum Ablauf des 5. Fachsemesters Studierende, die mindestens elf der zum Bestehen der Zwischenprüfung erforderlichen fünfzehn Leistungsnachweise mit der Punktzahl 4,0 erbracht haben, mit Zustimmung des Prüfungsausschusses den Grundlagenschein sowie je einen Leistungsnachweis „in den Fächern Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“ einmal in entsprechenden Lehrveranstaltungen wiederholen. Mithin genügen nicht elf beliebige bis zum Ende des 4. Fachsemesters erbrachte Leistungsnachweise. Vielmehr darf es im Hinblick auf das Grundlagenstudium und im Hinblick auf jedes der drei dogmatischen Fächer an allenfalls einem Leistungsnachweis fehlen. Nach diesem Maßstab war die Wiederholung der beiden ausstehenden Leistungsnachweise ausgeschlossen, da sowohl die Aufsichtsarbeit in der Lehrveranstaltung Europarecht als auch die häusliche Arbeit in der Lehrveranstaltung Staatsrecht II innerhalb des Grundstudiums der „Studieneinheit Öffentlichen Recht“ zugeordnet sind (dazu s.o. (1)).

48

(5) Die Klägerin konnte im Sommersemester 2014, ihrem 5. Fachsemester, die für das Bestehen der Zwischenprüfung noch ausstehenden Leistungsnachweise ebenso wenig auf Grundlage des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 wiederholen. Dort ist bestimmt, dass in Fällen des wichtigen Grundes i.S.d. § 4 Abs. 6 HmbJAG der Prüfungsausschuss auf Antrag eine Ausnahmeregelung treffen kann. Die Satzungsbestimmung des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 zielt auf eine Ausnahme zugunsten des Prüflings von den Grundsätzen des § 9 Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 ZwPO 2007 ab, unter denen nicht bestandene Prüfungsteile regulär wiederholt werden können (dazu s.o. (3) und (4)). Die Satzungsbestimmung des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 hat zwei Anwendungsfälle, die im Ergebnis beide nicht zugunsten der Klägerin erfüllt sind. Im Einzelnen:

49

Im ersten Anwendungsfall des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 ist nach dem Ende des 5. Semesters zugunsten des Studierenden dann eine Ausnahme eröffnet, wenn die geforderten Leistungsnachweise aus einem wichtigen Grund nicht im 5. Semester erbracht sind. Im zweiten Anwendungsfall des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 wird bereits im 5. Fachsemester eine über § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 hinausgehende Wiederholung ermöglicht, da die geforderten Leistungen bis zum Ende des 4. Fachsemester aus einem wichtigen Grund nicht erbracht sind. Einer beide Anwendungsfälle einschließende Satzungsbestimmung bedurfte es wegen der gesetzlichen Vorschrift des § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG. Gesetzlich angeordnete Rechtsfolge eines wichtigen Grundes dafür, dass der Studierende die geforderten Leistungsnachweise bis zum Ende des 5. Fachsemesters noch nicht erbracht hat, ist gemäß § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG zunächst lediglich, dass die Zwischenprüfung nicht bereits mit dem Ende des 5. Fachsemesters endgültig nicht bestanden ist. Dieser gesetzliche Aufschub erfordert zum einen eine dem ersten Anwendungsfall des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 entsprechende Folgeregelung darüber, unter welchen Voraussetzungen Leistungsnachweise nach dem Ende des 5. Fachsemesters nachgeholt werden können, wenn im 5. Fachsemester ein wichtiger Grund dem Erbringen der Leistungsnachweise entgegenstand. Einer dem zweiten Anwendungsfall des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 entsprechende Folgeregelung bedurfte es deshalb, weil sonst der Studierende, der bereits bis zum Ende des 4. Fachsemesters aus wichtigem Grund gehindert war, die geforderten Leistungen zu erbringen, ohne dass ein Fall des § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO vorlag, ohne gegenwärtige Möglichkeit zur Wiederholung und damit nutzlos den Ablauf des 5. Fachsemesters abwarten müsste, um zukünftig in eine Wiederholung einzutreten.

50

Vorliegend kommt der erste Anwendungsfall des § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 bereits deshalb nicht zum Tragen, weil kein erst im 5. Fachsemester eingetretener wichtiger Grund in Rede steht. Der zweite Anwendungsfall greift im Ergebnis ebenso wenig zugunsten der Klägerin ein. Wie bereits ausgeführt, fehlt es an einem wichtigen Grund i.S.d. § 4 Abs. 6 HmbJAG dafür, dass die Klägerin die geforderten Leistungsnachweise nicht bereits bis zum Ende des 4. Fachsemesters erbracht hat (s.o. (2)).

51

cc. Die einschlägigen Satzungsbestimmungen der ZwPO 2007 bilden für das Studium der Rechtswissenschaft der Klägerin eine hinreichende Rechtsgrundlage zur Abnahme der Zwischenprüfung. In formeller Hinsicht sind die Anforderungen an eine rechtmäßige und damit rechtswirksame Prüfungsordnung erfüllt (hierzu unter (1)). In materieller Hinsicht ist – soweit eine gerichtliche Überprüfung veranlasst ist – weder ein normatives Defizit durch Unterlassen einer gebotenen Satzungsregelung festzustellen noch ein Verstoß der ergangenen Satzungsregelungen gegen die Anforderungen höherrangigen Rechts. Der Satzungsgeber der ZwPO 2007 hat es nicht versäumt, gemäß § 60 Abs. 2 HmbHG 2001 Bestimmungen über Zahl und Art (hierzu unter (2)) sowie Dauer der Prüfungsleistungen (hierzu unter (3)) in die Prüfungsordnung aufzunehmen. Einer Bestimmung über die Bewertung von Prüfungsleistungen bedurfte es wegen § 7 HmbJAG nicht (hierzu unter (4)). Die Satzungsbestimmung über die für ein Bestehen der Zwischenprüfung geforderten Leistungen entspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 4 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2, Abs. 3 HmbJAG (hierzu unter (5)). Aufgrund der Satzung sind den Studierenden bis zum 4. Semester nicht weniger Wiederholungsmöglichkeiten eingeräumt, als es § 4 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 HmbJAG fordert (hierzu unter (6)). Ebenso bleiben die im 5. Semester gewährten Wiederholungsmöglichkeiten nicht zulasten der Studierenden hinter der Vorgabe des § 4 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 HmbJAG zurück (hierzu unter (7)). Die gesetzliche Regelung eines endgültigen Nichtbestehen nach § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG findet Beachtung (hierzu unter (8)). Den verfassungsverfassungsrechtlichen Anforderungen des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist Genüge getan (hierzu unter (9)).

52

(1) Die formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Zwischenprüfung im Studium der Rechtswissenschaft ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 HmbJAG nach einer Prüfungsordnung der Hochschule abzulegen, die im Rahmen der § 4 Abs. 2 bis 5 HmbJAG ergeht und abweichend von § 108 Abs. 1 Satz 3 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (v. 18.7.2001, HmbGVBl. S. 171 m. spät. Änd. – HmbHG 2001) der Genehmigung durch die zuständige Behörde bedarf. Der Fakultätsrat der Fakultät für Rechtswissenschaft der beklagten Hochschule hat die ZwPO 2007 am 7. November 2007 als Satzung beschlossen, die zuständige Justizbehörde hat im Einvernehmen mit der Behörde für Wissenschaft und Forschung am 14. November 2007 ihre Genehmigung erteilt.

53

(2) Die Zahl und die Art der geforderten Prüfungsleistungen sind – nach gebotener Auslegung der Satzungsbestimmung – in § 4 ZwPO 2007 selbst hinreichend konkret bestimmt. Danach werden in den drei „Studieneinheiten Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“ drei Hausarbeiten und elf Abschlussklausuren gefordert und zusätzlich in der „Studieneinheit Grundlagenstudium“ ein Grundlagenschein.

54

Allerdings sind die zum Bestehen der Zwischenprüfung geforderten Leistungsnachweise nicht alle im Wortlaut des § 4 ZwPO 2007 aufgeführt, sondern ergeben sich teilweise erst aus den dort im Einzelnen in Bezug genommenen Vorschriften der StO 2007. Nach dem Wortlaut des § 4 Nr. 1 bis 3 ZwPO 2007 muss der Studierende in je einer häuslichen Arbeit in den „Studieneinheiten Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“ in den in § 13 Abs. 1 Satz 2 StO 2007 genannten Veranstaltungen mindestens die Punktzahl 4,0 erreicht haben, in jedem der in § 7 Abs. 2 StO 2007 genannten „Pflichtfächer“ mit Ausnahme der Veranstaltung Strafrecht I eine Aufsichtsarbeit (Abschlussklausur) mit mindestens der Punktzahl 4,0 erbracht haben sowie einen Grundlagenschein nach § 6 StO 2007 erworben haben. Die Anzahl der geforderten Aufsichtsarbeiten geht damit nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 4 ZwPO 2007 hervor.

55

Auch darf der Satzungsgeber einer Prüfungsordnung die spezifisch auf die zu regelnde Prüfung bezogenen Regelungen gemäß § 60 Abs. 2 HmbHG 2001 nicht dem Satzungsgeber der Studienordnung überlassen. Nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 HmbHG 2001 können Inhalt und Aufbau des Studiums in einer von der Prüfungsordnung gesonderten Studienordnung geregelt werden. Jedoch gilt im Anwendungsbereich des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 gemäß der nachfolgend wiedergegebenen Kammerrechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 42; Urt. v. 14.12.1016, 2 K 6704/15, juris Rn. 62), die das erkennende Gericht zugrunde legt:

56

„Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen sind – hinreichend konkret – in der Prüfungsordnung selbst zu regeln, eine Regelung in einem anderen Dokument – auch in einer Studienordnung – ist nicht zulässig.“

57

Indessen findet diese gesetzliche Vorgabe gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 zwar auf alle Zwischen- und Abschlussprüfungen Anwendung, jedoch nur in modularisierten Studiengängen auf alle Prüfungen. In einem nicht modularisieren Studiengang wie dem Studium der Rechtswissenschaft kann die nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 Halbs. 2 HmbHG 2001 in der Studienordnung getroffene Regelung über Inhalt und Aufbau des Studiums damit auch die im Studium zu erbringenden Leistungsnachweise umfassen. Der Satzungsgeber der StO 2007 hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und geregelt, welche Lehrveranstaltungen im Grundstudium angeboten und mit einer Hausarbeit bzw. einer häuslichen Arbeit abzuschließen sind. Demgegenüber war es dem Satzungsgeber der ZwPO 2007 vorbehalten, die spezifisch auf die Zwischenprüfung bezogenen Regelungen zu treffen. So hatte der Satzungsgeber der ZwPO 2007 insbesondere zu bestimmen, welcher der in der StO 2007 geregelten Leistungsnachweise der Studierende erbringen muss, um die Zwischenprüfung zu bestehen. Eben dies hat der Satzungsgeber der ZwPO 2007 getan. Soweit er in § 4 ZwPO 2007 an die Regelungen der StO 2007 über die Lehrveranstaltungen des Grundstudiums angeknüpft hat, dient dies lediglich der abkürzenden Bezeichnung. Der Satzungsgeber der Prüfungsordnung hat es damit nicht der Entscheidung des Satzungsgebers der Studienordnung überlassen, welche Leistungsnachweise zum Bestehen der Zwischenprüfung gefordert werden, sondern seinem eigenen Willen Ausdruck verliehen, dass die im Wege abkürzender Bezeichnung bestimmten Leistungsnachweise erbracht werden müssen. Allein als abkürzende Bezeichnung ist es zu verstehen, dass § 4 Nr. 1 ZwPO auf die in den „Studieneinheiten Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“ in § 13 Abs. 1 Satz 2 StO 2007 genannten Veranstaltungen verweist. Desgleichen wird in § 4 Nr. 2 ZwPO 2007, statt die elf Lehrveranstaltungen der „Studieneinheiten Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“ aufzuzählen, in den Abschlussklausuren anzufertigen sind, auf die zwölf Lehrveranstaltungen umfassende Aufzählung in § 7 Abs. 2 StO 2007 verwiesen und eine Lehrveranstaltung (Strafrecht I) ausgenommen. Unabhängig davon geht in systematischer Hinsicht aus § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 hervor, dass dann, wenn elf Leistungsnachweise erbracht sind, noch höchstens vier Leistungsnachweise fehlen können (dazu s.o. bb. (4)), mithin die Zwischenprüfung insgesamt fünfzehn Leistungsweise umfasst, von denen unter Abzug der drei häusliche Arbeiten nach § 4 Nr. 1 ZwPO 2007 und des einen Grundlagenscheins nach § 4 Nr. 3 ZwPO 2007 noch elf Aufsichtsarbeiten nach § 4 Nr. 2 ZwPO 2007 verbleiben. Schließlich vermeidet es § 4 Nr. 3 ZwPO 2007 durch die Inbezugnahme des § 6 StO 2007 und des in § 12 StO 2007 verwendeten Begriff des Grundlagenscheins, eine Aufzählung der in der „Studieneinheit Grundlagenstudium“ angebotenen Lehrveranstaltungen nach Wahl der Studierenden zu wiederholen.

58

Soweit dem Studierenden nach den durch § 4 ZwPO 2007 inkorporierten Bestimmungen ein gewisser Spielraum verbleibt, in welcher Lehrveranstaltung er Leistungsnachweise erbringt, steht dies mit dem gesetzlichen Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 im Einklang. Eine satzungsmäßige Bestimmung von Wahlpflichtleistungen neben Pflichtleistungen ohne Wahlmöglichkeit ist in Hochschulprüfungsordnungen üblich und vom Gesetz nicht ausgeschlossen.

59

Soweit es für den Grundlagenschein an einer hinreichend konkreten Bestimmung der Prüfungsart fehlen sollte, bliebe ein insoweit bestehendes normatives Defizit vorliegend außer Betracht. Der Leistungsnachweis in den Lehrveranstaltungen zu den Grundlagen des Rechts ist nach der in den Willen des Satzungsgebers der ZwPO 2007 aufgenommenen Regelung des § 12 Satz 1 StO 2007 in der Leistungsart einer häuslichen Arbeit oder einer Aufsichtsarbeit zu erwerben. Zwar dürften im Studium der Rechtswissenschaft ausgehend von den methodischen Unterschieden in der Bearbeitung einer Aufsichtsarbeit einerseits und einer häuslichen Arbeit andererseits (dazu vgl. VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2014, 2 K 879/13, juris Rn. 46) zwei verschiedene Arten schriftlicher Prüfungsleistungen angesprochen sein. Doch könnte eine hinreichend konkrete Bestimmung (dazu vgl. VG Hamburg, Urt. v. 14.12.2016, 2 K 6704/15, juris Rn. 63 ff.) der Zahl und Art von Prüfungsleistungen dann noch gegeben sein, wenn, wie hier, innerhalb der Prüfung fünfzehn Prüfungsleistungen abzulegen sind und für vierzehn Prüfungsleistungen die Prüfungsart ohne weiteren Spielraum in der Prüfungsordnung festgelegt ist. Jedenfalls kommt es auf ein in der mangelnden Festlegung der Prüfungsart für den Grundlagenschein etwaig zu sehendes normatives Defizit vorliegend deshalb nicht an, weil die Klägerin den Grundlagenschein rechtzeitig erworben hat. Die vorhandenen Normen der ZwPO 2007 sind eine für die Beurteilung des Bestehens oder Nichtbestehens der Zwischenprüfung durch die Klägerin hinreichende Prüfungsordnung. Rechtsfolge eines in einem fehlenden Normerlass gründenden normativen Defizits ist nicht die Nichtigkeit der vorhandenen Normen. Soweit der Satzungsgeber entgegen einem gesetzlichen Regelungsauftrag eine Regelung durch Satzung unterlässt, ist zwar dieses Unterlassen rechtswidrig. Doch führt dies nicht dazu, dass eine Regelung durch Satzung, soweit sie vorhanden ist, rechtswidrig und infolgedessen nach dem Nichtigkeitsdogma (dazu vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.1.1999, 8 B 161/98, juris Rn. 3 m.w.N.) nicht rechtswirksam ist. Die Unwirksamkeit der bestehenden Satzungsregelungen liefe dem gesetzlichen Regelungsauftrag, nach dem nicht ein „zu viel“, sondern „ein zu wenig“ an Satzungsregelungen rechtswidrig ist, zuwider. Vorliegend scheitert ein Bestehen der Klägerin nicht am Fehlen eines Grundlagenscheins.

60

(3) Bestimmungen über die Dauer von Prüfungsleistungen sind in die ZwPO 2007 aufgenommen worden. Die Bearbeitungszeit einer häuslichen Arbeit beträgt gemäß § 9 Abs. 3 ZwPO 2007 drei Wochen und die Bearbeitungszeit einer Aufsichtsarbeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 ZwPO 2007 zwischen 90 und 120 Minuten. Die normative Bestimmung der Dauer der Prüfungsleistung durch Angabe eines durch eine Höchst- und eine Mindestdauer bezogenen Rahmens entspricht dem gesetzlichen Regelungsauftrag. Hinsichtlich des nach § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 anzulegenden Maßstabs schließt sich das erkennende Gericht den nachfolgend wiedergegebenen Ausführungen der Kammerrechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 14.12.2016, 2 K 6704/15, juris Rn. 63 ff.) an:

61

„Die Kammer ergänzt ihre Ausführungen dahingehend, dass die Dauer der Prüfungsleistung dann noch 'hinreichend konkret' angegeben ist, wenn die Prüfungsordnung für die Anfertigung der Prüfungsleistung einen Zeitrahmen vorgibt, sofern der Zeitrahmen nicht zu weit ist, um eine normative Eingrenzung vorzunehmen. […] Denn der gesetzgeberische Regelungsauftrag an den Satzungsgeber geht nicht so weit, dass die Dauer der Prüfungsleistung in der Prüfungsordnung notwendigerweise minutengenau festgelegt werden müsste. Diese Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG [2001] stützt sich auf den Wortlaut des Gesetzes, die gesetzliche Systematik sowie auf den Gesetzeszweck, der aus der Gesetzgebungsgeschichte im Lichte der verfassungsrechtlichen Anforderungen abzuleiten ist. Im Einzelnen:

62

Aus dem Gesetzwortlaut folgt das Erfordernis, in der Prüfungsordnung eine zeitliche Vorgabe zu machen. Dem ist aber bereits dann Genüge getan, wenn ein hinreichend enger Zeitrahmen bestimmt ist, der durch die Prüfer auszuschöpfen ist. Der Wortlaut 'Bestimmungen über Dauer von Prüfungsleistungen' erfordert hingegen nicht notwendig eine minutengenaue Vorgabe der Prüfungszeit.

63

Die dem Wortlaut des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 innewohnende Offenheit bestätigt sich in gesetzessystematischer Hinsicht durch einen Vergleich mit dem Wortlaut des § 60 Nr. 2, 3, 5, 6, 7, 9, 10, 12, 13, 14, 16 HmbHG 2001. In diesen Katalognummern ist jeweils vom bestimmten Artikel Gebrauch gemacht. So sind danach etwa Bestimmungen über „die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung“ in die Prüfungsordnung aufzunehmen. Demgegenüber werden durch § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 lediglich – artikellos – 'Bestimmungen […] über Dauer […] von Prüfungsleistungen' gefordert.

64

Der vom Gesetzgeber mit der Katalognummer des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 verfolgte Gesetzeszweck ist derselbe, wie der mit der insoweit wortlautgleichen Katalognummer in der Vorgängervorschrift § 54 Abs. 1 UAbs. 2 Nr. 4 HmbHG 1978 (v. 22.5.1978, HmbGVBl. S. 109, vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HmbHG 1991 i.d.F. v. 2.7.1991, HmbGVBl. S. 249) verfolgte. Die Begründung zur Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (Bü.-Drs. 16/5759 S. 47) bietet keinen entgegenstehenden Anhaltspunkt. Dort heißt es zu § 60 HmbHG 2001:

65

'Die Bestimmung (bisher § 54) ist aktualisiert worden.

66

Beim notwendigen Inhalt von Hochschulprüfungsordnungen nach Absatz 2 sind zusätzlich berücksichtigt worden […]'

67

Nach der damaligen gesetzlichen Systematik ist nicht anzunehmen, dass der Wille des Gesetzgebers des HmbHG 1978 dahin ging, dem Satzungsgeber eine abschließende minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer aufzuerlegen. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 war die § 60 Abs. 1 HmbHG 2001 entsprechende Bestimmung enthalten, dass Prüfungsordnungen Prüfungsanforderungen und -verfahren regeln. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Sätze 2 und 3 HmbHG 1978 war bestimmt, dass die Prüfungsordnungen die Beendigung der Abschlussprüfung grundsätzlich innerhalb der Regelstudienzeit oder zuzüglich eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten vorsehen und Prüfungsanforderungen und -verfahren entsprechend zu gestalten sind. Der Katalog der Gegenstände, über die insbesondere Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind, war in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 zu finden. Die Bestimmungen des § 54 Abs. 1 HmbHG [1978] beruhten auf § 53 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs, zu dessen Begründung es im Gesetzgebungsverfahren lediglich hieß (Bü.-Drs. 8/2649, S. 57 f.):

68

'Die Forderung des Absatzes 1, daß in den Prüfungsordnungen die materiellen Anforderungen ebenso abschließend zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren, entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Der Bewerber muss übersehen können, wie er sich vor und während der Prüfung einzurichten hat. Ferner müssen Prüfungsanforderungen und -verfahren so geregelt werden, daß die Abschlußprüfung auch innerhalb der Regelstudienzeit oder – wenn die betreffende Prüfungsordnung dies vorsieht, weil es den Gegebenheiten des Studiengangs besser gerecht wird – innerhalb eines zusätzlichen Zeitraums von höchstens sechs Monaten abgelegt werden kann.'

69

Für die Auslegung der in § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) Gesetz gewordenen und im Wortlaut sehr abstrakt bleibenden Forderung an den Satzungsgeber, die Prüfungsanforderungen und das -verfahren zu regeln, geht aus der zitierten Entwurfsbegründung hervor, dass mit Prüfungsanforderungen die materiellen Anforderungen gemeint sind und diese ebenso „abschließend“ zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren. Dies scheint zunächst auf eine vom Gesetzgeber geforderte Totalregelung hinsichtlich aller nur denkbaren formellen und materiellen Aspekte der Hochschulprüfung hinzudeuten. Jedoch geht aus der Entwurfsbegründung der Wille des Gesetzgebers hervor, mit der an den Satzungsgeber gestellten Forderung nicht mehr zu tun als rechtsstaatlichen Grundsätzen zu genügen. Auch hat der Gesetzgeber die Pauschalforderung des § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) selbst nicht für erschöpfend und abschließend erachtet, sondern ihr in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 2 HmbHG 2001) einen Katalog der Aspekte zur Seite gestellt, über die 'insbesondere' Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind. Für die geforderte Konkretisierungsdichte innerhalb des Katalogs ergibt sich daraus kein zwingender Schluss.

70

Den Gesetzgebungsmaterialien der Vorgängervorschrift kann allenfalls entnommen werden, dass der Gesetzgeber den Satzungsgeber anhalten wollte, rechtstaatlichen Grundsätzen zu genügen. Diesem rechtsstaatlichen Gebot entspricht ausweislich der zitierten Entwurfsbegründung bereits die allgemeine Regelung in § 60 Abs. 1 HmbHG (Baasch/Delfs, HmbHG, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 3). Aus der besonderen Regelung in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG [2001] geht vor diesem Hintergrund nur hervor, dass der Gesetzgeber dem Satzungsgeber über die rechtsstaatlichen Anforderungen hinausgehend aufgegeben hat, die Abnahme der Prüfungsleistung in zeitlicher Hinsicht nicht ohne jede normative Eingrenzung zu lassen, vorzugsweise also eine Mindestdauer und eine Höchstdauer festzulegen. Rechtsstaatliche Anforderungen erzwingen jedoch keine minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer der Klausur. Die aus Demokratieprinzip, Rechtstaatsprinzip und den Grundrechten hergeleitete Wesentlichkeitstheorie, nach der alle Fragen, die für die Ausübung der Grundrechte wesentlich sind, vom Gesetzgeber als Legislative selbst zu entscheiden sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.7.1972, 1 BvL 32/70 u.a., BVerfGE 33, 303, juris Rn. 86 f.; Beschl. v. 21.12.1977, 1 BvL 1/75 u.a., BVerfGE 47, 46, juris Rn. 89 ff.), gibt nicht unmittelbar dafür etwas her, welche Gegenstände der Satzungsgeber als Teil der Exekutive regeln muss. Vielmehr ist anerkannt, dass den Hochschulen im Rahmen der sich vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsätze der Chancengleichheit und des prüfungsrechtlichen Fairnessgebots immer noch ein erheblicher Gestaltungsspielraum für konkrete Festlegungen vor allem zum Prüfungsverfahren, Prüfungsstoff und zu den Voraussetzungen für das Bestehen verbleibt (Baasch/Delfs, a.a.O., Rn. 2). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten wird einerseits durch die Grundrechtspositionen der Studierenden gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, andererseits durch die in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm begrenzt (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, 1 BvR 2218/13, NVwZ 2015, 1444, juris Rn. 18). Zu den rechtsstaatlichen Anforderungen gehört es zwar, zeitliche Vorgaben für die einzelnen Prüfungsleistungen vorzusehen (Lenz, in Epping, Hrsg., Niedersächsisches Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2016, § 7 Rn. 63). Doch ist insoweit damit nicht das Gebot einer normativen Totalregelung ohne jeden Spielraum verbunden. Insoweit ist nicht der Zugang zu Studium und Prüfung selbst betroffen (dazu vgl. OVG Münster, Beschl. v. 15.6.2015, 13 B 505/15, juris Rn. 5), sondern die Ausgestaltung der Prüfung.

71

Belässt der Normgeber einer Hochschulprüfungsordnung den Prüfern für die Abnahme einer Prüfung einen Spielraum, indem er hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung statt einer fixen Vorgabe einen gewissen Zeitrahmen bestimmt, so lassen sich dafür sachliche Gründe finden. Dies gilt selbst ausgehend davon, dass die Lehrfreiheit der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG grundsätzlich nicht durch normative Festlegungen zum Umfang der Prüfungsleistung berührt sind (Lenz, a.a.O., Rn. 61), sondern allenfalls dann, wenn davon Rückwirkungen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltung ausgehen (BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005, 6 BN 1/05, NVwZ-RR 2006, 36, juris Rn. 4). Die der Hochschule eröffneten gesetzlichen Spielräume dürfen nicht in einer vom Gesetzgeber nicht intendierten und mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise verengt werden (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, a.a.O., Rn. 23). Dies spricht für eine Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG, der Hochschule als Satzungsgeber die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob die Satzung selbst oder – in einem von der Satzung gezogenen Rahmen – die Prüfer die Prüfungsdauer minutengenau festlegen. Es erscheint auch nicht sachwidrig, wenn die Hochschule die Konkretisierungsdichte der Satzungsbestimmung über die Dauer der Prüfungsleistung beschränkt, um dadurch den Prüfern einen Spielraum zu belassen, wie weit sie den zum Gegenstand der konkreten Klausur gemachte Ausschnitt des sich aus der Modulbeschreibung ergebenden Prüfungsstoffs ziehen und wie lange zu diesem Zweck die Klausur dauern soll.

72

Das Gebot der Chancengleichgleichheit in berufsbezogenen Prüfungen aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG, welches das Prüfungsrecht beherrscht (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 53), erfordert nichts anderes. Dem Gebot vergleichbarer Prüfungsbedingungen kann auch ohne eine bereits in der Satzung fixe Festlegung der Prüfungsdauer Genüge getan werden. Innerhalb eines Prüfungstermins folgt aus dem Gebot der Chancengleichheit, dass die Prüfungsbedingungen einschließlich der Prüfungsdauer, so gut es geht, gleich sein müssen. Außerhalb desselben Prüfungstermins genügt es, dass die Prüfer die Prüfungszeit im Rahmen sachgerechter Gesichtspunkte unter Beachtung der Chancengleichheit der Prüflinge festsetzen (OVG Münster, Beschl. v. 15.7.2011, 14 B 699/11, juris Rn. 10). Insoweit kann in Ermangelung einer normativen Vorgabe die ständige Übung als Maßstab zugrunde gelegt worden, von dem etwaige Abweichungen zu rechtfertigen sind (OVG Münster, Urt. v. 4.12.2013, 14 A 2138/12, juris Rn. 27). Auch muss sich der Prüfling bereits vor Anfertigung der Prüfungsleistung auf die angesetzte Prüfungsdauer einstellen können. Der Prüfling ist dadurch weder rechtlos noch rechtsschutzlos gestellt. Auf rechtzeitige und substantiierte Rüge hin kann er überprüfen lassen, ob die benannten rechtsstaatlichen Anforderungen im Einzelfall erfüllt sind.

73

Dem entspricht es, dass in der Rechtsprechung auch der Obergerichte kein Verstoß gegen die jeweils einschlägigen höherrangigen Anforderungen, einschließlich der genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen gesehen wird, wenn es in den Prüfungsbestimmungen an einer fixen normativen Vorgabe für die Dauer einer berufsbezogenen Prüfung fehlt. Unbeanstandet geblieben sind Prüfungsbestimmungen, welche hinsichtlich der Dauer einer Prüfungsleistung lediglich eine ungefähre Dauer festlegen (OVG Münster, Urt. v. 17.7.1991, 22 A 1533/89, juris Rn. 5), nur eine Höchstdauer bestimmen (VG Düsseldorf, Urt. v. 2.5.2007, 15 K 676/06, juris Rn. 56; vgl. OVG Münster, Beschl. v. 24.5.2006, 14 B 610/06, juris Rn. 7; VG Hamburg, Urt. v. 14.9.2016, 2 K 295/16) oder nur eine Mindestdauer bestimmen (VG München, Urt. v. 10.7.2012, M 16 K 12.377, juris Rn. 9). Ein in den Prüfungsbestimmungen vorgegebener Zeitrahmen ist gleichfalls in der Rechtsprechung unbeanstandet geblieben (FG Hannover, Urt. v. 24.4.2008, 6 K 26/08, EFG 2008, 1156, juris Rn. 21; VG Berlin, Urt. v. 25.2.2015, 12 K 324.14, juris Rn. 19).

74

Der § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG [2001] zu entnehmende gesetzgeberische Regelungsauftrag, Bestimmungen über die Dauer von Prüfungsleistungen aufzunehmen, läuft in dieser Auslegung auch nicht leer. Die Gesetzesvorschrift gibt dem Satzungsgeber auf, die Prüfungszeit sowohl durch Angabe einer Höchstdauer 'nach oben' als auch durch Angabe einer Mindestdauer 'nach unten' zu begrenzen. Dies wäre ohne § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG [2001] nicht selbstverständlich. Denn es begegnen, wie die zitierte Rechtsprechung belegt, vielfach Prüfungsbestimmungen, die keine Vorgabe über die Prüfungszeit enthalten oder die Prüfungszeit nur 'nach oben' oder nur 'nach unten' begrenzen und im Übrigen offen lassen. Allerdings darf der in der Prüfungsordnung angegebene Zeitrahmen nicht so weit gefasst sein, dass der Prüfungsordnung hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung jede praktische Steuerungswirkung abzusprechen wäre. Denn der Gesetzgeber hat mit der spezifischen Vorgabe in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG [2001] ersichtlich darauf abgezielt, dass der Prüfungsordnungsgeber selbst eine Eingrenzung der Prüfungsdauer vornimmt. Ob die gebotene normative Eingrenzung der Prüfungszeit gegeben ist, bemisst sich dabei anhand des vorfindlichen Spektrums, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt.“

75

Nach dem vorstehenden Maßstab ist der in § 7 Abs. 1 Satz 5 ZwPO 2007 gezogene Rahmen, dass die Aufsichtsarbeit mindestens 90 und höchstens 120 Minuten dauert, jedenfalls hinreichend eng, um dem Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 gerecht zu werden. Die eröffnete Spannweite ist weder in relativer Hinsicht noch in absoluter Hinsicht groß. Eine Klausur von eineinhalb Stunden einerseits oder von zwei Stunden Dauer andererseits stellt für einen Prüfling eine gewisse, aber doch begrenzte Belastung dar. Der Prüfling muss auf den der Lehrveranstaltung entsprechenden Prüfungsstoff vorbereitet sein, unabhängig davon, ob er nun in einem größeren oder einem kleineren Ausschnitt zum Gegenstand der Klausur gemacht wird. Ein Fall mangelnder normativer Eingrenzung ist nicht festzustellen. Aus dem vorfindlichen Spektrum, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt, wird ein enger Ausschnitt im mittleren Bereich herausgegriffen und damit die Dauer der Prüfungsleistung normativ bestimmt. Das vorfindliche Spektrum der üblichen Dauer schriftlicher Prüfungen reicht bis zu acht Stunden (dazu vgl. VG Hamburg, Urt. v. 14.12.2016, a.a.O., Rn. 79) und damit bis zum Vierfachen der in § 7 Abs. 1 Satz 5 ZwPO 2007 festgesetzten Höchstdauer der Klausur von zwei Stunden. In § 7 Abs. 1 Satz 5 ZwPO 2007 ist auch eine untere Grenze der Prüfungsdauer gezogen und die Mindestdauer auf eineinhalb Stunden festgesetzt.

76

(4) Einer nach § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 grundsätzlich in die Prüfungsordnung aufzunehmenden Bestimmung über die Bewertung von Prüfungsleistungen bedurfte es im Fall der ZwPO 2007 nicht. Denn bereits § 7 HmbJAG regelt die Bewertung der schriftlichen und mündlichen Prüfungsleistungen in der Zwischenprüfung durch einen Verweis auf die Verordnung über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung (v. 3.12.1981, BGBl. I S. 1243, m. spät. Änd. – JurPrNotSkV).

77

(5) Die Satzungsbestimmung in § 4 ZwPO über das Bestehen der Zwischenprüfung entspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 4 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2, Abs. 3 HmbJAG.

78

Die Zwischenprüfung hat gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 HmbJAG bestanden, wer in einer bestimmten Anzahl der in den ersten beiden Studienjahren in jedem der drei Pflichtfächer nach den § 4 Abs. 2 und 3 HmbJAG angebotenen Leistungsnachweise jeweils mindestens die Punktzahl 4,0 nach § 7 HmbJAG erreicht. Nach § 4 Abs. 3 HmbJAG ist die Zwischenprüfung studienbegleitend abzunehmen. Nach § 4 Abs. 2 HmbJAG sind die Gegenstände der Zwischenprüfung unter Berücksichtigung des jeweiligen Studienstandes den Pflichtfächern der staatlichen Pflichtfachprüfung nach § 12 HmbJAG zu entnehmen.

79

Am Maßstab der gesetzlichen Bestimmungen genügt die Bestehensregelung in § 4 ZwPO 2007 den Vorgaben. Im Einzelnen:

80

In § 4 ZwPO 2007 ist – nach gebotener Auslegung – die Anzahl der zum Bestehen der Zwischenprüfung geforderten Leistungsnachweise bestimmt (s.o. (2)), die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StO 2007 in den betreffenden Lehrveranstaltungen angeboten und studienbegleitend erworben werden.

81

Die Leistungsnachweise werden in den ersten beiden Studienjahren angeboten. Die in § 4 Nr. 1 ZwPO 2007 bestimmten häuslichen Arbeiten sind nach § 13 Abs. 1 Satz 2 StO 2007 dem Grundstudium zugeordnet, ebenso wie die in § 4 Nr. 2 ZwPO 2007 bestimmten Aufsichtsarbeiten gemäß § 7 Abs. 2 StO 2007 und der in § 4 Nr. 3 ZwPO 2007 bestimmte Grundlagenschein nach § 12 Satz 2 StO 2007. Das Grundstudium umfasst gemäß § 4 Abs. 3 StO 2007 das 1. bis 3. Semester.

82

Die nach § 4 ZwPO 2007 geforderten Leistungsnachweise sind in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 4 Satz 1 HmbJAG den drei Pflichtfächern zuzuordnen, obwohl § 4 Nr. 1 bis Nr. 3 ZwPO unter Anknüpfung an §§ 7, 13, 6 StO 2007 zwischen vier „Studieneinheiten“ unterscheidet. Dies beruht allein darauf, dass gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG die Kernbereiche des Bürgerlichen Rechts, des Strafrechts und des Öffentlichen Rechts nicht nur jeweils das Verfahrensrecht und die europarechtlichen Bezüge einschließen, sondern auch die rechtswissenschaftlichen Methoden, die philosophischen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Grundlagen sowie der Methoden der rechtsberatenden und rechtsgestaltenden Praxis, die in besonderen Lehrveranstaltungen in der „Studieneinheit Grundlagenstudium“ nach § 6 Abs. 1 StO 2007 behandelt werden können. Demgegenüber umfassen die „drei Studieneinheiten Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“ gemäß §§ 7 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 2 StO 2007 dogmatisch abgrenzbare Teile der materiellen privaten, öffentlichen oder Strafrechts oder des diesbezüglichen Verfahrensrechts.

83

(6) Durch die Satzung sind den Studierenden bis zum 4. Semester nicht weniger Wiederholungsmöglichkeiten eingeräumt als § 4 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 HmbJAG fordert. Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 HmbJAG bestimmt die Hochschule die zu erbringende Anzahl an Leistungsnachweisen unter Berücksichtigung von § 4 Abs. 5 HmbJAG. Nach dieser Gesetzesvorschrift stellt die Hochschule abweichend von § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 HmbHG 2001 sicher, dass je Pflichtfach doppelt so viele Möglichkeiten zum Erwerb eines Leistungsnachweises angeboten werden, wie nach § 4 Abs. 4 Satz 1 HmbJAG zu erbringen sind. Auf Grundlage der ZwPO 2007 stehen dem Prüfling im Hinblick auf jeden der fünfzehn geforderten Leistungsnachweise mindestens zwei Möglichkeiten zum Erwerb dieses Leistungsnachweises zur Verfügung. Die Lehrveranstaltungen, die mit den nach § 4 ZwPO 2007 geforderten Leistungsnachweisen abschließen, sind durch die StO 2007 dem Grundlagenstudium, d.h. dem 1. bis 3. Semester zugeordnet (s.o. (5)). Somit besteht spätestens im 3. Semester und sodann im 4. Semester Gelegenheit zum Leistungsnachweis.

84

(7) Ebenso bleiben die im 5. Semester gewährten Wiederholungsmöglichkeiten nicht zulasten der Studierenden hinter der Vorgabe des § 4 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 HmbJAG zurück.

85

Nach dieser Gesetzesvorschrift bietet die Hochschule für Studierende, die bis zum Ende des zweiten Studienjahres nicht die nach § 4 Abs. 4 Satz 1 HmbJAG erforderliche Anzahl an Leistungsnachweisen erworben haben, im 5. Semester in jedem der Pflichtfächer die Möglichkeit zum Erwerb eines Leistungsnachweises an, der sich auf Lehrinhalte des zweiten Studienjahres bezieht.

86

In formeller Hinsicht steht das Gesetz den in § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ZwPO 2007 enthaltenen Erfordernissen eines Antrags des Studierenden sowie einer Zustimmung des Prüfungsausschusses nicht entgegen. Die verfahrensrechtlichen Bedingungen zu regeln, unter denen die gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 HmbJAG vorzusehende Möglichkeit zum Erwerb von Leistungsnachweisen eingeräumt wird, bleibt der von der Hochschule erlassenen Prüfungsordnung vorbehalten, nach der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 HmbJAG die Zwischenprüfung abgelegt wird.

87

In materieller Hinsicht fordert § 4 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 HmbJAG lediglich die Möglichkeit zur Wiederholung nur je eines Leistungsnachweises in jedem der drei Pflichtfächer, wobei diese gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG auch die dort genannten Methoden und Grundlagen umfassen, auch soweit diese nicht nach §§ 7 Abs. 2, 13 Abs. 1 Satz 2 StO 2007 den drei „Studieneinheiten Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“, sondern gemäß § 6 Abs. 1 StO 2007 der „Studieneinheit Grundlagenstudium“ zugeordnet sind, in der als Leistungsnachweis gemäß § 6 i.V.m. § 12 StO 2007 der Grundlagenschein erworben wird (dazu s.o. (5)). Somit geht § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 über die gesetzlich gebotenen Wiederholungsmöglichkeiten insoweit hinaus, als nicht nur je ein Leistungsnachweis in den dort benannten Fächern, d.h. den drei „Studieneinheiten Zivilrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht“, nachgeholt werden kann, sondern auch der Grundlagenschein. Diese Abweichung vom Gesetz wirkt sich nur zugunsten der Studierenden aus und kann nicht dazu führen, dass ein nach der ZwPO 2007 nicht bestandene Zwischenprüfung nach dem HmbJAG bestanden wäre. Die durch die Satzung vorgenommene Zuordnung der im Fall der Klägerin ausstehenden Leistungsnachweise zu den Lehrveranstaltungen Staatsrecht II und Europarecht zur gleichen „Studieneinheit Öffentliches Recht“, was eine Wiederholung beider Leistungsnachweise nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 ausschließt, verstößt nicht gegen die gesetzlichen Vorgaben. Die Lehrveranstaltung in Europarecht vermittelt ausgehend von § 1 Abs. 1 StO 2007 i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 5 PrIGstV Inhalte „aus dem Europarecht (Primärrecht): Rechtsquellen, Kompetenzordnung, Organisation und Verfahren der Institutionen und Organe, Verhältnis zum mitgliedsstaatlichen Recht, Grundfreiheiten, Grundrechte, im Überblick: Beihilfenrecht“. Diese Inhalte des supranationalen Staats- sowie Verwaltungsrechts werden dem öffentlichen Recht zugerechnet, ebenso wie dies bei der Lehrveranstaltung Staatsrecht II (Grundrecht) der Fall ist, die einen Ausschnitt aus dem nationalen „Staats- und Verfassungsrecht“ gemäß § 1 Abs. 1 StO 2007 i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 1 PrIGstV betrifft.

88

(8) Die gesetzliche Regelung über das endgültige Nichtbestehen in § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG findet Beachtung. Nach dieser Gesetzesvorschrift hat die Zwischenprüfung endgültig nicht bestanden, wer die geforderten Leistungsnachweise ohne wichtigen Grund bis zum Ende des 5. Semesters nicht erbracht hat. Die Zwischenprüfung noch nicht endgültig nicht bestanden und deshalb die Gelegenheit zur Wiederholung mindestens eines Leistungsnachweises muss im Umkehrschluss erhalten, wer im 5. Semester oder in einem vorangegangen Semester aus wichtigem Grund den betreffenden Leistungsnachweis noch nicht erbracht hat. Dem vom Gesetz vorgegebenen Ziel, dass nicht im Fall eines wichtigen Grundes die Zwischenprüfung mit dem Ende des hochschulrechtlich 5. Fachsemesters die Zwischenprüfung endgültig nicht bestanden ist, dienen sowohl § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 als auch § 9 Abs. 2 ZwPO 2007. Im Einzelnen:

89

Nach § 1 Abs. 3 ZwPO 2007 ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ein Semester nicht anzurechnen, so dass die Zwischenprüfung ohne Beschränkung der möglichen Wiederholungen gemäß § 1 Abs. 1 ZwPO 2007 bis zum Ende des nach hochschulrechtlicher Zählung 5. und nach prüfungsrechtlicher Zählung 4. Fachsemesters abgelegt werden kann (s.o. bb. (2)).

90

Nach § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 kann der Prüfungsausschuss bei Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 4 Abs. 6 HmbJAG auf Antrag eine Ausnahmeregelung treffen. Im ersten Anwendungsfall der Satzungsbestimmung ist zugunsten des Prüflings dann eine Ausnahme eröffnet, wenn die geforderten Leistungsnachweise aus einem wichtigen Grund gerade im 5. Fachsemester nicht erbracht sind. Im zweiten Anwendungsfall wird noch im 5. Fachsemester eine Wiederholung solcher nicht bestandener Prüfungsteile ermöglicht, die der Studierende nicht bereits nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ZwPO 2007 wiederholen darf, wenn ein wichtiger Grund bereits bis zum Ende des 4. Semesters der Erbringung der geforderten Leistungsnachweise entgegenstand. Obwohl insoweit bereits vor dem Ende des 5. Semesters ein wichtiger Grund verlangt wird, der sich allerdings auf das Nichterbringen der geforderten Leistungsnachweise bis zum Ende des 4. Semesters bezieht, ist auch dieser Anwendungsfall auf § 4 Abs. 6 Alt. 1 HmbJAG zurückzuführen (s.o. bb. (5)).

91

(9) Den verfassungsverfassungsrechtlichen Anforderungen des Grundrechts der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ist Genüge getan. Das erkennende Gericht legt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 29.5.2013, 6 C 18/12, DVBl. 2013, 1122, juris Rn. 27) zu Grunde, die vom Bundesverfassungsgericht (Kammerbeschl. v. 26.6.2015, 1 BvR 2218/13, DVBl. 2015, 888, juris Rn. 17, 24) insofern unbeanstandet geblieben ist. Danach genügt eine Regelung, nach der das Nichtbestehen einer Teilprüfung zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn die Teilprüfung schon für sich genommen eine zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der Eignung des Prüflings bietet; ob dies der Fall ist, obliegt dabei regelmäßig in weitem Umfang der eigenen Einschätzung des Normgebers, die gerichtlich nur beanstandet werden darf, wenn sie offenkundig sachlich unvertretbar ist. Diese dem Normgeber eingeräumte Einschätzungsprärogative ist vorliegend nicht überschritten. Es ist nachvollziehbar, dass der Normgeber es für ein Fortschreiten im Studium der Rechtswissenschaft mit dem Ziel Ersten juristischen Prüfung für unentbehrlich erachtet hat, dass der Studierende die nach § 4 ZwPO 2007 geforderten fünfzehn Leistungsnachweise des Grundstudiums in den drei Pflichtfächern – Bürgerliches Recht, Öffentliches Recht oder Strafrecht – sowie im Grundlagenstudium erbringt. Ebenso nachvollziehbar ist, dass der Satzungsgeber die Eignung eines Prüflings wegen eines erheblichen Leistungsdefizits in einem der drei Pflichtfächer dann verneint, wenn trotz der bis zum 4. Semester angebotenen regulären Wiederholungsmöglichkeiten nach dem Ende des 4. Semesters zwei oder mehr Leistungsnachweise in dem gleichen Pflichtfach ausstehen, ohne dass dem Prüfling ein wichtiger Grund zur Seite steht.

92

2. Im Hilfsantrag ist die Klage als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber nach § 113 Abs. 5 VwGO unbegründet. Der Bescheid vom 4. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, einen wichtigen Grund nach § 4 Abs. 6 HmbJAG für eine Ausnahmeregelung über die Wiederholung nicht bestandener Prüfungsteile nach § 9 Abs. 2 ZwPO 2007 anzuerkennen. Ein wichtiger Grund ist nicht gegeben (s.o. 1. b. bb. (5)).

II.

93

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

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Tenor 1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2013 - BVerwG 6 C 18.12 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 15. Juni 2015 - 13 B 505/15

bei uns veröffentlicht am 15.06.2015

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. April 2015 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.0

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 05. Nov. 2014 - 2 K 879/13

bei uns veröffentlicht am 05.11.2014

Tenor Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2013 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 23. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 04. Dez. 2013 - 14 A 2138/12

bei uns veröffentlicht am 04.12.2013

Tenor Das angegriffene Urteil wird geändert:Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2011 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 2. September 2011 wird aufgehoben.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.Das Urteil ist w

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 29. Mai 2013 - 6 C 18/12

bei uns veröffentlicht am 29.05.2013

Tatbestand 1 Das Revisionsverfahren betrifft die Frage, ob Bestimmungen der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten für den Studiengang Rechtswissenschaft vom 12. Aug

Referenzen

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Zum Wehrdienst wird nicht herangezogen, wer nicht wehrdienstfähig ist.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger ist – dies ist von keiner Seite bestritten worden – deutscher Staatsangehöriger.

2

Gleichwohl stellte der Kläger am 25. Oktober 2015 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 9. November 2015 mit, dass der Antrag vom 25. Oktober 2015 in Ermangelung eines Sachentscheidungsinteresses nicht beschieden werde. Denn es sei unstreitig, dass der Kläger deutscher Staatsangehöriger sei.

3

Der Kläger hat am 9. Dezember 2015 Klage erhoben, die sich in ihrem ursprünglichen Umfang auf die Unterlassung einer Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit bezieht.

4

Der Kläger hat darüber hinaus schriftsätzliche Anregungen, formuliert als „Antrag 01“ bis „Antrag 05“ vorgebracht, aber dem gerichtlichen Hinweis, dass darin keine neuen Klagegegenstände lägen, nicht widersprochen, sondern sie als „zum ursprünglichen Hauptverfahren“ gehörend bezeichnet.

5

Für den klägerischen Vortrag wird auf die Schriftsätze verwiesen.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass er deutscher Staatsangehöriger ist,

8

sowie unter Erweiterung der Klage,

9

die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass er Staatsangehöriger der Freien und Hansestadt Hamburg ist.

10

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. Dezember 2016 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

11

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind die Sachakten der Beklagten. Darauf sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der Entscheidung über die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2017 nach § 101 Abs. 1 VwGO steht das Ausbleiben der Beklagten gemäß § 102 Abs. 2 VwGO nicht entgegen, da sie bei der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist.

I.

13

Die Klage hat in ihrem ursprünglichen Umfang (hierzu unter 1.) sowie im Umfang der Klageerweiterung (hierzu unter 2.) keinen Erfolg.

14

1. Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, den am 25. Oktober 2015 bei der Beklagten beantragten Verwaltungsakt auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit zu erlassen, ist die Klage unzulässig (hierzu unter a.) und wäre im Übrigen auch unbegründet (hierzu unter b.).

15

a. Die Klage ist bereits unzulässig.

16

Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage ist an den Voraussetzungen einer zulässigen Untätigkeitsklage zu messen. Denn begrifflich ist eine Untätigkeitsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 3 VwGO gegeben. Die Beklagte hat es unterlassen, eine Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit durch Verwaltungsakt festzustellen. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers vom 25. Oktober 2015 auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit insbesondere nicht durch ablehnenden Verwaltungsakt beschieden, sondern im Gegenteil dem Kläger mit Schreiben vom 9. November 2015 mitgeteilt, dass der Antrag vom 25. Oktober 2015 in Ermangelung eines Sachentscheidungsinteresses nicht beschieden werde.

17

Eine Verpflichtungsklage ist in der Gestalt der Untätigkeitsklage nur ausnahmsweise und zwar dann zulässig, wenn die Behörde über den Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Eine Verpflichtungsklage ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn ein Antrag auf Vornahme des begehrten Verwaltungsaktes abgelehnt und daraufhin das Widerspruchsverfahren als Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Dies folgt aus § 75 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 68 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Für die Verpflichtungsklage gilt dies gemäß § 68 Abs. 2 VwGO entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes abgelehnt worden ist. Zwar hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Vornahme eines Verwaltungsaktes nicht in der Form eines Verwaltungsaktes, dessen Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit in einem Vorverfahren nachgeprüft werden könnten, abgelehnt. Doch geht aus § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO hervor, dass dann, wenn die Behörde über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes nicht entschieden hat, die Verpflichtungsklage nur in dem Fall abweichend von § 68 VwGO zulässig ist, dass die Behörde ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.

18

Der in § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO vorausgesetzte Ausnahmefall, dass die Behörde ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat, liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die Behörde nicht gehalten war, über den Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes sachlich zu entscheiden. Zwar obliegt es der Behörde regelmäßig auch dann, einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes zu bescheiden, wenn er unzulässig ist; in Fall der Bescheidung ist der Antrag als unzulässig abzulehnen. Dabei ist eine sachliche Entscheidung i.S.d. § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO nicht nur eine Ablehnung des Antrags als unbegründet, sondern jede verbindliche behördliche Entscheidung zur Hauptsache, auch die Ablehnung des Antrags als unzulässig (Dolde/Porsch, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 31. EL Juni 2016, § 75 Rn. 5a). Doch besteht zumindest dann kein schutzwürdiges Interesse des Antragstellers daran, dass die Behörde einen unzulässigen Antrag bescheidet und als unzulässig ablehnt, wenn die Behörde bereits in einer Mitteilung an den Antragsteller zu Recht das Sachbescheidungsinteresse verneint hat. Der Antragsteller hat in diesem Fall nicht nur kein schutzwürdiges Interesse an einer Bescheidung seines Antrags in der Sache, sondern auch kein schutzwürdiges Interesse an einer Bescheidung des Antrags als unzulässig. Es verstieße gegen Treu und Glauben, die nur ausnahmsweise gegebene Zulässigkeit der Untätigkeitsklage mit der Kostenfolge des § 161 Abs. 3 i.V.m. § 75 VwGO damit zu begründen, dass die Behörde den Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes nicht durch hoheitliche Entscheidung als unzulässig abgelehnt, sondern schlicht mitgeteilt hat, dass der Antrag unzulässig ist.

19

Dabei kann dahinstehen, ob die Zulässigkeit eines auf § 30 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (ber. Fassung, BGBl. III, FNA 102-1, m. spät. Änd. – StAG) gestützten Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit in jedem Fall die positive Darlegung eines besonderen Feststellungsinteresses voraussetzt. So wird zum Teil vertreten, der Antragsteller müsse kein besonderes Interesse an der Entscheidung nachweisen (Maaßen, in Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, StAG, § 30 Rn. 3), zum Teil wird vertreten, der Nachweis eines berechtigten Interesses sei erforderlich (Marx, in GK-StAR, Stand: April 2010, § 30 StAG Rn. 18). Zumindest findet aus den folgenden Erwägungen die Annahme, jedermann könne jederzeit die Feststellung beantragen (so aber Oberhäuser, in Hofmann, AuslR, § 30 StAG Rn. 2) im Gesetz keine Grundlage.

20

Nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen setzt, ebenso wie die Zulässigkeit einer Klage ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, die Zulässigkeit eines bei der Behörde gestellten Antrags ein schutzwürdiges Interesse des Antragstellers an der Bescheidung in der Sache voraus (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.6.2013, 9 C 4/12, BVerwGE 147, 1, juris Rn. 15). Das Rechtsschutzbedürfnis im Verwaltungsprozess – und in Entsprechung dazu das Sachbescheidungsinteresse im Verwaltungsverfahren – ist zwar im Regelfall zu bejahen und bedarf nur in besonderen Fällen der Begründung. Doch fehlen das Rechtsschutzbedürfnis und Sachbescheidungsinteresse insbesondere dann, wenn die Entscheidung nutzlos ist, d.h. wenn sie demjenigen, der sie erstrebt, offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (BVerwG, Urt. v. 23.3.1973, IV C 49/71, BVerwGE 42, 115, juris Rn. 14; Urt. v. 17.10.1989, 1 C 18/87, BVerwGE 84, 11, juris Rn. 13; Urt. v. 22.2.2012, 6 C 11/11, BVerwGE 142, 48, juris Rn. 27 m.w.N.). Das Sachbescheidungsinteresse ist grundsätzlich eine Zulässigkeitsvoraussetzung jedes bei der Behörde gestellten Antrags, unabhängig von den sich aus der jeweils Rechtsgrundlage des Fachrechts ergebenden Rechtsgrundlage.

21

Die für die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit auf Antrag einschlägige Rechtsgrundlage macht von diesen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen keine Ausnahme. Zwar setzt die antragsabhängige Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StAG im Gegensatz zur amtswegigen Feststellung nach § 30 Abs. 1 Satz 3 StAG nicht zusätzlich ein öffentliches Interesse voraus. Daraus folgt jedoch nur, dass das Gesetz für die Antragstellung keine besonderen Voraussetzungen bezeichnet (Marx, a.a.O., Rn. 17), d.h. keine Voraussetzungen, die über das Sachbescheidungsinteresse als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung hinausgingen. Doch ist der Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit nach verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen unzulässig, wenn kein schutzwürdiges Interesse an der behördlichen Feststellung besteht (VG Magdeburg, Urt. v. 9.9.2016, 1 A 88/16, juris Rn. 19; VG Potsdam, Urt. v. 14.3.2016, VG 8 K 4832/15, juris Rn. 17). Weder aus dem Wortlaut, der Systematik noch dem Zweck des Gesetzes geht hervor, dass von dem Erfordernis eines Sachbescheidungsinteresses als allgemeiner Zulässigkeitsvoraussetzung befreit würde. Der Gesetzgeber wollte nicht abweichend von allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen ein voraussetzungsloses Feststellungsverfahren einführen (Marx, a.a.O., Rn. 18).

22

Dass § 30 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StAG für die antragsbedingte Feststellung von dem sich aus allgemeinen Regeln ergebenden Erfordernis eines privaten Interesses nicht befreit, bestätigt in systematischer Hinsicht die Regelung über die amtswegige Feststellung in § 30 Abs. 1 Satz 3 StAG. Der Gesetzgeber hat darin bestimmt, dass bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses die Feststellung „auch“ von Amts wegen erfolgen kann, d.h. dann, wenn die Entscheidung nicht allein für den Betroffenen und seine Abkömmlinge von Bedeutung sind, z.B. bei Auswirkungen auf ein Beamtenverhältnis oder zur Klärung des passiven oder aktiven Wahlrechts (Maaßen, a.a.O., Rn. 3). Daraus folgt zwingend, dass bei Vorliegen nur eines privaten Interesses eine Feststellung nur auf Antrag eröffnet ist. Die gesetzliche Hervorhebung des – für eine amtswegige Feststellung vorausgesetzten – öffentlichen Charakters der Interessen an der Feststellung belegt darüber hinaus jedoch auch das Vorverständnis des Gesetzgebers, dass die antragsanhängige Feststellung wenigstens ein privates Interesse voraussetzt.

23

Der vom Gesetzgeber mit der Einführung eines Antragsverfahrens zur Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit in § 30 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StAG verfolgte Zweck streitet ebenso wenig gegen, sondern im Gegenteil für eine Prüfung des Sachbescheidungsinteresses als einem allgemeinen Zulässigkeitserfordernis. In der Begründung des einschlägigen Gesetzesentwurfs (BT-Drs. 16/5065, S. 231 f.) ist ausgeführt:

24

„Mit § 30 wird die behördliche Entscheidung in einem Verfahren zur Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit als rechtsgestaltender Verwaltungsakt ausgestaltet. Dies ist erforderlich, weil bisher ein von einer deutschen Staatsangehörigkeitsbehörde auf Antrag ausgestellter Staatsangehörigkeitsausweis nur den Charakter einer widerlegbaren Vermutung hat; er ist nicht verbindlich, so dass die deutsche Staatsangehörigkeit nur durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung verbindlich für alle Behörden festgestellt werden kann. […] Zur Herstellung von Rechtssicherheit für den Betroffenen ist deshalb auch für den Nachweis der Staatsangehörigkeit eine Verbindlichkeitsregelung geboten, wie sie z. B. für den Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft in § 15 des Bundesvertriebenengesetzes gesetzlich geregelt ist.“

25

Nach dem verfolgten Gesetzeszweck tritt die behördliche Feststellung gemäß § 30 Abs. 1 StAG – es handelt sich um einen feststellenden Verwaltungsakt (Marx, a.a.O, Rn. 29 ff., zust. BVerwG, Urt. v. 19.2.2015, 1 C 17/14, BVerwGE 151, 245, juris Rn. 13) – an die Stelle einer nur bei einem berechtigten Interesse zulässigen gerichtlichen Feststellung gemäß § 43 Abs. 1 VwGO und dient der Herstellung der Rechtssicherheit. Ausgehend davon ist eine Rechtsunsicherheit über das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Feststellung. In Übereinstimmung damit geht die höchstrichterliche Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 19.2.2015, 1 C 17/14, BVerwGE 151, 245, juris Rn. 13) davon aus, dass „[b]ei Streit“ über das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 30 Abs. 1 StAG nunmehr die verbindliche Klärung durch einen feststellenden Verwaltungsakt zu erfolgen hat. Dahin stehen kann, ob dies in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall – in dem das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit in der Sache verneint worden ist – tragend geworden ist. Jedenfalls ist darin die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausdruck gelangt, nur „bei Streit“, d.h. bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Betroffenen und öffentlichen Stellen über das Bestehen oder Nichtbestehen der deutschen Staatsangehörigkeit, sei eine Feststellung eröffnet. Auch für die in der Gesetzesbegründung in Bezug genommene Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes (i.d.F. der Bek. v. 10.8.2007, BGBl. I S. 1902, m. spät. Änd. – BVFG) wird ein Sachbescheidungsinteresse vorausgesetzt (dazu BVerwG, Urt. v. 16.7.2015, 1 C 29/14, BVerwGE 152, 283, juris Rn. 34).

26

In der vorliegenden prozessualen Konstellation einer Untätigkeitsklage (zur Versagungsgegenklage vgl. jedoch VG Potsdam, Urt. v. 14.3.2016, a.a.O., Rn. 13) ist das Interesse an einer behördlichen Sachbescheidung auch nicht erst als Voraussetzung der Begründetheit der Klage zu prüfen, sondern bereits inzident im Rahmen der Zulässigkeit der Klage. Zwar ist aus der Sicht des späteren Prozesses das Sachbescheidungsinteresse des Antragstellers eine materiell-rechtliche, nämlich verwaltungsverfahrensrechtliche Voraussetzung für den geltend gemachten Verpflichtungsanspruch (BVerwG, Beschl. v. 30.6.2004, 7 B 92/03, NVwZ 2004, 1240, juris Rn. 25). Doch ist im Fall der Untätigkeitsklage nach dem Vorstehenden das behördliche Sachbescheidungsinteresse im Rahmen der gerichtlichen Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO zu prüfen.

27

Ausgehend davon sind die Voraussetzungen einer zulässigen Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1 Alt. 2 VwGO nicht erfüllt. Die Behörde hat über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes nicht entschieden, doch steht ihr dafür ein zureichender Grund zur Seite. Der Kläger hat weder ein schutzwürdiges Interesse an der behördlichen Bescheidung seines Antrags in der Sache noch an der behördlichen Bescheidung seines – unzulässigen – Antrags. Die Beklagte hat dem Kläger bereits mit Schreiben vom 9. November 2015 zu Recht mitgeteilt, dass sein Antrag mangels Sachbescheidungsinteresses unzulässig ist. Ein Sachbescheidungsinteresse fehlt dem Kläger deshalb, weil die begehrte Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit für ihn ohne Nutzen ist. Das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit wird von keiner Seite bestritten.

28

b. Wäre die Klage zulässig, mithin eine gerichtliche Sachentscheidung eröffnet, wäre die Klage gemäß § 113 Abs. 5 VwGO unbegründet, hätte mithin in der Sache keinen Erfolg. Die Unterlassung des begehrten Verwaltungsaktes auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger kann von der Beklagten keine Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit beanspruchen. Die Beklagte musste dem vom Kläger am 25. Oktober 2015 gestellten Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht stattgegeben, da dem Kläger mangels Streits über das Bestehen der deutschen Staatsangehörigkeit das bereits für eine Zulässigkeit dieses Antrags erforderliche Sachbescheidungsinteresse fehlt (s.o. a.).

29

2. Soweit der Kläger klagerweiternd die Verpflichtung der Beklagten begehrt, einen vorprozessual bei der Beklagten nicht beantragten Verwaltungsakt auf Feststellung der Staatsangehörigkeit der Freien und Hansestadt Hamburg zu erlassen, ist die Klage ebenfalls unzulässig (hierzu unter a.) und wäre im Übrigen auch unbegründet (hierzu unter b.).

30

a. Die Klage ist auch im Umfang der Klageerweiterung unzulässig. Es fehlt insbesondere an der Klagebefugnis. Nach § 42 Abs. 2 Var. 3 VwGO setzt die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage voraus, dass der Kläger geltend macht, durch die Unterlassung eines Verwaltungsaktes in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies setzt voraus, dass unter Zugrundelegung der Darlegungen des Klägers die Verletzung eines ihm zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechts möglich erscheint, woran es insbesondere dann fehlt, wenn sein Begehren auf einen in der Rechtsordnung nicht existenten staatsangehörigkeitsrechtlichen Status gerichtet ist (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 22.11.2016, 19 A 1457/16, juris Rn. 6 ff.). So liegt der Fall hier. Ein Anspruch auf eine Feststellung der Staatsangehörigkeit der Freien und Hansestadt Hamburg kommt von vornherein deshalb nicht in Betracht, weil im nach Art. 70 Abs. 1 GG geltenden Landesrecht eine solche Staatsangehörigkeit nicht geregelt ist.

31

b. Wäre die Klage im Umfang der Klageerweiterung zulässig, wäre sie nach § 113 Abs. 5 VwGO – offensichtlich – unbegründet, weil sie auf ein Ziel gerichtet ist, das die Rechtsordnung nicht kennt.

II.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 VwGO. Danach hat der Kläger als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da kein Fall des § 75 VwGO vorliegt, in dem der Kläger vor Klageerhebung mit seiner Bescheidung rechnen durfte (s.o. I. 1. a.), fallen die Kosten nicht gemäß § 161 Abs. 3 VwGO der Beklagten zur Last. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

(1) Ausbildungsförderung wird vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird, frühestens jedoch vom Beginn des Antragsmonats an.

(2) Ausbildungsförderung wird für die Dauer der Ausbildung – einschließlich der unterrichts- und vorlesungsfreien Zeit – geleistet. Abweichend von Satz 1 wird bei Studiengängen an Hochschulen und an Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 Ausbildungsförderung jedoch grundsätzlich nur bis zum Ende der Förderungshöchstdauer nach § 15a geleistet. Für die Teilnahme an Einrichtungen des Fernunterrichts wird Ausbildungsförderung höchstens für 12 Kalendermonate geleistet.

(2a) Ausbildungsförderung wird auch geleistet, solange die Auszubildenden infolge von Erkrankung oder Schwangerschaft gehindert sind, die Ausbildung durchzuführen, nicht jedoch über das Ende des dritten Kalendermonats hinaus.

(3) Über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie

1.
aus schwerwiegenden Gründen,
2.
infolge der in häuslicher Umgebung erfolgenden Pflege eines oder einer pflegebedürftigen nahen Angehörigen im Sinne des § 7 Absatz 3 des Pflegezeitgesetzes, der oder die nach den §§ 14 und 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – mindestens in Pflegegrad 3 eingeordnet ist,
3.
infolge einer Mitwirkung in gesetzlich oder satzungsmäßig vorgesehenen Gremien und Organen
a)
der Hochschulen und der Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6,
b)
der Selbstverwaltung der Studierenden an Ausbildungsstätten im Sinne des Buchstabens a,
c)
der Studentenwerke und
d)
der Länder,
4.
infolge des erstmaligen Nichtbestehens der Abschlussprüfung,
5.
infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu 14 Jahren
überschritten worden ist.

(3a) Auszubildenden an Hochschulen und an Akademien im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, die sich in einem in sich selbständigen Studiengang befinden, wird als Hilfe zum Studienabschluss für höchstens zwölf Monate Ausbildungsförderung auch nach dem Ende der Förderungshöchstdauer oder der Förderungsdauer nach Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 oder 5 geleistet, wenn die Auszubildenden spätestens innerhalb von vier Semestern nach diesem Zeitpunkt zur Abschlussprüfung zugelassen worden sind und die Prüfungsstelle bescheinigt, dass sie die Ausbildung innerhalb der Dauer der Hilfe zum Studienabschluss abschließen können. Ist eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen, gilt Satz 1 unter der Voraussetzung, dass die Auszubildenden eine Bestätigung der Ausbildungsstätte darüber vorlegen, dass sie die Ausbildung innerhalb der Dauer der Hilfe zum Studienabschluss abschließen können.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Der Bescheid vom 26. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2014 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass dem Kläger mindestens drei Prüfungsversuche für die Hausarbeit im Lehrprojekt „Entrepreneurship I“ zustehen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen des Studiums im Masterstudiengang Entrepreneurship bei der Beklagten und begehrt die Feststellung, dass ihm weitere Prüfungsversuche zustehen.

2

Der Kläger nahm zum 1. Oktober 2007 das Studium im Masterstudiengang Entrepreneur-ship bei der Beklagten auf.

3

Im Wintersemester 2007/08 nahm er erstmals an dem Kurs „Lehrprojekt Entrepreneur-ship I“ teil, in dem eine Hausarbeit zu schreiben war. Bis zum vorgesehenen Abgabetermin am 14. April 2008 gab der Kläger keine Hausarbeit ab. Nachdem der Abgabetermin für die zweite Hausarbeit auf Antrag des Klägers auf den 29. Oktober 2008 verschoben worden war, gab er die Hausarbeit am 26. Oktober 2008 ab. Die Hausarbeit wurde mit „nicht bestanden“ bewertet. Die dritte Hausarbeit reichte der Kläger am 16. Juni 2009 ein.

4

Mit Bescheid vom 26. Juli 2010 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er die Hausarbeit im Lehrprojekt „Entrepreneurship I“ gemäß § 12 Abs. 3 der Prüfungsordnung endgültig nicht bestanden habe, und darauf hingewiesen, dass gemäß § 40 Abs. 2 der Prüfungsordnung die Masterprüfung nicht mehr bestanden werden könne. Auf dem in der Sachakte der Beklagten befindlichen Bescheid befindet sich ein handschriftlicher Vermerk folgenden Inhalts: „Heute 26.7.10 mit bewerteter Arbeit persönlich übergeben!“

5

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom gleichen Tag Widerspruch, den er damit begründete, dass ihm ein weiterer Prüfungsversuch zustehe. Bei der ersten Hausarbeit mit Abgabetermin am 14. April 2008 sei er für eine andere Prüfung krankgeschrieben gewesen und beantrage, seine Krankschreibung auch auf die (erste) Hausarbeit zu beziehen. Hilfsweise begehre er die Neubewertung der zuletzt geschriebenen Hausarbeit. Wegen der durch den Kläger insofern geltend gemachten Bewertungsfehler wird auf die Widerspruchsbegründung verwiesen.

6

Am 18. Oktober 2010 nahm die Erstprüferin Frau … zu den durch den Kläger erhobenen Bewertungsrügen Stellung, wobei sie an der Bewertung mit „nicht bestanden“ festhielt. Am 17. November 2010 teilte die Zweitprüferin … mit, dass sie sich den Ausführungen der Erstprüferin anschließe.

7

Auf der Sitzung am 17. November 2010 beschloss der Prüfungsausschuss, dem Widerspruch des Klägers nicht abzuhelfen. Dies wurde dem Kläger mit Schreiben vom 19. November 2010, das mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, mitgeteilt.

8

Am 22. November 2010 erhob der Kläger „Widerspruch“ gegen die Nichtabhilfemitteilung und fügte ein auf den 3. Februar 2008 datiertes Schreiben bei, wonach er sich von der der ersten Hausarbeit abmelde, sowie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Herrn Dr. … vom 18. März 2008 für den Zeitraum vom 18. März 2008 bis 13. April 2008. Er teilte mit, dass er das Attest in der ersten Juniwoche 2008 postalisch an die Beklagte versandt habe.

9

Am 21. Dezember 2010 ging ein Antrag des Klägers auf Neubewertung der im Sommersemester 2008 geschriebenen Hausarbeit bei der Beklagten ein.

10

Mit anwaltlichem Schreiben vom 1. November 2011 trug der Kläger zur Begründung seines Widerspruchs weiter vor: Der erste Prüfungsversuch könne nicht gewertet werden, da er, der Kläger, „abgemeldet“ und krank geschrieben gewesen sei; es sei unerklärlich, warum die Abmeldung und die Atteste erst 2010 eingegangen seien. Die Entscheidung über den Prüfungsrücktritt stünde aus. Aus der Nichtabgabe der Hausarbeit innerhalb der festgelegten Bearbeitungszeit könne nicht gefolgert werden, dass die Bewertung der Hausarbeit mit „nicht bestanden“ ihm bekannt gegeben worden sei. Der zweite Versuch könne ebenfalls nicht gewertet werden, da sich die Hausarbeit, gegen deren Bewertung er Widerspruch erhoben habe, nicht in der Sachakte befinde. Im Hinblick auf den dritten Versuch befinde sich nur noch die Kopie der Hausarbeit in der Sachakte; das Gutachten, das sich auf der Rückseite der Hausarbeit befunden habe, sei nicht (mehr) vorhanden. Da die Unauffindbarkeit des Originals zulasten der Beklagten gehe, sei ihm auch insofern ein Wiederholungsversuch zuzugestehen. Die Prüfungsversuche könnten zudem deshalb nicht gewertet werden, da die Prüferinnen entgegen § 7 Abs. 1 Satz 1 der Prüfungsordnung nicht ordnungsgemäß bestellt worden seien. Zudem ergebe sich erst aus § 35 Abs. 5 der Prüfungsordnung i.V.m. III.3 §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 der Studienordnung, dass eine Hausarbeit im Lehrprojekt geschrieben werden müsse. Die Prüfungsordnung enthalte zudem keine Regelungen zur Bearbeitungszeit. Dies verstoße gegen § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG, wonach Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen in Hochschulprüfungsordnungen geregelt werden müssten und nicht in der Studienordnung.

11

Nachdem Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten gescheitert waren, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2014 zurück. Die Bewertungen der ersten beiden Hausarbeiten seien bestandskräftig geworden. Ein nachträglicher Prüfungsrücktritt komme nicht in Betracht. Im Hinblick auf den dritten Prüfungsversuch seien Bewertungsfehler, für die der Kläger die Beweislast trage, nicht erkennbar. Die Prüferinnen seien ordnungsgemäß bestellt worden.

12

Der Kläger hat am 27. Februar 2014 Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er seinen Vortrag aus dem Vorverfahren und trägt ergänzend insbesondere vor, dass die von der Beklagten als Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogene Vorschrift des § 12 Abs. 3 der Prüfungsordnung nichtig und unanwendbar sei, da die darin vorgesehene Kombination der anzahlmäßigen Begrenzung der Wiederholungsmöglichkeiten und der Prüfungsfristenregelung nicht mit § 65 HmbHG in der bei Erlass der Prüfungsordnung gültigen Fassung von 2001 vereinbar sei.

13

Nachdem der Kläger zunächst angekündigt hatte, neben der Aufhebung des Bescheids vom 26. Juli 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2014 auch die Aufhebung der Nichtabhilfemitteilung vom 19. November 2010 zu beantragen, hat er den Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2015 klargestellt.

14

Der Kläger beantragt,

15

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2014 aufzuheben und festzustellen, dass ihm mindestens drei Prüfungsversuche für die Hausarbeit im Lehrprojekt „Entrepreneurship I“ zustehen,

16

hilfsweise,

17

die Beklagte zu verpflichten, über die Bewertung der von ihm am 26. Oktober 2008 und 16. Juni 2009 abgegebenen Hausarbeiten (erneut) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen aus dem Vorverfahren und führt ergänzend aus, dass die Prüfungsordnung im Hinblick auf die zu erbringenden Prüfungsleistungen mit § 60 Abs. 2 HmbHG vereinbar sei. In § 11 der Prüfungsordnung würden die Bestimmungen zur Bewertung der Prüfungsleistungen genannt. In § 35 Abs. 1 der Prüfungsordnung fänden sich die Regelungen zu Zahl, Art und Dauer der im Rahmen der Masterstudiengänge zu erbringenden Prüfungsleistungen. Der in § 35 Abs. 5 der Prüfungsordnung enthaltene Verweis auf die Studienordnung, die nähere Vorgaben zu der im Lehrprojekt zu erbringenden Hausarbeit enthalte, sei von § 60 Abs. 2 Nr. 1 HmbHG gedeckt, der erlaube, dass Inhalt und Aufbau des Studiums auch in Studienordnungen geregelt werden könnten.

21

Im Hinblick auf die Vereinbarkeit des § 12 Abs. 3 der Prüfungsordnung mit § 60 HmbHG hat die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2015 mitgeteilt, dass von der Fristenregelung nach § 12 Abs. 3 Satz 2 der Prüfungsordnung in der Praxis der Beklagten kein Gebrauch gemacht werde.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sachakte der Beklagten, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die Klage ist bereits im Hauptantrag zulässig (hierzu unter 1.) und begründet (hierzu unter 2.).

24

1. Die Klage ist zulässig.

25

Soweit sie auf die Aufhebung des Bescheids vom 26. Juli 2010 und des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2014 gerichtet ist, ist sie als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

26

Soweit sie auf die Feststellung der dem Kläger zustehenden Prüfungsversuche gerichtet ist, ist sie als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und sind auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben.

27

Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO liegt im Hinblick auf die Anzahl der dem Kläger im Rahmen seines Masterstudiums konkret noch zustehenden Prüfungsversuche vor.

28

Das berechtigte Interesse an der Feststellung ergibt sich daraus, dass nach der Rechtsauffassung der Beklagten das Bestehen der Hausarbeit Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Studiums im Masterstudiengang Entrepreneurship ist. Denn in dem Bescheid vom 26. Juli 2010 hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass er nach der Prüfungsordnung wegen des endgültigen Nichtbestehens dieser Prüfungsleistung sein Studium nicht mehr erfolgreich beenden könne.

29

Der Feststellungsklage steht auch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, entfällt die dort angeordnete Subsidiarität jedenfalls dann, wenn eine Umgehung der insbesondere für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Sonderregeln nicht in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 2.7.1976, VII C 71.75, BVerwGE 51, 69, juris Rn. 21 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, da die Zulassung des Klägers zu weiteren Prüfungsversuchen im Rahmen der Hausarbeit weder mit der Anfechtungs- noch mit der Verpflichtungsklage, sondern mit der allgemeinen Leistungsklage zu erstreben wäre, die wie die Feststellungsklage weder die vorherige Durchführung eines behördlichen Vorverfahrens voraussetzt noch fristgebunden ist (vgl. Pietzcker, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 28. EL 2015, § 43 Rn. 43).

30

Dass vorliegend weder Anfechtungs- noch Verpflichtungsklage statthaft wären, beruht darauf, dass im Hinblick auf die streitgegenständliche Hausarbeit keine gesonderte Zulassung durch Verwaltungsakt erfolgt. Ob die Zulassung zu einer Prüfung Verwaltungsaktqualität hat oder nicht, beurteilt sich – vergleichbar mit der Frage, ob der Bewertung einer Prüfungsentscheidung Verwaltungsaktqualität zukommt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 23.5.2012, 6 C 8/11, juris Rn. 14; Beschl. v. 25.3.2003, 6 B 8/03, juris Rn. 3) – nach der konkreten Ausgestaltung des Prüfungs- bzw. Zulassungsverfahrens durch die jeweilige Prüfungsordnung.

31

Maßgeblich für das Studium des Klägers, das dieser zum 1. Oktober 2007 aufgenommen hat, ist die „Ordnung für die Bachelorprüfung im Interdisziplinären Bachelorstudiengang Sozialökonomie und die Masterprüfung in den konsekutiven Masterstudiengängen Europastudien, International Business Administration, Entrepreneurship, Human Resource Management – Personalpolitik und Ökonomische und Soziologische Studien“ (v. 12.6.2003, Amtl. Anz. S. 4473, zuletzt geändert am 15.6.2005, Amtl. Anz. S. 1568 - PO) und nicht die „Neufassung der Ordnung für die Bachelorprüfung im Interdisziplinären Bachelorstudiengang Sozialökonomie und die Masterprüfung in den konsekutiven Masterstudiengängen Europastudien, International Business Administration, Entrepreneurship, Human Resource Management – Personalpolitik und Ökonomische und Soziologische Studien“ (vom 2.7.2008 und 9.7.2008, Hochschulanzeiger Nr. 18 v. 12.8.2008), die gemäß ihrem § 45 nur für Studierende gilt, die ab dem Wintersemester 2008/2009 ihr Studium begonnen haben.

32

Gemäß § 31 Abs. 1 PO ist zwar für die Teilnahme an den Prüfungen des Masterstudiums eine vorherige Zulassung zum Masterstudium erforderlich und dürfte es sich bei dieser Zulassungsentscheidung auch um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 Satz 1 HmbVwVfG handeln. Nach dieser „Grundzulassung“ zum Masterstudium und zu den Prüfungen des Masterstudiums nach § 31 Abs. 1 PO ergehen jedoch für die im Einzelnen abzulegenden Prüfungen keine weiteren Zulassungsentscheidungen mehr. Der Vorschrift des § 7a Abs. 1 PO lässt sich vielmehr entnehmen, dass für die im Bachelor- und im Masterstudiengang zu erbringenden Klausuren nur noch eine „Anmeldung“ der Studierenden (und nicht etwa ein Antrag auf Zulassung) erforderlich ist. Auch für Hausarbeiten finden sich weder in der Prüfungsordnung noch in der für den Kläger maßgeblichen „Studienordnung für den Interdisziplinären Bachelorstudiengang Sozialökonomie und die konsekutiven Masterstudiengänge Europastudien, International Business Administration, Entrepreneur-ship, Human Ressource Management – Personalpolitik, Daten- und Informationsmanagement, Gender und Arbeit und Ökonomische und soziologische Studien“ (v. 12.6.2003, Amtl. Anz. S. 4484, mit Änderungen zuletzt v. 15.6.2005, Amtl. Anz. S. 1570 - StudO) gesonderte Zulassungsbestimmungen. Soweit ersichtlich hat die Beklagte auch in der Vergangenheit über die Teilnahme des Klägers an der streitgegenständlichen Hausarbeit nicht durch förmlichen Bescheid oder eine sonstige Mitteilung entschieden, die nach den auch im öffentlichen Recht geltenden Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB als Verwaltungsakt angesehen werden könnte.

33

2. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger kann sowohl die Aufhebung des angefochtenen Bescheids (hierzu unter a.) als auch die Feststellung beanspruchen, dass ihm mindestens drei Prüfungsversuche zustehen (hierzu unter b.).

34

a. Der Bescheid vom 26. Juli 2010, mit dem das endgültige Nichtbestehen der Hausarbeit im Lehrprojekt „Entrepreneurship I“ festgestellt und dem Kläger mitgeteilt worden ist, dass er sein Studium nicht mehr erfolgreich beenden könne, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2014 ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, da er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.

35

Dabei kann an dieser Stelle offenbleiben, ob die Beklagte die Feststellung des Nichtbestehens der Hausarbeit im Lehrprojekt, bei der es sich um eine Prüfungsleistung des Masterstudiengangs Entrepreneurship i.S.d. § 35 Abs. 5 PO handelt, auf § 12 Abs. 3 Satz 1 PO stützen konnte oder ob diese Bestimmung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig und unanwendbar ist (vgl. hierzu jedoch unten unter b.aa.).

36

Denn auch wenn der Nichtbestehensbescheid deshalb auf § 65 Abs. 1 Satz 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes in der bei Erlass des Widerspruchsbescheids am 30. Januar 2014 gültigen Fassung (v. 19.7.2001, HmbGVBl. 171 - HmbHG 2001) zu stützen wäre, wonachZwischen- und Abschlussprüfungen zweimal und andere Prüfungen bis zu zweimal wiederholt werden können, ist Voraussetzung für eine solche Feststellung, dass die drei fraglichen Prüfungsversuche auf Grundlage einer rechtsgültigen Prüfungsordnung abgenommen worden sind.

37

Soweit die Prüfungsordnung wegen formeller oder inhaltlicher Mängel rechtsungültig ist, führt dies regelmäßig dazu, dass der beanstandeten Prüfungsentscheidung die erforderliche rechtliche Grundlage fehlt und sie rechtswidrig und aufzuheben ist (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 62). Dies hat zur Konsequenz, dass die Prüfung – nach Erlass einer rechtsgültigen Prüfungsordnung – als Erstprüfung erneut abgehalten werden muss (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 58, 62; BVerwG, Urt. v. 29.5.2013, 6 C 18/12, juris Rn. 50).

38

An einer wirksamen Grundlage in der Prüfungsordnung fehlt es für die streitgegenständliche Prüfungsleistung jedoch.

39

Dabei kann dahinstehen, ob die Bewertungen des ersten und zweiten Prüfungsversuchs des Klägers mit „nicht bestanden“, wie die Beklagte meint, bestandskräftig geworden sind bzw. ob diese Bewertungen überhaupt der Bestandskraft fähig sind, was voraussetzen würde, dass es sich bei den Bewertungen von Modulprüfungen um Verwaltungsakte i.S.d. § 35 Satz 1 HmbVwVfG handelt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 23.5.2012, 6 C 8/11, juris Rn. 14).

40

Denn jedenfalls die Bewertung des dritten Prüfungsversuchs, die dem Kläger am 26. Juli 2010 mit der Übergabe des Nichtbestehensbescheids bekannt gegeben worden ist, ist durch die fristgerechte Erhebung von Widerspruch und Klage gemäß § 80 Abs. 1 VwGO mit aufschiebender Wirkung angefochten worden. Dieser Prüfungsversuch ist nicht auf Grundlage einer rechtsgültigen Prüfungsordnung abgenommen worden. Denn die für den Kläger maßgebliche Prüfungsordnung genügt im Hinblick auf die streitgegenständliche Hausarbeit den Anforderungen von § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG nicht.

41

Die Vorschrift des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG ist, abgesehen von der mit dem Gesetz zur Verbesserung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte und des Bachelor-Master-Studiensystems (v. 6.7.2010, HmbGVBl. S. 473) zum 15. Juli 2010 bewirkten Ersetzung der Textstelle „Zwischen- und Abschlussprüfungen“ durch die Textstelle „Prüfungen in modularisierten Studiengängen, Zwischen- und Abschlussprüfungen“, mit der klargestellt werden sollte, dass die inhaltlichen Vorgaben für die Hochschulprüfungsordnungen auch für Prüfungsordnungen in modularisierten Studiengängen gelten (Bü.-Drs. 19/6214, S. 13), seit ihrem Erlass (Gesetz zur Neuordnung des Hochschulrechts v. 19.7.2001, HmbGVBl. 171) unverändert geblieben und galt damit sowohl im fraglichen Prüfungszeitraum als auch bei Erlass des Widerspruchsbescheids. Nach dieser Vorschrift sind in Hochschulprüfungsordnungen, die Prüfungen in modularisierten Studiengängen, Zwischen- und Abschlussprüfungen oder Abschlussprüfungen betreffen, insbesondere Be-stimmungen aufzunehmen über Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen.

42

§ 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG erfordert es, dass diese Bestimmungen konkret in der Prüfungsordnung selbst geregelt werden (vgl. Delfs, in Neukirchen, Reußow/Schomburg, Hamburgisches Hochschulgesetz, 2011, § 60 Rn. 4). Diese gesetzliche Vorgabe ist, da die Regelung von Prüfungsanforderungen und Prüfungsverfahren in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit eingreift, Ausfluss der Wesentlichkeitstheorie (vgl. Delfs, a.a.O., § 60 Rn. 2). Dabei betreffen die Bestimmungen gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG die Prüfungsanforderungen und damit „zentrale Elemente der Hochschulprüfungsordnung“ (Delfs, a.a.O, § 60 Rn. 8). Hieraus folgt, dass ein strenger Maßstab anzulegen ist: Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen sind – hinreichend konkret – in der Prüfungsordnung selbst zu regeln, eine Regelung in einem anderen Dokument – auch in einer Studienordnung – ist nicht zulässig. Für die Anlegung dieses strengen Maßstabs und gegen eine großzügige Öffnung zugunsten von Studienordnungen spricht auch, dass, während in § 60 Abs. 2 Nr. 1 HmbHG ausdrücklich geregelt ist, dass „Inhalt und Aufbau des Studiums (…) auch in gesonderten Ordnungen (Studienordnungen) geregelt werden“ können, eine solche Bestimmung in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG fehlt. Zudem müssen Studienordnungen anders als Prüfungsordnungen nicht durch das Präsidium genehmigt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 3 HmbHG) und nicht im Amtlichen Anzeiger veröffentlicht werden (vgl. § 108 Abs. 5 Satz 1 HmbHG). Auch dass sich an die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens einer nach der Prüfungsordnung vorgesehenen Prüfung nach § 44 HmbHG erhebliche Rechtsfolgen für die Studierenden knüpfen – sie können das Studium an einer Hamburger Hochschule nicht in dem gleichen Studiengang fortsetzen und können, wenn die Prüfungsgegenstände der endgültig nicht bestandenen Prüfung auch in diesem Studiengang durch die Prüfungsordnung verbindlich vorgeschrieben sind, das Studium auch in einem anderen Studiengang nicht fortsetzen – spricht dagegen, die Regelungen über die Prüfungsanforderungen in einem anderen Dokument als der Prüfungsordnung selbst zuzulassen.

43

Entgegen der Bestimmung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG ergibt sich im vorliegenden Fall jedoch erst aus der Studienordnung und nicht bereits aus der Prüfungsordnung, dass im Lehrprojekt I eine Hausarbeit zu erbringen ist, welchen Umfang sie haben soll und wie sie zu bewerten ist.

44

Dabei kann offen bleiben, ob sich die Bestimmungen in § 35 Abs. 1 PO, wie die Beklagte meint, auch auf die im Masterstudium zu erbringenden Fachprüfungsleistungen nach § 35 Abs. 5 PO beziehen oder nur die Prüfungsleistungen aus dem Bereich „Allgemeine Studien“ betreffen. Gemäß § 35 Abs. 1 PO sind Fachkurse, Projekte, betreute Projektgruppen, Lernwerkstätten und Kurse aus dem Bereich „Allgemeine Studien“ mit jeweils einer Prüfungsleistung abzuschließen; die Art der Leistungsnachweise – die in § 35 Abs. 5 Satz 2 PO bezogen auf eine zweistündige Lehrveranstaltung regelhaft aufgezählt sind und u.a. in Hausarbeiten in einem Umfang von 10 bis 12 Seiten bestehen können – werden durch die Kursleiterinnen bzw. Kursleiter mit Zustimmung der zuständigen Masterausschüsse bestimmt. Denn die Vorschrift genügt den Anforderungen des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG nicht, da sie jedenfalls die Art der Prüfungsleistung nicht selbst konkret regelt, sondern ihre Bestimmung den Kursleitern überlässt. Auch der Bestimmung des § 35 Abs. 5 PO lässt sich eine Regelung von Zahl, Art, Dauer und Bewertung der Prüfungsleistung nicht entnehmen, wenn es dort heißt: „Im Masterprogramm ‚Entrepreneurship‘ sind weitere Fachprüfungsleistungen im Umfang von 84 Kreditpunkten zu erbringen, davon Prüfungsleistungen im Umfang von 45 Kreditpunkten in Projekten. Das Nähere regelt die Studienordnung.“ § 11 PO lässt sich zwar entnehmen, wie die Prüfungsleistungen im Einzelnen zu bewerten sind. Eine konkrete Bestimmung der für die einzelnen Prüfungsleistungen zu vergebenden Kreditpunkte, die für die Berechnung der Gesamtnote der Masterarbeit gemäß § 40 Abs. 2 PO erforderlich ist und damit ebenfalls eine notwendige Bestimmung zur Bewertung der Prüfungsleistung i.S.d. § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG darstellt (vgl. Delfs, a.a.O., § 60 Rn. 8), enthält die Prüfungsordnung hingegen nicht. In § 34 Abs. 2 PO wird insofern lediglich bestimmt, dass für bestandene Prüfungen mindestens drei Kreditpunkte und im Falle „von Lehrveranstaltungen, die ein höheres Maß an studentischer Eigenarbeit voraussetzen (…) oder für die eine Große Hausarbeit als Prüfungsleistung erbracht wird, (…) eine dem Anteil der Eigenarbeit entsprechend höhere Anzahl von Kreditpunkten zu vergeben“ sind.

45

Erst aus Abschnitt III.3, §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 2, 5 Abs. 1 StudO ergibt sich, dass im ersten Semester im Rahmen des sog. Lehrprojekts eine Hausarbeit im Umfang von 25 Seiten geschrieben werden soll, für die 9 Kreditpunkte vergeben werden.

46

Anders als die Beklagte meint, betreffen diese Regelungen auch nicht lediglich Inhalt und Aufbau des Studiums, sondern die Zahl (eine Prüfungsleistung), die Art (Hausarbeit, Seitenanzahl) und die Bewertung (konkrete Anzahl der Kreditpunkte) der Prüfungsleistung. Die Dauer der Prüfungsleistung, d.h. die den Prüflingen einzuräumende Bearbeitungszeit für die Hausarbeit, lässt sich dabei weder der Prüfungsordnung noch der Studienordnung entnehmen.

47

Dass die Prüfungsordnung im Hinblick auf diese Bestimmungen auf die Studienordnung verweist, ändert nach dem oben beschriebenen strengen Maßstab nichts an dem Verstoß gegen § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG.

48

b. Auch im Hinblick auf die vom Kläger begehrte Feststellung, dass ihm mindestens drei Prüfungsversuche für die Hausarbeit im Lehrprojekt „Entrepreneurship I“ zustehen, ist die Klage begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Teilnahme an der streitgegenständlichen Prüfung (hierzu unter aa.), der weder durch Fristen noch die Anzahl der Prüfungsversuche beschränkt ist (hierzu unter bb.).

49

aa. Der (grundsätzliche) Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der Prüfung ergibt sich als Teilhaberecht nach der staatlichen Errichtung der Beklagten als beruflicher Ausbildungseinrichtung und der Zulassung des Klägers zum Masterstudium gemäß § 31 Abs. 1 PO aus dem Gleichheitssatz in Verbindung mit der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urteil vom 7.9.1973, VII C 2.70, NJW 1974, 573, juris Rn. 9; OVG Münster, Urt. v. 30.1.2015, 14 A 2307/13, juris Rn 29 m.w.N.).

50

Dem Anspruch auf Prüfungsteilnahme steht dabei nicht entgegen, dass die Bestimmungen in der Prüfungsordnung den Anforderungen des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG auch gegenwärtig nicht entsprechen. Denn der Mangel der Prüfungsordnung führt zwar dazu, dass der auf diesen Bestimmungen beruhende, den Kläger belastende Bescheid über das endgültige Nichtbestehen aufzuheben ist (vgl. oben unter a.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass dem Kläger die Teilnahme an der Prüfung solange versagt werden könnte, bis die Prüfungsordnung unter Berücksichtigung der Anforderungen höherrangigen Rechts geändert worden ist. Denn die Teilnahme an einer Prüfung setzt grundsätzlich nicht voraus, dass an ihr Nichtbestehen rechtlich wirksame nachteilige Folgen für den Studierenden geknüpft sind. Zudem geht es bei der Teilnahme an der Prüfung nicht um die Abwehr eines Eingriffs, sondern um die Erweiterung des Rechtskreises des Klägers in Form der Geltendmachung eines Prüfungsanspruchs, so dass die (übergangsweise) Anwendung der rechtsungültigen Vorschriften insoweit unbedenklich ist (vgl. OVG Münster, Urt. v. 30.1.2015, a.a.O., juris Rn. 29).

51

bb. Der Anspruch auf Prüfungsteilnahme ist nach aktueller Rechtslage weder durch Fristen noch in der Anzahl begrenzt, so dass dem Kläger – unabhängig von der Anzahl der (wirksamen) Prüfungsversuche in der Vergangenheit – mindestens drei Prüfungsversuche zustehen.

52

Dabei ergibt sich der Anspruch auf zumindest einen weiteren Prüfungsversuch bereits daraus, dass jedenfalls der letzte (nicht bestandskräftige) Prüfungsversuch mangels ausreichender Grundlage in der Prüfungsordnung rechtlich „ins Leere gegangen“ ist, so dass er erneut abzunehmen ist (vgl. oben unter a.).

53

Ob dies auch im Hinblick auf die ersten beiden Prüfungsversuche der Fall ist oder ob deren Bewertungen mit „nicht bestanden“ bestandskräftig geworden sind, kann dahinstehen.

54

Denn aus der Prüfungsordnung ergibt sich derzeit keine rechtsgültige Beschränkung der Prüfungsversuche (hierzu unter (1)). Auch höherrangigem Recht lässt sich eine Höchstgrenze nicht (mehr) entnehmen, sondern vielmehr ein Anspruch auf mindestens drei Prüfungsversuche (hierzu unter (2)).

55

(1) Eine rechtsgültige Begrenzung der Prüfungsversuche für die streitgegenständliche Hausarbeit auf insgesamt drei Prüfungsversuche ergibt sich nicht aus § 12 Abs. 3 Satz 1 PO. Denn die Bestimmung des § 12 Abs. 3 PO ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig und unanwendbar.

56

Gemäß § 12 Abs. 3 PO können Bachelor- und Masterprüfungsleistungen – mit Ausnahme der Abschlussarbeit gemäß § 12 Abs. 1 PO – zweimal wiederholt werden, wenn sie schlechter als 4,0 bewertet worden sind. Für die Wiederholungsprüfung kann der Dozent bzw. die Dozentin eine abweichende, gleichwertige Prüfungsart festlegen. Die Prüfungen müssen im Bachelorstudium einschließlich sämtlicher Wiederholungen im ersten Studienjahr gemäß § 22 PO innerhalb einer Frist von vier Semestern, beginnend mit dem Semester der Zulassung zum ersten Studienjahr, im zweiten und dritten Studienjahr gemäß § 23 PO innerhalb von einer Frist von acht Semestern, beginnend mit dem Semester der Zulassung zum zweiten Studienjahr, erbracht werden, im Masterstudium innerhalb einer Frist von sechs Semestern beginnend mit dem Semester der Zulassung zu den Masterprüfungen. Für Teilzeitstudierende verlängert sich die Frist um jeweils 50 %. Der Prüfungsausschuss kann diese Frist bei begründetem Antrag verlängern. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 PO gilt die entsprechende Prüfung, wenn die Fristen nicht eingehalten werden, als nicht bestanden und wird mit „nicht ausreichend" (5,0) bewertet.

57

Diese in § 12 Abs. 3 PO enthaltene Kombination der Beschränkung der Anzahl der Wiederholungsversuche auf zwei (§ 12 Abs. 3 Satz 1 PO) mit der Beschränkung der Wiederholungsmöglichkeiten durch Prüfungsfristen (§ 12 Abs. 3 Satz 2 PO) verstößt gegen § 65 des Hamburgischen Hochschulgesetzes in der vom 19. Juli 2001 (HmbGVBl. 171) bis 30. Juni 2014 (sodann geändert durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts v. 8.7.2014, HmbGVBl. 269) gültigen Fassung (HmbHG 2001).

58

An dieser Fassung (§ 65 HmbHG 2001) und nicht an der aktuellen Fassung (§ 65 HmbHG) der Norm muss sich § 12 Abs. 3 PO deshalb messen lassen, weil die für den Kläger maßgebliche Prüfungsordnung bereits am 12. Juni 2003 erlassen und letztmalig am 15. Juni 2005 geändert worden ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtsgültigkeit von Rechtsnormen ist derjenige ihres Erlasses; die spätere Änderung höherrangigen Rechts kann den Gültigkeitsmangel der untergesetzlichen Vorschrift nicht nachträglich beseitigen.

59

Zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt für die Vereinbarkeit von untergesetzlichen Rechtsnormen mit höherrangigem Recht hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 15.11.1967, 2 BvL 7/64, 2 BvL 22 BvL 20/64, 2 BvL 22 BvL 22/64, juris Ls. 1 und Rn. 65) wie folgt ausgeführt:

60

„Das Rechtsstaatsprinzip gebietet, daß der Gesetzgeber die staatlicher Eingriffsmöglichkeit offenliegende Rechtssphäre selbst abgrenzt und dies nicht dem Ermessen der Exekutive überläßt (vergleiche BVerfG 1958-07-10 1 BvF 1/58 = BVerfGE 8, 71, 76).

61

Es fordert, daß die Exekutive als Verordnungsgeber in den Rechtskreis des einzelnen Bürgers durch Erlaß von Rechtsvorschriften nur eingreifen darf, wenn sie dazu in einem Gesetz ermächtigt ist und wenn diese Ermächtigung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß so hinreichend bestimmt und begrenzt ist, daß die möglichen Eingriffe für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar werden (vergleiche BVerfG 1958-07-10 1 BvF 1/58 = BVerfGE 9, 137, 147 unter Hinweis auf BVerfG 1958-11-12 2 BvL 4/56 = BVerfGE 8, 274, 325; BVerfG 1958-11-12 2 BvL 26/56 = BVerfGE 8, 274, 325; BVerfG 1958-11-12 2 BvL 40/56 = BVerfGE 8, 274, 325; BVerfG 1958-11-12 2 BvL 1/57 = BVerfGE 8, 274, 325; BVerfG 1958-11-12 2 BvL 7/57 = BVerfGE 8, 274, 325). An der Voraussehbarkeit des Inhaltes von Rechtsverordnungen würde es jedoch fehlen, wenn eine Rechtsverordnung zunächst ohne gesetzliche Ermächtigung erlassen würde und der Gesetzgeber eine derartige Rechtsverordnung mit rückwirkender Kraft nachträglich genehmigen könnte.“

62

Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 27.3.2014, 4 CN 3/13, BVerwGE 149, 229-244, juris Rn. 27) sind Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts, das in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt zu beachten war, zustande gekommen sind, von Anfang an nichtig:

63

„Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts, das in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt zu beachten war, zustande gekommen sind, sind im Grundsatz von Anfang an (ex tunc) und ohne Weiteres (ipso iure) unwirksam (vgl. z.B. Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, vor § 47 Rn. 6 und Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 47 Rn. 112 und 120), soweit sich nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen anderes ergibt (vgl. Beschluss vom 7. März 2002 - BVerwG 4 BN 60.01 - Buchholz 406.13 § 5 ROG Nr. 3 S. 10).“

64

Diese Grundsätze gelten auch für das Zustandekommen anderer untergesetzlicher Rechtsnormen wie Prüfungsordnungen. Eine Vorschrift im Hamburgischen Hochschulgesetz, wonach es für ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht nicht auf den Zeitpunkt ihres Erlasses ankäme, ist nicht ersichtlich, und eine solche Annahme lässt sich auch nicht aus anderen Bestimmungen oder Erwägungen herleiten. Ein Verstoß der Prüfungsordnung gegen zum Zeitpunkt ihres Erlasses geltende höherrangige gesetzliche Bestimmungen führt daher zu ihrer Nichtigkeit ex tunc. Eine spätere Änderung der höherrangigen gesetzlichen Bestimmungen kann wegen des Rechtsstaatsprinzips nicht zur Heilung der Prüfungsordnung führen, da es sonst an der Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit der auf ihrer Grundlage möglichen Eingriffe für die Studierenden fehlen würde.

65

Die Vorschrift des § 65 HmbHG 2001 lautet wie folgt:

66

§ 65 Wiederholbarkeit

67

(1) 1 Zwischen- und Abschlussprüfungen können zweimal, andere Prüfungen bis zu zweimal wiederholt werden. 2 Die Abschlussarbeit kann einmal, nur in begründeten Ausnahmefällen ein zweites Mal wiederholt werden.

68

(2) Die Wiederholung findet in der Regel nur für die Prüfungsleistungen statt, die nicht bestanden worden sind.

69

(3) 1 Für studienbegleitende Prüfungen kann anstelle der Wiederholbarkeit bestimmt werden, dass Prüfungsleistungen innerhalb in der Prüfungsordnung festzulegender Fristen zu erbringen sind. 2 Durch die Studienorganisation ist sicherzustellen, dass drei Prüfungsversuche innerhalb der Frist möglich sind.

70

Die Auslegung dieser Norm ergibt, dass zwischen einer anzahlmäßigen Begrenzung der Prüfungsversuche gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HmbHG 2001 und einer durch Fristen begrenzten Limitierung der Prüfungsversuche gemäß § 65 Abs. 3 Satz 1 HmbHG 2001 in einer Prüfungsordnung ein Alternativverhältnis bestehen soll.

71

Für dieses Normverständnis spricht zunächst und vor allem der Wortlaut der Bestimmung: Durch die Formulierung „anstelle der Wiederholbarkeit“ in § 65 Abs. 3 Satz 1 HmbHG 2001 hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass eine Kombination der beiden Beschränkungsmöglichkeiten (nach § 65 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 HmbHG) nicht zulässig sein soll, sondern durch den Satzungsgeber entweder das eine oder das andere Instrument zur Begrenzung der Wiederholungsversuche gewählt werden soll.

72

Dass es dabei im Normtext positiv „Wiederholbarkeit“ und nicht negativ etwa „Beschränkung der Wiederholungsversuche“ heißt, führt nicht zu einem anderen Normverständnis. Vielmehr dürfte es sich hierbei nur um eine sprachliche Ungenauigkeit des Gesetzgebers handeln. Zwar enthält § 65 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HmbHG auch eine gesetzliche Gewährleistung für die Studierenden dahingehend, dassZwischen- und Abschlussprüfungen zweimal wiederholt werden können („Wiederholbarkeit“). Zugleich enthält die Vorschrift jedoch sowohl im Hinblick auf Zwischen- und Abschlussprüfungen i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HmbHG als auch im Hinblick auf die anderen Prüfungen i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HmbHG eine gesetzliche Obergrenze für Prüfungsversuche (vgl. Nünke, in Neukirchen/Reußow/Schomburg, Hamburgisches Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2011, § 65 Rn. 5; Bü-Drs. 20/10491, S. 63), d.h. eine Beschränkung der Wiederholungsversuche. Da auch § 65 Abs. 3 Satz 1 HmbHG 2001 mit der Beschränkbarkeit der Prüfungsversuche durch Prüfungsfristen für die Universität eine Regelungsbefugnis zulasten der Studierenden bereithält – erst § 65 Abs. 3 Satz 2 HmbHG 2001 enthält eine positive Gewährleistung für die Studierenden –, dürfte der Gesetzgeber mit dem durch das Wort „anstelle“ zum Ausdruck gebrachten Alternativverhältnis bezweckt haben, die Regelung gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 HmbHG 2001 und die Regelungsmöglichkeit gemäß § 65 Abs. 3 Satz 1 HmbHG 2001 so zu begrenzen, dass sie nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Studierenden führen. Dieses Bemühen zeigt auch der nachfolgende Satz gemäß § 65 Abs. 3 Satz 2 HmbHG, wonach durch die Studienorganisation sicherzustellen ist, dass drei Prüfungsversuche innerhalb der Frist möglich sind.

73

Dass die Beschränkungsmöglichkeiten von § 65 Abs. 1 und 3 HmbHG 2001 in einem Alternativverhältnis zueinander stehen sollten, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zum Entwurf des Hochschulrechtsänderungsgesetzes (v. 22.5.1978, HmbGVBl. S. 109), mit dem die Regelung des § 65 Abs. 3 HmbHG 2001 – damals als § 60 Abs. 5 – eingeführt worden ist und zu der er heißt, dass es „in bestimmten Studiengängen (…) zweckmäßiger sein (kann), wenn bei studienbegleitenden Prüfungenstatt der Wiederholbarkeit eine Frist für die Ablegung von Prüfungen festgelegt wird“ (Bü-Drs. 13/5337, S. 35).

74

Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen für dieses Normverständnis. Denn mit der Begrenzung von Prüfungsversuchen, die im Ergebnis dazu führen kann, dass die Studierenden das aufgenommene Studium nicht erfolgreich beenden, gemäß § 44 Satz 1 HmbHG das Studium an einer Hamburger Hochschule nicht in dem gleichen Studiengang und unter den Voraussetzungen des § 44 Satz 2 HmbHG auch in einem anderen Studiengang nicht fortsetzen können, geht für die betroffenen Studierenden ein erheblicher Eingriff in die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG einher, der sich am Maßstab der Verhältnismäßigkeit messen lassen muss. Der Eingriff wiegt umso schwerer, wenn die Begrenzung nicht nur durch die Anzahl der Prüfungsversuche oder durch Prüfungsfristen erfolgt, sondern durch eine Kombination von beiden Begrenzungsinstrumenten. Dies gilt selbst dann, wenn gemäß § 65 Abs. 3 Satz 2 HmbHG 2001 sichergestellt ist, dass innerhalb der Prüfungsfrist eine Mindestzahl von Prüfungsversuchen zur Verfügung steht. Denn die Kombination der Begrenzungsinstrumente erhöht die Wahrscheinlichkeit des endgültigen Nichtbestehens einer Prüfungsleistung auch dann, wenn sichergestellt ist, dass innerhalb der Prüfungsfristen drei Prüfungsversuche möglich sind.

75

Aus alledem folgt, dass, wenn die Universitäten von der Regelung gemäß § 65 Abs. 3 HmbHG 2001 – vorschriftsmäßig – Gebrauch machen, die Studierenden „die – insoweit unbegrenzte – Möglichkeit“ haben müssen, studienbegleitende Prüfungen innerhalb einer bestimmten Frist abzulegen und „eine Prüfung (…) innerhalb der jeweiligen Frist so lange wiederholt werden (kann), bis sie bestanden ist“ (vgl. Nünke, a.a.O., § 65 Rn. 9).

76

Dieses durch § 65 HmbHG 2001 vorgeschriebene Alternativverhältnis findet sich in § 12 Abs. 3 PO nicht wieder. Vielmehr enthält § 12 Abs. 3 Satz 1 PO eine – anzahlmäßige – Begrenzung der Prüfungsversuche auf drei und § 12 Abs. 3 Satz 2 PO zugleich eine Beschränkung der Prüfungsversuche durch Prüfungsfristen. Beide Bestimmungen können unabhängig voneinander zum endgültigen Nichtbestehen der Prüfungsleistung führen. Dabei kann § 12 Abs. 3 Satz 1 PO auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass es sich hierbei um die Konkretisierung der Gewährleistung des § 65 Abs. 3 Satz 2 HmbHG 2001 und nicht um eine Beschränkung der Prüfungsversuche i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 HmbHG 2001 handelt. Denn, abgesehen davon, dass § 12 Abs. 3 Satz 1 HmbHG keine Maßgabe im Hinblick auf die Studienorganisation enthält, wird keine Mindestbestimmung („mindestens zweimal“), sondern eine feste Anzahl von Prüfungsversuchen und damit eine Obergrenze normiert. Auch systematische Gründe sprechen dafür, § 12 Abs. 3 Satz 1 PO im Sinne einer Beschränkung und nicht im Sinne einer Mindestgewährleistung zu verstehen. Denn im Gegensatz zu § 12 Abs. 3 PO regelt § 12 Abs. 4 PO ausdrücklich, dass „nicht bestandene Leistungen nach § 22 Absätze 2 und 3 (…) innerhalb der Frist nach Absatz 3 Satz 2 beliebig oft wiederholt werden“ können.

77

Diese Unvereinbarkeit der Gesamtbestimmung des § 12 Abs. 3 PO mit § 65 Abs. 1 und 3 HmbHG 2001 kann auch nicht zugunsten der Beklagten dahingehend aufgelöst werden, dass nur die anzahlmäßige Begrenzung der Prüfungsversuche gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 PO oder nur die Begrenzung der Prüfungsversuche durch Prüfungsfristen gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 PO bestehen bliebe. Denn das Gericht kann sich nicht an die Stelle des allein zuständigen Satzungsgebers setzen und entscheiden, welche der beiden Begrenzungen für sich genommen bestehen bleiben soll. Dies wäre mit den Grundsätzen der Gewaltenteilung unvereinbar.

78

Unerheblich ist auch, ob die Behauptung der Beklagtenvertreterin zutrifft, dass von der Regelung des § 12 Abs. 3 Satz 2 PO praktisch kein Gebrauch gemacht werde. Denn für die Vereinbarkeit einer Prüfungsordnung mit höherrangigem Recht kommt es allein auf ihren Regelungsinhalt und nicht auf ihre Anwendung in der Praxis an.

79

(2) Auch höherrangigem Recht lässt sich eine Begrenzung der Prüfungsversuche für die hier in Streit stehende Modulprüfung nicht (mehr) entnehmen, sondern – im Gegenteil – eine Mindestanzahl von Prüfungsversuchen.

80

Maßgeblich für die Frage der dem Kläger gegenwärtig noch zustehenden Prüfungsversuche ist nicht die Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 HmbHG 2001, die eine gesetzliche Höchstgrenze für Prüfungsversuche bei Zwischen- und Abschlussprüfungen und anderen Prüfungen statuierte, sondern § 65 Abs. 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes in der aktuell gültigen Fassung (v. 8.7.2014, HmbGVBl. S. 269 - HmbHG), die eine gesetzliche Obergrenze für Prüfungsversuche bei studienbegleitenden Prüfungen nicht mehr vorsieht. Denn maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die begehrte Feststellung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, da es dem Kläger nicht um die Feststellung der ihm in der Vergangenheit zustehenden Prüfungsversuche, sondern um die Feststellung der ihm gegenwärtig zustehenden Prüfungsversuche geht. Zwar ist zu berücksichtigen, dass sich der Kläger seiner Prüfung bereits unter der Geltung des § 65 HmbHG 2001 gestellt hat. Da der Kläger jedoch jedenfalls seinen letzten Prüfungsversuch wirksam angefochten hat, ist sein Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen (vgl. zu dieser Voraussetzung: OVG Bautzen, Urt. v. 23.4.2013, 2 A 525/11, juris Rn. 25). Eine Übergangsvorschrift ist in dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts (v. 8.7.2014, HmbGVBl. S. 269), mit dem die gesetzliche Höchstgrenze für Prüfungsversuche nach § 65 Abs. 1 Satz 1 HmbHG mit Wirkung zum 1. Juli 2014 aufgehoben worden ist, für diese Gesetzesänderung nicht vorgesehen. Auch aus sonstigen Erwägungen spricht nichts dafür, die Bestimmung des § 65 Abs. 1 Satz 1 HmbHG 2001 – zu Lasten – des Klägers weiterhin anzuwenden.

81

Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HmbHG stehen dem Kläger für die streitgegenständliche Hausarbeit mindestens drei Prüfungsversuche zu. Nach dieser Vorschrift können studienbegleitende Prüfungen nunmehr mindestens zweimal wiederholt werden. Eine Begrenzung der Prüfungsversuche für studienbegleitende Prüfungen sieht § 65 Abs. 1 Satz 1 HmbHG nicht mehr vor, sondern nur die Gewährleistung einer Mindestanzahl von Prüfungsversuchen (vgl. auch die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts, Bü-Drs. 20/10491, S. 63).

82

Bei der streitgegenständlichen Hausarbeit handelt es sich um eine studienbegleitende Prüfung i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HmbHG. Ob es sich bei ihr zugleich auch um den Teil einer Abschlussprüfung i.S.d. § 65 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HmbHG, d.h. einer das Studium beendenden Prüfung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.11.1986, B 108/86, juris Rn. 8) handelt, da sie gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 PO Teil der Masterprüfung ist, kann dahinstehen. Denn auch wenn die Hausarbeit zugleich als Teil einer Abschlussprüfung anzusehen sein sollte, handelt es sich jedenfalls um den studienbegleitenden Teil einer solchen Prüfung. Studienbegleitende Prüfungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie thematisch dem Studienfortschritt angepasst sind (vgl. Reich, Hochschulrahmengesetz, 11. Aufl. 2012, § 15 Rn. 2). So liegt es im Falle von Modulprüfungen (vgl. auch Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 812, der die Begriffe „studienbegleitende Prüfung“ und „Modulprüfung“ synonym verwendet), mit denen nicht kursübergreifender Prüfungsstoff eines Studienabschnitts oder des gesamten Studiums abgeprüft wird, sondern nur der in dem jeweiligen Modul vermittelte Prüfungsstoff. Dass nach § 65 Abs. 1 Satz 1 HmbHG dem Prüfling bei studienbegleitenden Prüfungen grundsätzlich mehr Prüfungsversuche zustehen als bei nicht studienbegleitend abgenommenen Zwischen- und Abschlussprüfungen, erscheint vor dem Hintergrund von Art. 12 Abs. 1 GG auch sachgerecht. Denn da bei einer studienbegleitenden Prüfung, deren Nichtbestehen ebenso wie das Nichtbestehen einer nicht studienbegleitend abgenommenen Zwischen- oder Abschlussprüfung zu einem Nichtbestehen des Studiums führen kann, ein kleinerer Ausschnitt aus dem für den Studienabschluss insgesamt erforderlichen Prüfungsstoff abgeprüft wird, bestehen hier weniger Möglichkeiten, Schlechtleistungen durch gute Leistungen in einem anderen Prüfungsgebiet auszugleichen, so dass der Ausspruch des endgültigen Nichtbestehens bei diesen Prüfungsleistungen schwerer wiegt.

II.

83

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da keine obergerichtliche Rechtsprechung zu der Frage existiert, ob § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG es erfordert, Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen konkret in der Prüfungsordnung selbst zu regeln, und welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen die Vorschrift nach sich zieht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre ihres Bachelorstudiengangs.

2

Die Klägerin nahm an der beklagten Hochschule zum Wintersemester 2005/2006 (1. Fachsemester des Hauptfachstudiums) ein Studium im Studiengang Deutsche Sprache und Literatur mit dem Studienziel Bachelor of Arts auf. Vom Sommersemester 2008 bis zum Sommersemester 2013 studierte sie in Teilzeitform. Im Hauptfach schloss die Klägerin ihr Studium erfolgreich ab. Im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre begann sie unter Genehmigung der Beklagten zum Wintersemester 2011/2012 (0,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) das Studium neu. Seit dem Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) studierte sie wiederum in Vollzeitform.

3

Im Nebenfachstudium fertigte die Klägerin die Klausur „Statistik I“ am 19. März 2013 (Wintersemester 2012/2013 und 1,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums), am 12. Februar 2014 (Wintersemester 2013/2014 und 3. Fachsemester des Nebenfachstudiums), am 13. Februar 2015 sowie am 27. März 2015 (beide Wintersemester 2014/2015 und 5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) an. Die Klausuren wurden jeweils als nicht bestanden bewertet.

4

Von diesen Klausuren enthielten diejenigen vom 19. März 2013 bzw. 12. Februar 2014 einen Anteil an Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren. Bei der Klausur vom 19. März 2013 waren die Aufgaben 1 und 2 im Antwort-Wahl-Verfahren („Multiple-Choice“-Verfahren in der Variante „Single-Choice“) ausgestaltet, von insofern erreichbaren 50 Punkten erzielte die Klägerin nach der Bewertung durch die Prüfer 15 Punkte. Die Aufgaben 3 bis 8 unterlagen nicht dem Antwort-Wahl-Verfahren; von erreichbaren 50 Punkten erzielte die Klägerin 2 Punkte. Die absolute Bestehensgrenze der Klausur von 34 Punkten untertraf die Klägerin mit 17 Punkten. Im Mittel erreichten die Teilnehmer 41,66 Punkte. Bei der Klausur vom 12. Februar 2014 war die Aufgabe 1 im Antwort-Wahl-Verfahren („Single-Choice“) ausgestaltet, von insofern erreichbaren 24 Punkten erzielte die Klägerin 12 Punkte. Die übrigen Aufgaben 2 bis 7 unterlagen nicht dem Antwort-Wahl-Verfahren; von 78 erreichbaren Punkten erzielte die Klägerin 11 Punkte. Die absolute Bestehensgrenze der Klausur von 44 Punkten untertraf die Klägerin mit 23 Punkten. Im Mittel erreichten die Teilnehmer 54,79 Punkte. Beide Klausuren wurden jeweils durch zwei Prüfer bewertet.

5

Die Bewertungen der beiden Klausuren vom 19. März 2013 bzw. 12. Februar 2014 mit „durchgefallen“ (5,0) waren für die Klägerin im Hochschulinformationssystem „StiNE“ ab dem 10. April 2013 bzw. ab dem 13. April 2014 einsehbar.

6

Mit einem bei der Beklagten am 21. April 2015 eingegangenen Schreiben vom 20. April 2015 beantragte die Klägerin die „Zulassung zur mündlichem Prüfung im Studienfach Statistik I“. Sie trug vor, dass sie sich wegen des extrem hohen psychischen Drucks der letzten Klausur nicht konsequent auf die Klausuraufgaben habe konzentrieren können. Wegen verschiedener familiärer und privater Gründe habe sich ihr Studium über einen erheblichen Zeitraum erstreckt.

7

Mit Bescheid vom 29. April 2015, zugestellt am 4. Mai 2015, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses für den Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre die von ihr vorgebrachten Härtefallgründe für die Voraussetzungen einer Modulfristverlängerung geprüft habe und zur Entscheidung gelangt sei, dem Antrag nicht abzuhelfen. Sie habe die Modulprüfung für das Modul „Statistik I“ endgültig nicht bestanden. Da sie die Modulprüfung viermal in der Modulfrist durchlaufen und nicht erfolgreich absolviert habe, habe sie den Nebenfach-Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre endgültig nicht bestanden.

8

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit am selben Tag eingegangenen Schreiben vom 19. Mai 2015 Widerspruch ein. Sie trug vor, dass sie im Laufe ihres Studiums mehrere chirurgische Eingriffe habe erdulden müssen. Als „mildernder Umstand“ sei auch die Unvergleichbarkeit zweier Prüfungsverfahren zu berücksichtigen, da zum Teil „Multiple-Choice“-Aufgaben zum Einsatz gekommen seien. Sie habe inzwischen im Nebenfach alle Modulleistungen – außer in Statistik – erbracht.

9

Ergänzend trug die Klägerin vor, wegen ihrer Krankheit sei es ihr sehr schwer gefallen, im Studium mit anderen mitzuhalten und notwendige Leistungen termingerecht zu erbringen. Eine „Multiple-Choice“-Aufgabenstellung sei unzulässig gewesen, da es keine relative Bestehensgrenze gegeben habe. Das Zwei-Prüfer-Prinzip sei nicht eingehalten.

10

Ferner legte die Klägerin einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 19. Oktober 2015 vor, nach dem die Klägerin in den vorausgegangenen zwei Jahren durch mehrfache familiäre, berufliche und gesundheitliche Belastungsfaktoren stark beeinträchtigt gewesen sei. Vor dem Hintergrund von u.a. erheblichen Konzentration- und Aufmerksamkeitsstörungen seien die Prüfungsvorbereitungen für die Statistik-Klausur erheblich erschwert gewesen; die Störungen hätten sich unter dem Druck der Prüfungsbedingungen und der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, extrem verstärkt.

11

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2015 zurück und führte aus:

12

Der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen sei rechtmäßig, da die Klägerin ihr Nebenfach Betriebswirtschaftslehre endgültig nicht bestanden habe. Die Klägerin habe die Modulprüfung im Modul „Statistik I“ auch in ihrer letzten Wiederholung am 27. März 2014 nicht bestanden. § 18 Abs. 1 der Prüfungsordnung sehe als Folge das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung vor. Der Antrag auf Zulassung zur mündlichen Prüfung in „Statistik I“ hätte schon mangels Rechtsgrundlage für die Zulassung zu einer mündlichen Prüfung abgelehnt werden können, weshalb er als Antrag auf Modulfristverlängerung ausgelegt worden sei. Die Klägerin begehre offensichtlich einen weiteren Prüfungsversuch, was allenfalls in Form einer Modulfristverlängerung gemäß § 10 Abs. 3 der Prüfungsordnung hätte gewährt werden können. Gemäß § 10 Abs. 2 der Prüfungsordnung seien Modulprüfungen für Pflichtmodule innerhalb von Fristen zu erbringen. Die Modulfrist im Modul „Statistik I“ sei für die Klägerin vom Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) bis zum Wintersemester 2014/2015 (5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) gelaufen. Innerhalb dieser Frist habe die Klägerin an drei Prüfungsversuchen erfolglos teilgenommen. Einen vierten Versuch habe sie bereits vor Beginn der Modulfrist erfolglos unternommen. Für die vierte Prüfungsmöglichkeit innerhalb der Modulfrist sei die Klägerin nicht angemeldet gewesen.

13

Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen und vorgelegten „Nachweise“ rechtfertigten keinen weiteren Prüfungsversuch im Rahmen eines Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 1 der Prüfungsordnung. Ein Antrag auf Nachteilsausgleich müsste nach dem Wortlaut dieser Vorschrift vor dem letzten Wiederholungsversuch gestellt werden. Der Nachteilausgleich diene der Anpassung der Prüfung an Nachteile eines konkreten Studenten, ermögliche es hingegen nicht, weitere Prüfungsversuche zu gestatten. Die von der Klägerin vorgetragene familiäre, gesundheitliche und berufliche Belastungssituation stelle auch keine chronische Krankheit oder Behinderung dar.

14

Ebenso wenig komme ein nachträglicher Rücktritt von den Klausuren in „Statistik I“ nach § 16 Abs. 1 der Prüfungsordnung in Betracht. Der einen Rücktritt tragende triftige Grund müsse unverzüglich angezeigt und der Rücktritt eindeutig erklärt werden. Hieran fehle es, da die Klägerin ihre Belastungssituation erst im Schreiben vom 20. April 2015 bekundet habe und der Wille, nachträglich von den Prüfungen zurücktreten zu wollen, daraus nicht deutlich hervorgehe.

15

Weiter seien die von der Klägerin geschriebenen Klausuren „Statistik I“ verfahrensfehlerfrei. Gegen das Zwei-Prüfer-Prinzip sei nicht verstoßen worden. Nach § 64 Abs. 7 Satz 1 HmbHG 2001 müssten studienbegleitende Prüfungsleistungen in Abschluss- und Zwischenprüfungen – wie die Klausuren im Modul „Statistik I“ – nicht von einem zweiten Prüfer bewertet werden. Das Antwort-Wahl-Verfahren sei ein zulässiger Klausurtyp. Eine nachträgliche Bildung der relativen Bestehensgrenze zeige, dass die Klägerin die beiden betroffenen Klausuren auch unter Annahme einer relativen Bestehensgrenze von 25 % – die zu Gunsten der Klägerin sehr hoch angesetzt sei – nicht bestanden habe.

16

Zur Begründung der am 17. Dezember 2015 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor:

17

Die nachgereichten Atteste wiesen eine chronische Krankheit nach, was einen Härtefallantrag ermögliche; es werde keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgen. Sie leide unter einer chronischen Eierstockentzündung. Da „enormer Druck seitens diverser Instanzen“ entstanden sei, wie beispielsweise der Ausländerbehörde, habe sie einen Verzicht auf die Klausuren nicht in Betracht ziehen können. Leider habe sie nichts von der Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs gewusst und einen solchen deshalb nicht beantragt.

18

Ergänzend trägt die Klägerin vor, zu wenig Zeit gehabt zu haben, um sich vorzubereiten. Sie sei nicht gesund gewesen, habe sich allerdings nicht krank gemeldet, weil sie Druck von der Ausländerbehörde empfunden habe. Sie habe auch nicht weiter ein Teilzeitstudium betreiben können, weil sie dann mit ihrem Aufenthaltstitel Schwierigkeiten bekommen hätte. Sie habe bisher nicht alle gesundheitlichen Belastungen dargelegt, dies gelte insbesondere für psychische Themen. Ihr sei ein unter Vorbehalt bereits gewährter Wiederholungsversuch der Klausur „Statistik I“ als regulärer zu werten. Ihre gesundheitlichen Belastungen hätten sich auf die Prüfungsleistungen in verschiedenen Fächern ausgewirkt, aber die Klausur „Statistik I“ sei eben besonders schwer.

19

Die Klägerin beantragt,

20

den Bescheid vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2015 aufzuheben

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte trägt vor: Vorprozessual habe sie nichts von einem Dauerleiden der Klägerin gewusst. Die Befassung mit einem Nachteilsausgleich im Widerspruchsbescheid sei lediglich vollständigkeitshalber erfolgt. Nach der Prüfungsordnung betrage die Dauer einer Klausur mindestens 45, höchstens 180 Minuten und könnten auch in Form eines Antwort-Wahl-Verfahrens durchgeführt werden. Die im Hochschulinformationssystem „StiNE“ eingetragenen Prüfungsbewertungen seien Verwaltungsakte. Sie seien mit Ablauf der Jahresfrist jeweils bestandskräftig geworden. Die Klägerin habe sich erstmals mit Schreiben vom 1. Juni 2015 gegen die Bewertungen der Klausuren gewandt. Eine (unter Vorbehalt) am 12. Februar 2016 angefertigte Klausur „Statistik I“ habe die Klägerin nicht bestanden.

24

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist die Prüfungsakte. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

I. Die zulässige Klage ist nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2015 über das endgültige Nichtbestehen der Klägerin in der Bachelorprüfung im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre ist ausgehend von den einschlägigen Satzungen (hierzu unter 1.) gerechtfertigt (hierzu unter 2.). Die einschlägigen Satzungen bilden – als mit höherrangigem Recht vereinbar – eine wirksame Rechtsgrundlage (hierzu unter 3.).

26

1. Einschlägig ist für das von der Klägerin zum Wintersemester 2011/2012 aufgenommene Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre die Prüfungsordnung des Departments Wirtschaftswissenschaften der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science“ (B.Sc.) (v. 20.9.2006, Amtl. Anz. S. 2959 – PO 2006, mit Änderungen v. 16.7.2008, Amtl. Bek. Nr. 43 v. 22.9.2008 sowie v. 14.7.2010, Amtl. Bek. Nr. 18 v. 23.5.2011 – PO 2010). Unanwendbar ist die letzte Änderung der Prüfungsordnung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss Bachelor of Science (v. 6.8.2014, Amtl. Bek. Nr. 74 v. 10.9.2014), die gemäß deren § 2 Abs. 1 Satz 2 erstmals für Studierende gilt, die ihr Studium zum Wintersemester 2014/2015 in einem Studiengang der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aufgenommen haben. Die Änderungsordnung gilt mit Wirkung zum Wintersemester 2014/2015 zwar grundsätzlich ebenfalls für Studierende, die ihr Studium vor Inkrafttreten dieser Änderungsordnung am 11. September 2014 in einem Studiengang der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aufgenommen haben, aber nicht im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.), der nunmehr der Zuständigkeit der neueingerichteten Fakultät Betriebswirtschaftslehre unterfällt. Die Klägerin hat das Studium bereits zum Wintersemester 2011/2012 und im Nebenfach-Bachelorstudiengang der Betriebswirtschaftslehre aufgenommen. Zeitlich unanwendbar ist auch die Prüfungsordnung der Fakultät für Betriebswirtschaft für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science (B.Sc.)“ (v. 8.7.2015 und 27.1.2016, Amtl. Bek. Nr. 39 v. 22.6.2016), die gemäß ihrem § 23 erst ab dem Wintersemester 2015/2016 gilt. Bereits sachlich unanwendbar ist die neue Prüfungsordnung der (nicht mehr die Betriebswirtschaftslehre umfassenden) Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science“ (B.Sc.) (v. 15.6.2016, Amtl. Bek. Nr. 62 v. 4.10.2016).

27

In Ergänzung der PO 2010 finden die Fachspezifischen Bestimmungen für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre im Department Wirtschaftswissenschaften der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg (v. 4.10.2006, Amtl. Anz. S. 2846, Neufassung v. 15.4.2009, Amtl. Bek. Nr. 31 v. 21.6.2010 – FSB 2009, mit Änderung v. 16.6.2010, Amtl. Bek. Nr. 47 v. 7.12.2011 – FSB 2010) Anwendung. Zeitlich unanwendbar sind demgegenüber die Fachspezifischen Bestimmungen für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg (v. 11.7.2012, Amtl. Bek. Nr. 78 v. 22.10.2012 – FSB 2012), da diese gemäß ihrer Bestimmung Satz 2 zu § 23 erstmal für Studierende gelten, die ihr Studium zum Wintersemester 2012/2013 aufgenommen haben. Die Aufhebung der Regelungen zum Nebenfachstudiengang Betriebswirtschaftslehre durch Satzung v. 8.7.2015 (Amtl. Bek. Nr. 48 v. 11.9.2015) mit Wirkung vom 30. September 2020 ist ebenso wenig anwendbar.

28

2. Unter Zugrundelegung der einschlägigen Satzungen (dazu s.o. 1.) ist der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen in der Bachelorprüfung im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre gerechtfertigt. Der Nichtbestehensbescheid findet seine satzungsmäßige Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 PO 2010. Ist die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden, stellt gemäß dieser Satzungsbestimmung der oder die Vorsitzende des Prüfungsausschusses einen entsprechenden Bescheid aus. Die Bachelorprüfung ist gemäß § 18 Abs. 1 Buchst. a. PO 2010 insbesondere dann endgültig nicht bestanden, wenn eine Modulprüfung nicht fristgemäß absolviert wird, es sei denn, der bzw. die Studierende hat die Fristversäumnis nicht zu vertreten. Ausgehend von der Satzungslage hat die Klägerin die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden. Denn die Klägerin hat die auch im Nebenfachstudium verpflichtende Prüfungsleistung „Statistik I“ (hierzu unter a.) innerhalb der regulären Modulfrist (hierzu unter b.) nicht bestanden (hierzu unter c.). Weder war die Fristversäumnis von der Klägerin nicht zu vertreten (hierzu unter d.) noch die Modulfrist ausnahmsweise zu verlängern (hierzu unter e.).

29

a. Die Klägerin musste in ihrem Nebenfachstudium Betriebswirtschaftslehre die Prüfungsleistung „Statistik I“ bestehen. Der verpflichtende Charakter dieser Prüfungsleistung ergibt sich aus Folgendem:

30

Der Bachelorstudiengang ist auch im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 modular aufgebaut; Zahl, Umfang, Inhalte der Module und Modulvoraussetzungen sind danach in den Fachspezifischen Bestimmungen geregelt. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 PO 2010 ist zwischen obligatorischen Modulen (Pflichtmodulen), aus einem vorgegebenen Katalog auszuwählenden Modulen (Wahlpflichtmodulen) und frei wählbaren Modulen (Wahlmodulen) zu unterscheiden. Im Hauptfachstudium der Betriebswirtschaftslehre ist gemäß Abs. 1 Buchst. a FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010 und gemäß der in den FSB 2010 enthaltenen Modulbeschreibung für die erste Studienphase das Modul „Statistik I + II“ ein Pflichtmodul und Methodenmodul der ersten Studienphase, das den Fachsemestern „3 + 4“ zugeordnet ist, mit zwei Modulteilprüfungen i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PO 2010 abschließt, jeweils in der Prüfungsart der Klausur gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010. Diese beiden Teilprüfungsleistungen des Hauptfachstudiums entsprechen im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre gemäß Abs. 3 Sätze 3 und 4 FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010 dem Pflichtmodul „Statistik I“ sowie dem Wahlmodul „Statistik II“.

31

b. Für das Pflichtmodul „Statistik I“ (dazu s.o. a.) endete die Modulfrist, in der die Prüfungsleistung zu absolvieren war, regulär mit dem 31. März 2015.

32

Die Bindung an eine Modulfrist folgt aus § 10 Abs. 2 Sätze 1 und 2 PO 2010: Danach sind Modulprüfungen für Pflichtmodule innerhalb von Fristen zu erbringen, die sich aus den in der jeweiligen Modulbeschreibung angegebenen Fachsemestern zuzüglich der Anzahl von Fachsemestern, innerhalb derer das Modul ein weiteres Mal absolviert werden kann (Wiederholungsfrist), errechnen. Bei Teilprüfungsleistungen endet die Frist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 in dem Semester, in dem die der Teilprüfung zugeordnete Lehrveranstaltung ein weiteres Mal angeboten wird.

33

Das Ende der Modulfrist errechnet sich wie folgt: Die in den FSB 2010 enthaltene Modulbeschreibung gibt für das Modul „Statistik I + II“ die Fachsemester „3 + 4“ an. Die erste Teilprüfungsleistung „Statistik I“ ist damit dem 3. Fachsemester zugeordnet. Die betreffende Frist endete gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 mit dem 5. Fachsemester, in dem ausgehend vom Jahresturnus die der Teilprüfung zugeordnete Lehrveranstaltung ein weiteres Mal angeboten worden ist. Das 5. Fachsemester der Klägerin im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre war das am 31. März 2015 endende Wintersemester 2014/2015. Dem liegt zugrunde, dass die Klägerin zunächst in Teilzeitform zum Wintersemester 2011/2012 (0,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) mit dem Studium in diesem Nebenfach erneut begonnen und zum Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) in ein Vollzeitstudium gewechselt ist.

34

c. Die Prüfungsleistung „Statistik I“ hatte die Klägerin bis zum Ende der regulären Modulfrist am 31. März 2015 (dazu s.o. b.) nicht bestanden. Die von der Klägerin am 19. März 2013, am 12. Februar 2014, am 13. Februar 2015 sowie am 27. März 2015 angefertigten Klausuren in der Teilprüfungsleistung „Statistik I“ sind von den Prüfern als nicht bestanden bewertet worden. Die Klägerin kann das Ziel, eine innerhalb der Modulfrist angefertigte Klausur bestanden zu haben, auch nicht im Wege der Neubewertung erreichen, denn eine Neubewertung kann sie nicht beanspruchen.

35

Dahinstehen kann dabei, ob der Beklagten darin zu folgen ist, dass die Bewertung der einzelnen Klausuren als nicht bestanden ein Verwaltungsakt ist, der jeweils bestandskräftig geworden ist. Es spricht viel dafür, dass sich die Beklagte auf eine etwaig eingetretene Bestandskraft nicht berufen könnte, da sie sich hinsichtlich der Bewertung der Klausuren noch im Widerspruchsbescheid auf eine Auseinandersetzung in der Sache eingelassen hat.

36

Jedenfalls kann die Klägerin eine Neubewertung der angefertigten Klausuren deshalb nicht beanspruchen, weil nach dem beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmaßstab, die bisherige Bewertung nicht durch eine neue zu ersetzen ist. Im Einzelnen:

37

Bei der Bewertung der Leistungen in berufsbezogenen Prüfungen ist ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum anzuerkennen (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 54; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 877 ff.). Das Gebot der Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG erfordert eine Bewertung der Leistungen aller Prüflinge nach den Maßstäben der Prüfer. Das Gericht kann sich nicht an die Stelle der Prüfer setzen. Das Gericht kann nur überprüfen, ob das Verfahren eingehalten wurde, anzuwendendes Recht verkannt wurde, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt wurden oder sachfremde Erwägungen ausschlaggebend waren (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 56). Es obliegt dem Prüfling, konkrete und substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung zu benennen (BVerwG, Beschl. v. 23.12.1993, 6 B 19/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 326, juris Rn. 8; Urt. v. 4.5.1999, 6 C 13/98, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 395, juris Rn. 35; OVG Hamburg, Beschl. v. 17.7.2008, 3 Bf 351/07.Z, NVwZ-RR 2008, 851, juris Rn. 23).

38

Ausgehend von diesem Maßstab ist kein durch Neubewertung der Klausuren zu behebender Fehler aufgezeigt. Die von der Klägerin erhobene Einwendung, das Zwei-Prüfer-Prinzip sei verletzt, dringt nicht durch. Zum einen sind die Klausuren, hinsichtlich derer die Klägerin substantiierte Einwendungen erhoben hat, jeweils von zwei Prüfern bewertet worden. Zum anderen findet das Zwei-Prüfer-Prinzip vorliegend gar keine Anwendung. Gemäß § 64 Abs. 7 Satz 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (v. 18.7.2001, HmbGVBl. S. 171 m. spät. Änd. – HmbHG 2001) sind Prüfungsleistungen in Abschlussprüfungen und Zwischenprüfungen, soweit diese nicht studienbegleitend stattfinden, in der Regel von mindestens zwei Prüferinnen oder Prüfern zu bewerten. Das gleiche gilt gemäß § 64 Abs. 7 Satz 2 HmbHG 2001 für andere Prüfungsleistungen, sofern sie als nicht ausreichend erachtet werden sollen. Bei den streitbefangenen Klausuren handelt es sich im Sinne der Norm um andere Prüfungsleistungen, die auch als nicht ausreichend bewertet worden sind. Mit dem Zusatz „das Gleiche“ verweist Satz 2 aber vollständig auf Satz 1. Dieser Satz beinhaltet einerseits das Regel-Ausnahme-Verhältnis und andererseits auch den Ausschluss bei studienbegleitenden Prüfungsleistungen. Dieser Ausschluss greift hier. Studienbegleitend ist eine Prüfung dann, wenn sie thematisch dem Studienfortschritt angepasst ist; so liegt der Fall insbesondere bei Modulprüfungen, mit denen nicht kursübergreifender Prüfungsstoff eines Studienabschnitts oder des gesamten Studiums abgeprüft wird, sondern nur der in dem jeweiligen Modul vermittelte Prüfungsstoff (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 82), wie es auf die in Anknüpfung an die entsprechend angebotene Lehrveranstaltung „Statistik I“ abgenommene Klausur zutrifft.

39

d. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe die Fristversäumnis nicht zu vertreten. Insbesondere hatte die Klägerin vor Ablauf der Modulfrist hinreichend Gelegenheit, die Prüfungsleistung abzulegen. Sie hat die Klausur im Modul „Statistik I“ viermal angefertigt und jeweils nicht bestanden. Die Klägerin muss sich die durchgeführten Prüfungsversuche entgegenhalten lassen. Die Prüfungsversuche sind gültig und nicht zu annullieren. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen, anhand derer nach dem vorgestellten Maßstab (s.o. c.) die Prüfungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist, zeigen keine durch Neudurchführung des Prüfungsversuchs zu behebenden Verfahrensfehler auf. Im Einzelnen ist die Verwendung von „Multiple-Choice“-Aufgaben nicht zu beanstanden (hierzu unter aa.). Weder ist die Klägerin nachträglich wirksam von den angefertigten Klausuren zurückgetreten (hierzu unter bb.) noch kann ein Nachteilsausgleich nachträglich zur Annullierung der Klausuren führen (hierzu unter cc.).

40

aa. Die Verwendung von Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren („Multiple-Choice“ in der Variante „Single-Choice“) in zwei der von der Klägerin im Modul „Statistik I“ angefertigten Klausuren ist entgegen der von der Klägerin erhobenen Einwendung keinen Bedenken ausgesetzt.

41

Gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 können Klausuren auch im Antwort-Wahl-Verfahren gestellt sein. Unabhängig davon ist eine gesonderte Ermächtigung für „Multiple-Choice“-Aufgaben nicht erforderlich, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Prüfer korrigierte Arbeit nicht von ihm selbst gestellt worden ist (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 42, 601).

42

Eine detaillierte Regelung von absoluten und relativen Bestehensgrenzen ist entbehrlich, wenn – wie hier – das Antwort-Wahl-Verfahren nur einen Teil der Klausuraufgabe darstellt, denn dann können Anforderungen, Antwortverhalten der Studierenden und Ergebnisse in einer Weise überschaubar und differenzierbar sein, wie dies auch bei einer herkömmlichen Aufgabenstellung der Fall ist (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 600; vgl. OVG Münster, Urt. v. 16.12.2008, 14 A 2154/08, NVwZ-RR 2009, 422, juris Rn. 44). Es bedarf auch keiner normativen Ermächtigung für die Festlegung der relativen und absoluten Bestehensgrenzen, wenn – wie hier – die Arbeit nach dem individuellen Bewertungsschema des jeweiligen Prüfers bewertet werden darf (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 601; OVG Münster, Beschl. v. 11.11.2011, 14 B 1109/11, juris, Rn. 18 ff.). Überdies zeigt eine nachträgliche Bildung der relativen Bestehensgrenze, dass die Klägerin die beiden betroffenen Klausuren auch relativ nicht bestanden hat: In der Klausur vom 19. März 2013 waren 34 von 100 Punkten für ein absolutes Bestehen erforderlich. Die Leistung der Klägerin mit 17 Punkten lag um mehr als 50 % unter der Durchschnittsleistung von 41,66 Punkten, so dass sie die Klausur selbst bei Ansatz einer zu ihren Gunsten sehr hohen relativen Bestehensgrenze von 25 % nicht bestanden hätte. Entsprechendes gilt für die Klausur vom 12. Februar 2014, in der 44 von 100 Punkten für ein absolutes Bestehen zu erreichen waren. Die Leistung der Klägerin von lediglich 23 Punkten liegt weit über 25 % unter der Durchschnittsleistung der Prüfungsteilnehmer von 54,79 Punkten.

43

Unabhängig davon ist für die Klägerin aus der Verwendung von Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren kein konkreter Nachteil ersichtlich, da sie in Aufgaben dieser Art jeweils einen höheren Punktanteil als in herkömmlichen Aufgaben erzielt hat. In der Klausur vom 19. März 2013 erzielte sie in den betreffenden Aufgaben immerhin 15 von 50 Punkten, in den anderen Aufgaben lediglich 2 von 50 Punkten. In der Klausur vom 12. Februar 2014 erreichte sie in den Aufgaben des Antwort-Wahl-Verfahrens 12 von 24 Punkten, im Übrigen nur 11 von 78 Punkten.

44

bb. Die Klägerin kann von den bereits absolvierten Prüfungsversuchen auch angesichts der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach dem insoweit anzulegenden Maßstab nicht nachträglich wirksam zurücktreten. Im Einzelnen:

45

Nach § 16 Abs. 1 PO 2010 gilt eine Prüfungsleistung als mit „nicht ausreichend“ (5,0) bewertet, wenn der Prüfling ohne triftigen Grund einen Prüfungstermin oder eine Prüfungsfrist i.S.d. PO 2010 versäumt, nach Beginn einer (Teil-)Prüfung zurücktritt oder eine schriftliche Prüfungsleistung nicht innerhalb der vorgesehenen Bearbeitungszeit beginnt oder erbringt. Der für den Rücktritt oder das Versäumnis geltend gemachte Grund muss nach § 16 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 dem Prüfungsausschuss unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Das Erfordernis des triftigen Grundes wird durch § 16 Abs. 2 Satz 2 PO 2010 dahingehend konkretisiert, dass bei Krankheit des Prüflings ein qualifiziertes ärztliches Attest vorzulegen ist. Dies ist nach § 16 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 ein Attest, das Angaben enthält über die von der Erkrankung ausgehende körperliche bzw. psychische Funktionsstörung, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Prüfungsfähigkeit des Prüflings aus medizinischer Sicht, den Zeitpunkt des dem Attest zugrunde liegenden Untersuchungstermins sowie die ärztliche Prognose über die Dauer der Erkrankung. Das Gebot der Unverzüglichkeit wird ausgehend von der Satzungsbestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 5 PO 2010 dahingehend verschärft, dass nach Beendigung einer Prüfungsleistung Rücktrittsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Selbst wenn diese Satzungsbestimmung aufgrund höherrangigen Rechts im Fall einer zunächst unerkannten Prüfungsunfähigkeit zugunsten des Prüflings durchbrochen werden müsste, ist doch gerade in diesem Fall an die Unverzüglichkeit des Rücktritts ein strenger Maßstab anzulegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich die Kammer zu eigen macht, ist es Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit, erheblich beeinträchtigt ist, und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen, und zwar bei krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit grundsätzlich vor Beginn der Prüfung, spätestens aber dann, wenn er sich ihrer bewusst geworden ist (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, 7 C 8/88, BVerwGE 80, 282, juris Rn. 12). Ein Rücktritt ist dann nicht mehr unverzüglich, wenn der Prüfling die Erklärung nicht zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben hat, zu dem sie von ihm in zumutbarer Weise hätte erwartet werden können (BVerwG, Urt. v. 13.5.1998, 6 C 12/98, BVerwGE 106, 369, juris Rn. 18 ff.; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 283 m.w.N.). Eine den Grundsatz der Chancengleichheit zu Lasten der Mitbewerber verletzende zusätzliche Prüfungschance verschafft sich nicht nur derjenige, dem es gelingt, durch nachträglich vorgetäuschte Prüfungsunfähigkeit die Genehmigung des Rücktritts zu erreichen, sondern auch der, der tatsächlich prüfungsunfähig war, sich aber in Kenntnis seines Zustandes der Prüfung unterzogen hat, um sich im Falle des Misserfolgs durch nachträglichen Rücktritt den Rechtswirkungen der fehlgeschlagenen Prüfung zu entziehen. Diesen Gefahren für die Chancengleichheit wird entgegengewirkt, wenn die nachträglich geltend gemachte Prüfungsunfähigkeit zwar als Rücktrittsgrund nicht von vornherein ausgeschlossen, an die Geltendmachung aber die Anforderung der Unverzüglichkeit gestellt wird (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, a.a.O., Rn. 11). Macht ein Prüfling geltend, dass er seine Prüfungsunfähigkeit erst nachträglich erkennen und einschätzen konnte, müssen die dafür maßgeblichen Gründe in gleicher Weise glaubhaft gemacht werden wie die Prüfungsunfähigkeit selbst (OVG Münster, Beschl. v. 8.12.2009, 14 E 861/09, juris Rn. 3). Kenntnis von der Prüfungsunfähigkeit hat der Prüfling schon dann, wenn ihm sein gesundheitlicher Zustand (speziell seine gesundheitlichen Beschwerden) in den wesentlichen Merkmalen bewusst ist und er die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ erfasst (BVerwG, Beschl. v. 22.9.1993, 6 B 36/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 318, juris Rn. 4).

46

Nach dem vorstehenden Maßstab ist die Klägerin von den unternommenen Prüfungsversuchen nicht wirksam zurückgetreten. Es fehlt – auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen – an dem vorausgesetzten triftigen und dabei unverzüglich geltend gemachten Rücktrittsgrund sowie an einer unverzüglichen Rücktrittserklärung. Die Klägerin hat vorprozessual vorgetragen, wegen ihrer Krankheit sei es ihr sehr schwer gefallen sei, im Studium mit anderen mitzuhalten und notwendige Leistungen termingerecht zu erbringen. Sie sei – so heißt es in dem von ihr vorgelegten Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 19. Oktober 2015 – in den vorausgegangenen zwei Jahren durch mehrfache familiäre, berufliche und gesundheitliche Belastungsfaktoren stark beeinträchtigt gewesen. Vor dem Hintergrund von u.a. erheblichen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen seien die Prüfungsvorbereitungen für die Statistik-Klausur erheblich erschwert gewesen; die Störungen hätten sich unter dem Druck der Prüfungsbedingungen und der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, extrem verstärkt. Schriftsätzlich hat die Klägerin vorgetragen, die nachgereichten Atteste wiesen eine chronische Krankheit nach, was einen Härtefallantrag ermögliche; es werde keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie sei nicht gesund gewesen, habe sich allerdings nicht krank gemeldet, weil sie Druck von der Ausländerbehörde empfunden habe. Sie habe bisher nicht alle gesundheitlichen Belastungen dargelegt, dies gelte insbesondere für psychische Themen. Damit ist bereits keine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit durch qualifiziertes Attest nach § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 PO 2010 glaubhaft gemacht. Zwar ist für die Prüfungszeit eine chronische Eierstockentzündung attestiert. Doch sind nicht aus medizinischer Sicht die konkreten Auswirkungen einer von dieser Erkrankung ausgehenden Funktionsstörung auf die Leistungsfähigkeit in der Prüfung dargelegt. Dem Druck durch die Prüfungsbedingungen, insbesondere der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, muss sich jeder Prüfling stellen. Darin liegt keine krankheitsbedingte Besonderheit. Auch familiäre und berufliche Belastungen sind, soweit sie nicht – was hier nicht vorgetragen ist – zu einer bestimmten psychischen Krankheit geführt haben, von jedem Prüfling zu tragen, ohne dass sich daraus Folgen für das Prüfungsrechtsverhältnis ergeben. Unabhängig davon ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin eine Prüfungsunfähigkeit erst nachträglich hätte erkennen und einschätzen können, wie es aber nach dem dargestellten Maßstab wegen des Gebots der Chancengleichheit für einen ausnahmsweise erst nach Beendigung der Prüfungsleistung erklärten wirksamen Rücktritt Voraussetzung ist.

47

cc. Die Klägerin kann auch nicht wegen eines Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PO 2010 von den absolvierten Prüfungsversuchen nachträglich Abstand nehmen. Nach dieser Vorschrift kann der Vorsitzende bzw. die Vorsitzende des Prüfungsausschusses die Bearbeitungszeit für Prüfungsleistungen bzw. die Fristen für das Ablegen von Prüfungen verlängern oder gleichwertige Prüfungsleistungen in einer bedarfsgerechten Form gestatten, wenn ein Studierender bzw. eine Studierende glaubhaft macht, dass er bzw. sie wegen einer chronischen Krankheit oder einer Behinderung nicht in der Lage ist, die Prüfungsleistungen ganz oder teilweise in der vorgesehenen Form oder innerhalb der in der PO 2010 genannten Prüfungsfristen abzulegen. Diese Vorschriften bieten keine Grundlage dafür, nachträglich von einem absolvierten Prüfungsversuch Abstand zu nehmen. Seiner Konzeption nach kann ein Nachteilsausgleich nur gewährt werden, bevor der Prüfling den Prüfungsversuch antritt bzw. bevor die Prüfungsfrist abläuft. Er dient nicht nach Ablegen der Prüfung der Korrektur des erzielten Prüfungsergebnisses, sondern dem Ausgleich von den sich in der Abnahme der Prüfung selbst für den Prüfling ergebenden Nachteilen. In der Prüfung wird ein Nachteilsausgleich gewährt, wenn eine Behinderung vorliegt, die den Nachweis der vorhandenen Befähigung erschwert und die in der Prüfung sowie in dem angestrebten Beruf durch Hilfsmittel ausgeglichen werden kann (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 259). Die Klägerin hat vor Abnahme der Prüfungsversuche und vor Ablauf der regulären Modulfrist keinen Nachteilsausgleich wegen einer chronischen Krankheit beantragt.

48

e. Die Modulfrist war auch nicht ausnahmsweise zu verlängern. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 PO 2010 kann die Modulfrist bei Vorliegen eines besonderen Härtefalls durch den Prüfungsausschuss verlängert werden. Die Frist ist nach § 10 Abs. 3 Satz 2 PO 2010 so zu bemessen, dass jeweils nur eine weitere Prüfungsmöglichkeit besteht. Der Antrag ist nach § 10 Abs. 3 Satz 3 PO 2010 rechtzeitig vor Ablauf der Frist beim Prüfungsausschuss zu stellen und schriftlich zu begründen. Krankheit ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 durch Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests nachzuweisen, d.h. eines Attests mit Angaben über die von der Erkrankung ausgehende körperliche bzw. psychische Funktionsstörung, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Prüfungsfähigkeit des Prüflings aus medizinischer Sicht, den Zeitpunkt des dem Attest zugrunde liegenden Untersuchungstermins sowie die ärztliche Prognose über die Dauer der Erkrankung. Nach diesen Maßstäben fehlt es sowohl an einem rechtzeitigen Antrag (hierzu unter aa.) als auch an einem besonderen Härtefall (hierzu unter bb.).

49

aa. Es fehlt bereits an einem rechtzeitig vor Ablauf der regulären Modulfrist mit Ende des 5. Fachsemesters des Nebenfachstudiums am 31. März 2015 gestellten und begründeten Antrag auf eine Verlängerung der Modulfrist. Ein an die Beklagte gerichtetes Ersuchen der Klägerin, die Modulprüfung im Modul „Statistik I“ über die reguläre Modulfrist hinaus fortzusetzen, kann erst in dem am 21. April 2015 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 20. April 2015 gesehen werden, in dem die Klägerin eine „Zulassung zur mündlichem Prüfung im Studienfach Statistik I“ beantragt hat.

50

Unerheblich ist, ob die Beklagte sich ausgehend von der Begründung des Bescheids vom 29. April 2015 auf eine Prüfung der weiteren, d.h. über das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung hinausgehenden, Voraussetzungen einer Modulfristverlängerung eingelassen hat. Die rechtzeitige Antragstellung ist selbst eine satzungsmäßige Voraussetzung der Modulfristverlängerung. Die Satzung ermächtigt die Beklagte nicht, im Einzelfall von dieser Voraussetzung abzusehen. Denn anders als die Widerspruchsfrist nach § 70 VwGO, deren Versäumnis dann nicht mehr zu beachten ist, wenn die Widerspruchsbehörde in der Sache über einen Widerspruch entschieden hat (BVerwG, Urt. v. 20.6.1988, 6 C 24/87, NVwZ-RR 1989, 85, juris Rn. 9) und kein Dritter betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 18.5.1982, 7 C 42/80, BVerwGE 65, 313, juris Rn. 19), dient das Erfordernis, eine Verlängerung der Modulfrist noch vor deren Ablauf zu beantragen, dem rechtsstaatlichen Gebot der Chancengleichheit der Prüflinge, von dem die Behörde nicht absehen kann.

51

Der Antrag der Klägerin auf eine Modulfristverlängerung wäre auch dann als nicht als rechtzeitig zu behandeln, wenn zugunsten eines Prüflings die Grundsätze einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG oder § 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 VwGO Anwendung fänden. War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm im Anwendungsbereich dieser Vorschriften auf einen innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt eine Fristversäumnis dabei in aller Regel nicht (BVerwG, Beschl. v. 7.10.2009, 9 B 83/09, NVwZ-RR 2010, 36, juris Rn. 3). Ausgehend davon war die Klägerin bereits nicht unverschuldet gehindert, die Modulfristverlängerung rechtzeitig zu beantragen. Die Klägerin musste sich über die rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf eine Verlängerung der Modulfrist informieren und entsprechend handeln. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG nicht fähig gewesen wäre, Verfahrenshandlungen – etwa die Beantragung einer Modulfristverlängerung – wirksam vorzunehmen.

52

bb. Unabhängig davon ist der vorausgesetzte besondere Härtefall nicht gegeben.

53

Die einzelnen Prüfungsversuche, in denen die Klägerin vier Mal die Gelegenheit hatte, die Modulprüfung „Statistik I“ zu bestehen, muss die Klägerin sich auch angesichts der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen entgegenhalten lassen (s.o. d. bb.). Die vorgetragenen Umstände haben nicht dazu geführt, dass die Klägerin keine Prüfungsleistung hätte ablegen können. Nach eigenem Vortrag war der Klägerin dies in anderen Fächern sehr wohl mit Erfolg möglich. Der Misserfolg in einem bestimmten Fach über eine Vielzahl von Prüfungsversuchen über einen längeren Zeitraum spricht dafür, dass die Klägerin, die im Nebenfachstudium alle Modulleistungen – außer in Statistik – erbracht hat, die in diesem Fach gestellten Anforderungen nicht bewältigen konnte. Dies deckt sich mit der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragenen Einschätzung, die Klausur „Statistik I“ sei eben besonders schwer.

54

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe einen Verzicht auf die Klausuren nicht in Betracht ziehen können, da „enormer Druck seitens diverser Instanzen“ entstanden sei, wie beispielsweise der Ausländerbehörde, und sie habe auch nicht weiter ein Teilzeitstudium betreiben können, weil sie dann mit ihrem Aufenthaltstitel Schwierigkeiten bekommen hätte, leitet sich daraus zu ihren Gunsten nichts her. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel erteilt oder verlängert werden kann, ist von der zuständigen Ausländerbehörde nach dem Aufenthaltsgesetz zu entscheiden, wobei im Streitfall dem Betroffenen der gerichtliche Rechtsschutz offensteht. Ist die Ausländerbehörde bei einer aufenthaltsrechtlichen Entscheidung gegenüber einem ausländischen Studierenden in einer bestimmten Weise vorgegangen, so kann der Betroffene dies nicht im Verhältnis zur Ausländerbehörde hinnehmen und später im prüfungsrechtlichen Verfahren gegenüber seiner Hochschule in Frage stellen. Soweit die Klägerin sich, etwaig mit Rücksicht auf aufenthaltsrechtliche Implikationen, entschieden hat, in Vollzeitform zu studieren und an den Klausuren teilzunehmen, muss sie sich an ihrer Entscheidung festhalten lassen und darf sie sich dazu nicht in Widerspruch setzen.

55

Im Übrigen wäre der Klägerin bei einem erfolgreichen Verlängerungsantrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 PO 2010 nur eine weitere Prüfungsmöglichkeit eingeräumt worden. Unterstellt, die Bewertung der von der Klägerin am 12. Februar 2016 unter Vorbehalt angefertigten Klausur hätte Bestand, wäre diese Prüfungsmöglichkeit bereits erschöpft.

56

3. Die einschlägigen Satzungen – PO 2010 und FSB 2010 – bieten eine wirksame Rechtsgrundlage für die Abnahme der Prüfungsleistung „Statistik I“ als Pflichtmodul im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre. Sie genügen den höherrangigen Vorgaben, soweit Anlass zur Überprüfung bestand. Eine gesetzlich nicht vorgesehene Kumulation von Modulfristen mit einer Beschränkung der Anzahl der Wiederholungsversuche findet sich in den einschlägigen Satzungen nicht (hierzu unter a.). Der verpflichtende Charakter der Prüfungsleistung „Statistik I“ auch im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre ist mit den Grundrechten vereinbar (hierzu unter b.). Die Dauer der Prüfungsleistung ist in einer dem gesetzlichen Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 genügenden Weise normativ bestimmt (hierzu unter c.).

57

a. Die PO 2010 und die FSB 2010 begegnen nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil nach dem zum Zeitpunkt des Satzungserlasses gültigen Gesetz (§ 65 des Hamburgischen Hochschulgesetzes in der vom 19.7.2001, HmbGVBl. S. 171, bis 30.6.2014, sodann geändert durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts v. 8.7.2014, HmbGVBl. S. 269) die Bestimmung von Modulfristen und die Beschränkung der Anzahl der Wiederholungsversuche nicht kumulativ Anwendung finden dürfen (dazu VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 57). Zwar enthält § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 eine Ermächtigung, in den Fachspezifischen Bestimmungen die Anzahl der Prüfungsversuche auf drei zu beschränken. Davon ist jedoch in den auf das Nebenfachstudium der Klägerin zeitlich anwendbaren FSB 2010 kein Gebrauch (mehr) gemacht worden, so dass allein eine Modulfristregelung ohne Kumulation mit einer Beschränkung der Anzahl der Prüfungsversuche Geltung beansprucht.

58

b. Das Erfordernis des Abs. 3 Satz 4 FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010, dass zum Bestehen der Bachelorprüfung im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre, die Prüfungsleistung „Statistik I“ als Pflichtmodul bestanden werden muss, ist mit den Grundrechten vereinbar. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 29.5.2013, 6 C 18/12, DVBl. 2013, 1122, juris Rn. 27), der sich die Kammer anschließt, genügt eine Regelung, nach der das Nichtbestehen einer Teilprüfung zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn die Teilprüfung schon für sich genommen eine zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der Eignung des Prüflings bietet; ob dies der Fall ist, obliegt dabei regelmäßig in weitem Umfang der eigenen Einschätzung des Normgebers, die gerichtlich nur beanstandet werden darf, wenn sie offenkundig sachlich unvertretbar ist. Diese dem Normgeber eingeräumte Einschätzungsprärogative ist vorliegend nicht überschritten. Nach der in den FSB 2010 enthaltenen Modulübersicht für die erste Studienphase dient das im Hauptfach einheitliche Modul „Statistik I + II“ und damit insbesondere die der Prüfungsleistung „Statistik I“ zugeordnete Lehrveranstaltung dem „Erlernen und Anwenden von elementaren Methoden, die für die Wirtschaftsstatistik sowie für die deskriptive und die schließende Statistik im Rahmen des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums von Bedeutung sind“. Es ist nachvollziehbar, dass der Satzungsgeber wirtschaftswissenschaftliches Methodenwissen auch im Nebenfachstudium für unentbehrlich gehalten hat.

59

c. Die Dauer der Prüfungsleistung ist in einer dem gesetzlichen Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 noch genügenden Weise normativ bestimmt. Nach dieser Gesetzesvorschrift sind in Hochschulprüfungsordnungen, die – wie hier – Prüfungen in modularisierten Studiengängen, Zwischen- und Abschlussprüfungen oder Abschlussprüfungen betreffen, insbesondere Bestimmungen aufzunehmen über Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen. Bezogen auf das Nebenfach ist das Modul „Statistik I“ nach den FSB 2010 mit einer Prüfungsleistung in der Prüfungsart der Klausur abzuschließen (s.o. 2. a.). Für die Dauer dieser Prüfungsleistung ist in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 ein Rahmen von 45 Minuten bis 180 Minuten satzungsmäßig bestimmt. Innerhalb dieses Rahmens bleibt die minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 den Prüfern überlassen. Nach dem Maßstab des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 (hierzu unter aa.) genügt die normative Bestimmung der Dauer der Prüfungsleistung durch Angabe eines durch eine Höchst- und eine Mindestdauer bezogenen Rahmens dem gesetzlichen Regelungsauftrag (hierzu unter bb.).

60

aa. Der Maßstab des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 ergibt sich aus Folgendem:

61

Zur Auslegung der gesetzlichen Vorgaben des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG knüpft die Kammer zunächst an ihre nachfolgend wiedergegebene Rechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 42, Hervorhebung nur hier) an:

62

„§ 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG erfordert es, dass diese Bestimmungen konkret in der Prüfungsordnung selbst geregelt werden (vgl. Delfs, in Neukirchen, Reußow/Schomburg, Hamburgisches Hochschulgesetz, 2011, § 60 Rn. 4). […] Dabei betreffen die Bestimmungen gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG die Prüfungsanforderungen und damit 'zentrale Elemente der Hochschulprüfungsordnung' (Delfs, a.a.O, § 60 Rn. 8). Hieraus folgt, dass ein strenger Maßstab anzulegen ist: Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen sind – hinreichend konkret – in der Prüfungsordnung selbst zu regeln, eine Regelung in einem anderen Dokument – auch in einer Studienordnung – ist nicht zulässig.“

63

Die Kammer ergänzt ihre Ausführungen dahingehend, dass die Dauer der Prüfungsleistung dann noch „hinreichend konkret“ angegeben ist, wenn die Prüfungsordnung für die Anfertigung der Prüfungsleistung einen Zeitrahmen vorgibt, sofern der Zeitrahmen nicht zu weit ist, um eine normative Eingrenzung vorzunehmen. Soweit der Satzungsgeber den Prüfern innerhalb des von ihm durch § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 bestimmten Rahmens die minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer nach § 13 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 überlassen hat, liegt darin keine – unzulässige – Delegation einer Normsetzungskompetenz. Vielmehr beruht der den Prüfern im Einzelfall verbleibende Spielraum auf der – im Einklang mit der gesetzlichen Vorgabe – beschränkten Konkretisierungsdichte der Satzungsbestimmung über die Dauer der Prüfungsleistung. Ein normatives Defizit der Prüfungsordnung ist insoweit nicht festzustellen. Denn der gesetzgeberische Regelungsauftrag an den Satzungsgeber geht nicht so weit, dass die Dauer der Prüfungsleistung in der Prüfungsordnung notwendigerweise minutengenau festgelegt werden müsste. Diese Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG stützt sich auf den Wortlaut des Gesetzes, die gesetzliche Systematik sowie auf den Gesetzeszweck, der aus der Gesetzgebungsgeschichte im Lichte der verfassungsrechtlichen Anforderungen abzuleiten ist. Im Einzelnen:

64

Aus dem Gesetzwortlaut folgt das Erfordernis, in der Prüfungsordnung eine zeitliche Vorgabe zu machen. Dem ist aber bereits dann Genüge getan, wenn ein hinreichend enger Zeitrahmen bestimmt ist, der durch die Prüfer auszuschöpfen ist. Der Wortlaut „Bestimmungen über Dauer von Prüfungsleistungen“ erfordert hingegen nicht notwendig eine minutengenaue Vorgabe der Prüfungszeit.

65

Die dem Wortlaut des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 innewohnende Offenheit bestätigt sich in gesetzessystematischer Hinsicht durch einen Vergleich mit dem Wortlaut des § 60 Nr. 2, 3, 5, 6, 7, 9, 10, 12, 13, 14, 16 HmbHG 2001. In diesen Katalognummern ist jeweils vom bestimmten Artikel Gebrauch gemacht. So sind danach etwa Bestimmungen über „die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung“ in die Prüfungsordnung aufzunehmen. Demgegenüber werden durch § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 lediglich – artikellos – „Bestimmungen […] über Dauer […] von Prüfungsleistungen“ gefordert.

66

Der vom Gesetzgeber mit der Katalognummer des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 verfolgte Gesetzeszweck ist derselbe, wie der mit der insoweit wortlautgleichen Katalognummer in der Vorgängervorschrift § 54 Abs. 1 UAbs. 2 Nr. 4 HmbHG 1978 (v. 22.5.1978, HmbGVBl. S. 109, vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HmbHG 1991 i.d.F. v. 2.7.1991, HmbGVBl. S. 249) verfolgte. Die Begründung zur Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (Bü.-Drs. 16/5759 S. 47) bietet keinen entgegenstehenden Anhaltspunkt. Dort heißt es zu § 60 HmbHG 2001:

67

„Die Bestimmung (bisher § 54) ist aktualisiert worden.

68

Beim notwendigen Inhalt von Hochschulprüfungsordnungen nach Absatz 2 sind zusätzlich berücksichtigt worden […]“

69

Nach der damaligen gesetzlichen Systematik ist nicht anzunehmen, dass der Wille des Gesetzgebers des HmbHG 1978 dahin ging, dem Satzungsgeber eine abschließende minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer aufzuerlegen. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 war die § 60 Abs. 1 HmbHG 2001 entsprechende Bestimmung enthalten, dass Prüfungsordnungen Prüfungsanforderungen und -verfahren regeln. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Sätze 2 und 3 HmbHG 1978 war bestimmt, dass die Prüfungsordnungen die Beendigung der Abschlussprüfung grundsätzlich innerhalb der Regelstudienzeit oder zuzüglich eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten vorsehen und Prüfungsanforderungen und -verfahren entsprechend zu gestalten sind. Der Katalog der Gegenstände, über die insbesondere Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind, war in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 zu finden. Die Bestimmungen des § 54 Abs. 1 HmbHG beruhten auf § 53 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs, zu dessen Begründung es im Gesetzgebungsverfahren lediglich hieß (Bü.-Drs. 8/2649, S. 57 f.):

70

„Die Forderung des Absatzes 1, daß in den Prüfungsordnungen die materiellen Anforderungen ebenso abschließend zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren, entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Der Bewerber muss übersehen können, wie er sich vor und während der Prüfung einzurichten hat. Ferner müssen Prüfungsanforderungen und -verfahren so geregelt werden, daß die Abschlußprüfung auch innerhalb der Regelstudienzeit oder – wenn die betreffende Prüfungsordnung dies vorsieht, weil es den Gegebenheiten des Studiengangs besser gerecht wird – innerhalb eines zusätzlichen Zeitraums von höchstens sechs Monaten abgelegt werden kann.“

71

Für die Auslegung der in § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) Gesetz gewordenen und im Wortlaut sehr abstrakt bleibenden Forderung an den Satzungsgeber, die Prüfungsanforderungen und das -verfahren zu regeln, geht aus der zitierten Entwurfsbegründung hervor, dass mit Prüfungsanforderungen die materiellen Anforderungen gemeint sind und diese ebenso „abschließend“ zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren. Dies scheint zunächst auf eine vom Gesetzgeber geforderte Totalregelung hinsichtlich aller nur denkbaren formellen und materiellen Aspekte der Hochschulprüfung hinzudeuten. Jedoch geht aus der Entwurfsbegründung der Wille des Gesetzgebers hervor, mit der an den Satzungsgeber gestellten Forderung nicht mehr zu tun als rechtsstaatlichen Grundsätzen zu genügen. Auch hat der Gesetzgeber die Pauschalforderung des § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) selbst nicht für erschöpfend und abschließend erachtet, sondern ihr in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 2 HmbHG 2001) einen Katalog der Aspekte zur Seite gestellt, über die „insbesondere“ Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind. Für die geforderte Konkretisierungsdichte innerhalb des Katalogs ergibt sich daraus kein zwingender Schluss.

72

Den Gesetzgebungsmaterialien der Vorgängervorschrift kann allenfalls entnommen werden, dass der Gesetzgeber den Satzungsgeber anhalten wollte, rechtstaatlichen Grund-sätzen zu genügen. Diesem rechtsstaatlichen Gebot entspricht ausweislich der zitierten Entwurfsbegründung bereits die allgemeine Regelung in § 60 Abs. 1 HmbHG (Baasch/Delfs, HmbHG, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 3). Aus der besonderen Regelung in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG geht vor diesem Hintergrund nur hervor, dass der Gesetzgeber dem Satzungsgeber über die rechtsstaatlichen Anforderungen hinausgehend aufgegeben hat, die Abnahme der Prüfungsleistung in zeitlicher Hinsicht nicht ohne jede normative Eingrenzung zu lassen, vorzugsweise also eine Mindestdauer und eine Höchstdauer festzulegen. Rechtsstaatliche Anforderungen erzwingen jedoch keine minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer der Klausur. Die aus Demokratieprinzip, Rechtstaatsprinzip und den Grundrechten hergeleitete Wesentlichkeitstheorie, nach der alle Fragen, die für die Ausübung der Grundrechte wesentlich sind, vom Gesetzgeber als Legislative selbst zu entscheiden sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.7.1972, 1 BvL 32/70 u.a., BVerfGE 33, 303, juris Rn. 86 f.; Beschl. v. 21.12.1977, 1 BvL 1/75 u.a., BVerfGE 47, 46, juris Rn. 89 ff.), gibt nicht unmittelbar dafür etwas her, welche Gegenstände der Satzungsgeber als Teil der Exekutive regeln muss. Vielmehr ist anerkannt, dass den Hochschulen im Rahmen der sich vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsätze der Chancengleichheit und des prüfungsrechtlichen Fairnessgebots immer noch ein erheblicher Gestaltungsspielraum für konkrete Festlegungen vor allem zum Prüfungsverfahren, Prüfungsstoff und zu den Voraussetzungen für das Bestehen verbleibt (Baasch/Delfs, a.a.O., Rn. 2). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten wird einerseits durch die Grundrechtspositionen der Studierenden gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, andererseits durch die in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm begrenzt (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, 1 BvR 2218/13, NVwZ 2015, 1444, juris Rn. 18). Zu den rechtsstaatlichen Anforderungen gehört es zwar, zeitliche Vorgaben für die einzelnen Prüfungsleistungen vorzusehen (Lenz, in Epping, Hrsg., Niedersächsisches Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2016, § 7 Rn. 63). Doch ist insoweit damit nicht das Gebot einer normativen Totalregelung ohne jeden Spielraum verbunden. Insoweit ist nicht der Zugang zu Studium und Prüfung selbst betroffen (dazu vgl. OVG Münster, Beschl. v. 15.6.2015, 13 B 505/15, juris Rn. 5), sondern die Ausgestaltung der Prüfung.

73

Belässt der Normgeber einer Hochschulprüfungsordnung den Prüfern für die Abnahme einer Prüfung einen Spielraum, indem er hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung statt einer fixen Vorgabe einen gewissen Zeitrahmen bestimmt, so lassen sich dafür sachliche Gründe finden. Dies gilt selbst ausgehend davon, dass die Lehrfreiheit der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG grundsätzlich nicht durch normative Festlegungen zum Umfang der Prüfungsleistung berührt sind (Lenz, a.a.O., Rn. 61), sondern allenfalls dann, wenn davon Rückwirkungen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltung ausgehen (BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005, 6 BN 1/05, NVwZ-RR 2006, 36, juris Rn. 4). Die der Hochschule eröffneten gesetzlichen Spielräume dürfen nicht in einer vom Gesetzgeber nicht intendierten und mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise verengt werden (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, a.a.O., Rn. 23). Dies spricht für eine Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG, der Hochschule als Satzungsgeber die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob die Satzung selbst oder – in einem von der Satzung gezogenen Rahmen – die Prüfer die Prüfungsdauer minutengenau festlegen. Es erscheint auch nicht sachwidrig, wenn die Hochschule die Konkretisierungsdichte der Satzungsbestimmung über die Dauer der Prüfungsleistung beschränkt, um dadurch den Prüfern einen Spielraum zu belassen, wie weit sie den zum Gegenstand der konkreten Klausur gemachte Ausschnitt des sich aus der Modulbeschreibung ergebenden Prüfungsstoffs ziehen und wie lange zu diesem Zweck die Klausur dauern soll.

74

Das Gebot der Chancengleichgleichheit in berufsbezogenen Prüfungen aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG, welches das Prüfungsrecht beherrscht (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 53), erfordert nichts anderes. Dem Gebot vergleichbarer Prüfungsbedingungen kann auch ohne eine bereits in der Satzung fixe Festlegung der Prüfungsdauer Genüge getan werden. Innerhalb eines Prüfungstermins folgt aus dem Gebot der Chancengleichheit, dass die Prüfungsbedingungen einschließlich der Prüfungsdauer, so gut es geht, gleich sein müssen. Außerhalb desselben Prüfungstermins genügt es, dass die Prüfer die Prüfungszeit im Rahmen sachgerechter Gesichtspunkte unter Beachtung der Chancengleichheit der Prüflinge festsetzen (OVG Münster, Beschl. v. 15.7.2011, 14 B 699/11, juris Rn. 10). Insoweit kann in Ermangelung einer normativen Vorgabe die ständige Übung als Maßstab zugrunde gelegt worden, von dem etwaige Abweichungen zu rechtfertigen sind (OVG Münster, Urt. v. 4.12.2013, 14 A 2138/12, juris Rn. 27). Auch muss sich der Prüfling bereits vor Anfertigung der Prüfungsleistung auf die angesetzte Prüfungsdauer einstellen können. Der Prüfling ist dadurch weder rechtlos noch rechtsschutzlos gestellt. Auf rechtzeitige und substantiierte Rüge hin kann er überprüfen lassen, ob die benannten rechtsstaatlichen Anforderungen im Einzelfall erfüllt sind.

75

Dem entspricht es, dass in der Rechtsprechung auch der Obergerichte kein Verstoß gegen die jeweils einschlägigen höherrangigen Anforderungen, einschließlich der genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen gesehen wird, wenn es in den Prüfungsbestimmungen an einer fixen normativen Vorgabe für die Dauer einer berufsbezogenen Prüfung fehlt. Unbeanstandet geblieben sind Prüfungsbestimmungen, welche hinsichtlich der Dauer einer Prüfungsleistung lediglich eine ungefähre Dauer festlegen (OVG Münster, Urt. v. 17.7.1991, 22 A 1533/89, juris Rn. 5), nur eine Höchstdauer bestimmen (VG Düsseldorf, Urt. v. 2.5.2007, 15 K 676/06, juris Rn. 56; vgl. OVG Münster, Beschl. v. 24.5.2006, 14 B 610/06, juris Rn. 7; VG Hamburg, Urt. v. 14.9.2016, 2 K 295/16) oder nur eine Mindestdauer bestimmen (VG München, Urt. v. 10.7.2012, M 16 K 12.377, juris Rn. 9). Ein in den Prüfungsbestimmungen vorgegebener Zeitrahmen ist gleichfalls in der Rechtsprechung unbeanstandet geblieben (FG Hannover, Urt. v. 24.4.2008, 6 K 26/08, EFG 2008, 1156, juris Rn. 21; VG Berlin, Urt. v. 25.2.2015, 12 K 324.14, juris Rn. 19).

76

Der § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG zu entnehmende gesetzgeberische Regelungsauftrag, Bestimmungen über die Dauer von Prüfungsleistungen aufzunehmen, läuft in dieser Auslegung auch nicht leer. Die Gesetzesvorschrift gibt dem Satzungsgeber auf, die Prüfungszeit sowohl durch Angabe einer Höchstdauer „nach oben“ als auch durch Angabe einer Mindestdauer „nach unten“ zu begrenzen. Dies wäre ohne § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG nicht selbstverständlich. Denn es begegnen, wie die zitierte Rechtsprechung belegt, vielfach Prüfungsbestimmungen, die keine Vorgabe über die Prüfungszeit enthalten oder die Prüfungszeit nur „nach oben“ oder nur „nach unten“ begrenzen und im Übrigen offen lassen. Allerdings darf der in der Prüfungsordnung angegebene Zeitrahmen nicht so weit gefasst sein, dass der Prüfungsordnung hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung jede praktische Steuerungswirkung abzusprechen wäre. Denn der Gesetzgeber hat mit der spezifischen Vorgabe in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG ersichtlich darauf abgezielt, dass der Prüfungsordnungsgeber selbst eine Eingrenzung der Prüfungsdauer vornimmt. Ob die gebotene normative Eingrenzung der Prüfungszeit gegeben ist, bemisst sich dabei anhand des vorfindlichen Spektrums, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt.

77

bb. Nach dem vorstehenden Maßstab ist der in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 gezogene Rahmen, dass die Klausur mindestens 45 und höchstens 180 Minuten dauert, – noch – hinreichend eng, um dem Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG gerecht zu werden.

78

Die eröffnete Spannweite ist zwar in relativer Hinsicht beachtlich – die Maximaldauer ist viermal so lang wie die Minimaldauer einer Klausur. In einer Klausur von geringerer Dauer kann der Prüfer nur einen kleineren Ausschnitt des der Lehrveranstaltung entsprechenden Prüfungsstoffs abprüfen als dies bei einer längeren für die Anfertigung der Klausur zur Verfügung stehenden Zeit der Fall wäre. Doch ändert sich in absoluter Hinsicht für den Prüfling das Wesen der Prüfung nicht. Eine Klausur von knapp einer Stunde einerseits oder eine Klausur von drei Stunden andererseits stellt für einen Prüfling eine gewisse, aber doch begrenzte Belastung dar. Der Prüfling muss auf den der Lehrveranstaltung entsprechenden Prüfungsstoff vorbereitet sein, unabhängig davon, ob er nun in einem größeren oder einem kleineren Ausschnitt zum Gegenstand der Klausur gemacht wird.

79

Ein Fall mangelnder normativer Eingrenzung ist nicht festzustellen. Vielmehr ist in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 durch die dort festgelegte Mindestdauer der Klausur von 45 Minuten eine untere Grenze und durch die dort festgelegte Höchstdauer von 180 Minuten eine obere Grenze gezogen, die aus dem vorfindlichen Spektrum, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt, einen gewissen Ausschnitt im unteren bis mittleren Bereich herausgreift und damit die Dauer der Prüfungsleistung normativ bestimmt. Das vorfindliche Spektrum der üblichen Dauer schriftlicher Prüfungen reicht weit über das Doppelte der in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO festgesetzten Höchstdauer der Klausur von drei Stunden hinaus. So dauert beispielsweise eine Aufsichtsarbeit in der Bilanzbuchhalterprüfung vier Stunden (gemäß § 5 Abs. 3 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Bilanzbuchhalter und Geprüfte Bilanzbuchhalterin v. 26.10.2015; BGBl. I S. 1819 – BibuchhFPrV 2015), eine Aufsichtsarbeit in der zweiten Staatsprüfung für Juristen fünf Stunden (gemäß § 8 Abs. 1 der Übereinkunft der Länder Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg und Schleswig-Holstein über ein Gemeinsames Prüfungsamt und die Prüfungsordnung für die zweite Staatsprüfung für Juristen, ratifiziert durch Gesetz v. 26.6.1972, HmbGVBl. S. 119; m. spät. Änd. – LÜ), eine Aufsichtsarbeit in der Steuerberaterprüfung vier bis sechs Stunden (gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften v. 12.11.1979, BGBl. I S. 1922, m. spät. Änd. – DVStB) und eine Aufsichtsarbeit in der Lebensmittelchemikerprüfung acht Stunden (gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemiker v. 3.11.2015, HmbGVBl. S. 294 – APO-LMChem). In § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 ist auch eine untere Grenze der Prüfungsdauer gezogen und auf 45 Minuten festgesetzt. Die praktische Wirksamkeit dieser normativen Festsetzung zeigt sich darin, dass ohne die angegebene Mindestdauer auch ein Kurztest von geringerer Dauer als Prüfungsleistung nicht ausgeschlossen wäre.

80

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unter Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Tenor

Der Bescheid vom 10. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2013 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 23. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2013, soweit er entgegensteht, verurteilt, den Kläger zur mündlichen Prüfung der Schwerpunktbereichsprüfung zuzulassen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Exmatrikulation und begehrt die Fortführung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung in der ersten Prüfung für Juristen durch Zulassung zur mündlichen Prüfung, hilfsweise durch Einräumung eines dritten Versuchs zur Anfertigung der Aufsichtsarbeit.

2

Der Kläger nahm zum Wintersemester 2002/2003 das Studium der Rechtswissenschaft an der beklagten Hochschule auf. Er wurde am 17. August 2007 zur universitären Schwerpunktbereichsprüfung zugelassen. Am 28. März 2008 nahm der Kläger im ersten Versuch an der Aufsichtsarbeit im Schwerpunktbereich „A.“ teil. Mit Bescheid des Schwerpunktbereichsprüfungsausschusses vom 25. April 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er die Aufsichtsarbeit nicht bestanden habe und die Arbeit mit der Note „mangelhaft“ (1,0 Punkte) bewertet werde. Am 5. September 2008 nahm der Kläger an einem Wiederholungsversuch der Aufsichtsarbeit teil. Mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 teilte die Beklagte wiederum mit, dass er die Aufsichtsarbeit nicht bestanden habe und die Arbeit mit der Note „mangelhaft“ (1,0 Punkte) bewertet werde. In dem Bescheid folgt der Rechtsbehelfsbelehrung der Hinweis nach, dass der Kläger die in der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung genannten Punktzahlen in zwei Versuchen nicht erreicht habe und die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung damit endgültig nicht bestanden sei.

3

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 8. Dezember 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2010 zurück. Die Kammer wies die Klage mit Urteil vom 21. Mai 2012, 2 K 1673/10, ab und führte aus: Die Klageanträge auf Neubewertung der Aufsichtsarbeit und Wiederholung der Aufsichtsarbeit im zweiten Versuch seien mangels Bewertungsfehlern unbegründet. Der Klageantrag auf Neubescheidung des Widerspruchs sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, der Klageantrag auf Wiederholung der Aufsichtsarbeit im dritten Versuch mangels vorprozessualen Antrags unzulässig. Der Klageantrag auf Aufhebung einer Feststellung des endgültigen Nichtbestehens sei unzulässig, da das endgültige Nichtbestehen der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im Bescheid vom 8. Dezember 2008 lediglich nachrichtlich mitgeteilt werde und nicht am Regelungsgehalt teilhabe. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht stellte nach Rücknahme des Berufungszulassungsantrags durch den Kläger mit Beschluss vom 15. August 2012, 3 Bf 138/12.Z, das Verfahren ein.

4

Der Kläger beantragte mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 10. Oktober 2012, die Zulassung zur mündlichen Prüfung auszusprechen, hilfsweise, ihm die Möglichkeit einzuräumen, eine dritte Klausur im Schwerpunktbereich zu schreiben.

5

Die Beklagte sprach mit Bescheid vom 10. Dezember 2012 die Exmatrikulation des Klägers mit Wirkung zum 31. März 2013 aus. Dies begründete sie damit, dass die Abschlussprüfung endgültig nicht bestanden und die Entscheidung darüber unanfechtbar sei. Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 10. Januar 2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2013 zurück und führte aus, mit der endgültig nicht bestandenen Abschlussprüfung dürfe der Kläger das Studium der Rechtswissenschaft nicht fortsetzen.

6

Mit Bescheid vom 23. April 2013 lehnte die Beklagte die Anträge vom 10. Oktober 2012 auf Zulassung zur mündlichen Prüfung in der universitären Schwerpunktbereichsprüfung und hilfsweise auf Anfertigung einer dritten Klausur ab. Der Kläger habe in der Aufsichtsarbeit nicht die erforderliche Mindestpunktzahl von 3,0 erreicht. Die Zulassung zur mündlichen Prüfung sei daher ebenso wie die Möglichkeit der Anfertigung einer dritten Aufsichtsarbeit ausgeschlossen. Verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestehensregelung der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung sei zu widersprechen. Die Beklagte verwies insoweit auf die obergerichtliche Rechtsprechung zur Studien- und Prüfungsordnung der Universität Mannheim. Den Widerspruch des Klägers vom 29. Mai 2013 gegen den Bescheid vom 23. April 2013 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2013 zurück.

7

Mit der bereits am 6. März 2013 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Exmatrikulation und verfolgt die bei Klageerhebung behördlich noch nicht beschiedenen Anträge von 10. Dezember 2012 weiter. Er bezieht sich zur Begründung insbesondere auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur teilweisen Unvereinbarkeit der Studien- und Prüfungsordnung der Universität Mannheim mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit. Es werde in der Universitätsprüfung der Beklagten eine Mindestpunktzahl in der einzigen Aufsichtsarbeit vorausgesetzt. Bei der staatlichen Prüfung sei immerhin bei drei Aufsichtsarbeiten auch für schlechtere Ergebnisse ein Ausgleich möglich.

8

Der Kläger beantragt,

9

1. den Bescheid vom 10. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2013 aufzuheben,

10

2. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2013, soweit er entgegensteht, zu verurteilen, ihn zuzulassen

11

a) zur mündlichen Prüfung der Schwerpunktbereichsprüfung,
b) hilfsweise zur Anfertigung einer Aufsichtsarbeit in der Schwerpunktbereichsprüfung im dritten Versuch.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte verteidigt die getroffenen Entscheidungen. Die zugrundeliegende Schwerpunktbereichsprüfungsordnung sei wirksam. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur teilweisen Unvereinbarkeit der Studien- und Prüfungsordnung der Universität Mannheim mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit sei vorliegend nicht übertragbar. Das Hamburgische Juristenausbildungsgesetz sehe für die staatliche Pflichtfachprüfung keine weitergehende Kompensationsmöglichkeit vor als die Schwerpunktbereichsprüfungsordnung.

15

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind die Gerichtsakten des vorausgegangenen Verfahrens, 2 K 1673/10 = 3 Bf 138/12.Z, sowie die aus vier Teilen bestehende Sachakte. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

16

Die zulässige Klage hat in der Sache bereits in den Hauptanträgen Erfolg, mit denen der Kläger sich gegen die Exmatrikulation wendet (1.) und eine Zulassung zur mündlichen Prüfung in der universitären Schwerpunktbereichsprüfung begehrt (2.).

17

1. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2013 über die Exmatrikulation des Klägers mit Wirkung zum 31. März 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

18

Die Beklagte hat die Exmatrikulation zu Unrecht auf § 42 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 44 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (v. 18.7.2001, in der bei Erlass der letzten behördlichen Entscheidung zwischen 1.10.2012 und 30.9.2013 gültigen Fassung – HmbHG) gestützt. Nach § 42 Abs. 2 Nr. 3 HmbHG sind Studierende zu exmatrikulieren, wenn sie das Studium nach § 44 HmbHG nicht fortsetzen können und den Studiengang nicht wechseln können oder wechseln. Nach § 44 Satz 1 HmbHG können Studierende das Studium an einer Hamburger Hochschule nicht in dem gleichen Studiengang fortsetzen, wenn sie eine nach der Prüfungsordnung vorgeschriebene Prüfung endgültig nicht bestanden haben. An dieser gesetzlichen Voraussetzung fehlt es. Der Kläger hat die den Studiengang Rechtswissenschaft abschließende erste Prüfung für Juristen nicht endgültig nicht bestanden.

19

Ein endgültiges Nichtbestehen der ersten Prüfung für Juristen folgt für den Kläger weder unmittelbar noch mittelbar aus dem Bescheid vom 8. Dezember 2008. Zwar ist dieser Bescheid durch Rücknahme des Berufungszulassungsantrags gegen das klageabweisende Urteil im vorausgegangenen Verfahren, 2 K 1673/10 = 3 Bf 138/12.Z, bestandskräftig geworden. Doch beschränkt sich der Regelungsgehalt des Bescheids auf das Nichtbestehen einer Aufsichtsarbeit und auf ihre Bewertung (a)). Der Kläger hat nicht bereits deshalb die Schwerpunktbereichsprüfung endgültig nicht bestanden, weil die Aufsichtsarbeit mit der Note „mangelhaft“ (1,0 Punkte) bewertet worden ist. Zwar würde diese Bewertung unter der uneingeschränkten Geltung der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung (v. 1.9.2005, Amtl. Anz. S. 1751 – SPO 2005) zu einem endgültigen Nichtbestehen der Schwerpunktbereichsprüfung und damit der ersten Prüfung für Juristen führen (b)). Doch ist die einschlägige Bestimmung in § 14 Abs. 1 SPO 2005 nichtig, da sie mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 GG unvereinbar ist (c)).

20

a) Der Bescheid vom 8. Dezember 2008 stellt fest, dass der Kläger die Aufsichtsarbeit vom 5. September 2008 nicht bestanden und die Bewertung mit der Note „mangelhaft“ (1,0 Punkte) erzielt hat. Ein darüber hinausgehender Regelungsgehalt, der an der Bestandskraft teilhaben könnte, kommt dem Bescheid nicht zu.

21

Ein endgültiges Nichtbestehens der Schwerpunktbereichsprüfung gehört nicht zum Regelungsgehalt des Bescheids. Die Kammer nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in dem im vorausgegangenen Verfahren ergangenen Urteil vom 21. Mai 2012, 2 K 1673/10, UA S. 15. Danach wird das endgültige Nichtbestehen der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im Bescheid vom 8. Dezember 2008 lediglich nachrichtlich mitgeteilt und nimmt nicht am Regelungsgehalt teil. Dies folgt aus einer Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont. Der Bescheid vom 8. Dezember 2008 trägt in der Betreffzeile die Überschrift „Aufsichtsarbeit im Rahmen der Schwerpunktbereichsprüfung“. Während das Nichtbestehen in der Aufsichtsarbeit und ihre Bewertung mit der Note „mangelhaft“ (1,0 Punkte) vor der Rechtsbehelfsbelehrung mitgeteilt werden, findet sich erst im Anschluss daran der Hinweis, dass der Kläger die in der Schwerpunktbereichsprüfungsordnung genannten Punktzahlen in zwei Versuchen nicht erreicht habe und die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung damit endgültig nicht bestanden sei. Entsprechend verhält sich der Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2010 nicht zum endgültigen Nichtbestehen der universitären Schwerpunktbereichsprüfung.

22

Ebenso wenig wie ein endgültiges Nichtbestehen der Schwerpunktbereichsprüfung ist dem Bescheid vom 8. Dezember 2008 überhaupt eine Entscheidung über das Nichtbestehen der durchgeführten Schwerpunktbereichsprüfung im zweiten Versuch zu entnehmen. Denn auch insoweit wird in dem Bescheid nicht erkennbar vor der Rechtsbehelfsbelehrung eine Rechtsfolge ausgesprochen.

23

Dem Bescheid vom 8. Dezember 2008, der ausdrücklich nur das Nichtbestehen und die Bewertung einer im zweiten Versuch gefertigten Aufsichtsarbeit betrifft, kann auch nicht durch Auslegung schlüssig der Regelungsgehalt entnommen werden, dass die Schwerpunktbereichsprüfung im ersten Versuch nicht bestanden sei. Zwar setzt der Bescheid vom 8. Dezember 2008 voraus, dass dem Kläger bereits anderweitig beschieden wurde, im ersten Versuch nicht bestanden zu haben. Denn ohne ein Nichtbestehen im ersten Versuch geht eine Bewertung der im zweiten Versuch unternommenen Aufsichtsarbeit ins Leere. Doch enthält der Bescheid vom 8. Dezember 2008 selbst keine verbindliche Feststellung im Hinblick auf den ersten Versuch.

24

Ein weitergehender Regelungsgehalt kommt dem Bescheid vom 8. Dezember 2008 auch nicht aufgrund des in Rechtskraft erwachsenen klageabweisenden Urteils vom 21. Mai 2012, 2 K 1673/10, zu. Aufgrund des Urteils ist ein Anspruch des Klägers auf Neubewertung oder Neudurchführung hinsichtlich der am 5. September 2008 durchgeführten Aufsichtsarbeit zu verneinen. Ein Nichtbestehen der Schwerpunktbereichsprüfung im ersten Versuch steht auch mit der Rechtskraft dieses Urteils nicht fest.

25

b) Eine uneingeschränkte Geltung der SPO 2005 unterstellt, hätte der Kläger allerdings wegen der in den Aufsichtsarbeiten erzielten Bewertungen die Schwerpunktbereichsprüfung endgültig nicht bestanden.

26

Die Schwerpunktbereichsprüfung ist nach § 16 Abs. 3 Satz 1 SPO 2005 bestanden, wenn die nach § 16 Abs. 1, Abs. 2 SPO 2005 errechnete Durchschnittspunktzahl aus schriftlicher Wahlschwerpunktleistung, Aufsichtsarbeit und mündlicher Prüfung mindestens 4,0 Punkte beträgt. Der Kläger hatte zwar noch keine Gelegenheit, sich einer mündlichen Prüfung zu unterziehen. Doch ist ein Bestehen ausgeschlossen, wenn wegen § 14 Abs. 1 SPO 2005 keine Zulassung zur mündlichen Prüfung erfolgt. Nach dieser Vorschrift wird zur mündlichen Prüfung zugelassen, wer in der Wahlschwerpunktleistung die Punktzahl 4,0 und in der Aufsichtsarbeit die Punktzahl 3,0 erreicht hat. Endgültig nicht bestanden ist die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung unter Zugrundelegung dieser Regeln insbesondere dann, wenn die Aufsichtsarbeit – wie im Fall des Klägers – in den beiden möglichen Versuchen mit weniger als der Punktzahl 3,0 bewertet wird.

27

c) Die einschlägige Bestimmung des § 14 Abs. 1 SPO 2005 ist mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit unvereinbar und damit nichtig. Die Kammer hält an ihrer gegenteiligen Rechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 1.11.2012, 2 K 2085/10, juris Rn. 56 ff.) nicht fest. Die Vorschrift des § 14 Abs. 1 SPO 2005 greift als subjektive Berufszugangsregelung in die durch Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 GG gewährleistete Berufsfreiheit ein. Der Eingriff ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu rechtfertigen. Dies folgt aus der Anwendung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus Anlass einer Entscheidung über die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung nach der Juristen-Studien- und Prüfungsordnung der Universität Mannheim entwickelten Maßstäbe (BVerwG, Urt. v. 29.5.2013, 6 C 18/12, DVBl. 2013, 1122, juris Rn. 25 ff.):

28

„(1) Ist die Durchführung einer Prüfung in mehreren Teilprüfungen vorgesehen, wird hierdurch die Beurteilungsgrundlage verbreitert und so die Treffsicherheit des Befähigungsurteils erhöht, das mit der Prüfungsentscheidung über den Prüfling ausgesprochen wird. Bestehensregelungen, die an den Misserfolg in einer Teilprüfung bereits das Nichtbestehen der Gesamtprüfung knüpfen, laufen Gefahr, die Treffsicherheit dieses Befähigungsurteils zu verringern. Denn danach reduziert sich unter Umständen - nämlich bei Nichtbestehen der Teilprüfung - seine empirische Basis auf eine bloße Teilmenge der im Prüfungsverfahren erbrachten Leistungen, während die übrigen erbrachten Leistungen im Rahmen der Prüfungsentscheidung gänzlich außer Betracht bleiben. Wie der Senat bereits früher entschieden hat, genügen solche Regeln den verfassungsrechtlichen Anforderungen nur, wenn die Teilprüfung, deren Nichtbestehen zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, schon für sich genommen eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bietet (Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 3.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 347 S. 62 f. und vom 10. Oktober 1994 - BVerwG 6 B 73.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 338 S. 46 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82, 174/84 - BVerfGE 80, 1 <35>). Tut sie dies nicht, nimmt der Zufallsfaktor im Rahmen der Prüfungsentscheidung überhand und ist eine solche Regel daher schon nicht geeignet, den ihr zugedachten Zweck in rationaler Weise zu erfüllen, diejenigen Prüflinge zu ermitteln, die nicht die Tauglichkeit aufweisen, welche mit der Prüfung nachgewiesen werden sollen.

29

Eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage kann eine Teilprüfung dann bieten, wenn gerade durch sie eine Fähigkeit nachgewiesen wird, die als unerlässlicher, nicht ausgleichsfähiger Bestandteil derjenigen Qualifikation anzusehen ist, die mit der Prüfung insgesamt nachgewiesen werden soll. Eine solche Fähigkeit mag beispielsweise in der Beherrschung einer bestimmten Fachmaterie oder, gegebenenfalls hiermit kombiniert, einer bestimmten Bearbeitungs- oder Darstellungsmethode bestehen, die nur in der betroffenen Teilprüfung abgeprüft werden. Der Normgeber mag aber auch die Auffassung verfolgen, ein positives Befähigungsurteil sei überhaupt nur bei durchgängiger Erzielung mindestens ausreichender Einzelleistungen gerechtfertigt; dann soll jede Teilprüfung mittelbar auch dem Nachweis der Fähigkeit zur fachbezogenen Leistungskonstanz dienen.

30

Ob einer dieser Begründungsansätze im konkreten Fall sachlich verfängt, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Normgeber, dem Art. 12 Abs. 1 GG insoweit beträchtliche Einschätzungsspielräume eröffnet. Mit der Entscheidung, die Beherrschung einer bestimmten Fachmaterie, einer bestimmten methodischen Fertigkeit oder die Fähigkeit zur Leistungskonstanz seien für den Prüfungserfolg unverzichtbar, wird zugleich über Zuschnitt und Niveau der Befähigung entschieden, die mit der Ausbildung erworben und mit der Prüfung belegt werden soll, d.h. es werden hiermit berufliche oder akademische Qualifikationsanforderungen festgelegt. Diesbezüglich beschränkt sich aber die grundrechtliche Bindung des Normgebers auf das Gebot der Wahrung eines sachlichen Zusammenhangs mit den Anforderungen des betreffenden Berufs (vgl. Urteil vom 17. Juli 1987 - BVerwG 7 C 118.86 - BVerwGE 78, 55 <57> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 242 S. 15). Sogar ein gewisser "Überschuss" an Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als zulässig zu erachten (vgl. Beschluss vom 1. Juli 1986 - 1 BvL 26/83 - BVerfGE 73, 301 <320> m.w.N.; aufgegriffen durch BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1987 a.a.O. S. 57 bzw. 15). In dieser zurückhaltenden Linie kommt zum Ausdruck, dass die Definition beruflicher und akademischer Qualifikationsstandards vorwiegend Sache politisch wertender Gestaltung und durch die Verfassung im Kern nicht vorentschieden ist.

31

Zu verneinen ist die Frage, ob eine Teilprüfung eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bietet und insofern den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG standhält, im Allgemeinen daher nur dann, wenn die Einschätzung, gerade durch sie werde eine als unerlässlich einzustufende Fähigkeit abgeprüft, sachlich nicht vertretbar erscheint, d.h. wenn offenkundig ist, dass keiner der vorgenannten Begründungsansätze und auch kein nachvollziehbarer sonstiger Begründungsansatz sich im konkreten Fall als tragfähig erweist. Diese Maßgabe, mit der die Einstufung einer Bestehensregelung nach dem Muster von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO als ungeeignet im Ergebnis auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt bleiben wird, steht im Einklang mit dem in der Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts allgemein anerkannten Befund, dass die Verfassung dem Gesetzgeber für die Beurteilung der Eignung der von ihm für die Durchsetzung der gesetzgeberischen Regelungsziele gewählten Mittel einen Einschätzungsspielraum zubilligt (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 <347 f.>). Sie fügt sich in die prüfungsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insofern wertungssystematisch stimmig ein, als dort etwa im Hinblick auf die Zahl zugelassener Wiederholungsversuche, auf die Ausgestaltung von Gewichtungsregeln oder auf die Auswahl und Verteilung des Prüfungsstoffs - also im Hinblick auf Rahmenbedingungen, von denen die praktische Wirkungsschärfe einer Regel nach dem Muster von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO entscheidend mitbestimmt wird - gleichfalls durchgängig die Gestaltungsfreiheit des Normgebers bzw. der Prüfungsverwaltung betont worden ist (vgl. Beschlüsse vom 7. März 1991 - BVerwG 7 B 178.90 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 285 S. 167, vom 16. August 1985 - BVerwG 7 B 51, 58 u. 59.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 218 S. 256 und vom 13. April 1983 - BVerwG 7 B 25.82 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 173 S. 121).

32

(2) Speziell im hier betroffenen Fall der juristischen Universitätsprüfung unterliegt der universitäre Normgeber allerdings engeren Bindungen als ein prüfungsrechtlicher Normgeber im Normalfall. Die Eignungsziele, an denen das Schwerpunktbereichsstudium und die Universitätsprüfung auszurichten sind, stehen in bestimmten Eckdaten nicht zu seiner Disposition. § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG legt fest, dass die Universitätsprüfung zusammen mit der staatlichen Pflichtfachprüfung die erste juristische Prüfung bildet. Die Bestimmung richtet hiermit beide gemeinsam in erster Linie auf den Zweck aus, die Befähigung für den anschließenden juristischen Vorbereitungsdienst festzustellen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 JAPrO BW). Hierdurch wird der Gestaltungsspielraum des universitären Normgebers im Ergebnis eingeengt. Er darf keine Bestehensregelung für die Universitätsprüfung erlassen, in der Eignungsanforderungen zum Ausdruck kommen, die nicht hinreichend auf diesen bundesrechtlich vorgegebenen Prüfungszweck der Universitätsprüfung abgestimmt sind.

33

(a) Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG dienen die Schwerpunktbereiche der Ergänzung des Studiums, der Vertiefung der mit ihnen zusammenhängenden - den Gegenstand der staatlichen Pflichtfachprüfung bildenden - Pflichtfächer sowie der Vermittlung interdisziplinärer und internationaler Bezüge des Rechts. Die Ergänzungsfunktion des Schwerpunktbereichs setzen die universitären Studien- und Prüfungsordnungen durch die Anreicherung des Ausbildungs- und Prüfungsstoffs der Pflichtfächer um zusätzliche Ausbildungs- und Prüfungsinhalte um. Die in § 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG weiter angelegte Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zielt ausweislich des Gesetzeswortlauts sowie auch der Gesetzesmaterialien demgegenüber insbesondere auf die Erweiterung und Verfeinerung des allgemeinen wissenschaftlich-methodischen Rüstzeugs der Studierenden (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 20. März 2002, BTDrucks 14/8629 S. 12, sowie die dortigen Bezugnahmen auf die Reformforderungen des sog. Ladenburger Manifests, NJW 1997, 2935 ff., und die Vorschläge von Ernst-Wolfgang Böckenförde im Rahmen eines erweiterten Berichterstattergesprächs; vgl. insoweit auch die Stellungnahme Böckenfördes im Rahmen einer Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses im Jahr 2001, Anhang zum Protokoll der 83. Sitzung des Rechtsausschusses vom 16. Mai 2001, S. 64 f.).

34

(b) Soweit der Schwerpunktbereich, im Rahmen seiner Ergänzungsfunktion, den Pflichtfachbereich lediglich fächerbezogen um weitere Inhalte des Ausbildungs- und Prüfungsstoffs ergänzt und diesem damit in seiner grundsätzlichen Anlage gleicht, hat sich der universitäre Normgeber bei Ausgestaltung der Bestehensregelungen an der Höhe derjenigen Eignungsanforderungen zu orientieren, die in der Ausgestaltung der Bestehensregelung der staatlichen Pflichtfachprüfung zum Ausdruck kommen. Wäre er dieser Pflicht ledig, würde in beiden Abschnitten der ersten juristischen Prüfung - und zwar dort, wo sie strukturell vergleichbar sind - ein jeweils unterschiedliches Maß an juristischer Qualifikation über den Prüfungserfolg entscheiden. Dies wäre mit ihrer prüfungsrechtlichen Verklammerung und ihrer gemeinsamen Ausrichtung auf die Feststellung der Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst nicht in Einklang zu bringen. Dass gerade dem staatlichen Normgeber im Hinblick auf die Definition der Eignungsstandards das Primat gegenüber dem universitären Normgeber zukommt, ist in der Ergänzungsfunktion des Schwerpunktbereichs bereits logisch angelegt. Dementsprechend verweist § 5d Abs. 6 DRiG hinsichtlich der prüfungsrechtlichen Ausgestaltung beider Prüfungsabschnitte auf das "Landesrecht". Hieraus folgt - wie oben bereits ausgeführt - zwar kein prinzipielles Verbot der Weiterdelegation an den universitären Normgeber, wohl aber die Maßgabe, dass es dem Landesgesetzgeber zukommt, diesem wesentliche prüfungsrechtliche Eckdaten verbindlich vorzugeben.

35

(c) Soweit der Schwerpunktbereich den Pflichtfachbereich nicht lediglich um zusätzliche Fachmaterien ergänzt, sondern in ihm - im Rahmen der Vertiefungsfunktion - qualitativ eigenständige bzw. weitergehende Qualifikationsziele verfolgt werden, eröffnen sich dem Normgeber konsequenterweise breitere prüfungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. Den Regelungen der Pflichtfachprüfung sind insoweit keine bindenden Eignungsstandards zu entnehmen.

36

(3) Gemessen an den vorstehenden Maßstäben hat die Beklagte mit dem Erlass der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO ihren prüfungsrechtlichen Gestaltungsspielraum überschritten und eine Bestehensregelung erlassen, die nicht hinreichend geeignet ist, den der Universitätsprüfung im Lichte von §§ 5, 5a Abs. 2 DRiG zugedachten Zweck zu erfüllen, (nur) die für den juristischen Vorbereitungsdienst ungeeigneten Kandidaten zu ermitteln.

37

(a) Im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung lässt die JAPrO BW - nur leicht modifiziert durch die Regelung in ihrem § 16 - eine Kompensation nicht bestandener Teilprüfungen durch die in anderen Teilprüfungen erzielten Ergebnisse - auch fächerübergreifend - zu. Der staatliche Normgeber bringt hiermit zum Ausdruck, dass den in einzelnen Teilprüfungen jeweils abgeprüften fachlichen Kenntnissen bzw. Fertigkeiten nicht bereits für sich genommen, sondern nur in ihrer Summe Ausschlag gebendes Gewicht für die Beurteilung der Befähigung der Prüflinge zukommen darf. Hieraus tritt als Maßstab zutage, dass die Eignung für den Vorbereitungsdienst nicht entfällt, wenn der Prüfling nur partielle Leistungsschwächen in einzelnen Fachmaterien offenbart.

38

(b) Hingegen ist bei Zugrundelegung von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO einem Prüfling bereits wegen mangelhafter Beherrschung des Stoffs der obligatorischen Lehrveranstaltungen ("Allgemeiner Teil" - vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 JuSPO zur Aufsichtsarbeit) oder des Stoffs des Wahlbereichs ("Besonderer Teil" - vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 JuSPO zur mündlichen Prüfung) oder wegen des Nichtbestehens der Studienarbeit (vgl. § 13 JuSPO) der Erfolg in der Universitätsprüfung und hiermit - da das Bestehen der ersten juristischen Prüfung das Bestehen sowohl der Universitätsprüfung als auch der staatlichen Pflichtfachprüfung voraussetzt (§ 5d Abs. 2 Satz 4 DRiG) - der Eintritt in den Vorbereitungsdienst versagt. Einzelne Abschnitte des Prüfungsstoffs der Universitätsprüfung werden auf diese Weise hinsichtlich der ihnen vom universitären Normgeber beigemessenen Aussagekraft verabsolutiert. Von dem Ansatz der JAPrO BW, wonach zutage tretende partielle Leistungsschwächen die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst noch nicht entfallen lassen, weicht dieser Ansatz ersichtlich ab.

39

(c) Im Lichte des oben Gesagten überschreitet der universitäre Normgeber mit diesem verabsolutierenden Ansatz seinen Gestaltungsspielraum nicht, soweit eine Teilprüfung in besonderer Weise auf die Ermittlung der wissenschaftlich-methodischen Fertigkeiten der Prüflinge ausgerichtet ist und sich mithin eindeutig der Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zuordnen lässt. Dies ist hier im Hinblick auf die Studienarbeit der Fall, mit der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 JuSPO der Prüfling zeigen soll, "dass er in der Lage ist, innerhalb der vorgesehenen Frist ein Thema (...) selbständig nach wissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten". Hingegen tritt im Hinblick auf die Aufsichtsarbeit sowie im Hinblick auf die mündliche Prüfung schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der §§ 11 f. JuSPO hervor, dass in ihnen vorwiegend - in einer den entsprechenden Teilprüfungen der staatlichen Pflichtfachprüfung strukturell vergleichbaren Weise - der Grad an fachlicher Stoffbeherrschung abgeprüft wird ("Gegenstand ... ist der Stoff der ..."). Sie sind daher stärker der Ergänzungsfunktion als der Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zuzuordnen. Folglich greift hier das Erfordernis einer Kongruenz der Eignungsstandards zwischen Pflichtfach- und Universitätsprüfung - mit der Folge für den universitären Normgeber, dass er partielle Leistungsschwächen, die zum Nichtbestehen dieser Teilprüfungen führen, nicht dafür heranziehen darf, dem Prüfling insgesamt die Eignung für den Eintritt in den juristischen Vorbereitungsdienst abzusprechen. Insofern bilden weder die Aufsichtsarbeit noch die mündliche Prüfung für sich genommen bereits eine zuverlässige Grundlage für das Urteil, dass derjenige, der sie nicht besteht, deshalb nicht die mit der Universitätsprüfung nachzuweisende Eignung aufweist.

40

(d) Nichts anderes darf daraus hergeleitet werden, dass in Aufsichtsarbeit und mündlicher Prüfung unterschiedliche Arbeits- und Präsentationstechniken gefordert sind. Denn auch diesem Gesichtspunkt wird in den Bestimmungen der JAPrO BW über die staatliche Pflichtfachprüfung kein absoluter Stellenwert beigemessen. Die in ihnen eröffneten Kompensationsmöglichkeiten schließen ein, unzureichende Leistungen im einen Segment durch zureichende Leistungen im anderen Segment ausgleichen zu können.

41

(4) Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass § 5d Abs. 2 Satz 2 DRiG vorschreibt, in der Universitätsprüfung sei "mindestens eine schriftliche Leistung zu erbringen". Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich hieraus für den vorliegenden Fall nichts herleiten. Der Regelungsgehalt der Vorschrift besteht darin, die Durchführung der Universitätsprüfung rein auf mündlicher Basis zu verwehren. Im Übrigen wollte der Bundesgesetzgeber den Regelungsspielraum der Länder bzw. Universitäten nicht einschränken, ging aber gleichwohl von der Annahme aus, dass von ihnen eine Aufteilung der Prüfung in mehrere Teilprüfungen vorgenommen werden würde (vgl. BTDrucks 14/7176 S. 13: "... hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen ..."). Eine Aussage im Hinblick auf die Zulässigkeit prüfungsrechtlicher Ausschlussklauseln nach Art von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO ist der Vorschrift vor diesem Hintergrund nicht zu entnehmen.

42

(5) Nichts anderes ergibt sich ferner aufgrund des Hinweises der Beklagten auf die grundrechtliche Lehrfreiheit, die nach ihrer Auffassung im vorliegenden Fall einen "zurückhaltenden Umgang mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes" gebietet. Verlagert der staatliche Normgeber die Regelung von Bestehensanforderungen bei Prüfungen, die in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fallen, auf die Universitäten, verändert sich hierdurch grundsätzlich nichts am Umfang des grundrechtlichen Abwehrrechts der Prüfungsteilnehmer. Die oben aufgezeigten Anforderungen an die Zulässigkeit prüfungsrechtlicher Bestehensregeln könnten die Lehrfreiheit allenfalls dann beeinträchtigen - und so ausnahmsweise eine ausgleichsbedürftige grundrechtliche Kollisionslage herbeiführen -, wenn von ihnen Rückwirkungen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltungen ausgingen (vgl. Beschlüsse vom 24. Mai 1991 - BVerwG 7 NB 5.90 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 134 S. 40 und vom 22. August 2005 - BVerwG 6 BN 1.05 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 263 S. 25). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dies hier der Fall sein könnte. Der Hinweis der Beklagten, Bestehensregeln könnten den Studierenden mittelbar den Bedeutungsgrad von Fachmaterien signalisieren, mag sachlich zutreffen, macht aber nicht deutlich, inwiefern sich hieraus eine Einschränkung der inhaltlichen und methodischen Gestaltungsfreiheit von Hochschullehrern in Bezug auf die von ihnen angebotenen Lehrveranstaltungen ergeben könnte.

43

(6) Unerheblich ist schließlich, dass nach der Darstellung der Beklagten in der Vergangenheit nur eine geringe Zahl von Prüflingen in der Universitätsprüfung gescheitert sein soll. Die Maßgabe, wonach eine Teilprüfung, deren Nichtbestehen zum Misserfolg der gesamten Prüfung führen soll, eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bieten muss, soll gewährleisten, dass die der Prüfung zugedachte Filterungsfunktion in rationaler, den Zufallsfaktor minimierender Weise erfüllt werden kann. Hierauf besteht - unter dem Aspekt der Eingriffsgeeignetheit - ein grundrechtlicher Anspruch auch im Falle einer niedrigen Durchfallquote.“

44

In Anwendung dieser Maßstäbe, die sich die Kammer zu Eigen macht, hat die Beklagte durch § 14 Abs. 1 SPO 2005 eine Bestehensregelung erlassen, die nicht hinreichend geeignet ist, den der Universitätsprüfung zugedachten Zweck zu erfüllen. Denn die Aufsichtsarbeit nach der SPO 2005 der Beklagten ist ebenso wie die Aufsichtsarbeit nach der Juristen-Studien- und Prüfungsordnung der Universität Mannheim der Ergänzungsfunktion der Schwerpunktbereichsprüfung zuzuordnen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 37). Die universitäre Aufsichtsarbeit ergänzt den Pflichtfachbereich lediglich fächerbezogen um weitere Inhalte des Ausbildungs- und Prüfungsstoffs und gleicht diesem damit in seiner grundsätzlichen Anlage. Der universitäre Normgeber muss sich bei Ausgestaltung der Bestehensregelungen insoweit an der Höhe derjenigen Eignungsanforderungen orientieren, die in der Ausgestaltung der Bestehensregelung der staatlichen Pflichtfachprüfung zum Ausdruck kommen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 32). Dies ist hier nicht der Fall. Denn die staatliche Pflichtfachprüfung lässt eine Kompensation nicht bestandener Teilprüfungen auch fächerübergreifend zu. Durch § 14 Abs. 1 SPO 2005 ist eine Kompensation demgegenüber ausgeschlossen. Werden in der Aufsichtsarbeit weniger als 3,0 Punkte erzielt, hindert der Misserfolg in der Aufsichtsarbeit nach § 14 Abs. 1 SPO 2005 die Zulassung zur mündlichen Prüfung und führt damit zum Nichtbestehen der universitären Schwerpunktbereichsprüfung und der ersten Prüfung für Juristen insgesamt. Im Einzelnen:

45

Im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung lässt das Hamburgische Juristenausbildungsgesetz (v. 11.6.2003, HmbGVBl. S. 156, in der vom 30.4.2005 bis 30.9.2007 gültigen Fassung – HmbJAG) die Kompensation nicht bestandener Teilprüfungen durch die in anderen Teilprüfungen erzielten Ergebnisse – auch fächerübergreifend – zu. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 HmbJAG setzt die Zulassung zur mündlichen Prüfung der staatlichen Pflichtfachprüfung hinsichtlich der sechs Aufsichtsarbeiten nach § 15 HmbJAG lediglich voraus, dass der Prüfling eine durchschnittliche Punktzahl von mindestens 3,8 und in mindestens drei Aufsichtsarbeiten, davon in mindestens einer Aufsichtsarbeit aus dem Bereich des Bürgerlichen oder Handels- und Gesellschaftsrechts, die Punktzahl 4,0 erreicht hat. Eine Zulassung zur mündlichen Prüfung der staatlichen Pflichtfachprüfung ist insbesondere auch mit einer, zwei oder drei unter 3,0 Punkten bewerteten Aufsichtsarbeiten möglich, wenn die drei anderen Aufsichtsarbeiten, darunter eine im Bürgerlichen oder Handels- und Gesellschaftsrecht, mit wenigstens 4,0 Punkten bewertet worden sind und der Durchschnitt von 3,8 Punkten erreicht wird. Hat der Prüfling beispielsweise in den drei Aufsichtsarbeiten im Handels- und Gesellschaftsrecht und im Öffentlichen Recht ein-, zwei- oder auch dreimal lediglich 2,0 Punkte erhalten, so genügt es für die Zulassung zur mündlichen Prüfung, wenn er in den Aufsichtsarbeiten im Bürgerlichen Recht und im Strafrecht zweimal 5,5 und einmal 6,0 Punkte erzielt. Schwere Defizite im Handels- und Gesellschaftsrecht sowie im Öffentlichen Recht, die sich im Beispiel in durchgehend und deutlich mit der Note „mangelhaft“ bewerteten Leistungen zeigen, können durch Leistungen im Bereich der Note „ausreichend“ in anderen Rechtsgebieten kompensiert werden.

46

Auf diese Weise bringt der staatliche Normgeber für Hamburg – ebenso wie der staatliche Normgeber für Baden-Württemberg in dem der höchstrichterlichen Entscheidung zugrundeliegenden Fall (BVerwG, a.a.O., Rn. 35) – zum Ausdruck, dass den in einzelnen Teilprüfungen jeweils abgeprüften fachlichen Kenntnissen bzw. Fertigkeiten nicht bereits für sich genommen, sondern nur in ihrer Summe Ausschlag gebendes Gewicht für die Beurteilung der Befähigung der Prüflinge zukommen darf. Hieraus tritt als Maßstab zutage, dass die Eignung für den Vorbereitungsdienst nicht entfällt, wenn der Prüfling nur partielle Leistungsschwächen in einzelnen Fachmaterien offenbart. Hingegen wird unter der Geltung des § 14 Abs. 1 SPO 2005 einem Prüfling bereits dann der Erfolg in der Universitätsprüfung, der ersten Prüfung für Juristen und der Eintritt in den Vorbereitungsdienst versagt, wenn er den in der einzigen Aufsichtsarbeit geprüften Stoff – wenngleich deutlich – nicht beherrscht. In der universitären Aufsichtsarbeit wird in strukturell vergleichbarer Weise zu den Teilprüfungen der staatlichen Pflichtfachprüfung der Grad an fachlicher Stoffbeherrschung abgeprüft. Es werden nicht durch eine besondere Ausrichtung auf die Ermittlung der wissenschaftlich-methodischen Fertigkeiten der Prüflinge qualitativ eigenständige bzw. weitergehende Qualifikationsziele verfolgt. Die Aufsichtsarbeit ist daher stärker der Ergänzungsfunktion als der Vertiefungsfunktion zuzuordnen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 37). Folglich greift hier das vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobene Erfordernis einer Kongruenz der Eignungsstandards zwischen Pflichtfach- und Universitätsprüfung mit der Folge für den universitären Normgeber, dass er partielle Leistungsschwächen, die zum Nichtbestehen dieser Teilprüfungen führen, nicht dafür heranziehen darf, dem Prüfling insgesamt die Eignung für den Eintritt in den juristischen Vorbereitungsdienst abzusprechen. Insofern bildet die Aufsichtsarbeit für sich genommen nicht bereits eine zuverlässige Grundlage für das Urteil, dass derjenige, der sie nicht besteht, deshalb nicht die mit der Universitätsprüfung nachzuweisende Eignung aufweist.

47

Unerheblich ist, dass die partielle Leistungsschwäche, an welche § 14 Abs. 1 SPO 2005 die Nichtzulassung zur mündlichen Prüfung knüpft und die damit zum Nichtbestehen der Prüfung insgesamt führt, in einer Bewertung der Aufsichtsarbeit unter 3,0 Punkten deutlich werden muss, während in dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschiedenen Fall jede unter 4,0 Punkten liegende Bewertung zum Nichtbestehen führen soll. Nach dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten und von der Kammer geteilten Ansatz, kann das Nichtbestehen der Gesamtprüfung nur dann bereits an den Misserfolg in einer Teilprüfung geknüpft werden, wenn die Teilprüfung eine hinreichende Beurteilungsgrundlage für die durch die Gesamtprüfung zu ermittelnde Eignung des Prüflings bietet (BVerwG, a.a.O., Rn. 26). Es kommt nicht darauf an, welchen Grad der Misserfolg in der Teilprüfung – oberes, mittleres oder unteres „mangelhaft“ oder „ungenügend“ – einnimmt. Den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass eine Vereinbarkeit der Bestehensregelung mit höherrangigem Recht in Betracht käme, wenn sich der Misserfolg in der einzigen Aufsichtsarbeit in einer deutlich im Bereich der Note „mangelhaft“ liegenden Bewertung zeigt. In dem der höchstrichterlichen Entscheidung unterliegenden Fall, in dem der Prüfling in den beiden Versuchen der Aufsichtsarbeit 1,0 Punkte und 2,0 Punkte erzielt hatte, hätte Anlass für diese Erwägung bestanden, wenn es nach dem vom Bundesverwaltungsgericht verfolgten Ansatz darauf angekommen wäre.

48

Nichts anderes folgt auch daraus, dass gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 HmbJAG im Durchschnitt der Aufsichtsarbeiten der staatlichen Pflichtfachprüfung 3,8 Punkte erzielt werden müssen, unter Geltung des § 14 Abs. 1 SPO 2005 in der einzigen Aufsichtsarbeit der universitären Schwerpunktbereichsprüfung hingegen 3,0 Punkte. Entscheidend ist die – da nur eine Aufsichtsarbeit gestellt wird – fehlende Kompensationsmöglichkeit partieller Leistungsschwächen. Einer solchen Kompensationsmöglichkeit bedürfte es nach dem in § 18 Abs. 1 Nr. 1 HmbJAG zum Ausdruck kommenden Maßstab, nach dem die Eignung für den Vorbereitungsdienst dem Prüfling nicht bereits dann abzusprechen ist, wenn er nur partielle Leistungsschwächen in einzelnen Fachmaterien offenbart.

49

2. Die durch Bescheid vom 23. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2013 ausgesprochene Ablehnung, den Kläger zur mündlichen Prüfung der Schwerpunktbereichsprüfung zuzulassen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger kann eine – nicht den Erlass eines Verwaltungsaktes erfordernde – Zulassung zur mündlichen Prüfung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im ersten Versuch beanspruchen.

50

Dies gilt unabhängig davon, wie die Beklagte als Satzungsgeberin ihren diesbezüglichen Gestaltungsspielraum (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 28, 30) ausfüllen wird. Der erste Versuch des Klägers, die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung abzulegen, ist noch nicht abgeschlossen, da die Durchführung der mündlichen Prüfung noch aussteht. Die einer Zulassung zur mündlichen Prüfung entgegenstehende Vorschrift des § 14 Abs. 1 SPO 2005 ist nichtig (s.o. 1.).

51

In Ausfüllung des Gestaltungsspielraums wird die Beklagte die Bildung der Note in der universitären Schwerpunktbereichsprüfung in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht bestimmen müssen. Dabei erweist sich § 16 Abs. 2 SPO 2005 als mit den Vorgaben unvereinbar.

52

Bestimmt die Hochschule, dass die zu erbringenden Prüfungsleistungen nur eine Aufsichtsarbeit umfassen, muss diese gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 HmbJAG im Gewicht für die Bildung der Gesamtnote der ersten Prüfung dem Gewicht einer staatlichen Aufsichtsarbeit nach § 22 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG entsprechen. Jeder der sechs staatlichen Aufsichtsarbeiten kommt für die Bildung der Gesamtnote der ersten Prüfung ein Gewicht von 8,75 v.H. zu. Dieses Gewicht errechnet sich daraus, dass jede der sechs Aufsichtsarbeiten gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG zu 12,5 v.H. in die staatliche Endnote eingeht und die staatliche Endnote ihrerseits gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG zu 70 v.H. in die Gesamtnote der ersten Prüfung eingeht. Die Gesetzesmaterialien bestätigen, dass dann, wenn die Hochschule in der Schwerpunktbereichsprüfung nur eine einzige Aufsichtsarbeit stellt, bezogen auf die Gesamtnote der ersten Prüfung eine Gewichtung von 8,75 v.H. zwingend ist. In der Begründung des Gesetzentwurfes (Bü-Drs. 17/2389, S. 28) heißt es ausdrücklich, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 3 HmbJAG, wenn nur eine Aufsichtsarbeit zu erbringen ist, diese mit 8,75 v.H. in die Gesamtnote der ersten Prüfung einbezogen wird.

53

Dem genügt die Gewichtungsregelung in § 16 Abs. 2 SPO 2005 nicht. Danach kommt der Bewertung in der universitären Aufsichtsarbeit ein Gewicht von 9 v.H. für die Gesamtnote der ersten Prüfung zu. Dieses Gewicht errechnet sich daraus, dass die Note in der Aufsichtsarbeit gemäß § 16 Abs. 2 SPO 2005 zu 30 v.H. in die universitäre Endnote eingeht und die universitäre Endnote ihrerseits gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG ebenfalls zu 30 v.H. in die Gesamtnote der ersten Prüfung.

II.

54

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO. Der Sinn des § 167 Abs. 2 VwGO, in die Amtsführung der Behörde nur mit rechtskräftigen Entscheidungen einzugreifen, rechtfertigt es – anders als bei der Verurteilung zu Geldleistungen – bei Leistungsklagen, die auf Vornahme oder Unterlassen einer schlichten Amtshandlung gerichtet sind, ebenso wie bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen lediglich den Kostenpunkt für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Pietzner, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 26. EL 2014, § 167 Rn. 135 m.w.N.).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre ihres Bachelorstudiengangs.

2

Die Klägerin nahm an der beklagten Hochschule zum Wintersemester 2005/2006 (1. Fachsemester des Hauptfachstudiums) ein Studium im Studiengang Deutsche Sprache und Literatur mit dem Studienziel Bachelor of Arts auf. Vom Sommersemester 2008 bis zum Sommersemester 2013 studierte sie in Teilzeitform. Im Hauptfach schloss die Klägerin ihr Studium erfolgreich ab. Im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre begann sie unter Genehmigung der Beklagten zum Wintersemester 2011/2012 (0,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) das Studium neu. Seit dem Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) studierte sie wiederum in Vollzeitform.

3

Im Nebenfachstudium fertigte die Klägerin die Klausur „Statistik I“ am 19. März 2013 (Wintersemester 2012/2013 und 1,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums), am 12. Februar 2014 (Wintersemester 2013/2014 und 3. Fachsemester des Nebenfachstudiums), am 13. Februar 2015 sowie am 27. März 2015 (beide Wintersemester 2014/2015 und 5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) an. Die Klausuren wurden jeweils als nicht bestanden bewertet.

4

Von diesen Klausuren enthielten diejenigen vom 19. März 2013 bzw. 12. Februar 2014 einen Anteil an Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren. Bei der Klausur vom 19. März 2013 waren die Aufgaben 1 und 2 im Antwort-Wahl-Verfahren („Multiple-Choice“-Verfahren in der Variante „Single-Choice“) ausgestaltet, von insofern erreichbaren 50 Punkten erzielte die Klägerin nach der Bewertung durch die Prüfer 15 Punkte. Die Aufgaben 3 bis 8 unterlagen nicht dem Antwort-Wahl-Verfahren; von erreichbaren 50 Punkten erzielte die Klägerin 2 Punkte. Die absolute Bestehensgrenze der Klausur von 34 Punkten untertraf die Klägerin mit 17 Punkten. Im Mittel erreichten die Teilnehmer 41,66 Punkte. Bei der Klausur vom 12. Februar 2014 war die Aufgabe 1 im Antwort-Wahl-Verfahren („Single-Choice“) ausgestaltet, von insofern erreichbaren 24 Punkten erzielte die Klägerin 12 Punkte. Die übrigen Aufgaben 2 bis 7 unterlagen nicht dem Antwort-Wahl-Verfahren; von 78 erreichbaren Punkten erzielte die Klägerin 11 Punkte. Die absolute Bestehensgrenze der Klausur von 44 Punkten untertraf die Klägerin mit 23 Punkten. Im Mittel erreichten die Teilnehmer 54,79 Punkte. Beide Klausuren wurden jeweils durch zwei Prüfer bewertet.

5

Die Bewertungen der beiden Klausuren vom 19. März 2013 bzw. 12. Februar 2014 mit „durchgefallen“ (5,0) waren für die Klägerin im Hochschulinformationssystem „StiNE“ ab dem 10. April 2013 bzw. ab dem 13. April 2014 einsehbar.

6

Mit einem bei der Beklagten am 21. April 2015 eingegangenen Schreiben vom 20. April 2015 beantragte die Klägerin die „Zulassung zur mündlichem Prüfung im Studienfach Statistik I“. Sie trug vor, dass sie sich wegen des extrem hohen psychischen Drucks der letzten Klausur nicht konsequent auf die Klausuraufgaben habe konzentrieren können. Wegen verschiedener familiärer und privater Gründe habe sich ihr Studium über einen erheblichen Zeitraum erstreckt.

7

Mit Bescheid vom 29. April 2015, zugestellt am 4. Mai 2015, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses für den Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre die von ihr vorgebrachten Härtefallgründe für die Voraussetzungen einer Modulfristverlängerung geprüft habe und zur Entscheidung gelangt sei, dem Antrag nicht abzuhelfen. Sie habe die Modulprüfung für das Modul „Statistik I“ endgültig nicht bestanden. Da sie die Modulprüfung viermal in der Modulfrist durchlaufen und nicht erfolgreich absolviert habe, habe sie den Nebenfach-Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre endgültig nicht bestanden.

8

Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit am selben Tag eingegangenen Schreiben vom 19. Mai 2015 Widerspruch ein. Sie trug vor, dass sie im Laufe ihres Studiums mehrere chirurgische Eingriffe habe erdulden müssen. Als „mildernder Umstand“ sei auch die Unvergleichbarkeit zweier Prüfungsverfahren zu berücksichtigen, da zum Teil „Multiple-Choice“-Aufgaben zum Einsatz gekommen seien. Sie habe inzwischen im Nebenfach alle Modulleistungen – außer in Statistik – erbracht.

9

Ergänzend trug die Klägerin vor, wegen ihrer Krankheit sei es ihr sehr schwer gefallen, im Studium mit anderen mitzuhalten und notwendige Leistungen termingerecht zu erbringen. Eine „Multiple-Choice“-Aufgabenstellung sei unzulässig gewesen, da es keine relative Bestehensgrenze gegeben habe. Das Zwei-Prüfer-Prinzip sei nicht eingehalten.

10

Ferner legte die Klägerin einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 19. Oktober 2015 vor, nach dem die Klägerin in den vorausgegangenen zwei Jahren durch mehrfache familiäre, berufliche und gesundheitliche Belastungsfaktoren stark beeinträchtigt gewesen sei. Vor dem Hintergrund von u.a. erheblichen Konzentration- und Aufmerksamkeitsstörungen seien die Prüfungsvorbereitungen für die Statistik-Klausur erheblich erschwert gewesen; die Störungen hätten sich unter dem Druck der Prüfungsbedingungen und der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, extrem verstärkt.

11

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2015 zurück und führte aus:

12

Der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen sei rechtmäßig, da die Klägerin ihr Nebenfach Betriebswirtschaftslehre endgültig nicht bestanden habe. Die Klägerin habe die Modulprüfung im Modul „Statistik I“ auch in ihrer letzten Wiederholung am 27. März 2014 nicht bestanden. § 18 Abs. 1 der Prüfungsordnung sehe als Folge das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung vor. Der Antrag auf Zulassung zur mündlichen Prüfung in „Statistik I“ hätte schon mangels Rechtsgrundlage für die Zulassung zu einer mündlichen Prüfung abgelehnt werden können, weshalb er als Antrag auf Modulfristverlängerung ausgelegt worden sei. Die Klägerin begehre offensichtlich einen weiteren Prüfungsversuch, was allenfalls in Form einer Modulfristverlängerung gemäß § 10 Abs. 3 der Prüfungsordnung hätte gewährt werden können. Gemäß § 10 Abs. 2 der Prüfungsordnung seien Modulprüfungen für Pflichtmodule innerhalb von Fristen zu erbringen. Die Modulfrist im Modul „Statistik I“ sei für die Klägerin vom Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) bis zum Wintersemester 2014/2015 (5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) gelaufen. Innerhalb dieser Frist habe die Klägerin an drei Prüfungsversuchen erfolglos teilgenommen. Einen vierten Versuch habe sie bereits vor Beginn der Modulfrist erfolglos unternommen. Für die vierte Prüfungsmöglichkeit innerhalb der Modulfrist sei die Klägerin nicht angemeldet gewesen.

13

Die von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen und vorgelegten „Nachweise“ rechtfertigten keinen weiteren Prüfungsversuch im Rahmen eines Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 1 der Prüfungsordnung. Ein Antrag auf Nachteilsausgleich müsste nach dem Wortlaut dieser Vorschrift vor dem letzten Wiederholungsversuch gestellt werden. Der Nachteilausgleich diene der Anpassung der Prüfung an Nachteile eines konkreten Studenten, ermögliche es hingegen nicht, weitere Prüfungsversuche zu gestatten. Die von der Klägerin vorgetragene familiäre, gesundheitliche und berufliche Belastungssituation stelle auch keine chronische Krankheit oder Behinderung dar.

14

Ebenso wenig komme ein nachträglicher Rücktritt von den Klausuren in „Statistik I“ nach § 16 Abs. 1 der Prüfungsordnung in Betracht. Der einen Rücktritt tragende triftige Grund müsse unverzüglich angezeigt und der Rücktritt eindeutig erklärt werden. Hieran fehle es, da die Klägerin ihre Belastungssituation erst im Schreiben vom 20. April 2015 bekundet habe und der Wille, nachträglich von den Prüfungen zurücktreten zu wollen, daraus nicht deutlich hervorgehe.

15

Weiter seien die von der Klägerin geschriebenen Klausuren „Statistik I“ verfahrensfehlerfrei. Gegen das Zwei-Prüfer-Prinzip sei nicht verstoßen worden. Nach § 64 Abs. 7 Satz 1 HmbHG 2001 müssten studienbegleitende Prüfungsleistungen in Abschluss- und Zwischenprüfungen – wie die Klausuren im Modul „Statistik I“ – nicht von einem zweiten Prüfer bewertet werden. Das Antwort-Wahl-Verfahren sei ein zulässiger Klausurtyp. Eine nachträgliche Bildung der relativen Bestehensgrenze zeige, dass die Klägerin die beiden betroffenen Klausuren auch unter Annahme einer relativen Bestehensgrenze von 25 % – die zu Gunsten der Klägerin sehr hoch angesetzt sei – nicht bestanden habe.

16

Zur Begründung der am 17. Dezember 2015 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor:

17

Die nachgereichten Atteste wiesen eine chronische Krankheit nach, was einen Härtefallantrag ermögliche; es werde keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgen. Sie leide unter einer chronischen Eierstockentzündung. Da „enormer Druck seitens diverser Instanzen“ entstanden sei, wie beispielsweise der Ausländerbehörde, habe sie einen Verzicht auf die Klausuren nicht in Betracht ziehen können. Leider habe sie nichts von der Möglichkeit eines Nachteilsausgleichs gewusst und einen solchen deshalb nicht beantragt.

18

Ergänzend trägt die Klägerin vor, zu wenig Zeit gehabt zu haben, um sich vorzubereiten. Sie sei nicht gesund gewesen, habe sich allerdings nicht krank gemeldet, weil sie Druck von der Ausländerbehörde empfunden habe. Sie habe auch nicht weiter ein Teilzeitstudium betreiben können, weil sie dann mit ihrem Aufenthaltstitel Schwierigkeiten bekommen hätte. Sie habe bisher nicht alle gesundheitlichen Belastungen dargelegt, dies gelte insbesondere für psychische Themen. Ihr sei ein unter Vorbehalt bereits gewährter Wiederholungsversuch der Klausur „Statistik I“ als regulärer zu werten. Ihre gesundheitlichen Belastungen hätten sich auf die Prüfungsleistungen in verschiedenen Fächern ausgewirkt, aber die Klausur „Statistik I“ sei eben besonders schwer.

19

Die Klägerin beantragt,

20

den Bescheid vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2015 aufzuheben

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte trägt vor: Vorprozessual habe sie nichts von einem Dauerleiden der Klägerin gewusst. Die Befassung mit einem Nachteilsausgleich im Widerspruchsbescheid sei lediglich vollständigkeitshalber erfolgt. Nach der Prüfungsordnung betrage die Dauer einer Klausur mindestens 45, höchstens 180 Minuten und könnten auch in Form eines Antwort-Wahl-Verfahrens durchgeführt werden. Die im Hochschulinformationssystem „StiNE“ eingetragenen Prüfungsbewertungen seien Verwaltungsakte. Sie seien mit Ablauf der Jahresfrist jeweils bestandskräftig geworden. Die Klägerin habe sich erstmals mit Schreiben vom 1. Juni 2015 gegen die Bewertungen der Klausuren gewandt. Eine (unter Vorbehalt) am 12. Februar 2016 angefertigte Klausur „Statistik I“ habe die Klägerin nicht bestanden.

24

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist die Prüfungsakte. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

I. Die zulässige Klage ist nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2015 über das endgültige Nichtbestehen der Klägerin in der Bachelorprüfung im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre ist ausgehend von den einschlägigen Satzungen (hierzu unter 1.) gerechtfertigt (hierzu unter 2.). Die einschlägigen Satzungen bilden – als mit höherrangigem Recht vereinbar – eine wirksame Rechtsgrundlage (hierzu unter 3.).

26

1. Einschlägig ist für das von der Klägerin zum Wintersemester 2011/2012 aufgenommene Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre die Prüfungsordnung des Departments Wirtschaftswissenschaften der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science“ (B.Sc.) (v. 20.9.2006, Amtl. Anz. S. 2959 – PO 2006, mit Änderungen v. 16.7.2008, Amtl. Bek. Nr. 43 v. 22.9.2008 sowie v. 14.7.2010, Amtl. Bek. Nr. 18 v. 23.5.2011 – PO 2010). Unanwendbar ist die letzte Änderung der Prüfungsordnung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss Bachelor of Science (v. 6.8.2014, Amtl. Bek. Nr. 74 v. 10.9.2014), die gemäß deren § 2 Abs. 1 Satz 2 erstmals für Studierende gilt, die ihr Studium zum Wintersemester 2014/2015 in einem Studiengang der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aufgenommen haben. Die Änderungsordnung gilt mit Wirkung zum Wintersemester 2014/2015 zwar grundsätzlich ebenfalls für Studierende, die ihr Studium vor Inkrafttreten dieser Änderungsordnung am 11. September 2014 in einem Studiengang der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aufgenommen haben, aber nicht im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.), der nunmehr der Zuständigkeit der neueingerichteten Fakultät Betriebswirtschaftslehre unterfällt. Die Klägerin hat das Studium bereits zum Wintersemester 2011/2012 und im Nebenfach-Bachelorstudiengang der Betriebswirtschaftslehre aufgenommen. Zeitlich unanwendbar ist auch die Prüfungsordnung der Fakultät für Betriebswirtschaft für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science (B.Sc.)“ (v. 8.7.2015 und 27.1.2016, Amtl. Bek. Nr. 39 v. 22.6.2016), die gemäß ihrem § 23 erst ab dem Wintersemester 2015/2016 gilt. Bereits sachlich unanwendbar ist die neue Prüfungsordnung der (nicht mehr die Betriebswirtschaftslehre umfassenden) Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften für Studiengänge mit dem Abschluss „Bachelor of Science“ (B.Sc.) (v. 15.6.2016, Amtl. Bek. Nr. 62 v. 4.10.2016).

27

In Ergänzung der PO 2010 finden die Fachspezifischen Bestimmungen für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre im Department Wirtschaftswissenschaften der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg (v. 4.10.2006, Amtl. Anz. S. 2846, Neufassung v. 15.4.2009, Amtl. Bek. Nr. 31 v. 21.6.2010 – FSB 2009, mit Änderung v. 16.6.2010, Amtl. Bek. Nr. 47 v. 7.12.2011 – FSB 2010) Anwendung. Zeitlich unanwendbar sind demgegenüber die Fachspezifischen Bestimmungen für den Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg (v. 11.7.2012, Amtl. Bek. Nr. 78 v. 22.10.2012 – FSB 2012), da diese gemäß ihrer Bestimmung Satz 2 zu § 23 erstmal für Studierende gelten, die ihr Studium zum Wintersemester 2012/2013 aufgenommen haben. Die Aufhebung der Regelungen zum Nebenfachstudiengang Betriebswirtschaftslehre durch Satzung v. 8.7.2015 (Amtl. Bek. Nr. 48 v. 11.9.2015) mit Wirkung vom 30. September 2020 ist ebenso wenig anwendbar.

28

2. Unter Zugrundelegung der einschlägigen Satzungen (dazu s.o. 1.) ist der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen in der Bachelorprüfung im Nebenfach Betriebswirtschaftslehre gerechtfertigt. Der Nichtbestehensbescheid findet seine satzungsmäßige Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 2 PO 2010. Ist die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden, stellt gemäß dieser Satzungsbestimmung der oder die Vorsitzende des Prüfungsausschusses einen entsprechenden Bescheid aus. Die Bachelorprüfung ist gemäß § 18 Abs. 1 Buchst. a. PO 2010 insbesondere dann endgültig nicht bestanden, wenn eine Modulprüfung nicht fristgemäß absolviert wird, es sei denn, der bzw. die Studierende hat die Fristversäumnis nicht zu vertreten. Ausgehend von der Satzungslage hat die Klägerin die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden. Denn die Klägerin hat die auch im Nebenfachstudium verpflichtende Prüfungsleistung „Statistik I“ (hierzu unter a.) innerhalb der regulären Modulfrist (hierzu unter b.) nicht bestanden (hierzu unter c.). Weder war die Fristversäumnis von der Klägerin nicht zu vertreten (hierzu unter d.) noch die Modulfrist ausnahmsweise zu verlängern (hierzu unter e.).

29

a. Die Klägerin musste in ihrem Nebenfachstudium Betriebswirtschaftslehre die Prüfungsleistung „Statistik I“ bestehen. Der verpflichtende Charakter dieser Prüfungsleistung ergibt sich aus Folgendem:

30

Der Bachelorstudiengang ist auch im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 modular aufgebaut; Zahl, Umfang, Inhalte der Module und Modulvoraussetzungen sind danach in den Fachspezifischen Bestimmungen geregelt. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 PO 2010 ist zwischen obligatorischen Modulen (Pflichtmodulen), aus einem vorgegebenen Katalog auszuwählenden Modulen (Wahlpflichtmodulen) und frei wählbaren Modulen (Wahlmodulen) zu unterscheiden. Im Hauptfachstudium der Betriebswirtschaftslehre ist gemäß Abs. 1 Buchst. a FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010 und gemäß der in den FSB 2010 enthaltenen Modulbeschreibung für die erste Studienphase das Modul „Statistik I + II“ ein Pflichtmodul und Methodenmodul der ersten Studienphase, das den Fachsemestern „3 + 4“ zugeordnet ist, mit zwei Modulteilprüfungen i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 PO 2010 abschließt, jeweils in der Prüfungsart der Klausur gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010. Diese beiden Teilprüfungsleistungen des Hauptfachstudiums entsprechen im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre gemäß Abs. 3 Sätze 3 und 4 FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010 dem Pflichtmodul „Statistik I“ sowie dem Wahlmodul „Statistik II“.

31

b. Für das Pflichtmodul „Statistik I“ (dazu s.o. a.) endete die Modulfrist, in der die Prüfungsleistung zu absolvieren war, regulär mit dem 31. März 2015.

32

Die Bindung an eine Modulfrist folgt aus § 10 Abs. 2 Sätze 1 und 2 PO 2010: Danach sind Modulprüfungen für Pflichtmodule innerhalb von Fristen zu erbringen, die sich aus den in der jeweiligen Modulbeschreibung angegebenen Fachsemestern zuzüglich der Anzahl von Fachsemestern, innerhalb derer das Modul ein weiteres Mal absolviert werden kann (Wiederholungsfrist), errechnen. Bei Teilprüfungsleistungen endet die Frist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 in dem Semester, in dem die der Teilprüfung zugeordnete Lehrveranstaltung ein weiteres Mal angeboten wird.

33

Das Ende der Modulfrist errechnet sich wie folgt: Die in den FSB 2010 enthaltene Modulbeschreibung gibt für das Modul „Statistik I + II“ die Fachsemester „3 + 4“ an. Die erste Teilprüfungsleistung „Statistik I“ ist damit dem 3. Fachsemester zugeordnet. Die betreffende Frist endete gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 mit dem 5. Fachsemester, in dem ausgehend vom Jahresturnus die der Teilprüfung zugeordnete Lehrveranstaltung ein weiteres Mal angeboten worden ist. Das 5. Fachsemester der Klägerin im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre war das am 31. März 2015 endende Wintersemester 2014/2015. Dem liegt zugrunde, dass die Klägerin zunächst in Teilzeitform zum Wintersemester 2011/2012 (0,5. Fachsemester des Nebenfachstudiums) mit dem Studium in diesem Nebenfach erneut begonnen und zum Wintersemester 2013/2014 (3. Fachsemester des Nebenfachstudiums) in ein Vollzeitstudium gewechselt ist.

34

c. Die Prüfungsleistung „Statistik I“ hatte die Klägerin bis zum Ende der regulären Modulfrist am 31. März 2015 (dazu s.o. b.) nicht bestanden. Die von der Klägerin am 19. März 2013, am 12. Februar 2014, am 13. Februar 2015 sowie am 27. März 2015 angefertigten Klausuren in der Teilprüfungsleistung „Statistik I“ sind von den Prüfern als nicht bestanden bewertet worden. Die Klägerin kann das Ziel, eine innerhalb der Modulfrist angefertigte Klausur bestanden zu haben, auch nicht im Wege der Neubewertung erreichen, denn eine Neubewertung kann sie nicht beanspruchen.

35

Dahinstehen kann dabei, ob der Beklagten darin zu folgen ist, dass die Bewertung der einzelnen Klausuren als nicht bestanden ein Verwaltungsakt ist, der jeweils bestandskräftig geworden ist. Es spricht viel dafür, dass sich die Beklagte auf eine etwaig eingetretene Bestandskraft nicht berufen könnte, da sie sich hinsichtlich der Bewertung der Klausuren noch im Widerspruchsbescheid auf eine Auseinandersetzung in der Sache eingelassen hat.

36

Jedenfalls kann die Klägerin eine Neubewertung der angefertigten Klausuren deshalb nicht beanspruchen, weil nach dem beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmaßstab, die bisherige Bewertung nicht durch eine neue zu ersetzen ist. Im Einzelnen:

37

Bei der Bewertung der Leistungen in berufsbezogenen Prüfungen ist ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum anzuerkennen (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 54; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 877 ff.). Das Gebot der Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG erfordert eine Bewertung der Leistungen aller Prüflinge nach den Maßstäben der Prüfer. Das Gericht kann sich nicht an die Stelle der Prüfer setzen. Das Gericht kann nur überprüfen, ob das Verfahren eingehalten wurde, anzuwendendes Recht verkannt wurde, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzt wurden oder sachfremde Erwägungen ausschlaggebend waren (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 56). Es obliegt dem Prüfling, konkrete und substantiierte Einwendungen gegen die Bewertung zu benennen (BVerwG, Beschl. v. 23.12.1993, 6 B 19/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 326, juris Rn. 8; Urt. v. 4.5.1999, 6 C 13/98, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 395, juris Rn. 35; OVG Hamburg, Beschl. v. 17.7.2008, 3 Bf 351/07.Z, NVwZ-RR 2008, 851, juris Rn. 23).

38

Ausgehend von diesem Maßstab ist kein durch Neubewertung der Klausuren zu behebender Fehler aufgezeigt. Die von der Klägerin erhobene Einwendung, das Zwei-Prüfer-Prinzip sei verletzt, dringt nicht durch. Zum einen sind die Klausuren, hinsichtlich derer die Klägerin substantiierte Einwendungen erhoben hat, jeweils von zwei Prüfern bewertet worden. Zum anderen findet das Zwei-Prüfer-Prinzip vorliegend gar keine Anwendung. Gemäß § 64 Abs. 7 Satz 1 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (v. 18.7.2001, HmbGVBl. S. 171 m. spät. Änd. – HmbHG 2001) sind Prüfungsleistungen in Abschlussprüfungen und Zwischenprüfungen, soweit diese nicht studienbegleitend stattfinden, in der Regel von mindestens zwei Prüferinnen oder Prüfern zu bewerten. Das gleiche gilt gemäß § 64 Abs. 7 Satz 2 HmbHG 2001 für andere Prüfungsleistungen, sofern sie als nicht ausreichend erachtet werden sollen. Bei den streitbefangenen Klausuren handelt es sich im Sinne der Norm um andere Prüfungsleistungen, die auch als nicht ausreichend bewertet worden sind. Mit dem Zusatz „das Gleiche“ verweist Satz 2 aber vollständig auf Satz 1. Dieser Satz beinhaltet einerseits das Regel-Ausnahme-Verhältnis und andererseits auch den Ausschluss bei studienbegleitenden Prüfungsleistungen. Dieser Ausschluss greift hier. Studienbegleitend ist eine Prüfung dann, wenn sie thematisch dem Studienfortschritt angepasst ist; so liegt der Fall insbesondere bei Modulprüfungen, mit denen nicht kursübergreifender Prüfungsstoff eines Studienabschnitts oder des gesamten Studiums abgeprüft wird, sondern nur der in dem jeweiligen Modul vermittelte Prüfungsstoff (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 82), wie es auf die in Anknüpfung an die entsprechend angebotene Lehrveranstaltung „Statistik I“ abgenommene Klausur zutrifft.

39

d. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe die Fristversäumnis nicht zu vertreten. Insbesondere hatte die Klägerin vor Ablauf der Modulfrist hinreichend Gelegenheit, die Prüfungsleistung abzulegen. Sie hat die Klausur im Modul „Statistik I“ viermal angefertigt und jeweils nicht bestanden. Die Klägerin muss sich die durchgeführten Prüfungsversuche entgegenhalten lassen. Die Prüfungsversuche sind gültig und nicht zu annullieren. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen, anhand derer nach dem vorgestellten Maßstab (s.o. c.) die Prüfungsentscheidung gerichtlich zu überprüfen ist, zeigen keine durch Neudurchführung des Prüfungsversuchs zu behebenden Verfahrensfehler auf. Im Einzelnen ist die Verwendung von „Multiple-Choice“-Aufgaben nicht zu beanstanden (hierzu unter aa.). Weder ist die Klägerin nachträglich wirksam von den angefertigten Klausuren zurückgetreten (hierzu unter bb.) noch kann ein Nachteilsausgleich nachträglich zur Annullierung der Klausuren führen (hierzu unter cc.).

40

aa. Die Verwendung von Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren („Multiple-Choice“ in der Variante „Single-Choice“) in zwei der von der Klägerin im Modul „Statistik I“ angefertigten Klausuren ist entgegen der von der Klägerin erhobenen Einwendung keinen Bedenken ausgesetzt.

41

Gemäß § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 können Klausuren auch im Antwort-Wahl-Verfahren gestellt sein. Unabhängig davon ist eine gesonderte Ermächtigung für „Multiple-Choice“-Aufgaben nicht erforderlich, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Prüfer korrigierte Arbeit nicht von ihm selbst gestellt worden ist (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 42, 601).

42

Eine detaillierte Regelung von absoluten und relativen Bestehensgrenzen ist entbehrlich, wenn – wie hier – das Antwort-Wahl-Verfahren nur einen Teil der Klausuraufgabe darstellt, denn dann können Anforderungen, Antwortverhalten der Studierenden und Ergebnisse in einer Weise überschaubar und differenzierbar sein, wie dies auch bei einer herkömmlichen Aufgabenstellung der Fall ist (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 600; vgl. OVG Münster, Urt. v. 16.12.2008, 14 A 2154/08, NVwZ-RR 2009, 422, juris Rn. 44). Es bedarf auch keiner normativen Ermächtigung für die Festlegung der relativen und absoluten Bestehensgrenzen, wenn – wie hier – die Arbeit nach dem individuellen Bewertungsschema des jeweiligen Prüfers bewertet werden darf (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 601; OVG Münster, Beschl. v. 11.11.2011, 14 B 1109/11, juris, Rn. 18 ff.). Überdies zeigt eine nachträgliche Bildung der relativen Bestehensgrenze, dass die Klägerin die beiden betroffenen Klausuren auch relativ nicht bestanden hat: In der Klausur vom 19. März 2013 waren 34 von 100 Punkten für ein absolutes Bestehen erforderlich. Die Leistung der Klägerin mit 17 Punkten lag um mehr als 50 % unter der Durchschnittsleistung von 41,66 Punkten, so dass sie die Klausur selbst bei Ansatz einer zu ihren Gunsten sehr hohen relativen Bestehensgrenze von 25 % nicht bestanden hätte. Entsprechendes gilt für die Klausur vom 12. Februar 2014, in der 44 von 100 Punkten für ein absolutes Bestehen zu erreichen waren. Die Leistung der Klägerin von lediglich 23 Punkten liegt weit über 25 % unter der Durchschnittsleistung der Prüfungsteilnehmer von 54,79 Punkten.

43

Unabhängig davon ist für die Klägerin aus der Verwendung von Aufgaben im Antwort-Wahl-Verfahren kein konkreter Nachteil ersichtlich, da sie in Aufgaben dieser Art jeweils einen höheren Punktanteil als in herkömmlichen Aufgaben erzielt hat. In der Klausur vom 19. März 2013 erzielte sie in den betreffenden Aufgaben immerhin 15 von 50 Punkten, in den anderen Aufgaben lediglich 2 von 50 Punkten. In der Klausur vom 12. Februar 2014 erreichte sie in den Aufgaben des Antwort-Wahl-Verfahrens 12 von 24 Punkten, im Übrigen nur 11 von 78 Punkten.

44

bb. Die Klägerin kann von den bereits absolvierten Prüfungsversuchen auch angesichts der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach dem insoweit anzulegenden Maßstab nicht nachträglich wirksam zurücktreten. Im Einzelnen:

45

Nach § 16 Abs. 1 PO 2010 gilt eine Prüfungsleistung als mit „nicht ausreichend“ (5,0) bewertet, wenn der Prüfling ohne triftigen Grund einen Prüfungstermin oder eine Prüfungsfrist i.S.d. PO 2010 versäumt, nach Beginn einer (Teil-)Prüfung zurücktritt oder eine schriftliche Prüfungsleistung nicht innerhalb der vorgesehenen Bearbeitungszeit beginnt oder erbringt. Der für den Rücktritt oder das Versäumnis geltend gemachte Grund muss nach § 16 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 dem Prüfungsausschuss unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Das Erfordernis des triftigen Grundes wird durch § 16 Abs. 2 Satz 2 PO 2010 dahingehend konkretisiert, dass bei Krankheit des Prüflings ein qualifiziertes ärztliches Attest vorzulegen ist. Dies ist nach § 16 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 ein Attest, das Angaben enthält über die von der Erkrankung ausgehende körperliche bzw. psychische Funktionsstörung, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Prüfungsfähigkeit des Prüflings aus medizinischer Sicht, den Zeitpunkt des dem Attest zugrunde liegenden Untersuchungstermins sowie die ärztliche Prognose über die Dauer der Erkrankung. Das Gebot der Unverzüglichkeit wird ausgehend von der Satzungsbestimmung des § 16 Abs. 2 Satz 5 PO 2010 dahingehend verschärft, dass nach Beendigung einer Prüfungsleistung Rücktrittsgründe nicht mehr geltend gemacht werden. Selbst wenn diese Satzungsbestimmung aufgrund höherrangigen Rechts im Fall einer zunächst unerkannten Prüfungsunfähigkeit zugunsten des Prüflings durchbrochen werden müsste, ist doch gerade in diesem Fall an die Unverzüglichkeit des Rücktritts ein strenger Maßstab anzulegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich die Kammer zu eigen macht, ist es Sache des Prüflings, sich darüber Klarheit zu verschaffen, ob seine Leistungsfähigkeit durch außergewöhnliche Umstände, insbesondere durch Krankheit, erheblich beeinträchtigt ist, und bejahendenfalls daraus unverzüglich die in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen, und zwar bei krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit grundsätzlich vor Beginn der Prüfung, spätestens aber dann, wenn er sich ihrer bewusst geworden ist (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, 7 C 8/88, BVerwGE 80, 282, juris Rn. 12). Ein Rücktritt ist dann nicht mehr unverzüglich, wenn der Prüfling die Erklärung nicht zu dem frühestmöglichen Zeitpunkt abgegeben hat, zu dem sie von ihm in zumutbarer Weise hätte erwartet werden können (BVerwG, Urt. v. 13.5.1998, 6 C 12/98, BVerwGE 106, 369, juris Rn. 18 ff.; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 283 m.w.N.). Eine den Grundsatz der Chancengleichheit zu Lasten der Mitbewerber verletzende zusätzliche Prüfungschance verschafft sich nicht nur derjenige, dem es gelingt, durch nachträglich vorgetäuschte Prüfungsunfähigkeit die Genehmigung des Rücktritts zu erreichen, sondern auch der, der tatsächlich prüfungsunfähig war, sich aber in Kenntnis seines Zustandes der Prüfung unterzogen hat, um sich im Falle des Misserfolgs durch nachträglichen Rücktritt den Rechtswirkungen der fehlgeschlagenen Prüfung zu entziehen. Diesen Gefahren für die Chancengleichheit wird entgegengewirkt, wenn die nachträglich geltend gemachte Prüfungsunfähigkeit zwar als Rücktrittsgrund nicht von vornherein ausgeschlossen, an die Geltendmachung aber die Anforderung der Unverzüglichkeit gestellt wird (BVerwG, Urt. v. 7.10.1988, a.a.O., Rn. 11). Macht ein Prüfling geltend, dass er seine Prüfungsunfähigkeit erst nachträglich erkennen und einschätzen konnte, müssen die dafür maßgeblichen Gründe in gleicher Weise glaubhaft gemacht werden wie die Prüfungsunfähigkeit selbst (OVG Münster, Beschl. v. 8.12.2009, 14 E 861/09, juris Rn. 3). Kenntnis von der Prüfungsunfähigkeit hat der Prüfling schon dann, wenn ihm sein gesundheitlicher Zustand (speziell seine gesundheitlichen Beschwerden) in den wesentlichen Merkmalen bewusst ist und er die Auswirkungen der Erkrankung auf seine Leistungsfähigkeit im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ erfasst (BVerwG, Beschl. v. 22.9.1993, 6 B 36/93, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 318, juris Rn. 4).

46

Nach dem vorstehenden Maßstab ist die Klägerin von den unternommenen Prüfungsversuchen nicht wirksam zurückgetreten. Es fehlt – auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen – an dem vorausgesetzten triftigen und dabei unverzüglich geltend gemachten Rücktrittsgrund sowie an einer unverzüglichen Rücktrittserklärung. Die Klägerin hat vorprozessual vorgetragen, wegen ihrer Krankheit sei es ihr sehr schwer gefallen sei, im Studium mit anderen mitzuhalten und notwendige Leistungen termingerecht zu erbringen. Sie sei – so heißt es in dem von ihr vorgelegten Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 19. Oktober 2015 – in den vorausgegangenen zwei Jahren durch mehrfache familiäre, berufliche und gesundheitliche Belastungsfaktoren stark beeinträchtigt gewesen. Vor dem Hintergrund von u.a. erheblichen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen seien die Prüfungsvorbereitungen für die Statistik-Klausur erheblich erschwert gewesen; die Störungen hätten sich unter dem Druck der Prüfungsbedingungen und der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, extrem verstärkt. Schriftsätzlich hat die Klägerin vorgetragen, die nachgereichten Atteste wiesen eine chronische Krankheit nach, was einen Härtefallantrag ermögliche; es werde keine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht erfolgen. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie sei nicht gesund gewesen, habe sich allerdings nicht krank gemeldet, weil sie Druck von der Ausländerbehörde empfunden habe. Sie habe bisher nicht alle gesundheitlichen Belastungen dargelegt, dies gelte insbesondere für psychische Themen. Damit ist bereits keine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit durch qualifiziertes Attest nach § 16 Abs. 2 Sätze 2 und 3 PO 2010 glaubhaft gemacht. Zwar ist für die Prüfungszeit eine chronische Eierstockentzündung attestiert. Doch sind nicht aus medizinischer Sicht die konkreten Auswirkungen einer von dieser Erkrankung ausgehenden Funktionsstörung auf die Leistungsfähigkeit in der Prüfung dargelegt. Dem Druck durch die Prüfungsbedingungen, insbesondere der Anforderung, komplexe Zusammenhänge unter Zeitdruck zu erfassen, muss sich jeder Prüfling stellen. Darin liegt keine krankheitsbedingte Besonderheit. Auch familiäre und berufliche Belastungen sind, soweit sie nicht – was hier nicht vorgetragen ist – zu einer bestimmten psychischen Krankheit geführt haben, von jedem Prüfling zu tragen, ohne dass sich daraus Folgen für das Prüfungsrechtsverhältnis ergeben. Unabhängig davon ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin eine Prüfungsunfähigkeit erst nachträglich hätte erkennen und einschätzen können, wie es aber nach dem dargestellten Maßstab wegen des Gebots der Chancengleichheit für einen ausnahmsweise erst nach Beendigung der Prüfungsleistung erklärten wirksamen Rücktritt Voraussetzung ist.

47

cc. Die Klägerin kann auch nicht wegen eines Nachteilsausgleichs nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PO 2010 von den absolvierten Prüfungsversuchen nachträglich Abstand nehmen. Nach dieser Vorschrift kann der Vorsitzende bzw. die Vorsitzende des Prüfungsausschusses die Bearbeitungszeit für Prüfungsleistungen bzw. die Fristen für das Ablegen von Prüfungen verlängern oder gleichwertige Prüfungsleistungen in einer bedarfsgerechten Form gestatten, wenn ein Studierender bzw. eine Studierende glaubhaft macht, dass er bzw. sie wegen einer chronischen Krankheit oder einer Behinderung nicht in der Lage ist, die Prüfungsleistungen ganz oder teilweise in der vorgesehenen Form oder innerhalb der in der PO 2010 genannten Prüfungsfristen abzulegen. Diese Vorschriften bieten keine Grundlage dafür, nachträglich von einem absolvierten Prüfungsversuch Abstand zu nehmen. Seiner Konzeption nach kann ein Nachteilsausgleich nur gewährt werden, bevor der Prüfling den Prüfungsversuch antritt bzw. bevor die Prüfungsfrist abläuft. Er dient nicht nach Ablegen der Prüfung der Korrektur des erzielten Prüfungsergebnisses, sondern dem Ausgleich von den sich in der Abnahme der Prüfung selbst für den Prüfling ergebenden Nachteilen. In der Prüfung wird ein Nachteilsausgleich gewährt, wenn eine Behinderung vorliegt, die den Nachweis der vorhandenen Befähigung erschwert und die in der Prüfung sowie in dem angestrebten Beruf durch Hilfsmittel ausgeglichen werden kann (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 259). Die Klägerin hat vor Abnahme der Prüfungsversuche und vor Ablauf der regulären Modulfrist keinen Nachteilsausgleich wegen einer chronischen Krankheit beantragt.

48

e. Die Modulfrist war auch nicht ausnahmsweise zu verlängern. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 PO 2010 kann die Modulfrist bei Vorliegen eines besonderen Härtefalls durch den Prüfungsausschuss verlängert werden. Die Frist ist nach § 10 Abs. 3 Satz 2 PO 2010 so zu bemessen, dass jeweils nur eine weitere Prüfungsmöglichkeit besteht. Der Antrag ist nach § 10 Abs. 3 Satz 3 PO 2010 rechtzeitig vor Ablauf der Frist beim Prüfungsausschuss zu stellen und schriftlich zu begründen. Krankheit ist gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 durch Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests nachzuweisen, d.h. eines Attests mit Angaben über die von der Erkrankung ausgehende körperliche bzw. psychische Funktionsstörung, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Prüfungsfähigkeit des Prüflings aus medizinischer Sicht, den Zeitpunkt des dem Attest zugrunde liegenden Untersuchungstermins sowie die ärztliche Prognose über die Dauer der Erkrankung. Nach diesen Maßstäben fehlt es sowohl an einem rechtzeitigen Antrag (hierzu unter aa.) als auch an einem besonderen Härtefall (hierzu unter bb.).

49

aa. Es fehlt bereits an einem rechtzeitig vor Ablauf der regulären Modulfrist mit Ende des 5. Fachsemesters des Nebenfachstudiums am 31. März 2015 gestellten und begründeten Antrag auf eine Verlängerung der Modulfrist. Ein an die Beklagte gerichtetes Ersuchen der Klägerin, die Modulprüfung im Modul „Statistik I“ über die reguläre Modulfrist hinaus fortzusetzen, kann erst in dem am 21. April 2015 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 20. April 2015 gesehen werden, in dem die Klägerin eine „Zulassung zur mündlichem Prüfung im Studienfach Statistik I“ beantragt hat.

50

Unerheblich ist, ob die Beklagte sich ausgehend von der Begründung des Bescheids vom 29. April 2015 auf eine Prüfung der weiteren, d.h. über das Erfordernis einer rechtzeitigen Antragstellung hinausgehenden, Voraussetzungen einer Modulfristverlängerung eingelassen hat. Die rechtzeitige Antragstellung ist selbst eine satzungsmäßige Voraussetzung der Modulfristverlängerung. Die Satzung ermächtigt die Beklagte nicht, im Einzelfall von dieser Voraussetzung abzusehen. Denn anders als die Widerspruchsfrist nach § 70 VwGO, deren Versäumnis dann nicht mehr zu beachten ist, wenn die Widerspruchsbehörde in der Sache über einen Widerspruch entschieden hat (BVerwG, Urt. v. 20.6.1988, 6 C 24/87, NVwZ-RR 1989, 85, juris Rn. 9) und kein Dritter betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 18.5.1982, 7 C 42/80, BVerwGE 65, 313, juris Rn. 19), dient das Erfordernis, eine Verlängerung der Modulfrist noch vor deren Ablauf zu beantragen, dem rechtsstaatlichen Gebot der Chancengleichheit der Prüflinge, von dem die Behörde nicht absehen kann.

51

Der Antrag der Klägerin auf eine Modulfristverlängerung wäre auch dann als nicht als rechtzeitig zu behandeln, wenn zugunsten eines Prüflings die Grundsätze einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend § 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG oder § 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 VwGO Anwendung fänden. War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm im Anwendungsbereich dieser Vorschriften auf einen innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt eine Fristversäumnis dabei in aller Regel nicht (BVerwG, Beschl. v. 7.10.2009, 9 B 83/09, NVwZ-RR 2010, 36, juris Rn. 3). Ausgehend davon war die Klägerin bereits nicht unverschuldet gehindert, die Modulfristverlängerung rechtzeitig zu beantragen. Die Klägerin musste sich über die rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf eine Verlängerung der Modulfrist informieren und entsprechend handeln. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG nicht fähig gewesen wäre, Verfahrenshandlungen – etwa die Beantragung einer Modulfristverlängerung – wirksam vorzunehmen.

52

bb. Unabhängig davon ist der vorausgesetzte besondere Härtefall nicht gegeben.

53

Die einzelnen Prüfungsversuche, in denen die Klägerin vier Mal die Gelegenheit hatte, die Modulprüfung „Statistik I“ zu bestehen, muss die Klägerin sich auch angesichts der vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen entgegenhalten lassen (s.o. d. bb.). Die vorgetragenen Umstände haben nicht dazu geführt, dass die Klägerin keine Prüfungsleistung hätte ablegen können. Nach eigenem Vortrag war der Klägerin dies in anderen Fächern sehr wohl mit Erfolg möglich. Der Misserfolg in einem bestimmten Fach über eine Vielzahl von Prüfungsversuchen über einen längeren Zeitraum spricht dafür, dass die Klägerin, die im Nebenfachstudium alle Modulleistungen – außer in Statistik – erbracht hat, die in diesem Fach gestellten Anforderungen nicht bewältigen konnte. Dies deckt sich mit der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragenen Einschätzung, die Klausur „Statistik I“ sei eben besonders schwer.

54

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe einen Verzicht auf die Klausuren nicht in Betracht ziehen können, da „enormer Druck seitens diverser Instanzen“ entstanden sei, wie beispielsweise der Ausländerbehörde, und sie habe auch nicht weiter ein Teilzeitstudium betreiben können, weil sie dann mit ihrem Aufenthaltstitel Schwierigkeiten bekommen hätte, leitet sich daraus zu ihren Gunsten nichts her. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel erteilt oder verlängert werden kann, ist von der zuständigen Ausländerbehörde nach dem Aufenthaltsgesetz zu entscheiden, wobei im Streitfall dem Betroffenen der gerichtliche Rechtsschutz offensteht. Ist die Ausländerbehörde bei einer aufenthaltsrechtlichen Entscheidung gegenüber einem ausländischen Studierenden in einer bestimmten Weise vorgegangen, so kann der Betroffene dies nicht im Verhältnis zur Ausländerbehörde hinnehmen und später im prüfungsrechtlichen Verfahren gegenüber seiner Hochschule in Frage stellen. Soweit die Klägerin sich, etwaig mit Rücksicht auf aufenthaltsrechtliche Implikationen, entschieden hat, in Vollzeitform zu studieren und an den Klausuren teilzunehmen, muss sie sich an ihrer Entscheidung festhalten lassen und darf sie sich dazu nicht in Widerspruch setzen.

55

Im Übrigen wäre der Klägerin bei einem erfolgreichen Verlängerungsantrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 PO 2010 nur eine weitere Prüfungsmöglichkeit eingeräumt worden. Unterstellt, die Bewertung der von der Klägerin am 12. Februar 2016 unter Vorbehalt angefertigten Klausur hätte Bestand, wäre diese Prüfungsmöglichkeit bereits erschöpft.

56

3. Die einschlägigen Satzungen – PO 2010 und FSB 2010 – bieten eine wirksame Rechtsgrundlage für die Abnahme der Prüfungsleistung „Statistik I“ als Pflichtmodul im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre. Sie genügen den höherrangigen Vorgaben, soweit Anlass zur Überprüfung bestand. Eine gesetzlich nicht vorgesehene Kumulation von Modulfristen mit einer Beschränkung der Anzahl der Wiederholungsversuche findet sich in den einschlägigen Satzungen nicht (hierzu unter a.). Der verpflichtende Charakter der Prüfungsleistung „Statistik I“ auch im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre ist mit den Grundrechten vereinbar (hierzu unter b.). Die Dauer der Prüfungsleistung ist in einer dem gesetzlichen Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 genügenden Weise normativ bestimmt (hierzu unter c.).

57

a. Die PO 2010 und die FSB 2010 begegnen nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil nach dem zum Zeitpunkt des Satzungserlasses gültigen Gesetz (§ 65 des Hamburgischen Hochschulgesetzes in der vom 19.7.2001, HmbGVBl. S. 171, bis 30.6.2014, sodann geändert durch das Gesetz zur Weiterentwicklung des Hochschulrechts v. 8.7.2014, HmbGVBl. S. 269) die Bestimmung von Modulfristen und die Beschränkung der Anzahl der Wiederholungsversuche nicht kumulativ Anwendung finden dürfen (dazu VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 57). Zwar enthält § 10 Abs. 2 Satz 3 PO 2010 eine Ermächtigung, in den Fachspezifischen Bestimmungen die Anzahl der Prüfungsversuche auf drei zu beschränken. Davon ist jedoch in den auf das Nebenfachstudium der Klägerin zeitlich anwendbaren FSB 2010 kein Gebrauch (mehr) gemacht worden, so dass allein eine Modulfristregelung ohne Kumulation mit einer Beschränkung der Anzahl der Prüfungsversuche Geltung beansprucht.

58

b. Das Erfordernis des Abs. 3 Satz 4 FSB 2010 zu § 4 Abs. 3 und 4 PO 2010, dass zum Bestehen der Bachelorprüfung im Nebenfachstudium der Betriebswirtschaftslehre, die Prüfungsleistung „Statistik I“ als Pflichtmodul bestanden werden muss, ist mit den Grundrechten vereinbar. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 29.5.2013, 6 C 18/12, DVBl. 2013, 1122, juris Rn. 27), der sich die Kammer anschließt, genügt eine Regelung, nach der das Nichtbestehen einer Teilprüfung zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG, wenn die Teilprüfung schon für sich genommen eine zuverlässige Grundlage für die Beurteilung der Eignung des Prüflings bietet; ob dies der Fall ist, obliegt dabei regelmäßig in weitem Umfang der eigenen Einschätzung des Normgebers, die gerichtlich nur beanstandet werden darf, wenn sie offenkundig sachlich unvertretbar ist. Diese dem Normgeber eingeräumte Einschätzungsprärogative ist vorliegend nicht überschritten. Nach der in den FSB 2010 enthaltenen Modulübersicht für die erste Studienphase dient das im Hauptfach einheitliche Modul „Statistik I + II“ und damit insbesondere die der Prüfungsleistung „Statistik I“ zugeordnete Lehrveranstaltung dem „Erlernen und Anwenden von elementaren Methoden, die für die Wirtschaftsstatistik sowie für die deskriptive und die schließende Statistik im Rahmen des wirtschaftswissenschaftlichen Studiums von Bedeutung sind“. Es ist nachvollziehbar, dass der Satzungsgeber wirtschaftswissenschaftliches Methodenwissen auch im Nebenfachstudium für unentbehrlich gehalten hat.

59

c. Die Dauer der Prüfungsleistung ist in einer dem gesetzlichen Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 noch genügenden Weise normativ bestimmt. Nach dieser Gesetzesvorschrift sind in Hochschulprüfungsordnungen, die – wie hier – Prüfungen in modularisierten Studiengängen, Zwischen- und Abschlussprüfungen oder Abschlussprüfungen betreffen, insbesondere Bestimmungen aufzunehmen über Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen. Bezogen auf das Nebenfach ist das Modul „Statistik I“ nach den FSB 2010 mit einer Prüfungsleistung in der Prüfungsart der Klausur abzuschließen (s.o. 2. a.). Für die Dauer dieser Prüfungsleistung ist in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 ein Rahmen von 45 Minuten bis 180 Minuten satzungsmäßig bestimmt. Innerhalb dieses Rahmens bleibt die minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 den Prüfern überlassen. Nach dem Maßstab des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 (hierzu unter aa.) genügt die normative Bestimmung der Dauer der Prüfungsleistung durch Angabe eines durch eine Höchst- und eine Mindestdauer bezogenen Rahmens dem gesetzlichen Regelungsauftrag (hierzu unter bb.).

60

aa. Der Maßstab des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 ergibt sich aus Folgendem:

61

Zur Auslegung der gesetzlichen Vorgaben des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG knüpft die Kammer zunächst an ihre nachfolgend wiedergegebene Rechtsprechung (VG Hamburg, Urt. v. 5.11.2015, 2 K 950/14, juris Rn. 42, Hervorhebung nur hier) an:

62

„§ 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG erfordert es, dass diese Bestimmungen konkret in der Prüfungsordnung selbst geregelt werden (vgl. Delfs, in Neukirchen, Reußow/Schomburg, Hamburgisches Hochschulgesetz, 2011, § 60 Rn. 4). […] Dabei betreffen die Bestimmungen gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG die Prüfungsanforderungen und damit 'zentrale Elemente der Hochschulprüfungsordnung' (Delfs, a.a.O, § 60 Rn. 8). Hieraus folgt, dass ein strenger Maßstab anzulegen ist: Zahl, Art, Dauer und Bewertung von Prüfungsleistungen sind – hinreichend konkret – in der Prüfungsordnung selbst zu regeln, eine Regelung in einem anderen Dokument – auch in einer Studienordnung – ist nicht zulässig.“

63

Die Kammer ergänzt ihre Ausführungen dahingehend, dass die Dauer der Prüfungsleistung dann noch „hinreichend konkret“ angegeben ist, wenn die Prüfungsordnung für die Anfertigung der Prüfungsleistung einen Zeitrahmen vorgibt, sofern der Zeitrahmen nicht zu weit ist, um eine normative Eingrenzung vorzunehmen. Soweit der Satzungsgeber den Prüfern innerhalb des von ihm durch § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 bestimmten Rahmens die minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer nach § 13 Abs. 2 Satz 1 PO 2010 überlassen hat, liegt darin keine – unzulässige – Delegation einer Normsetzungskompetenz. Vielmehr beruht der den Prüfern im Einzelfall verbleibende Spielraum auf der – im Einklang mit der gesetzlichen Vorgabe – beschränkten Konkretisierungsdichte der Satzungsbestimmung über die Dauer der Prüfungsleistung. Ein normatives Defizit der Prüfungsordnung ist insoweit nicht festzustellen. Denn der gesetzgeberische Regelungsauftrag an den Satzungsgeber geht nicht so weit, dass die Dauer der Prüfungsleistung in der Prüfungsordnung notwendigerweise minutengenau festgelegt werden müsste. Diese Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG stützt sich auf den Wortlaut des Gesetzes, die gesetzliche Systematik sowie auf den Gesetzeszweck, der aus der Gesetzgebungsgeschichte im Lichte der verfassungsrechtlichen Anforderungen abzuleiten ist. Im Einzelnen:

64

Aus dem Gesetzwortlaut folgt das Erfordernis, in der Prüfungsordnung eine zeitliche Vorgabe zu machen. Dem ist aber bereits dann Genüge getan, wenn ein hinreichend enger Zeitrahmen bestimmt ist, der durch die Prüfer auszuschöpfen ist. Der Wortlaut „Bestimmungen über Dauer von Prüfungsleistungen“ erfordert hingegen nicht notwendig eine minutengenaue Vorgabe der Prüfungszeit.

65

Die dem Wortlaut des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 innewohnende Offenheit bestätigt sich in gesetzessystematischer Hinsicht durch einen Vergleich mit dem Wortlaut des § 60 Nr. 2, 3, 5, 6, 7, 9, 10, 12, 13, 14, 16 HmbHG 2001. In diesen Katalognummern ist jeweils vom bestimmten Artikel Gebrauch gemacht. So sind danach etwa Bestimmungen über „die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung“ in die Prüfungsordnung aufzunehmen. Demgegenüber werden durch § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 lediglich – artikellos – „Bestimmungen […] über Dauer […] von Prüfungsleistungen“ gefordert.

66

Der vom Gesetzgeber mit der Katalognummer des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG 2001 verfolgte Gesetzeszweck ist derselbe, wie der mit der insoweit wortlautgleichen Katalognummer in der Vorgängervorschrift § 54 Abs. 1 UAbs. 2 Nr. 4 HmbHG 1978 (v. 22.5.1978, HmbGVBl. S. 109, vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HmbHG 1991 i.d.F. v. 2.7.1991, HmbGVBl. S. 249) verfolgte. Die Begründung zur Neufassung des Hamburgischen Hochschulgesetzes (Bü.-Drs. 16/5759 S. 47) bietet keinen entgegenstehenden Anhaltspunkt. Dort heißt es zu § 60 HmbHG 2001:

67

„Die Bestimmung (bisher § 54) ist aktualisiert worden.

68

Beim notwendigen Inhalt von Hochschulprüfungsordnungen nach Absatz 2 sind zusätzlich berücksichtigt worden […]“

69

Nach der damaligen gesetzlichen Systematik ist nicht anzunehmen, dass der Wille des Gesetzgebers des HmbHG 1978 dahin ging, dem Satzungsgeber eine abschließende minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer aufzuerlegen. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 war die § 60 Abs. 1 HmbHG 2001 entsprechende Bestimmung enthalten, dass Prüfungsordnungen Prüfungsanforderungen und -verfahren regeln. In § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Sätze 2 und 3 HmbHG 1978 war bestimmt, dass die Prüfungsordnungen die Beendigung der Abschlussprüfung grundsätzlich innerhalb der Regelstudienzeit oder zuzüglich eines Zeitraums von höchstens sechs Monaten vorsehen und Prüfungsanforderungen und -verfahren entsprechend zu gestalten sind. Der Katalog der Gegenstände, über die insbesondere Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind, war in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 zu finden. Die Bestimmungen des § 54 Abs. 1 HmbHG beruhten auf § 53 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs, zu dessen Begründung es im Gesetzgebungsverfahren lediglich hieß (Bü.-Drs. 8/2649, S. 57 f.):

70

„Die Forderung des Absatzes 1, daß in den Prüfungsordnungen die materiellen Anforderungen ebenso abschließend zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren, entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Der Bewerber muss übersehen können, wie er sich vor und während der Prüfung einzurichten hat. Ferner müssen Prüfungsanforderungen und -verfahren so geregelt werden, daß die Abschlußprüfung auch innerhalb der Regelstudienzeit oder – wenn die betreffende Prüfungsordnung dies vorsieht, weil es den Gegebenheiten des Studiengangs besser gerecht wird – innerhalb eines zusätzlichen Zeitraums von höchstens sechs Monaten abgelegt werden kann.“

71

Für die Auslegung der in § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) Gesetz gewordenen und im Wortlaut sehr abstrakt bleibenden Forderung an den Satzungsgeber, die Prüfungsanforderungen und das -verfahren zu regeln, geht aus der zitierten Entwurfsbegründung hervor, dass mit Prüfungsanforderungen die materiellen Anforderungen gemeint sind und diese ebenso „abschließend“ zu regeln sind wie das Prüfungsverfahren. Dies scheint zunächst auf eine vom Gesetzgeber geforderte Totalregelung hinsichtlich aller nur denkbaren formellen und materiellen Aspekte der Hochschulprüfung hinzudeuten. Jedoch geht aus der Entwurfsbegründung der Wille des Gesetzgebers hervor, mit der an den Satzungsgeber gestellten Forderung nicht mehr zu tun als rechtsstaatlichen Grundsätzen zu genügen. Auch hat der Gesetzgeber die Pauschalforderung des § 54 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 1 HmbHG 2001) selbst nicht für erschöpfend und abschließend erachtet, sondern ihr in § 54 Abs. 1 UAbs. 2 HmbHG 1978 (nunmehr § 60 Abs. 2 HmbHG 2001) einen Katalog der Aspekte zur Seite gestellt, über die „insbesondere“ Bestimmungen in die Prüfungsordnung aufzunehmen sind. Für die geforderte Konkretisierungsdichte innerhalb des Katalogs ergibt sich daraus kein zwingender Schluss.

72

Den Gesetzgebungsmaterialien der Vorgängervorschrift kann allenfalls entnommen werden, dass der Gesetzgeber den Satzungsgeber anhalten wollte, rechtstaatlichen Grund-sätzen zu genügen. Diesem rechtsstaatlichen Gebot entspricht ausweislich der zitierten Entwurfsbegründung bereits die allgemeine Regelung in § 60 Abs. 1 HmbHG (Baasch/Delfs, HmbHG, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 3). Aus der besonderen Regelung in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG geht vor diesem Hintergrund nur hervor, dass der Gesetzgeber dem Satzungsgeber über die rechtsstaatlichen Anforderungen hinausgehend aufgegeben hat, die Abnahme der Prüfungsleistung in zeitlicher Hinsicht nicht ohne jede normative Eingrenzung zu lassen, vorzugsweise also eine Mindestdauer und eine Höchstdauer festzulegen. Rechtsstaatliche Anforderungen erzwingen jedoch keine minutengenaue Festlegung der Prüfungsdauer der Klausur. Die aus Demokratieprinzip, Rechtstaatsprinzip und den Grundrechten hergeleitete Wesentlichkeitstheorie, nach der alle Fragen, die für die Ausübung der Grundrechte wesentlich sind, vom Gesetzgeber als Legislative selbst zu entscheiden sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.7.1972, 1 BvL 32/70 u.a., BVerfGE 33, 303, juris Rn. 86 f.; Beschl. v. 21.12.1977, 1 BvL 1/75 u.a., BVerfGE 47, 46, juris Rn. 89 ff.), gibt nicht unmittelbar dafür etwas her, welche Gegenstände der Satzungsgeber als Teil der Exekutive regeln muss. Vielmehr ist anerkannt, dass den Hochschulen im Rahmen der sich vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Grundsätze der Chancengleichheit und des prüfungsrechtlichen Fairnessgebots immer noch ein erheblicher Gestaltungsspielraum für konkrete Festlegungen vor allem zum Prüfungsverfahren, Prüfungsstoff und zu den Voraussetzungen für das Bestehen verbleibt (Baasch/Delfs, a.a.O., Rn. 2). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten wird einerseits durch die Grundrechtspositionen der Studierenden gemäß Art. 12 Abs. 1 GG, andererseits durch die in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm begrenzt (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, 1 BvR 2218/13, NVwZ 2015, 1444, juris Rn. 18). Zu den rechtsstaatlichen Anforderungen gehört es zwar, zeitliche Vorgaben für die einzelnen Prüfungsleistungen vorzusehen (Lenz, in Epping, Hrsg., Niedersächsisches Hochschulgesetz, 1. Aufl. 2016, § 7 Rn. 63). Doch ist insoweit damit nicht das Gebot einer normativen Totalregelung ohne jeden Spielraum verbunden. Insoweit ist nicht der Zugang zu Studium und Prüfung selbst betroffen (dazu vgl. OVG Münster, Beschl. v. 15.6.2015, 13 B 505/15, juris Rn. 5), sondern die Ausgestaltung der Prüfung.

73

Belässt der Normgeber einer Hochschulprüfungsordnung den Prüfern für die Abnahme einer Prüfung einen Spielraum, indem er hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung statt einer fixen Vorgabe einen gewissen Zeitrahmen bestimmt, so lassen sich dafür sachliche Gründe finden. Dies gilt selbst ausgehend davon, dass die Lehrfreiheit der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG grundsätzlich nicht durch normative Festlegungen zum Umfang der Prüfungsleistung berührt sind (Lenz, a.a.O., Rn. 61), sondern allenfalls dann, wenn davon Rückwirkungen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltung ausgehen (BVerwG, Beschl. v. 22.8.2005, 6 BN 1/05, NVwZ-RR 2006, 36, juris Rn. 4). Die der Hochschule eröffneten gesetzlichen Spielräume dürfen nicht in einer vom Gesetzgeber nicht intendierten und mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise verengt werden (BVerfG, Beschl. v. 26.6.2015, a.a.O., Rn. 23). Dies spricht für eine Auslegung des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG, der Hochschule als Satzungsgeber die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob die Satzung selbst oder – in einem von der Satzung gezogenen Rahmen – die Prüfer die Prüfungsdauer minutengenau festlegen. Es erscheint auch nicht sachwidrig, wenn die Hochschule die Konkretisierungsdichte der Satzungsbestimmung über die Dauer der Prüfungsleistung beschränkt, um dadurch den Prüfern einen Spielraum zu belassen, wie weit sie den zum Gegenstand der konkreten Klausur gemachte Ausschnitt des sich aus der Modulbeschreibung ergebenden Prüfungsstoffs ziehen und wie lange zu diesem Zweck die Klausur dauern soll.

74

Das Gebot der Chancengleichgleichheit in berufsbezogenen Prüfungen aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG, welches das Prüfungsrecht beherrscht (BVerfG, Beschl. v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81, 1 BvR 21 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, juris Rn. 53), erfordert nichts anderes. Dem Gebot vergleichbarer Prüfungsbedingungen kann auch ohne eine bereits in der Satzung fixe Festlegung der Prüfungsdauer Genüge getan werden. Innerhalb eines Prüfungstermins folgt aus dem Gebot der Chancengleichheit, dass die Prüfungsbedingungen einschließlich der Prüfungsdauer, so gut es geht, gleich sein müssen. Außerhalb desselben Prüfungstermins genügt es, dass die Prüfer die Prüfungszeit im Rahmen sachgerechter Gesichtspunkte unter Beachtung der Chancengleichheit der Prüflinge festsetzen (OVG Münster, Beschl. v. 15.7.2011, 14 B 699/11, juris Rn. 10). Insoweit kann in Ermangelung einer normativen Vorgabe die ständige Übung als Maßstab zugrunde gelegt worden, von dem etwaige Abweichungen zu rechtfertigen sind (OVG Münster, Urt. v. 4.12.2013, 14 A 2138/12, juris Rn. 27). Auch muss sich der Prüfling bereits vor Anfertigung der Prüfungsleistung auf die angesetzte Prüfungsdauer einstellen können. Der Prüfling ist dadurch weder rechtlos noch rechtsschutzlos gestellt. Auf rechtzeitige und substantiierte Rüge hin kann er überprüfen lassen, ob die benannten rechtsstaatlichen Anforderungen im Einzelfall erfüllt sind.

75

Dem entspricht es, dass in der Rechtsprechung auch der Obergerichte kein Verstoß gegen die jeweils einschlägigen höherrangigen Anforderungen, einschließlich der genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen gesehen wird, wenn es in den Prüfungsbestimmungen an einer fixen normativen Vorgabe für die Dauer einer berufsbezogenen Prüfung fehlt. Unbeanstandet geblieben sind Prüfungsbestimmungen, welche hinsichtlich der Dauer einer Prüfungsleistung lediglich eine ungefähre Dauer festlegen (OVG Münster, Urt. v. 17.7.1991, 22 A 1533/89, juris Rn. 5), nur eine Höchstdauer bestimmen (VG Düsseldorf, Urt. v. 2.5.2007, 15 K 676/06, juris Rn. 56; vgl. OVG Münster, Beschl. v. 24.5.2006, 14 B 610/06, juris Rn. 7; VG Hamburg, Urt. v. 14.9.2016, 2 K 295/16) oder nur eine Mindestdauer bestimmen (VG München, Urt. v. 10.7.2012, M 16 K 12.377, juris Rn. 9). Ein in den Prüfungsbestimmungen vorgegebener Zeitrahmen ist gleichfalls in der Rechtsprechung unbeanstandet geblieben (FG Hannover, Urt. v. 24.4.2008, 6 K 26/08, EFG 2008, 1156, juris Rn. 21; VG Berlin, Urt. v. 25.2.2015, 12 K 324.14, juris Rn. 19).

76

Der § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG zu entnehmende gesetzgeberische Regelungsauftrag, Bestimmungen über die Dauer von Prüfungsleistungen aufzunehmen, läuft in dieser Auslegung auch nicht leer. Die Gesetzesvorschrift gibt dem Satzungsgeber auf, die Prüfungszeit sowohl durch Angabe einer Höchstdauer „nach oben“ als auch durch Angabe einer Mindestdauer „nach unten“ zu begrenzen. Dies wäre ohne § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG nicht selbstverständlich. Denn es begegnen, wie die zitierte Rechtsprechung belegt, vielfach Prüfungsbestimmungen, die keine Vorgabe über die Prüfungszeit enthalten oder die Prüfungszeit nur „nach oben“ oder nur „nach unten“ begrenzen und im Übrigen offen lassen. Allerdings darf der in der Prüfungsordnung angegebene Zeitrahmen nicht so weit gefasst sein, dass der Prüfungsordnung hinsichtlich der Dauer der Prüfungsleistung jede praktische Steuerungswirkung abzusprechen wäre. Denn der Gesetzgeber hat mit der spezifischen Vorgabe in § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG ersichtlich darauf abgezielt, dass der Prüfungsordnungsgeber selbst eine Eingrenzung der Prüfungsdauer vornimmt. Ob die gebotene normative Eingrenzung der Prüfungszeit gegeben ist, bemisst sich dabei anhand des vorfindlichen Spektrums, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt.

77

bb. Nach dem vorstehenden Maßstab ist der in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 gezogene Rahmen, dass die Klausur mindestens 45 und höchstens 180 Minuten dauert, – noch – hinreichend eng, um dem Regelungsauftrag des § 60 Abs. 2 Nr. 4 HmbHG gerecht zu werden.

78

Die eröffnete Spannweite ist zwar in relativer Hinsicht beachtlich – die Maximaldauer ist viermal so lang wie die Minimaldauer einer Klausur. In einer Klausur von geringerer Dauer kann der Prüfer nur einen kleineren Ausschnitt des der Lehrveranstaltung entsprechenden Prüfungsstoffs abprüfen als dies bei einer längeren für die Anfertigung der Klausur zur Verfügung stehenden Zeit der Fall wäre. Doch ändert sich in absoluter Hinsicht für den Prüfling das Wesen der Prüfung nicht. Eine Klausur von knapp einer Stunde einerseits oder eine Klausur von drei Stunden andererseits stellt für einen Prüfling eine gewisse, aber doch begrenzte Belastung dar. Der Prüfling muss auf den der Lehrveranstaltung entsprechenden Prüfungsstoff vorbereitet sein, unabhängig davon, ob er nun in einem größeren oder einem kleineren Ausschnitt zum Gegenstand der Klausur gemacht wird.

79

Ein Fall mangelnder normativer Eingrenzung ist nicht festzustellen. Vielmehr ist in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 durch die dort festgelegte Mindestdauer der Klausur von 45 Minuten eine untere Grenze und durch die dort festgelegte Höchstdauer von 180 Minuten eine obere Grenze gezogen, die aus dem vorfindlichen Spektrum, in dem sich die Dauer von berufsbezogenen Prüfungen üblicherweise bewegt, einen gewissen Ausschnitt im unteren bis mittleren Bereich herausgreift und damit die Dauer der Prüfungsleistung normativ bestimmt. Das vorfindliche Spektrum der üblichen Dauer schriftlicher Prüfungen reicht weit über das Doppelte der in § 13 Abs. 4 Buchst. a PO festgesetzten Höchstdauer der Klausur von drei Stunden hinaus. So dauert beispielsweise eine Aufsichtsarbeit in der Bilanzbuchhalterprüfung vier Stunden (gemäß § 5 Abs. 3 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Fortbildungsabschluss Geprüfter Bilanzbuchhalter und Geprüfte Bilanzbuchhalterin v. 26.10.2015; BGBl. I S. 1819 – BibuchhFPrV 2015), eine Aufsichtsarbeit in der zweiten Staatsprüfung für Juristen fünf Stunden (gemäß § 8 Abs. 1 der Übereinkunft der Länder Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg und Schleswig-Holstein über ein Gemeinsames Prüfungsamt und die Prüfungsordnung für die zweite Staatsprüfung für Juristen, ratifiziert durch Gesetz v. 26.6.1972, HmbGVBl. S. 119; m. spät. Änd. – LÜ), eine Aufsichtsarbeit in der Steuerberaterprüfung vier bis sechs Stunden (gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften v. 12.11.1979, BGBl. I S. 1922, m. spät. Änd. – DVStB) und eine Aufsichtsarbeit in der Lebensmittelchemikerprüfung acht Stunden (gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerinnen und Lebensmittelchemiker v. 3.11.2015, HmbGVBl. S. 294 – APO-LMChem). In § 13 Abs. 4 Buchst. a PO 2010 ist auch eine untere Grenze der Prüfungsdauer gezogen und auf 45 Minuten festgesetzt. Die praktische Wirksamkeit dieser normativen Festsetzung zeigt sich darin, dass ohne die angegebene Mindestdauer auch ein Kurztest von geringerer Dauer als Prüfungsleistung nicht ausgeschlossen wäre.

80

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unter Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2013 - BVerwG 6 C 18.12 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind Regelungen einer Universität über die Schwerpunktbereichsprüfung in der Ersten Juristischen Prüfung. Die Universität wehrt sich gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in einem Prüfungsrechtsstreit, mit dem diese Regelungen wegen eines Verstoßes gegen die Berufsfreiheit der Studierenden verworfen wurden.

I.

2

1. Mit dem Gesetz zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 (BGBl I S. 2592), das zum 1. Juli 2003 in Kraft getreten ist, hat der Bundesgesetzgeber die "Substanz des allgemeinen Ausbildungswesens" (BTDrucks 14/7176, S. 6) an die Länder und die Universitäten gegeben und die Eigenständigkeit der jeweiligen Prüfungen betont. Die Wahlfachprüfung der "Ersten Prüfung" sollte vollständig auf die Universitäten übertragen (vgl. BTDrucks 14/7176, S. 1) und damit die rechtswissenschaftlichen Fakultäten gestärkt werden, die die Prüfung allein durchzuführen und zu verantworten haben (vgl. BTDrucks 14/7176, S. 9).

3

2. In Baden-Württemberg ergeben sich die Vorgaben zu Prüfungen im Rahmen des Schwerpunktstudiums an Juristischen Fakultäten in Baden-Württemberg aus dem Deutschen Richtergesetz (DRiG), dem Juristenausbildungsgesetz (JAG BW) und der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung des Landes (JAPrO BW) sowie der Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Rechtswissenschaften der Universität (JuSPO 2007).

4

Grundsätzlich kann die Befähigung zum Richteramt nur erworben werden, wenn ein Studium mit einer ersten Prüfung abgeschlossen wird, die aus der universitären Schwerpunktprüfung und der staatlichen Pflichtfachprüfung besteht (§ 5 DRiG). Die Inhalte von Pflichtfächern und Schwerpunkten (§ 5a DRiG) sind ebenso wie Prüfungen (§ 5d DRiG) allgemein geregelt. Nach § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG ist die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen zu gewährleisten; nach § 5d Abs. 2 Satz 2 DRiG ist im Schwerpunkt mindestens eine schriftliche Leistung zu erbringen.

5

In Baden-Württemberg sieht das Juristenausbildungsgesetz in § 1 Abs. 3 Satz 1 JAG BW vor, dass die Schwerpunktbereichsprüfung der Ersten Juristischen Prüfung von den Universitäten in eigener Verantwortung abgenommen wird. Nach der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung gibt es die "Universitätsprüfung" (§ 1 Abs. 2 Satz 3), für deren Vorbereitung und Durchführung die Universitäten zuständig sind (§ 2, 2. Halbsatz). Für die Staatsprüfung, die das Landesjustizprüfungsamt vorbereitet und durchführt (§ 2, 1. Halbsatz), wird geregelt, wann aufgrund mangelnder schriftlicher Leistungen keine Zulassung zur mündlichen Prüfung erfolgt (§ 16) und wie sich die Endnote der Staatsprüfung errechnet (§ 19). Das Land gibt zudem vor, wie die Endnote der Universitätsprüfung zu bilden ist (§ 32 Abs. 1), wann die Universitätsprüfungsleistungen erbracht werden müssen (§ 33 Abs. 1 und 2 in der bis zum 6. Mai 2013 geltenden Fassung) und dass die Universitätsprüfung nur einmal wiederholt werden kann (§ 33 Abs. 3 in der bis zum 6. Mai 2013 geltenden Fassung).

6

Die Beschwerdeführerin gab in der JuSPO 2007 vor, dass in der Schwerpunktbereichsprüfung insgesamt drei Prüfungsleistungen zu erbringen waren (§ 10 Abs. 2): eine Studienarbeit, eine Aufsichtsarbeit und eine mündliche Prüfung. Die Prüfung war insgesamt nur bestanden, wenn alle Prüfungsleistungen erfolgreich abgelegt wurden (§ 14 Abs. 1); die einzelnen Leistungen wurden gewichtet (§ 14 Abs. 2). Eine nicht bestandene Prüfungsleistung konnte einmal wiederholt werden (§ 17 Abs. 1). War die Wiederholungsprüfung erfolglos, war die Schwerpunktbereichsprüfung endgültig nicht bestanden (§ 17 Abs. 3).

II.

7

1. Der Kläger des Ausgangsverfahrens studierte Rechtswissenschaften bei der Beschwerdeführerin. In der universitären Schwerpunktbereichsprüfung erzielte er in der Aufsichtsarbeit im ersten Versuch zwei Punkte, in der Wiederholungsprüfung einen Punkt. Er klagte auf die Feststellung, dass er zur Fortsetzung der Schwerpunktbereichsprüfung berechtigt sei. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt, denn die Ordnung der Beschwerdeführerin, die JuSPO 2007, die das Bestehen aller Teilprüfungen verlange, verstoße gegen die landesrechtliche Vorgabe des § 32 Abs. 1 JAPrO BW, wonach aus allen Prüfungsleistungen eine Gesamtnote zu bilden sei.

8

Der Verwaltungsgerichtshof änderte das Urteil und wies die Klage ab. Die landesrechtliche Regelung des § 32 Abs. 1 JAPrO BW sei nicht als abschließend zu verstehen. Für das Bestehen der Schwerpunktbereichsprüfung könne universitäres Satzungsrecht höhere Anforderungen stellen. Diese seien mit Art. 12 GG vereinbar, denn alle Teilprüfungen der Schwerpunktbereichsprüfung seien zur Beurteilung der Gesamteignung für das Studienziel wesentlich.

9

2. Die Revision des Klägers hielt das Bundesverwaltungsgericht für begründet, änderte das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs und wies die Berufung zurück.

10

Die Bestehensregelung verletze die durch Art. 12 GG gewährleistete Berufsfreiheit der Studierenden. Die Vorgaben der § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 3 JusPO 2007 seien nicht hinreichend geeignet, den in §§ 5 ff. DRiG vorgegebenen Zweck der Schwerpunktbereichsprüfung zu erreichen. Ob eine Teilprüfung unerlässlicher, nicht ausgleichsfähiger Bestandteil der avisierten Qualifikation sei, habe in erster Linie der Normgeber zu beurteilen, der dabei über beträchtliche Einschätzungsspielräume verfüge. Verfassungswidrig seien Regelungen grundsätzlich nur, wenn die ihnen zugrunde liegende Einschätzung sachlich nicht vertretbar sei. Doch unterliege der universitäre Normgeber bei der juristischen Schwerpunktbereichsprüfung engeren grundrechtlichen Bindungen. Die Verbindung von Staats- und Schwerpunktbereichsprüfung in § 5 Abs. 1 DRiG richte beide Prüfungen auf denselben Zweck aus. Auch eine universitäre Bestehensregelung müsse darauf abgestimmt sein. Die Vorgaben für die Schwerpunktprüfung müssten mit der Pflichtfachprüfung kongruent sein. Soweit der Schwerpunktbereich eine Ergänzungsfunktion zum Pflichtfach habe, komme dem staatlichen Normgeber bei der Definition der Eignungsstandards schon logisch das Primat gegenüber dem universitären Normgeber zu. Auch nach dem Verweis des § 5d Abs. 6 DRiG auf das Landesrecht könne der Landesgesetzgeber die wesentlichen prüfungsrechtlichen Eckdaten verbindlich vorgeben. Demgegenüber habe die Universität breitere prüfungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, soweit der Schwerpunktbereich gegenüber dem Pflichtfachbereich eine Vertiefungsfunktion habe.

11

Hier habe die Beschwerdeführerin ihren prüfungsrechtlichen Gestaltungsspielraum überschritten. Ihre Bestehensregelung sei nicht hinreichend geeignet, den der Universitätsprüfung zugedachten Zweck zu erfüllen, die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst zu ermitteln. Die Aufsichtsarbeit und die mündliche Prüfung hätten eine Ergänzungsfunktion. Sie müssten sich daher an § 16 JAPrO BW orientieren, wonach in einzelnen Teilprüfungen abgeprüfte Kenntnisse und Fertigkeiten nicht bereits für sich genommen, sondern nur in ihrer Summe ausschlaggebend seien, also nicht bestandene Teilprüfungen durch die Leistungen in anderen Teilprüfungen kompensiert werden könnten, indem eine Durchschnittsnote gebildet werde. Im Unterschied dazu verabsolutiere die Universität in § 14 Abs. 1 und § 17 Abs. 3 JuSPO 2007 die Aussagekraft einzelner Teile der Schwerpunktbereichsprüfung und weiche ersichtlich vom Ansatz der JAPrO BW ab. Demgegenüber habe die Studienarbeit eine Vertiefungsfunktion, weil sie auf wissenschaftlich-methodische Fertigkeiten ausgerichtet sei, weshalb die Universität die Bestehensregelung dafür anders fassen könne als im Landesrecht.

12

Nichts anderes ergebe sich aus der grundrechtlichen Lehrfreiheit. Der Grundrechtsschutz verändere sich nicht, wenn der staatliche Normgeber die Regelung von Bestehensanforderungen bei Prüfungen im Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG auf die Universitäten verlagere. Prüfungsrechtliche Bestehensregelungen wirkten nicht auf die inhaltliche oder methodische Gestaltung von Lehrveranstaltungen zurück.

13

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Universität eine Verletzung der in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Lehrfreiheit. Das Bundesverwaltungsgericht habe die grundrechtlich geschützte Befugnis der Universität, Anforderungen der Schwerpunktbereichsprüfung eigenständig festzulegen, ohne verfassungsrechtlich tragfähigen Grund verkürzt. Bei der Gestaltung des Schwerpunktbereichs handelten die Universitäten nicht lediglich aufgrund einer delegierten Rechtsetzungsermächtigung im Rahmen des staatlichen Aufgabenbereichs. Vielmehr sei es gerade Ziel der Reform der Juristenausbildung gewesen, einen Teil der früheren Staatsprüfung auf die Universitäten zu verlagern. Die Schwerpunktbereichsprüfung sollte danach als rechtlich, organisatorisch und zeitlich eigenständige Prüfung von den Universitäten in eigener Verantwortung konzipiert und durchgeführt werden (Verweis auf BTDrucks 14/7176, S. 1 und 8-10). Das Bundesverwaltungsgericht habe durch das Erfordernis einer Kongruenz der Eignungsstandards zwischen Pflichtfach- und Universitätsprüfung, die sich aus dem einfachen Recht nicht ergebe, den Einschätzungsspielraum der Universität zur Bedeutung der Teilprüfungen für das Prüfungsziel über Gebühr beschränkt. Es habe die aus der Berufsfreiheit folgenden Anforderungen an Bestehensregelungen für die Schwerpunktbereichsprüfung im Studium der Rechtswissenschaft überdehnt.

14

4. Zu der Verfassungsbeschwerde und den durch sie aufgeworfenen Fragen haben das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Justizministerium Baden-Württemberg sowie der Deutsche Juristen-Fakultätentag Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

15

Die Bundesregierung und das Justizministerium Baden-Württemberg verweisen auf die Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Reform der Juristenausbildung (BTDrucks 14/7176). Den Hochschulen sollten durch die bundesgesetzliche Regelung sowohl die Ausbildung als auch Teile der ersten Prüfung als eigene Aufgabe übertragen werden. Die Anforderungen an die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung seien vom Bundesgesetzgeber sehr zurückhaltend geregelt worden. In Baden-Württemberg schlage sich der eigene Verantwortungsbereich der baden-württembergischen Hochschulen für die Schwerpunktbereichsprüfung der Ersten Juristischen Prüfung in § 1 Abs. 3 Satz 1 JAG BW sowie in § 26 JAPrO BW nieder. Die §§ 26 ff. JAPrO BW beschränkten sich auf die Vorgabe von Mindeststandards; es verblieben vielfältige Gestaltungsspielräume der Universitäten. Die Ausgestaltung der universitären Prüfungsordnungen unterliege - im Rahmen der gesetzlichen Grenzen - der vollen akademischen Selbstverwaltung; sie sei von den Vorgaben für die staatliche Pflichtfachprüfung entkoppelt. Es gebe nur eine Bindung der Hochschulen an die Notenskala der staatlichen Pflichtfachprüfung (vgl. § 5d Abs. 1 Satz 3 DRiG).

III.

16

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), insbesondere sind die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der Lehrfreiheit sowie des von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Selbstverwaltungsrechts der Hochschulen durch den Senat hinreichend geklärt (BVerfGE 35, 79<112 ff.>; 93, 85 <93, 95>; 111, 333 <354 f.>).

17

1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil die von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Regelungsspielräume der Universität nicht hinreichend berücksichtigt.

18

a) Hochschulen dienen nicht nur der Pflege der Wissenschaft, sondern sind auch Ausbildungsstätten für bestimmte Berufe. Die auf einen berufsqualifizierenden Abschluss zielende Lehre ist eine den Universitäten und den Fakultäten als ihren Untergliederungen einfachgesetzlich übertragene staatliche Aufgabe. Sie können aus dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit daher kein Recht ableiten, die wissenschaftsorientierte Berufsausbildung autonom zu gestalten (vgl. BVerfGE 35, 79 <121 f.>; 67, 202 <207>). Den Gesetzgeber trifft im Bereich der Berufsausbildung schon im Hinblick auf die Grundrechtspositionen der Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG eine Mitverantwortung. Es ist Sache des parlamentarischen Gesetzgebers, Rahmenregelungen für die berufsorientierte Lehre zu erlassen; er ist allerdings bei der Ausgestaltung der Berufsausbildungsfreiheit und bei der Festlegung der Rahmenbedingungen mit Blick auf die Wissenschaftsfreiheit nicht gänzlich frei. Vielmehr wird die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten durch die in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm begrenzt (vgl. BVerfGE 35, 79 <114 f.>; 93, 85 <95>; 111, 333 <353>). Die Wissenschaftsfreiheit schützt auch die Befugnis zum Erlass von Studien- und Prüfungsordnungen (vgl. BVerfGE 93, 85 <93>). Die Freiheit der Lehre umfasst insbesondere deren Inhalt, den methodischen Ansatz und das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen (BVerfGE 35, 79 <113 f.>).

19

b) Das angegriffene Urteil berührt nicht nur Art. 12 Abs. 1 GG, sondern auch den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Das Urteil greift in die der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer akademischen Selbstverwaltung zustehende Satzungsautonomie ein, die auch die Befugnis umfasst, Prüfungsordnungen zu erlassen (vgl. BVerfGE 93, 85 <93>). Diese Einschränkung ist nicht gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht hinreichend (aa). Zwar ist die Ausgestaltung von Wissenschaftsorganisationen einschließlich des Lehr- und Prüfungsrechts grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen, doch lässt sich das in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellte Kongruenzerfordernis weder dem einfachen Recht noch Art. 12 Abs. 1 GG entnehmen (bb).

20

Die Ausgestaltung von Wissenschaftsorganisationen einschließlich des Lehr- und Prüfungsrechts ist grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG schützt davor, dass der Gesetzgeber kein System schafft, das Entscheidungen ermöglicht, die die Freiheit von Forschung und Lehre gefährden (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Mai 2015 - 1 BvR 1501/13 u.a. -, Rn. 68; Beschluss des Ersten Senats vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 -, Rn. 55 ff. m.w.N.).

21

(1) Der Bundesgesetzgeber hat in Wahrnehmung seiner aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 und Art. 98 Abs. 1 GG folgenden Gesetzgebungskompetenz mit § 5a DRiG eine Regelung geschaffen, welche einen Rahmen für die rechtliche Ausgestaltung des Studiums der Rechtswissenschaft enthält und die nähere Ausgestaltung dem Landesrecht zuweist (vgl. § 5a Abs. 4 DRiG). Er hat dabei die universitäre und die staatliche Prüfung im Gesetz zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 (BGBl I S. 2592) nicht in einer Weise rechtlich, zeitlich oder organisatorisch verklammert, wie sie das Bundesverwaltungsgericht zugrunde legt. Ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf sollte die Schwerpunktbereichsprüfung der ersten Prüfung "vollständig auf die Universitäten übertragen werden" und die Hochschulen in einen "Qualitätswettbewerb" untereinander eintreten (BTDrucks 14/7176, S. 1). Die rechtswissenschaftlichen Fakultäten hätten die Universitätsprüfung "allein durchzuführen und zu verantworten" (BTDrucks 14/7176, S. 9); es gebe nun eine "universitätsautonome Gestaltung der Prüfungsanforderungen und des Prüfungsverfahrens" (BTDrucks 14/7176, S. 13). Die Schwerpunktbereichsprüfung sei ein selbständiger Bestandteil der ersten Prüfung und insoweit auch Voraussetzung für den Vorbereitungsdienst, doch könne eine mangelhafte Universitätsprüfung gerade nicht durch eine deutlich bessere Pflichtfachprüfung ausgeglichen werden (vgl. BTDrucks 14/7176, S. 13). In der Beschlussempfehlung heißt es schließlich, dass die Universitäten die Schwerpunktbereiche "in eigener Verantwortung prüfen" (BTDrucks 14/8629, S. 11). Diese Formulierungen sprechen für sich genommen und in ihrer Gesamtheit dafür, dass die Verantwortung für die Schwerpunktbereichsprüfung vollständig bei den Universitäten liegt.

22

(2) Auf das Landesrecht, das nach § 5a Abs. 4 DRiG "das Nähere" zum Studium regelt, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an, weil es als solches im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nicht revisibel ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 3 B 35.09 -, juris, Rn. 4 f.; Beschluss vom 22. September 2011 - BVerwG 8 B 41.11 -, juris, Rn. 5; stRspr).

23

bb) Die Auslegung und Anwendung der einfachrechtlichen Vorschriften ist Aufgabe der Fachgerichte. Sie dürfen dabei die zum Schutz der Freiheit von Forschung und Lehre eröffneten gesetzlichen Spielräume nicht in einer vom Gesetzgeber nicht intendierten und mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise verengen. Dies bewirkt jedoch die Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht, wenn es unter Verkennung der grundgesetzlichen Wertungen davon ausgeht, die beschwerdeführende Universität unterliege bei Regelungen über die juristische Universitätsprüfung aufgrund eines Kongruenzerfordernisses engeren Bindungen als ein prüfungsrechtlicher Normgeber. Eine solche Kongruenz zwischen Pflichtprüfung und Schwerpunktbereichsprüfung gibt das einfache Recht nicht vor. Soweit das Bundesverwaltungsgericht ein Kongruenzerfordernis unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ableitet, verengt es den vom Bundesgesetzgeber im Interesse der Satzungsautonomie der Universitäten eröffneten Spielraum in einer mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise (1). Die Prüfung, ob die streitige Bestehensregelung im konkreten Fall tatsächlich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt, bleibt allerdings Aufgabe der Fachgerichte (2).

24

(1) Ein Kongruenzerfordernis zwischen Bestehensregelungen ergibt sich nicht aus der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, bei der es sich um revisibles Bundesrecht handelt. Allerdings greift jede Bestehensregelung in die Berufsfreiheit der Geprüften ein. Zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter ist auch ein gewisser, sich in vernünftigen Grenzen haltender "Überschuss" an Prüfungsanforderungen grundsätzlich hinzunehmen (BVerfGE 25, 236, <248>; 80, 1 <24>). Prüfungsregelungen genügen den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedoch nur, wenn sie für sich genommen geeignet, erforderlich und zumutbar sind (vgl. BVerfGE 80, 1 <24> m.w.N.; stRspr). Das Bestehen von Teilprüfungen kann folglich gefordert werden, wenn diese schon für sich genommen jeweils eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage für die Erreichung des Prüfungszwecks bieten (vgl. BVerfGE 80, 1 <35>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 3.95 -, juris, Rn. 4 f. m.w.N.). Spezifische Anforderungen einer Kongruenz mit Staatsprüfungen sind Art. 12 Abs. 1 GG damit jedoch nicht zu entnehmen.

25

(2) Ob die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch einzelne Prüfungsregelungen gewahrt sind, mit denen die in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit durch subjektive Zulassungsregelungen eingeschränkt wird (vgl. BVerfGE 80, 1 <24>), müssen die Fachgerichte beurteilen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs waren alle Teilprüfungen der Schwerpunktbereichsprüfung an der beschwerdeführenden Universität so dimensioniert, dass sie für die Gesamteignung der Prüflinge für das Studienziel wesentlich waren. Dann ist auch eine Anforderung, die das Bestehen aller Teilprüfungen erzwingt, zu rechtfertigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit dieser Frage jedoch nicht auseinandergesetzt, weil es, unter Verkennung der nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Satzungsautonomie der Universität auch in Prüfungsfragen (vgl. BVerfGE 93, 85 <93>), bereits deren Gestaltungsspielraum als beschränkt angesehen hat. Es erwähnt zwar kurz die Lehrfreiheit, hält diese aber nicht für berührt. Auch lässt das Gericht die Frage, ob die Ausgestaltung der Prüfungsordnung als Satzung der akademischen Selbstverwaltung unterliegt, ausdrücklich offen. Damit verkennt das Gericht den Schutzgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, der die akademische Selbstverwaltung auch hinsichtlich der Satzungsbefugnis in Prüfungsfragen umfasst. Wird der Satzungsautonomie hingegen Rechnung getragen und ein Kongruenzerfordernis universitärer Prüfungen mit der Staatsprüfung demzufolge verneint, bleibt die Frage zu beantworten, ob jede der drei im Schwerpunkt geforderten Prüfungsleistungen bereits für sich genommen eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage über das Bestehen oder Nichtbestehen der Schwerpunktbereichsprüfung bietet. Nur dann ist die Regelung, die das Bestehen aller drei Leistungen fordert, erforderlich und damit auch verhältnismäßig.

26

(3) In der Beurteilung der Prüfungsregelungen stellen sich tatsächliche Fragen, die von den Fachgerichten unter Beachtung der grundrechtlichen Wertungen zu beantworten sind. Die streitige Bestehensregelung der Universität ist streng, so dass im Vergleich zu anderen Universitäten ein höheres Risiko besteht, die Universitätsprüfung nicht zu bestehen, woraufhin auch eine geringere Zahl an Kandidatinnen und Kandidaten zum Vorbereitungsdienst zugelassen wird. Erhöht die Universität damit die Risiken für Studierende, ein Studium nicht erfolgreich abschließen zu können, ist dies grundsätzlich Teil ihrer Entscheidung in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten, wenn diese sachlich nachvollziehbar auf den Zweck ausgerichtet sind, die für den juristischen Vorbereitungsdienst ungeeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu ermitteln. Dies zu prüfen obliegt sowohl hinsichtlich der Bestehensregelung sowie weiteren insoweit bedeutsamen Regelungen etwa zur Begrenzung oder Freigabe von Wiederholungsversuchen den Fachgerichten.

27

2. Die Grundrechtsverletzung hat besonderes Gewicht, weil das Bundesverwaltungsgericht die aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erwachsende Grundrechtsposition der Beschwerdeführerin in seine Überlegungen nicht eingestellt hat. Damit fehlt es an dem Versuch, den bestehenden Konflikt mehrerer verfassungsrechtlich geschützter Positionen im Wege der praktischen Konkordanz zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfGE 128, 1 <41> m.w.N.).

28

3. Die angegriffene Entscheidung beruht auch auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Bundesverwaltungsgericht anders entschieden hätte, wenn es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe beachtet hätte.

29

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. April 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.


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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Das angegriffene Urteil wird geändert:

Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juli 2011 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 2. September 2011 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tatbestand

1

Das Revisionsverfahren betrifft die Frage, ob Bestimmungen der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten für den Studiengang Rechtswissenschaft vom 12. August 2003 (Juristen-Studien- und Prüfungsordnung - JuSPO) in der auf den Fall des Klägers anzuwendenden Fassung der 3. Änderungssatzung vom 5. Dezember 2007 über die Ausgestaltung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung im Sinne von § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG - im Folgenden "Universitätsprüfung" - mit bundesrechtlichen Maßgaben im Einklang stehen. Der Kläger bestreitet dies insbesondere im Hinblick auf die Regelung in §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO, wonach die Universitätsprüfung nur besteht, wer sämtliche ihrer drei Teilprüfungen - Studienarbeit, Aufsichtsarbeit, mündliche Prüfung (vgl. § 10 Abs. 2 JuSPO) - bestanden hat.

2

Der Kläger studierte seit 2007 bei der Beklagten im Studiengang Rechtswissenschaft. Im Wintersemester 2008/2009 nahm er an der Universitätsprüfung im Schwerpunktbereich "Wirtschaftsrecht" teil. Seine Studienarbeit wurde mit fünf Punkten bewertet, seine Aufsichtsarbeit zunächst mit zwei Punkten und sodann in der Wiederholungsprüfung mit einem Punkt.

3

Anschließend exmatrikulierte sich der Kläger und schrieb sich an einer anderen Universität ein.

4

Das vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht hat antragsgemäß festgestellt, der Kläger sei zur Fortsetzung der Universitätsprüfung bei der Beklagten berechtigt. Die Bestehensregelung in §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO sei wegen Verstoßes gegen höherrangiges Landesrecht unwirksam. Aufgrund von § 32 Abs. 1 der Verordnung des Justizministeriums über die Ausbildung und Prüfung der Juristen (Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung - JAPrO BW) dürfe es ausschließlich darauf ankommen, dass die Gesamtnote mindestens im Bereich der Notenstufe "ausreichend" liege. Dem universitären Normgeber sei es danach verwehrt, die weitergehende Bestehensanforderung aufzustellen, dass sämtliche Teilprüfungen bestanden sein müssten. Die Exmatrikulation des Klägers habe nicht zum Erlöschen seines Prüfungsanspruchs geführt.

5

Der Kläger legte in der Folgezeit bei der Beklagten die mündliche Prüfung ab und erzielte hierbei eine Benotung mit fünf Punkten.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem angefochtenen Urteil der Berufung der Beklagten stattgegeben. § 32 Abs. 1 JAPrO BW belasse den Universitäten die Befugnis, das Bestehen der Universitätsprüfung von der weiteren Voraussetzung abhängig zu machen, dass sämtliche ihrer Teilprüfungen bestanden sein müssen. Diese Maßgabe verstoße nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Zumindest im Fall des von der Beklagten eingerichteten Schwerpunktbereichs Wirtschaftsrecht rechtfertige das Versagen in einer der Teilprüfungen bereits den Schluss, der Prüfling sei nicht hinreichend qualifiziert, um das Gesamtziel des Studiums und den damit verbundenen berufsqualifizierenden Abschluss zu erreichen. Sämtliche Teilprüfungen würden große Teile des Stoffes abdecken. Jede der hierbei abgeprüften Fähigkeiten könne als für das Berufsbild des umfassend ausgebildeten Juristen auf der Stufe der Ersten Prüfung wesentlich angesehen werden. Der Kläger habe, nachdem er die im ersten Anlauf nichtbestandene Aufsichtsarbeit auch im zweiten Anlauf nicht bestanden habe, die Universitätsprüfung endgültig nicht bestanden, so dass sein Prüfungsanspruch erloschen sei. Für eine Wiederholung der Gesamtprüfung lasse die JuSPO keinen Raum.

7

Der Kläger verfolgt mit der Revision sein Feststellungsbegehren weiter. §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO verstoßen nach seiner Auffassung gegen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG, gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

8

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und hält §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO für bundesrechtskonform, insbesondere auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG: Sämtliche Teilprüfungen würden Kenntnisse und Fähigkeiten abfordern, die im Lichte des Studienziels des Schwerpunktstudiums als unabdingbar anzusehen seien und daher als für die Beurteilung der Qualifikation der Kandidaten ausschlaggebend behandelt werden dürften.

9

Der Beigeladene hat sich in der mündlichen Verhandlung der Auffassung der Beklagten im Wesentlichen angeschlossen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und erweist sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die durch die Vorinstanz getroffenen Tatsachenfeststellungen bieten für den Senat eine ausreichende Grundlage, um in der Sache selbst zu entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils des Verwaltungsgerichts.

11

1. Die entscheidungstragende Annahme im angefochtenen Urteil, der Prüfungsanspruch des Klägers sei bereits infolge seines Scheiterns in der Aufsichtsarbeit erloschen, verletzt Bundesrecht. Denn die Bestehensregelung aus §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO, auf die der Verwaltungsgerichtshof diese Annahme gestützt hat, verstößt - legt man die durch §§ 5 f. DRiG mitgeprägte Zweckrichtung der Universitätsprüfung zugrunde - gegen Art. 12 Abs. 1 GG (unten c.). Hingegen verstößt sie weder gegen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG (unten a.) noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG (unten b.).

12

a. § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG, der gebietet, die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung zu gewährleisten, steht §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO nicht entgegen.

13

Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Kläger sich auf diese Bestimmung berufen kann. Ausweislich ihrer Entstehungsgeschichte zielt sie aus im Wesentlichen prüfungs- bzw. berufspolitischen Gründen darauf ab, die inhaltliche Gleichwertigkeit der Abschlüsse im Bundesgebiet zu sichern (Urteil vom 21. März 2012 - BVerwG 6 C 19.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 412 Rn. 29 m.w.N.). Dies lässt die Deutung zu, der Bundesgesetzgeber habe mit ihr rein objektiv-rechtliche Bindungen der Normgeber in den Ländern schaffen wollen, zumal zur Wahrung der subjektiven Belange der Prüfungsteilnehmer in Gestalt der insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden allgemeinen Grundsätze des Prüfungsrechts bereits ein ebenso umfangreiches wie inhaltlich ausdifferenziertes Bündel an Vorgaben existiert, in dessen Licht für den Bundesgesetzgeber Bedarf am Erlass zusätzlicher einfachgesetzlicher Schutznormen kaum ersichtlich sein konnte. Reglementierungsbedarf dürfte der Bundesgesetzgeber ohnehin weniger im Hinblick auf vereinzelte Überhöhungen prüfungsrechtlicher Anforderungen gesehen haben, denen Betroffene regelmäßig schon durch Verlegung des Ausbildungs- und Prüfungsorts ausweichen können, als vielmehr im Hinblick auf die Gefahr regionaler Niveauabflachungen, welche die Wertigkeit andernorts erworbener Abschlüsse auszuhöhlen drohen und nicht hinreichend qualifizierten Personen den Zugang zum Richteramt (vgl. § 5 Abs. 1 Halbs. 1 DRiG) ebnen könnten. Dieser Gefahr kann bezeichnenderweise mit Mitteln subjektiven Rechtsschutzes nicht begegnet werden.

14

Zweifelhaft ist des Weiteren, ob eine prüfungsrechtliche Bestehensregelung der hier in Rede stehenden Art als "Prüfungsanforderung" im Sinne von § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG anzusehen ist. Der Wortsinn dieses Begriffs wie auch die prüfungs- bzw. berufspolitische Zweckrichtung der Vorschrift legen nahe, hierunter nur solche Vorgaben zu fassen, die den Prüfungsinhalt betreffen, d.h. Gegen-stand und Umfang der abgeforderten Prüfungsleistungen festlegen und so unmittelbar die inhaltliche Aussagekraft des Abschlusses prägen.

15

Beide Fragen können jedoch auf sich beruhen, da ein Verstoß gegen § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG jedenfalls aus anderen Gründen ausscheidet. § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG gebietet nach der Rechtsprechung des Senats keine strikte Uniformität. Die Vorschrift steht begrenzten Abweichungen zwischen verschiedenen Prüfungsordnungen nicht entgegen (Urteil vom 21. März 2012 a.a.O. Rn. 30; Beschluss vom 9. Juni 1995 - BVerwG 6 B 100.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 350 S. 80). Im Lichte der mit Einführung der Universitätsprüfung verfolgten Absichten gewinnt dies erhöhte Bedeutung. Dem Gesetzgeber stand hier vor Augen, die Variationsbreite im juristischen Ausbildungs- und Prüfungswesen zu erhöhen und den Fakultäten Spielräume zu eröffnen, um unter ihnen den "Qualitätswettbewerb" zu stärken (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 17. Oktober 2001, BTDrucks 14/7176 S. 1, 9; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 14/8629 S. 2, 11 f.). § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG bedarf daher gerade in Bezug auf Universitätsprüfungen einer zurückhaltenden Auslegung, zumal der Gesetzgeber eigens für diese eine Reihe prüfungsrechtlicher Vorgaben (§§ 5d Abs. 2 Satz 2 DRiG, § 5d Abs. 2 Satz 4 DRiG, § 5d Abs. 1 Satz 3 DRiG) geschaffen hat, welche die Spielräume der zuständigen Normgeber bereits zielgerichtet begrenzen. Die Vorschrift könnte daher, wäre sie überhaupt anzuwenden, allenfalls solchen universitären Bestehensregelungen entgegenstehen, die sich in gravierender Weise vom bundesüblichen Standard abheben, so dass sich in ihnen ein regelrechter Systembruch manifestiert. Diese Voraussetzung wird durch §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO nicht erfüllt. Im juristischen Prüfungswesen - auch auf universitärer Ebene - sind Bestimmungen, die für das Bestehen einer Prüfung nicht nur einen ausreichenden Gesamtdurchschnitt der erzielten Einzelnoten fordern, sondern darüber hinausgehende, auf das Bestehen einzelner Teilprüfungen bezogene Anforderungen aufstellen, vielfach verbreitet. Mögen §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO insoweit auch eine besonders weitreichende Gestaltung vornehmen, so manifestiert sich in ihnen zwar eine Abweichung vom bundesüblichen Standard, jedoch kein Systembruch.

16

b. §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO verstoßen entgegen der Auffassung des Klägers nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie von den an anderen Universitäten in Baden-Württemberg für rechtswissenschaftliche Studiengänge geltenden Bestehensregelungen abweichen. Der Kläger verkennt, dass die Ausgestaltung der Prüfung durch andere Universitäten keinen im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG relevanten Vergleichsmaßstab abgibt. Der in Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnde Gleichheitsanspruch richtet sich nur gegen den nach der Kompetenzverteilung zuständigen Träger öffentlicher Gewalt. Regeln verschiedene Hoheitsträger vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich, so liegt hierin keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung der jeweiligen Normadressaten im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <241>, vom 7. November 1995 - 2 BvR 413/88, 1300/93 - BVerfGE 93, 319 <351> und vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619, 1628/83 - BVerfGE 79, 127 <158>; Kischel, in: Epping/Hillgruber, Beck-OK GG, Stand 01.01.2013, Art. 3 Rn. 95 f.).

17

c. §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO verstoßen jedoch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Sie sind nicht hinreichend geeignet, den Zweck der Universitätsprüfung zu verwirklichen, und erweisen sich insofern als unverhältnismäßig. Der Zweck der Universitätsprüfung wird maßgeblich mit durch die in §§ 5 ff. DRiG vorgenommene Verklammerung von Universitätsprüfung und staatlicher Pflichtfachprüfung zur ersten juristischen Prüfung bestimmt. Danach dient auch die Universitätsprüfung der Feststellung, ob der Prüfling für den juristischen Vorbereitungsdienst (§ 5b DRiG) geeignet ist. Der universitäre Normgeber darf die Universitätsprüfung nicht an Qualifikationsmaßstäben ausrichten, die strukturell von den für die staatliche Pflichtfachprüfung geltenden Qualifikationsmaßstäben abweichen und denen insofern eine andere Vorstellung von der Eignung zugrunde liegt, die für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst erforderlich sein soll. Tut er dies - wie hier durch Erlass der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO - dennoch, wird die mit einer negativen Prüfungsentscheidung verbundene Aussage, der Prüfling weise nicht die mit der Prüfung nachzuweisende Befähigung auf, nicht auf einer durch den Prüfungszweck gedeckten Grundlage getroffen. Im Einzelnen:

18

aa. Regelungen, die für die Aufnahme eines Berufs den Nachweis erworbener Fähigkeiten durch Bestehen einer Prüfung verlangen, greifen in die Freiheit der Berufswahl ein und bedürfen daher einer den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG genügenden Rechtfertigung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 1529/84, 138/87 - BVerfGE 84, 59 <72>; BVerwG, Urteil vom 21. März 2012 a.a.O. Rn. 21, stRspr). Dies gilt auch für Bestimmungen, welche im Detail diejenigen Anforderungen festlegen, die erfüllt sein müssen, um eine solche Prüfung mit Erfolg abzulegen. Einzuschließen ist der Fall, dass eine Prüfung - so wie hier die Universitätsprüfung - zwar selbst noch nicht unmittelbar den Zugang zu einem reglementierten Beruf eröffnet, ihr Bestehen aber Voraussetzung für den Eintritt in weitere Ausbildungs- und Prüfungsetappen auf dem Weg dorthin bildet (vgl. etwa für studienbegleitende Leistungskontrollen: Beschluss vom 3. November 1986 - BVerwG 7 B 108.86 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 233 S. 297).

19

bb. Die Anforderung, dass Eingriffe in die Berufsfreiheit einer gesetzlichen Grundlage bedürfen (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG), ist im vorliegenden Fall erfüllt.

20

(1) Die für die Universitätsprüfung geltenden Bestehensregelungen musste der parlamentarische Gesetzgeber nicht selbst festlegen. Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes verpflichten ihn zwar, in dem durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Grundrechtsbereich die wesentlichen Entscheidungen über die Ausbildung und Prüfung selbst zu treffen (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 17. September 1987 - BVerwG 7 B 160.87 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 244 S. 28 m.w.N.; vgl. allgemein BVerfG, Urteil vom 3. März 2009 - 2 BvC 3/07, 4/07 - BVerfGE 123, 39 <78>). Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch geklärt, dass neben Vorschriften über den Prüfungsstoff, das Prüfungssystem und die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens auch die Festlegung der Bestehensvoraussetzungen in aller Regel nicht zu diesen dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehaltenen Leitentscheidungen gehören (Beschluss vom 17. September 1987 a.a.O. m.w.N.). Insoweit wird den Anforderungen von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip bereits dadurch hinreichend Genüge getan, dass der parlamentarische Gesetzgeber durch die Vorgabe von Ziel und Inhalt der Ausbildung - wie hier insbesondere in §§ 5 Abs. 1 Halbs. 2, 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG geschehen - die Regelungen auf untergesetzlicher Ebene nach Tendenz und Programm begrenzt und berechenbar macht (vgl. Urteil vom 7. Oktober 1983 - BVerwG 7 C 54.82 - BVerwGE 68, 69 <72> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 186 S. 153), zumal die prüfungsrechtliche Rechtsetzung auch auf untergesetzlicher Ebene in weitreichendem Maße bereits durch Grundsätze gesteuert wird, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und aus dem Rechtsstaatsprinzip ergeben (vgl. Urteil vom 7. Oktober 1983 a.a.O. S. 74 bzw. 154).

21

(2) Auch Satzungsvorschriften weisen den von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geforderten Rechtssatzcharakter auf (BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1972 - 1 BvR 518/62, 308/64 - BVerfGE 33, 125 <155>; BVerwG, Beschluss vom 22. November 1994 - BVerwG 6 B 80.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 341). Ebenso gilt dies für Verordnungsvorschriften. Die vom Verwaltungsgerichtshof offen gelassene Frage, ob der Erlass der Prüfungsordnung dem Bereich der akademischen Selbstverwaltung zuzurechnen ist oder es sich um einen Fall der Rechtssetzung im staatlichen Aufgabenbereich auf der Grundlage einer entsprechenden Delegation staatlicher Befugnisse handelt - was dann dafür sprechen könnte, der JuSPO ungeachtet ihrer Bezeichnung Verordnungscharakter zuzusprechen - bedarf daher auch an dieser Stelle keiner Vertiefung.

22

(3) Der Kläger kann nicht mit Erfolg geltend machen, die Regelung der Bestehensvoraussetzungen für die Universitätsprüfung hätte abschließend auf Ebene der JAPrO BW erfolgen und nicht der Beklagten überlassen werden dürfen.

23

Das Bundesrecht enthält keine Vorgaben, die dem Gesetz- oder Verordnungsgeber im Land generell verwehren würden, die nähere Ausgestaltung der Universitätsprüfung - wie hier durch § 26 Abs. 2 JAPrO BW ausdrücklich vorgesehen - der Regelung auf Universitätsebene zu überlassen. Der Verweis auf das Landesrecht in § 5d Abs. 6 DRiG enthält kein Verbot der Weiterdelegation. Dem Bundesgesetzgeber ging es - wie bereits angesprochen - bei Einführung der Universitätsprüfung gerade darum, den Universitäten eigene Gestaltungsräume zu eröffnen.

24

Bundesrechtlich gefordert ist - als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips - alleine, dass die universitäre Regelungsbefugnis hinreichend bestimmt sachlich umrissen wird (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl. 2010, S. 9 Fn. 12). Hieran kann im vorliegenden Fall in Ansehung der zahlreichen Vorgaben der JAPrO BW zu Prüfungsziel (§ 1 Abs. 2 Satz 2), Prüfungsgegenstand und Umfang des Prüfungsstoffs (§§ 27 Abs. 1 und 2, 28, 29) sowie zur Zahl und Bewertung von Prüfungsleistungen (§ 33) kein Zweifel bestehen. Mit diesen Vorgaben hat der Verordnungsgeber entsprechend der - ihrerseits offenkundig den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügenden - Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst (Juristenausbildungsgesetz - JAG BW) "Rahmenvorgaben für die Prüfung" erlassen, welche die Rechtssetzung auf Ebene der Universität eingrenzen und inhaltlich anleiten. Soweit der Universität noch Regelungsspielräume verbleiben, ergeben die engmaschigen prüfungsrechtlichen Grundsätze, die aus der Verfassung abzuleiten und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Verwaltungsgerichte näher ausgeformt sind, zusätzliche Orientierungspunkte; dies gilt namentlich auch - wie sich im Weiteren erweisen wird - in Bezug auf den Erlass von Bestehensregelungen der hier in Rede stehenden Art.

25

cc. Grundrechtseingriffe müssen, um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dieser verlangt, dass der Grundrechtseingriff einem legitimen Zweck dient und als Mittel zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 370/07, 595/07 - BVerfGE 120, 274 <318 f.>; stRspr). Diesen Anforderungen genügen §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO nicht in jeder Hinsicht.

26

(1) Ist die Durchführung einer Prüfung in mehreren Teilprüfungen vorgesehen, wird hierdurch die Beurteilungsgrundlage verbreitert und so die Treffsicherheit des Befähigungsurteils erhöht, das mit der Prüfungsentscheidung über den Prüfling ausgesprochen wird. Bestehensregelungen, die an den Misserfolg in einer Teilprüfung bereits das Nichtbestehen der Gesamtprüfung knüpfen, laufen Gefahr, die Treffsicherheit dieses Befähigungsurteils zu verringern. Denn danach reduziert sich unter Umständen - nämlich bei Nichtbestehen der Teilprüfung - seine empirische Basis auf eine bloße Teilmenge der im Prüfungsverfahren erbrachten Leistungen, während die übrigen erbrachten Leistungen im Rahmen der Prüfungsentscheidung gänzlich außer Betracht bleiben. Wie der Senat bereits früher entschieden hat, genügen solche Regeln den verfassungsrechtlichen Anforderungen nur, wenn die Teilprüfung, deren Nichtbestehen zum Nichtbestehen der Gesamtprüfung führen soll, schon für sich genommen eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bietet (Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 3.95 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 347 S. 62 f. und vom 10. Oktober 1994 - BVerwG 6 B 73.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 338 S. 46 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 - 1 BvR 1033/82, 174/84 - BVerfGE 80, 1 <35>). Tut sie dies nicht, nimmt der Zufallsfaktor im Rahmen der Prüfungsentscheidung überhand und ist eine solche Regel daher schon nicht geeignet, den ihr zugedachten Zweck in rationaler Weise zu erfüllen, diejenigen Prüflinge zu ermitteln, die nicht die Tauglichkeit aufweisen, welche mit der Prüfung nachgewiesen werden sollen.

27

Eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage kann eine Teilprüfung dann bieten, wenn gerade durch sie eine Fähigkeit nachgewiesen wird, die als unerlässlicher, nicht ausgleichsfähiger Bestandteil derjenigen Qualifikation anzusehen ist, die mit der Prüfung insgesamt nachgewiesen werden soll. Eine solche Fähigkeit mag beispielsweise in der Beherrschung einer bestimmten Fachmaterie oder, gegebenenfalls hiermit kombiniert, einer bestimmten Bearbeitungs- oder Darstellungsmethode bestehen, die nur in der betroffenen Teilprüfung abgeprüft werden. Der Normgeber mag aber auch die Auffassung verfolgen, ein positives Befähigungsurteil sei überhaupt nur bei durchgängiger Erzielung mindestens ausreichender Einzelleistungen gerechtfertigt; dann soll jede Teilprüfung mittelbar auch dem Nachweis der Fähigkeit zur fachbezogenen Leistungskonstanz dienen.

28

Ob einer dieser Begründungsansätze im konkreten Fall sachlich verfängt, obliegt in erster Linie der Beurteilung durch den Normgeber, dem Art. 12 Abs. 1 GG insoweit beträchtliche Einschätzungsspielräume eröffnet. Mit der Entscheidung, die Beherrschung einer bestimmten Fachmaterie, einer bestimmten methodischen Fertigkeit oder die Fähigkeit zur Leistungskonstanz seien für den Prüfungserfolg unverzichtbar, wird zugleich über Zuschnitt und Niveau der Befähigung entschieden, die mit der Ausbildung erworben und mit der Prüfung belegt werden soll, d.h. es werden hiermit berufliche oder akademische Qualifikationsanforderungen festgelegt. Diesbezüglich beschränkt sich aber die grundrechtliche Bindung des Normgebers auf das Gebot der Wahrung eines sachlichen Zusammenhangs mit den Anforderungen des betreffenden Berufs (vgl. Urteil vom 17. Juli 1987 - BVerwG 7 C 118.86 - BVerwGE 78, 55 <57> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 242 S. 15). Sogar ein gewisser "Überschuss" an Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als zulässig zu erachten (vgl. Beschluss vom 1. Juli 1986 - 1 BvL 26/83 - BVerfGE 73, 301 <320> m.w.N.; aufgegriffen durch BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1987 a.a.O. S. 57 bzw. 15). In dieser zurückhaltenden Linie kommt zum Ausdruck, dass die Definition beruflicher und akademischer Qualifikationsstandards vorwiegend Sache politisch wertender Gestaltung und durch die Verfassung im Kern nicht vorentschieden ist.

29

Zu verneinen ist die Frage, ob eine Teilprüfung eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bietet und insofern den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG standhält, im Allgemeinen daher nur dann, wenn die Einschätzung, gerade durch sie werde eine als unerlässlich einzustufende Fähigkeit abgeprüft, sachlich nicht vertretbar erscheint, d.h. wenn offenkundig ist, dass keiner der vorgenannten Begründungsansätze und auch kein nachvollziehbarer sonstiger Begründungsansatz sich im konkreten Fall als tragfähig erweist. Diese Maßgabe, mit der die Einstufung einer Bestehensregelung nach dem Muster von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO als ungeeignet im Ergebnis auf besonders gelagerte Ausnahmefälle beschränkt bleiben wird, steht im Einklang mit dem in der Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts allgemein anerkannten Befund, dass die Verfassung dem Gesetzgeber für die Beurteilung der Eignung der von ihm für die Durchsetzung der gesetzgeberischen Regelungsziele gewählten Mittel einen Einschätzungsspielraum zubilligt (vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337 <347 f.>). Sie fügt sich in die prüfungsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insofern wertungssystematisch stimmig ein, als dort etwa im Hinblick auf die Zahl zugelassener Wiederholungsversuche, auf die Ausgestaltung von Gewichtungsregeln oder auf die Auswahl und Verteilung des Prüfungsstoffs - also im Hinblick auf Rahmenbedingungen, von denen die praktische Wirkungsschärfe einer Regel nach dem Muster von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO entscheidend mitbestimmt wird - gleichfalls durchgängig die Gestaltungsfreiheit des Normgebers bzw. der Prüfungsverwaltung betont worden ist (vgl. Beschlüsse vom 7. März 1991 - BVerwG 7 B 178.90 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 285 S. 167, vom 16. August 1985 - BVerwG 7 B 51, 58 u. 59.85 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 218 S. 256 und vom 13. April 1983 - BVerwG 7 B 25.82 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 173 S. 121).

30

(2) Speziell im hier betroffenen Fall der juristischen Universitätsprüfung unterliegt der universitäre Normgeber allerdings engeren Bindungen als ein prüfungsrechtlicher Normgeber im Normalfall. Die Eignungsziele, an denen das Schwerpunktbereichsstudium und die Universitätsprüfung auszurichten sind, stehen in bestimmten Eckdaten nicht zu seiner Disposition. § 5 Abs. 1 Halbs. 2 DRiG legt fest, dass die Universitätsprüfung zusammen mit der staatlichen Pflichtfachprüfung die erste juristische Prüfung bildet. Die Bestimmung richtet hiermit beide gemeinsam in erster Linie auf den Zweck aus, die Befähigung für den anschließenden juristischen Vorbereitungsdienst festzustellen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 JAPrO BW). Hierdurch wird der Gestaltungsspielraum des universitären Normgebers im Ergebnis eingeengt. Er darf keine Bestehensregelung für die Universitätsprüfung erlassen, in der Eignungsanforderungen zum Ausdruck kommen, die nicht hinreichend auf diesen bundesrechtlich vorgegebenen Prüfungszweck der Universitätsprüfung abgestimmt sind.

31

(a) Gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG dienen die Schwerpunktbereiche der Ergänzung des Studiums, der Vertiefung der mit ihnen zusammenhängenden - den Gegenstand der staatlichen Pflichtfachprüfung bildenden - Pflichtfächer sowie der Vermittlung interdisziplinärer und internationaler Bezüge des Rechts. Die Ergänzungsfunktion des Schwerpunktbereichs setzen die universitären Studien- und Prüfungsordnungen durch die Anreicherung des Ausbildungs- und Prüfungsstoffs der Pflichtfächer um zusätzliche Ausbildungs- und Prüfungsinhalte um. Die in § 5a Abs. 2 Satz 4 DRiG weiter angelegte Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zielt ausweislich des Gesetzeswortlauts sowie auch der Gesetzesmaterialien demgegenüber insbesondere auf die Erweiterung und Verfeinerung des allgemeinen wissenschaftlich-methodischen Rüstzeugs der Studierenden (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 20. März 2002, BTDrucks 14/8629 S. 12, sowie die dortigen Bezugnahmen auf die Reformforderungen des sog. Ladenburger Manifests, NJW 1997, 2935 ff., und die Vorschläge von Ernst-Wolfgang Böckenförde im Rahmen eines erweiterten Berichterstattergesprächs; vgl. insoweit auch die Stellungnahme Böckenfördes im Rahmen einer Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses im Jahr 2001, Anhang zum Protokoll der 83. Sitzung des Rechtsausschusses vom 16. Mai 2001, S. 64 f.).

32

(b) Soweit der Schwerpunktbereich, im Rahmen seiner Ergänzungsfunktion, den Pflichtfachbereich lediglich fächerbezogen um weitere Inhalte des Ausbildungs- und Prüfungsstoffs ergänzt und diesem damit in seiner grundsätzlichen Anlage gleicht, hat sich der universitäre Normgeber bei Ausgestaltung der Bestehensregelungen an der Höhe derjenigen Eignungsanforderungen zu orientieren, die in der Ausgestaltung der Bestehensregelung der staatlichen Pflichtfachprüfung zum Ausdruck kommen. Wäre er dieser Pflicht ledig, würde in beiden Abschnitten der ersten juristischen Prüfung - und zwar dort, wo sie strukturell vergleichbar sind - ein jeweils unterschiedliches Maß an juristischer Qualifikation über den Prüfungserfolg entscheiden. Dies wäre mit ihrer prüfungsrechtlichen Verklammerung und ihrer gemeinsamen Ausrichtung auf die Feststellung der Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst nicht in Einklang zu bringen. Dass gerade dem staatlichen Normgeber im Hinblick auf die Definition der Eignungsstandards das Primat gegenüber dem universitären Normgeber zukommt, ist in der Ergänzungsfunktion des Schwerpunktbereichs bereits logisch angelegt. Dementsprechend verweist § 5d Abs. 6 DRiG hinsichtlich der prüfungsrechtlichen Ausgestaltung beider Prüfungsabschnitte auf das "Landesrecht". Hieraus folgt - wie oben bereits ausgeführt - zwar kein prinzipielles Verbot der Weiterdelegation an den universitären Normgeber, wohl aber die Maßgabe, dass es dem Landesgesetzgeber zukommt, diesem wesentliche prüfungsrechtliche Eckdaten verbindlich vorzugeben.

33

(c) Soweit der Schwerpunktbereich den Pflichtfachbereich nicht lediglich um zusätzliche Fachmaterien ergänzt, sondern in ihm - im Rahmen der Vertiefungsfunktion - qualitativ eigenständige bzw. weitergehende Qualifikationsziele verfolgt werden, eröffnen sich dem Normgeber konsequenterweise breitere prüfungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. Den Regelungen der Pflichtfachprüfung sind insoweit keine bindenden Eignungsstandards zu entnehmen.

34

(3) Gemessen an den vorstehenden Maßstäben hat die Beklagte mit dem Erlass der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO ihren prüfungsrechtlichen Gestaltungsspielraum überschritten und eine Bestehensregelung erlassen, die nicht hinreichend geeignet ist, den der Universitätsprüfung im Lichte von §§ 5, 5a Abs. 2 DRiG zugedachten Zweck zu erfüllen, (nur) die für den juristischen Vorbereitungsdienst ungeeigneten Kandidaten zu ermitteln.

35

(a) Im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung lässt die JAPrO BW - nur leicht modifiziert durch die Regelung in ihrem § 16 - eine Kompensation nicht bestandener Teilprüfungen durch die in anderen Teilprüfungen erzielten Ergebnisse - auch fächerübergreifend - zu. Der staatliche Normgeber bringt hiermit zum Ausdruck, dass den in einzelnen Teilprüfungen jeweils abgeprüften fachlichen Kenntnissen bzw. Fertigkeiten nicht bereits für sich genommen, sondern nur in ihrer Summe Ausschlag gebendes Gewicht für die Beurteilung der Befähigung der Prüflinge zukommen darf. Hieraus tritt als Maßstab zutage, dass die Eignung für den Vorbereitungsdienst nicht entfällt, wenn der Prüfling nur partielle Leistungsschwächen in einzelnen Fachmaterien offenbart.

36

(b) Hingegen ist bei Zugrundelegung von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO einem Prüfling bereits wegen mangelhafter Beherrschung des Stoffs der obligatorischen Lehrveranstaltungen ("Allgemeiner Teil" - vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 JuSPO zur Aufsichtsarbeit) oder des Stoffs des Wahlbereichs ("Besonderer Teil" - vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 JuSPO zur mündlichen Prüfung) oder wegen des Nichtbestehens der Studienarbeit (vgl. § 13 JuSPO) der Erfolg in der Universitätsprüfung und hiermit - da das Bestehen der ersten juristischen Prüfung das Bestehen sowohl der Universitätsprüfung als auch der staatlichen Pflichtfachprüfung voraussetzt (§ 5d Abs. 2 Satz 4 DRiG) - der Eintritt in den Vorbereitungsdienst versagt. Einzelne Abschnitte des Prüfungsstoffs der Universitätsprüfung werden auf diese Weise hinsichtlich der ihnen vom universitären Normgeber beigemessenen Aussagekraft verabsolutiert. Von dem Ansatz der JAPrO BW, wonach zutage tretende partielle Leistungsschwächen die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst noch nicht entfallen lassen, weicht dieser Ansatz ersichtlich ab.

37

(c) Im Lichte des oben Gesagten überschreitet der universitäre Normgeber mit diesem verabsolutierenden Ansatz seinen Gestaltungsspielraum nicht, soweit eine Teilprüfung in besonderer Weise auf die Ermittlung der wissenschaftlich-methodischen Fertigkeiten der Prüflinge ausgerichtet ist und sich mithin eindeutig der Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zuordnen lässt. Dies ist hier im Hinblick auf die Studienarbeit der Fall, mit der nach § 13 Abs. 1 Satz 2 JuSPO der Prüfling zeigen soll, "dass er in der Lage ist, innerhalb der vorgesehenen Frist ein Thema (...) selbständig nach wissenschaftlichen Methoden zu bearbeiten". Hingegen tritt im Hinblick auf die Aufsichtsarbeit sowie im Hinblick auf die mündliche Prüfung schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der §§ 11 f. JuSPO hervor, dass in ihnen vorwiegend - in einer den entsprechenden Teilprüfungen der staatlichen Pflichtfachprüfung strukturell vergleichbaren Weise - der Grad an fachlicher Stoffbeherrschung abgeprüft wird ("Gegenstand ... ist der Stoff der ..."). Sie sind daher stärker der Ergänzungsfunktion als der Vertiefungsfunktion des Schwerpunktbereichs zuzuordnen. Folglich greift hier das Erfordernis einer Kongruenz der Eignungsstandards zwischen Pflichtfach- und Universitätsprüfung - mit der Folge für den universitären Normgeber, dass er partielle Leistungsschwächen, die zum Nichtbestehen dieser Teilprüfungen führen, nicht dafür heranziehen darf, dem Prüfling insgesamt die Eignung für den Eintritt in den juristischen Vorbereitungsdienst abzusprechen. Insofern bilden weder die Aufsichtsarbeit noch die mündliche Prüfung für sich genommen bereits eine zuverlässige Grundlage für das Urteil, dass derjenige, der sie nicht besteht, deshalb nicht die mit der Universitätsprüfung nachzuweisende Eignung aufweist.

38

(d) Nichts anderes darf daraus hergeleitet werden, dass in Aufsichtsarbeit und mündlicher Prüfung unterschiedliche Arbeits- und Präsentationstechniken gefordert sind. Denn auch diesem Gesichtspunkt wird in den Bestimmungen der JAPrO BW über die staatliche Pflichtfachprüfung kein absoluter Stellenwert beigemessen. Die in ihnen eröffneten Kompensationsmöglichkeiten schließen ein, unzureichende Leistungen im einen Segment durch zureichende Leistungen im anderen Segment ausgleichen zu können.

39

(4) Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass § 5d Abs. 2 Satz 2 DRiG vorschreibt, in der Universitätsprüfung sei "mindestens eine schriftliche Leistung zu erbringen". Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich hieraus für den vorliegenden Fall nichts herleiten. Der Regelungsgehalt der Vorschrift besteht darin, die Durchführung der Universitätsprüfung rein auf mündlicher Basis zu verwehren. Im Übrigen wollte der Bundesgesetzgeber den Regelungsspielraum der Länder bzw. Universitäten nicht einschränken, ging aber gleichwohl von der Annahme aus, dass von ihnen eine Aufteilung der Prüfung in mehrere Teilprüfungen vorgenommen werden würde (vgl. BTDrucks 14/7176 S. 13: "... hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen ..."). Eine Aussage im Hinblick auf die Zulässigkeit prüfungsrechtlicher Ausschlussklauseln nach Art von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO ist der Vorschrift vor diesem Hintergrund nicht zu entnehmen.

40

(5) Nichts anderes ergibt sich ferner aufgrund des Hinweises der Beklagten auf die grundrechtliche Lehrfreiheit, die nach ihrer Auffassung im vorliegenden Fall einen "zurückhaltenden Umgang mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes" gebietet. Verlagert der staatliche Normgeber die Regelung von Bestehensanforderungen bei Prüfungen, die in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fallen, auf die Universitäten, verändert sich hierdurch grundsätzlich nichts am Umfang des grundrechtlichen Abwehrrechts der Prüfungsteilnehmer. Die oben aufgezeigten Anforderungen an die Zulässigkeit prüfungsrechtlicher Bestehensregeln könnten die Lehrfreiheit allenfalls dann beeinträchtigen - und so ausnahmsweise eine ausgleichsbedürftige grundrechtliche Kollisionslage herbeiführen -, wenn von ihnen Rückwirkungen auf die inhaltliche und methodische Gestaltung der Lehrveranstaltungen ausgingen (vgl. Beschlüsse vom 24. Mai 1991 - BVerwG 7 NB 5.90 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 134 S. 40 und vom 22. August 2005 - BVerwG 6 BN 1.05 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 263 S. 25). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern dies hier der Fall sein könnte. Der Hinweis der Beklagten, Bestehensregeln könnten den Studierenden mittelbar den Bedeutungsgrad von Fachmaterien signalisieren, mag sachlich zutreffen, macht aber nicht deutlich, inwiefern sich hieraus eine Einschränkung der inhaltlichen und methodischen Gestaltungsfreiheit von Hochschullehrern in Bezug auf die von ihnen angebotenen Lehrveranstaltungen ergeben könnte.

41

(6) Unerheblich ist schließlich, dass nach der Darstellung der Beklagten in der Vergangenheit nur eine geringe Zahl von Prüflingen in der Universitätsprüfung gescheitert sein soll. Die Maßgabe, wonach eine Teilprüfung, deren Nichtbestehen zum Misserfolg der gesamten Prüfung führen soll, eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage bieten muss, soll gewährleisten, dass die der Prüfung zugedachte Filterungsfunktion in rationaler, den Zufallsfaktor minimierender Weise erfüllt werden kann. Hierauf besteht - unter dem Aspekt der Eingriffsgeeignetheit - ein grundrechtlicher Anspruch auch im Falle einer niedrigen Durchfallquote.

42

dd. Nach den in § 139 BGB und § 44 Abs. 4 VwVfG niedergelegten Rechtsgrundsätzen ist ein Rechtsakt insgesamt unwirksam, wenn die Unwirksamkeitsgründe einen nicht abgrenzbaren Teil erfassen oder, sofern sie einen abgrenzbaren Teil erfassen, wenn nicht feststeht, dass der übrige Rechtsakt gegebenenfalls auch ohne diesen Teil erlassen worden wäre (vgl. Beschluss vom 11. Juli 2002 - BVerwG 3 B 84.02 - juris Rn. 3). Hieraus ergeben sich im vorliegenden Fall folgende Konsequenzen:

43

(1) §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO sind insgesamt unwirksam. Es steht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die Beklagte die - nach dem oben Gesagten zulässige - Regelung, wonach ein Misserfolg in der Studienarbeit zum Misserfolg der Universitätsprüfung insgesamt führt, auch unter der Prämisse getroffen hätte, dass ihr entsprechende Regelungen in Bezug auf die Aufsichtsarbeit sowie in Bezug auf die mündliche Prüfung verwehrt sind.

44

(2) Die Unwirksamkeit der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO zieht die Unwirksamkeit der Regelung zur Prüfungswiederholung in § 17 Abs. 1 i.V.m. § 17 Abs. 3 JuSPO nach sich, die nach der Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof die Wiederholungsmöglichkeit abschließend auf die im ersten Anlauf nichtbestandenen Teilprüfungen beschränkt. Diese Regelung hängt gesetzessystematisch untrennbar mit der in §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO getroffenen Anordnung zusammen, dass die Universitätsprüfung bereits bei endgültigem Nichtbestehen einer Teilprüfung nicht bestanden ist.

45

(3) Nicht von der Unwirksamkeit der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO betroffen ist die in § 14 Abs. 2 JuSPO niedergelegte Gewichtungsregelung.

46

§ 14 Abs. 2 JuSPO ist von der Regelung der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO logisch abgrenzbar. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Beklagte diese Bestimmung nicht getroffen hätte, wenn ihr die Unzulässigkeit von §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO bewusst gewesen wäre.

47

§ 14 Abs. 2 JuSPO verstößt nicht gegen Bundesrecht. In der prüfungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist wiederholt betont worden, dass es Sache der Beurteilung durch den Normgeber ist, welches Gewicht Einzelleistungen im Rahmen der Gesamtwertung zugewiesen wird. Solange die entsprechende Regelung von sachlichen Erwägungen getragen wird, ist sie gerichtlich nicht zu beanstanden, auch wenn sich eine andere Gewichtung denken ließe (vgl. etwa Beschlüsse vom 16. August 1985 a.a.O. S. 256 und vom 11. August 1980 - BVerwG 7 CB 81.79 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 130 S. 216). Ausgehend hiervon erheben sich dagegen, dass nach § 14 Abs. 2 JuSPO die Studienarbeit zu 30 %, die mündliche Prüfung zu 20 % und die Aufsichtsarbeit zu 50 % über die Gesamtnote der Universitätsprüfung bestimmen sollen, keine durchgreifenden Bedenken. Im Lichte dessen, dass der Schwerpunktbereich neben der fächerbezogenen Ergänzung des Pflichtfachstudiums insbesondere auch der vertieften Ausbildung wissenschaftlich-methodischer Kompetenz dient, hätte es zwar nicht ferngelegen, den Gewichtungsanteil der in besonderer Weise hierauf bezogenen Studienarbeit höher anzusetzen. Die Entscheidung der Beklagten bewegt sich aber noch innerhalb der Spannbreite vertretbarer Gestaltungen und beruht nicht auf offenkundig unsachlichen Erwägungen.

48

2. Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Beklagte darf dem Kläger nicht entgegenhalten, sein Prüfungsanspruch sei infolge der Exmatrikulation erloschen. Der Kläger hat sich zur Exmatrikulation vor dem Hintergrund der Rechtsauffassung der Beklagten veranlasst gesehen, sein Prüfungsanspruch sei durch den zweimaligen Misserfolg in der Aufsichtsarbeit erloschen. Er hat durch seine Klageerhebung zu verstehen gegeben, das Prüfungsverfahren bei der Beklagten fortsetzen und dieser Rechtsauffassung entgegentreten zu wollen. Die Beklagte hat sich hierauf insofern eingelassen, als sie den Kläger unter dem Vorbehalt des Ausgangs des gerichtlichen Verfahrens zur mündlichen Prüfung zugelassen hat. Unter diesen Gesamtumständen würde die Beklagte treuwidrig handeln, wenn sie sich nunmehr - nachdem sich im gerichtlichen Verfahren die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Klägers erwiesen hat - darauf berufen würde, das Prüfungsrechtsverhältnis sei infolge der Exmatrikulation erloschen.

49

3. Die Beklagte hat den danach nicht erloschenen Prüfungsanspruch des Klägers dadurch zu erfüllen, dass sie auf Grundlage einer rechtmäßigen, an die Stelle der §§ 14 Abs. 1, 17 Abs. 3 JuSPO tretenden Bestehensregelung ermittelt, ob der Kläger mit den von ihm erzielten Einzelnoten die Universitätsregelung mit Erfolg abgelegt hat. In Bezug auf den Kläger wie in Bezug auf andere Prüflinge ist die Beklagte im Interesse der Aufrechterhaltung des Prüfungsbetriebs übergangsweise berechtigt, hierfür auf die Regelung in § 32 Abs. 1 Satz 3 JAPrO BW zurückzugreifen, d.h. darauf abzustellen, ob in der Summe der Teilprüfungsergebnisse - unter Berücksichtigung der Gewichtungsregelung in § 14 Abs. 2 JuSPO - ein mindestens "ausreichendes" Ergebnis erzielt worden ist.

50

Sofern die Beklagte von dieser Möglichkeit in Bezug auf den Kläger Gebrauch machen sollte, würde sich erweisen, dass dieser die Universitätsprüfung im ersten Anlauf nicht bestanden hat. Denn ausgehend von der Gewichtungsregelung in § 14 Abs. 2 JuSPO hat der Kläger in den bereits abgelegten Teilprüfungen einen für die Note "ausreichend" nicht hinreichenden Punktedurchschnitt von 3,50 erzielt (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 JuSPO, §§ 19 Abs. 3 Satz 1, 32 Abs. 1 JAPrO BW). Demnach bliebe der Kläger auf eine Wiederholungsmöglichkeit verwiesen, die er durch die bereits erfolgte, jedoch auf unwirksamer Rechtsgrundlage vorgenommene Wiederholung der Aufsichtsarbeit nicht ausgeschöpft hat. Die Beklagte wäre in seinem Fall - wie in den Fällen anderer Prüflinge - übergangsweise berechtigt, zur Durchführung von Wiederholungsprüfungen auf die Regelung in § 33 Abs. 3 JAPrO BW zurückzugreifen. Danach hätten der Kläger bzw. im gegebenen Fall andere Betroffene die Möglichkeit, in einem zweiten Anlauf sämtliche Einzelprüfungen - unter Einschluss der Aufsichtsarbeit - ein weiteres Mal abzulegen.

Tenor

1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2013 - BVerwG 6 C 18.12 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind Regelungen einer Universität über die Schwerpunktbereichsprüfung in der Ersten Juristischen Prüfung. Die Universität wehrt sich gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in einem Prüfungsrechtsstreit, mit dem diese Regelungen wegen eines Verstoßes gegen die Berufsfreiheit der Studierenden verworfen wurden.

I.

2

1. Mit dem Gesetz zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 (BGBl I S. 2592), das zum 1. Juli 2003 in Kraft getreten ist, hat der Bundesgesetzgeber die "Substanz des allgemeinen Ausbildungswesens" (BTDrucks 14/7176, S. 6) an die Länder und die Universitäten gegeben und die Eigenständigkeit der jeweiligen Prüfungen betont. Die Wahlfachprüfung der "Ersten Prüfung" sollte vollständig auf die Universitäten übertragen (vgl. BTDrucks 14/7176, S. 1) und damit die rechtswissenschaftlichen Fakultäten gestärkt werden, die die Prüfung allein durchzuführen und zu verantworten haben (vgl. BTDrucks 14/7176, S. 9).

3

2. In Baden-Württemberg ergeben sich die Vorgaben zu Prüfungen im Rahmen des Schwerpunktstudiums an Juristischen Fakultäten in Baden-Württemberg aus dem Deutschen Richtergesetz (DRiG), dem Juristenausbildungsgesetz (JAG BW) und der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung des Landes (JAPrO BW) sowie der Studien- und Prüfungsordnung für den Studiengang Rechtswissenschaften der Universität (JuSPO 2007).

4

Grundsätzlich kann die Befähigung zum Richteramt nur erworben werden, wenn ein Studium mit einer ersten Prüfung abgeschlossen wird, die aus der universitären Schwerpunktprüfung und der staatlichen Pflichtfachprüfung besteht (§ 5 DRiG). Die Inhalte von Pflichtfächern und Schwerpunkten (§ 5a DRiG) sind ebenso wie Prüfungen (§ 5d DRiG) allgemein geregelt. Nach § 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG ist die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen zu gewährleisten; nach § 5d Abs. 2 Satz 2 DRiG ist im Schwerpunkt mindestens eine schriftliche Leistung zu erbringen.

5

In Baden-Württemberg sieht das Juristenausbildungsgesetz in § 1 Abs. 3 Satz 1 JAG BW vor, dass die Schwerpunktbereichsprüfung der Ersten Juristischen Prüfung von den Universitäten in eigener Verantwortung abgenommen wird. Nach der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung gibt es die "Universitätsprüfung" (§ 1 Abs. 2 Satz 3), für deren Vorbereitung und Durchführung die Universitäten zuständig sind (§ 2, 2. Halbsatz). Für die Staatsprüfung, die das Landesjustizprüfungsamt vorbereitet und durchführt (§ 2, 1. Halbsatz), wird geregelt, wann aufgrund mangelnder schriftlicher Leistungen keine Zulassung zur mündlichen Prüfung erfolgt (§ 16) und wie sich die Endnote der Staatsprüfung errechnet (§ 19). Das Land gibt zudem vor, wie die Endnote der Universitätsprüfung zu bilden ist (§ 32 Abs. 1), wann die Universitätsprüfungsleistungen erbracht werden müssen (§ 33 Abs. 1 und 2 in der bis zum 6. Mai 2013 geltenden Fassung) und dass die Universitätsprüfung nur einmal wiederholt werden kann (§ 33 Abs. 3 in der bis zum 6. Mai 2013 geltenden Fassung).

6

Die Beschwerdeführerin gab in der JuSPO 2007 vor, dass in der Schwerpunktbereichsprüfung insgesamt drei Prüfungsleistungen zu erbringen waren (§ 10 Abs. 2): eine Studienarbeit, eine Aufsichtsarbeit und eine mündliche Prüfung. Die Prüfung war insgesamt nur bestanden, wenn alle Prüfungsleistungen erfolgreich abgelegt wurden (§ 14 Abs. 1); die einzelnen Leistungen wurden gewichtet (§ 14 Abs. 2). Eine nicht bestandene Prüfungsleistung konnte einmal wiederholt werden (§ 17 Abs. 1). War die Wiederholungsprüfung erfolglos, war die Schwerpunktbereichsprüfung endgültig nicht bestanden (§ 17 Abs. 3).

II.

7

1. Der Kläger des Ausgangsverfahrens studierte Rechtswissenschaften bei der Beschwerdeführerin. In der universitären Schwerpunktbereichsprüfung erzielte er in der Aufsichtsarbeit im ersten Versuch zwei Punkte, in der Wiederholungsprüfung einen Punkt. Er klagte auf die Feststellung, dass er zur Fortsetzung der Schwerpunktbereichsprüfung berechtigt sei. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt, denn die Ordnung der Beschwerdeführerin, die JuSPO 2007, die das Bestehen aller Teilprüfungen verlange, verstoße gegen die landesrechtliche Vorgabe des § 32 Abs. 1 JAPrO BW, wonach aus allen Prüfungsleistungen eine Gesamtnote zu bilden sei.

8

Der Verwaltungsgerichtshof änderte das Urteil und wies die Klage ab. Die landesrechtliche Regelung des § 32 Abs. 1 JAPrO BW sei nicht als abschließend zu verstehen. Für das Bestehen der Schwerpunktbereichsprüfung könne universitäres Satzungsrecht höhere Anforderungen stellen. Diese seien mit Art. 12 GG vereinbar, denn alle Teilprüfungen der Schwerpunktbereichsprüfung seien zur Beurteilung der Gesamteignung für das Studienziel wesentlich.

9

2. Die Revision des Klägers hielt das Bundesverwaltungsgericht für begründet, änderte das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs und wies die Berufung zurück.

10

Die Bestehensregelung verletze die durch Art. 12 GG gewährleistete Berufsfreiheit der Studierenden. Die Vorgaben der § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 3 JusPO 2007 seien nicht hinreichend geeignet, den in §§ 5 ff. DRiG vorgegebenen Zweck der Schwerpunktbereichsprüfung zu erreichen. Ob eine Teilprüfung unerlässlicher, nicht ausgleichsfähiger Bestandteil der avisierten Qualifikation sei, habe in erster Linie der Normgeber zu beurteilen, der dabei über beträchtliche Einschätzungsspielräume verfüge. Verfassungswidrig seien Regelungen grundsätzlich nur, wenn die ihnen zugrunde liegende Einschätzung sachlich nicht vertretbar sei. Doch unterliege der universitäre Normgeber bei der juristischen Schwerpunktbereichsprüfung engeren grundrechtlichen Bindungen. Die Verbindung von Staats- und Schwerpunktbereichsprüfung in § 5 Abs. 1 DRiG richte beide Prüfungen auf denselben Zweck aus. Auch eine universitäre Bestehensregelung müsse darauf abgestimmt sein. Die Vorgaben für die Schwerpunktprüfung müssten mit der Pflichtfachprüfung kongruent sein. Soweit der Schwerpunktbereich eine Ergänzungsfunktion zum Pflichtfach habe, komme dem staatlichen Normgeber bei der Definition der Eignungsstandards schon logisch das Primat gegenüber dem universitären Normgeber zu. Auch nach dem Verweis des § 5d Abs. 6 DRiG auf das Landesrecht könne der Landesgesetzgeber die wesentlichen prüfungsrechtlichen Eckdaten verbindlich vorgeben. Demgegenüber habe die Universität breitere prüfungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, soweit der Schwerpunktbereich gegenüber dem Pflichtfachbereich eine Vertiefungsfunktion habe.

11

Hier habe die Beschwerdeführerin ihren prüfungsrechtlichen Gestaltungsspielraum überschritten. Ihre Bestehensregelung sei nicht hinreichend geeignet, den der Universitätsprüfung zugedachten Zweck zu erfüllen, die Eignung für den juristischen Vorbereitungsdienst zu ermitteln. Die Aufsichtsarbeit und die mündliche Prüfung hätten eine Ergänzungsfunktion. Sie müssten sich daher an § 16 JAPrO BW orientieren, wonach in einzelnen Teilprüfungen abgeprüfte Kenntnisse und Fertigkeiten nicht bereits für sich genommen, sondern nur in ihrer Summe ausschlaggebend seien, also nicht bestandene Teilprüfungen durch die Leistungen in anderen Teilprüfungen kompensiert werden könnten, indem eine Durchschnittsnote gebildet werde. Im Unterschied dazu verabsolutiere die Universität in § 14 Abs. 1 und § 17 Abs. 3 JuSPO 2007 die Aussagekraft einzelner Teile der Schwerpunktbereichsprüfung und weiche ersichtlich vom Ansatz der JAPrO BW ab. Demgegenüber habe die Studienarbeit eine Vertiefungsfunktion, weil sie auf wissenschaftlich-methodische Fertigkeiten ausgerichtet sei, weshalb die Universität die Bestehensregelung dafür anders fassen könne als im Landesrecht.

12

Nichts anderes ergebe sich aus der grundrechtlichen Lehrfreiheit. Der Grundrechtsschutz verändere sich nicht, wenn der staatliche Normgeber die Regelung von Bestehensanforderungen bei Prüfungen im Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG auf die Universitäten verlagere. Prüfungsrechtliche Bestehensregelungen wirkten nicht auf die inhaltliche oder methodische Gestaltung von Lehrveranstaltungen zurück.

13

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Universität eine Verletzung der in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Lehrfreiheit. Das Bundesverwaltungsgericht habe die grundrechtlich geschützte Befugnis der Universität, Anforderungen der Schwerpunktbereichsprüfung eigenständig festzulegen, ohne verfassungsrechtlich tragfähigen Grund verkürzt. Bei der Gestaltung des Schwerpunktbereichs handelten die Universitäten nicht lediglich aufgrund einer delegierten Rechtsetzungsermächtigung im Rahmen des staatlichen Aufgabenbereichs. Vielmehr sei es gerade Ziel der Reform der Juristenausbildung gewesen, einen Teil der früheren Staatsprüfung auf die Universitäten zu verlagern. Die Schwerpunktbereichsprüfung sollte danach als rechtlich, organisatorisch und zeitlich eigenständige Prüfung von den Universitäten in eigener Verantwortung konzipiert und durchgeführt werden (Verweis auf BTDrucks 14/7176, S. 1 und 8-10). Das Bundesverwaltungsgericht habe durch das Erfordernis einer Kongruenz der Eignungsstandards zwischen Pflichtfach- und Universitätsprüfung, die sich aus dem einfachen Recht nicht ergebe, den Einschätzungsspielraum der Universität zur Bedeutung der Teilprüfungen für das Prüfungsziel über Gebühr beschränkt. Es habe die aus der Berufsfreiheit folgenden Anforderungen an Bestehensregelungen für die Schwerpunktbereichsprüfung im Studium der Rechtswissenschaft überdehnt.

14

4. Zu der Verfassungsbeschwerde und den durch sie aufgeworfenen Fragen haben das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Justizministerium Baden-Württemberg sowie der Deutsche Juristen-Fakultätentag Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens waren beigezogen.

15

Die Bundesregierung und das Justizministerium Baden-Württemberg verweisen auf die Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Reform der Juristenausbildung (BTDrucks 14/7176). Den Hochschulen sollten durch die bundesgesetzliche Regelung sowohl die Ausbildung als auch Teile der ersten Prüfung als eigene Aufgabe übertragen werden. Die Anforderungen an die universitäre Schwerpunktbereichsprüfung seien vom Bundesgesetzgeber sehr zurückhaltend geregelt worden. In Baden-Württemberg schlage sich der eigene Verantwortungsbereich der baden-württembergischen Hochschulen für die Schwerpunktbereichsprüfung der Ersten Juristischen Prüfung in § 1 Abs. 3 Satz 1 JAG BW sowie in § 26 JAPrO BW nieder. Die §§ 26 ff. JAPrO BW beschränkten sich auf die Vorgabe von Mindeststandards; es verblieben vielfältige Gestaltungsspielräume der Universitäten. Die Ausgestaltung der universitären Prüfungsordnungen unterliege - im Rahmen der gesetzlichen Grenzen - der vollen akademischen Selbstverwaltung; sie sei von den Vorgaben für die staatliche Pflichtfachprüfung entkoppelt. Es gebe nur eine Bindung der Hochschulen an die Notenskala der staatlichen Pflichtfachprüfung (vgl. § 5d Abs. 1 Satz 3 DRiG).

III.

16

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), insbesondere sind die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der Lehrfreiheit sowie des von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Selbstverwaltungsrechts der Hochschulen durch den Senat hinreichend geklärt (BVerfGE 35, 79<112 ff.>; 93, 85 <93, 95>; 111, 333 <354 f.>).

17

1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Urteil die von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Regelungsspielräume der Universität nicht hinreichend berücksichtigt.

18

a) Hochschulen dienen nicht nur der Pflege der Wissenschaft, sondern sind auch Ausbildungsstätten für bestimmte Berufe. Die auf einen berufsqualifizierenden Abschluss zielende Lehre ist eine den Universitäten und den Fakultäten als ihren Untergliederungen einfachgesetzlich übertragene staatliche Aufgabe. Sie können aus dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit daher kein Recht ableiten, die wissenschaftsorientierte Berufsausbildung autonom zu gestalten (vgl. BVerfGE 35, 79 <121 f.>; 67, 202 <207>). Den Gesetzgeber trifft im Bereich der Berufsausbildung schon im Hinblick auf die Grundrechtspositionen der Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG eine Mitverantwortung. Es ist Sache des parlamentarischen Gesetzgebers, Rahmenregelungen für die berufsorientierte Lehre zu erlassen; er ist allerdings bei der Ausgestaltung der Berufsausbildungsfreiheit und bei der Festlegung der Rahmenbedingungen mit Blick auf die Wissenschaftsfreiheit nicht gänzlich frei. Vielmehr wird die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten durch die in Art. 5 Abs. 3 GG enthaltene objektive, das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre zum Staat regelnde, wertentscheidende Grundsatznorm begrenzt (vgl. BVerfGE 35, 79 <114 f.>; 93, 85 <95>; 111, 333 <353>). Die Wissenschaftsfreiheit schützt auch die Befugnis zum Erlass von Studien- und Prüfungsordnungen (vgl. BVerfGE 93, 85 <93>). Die Freiheit der Lehre umfasst insbesondere deren Inhalt, den methodischen Ansatz und das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen (BVerfGE 35, 79 <113 f.>).

19

b) Das angegriffene Urteil berührt nicht nur Art. 12 Abs. 1 GG, sondern auch den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Das Urteil greift in die der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer akademischen Selbstverwaltung zustehende Satzungsautonomie ein, die auch die Befugnis umfasst, Prüfungsordnungen zu erlassen (vgl. BVerfGE 93, 85 <93>). Diese Einschränkung ist nicht gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht hinreichend (aa). Zwar ist die Ausgestaltung von Wissenschaftsorganisationen einschließlich des Lehr- und Prüfungsrechts grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen, doch lässt sich das in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellte Kongruenzerfordernis weder dem einfachen Recht noch Art. 12 Abs. 1 GG entnehmen (bb).

20

Die Ausgestaltung von Wissenschaftsorganisationen einschließlich des Lehr- und Prüfungsrechts ist grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG schützt davor, dass der Gesetzgeber kein System schafft, das Entscheidungen ermöglicht, die die Freiheit von Forschung und Lehre gefährden (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 12. Mai 2015 - 1 BvR 1501/13 u.a. -, Rn. 68; Beschluss des Ersten Senats vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 -, Rn. 55 ff. m.w.N.).

21

(1) Der Bundesgesetzgeber hat in Wahrnehmung seiner aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 und Art. 98 Abs. 1 GG folgenden Gesetzgebungskompetenz mit § 5a DRiG eine Regelung geschaffen, welche einen Rahmen für die rechtliche Ausgestaltung des Studiums der Rechtswissenschaft enthält und die nähere Ausgestaltung dem Landesrecht zuweist (vgl. § 5a Abs. 4 DRiG). Er hat dabei die universitäre und die staatliche Prüfung im Gesetz zur Reform der Juristenausbildung vom 11. Juli 2002 (BGBl I S. 2592) nicht in einer Weise rechtlich, zeitlich oder organisatorisch verklammert, wie sie das Bundesverwaltungsgericht zugrunde legt. Ausweislich der Begründung zum Gesetzentwurf sollte die Schwerpunktbereichsprüfung der ersten Prüfung "vollständig auf die Universitäten übertragen werden" und die Hochschulen in einen "Qualitätswettbewerb" untereinander eintreten (BTDrucks 14/7176, S. 1). Die rechtswissenschaftlichen Fakultäten hätten die Universitätsprüfung "allein durchzuführen und zu verantworten" (BTDrucks 14/7176, S. 9); es gebe nun eine "universitätsautonome Gestaltung der Prüfungsanforderungen und des Prüfungsverfahrens" (BTDrucks 14/7176, S. 13). Die Schwerpunktbereichsprüfung sei ein selbständiger Bestandteil der ersten Prüfung und insoweit auch Voraussetzung für den Vorbereitungsdienst, doch könne eine mangelhafte Universitätsprüfung gerade nicht durch eine deutlich bessere Pflichtfachprüfung ausgeglichen werden (vgl. BTDrucks 14/7176, S. 13). In der Beschlussempfehlung heißt es schließlich, dass die Universitäten die Schwerpunktbereiche "in eigener Verantwortung prüfen" (BTDrucks 14/8629, S. 11). Diese Formulierungen sprechen für sich genommen und in ihrer Gesamtheit dafür, dass die Verantwortung für die Schwerpunktbereichsprüfung vollständig bei den Universitäten liegt.

22

(2) Auf das Landesrecht, das nach § 5a Abs. 4 DRiG "das Nähere" zum Studium regelt, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an, weil es als solches im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 1 VwGO nicht revisibel ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2009 - BVerwG 3 B 35.09 -, juris, Rn. 4 f.; Beschluss vom 22. September 2011 - BVerwG 8 B 41.11 -, juris, Rn. 5; stRspr).

23

bb) Die Auslegung und Anwendung der einfachrechtlichen Vorschriften ist Aufgabe der Fachgerichte. Sie dürfen dabei die zum Schutz der Freiheit von Forschung und Lehre eröffneten gesetzlichen Spielräume nicht in einer vom Gesetzgeber nicht intendierten und mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise verengen. Dies bewirkt jedoch die Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht, wenn es unter Verkennung der grundgesetzlichen Wertungen davon ausgeht, die beschwerdeführende Universität unterliege bei Regelungen über die juristische Universitätsprüfung aufgrund eines Kongruenzerfordernisses engeren Bindungen als ein prüfungsrechtlicher Normgeber. Eine solche Kongruenz zwischen Pflichtprüfung und Schwerpunktbereichsprüfung gibt das einfache Recht nicht vor. Soweit das Bundesverwaltungsgericht ein Kongruenzerfordernis unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ableitet, verengt es den vom Bundesgesetzgeber im Interesse der Satzungsautonomie der Universitäten eröffneten Spielraum in einer mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbaren Weise (1). Die Prüfung, ob die streitige Bestehensregelung im konkreten Fall tatsächlich den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt, bleibt allerdings Aufgabe der Fachgerichte (2).

24

(1) Ein Kongruenzerfordernis zwischen Bestehensregelungen ergibt sich nicht aus der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, bei der es sich um revisibles Bundesrecht handelt. Allerdings greift jede Bestehensregelung in die Berufsfreiheit der Geprüften ein. Zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter ist auch ein gewisser, sich in vernünftigen Grenzen haltender "Überschuss" an Prüfungsanforderungen grundsätzlich hinzunehmen (BVerfGE 25, 236, <248>; 80, 1 <24>). Prüfungsregelungen genügen den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedoch nur, wenn sie für sich genommen geeignet, erforderlich und zumutbar sind (vgl. BVerfGE 80, 1 <24> m.w.N.; stRspr). Das Bestehen von Teilprüfungen kann folglich gefordert werden, wenn diese schon für sich genommen jeweils eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage für die Erreichung des Prüfungszwecks bieten (vgl. BVerfGE 80, 1 <35>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 3.95 -, juris, Rn. 4 f. m.w.N.). Spezifische Anforderungen einer Kongruenz mit Staatsprüfungen sind Art. 12 Abs. 1 GG damit jedoch nicht zu entnehmen.

25

(2) Ob die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch einzelne Prüfungsregelungen gewahrt sind, mit denen die in Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit durch subjektive Zulassungsregelungen eingeschränkt wird (vgl. BVerfGE 80, 1 <24>), müssen die Fachgerichte beurteilen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs waren alle Teilprüfungen der Schwerpunktbereichsprüfung an der beschwerdeführenden Universität so dimensioniert, dass sie für die Gesamteignung der Prüflinge für das Studienziel wesentlich waren. Dann ist auch eine Anforderung, die das Bestehen aller Teilprüfungen erzwingt, zu rechtfertigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit dieser Frage jedoch nicht auseinandergesetzt, weil es, unter Verkennung der nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Satzungsautonomie der Universität auch in Prüfungsfragen (vgl. BVerfGE 93, 85 <93>), bereits deren Gestaltungsspielraum als beschränkt angesehen hat. Es erwähnt zwar kurz die Lehrfreiheit, hält diese aber nicht für berührt. Auch lässt das Gericht die Frage, ob die Ausgestaltung der Prüfungsordnung als Satzung der akademischen Selbstverwaltung unterliegt, ausdrücklich offen. Damit verkennt das Gericht den Schutzgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, der die akademische Selbstverwaltung auch hinsichtlich der Satzungsbefugnis in Prüfungsfragen umfasst. Wird der Satzungsautonomie hingegen Rechnung getragen und ein Kongruenzerfordernis universitärer Prüfungen mit der Staatsprüfung demzufolge verneint, bleibt die Frage zu beantworten, ob jede der drei im Schwerpunkt geforderten Prüfungsleistungen bereits für sich genommen eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage über das Bestehen oder Nichtbestehen der Schwerpunktbereichsprüfung bietet. Nur dann ist die Regelung, die das Bestehen aller drei Leistungen fordert, erforderlich und damit auch verhältnismäßig.

26

(3) In der Beurteilung der Prüfungsregelungen stellen sich tatsächliche Fragen, die von den Fachgerichten unter Beachtung der grundrechtlichen Wertungen zu beantworten sind. Die streitige Bestehensregelung der Universität ist streng, so dass im Vergleich zu anderen Universitäten ein höheres Risiko besteht, die Universitätsprüfung nicht zu bestehen, woraufhin auch eine geringere Zahl an Kandidatinnen und Kandidaten zum Vorbereitungsdienst zugelassen wird. Erhöht die Universität damit die Risiken für Studierende, ein Studium nicht erfolgreich abschließen zu können, ist dies grundsätzlich Teil ihrer Entscheidung in wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten, wenn diese sachlich nachvollziehbar auf den Zweck ausgerichtet sind, die für den juristischen Vorbereitungsdienst ungeeigneten Kandidatinnen und Kandidaten zu ermitteln. Dies zu prüfen obliegt sowohl hinsichtlich der Bestehensregelung sowie weiteren insoweit bedeutsamen Regelungen etwa zur Begrenzung oder Freigabe von Wiederholungsversuchen den Fachgerichten.

27

2. Die Grundrechtsverletzung hat besonderes Gewicht, weil das Bundesverwaltungsgericht die aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erwachsende Grundrechtsposition der Beschwerdeführerin in seine Überlegungen nicht eingestellt hat. Damit fehlt es an dem Versuch, den bestehenden Konflikt mehrerer verfassungsrechtlich geschützter Positionen im Wege der praktischen Konkordanz zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BVerfGE 128, 1 <41> m.w.N.).

28

3. Die angegriffene Entscheidung beruht auch auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Bundesverwaltungsgericht anders entschieden hätte, wenn es die verfassungsrechtlichen Maßstäbe beachtet hätte.

29

4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.