Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 21. Dez. 2016 - 17 A 3564/16

bei uns veröffentlicht am21.12.2016

Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass für den Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Russischen Föderation vorliegt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt im Rahmen einer Untätigkeitsklage die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

2

Der am ... 2009 geborene Kläger ist russischer Staatsangehöriger inguschischer Volkszugehörigkeit. Aufgrund einer seit seiner Geburt vorliegenden schweren Lebererkrankung (progressive familiäre intrahepatische Cholestase, PFIC Typ 1) erfolgte im Bundesgebiet am 8. August 2013 eine Lebertransplantation. Aufgrund einer Transplantatabstoßung wurde die Leber am 15. Dezember 2015 re-transplantiert. Auch nach dieser Re-Transplantation kam es zu einer schweren Abstoßungsreaktion und vielen infektiösen Komplikationen. Zudem leidet der Kläger im Anschluss an die Lebertransplantation an rezidivierenden chologenen Diarrhoen. Weiterhin liegt u.a. eine chronische Herpesvirusinfektion (humanes Herpesvirus Typ VIII) und aufgrund dessen eine Krebserkrankung (Kaposi-Sarkom) vor; diesbezüglich erhält er eine Chemotherapie. Er benötigt aufgrund der Lebertransplantation lebenslang und täglich immunsuppressive Medikamente. Aufgrund des sehr komplexen Verlaufs der Lebertransplantation sind häufig auch kurzfristige Vorstellungen sowie immer wieder stationäre Behandlungen notwendig. Wegen der Einzelheiten seiner gesundheitlichen Situation wird auf das ärztliche Attest der Leiterin der Pädiatrischen Gastroenterologie und Hepatologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 11. Mai 2016 verwiesen.

3

Bis zu seiner Ausreise aus der Russischen Föderation lebte der Kläger mit seinen Eltern und seiner Schwester in Nazran. Am 27. November 2012 reiste er mit seinem Vater in das Bundesgebiet ein. Seine Mutter und seine Schwester reisten kurz danach ebenfalls in das Bundesgebiet ein. Im Jahr 2014 wurden im Bundesgebiet zwei weitere Geschwister geboren.

4

Der Kläger stellte am 10. Dezember 2012 einen Asylantrag. Zur Begründung bezog er sich im Wesentlichen auf seine schwere Erkrankung, deren Behandlung in der Russischen Föderation nicht gewährleistet sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Protokoll der persönlichen Anhörung des Vaters des Klägers beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 17. Januar 2013 sowie auf die dem Bundesamt vorgelegten ärztlichen Atteste und Berichte verwiesen.

5

Mit Schreiben vom 23. Juni 2016 beschränkte der Kläger seinen Antrag auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Absatz 5 und 7 Satz 1 AufenthG).

6

Mit weiterem Schreiben vom 18. Juli 2016 bat der Kläger das Bundesamt um unverzügliche Bescheidung.

7

Am 29. Juli 2016 hat der Kläger Klage erhoben. Die Untätigkeitsklage sei zulässig. Ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung liege nicht vor. Aufgrund seiner schweren Erkrankung, deren Behandlung in der Russischen Föderation nicht gewährleistet sei, liege ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die klägerischen Schriftsätze sowie die diesen beigefügten ärztlichen Atteste und Berichte verwiesen.

8

Der Kläger hatte zunächst beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz und hilfsweise nationalen Abschiebungsschutz zu gewähren. Nach teilweiser Klagerücknahme beantragt er nunmehr,

9

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Russischen Föderation vorliegt

10

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und keine Stellungnahme abgegeben.

11

Mit Verfügung vom 1. August 2016 hat das Gericht die Beklagte um Mitteilung gebeten, warum über den Antrag noch nicht entschieden worden und wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Die Beklagte reagierte hierauf nicht.

12

Das Gericht hat die Asylakten des Klägers, seiner Schwester sowie seiner Eltern beigezogen und diese sowie die in der Ladung vom 8. Dezember 2016 aufgeführten Erkenntnisquellen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Ergänzend wird auf diese, den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

13

Mit Beschluss vom 2. November 2016 ist der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen worden.

Entscheidungsgründe

I.

14

Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 1 AsylG durch den Einzelrichter. Sie konnte trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergehen, da die Beklagte, die gemäß ihrer allgemeinen Prozesserklärung allgemein auf die Einhaltung von Ladungsfristen verzichtet hat, ordnungsgemäß geladen und in der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

II.

1.

15

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

2.

16

Im Übrigen ist die Klage zulässig (hierzu a)) und begründet (hierzu b)).

a)

17

Die Klage ist als Untätigkeitsklage im Sinne von § 75 VwGO zulässig.

18

Nach § 75 Satz 1 VwGO ist eine Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat seinen Asylantrag, in dessen Rahmen das Bundesamt gemäß § 24 Abs. 2 AsylG auch über das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten zu entscheiden hat, bereits im Dezember 2012 gestellt. Es sind mithin bereits vier Jahre vergangen, ohne dass das Bundesamt über das Begehren des Klägers entschieden hat. Ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung liegt nicht vor. Das Bundesamt hat im vorliegenden Verfahren keine Stellungnahme abgegeben und mithin keine Gründe angegeben, die die Nichtbescheidung rechtfertigen könnten. Solche sind auch nicht ersichtlich, da das Bundesamt spätestens seit Januar 2013 von der schwerwiegenden Lebererkrankung des Klägers Kenntnis erlangt hat und damit auch unter Berücksichtigung der hohen Arbeitsbelastung der Beklagten ausreichend Zeit für eine Prüfung und Bescheidung des klägerischen Begehrens bestand (vgl. allgemein zur Frage eines zureichenden Grundes für die Nichtbescheidung in Asylverfahren VG Osnabrück, Urt. v. 14.10.2015, 5 A 390/16, juris, Rn. 24 ff.).

19

Die Voraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO, wonach eine Untätigkeitsklage grundsätzlich nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Antragstellung erhoben werden kann, ist vorliegend offensichtlich erfüllt, da der Kläger seinen Asylantrag bereits vor vier Jahren gestellt hat.

b)

20

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte feststellt, dass für ihn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht.

aa)

21

Das Gericht ist, nachdem der Kläger seine Klage in Bezug auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes zurückgenommen hat und damit nur noch über das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten zu entscheiden ist, verpflichtet, durchzuentscheiden.

22

Zwar spricht viel dafür, dass Gerichte bei einer Untätigkeitsklage, die auf die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung internationalen Schutzes gerichtet ist, nicht durchentscheiden dürfen (so VG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 23.09.2016, A 1 K 2611/16, juris, Rn. 15; VG Aachen, Urt. v. 13.09.2016, 4 K 820/16.A, juris, Rn. 13; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 01.09.2016, 8a K 5354/15.A, juris, Rn. 29 ff.; VG Osnabrück, Urt. v.14.10.2015, 5 A 390/15, juris, Rn. 43 ff.; a.A. BayVGH, Beschl. v. 07.07.2016, 20 ZB 16.30003, juris, Rn. 12). Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Gerichts jedoch nicht für Fälle, in denen lediglich noch das Vorliegen von nationalen Abschiebungsverboten zu prüfen ist. Die Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU), die für die Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz durch die nationalen Behörden besondere Verfahrensvorschriften bereithält, ist auf die Prüfung von nationalen Abschiebungsverboten nicht anwendbar (vgl. Art. 1 der Richtlinie). Auch das deutsche Recht sieht keine besonderen Verfahrensvorschriften für das Bundesamt für die Prüfung von nationalen Abschiebungsverboten vor. Gegen ein Durchentscheiden lässt sich auch nicht die vom Gesetzgeber in § 72 Abs. 2 AufenthG vorausgesetzte besondere Sachkompetenz des Bundesamts für die Prüfung von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG anführen. Bereits der Umstand, dass die Ausländerbehörde das Bundesamt bei der Prüfung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote lediglich beteiligen muss, ohne aber an die Beurteilung durch das Bundesamt gebunden zu sein (vgl. BayVGH, Beschl. v. 27.04.2016, 10 CS 16.485, juris, Rn. 18), spricht dagegen, dass der Gesetzgeber der Sachkompetenz des Bundesamts eine so wesentliche Bedeutung beimisst, dass Gerichte - in den Grenzen des § 75 VwGO - nicht ohne eine vorherige Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen nationaler Abschiebungsverbote entscheiden dürfen (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.08.2012, 17 B 751/12, juris, Rn. 8, sowie VGH Baden-Württemberg, Urt. v.22.07.2009, 11 S 1622/07, juris, Rn. 65: Im Falle der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis kann sich der betroffene Ausländer nicht auf eine zu Unrecht unterbliebene Beteiligung des Bundesamts berufen). Schließlich wird durch ein Durchentscheiden auch nicht in unzulässiger Weise in das Entscheidungsprogramm des Bundesamts eingegriffen. Einen solchen unzulässigen Eingriff hat das erkennende Gericht zwar für den Fall eines Durchentscheidens im Falle eines vom Bundesamt zu Unrecht angenommen Zweitantrags nach § 71a AsylG angenommen (VG Hamburg, Urt. v. 10.08.2016, 17 A 3005/15, n.v.). Dies beruhte allerdings wesentlich auf dem Umstand, dass das Bundesamt sich für den Fall, dass es einen Asylantrag abzulehnen beabsichtigt, entscheiden muss, ob es den Asylantrag als „einfach“ unbegründet oder aber nach § 30 AsylG als offensichtlich unbegründet ablehnt. Lehnt das Bundesamt einen Asylantrag dabei nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG als offensichtlich unbegründet ab, hat dies für den Asylantragsteller gravierende rechtliche Konsequenzen: Gemäß § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG darf ihm - vorbehaltlich der Ausnahmen in § 10 Abs. 3 S. 3 AufenthG und weiterer Bereichsausnahmen (vgl. §§ 25a Abs. 4, 25b Abs. 5 S. 2 AufenthG) - vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Das Gericht kann im Falle eines Durchentscheidens einen Asylantrag hingegen nicht als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG abweisen und damit die Rechtsfolgen des § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG auslösen. Das Gericht könnte im Falle eines Durchentscheidens über einen Asylantrag mithin das vom Gesetzgeber vorgesehene Entscheidungsprogramm nicht einhalten. Diese Problematik stellt sich im Falle des Durchentscheidens über das Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots jedoch nicht. Denn das Bundesamt stellt lediglich fest, ob ein Abschiebungsverbot vorliegt oder nicht (vgl. § 24 Abs. 2 AsylG); die Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot „offensichtlich“ nicht vorliegt, sieht das Gesetz nicht vor.

bb)

23

Für den Kläger liegt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift soll der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wobei nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Dabei ist es nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist und liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.

24

Der Kläger hat aufgrund seiner schwerwiegenden Lebererkrankung bereits zwei Lebertransplantationen hinter sich gebracht. Im Anschluss an diese Lebertransplantationen kam es jeweils zu schweren Abstoßungsreaktionen und vielen infektiösen Komplikationen. Ausweislich der vorgelegten ärztlichen Atteste befindet sich der Kläger aus diesem Grund in einer engmaschigen Betreuung der hochspezialisierten Abteilung für pädiatrische Gastroenterologie und Hepatologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Aufgrund der Lebertransplantation benötigt er zudem täglich und lebenslang immunsuppressive Medikamente, wobei die Aufnahme dieser Medikamente durch seine Durchfallerkrankung erschwert wird. Sollte der Kläger in die Russische Föderation abgeschoben werden, ist ernsthaft zu befürchten, dass er alsbald verstirbt. Denn die medizinische Versorgung in der Russischen Föderation ist lediglich auf einfachem Niveau flächendeckend gewährleistet (AA-Lagebericht 2016, S. 27). Das Gesundheitssystem ist strukturell unterfinanziert. Es besteht ein gravierender Ärztemangel und eine unzureichende Aus- und Fortbildung. Das Auswärtige Amt kann nur für Großstädte wie Moskau und St. Petersburg bestätigen, dass dort auch das Wissen und die technischen Möglichkeiten für anspruchsvollere Behandlungen vorhanden ist (AA-Lagebericht 2016, S. 27). Russische Staatsbürger haben zwar ein Recht auf kostenfreie medizinische Grundversorgung, doch in der Praxis werden nahezu alle Gesundheitsdienstleistungen erst nach verdeckter privater Zuzahlung geleistet (AA-Lagebericht 2016, S. 28). Das Auswärtige Amt kann lediglich in Bezug auf Großstädte bestätigen, dass dort die Versorgung mit Medikamenten gewährleistet ist, wobei die Versorgung aber auch dort nicht kostenfrei ist (AA-Lagebericht 2016, S. 28). Dies deckt sich mit den Aussagen im Länderinformationsblatt zur Russischen Föderation des Bundesamts vom Juni 2014, wonach die Kosten für Medikamente grundsätzlich vom Patienten selbst gezahlt werden müssen. Zudem sind nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts Bevölkerungsgruppen mit Anspruch auf kostenreduzierte und freie Dienst- und Sachleistungen immer wieder von Versorgungsengpässen betroffen (Auswärtiges Amt, Auskunft „Über Russische Föderation/Innenpolitik“ vom 30. April 2010).

25

Aufgrund dieser Situation ist nicht zu erwarten, dass der Kläger in der Russischen Föderation die erforderliche hochspezialisierte medizinische Betreuung sowie die erforderlichen Medikamente zuverlässig erhält. Insbesondere ist nicht zu erwarten, dass der Kläger in der Lage sein wird, durch eigene Zuzahlungen eine adäquate medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung sicherzustellen. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Vater des Klägers aufgrund einer Funktionsstörung des rechten Schultergelenks im Bundesgebiet als schwerbehindert anerkannt wurde mit einem Grad der Behinderung von 50, so dass es ihm, der in Inguschetien als Bauarbeiter tätig war und der über keinen Schulabschluss verfügt, kaum gelingen dürfte, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, das neben der reinen Existenzsicherung für sich, seine Ehefrau und seine vier Kinder auch noch Zuzahlungen zu komplexen medizinischen Behandlungen und zu Medikamenten gewährleistet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Schwester des Klägers aufgrund derselben schwerwiegenden Lebererkrankung (progressive familiäre intrahepatische Cholestase PFIC Typ 1) ebenfalls eine Lebertransplantation hinter sich hat und in ähnlichem Umfang wie der Kläger auf eine hochspezialisierte medizinische Betreuung und Medikamentenversorgung angewiesen ist (vgl. insoweit das Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 17 A 3563/16).

III.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO; die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 21. Dez. 2016 - 17 A 3564/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 21. Dez. 2016 - 17 A 3564/16

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 21. Dez. 2016 - 17 A 3564/16 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 30 Offensichtlich unbegründete Asylanträge


(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. (2) Ein Asylantrag ist

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 76 Einzelrichter


(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist od

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 71a Zweitantrag


(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 24 Pflichten des Bundesamtes


(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über sein

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 72 Beteiligungserfordernisse


(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Rege

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 10 Aufenthaltstitel bei Asylantrag


(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann ertei

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25a Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen


(1) Einem jugendlichen oder jungen volljährigen Ausländer, der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c oder seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Duldung ist, soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn1.er sich seit drei Jahre

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 21. Dez. 2016 - 17 A 3564/16 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 21. Dez. 2016 - 17 A 3564/16 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2016 - 20 ZB 16.30003

bei uns veröffentlicht am 07.07.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt, beizuordnen, wird abgelehnt. III. Der Kläger hat die Kosten

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 23. Sept. 2016 - A 1 K 2611/16

bei uns veröffentlicht am 23.09.2016

Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und über den von ihm gestellten Asylantrag zu entscheiden.Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt eine B

Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 13. Sept. 2016 - 4 K 820/16.A

bei uns veröffentlicht am 13.09.2016

Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, den Asylantrag des Klägers binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu bescheiden. Die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte. Das Urteil ist hinsichtlich der

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 01. Sept. 2016 - 8a K 5354/15.A

bei uns veröffentlicht am 01.09.2016

Tenor Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 11. Februar 2015 auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu entscheiden. Im Übrigen wird die Kla

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. Juli 2009 - 11 S 1622/07

bei uns veröffentlicht am 22.07.2009

Tenor Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 – 11 K 434/06 – wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerich

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und über den von ihm gestellten Asylantrag zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Bescheidung seines beim Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gestellten Asylantrags.
Der Kläger reiste nach eigenen Angaben am 20.08.2014 in das Bundesgebiet ein. Am 09.09.2014 beantragte er beim Bundesamt seine Anerkennung als Asylberechtigter. Dabei gab er an, aus Somalia zu stammen; Identitätspapiere legte er nicht vor.
Eine inhaltliche Bearbeitung des Asylantrags ist seither nicht erfolgt.
Der Kläger hat am 03.08.2016 Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend macht, dass die Beklagte seinen Asylantrag bislang ohne zureichenden Grund nicht bearbeitet und beschieden habe. Die Klage sei daher gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, sein Asylverfahren fortzuführen und über den von ihm gestellten Asylantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen sowie hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und eine angemessene Frist für die Entscheidung festzusetzen.
Dem Gericht liegt ein Heft Akten des Bundesamts vor. Der Inhalt dieser Akten und die im laufenden Verfahren gewechselten Schriftsatze samt Anlagen sind Gegenstand der Entscheidung. Hierauf wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10 
Der Vorsitzende entscheidet im Einverständnis der Beteiligten als Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung (§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO).
11 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage im Sinne des § 75 VwGO zulässig und begründet; denn die Beklagte ist zur Fortführung des Verfahrens und zur Entscheidung über den Asylantrag des Klägers verpflichtet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
12 
Nach § 75 Satz 1 VwGO ist eine Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Voraussetzungen des § 75 Satz 2 VwGO, wonach eine Untätigkeitsklage nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Antragstellung erhoben werden kann, sind vorliegend offensichtlich erfüllt, nachdem der Asylantrag des Klägers bereits im September 2014 gestellt wurde, ohne dass bislang über ihn entschieden worden ist. Darüber hinaus ist auch keinerlei inhaltliche Bearbeitung des Antrags erfolgt; insbesondere haben bislang weder eine Anhörung des Klägers noch sonstige Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung stattgefunden.
13 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von sechs Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um neun weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um drei weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20.07.2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die dreimonatige Frist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde. Dies würde zudem der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 14.11.2013 - C 4/11 -) zuwiderlaufen, der ausdrücklich betont, dass die Situation von Asylbewerbern nicht durch eine unangemessen lange Dauer zur Bearbeitung ihres Verfahrens verschlimmert werden darf (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2016 - A 12 K 439/16 - juris; VG Trier, Urteil vom 18.08.2016 - 5 K 3379/16.TR -). Unabhängig davon ist im vorliegenden Fall mittlerweile auch eine Frist von 21 Monaten abgelaufen.
14 
Es ist ferner nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage, dass der Asylbewerber vor Klageerhebung bei der Beklagten einen Antrag im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG auf Mitteilung gestellt hat, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden werde. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass mit dieser Vorschrift die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage in Abweichung von § 75 VwGO für asylrechtliche Streitigkeiten modifiziert werden sollen, denn sie regelt ersichtlich lediglich die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Mitteilung des voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkts (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 08.07.2016 - A 3 K 172/16 - juris m.w. Nachw.; VG Trier, Urteil vom 18.08.2016 - 5 K 3379/16.TR -).
15 
Das Gericht ist wegen der Besonderheiten des Asylverfahrens nicht gehalten, „durchzuentscheiden“ und eine Entscheidung in der Sache zu treffen, d.h. Spruchreife nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO herzustellen (ebenso: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1997 - A 13 S 1186/97 -; VG Karlsruhe, Urteil vom 08.07.2016 - A 3 K 172/16 - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2016 - A 12 K 439/16 - juris; VG München, Urteil vom 08.02.2016 - M 24 K 15.31419 - juris; VG Trier, Urteil vom 18.08.2016 - 5 K 3379/16.TR -; a.A. BayVGH, Beschluss vom 07.07.2016 - 20 ZB 16.30003 - juris sowie - nicht tragend - VG Freiburg, Beschluss vom 26.01.2016 - A 5 K 2597/15 - juris). Zwar geht das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 07.03.1995 (- 9 C 264.94 - juris-Rn. 14) davon aus, dass das Verwaltungsgericht auch im Asylverfahren die Sache grundsätzlich spruchreif zu machen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat hiervon allerdings wegen der besonderen Struktur des asylrechtlichen Verwaltungsverfahrens eine Ausnahme zugelassen, wenn das Bundesamt überhaupt noch keine sachliche Entscheidung über einen Asylantrag getroffen hat. Aus der besonderen Struktur des asylrechtlichen Anerkennungsverfahrens folgt hiernach, dass die vom Bundesamt verweigerte sachliche Prüfung nicht durch das Gericht zu treffen, sondern vorrangig vom Bundesamt als zuständiger Fachbehörde nachzuholen ist. Zwar betrifft diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich nur Fälle, in denen nach den §§ 32 und 33 AsylVfG (heute: AsylG) eine Sachentscheidung unterblieben ist. Für den Fall, dass das Bundesamt über einen Asylantrag ohne sachlichen Grund innerhalb angemessener Frist nicht entschieden hat, kann aber im Ergebnis nichts anderes gelten (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1997, aaO.). Dem Kläger ginge bei einem Durchentscheiden des Gerichts eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.03.1995, aaO.). Ferner kann das Gericht bei einer ablehnenden Entscheidung über den Asylantrag keine Abschiebungsandrohung mit den entsprechenden gesetzlich vorgeschriebenen Fristen aussprechen. Diese Entscheidung hat vielmehr das Bundesamt zu treffen, wobei sich die von ihm zu setzende Ausreisefrist danach richtet, ob es den Asylantrag als unbeachtlich, offensichtlich unbegründet (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG) oder lediglich als einfach unbegründet (vgl. § 38 Abs. 1 AsylG) ablehnt. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu (VGH Bad.-Württ., ebd.). Schließlich wäre in diesen Fällen mit einem Durchentscheiden des Gerichts keine Verfahrensbeschleunigung verbunden, da gegen eine nach der Entscheidung des Gerichts durch das Bundesamt ergehende Abschiebungsandrohung wiederum gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden könnte.
16 
Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht im Asylrecht auch in den so genannten Dublin-Verfahren, in denen das Bundesamt den Asylantrag nicht in der Sache geprüft hat, den Gerichten keine Berechtigung zuweist, den geltend gemachten Asylanspruch sachlich zu prüfen, sondern eine Anfechtungsklage als allein statthafte Klageart ansieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162).
17 
Ferner sprechen auch europarechtliche Gesichtspunkte gegen ein Durchentscheiden. Denn aus unionsrechtlichen Gründen muss im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie Asylbewerbern eine auf bloße Verwaltungsentscheidung gerichtete Untätigkeitsklage möglich sein. Entscheidend ist, dass sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a.F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n.F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n.F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen. Dabei kann eine Anhörung durch ein Gericht in der mündlichen Verhandlung die in Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a.F. und in Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n.F. vorgesehenen Anforderungen an die persönliche Anhörung nicht stets wahren. Denn Art. 13 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL a.F. wie auch Art. 15 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL n.F. sehen vor, dass die persönliche Anhörung vor der Verwaltung regelmäßig ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen und unter Bedingungen stattfindet, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, während der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 GVG i.V.m. § 55 VwGO) Ausnahmen gemäß § 171a ff. GVG (i.V.m. § 55 VwGO) nur unter engeren Voraussetzungen zulässt (vgl. VG München, Urteil vom 08.02.2016 - M 24 K 15.31419 - juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2016 - A 4 K 5054/15 -).
18 
Dieser Vergleich des unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensanspruchs eines Asylbewerbers einerseits mit der Ausgestaltung des nationalen verwaltungsprozessualen Verfahrensrechts andererseits spricht dafür, dass ein Asylbewerber nicht verpflichtet ist, seine Untätigkeitsklage auf bestimmte inhaltliche Rechtspositionen zu richten, deren Spruchreifmachung eine entsprechende Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht erforderlich machen könnte, sondern zur Wahrung seiner unionsrechtlichen Verfahrensrechte im Verwaltungsverfahren seine Untätigkeitsklage auch auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung richten kann.
19 
Einem Absehen von einem Durchentscheiden bei einer fehlenden behördlichen Entscheidung über den Asylantrag steht auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verpflichtung der Gerichte, bei so genannten Folgeanträgen durchzuentscheiden (BVerwG, Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171), nicht entgegen. Beide Fallkonstellationen unterscheiden sich grundlegend. Während bei einem Folgeantrag nach erfolgloser Durchführung eines Asylerstverfahrens bereits einmal eine Prüfung des Asylbegehrens durch die Behörde erfolgt ist, und es im behördlichen Verfahren im Folgeverfahren zunächst lediglich um die Frage geht, ob die Bestandskraft der ursprünglichen Entscheidung aufgrund bestimmter Umstände zu durchbrechen ist, ist bei der vorliegenden Konstellation noch überhaupt keine inhaltlich Prüfung des materiellen Anspruchs des Asylbewerbers erfolgt. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zudem zeitlich vor dem Erlass der europäischen Verfahrensrichtlinien ergangen und konnte von daher deren Vorgaben naturgemäß noch nicht berücksichtigen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2016 - A 4 K 5054/15 -).
20 
Besonders deutlich wird diese Problematik anhand der vorliegenden Fallkonstellation. Außer der Aufnahme der wesentlichen Personaldaten ist hier keinerlei Aufklärung des Sachverhalts im Verwaltungsverfahren erfolgt. Das Gericht müsste also gewissermaßen das gesamte Verwaltungsverfahren in eigener Regie durchführen. Dieses Ergebnis kann aber kaum mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung vereinbar sein. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 07.07.2016 - 20 ZB 16.30003 - juris) der Auffassung ist, die Verwaltungsgerichte hätten das Bundesamt in solchen Fällen durch prozessleitende Verfügungen oder im Beschlusswege zur Durchführung unabdingbarer Verfahrensschritte anzuhalten, dürfte dies der Realität der Gerichtsverfahren in der ersten Instanz nicht entsprechen. Abgesehen davon, dass es wohl keine Rechtsgrundlage gibt, die es den Verwaltungsgerichten ermöglichen würde, das Bundesamt beispielsweise verbindlich mit Maßnahmen der Identitätsfeststellung, der Einholung eines Sprachgutachtens oder einer Anhörung des Asylbewerbers zu betrauen, dürfte ein solches Ansinnen jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht auf unüberwindbare Schwierigkeiten stoßen. Nach den Erfahrungen der Kammer ist es schon kaum möglich, auf einfachste Anfragen sinnvolle Antworten des Bundesamts zu erhalten. Gerichtliche Verfügungen werden vielmehr häufig gar nicht, verspätet oder inhaltlich unzureichend beantwortet. Wie es den Verwaltungsgerichten bei dieser Ausgangslage gelingen sollte, das offenbar nach wie vor überlastete Bundesamt in zahlreichen Fällen dazu zu bewegen, für erforderlich gehaltene Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung durchzuführen, ist unerfindlich.
21 
Die demnach zulässige Klage ist auch in der Sache begründet, denn es fehlt an einem sachlichen Grund für die Nichtbescheidung des Asylantrags des Klägers. Es liegt kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 3 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers vor, so dass eine Aussetzung des Verfahrens nicht in Betracht kommt. Die Beklagte beruft sich insoweit zu Unrecht auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann zwar grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 3 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Rn. 13). Für im Jahr 2015 gestellte Asylanträge nimmt die Kammer auch eine solche vorübergehende Überlastung an (vgl. Beschluss vom 23.08.2016 - A 1 K 2273/16 -). Indes stellt sich die Lage im Jahr 2014 noch anders dar. In diesem Jahr war „nur“ ein Eingang von 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist ein extremer Anstieg auf eine Zahl von 476.649 Asylanträgen zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Hiernach spricht Vieles dafür, dass die über zweijährige Untätigkeit der Beklagten im vorliegenden Verfahren die Folge einer seit mehreren Jahren zu verzeichnenden ständigen Arbeitsüberlastung des Bundesamtes ist. Diese stellt jedoch keinen sachlichen Grund im Sinne des § 75 VwGO dar (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2016 - A 12 K 439/16 - juris; Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 75 Rn. 8 m.w. Nachw.).
22 
Soweit das Bundesamt schließlich anführt, der Kläger habe keine Personalpapiere vorgelegt, kann auch darin kein zureichender Grund für die Untätigkeit der Behörde gesehen werden. Vielmehr wäre es in solchen Fällen Sache des Bundesamts, den Sachverhalt weiter aufzuklären und beispielsweise den Asylbewerber ausdrücklich zu Mitwirkungshandlungen aufzufordern, ihn zur Klärung der Herkunft zu einem Sprachgutachten einzubestellen oder ihn mündlich zu seinen persönlichen Verhältnissen im Herkunftsstaat und zu seinen Fluchtgründen anzuhören. Dies ist hier nicht geschehen. Abgesehen davon ist es im vorliegenden Fall im Hinblick auf die jahrzehntelang nicht vorhandenen oder jedenfalls nur unzureichenden staatlichen Strukturen in Somalia auch nicht ausgeschlossen, dass der Kläger wie vorgetragen tatsächlich keine Personalpapiere besitzt.
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b AsylG.

Gründe

10 
Der Vorsitzende entscheidet im Einverständnis der Beteiligten als Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung (§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO).
11 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage im Sinne des § 75 VwGO zulässig und begründet; denn die Beklagte ist zur Fortführung des Verfahrens und zur Entscheidung über den Asylantrag des Klägers verpflichtet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
12 
Nach § 75 Satz 1 VwGO ist eine Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Voraussetzungen des § 75 Satz 2 VwGO, wonach eine Untätigkeitsklage nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Antragstellung erhoben werden kann, sind vorliegend offensichtlich erfüllt, nachdem der Asylantrag des Klägers bereits im September 2014 gestellt wurde, ohne dass bislang über ihn entschieden worden ist. Darüber hinaus ist auch keinerlei inhaltliche Bearbeitung des Antrags erfolgt; insbesondere haben bislang weder eine Anhörung des Klägers noch sonstige Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung stattgefunden.
13 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von sechs Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um neun weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um drei weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20.07.2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die dreimonatige Frist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde. Dies würde zudem der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 14.11.2013 - C 4/11 -) zuwiderlaufen, der ausdrücklich betont, dass die Situation von Asylbewerbern nicht durch eine unangemessen lange Dauer zur Bearbeitung ihres Verfahrens verschlimmert werden darf (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2016 - A 12 K 439/16 - juris; VG Trier, Urteil vom 18.08.2016 - 5 K 3379/16.TR -). Unabhängig davon ist im vorliegenden Fall mittlerweile auch eine Frist von 21 Monaten abgelaufen.
14 
Es ist ferner nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage, dass der Asylbewerber vor Klageerhebung bei der Beklagten einen Antrag im Sinne des § 24 Abs. 4 AsylG auf Mitteilung gestellt hat, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden werde. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass mit dieser Vorschrift die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage in Abweichung von § 75 VwGO für asylrechtliche Streitigkeiten modifiziert werden sollen, denn sie regelt ersichtlich lediglich die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Mitteilung des voraussichtlichen Entscheidungszeitpunkts (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 08.07.2016 - A 3 K 172/16 - juris m.w. Nachw.; VG Trier, Urteil vom 18.08.2016 - 5 K 3379/16.TR -).
15 
Das Gericht ist wegen der Besonderheiten des Asylverfahrens nicht gehalten, „durchzuentscheiden“ und eine Entscheidung in der Sache zu treffen, d.h. Spruchreife nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO herzustellen (ebenso: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1997 - A 13 S 1186/97 -; VG Karlsruhe, Urteil vom 08.07.2016 - A 3 K 172/16 - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2016 - A 12 K 439/16 - juris; VG München, Urteil vom 08.02.2016 - M 24 K 15.31419 - juris; VG Trier, Urteil vom 18.08.2016 - 5 K 3379/16.TR -; a.A. BayVGH, Beschluss vom 07.07.2016 - 20 ZB 16.30003 - juris sowie - nicht tragend - VG Freiburg, Beschluss vom 26.01.2016 - A 5 K 2597/15 - juris). Zwar geht das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 07.03.1995 (- 9 C 264.94 - juris-Rn. 14) davon aus, dass das Verwaltungsgericht auch im Asylverfahren die Sache grundsätzlich spruchreif zu machen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat hiervon allerdings wegen der besonderen Struktur des asylrechtlichen Verwaltungsverfahrens eine Ausnahme zugelassen, wenn das Bundesamt überhaupt noch keine sachliche Entscheidung über einen Asylantrag getroffen hat. Aus der besonderen Struktur des asylrechtlichen Anerkennungsverfahrens folgt hiernach, dass die vom Bundesamt verweigerte sachliche Prüfung nicht durch das Gericht zu treffen, sondern vorrangig vom Bundesamt als zuständiger Fachbehörde nachzuholen ist. Zwar betrifft diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich nur Fälle, in denen nach den §§ 32 und 33 AsylVfG (heute: AsylG) eine Sachentscheidung unterblieben ist. Für den Fall, dass das Bundesamt über einen Asylantrag ohne sachlichen Grund innerhalb angemessener Frist nicht entschieden hat, kann aber im Ergebnis nichts anderes gelten (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.07.1997, aaO.). Dem Kläger ginge bei einem Durchentscheiden des Gerichts eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.03.1995, aaO.). Ferner kann das Gericht bei einer ablehnenden Entscheidung über den Asylantrag keine Abschiebungsandrohung mit den entsprechenden gesetzlich vorgeschriebenen Fristen aussprechen. Diese Entscheidung hat vielmehr das Bundesamt zu treffen, wobei sich die von ihm zu setzende Ausreisefrist danach richtet, ob es den Asylantrag als unbeachtlich, offensichtlich unbegründet (vgl. § 36 Abs. 1 AsylG) oder lediglich als einfach unbegründet (vgl. § 38 Abs. 1 AsylG) ablehnt. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu (VGH Bad.-Württ., ebd.). Schließlich wäre in diesen Fällen mit einem Durchentscheiden des Gerichts keine Verfahrensbeschleunigung verbunden, da gegen eine nach der Entscheidung des Gerichts durch das Bundesamt ergehende Abschiebungsandrohung wiederum gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden könnte.
16 
Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht im Asylrecht auch in den so genannten Dublin-Verfahren, in denen das Bundesamt den Asylantrag nicht in der Sache geprüft hat, den Gerichten keine Berechtigung zuweist, den geltend gemachten Asylanspruch sachlich zu prüfen, sondern eine Anfechtungsklage als allein statthafte Klageart ansieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162).
17 
Ferner sprechen auch europarechtliche Gesichtspunkte gegen ein Durchentscheiden. Denn aus unionsrechtlichen Gründen muss im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie Asylbewerbern eine auf bloße Verwaltungsentscheidung gerichtete Untätigkeitsklage möglich sein. Entscheidend ist, dass sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a.F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n.F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n.F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen. Dabei kann eine Anhörung durch ein Gericht in der mündlichen Verhandlung die in Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a.F. und in Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n.F. vorgesehenen Anforderungen an die persönliche Anhörung nicht stets wahren. Denn Art. 13 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL a.F. wie auch Art. 15 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL n.F. sehen vor, dass die persönliche Anhörung vor der Verwaltung regelmäßig ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen und unter Bedingungen stattfindet, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, während der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 GVG i.V.m. § 55 VwGO) Ausnahmen gemäß § 171a ff. GVG (i.V.m. § 55 VwGO) nur unter engeren Voraussetzungen zulässt (vgl. VG München, Urteil vom 08.02.2016 - M 24 K 15.31419 - juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2016 - A 4 K 5054/15 -).
18 
Dieser Vergleich des unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensanspruchs eines Asylbewerbers einerseits mit der Ausgestaltung des nationalen verwaltungsprozessualen Verfahrensrechts andererseits spricht dafür, dass ein Asylbewerber nicht verpflichtet ist, seine Untätigkeitsklage auf bestimmte inhaltliche Rechtspositionen zu richten, deren Spruchreifmachung eine entsprechende Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht erforderlich machen könnte, sondern zur Wahrung seiner unionsrechtlichen Verfahrensrechte im Verwaltungsverfahren seine Untätigkeitsklage auch auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung richten kann.
19 
Einem Absehen von einem Durchentscheiden bei einer fehlenden behördlichen Entscheidung über den Asylantrag steht auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Verpflichtung der Gerichte, bei so genannten Folgeanträgen durchzuentscheiden (BVerwG, Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171), nicht entgegen. Beide Fallkonstellationen unterscheiden sich grundlegend. Während bei einem Folgeantrag nach erfolgloser Durchführung eines Asylerstverfahrens bereits einmal eine Prüfung des Asylbegehrens durch die Behörde erfolgt ist, und es im behördlichen Verfahren im Folgeverfahren zunächst lediglich um die Frage geht, ob die Bestandskraft der ursprünglichen Entscheidung aufgrund bestimmter Umstände zu durchbrechen ist, ist bei der vorliegenden Konstellation noch überhaupt keine inhaltlich Prüfung des materiellen Anspruchs des Asylbewerbers erfolgt. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist zudem zeitlich vor dem Erlass der europäischen Verfahrensrichtlinien ergangen und konnte von daher deren Vorgaben naturgemäß noch nicht berücksichtigen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2016 - A 4 K 5054/15 -).
20 
Besonders deutlich wird diese Problematik anhand der vorliegenden Fallkonstellation. Außer der Aufnahme der wesentlichen Personaldaten ist hier keinerlei Aufklärung des Sachverhalts im Verwaltungsverfahren erfolgt. Das Gericht müsste also gewissermaßen das gesamte Verwaltungsverfahren in eigener Regie durchführen. Dieses Ergebnis kann aber kaum mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung vereinbar sein. Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 07.07.2016 - 20 ZB 16.30003 - juris) der Auffassung ist, die Verwaltungsgerichte hätten das Bundesamt in solchen Fällen durch prozessleitende Verfügungen oder im Beschlusswege zur Durchführung unabdingbarer Verfahrensschritte anzuhalten, dürfte dies der Realität der Gerichtsverfahren in der ersten Instanz nicht entsprechen. Abgesehen davon, dass es wohl keine Rechtsgrundlage gibt, die es den Verwaltungsgerichten ermöglichen würde, das Bundesamt beispielsweise verbindlich mit Maßnahmen der Identitätsfeststellung, der Einholung eines Sprachgutachtens oder einer Anhörung des Asylbewerbers zu betrauen, dürfte ein solches Ansinnen jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht auf unüberwindbare Schwierigkeiten stoßen. Nach den Erfahrungen der Kammer ist es schon kaum möglich, auf einfachste Anfragen sinnvolle Antworten des Bundesamts zu erhalten. Gerichtliche Verfügungen werden vielmehr häufig gar nicht, verspätet oder inhaltlich unzureichend beantwortet. Wie es den Verwaltungsgerichten bei dieser Ausgangslage gelingen sollte, das offenbar nach wie vor überlastete Bundesamt in zahlreichen Fällen dazu zu bewegen, für erforderlich gehaltene Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung durchzuführen, ist unerfindlich.
21 
Die demnach zulässige Klage ist auch in der Sache begründet, denn es fehlt an einem sachlichen Grund für die Nichtbescheidung des Asylantrags des Klägers. Es liegt kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 3 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers vor, so dass eine Aussetzung des Verfahrens nicht in Betracht kommt. Die Beklagte beruft sich insoweit zu Unrecht auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann zwar grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 3 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Rn. 13). Für im Jahr 2015 gestellte Asylanträge nimmt die Kammer auch eine solche vorübergehende Überlastung an (vgl. Beschluss vom 23.08.2016 - A 1 K 2273/16 -). Indes stellt sich die Lage im Jahr 2014 noch anders dar. In diesem Jahr war „nur“ ein Eingang von 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist ein extremer Anstieg auf eine Zahl von 476.649 Asylanträgen zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Hiernach spricht Vieles dafür, dass die über zweijährige Untätigkeit der Beklagten im vorliegenden Verfahren die Folge einer seit mehreren Jahren zu verzeichnenden ständigen Arbeitsüberlastung des Bundesamtes ist. Diese stellt jedoch keinen sachlichen Grund im Sinne des § 75 VwGO dar (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 23.03.2016 - A 12 K 439/16 - juris; Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 75 Rn. 8 m.w. Nachw.).
22 
Soweit das Bundesamt schließlich anführt, der Kläger habe keine Personalpapiere vorgelegt, kann auch darin kein zureichender Grund für die Untätigkeit der Behörde gesehen werden. Vielmehr wäre es in solchen Fällen Sache des Bundesamts, den Sachverhalt weiter aufzuklären und beispielsweise den Asylbewerber ausdrücklich zu Mitwirkungshandlungen aufzufordern, ihn zur Klärung der Herkunft zu einem Sprachgutachten einzubestellen oder ihn mündlich zu seinen persönlichen Verhältnissen im Herkunftsstaat und zu seinen Fluchtgründen anzuhören. Dies ist hier nicht geschehen. Abgesehen davon ist es im vorliegenden Fall im Hinblick auf die jahrzehntelang nicht vorhandenen oder jedenfalls nur unzureichenden staatlichen Strukturen in Somalia auch nicht ausgeschlossen, dass der Kläger wie vorgetragen tatsächlich keine Personalpapiere besitzt.
23 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83 b AsylG.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, den Asylantrag des Klägers binnen drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu bescheiden.

Die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

Tenor

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 11. Februar 2015 auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt, beizuordnen, wird abgelehnt.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I. Der Kläger ist nach seinen Angaben somalischer Staatsangehöriger und hat sich am 23. Juli 2014 als Asylsuchender gemeldet. Am 29. Juli 2014 stellte er einen Asylantrag bei der Außenstelle des Bundesamtes. Mit Schreiben vom 15. Juni 2015 forderte die Bevollmächtigte des Klägers die unverzügliche Bestimmung eines Anhörungstermins. Auf Nachfrage des Klägers teilte das Bundesamt mit Schreiben vom 24. Juli 2015 mit, dass angesichts der derzeit bestehenden Prioritäten leider kein konkreter Termin genannt werden könne.

Hierauf erhob der Kläger Klage und beantragte, die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren fortzusetzen und über den Asylantrag zu entscheiden.

Mit Urteil vom 24. November 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig ab. Die Klage sei bereits unstatthaft.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung möchte der Kläger die Frage einer grundsätzlichen Klärung zuführen, ob in asylrechtlichen Streitigkeiten eine Untätigkeitsklage in Form der Bescheidungsklage zulässig sei.

Die Beklagte äußerte sich nicht in der Sache.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Darlegung der Grundsatzbedeutung setzt voraus, dass eine bestimmte, obergerichtlich oder höchstgerichtlich noch nicht hinreichend geklärte und für die Berufungsentscheidung erhebliche Frage rechtlicher oder tatsächlicher Art herausgearbeitet und formuliert wird; zudem muss angegeben werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Darzulegen sind die konkrete Frage, ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1.4.2014 -1 B 1.14 - AuAS 2014,110 und vom 10.3.2015 - 1 B 7.15 - juris Rn. 3).

Soweit die Beschwerde folgende Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig aufwirft:

„ob in asylrechtlichen Streitigkeiten eine Untätigkeitsklage in Form der Bescheidungsklage zulässig ist."

rechtfertigt diese nicht die Zulassung der Berufung. Denn diese Frage ist, soweit sie rechtsgrundsätzlicher Klärung zugänglich ist, bereits anhand des Gesetzes unter Berücksichtigung der anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung zu beantworten. Nachdem in den besonderen Prozessvorschriften der §§ 74 ff. AsylG keine Regelung zu der aufgeworfenen Frage getroffen wurde, richtet sich die prozessuale Rechtsschutzmöglichkeit bei Untätigkeit des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) nach den allgemeinen Regelungen. Hiervon ausgehend ist ein Asylbegehren nach § 13 AsylG im Wege einer Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt 2, § 113 Abs. 5 VwGO) zu verfolgen. Für eine auf Mängel des Verwaltungsverfahrens gestützte Bescheidungsklage besteht kein Rechtsschutzinteresse (BVerwG, B. v. 21.11.1983 - 9 B 10044.82 - juris). Die Verwaltungsgerichte sind grundsätzlich gehalten, eine Verpflichtungsklage nach dem AsylG nach Möglichkeit spruchreif zu machen und abschließend zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 1, § 86 Abs. 1 VwGO, § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG; vgl. BVerwG U. v. 10.2.1998 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171; U. v. 20.10.2004 - 1 C 15.03 - juris). In Asylrechtsstreitigkeiten hat das Verwaltungsgericht entsprechend der gesetzlichen Regelung der § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO die Sache unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Gründe auch dann selbst zu klären und abschließend zu entscheiden, wenn die persönliche Anhörung des Asylbewerbers im Verwaltungsverfahren unterblieben ist (BVerwG, B. v. 9.3.1982 - 9 B 360.82 - juris = DÖV 1982, 744). In seinem Beschluss vom 9. März 1982, (a. a. O.) hat das Bundesverwaltungsgericht hierzu ausgeführt:

„Seit BVerwGE 10, 202 (204) entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Tatsachengericht grundsätzlich den Sachverhalt in dem zur Sachentscheidung erforderlichen Umfang aufzuklären und selbst über den Klageantrag zu entscheiden hat (vgl. § 113 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Eine Zurückverweisung in das Verwaltungsverfahren kommt ausnahmsweise in Betracht bei Entscheidungen, für die Ermessens- und andere Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte eine Rolle spielen können (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juli 1973 - BVerwG 6 C 43.73 - (BVerwGE 44, 17), vom 5. November 1975 - BVerwG 6 C 4.74 - (BVerwGE 49, 307), vom 7. Oktober 1980 - BVerwG 6 C 39.80 - (BVerwGE 61, 45) und vom 20. August 1981 - BVerwG 6 C 160.80 -); weitere Ausnahmen vom Grundsatz der herbeizuführenden Spruchreife bestehen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn eine bestimmte fachliche Prüfung besonderen Behörden übertragen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 1974 - 1 WB 57.74 - (BVerwGE 46, 356) m. w. N.) oder wenn es zur abschließenden Sachaufklärung einer mit den erforderlichen Mitteln ausgerüsteten Behörde bedarf (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. November 1972 - BVerwG 8 C 81.71 - (BVerwGE 41, 220) und vom 16. Januar 1974 - BVerwG 8 C 56.73 - (BVerwGE 44, 278)). Schließlich ist im Interesse effektiven Rechtsschutzes ein fehlerfreies Verwaltungsverfahren dort zu fordern, wo die Behörde vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens aus ihrem Bescheid Folgerungen herleiten möchte (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Juli 1973 - BVerwG 6 C 43.73 - (a. a. O.) m. w. N. und vom 7. Oktober 1980 - BVerwG 6 C 39.80 - (a. a. O.)).

Das asylrechtliche Verfahren ist keinem dieser in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Ausnahmefälle zuzuordnen. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge entscheidet weder nach Zweckmäßigkeits- oder sonstigen Ermessenserwägungen noch aufgrund einer Beurteilungsermächtigung, sondern nach zwingendem Recht, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter erfüllt sind (§ 28 AuslG). Ebensowenig bedarf es besonderer Fachkunde zur Anhörung des Antragstellers. Effektiven Rechtsschutz schließlich gewährleistet das durch Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG u. a. verbürgte Aufenthaltsrecht des Asylbewerbers (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1981 - BVerwG 1 C 169.79 - m. w. N.).

Hinreichend geklärt ist weiter in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die unterbliebene Anhörung des Antragstellers im Verwaltungsverfahren das Tatsachengericht nicht von der Pflicht entbindet, die Sache spruchreif zu machen. Da auch eine "wohlwollendere" Beurteilung des persönlichen Vortrags vor dem Bundesamt durch die Bundesrepublik Deutschland einer unbeschränkten gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden könnte, ist es in diesen Fällen allein sachgerecht, eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts zum Anerkennungsbegehren selbst herbeizuführen; nur auf diese Weise läßt sich eine andernfalls nicht auszuschließende doppelte Inanspruchnahme des Gerichts - nach erneutem Verwaltungsverfahren - vermeiden und der im öffentlichen Interesse liegenden Beschleunigung des Anerkennungsverfahrens Rechnung tragen (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 5. November 1975 - BVerwG 6 C 4.74 - (a. a. O.), vom 7. Oktober 1980 - BVerwG 6 C 39.80 - (a. a. O.) und vom 20. August 1981 - BVerwG 6 C 160.80 -).

Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte werfen demgegenüber keine Rechtsfragen auf, die grundsätzlicher Klärung bedürften. Zwar beeinflussen die Grundrechte nicht nur das gesamte materielle, sondern auch das Verfahrensrecht, soweit dieses für einen effektiven Grundrechtsschutz von Bedeutung ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. November 1979 - 1 BvR 654/79 - (BVerfGE 52, 391), vom 20. Dezember 1979 - 1 BvR 385/77 - (BVerfGE 53, 30) und vom 25. Februar 1981 - 1 BvR 413/80 u. a. - (BVerfGE 56, 216)); derartige Bedeutung kommt aber der Anhörung des Asylbewerbers im Verfahren vor dem Bundesamt nicht zu. Er kann nach dem Grundsatz mündlicher Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht gehindert werden, seine Gründe persönlich vorzutragen. Weiter folgt aus dem oben Dargelegten, dass die Anhörung im Anerkennungsverfahren keine unangreifbare, der gerichtlichen Überprüfung entzogene Rechtsstellung verschafft. Schließlich gewährleistet der durch Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG verbürgte aufenthaltsrechtliche Schutz, dass ein Asylbewerber sich vor Gericht Gehör verschaffen kann. Unter diesen Umständen kommt der Anhörung im V e r w a l t u n g s verfahren nicht die vom Bundesverfassungsgericht angesprochene Bedeutung für den wirksamen Schutz des Grundrechtes auf politisches Asyl zu. Ebensowenig führt die unterbliebene Anhörung im Verwaltungsverfahren unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) zu grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfragen. Die im Grundgesetz verankerte Teilung der Gewalten besagt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 10. Oktober 1972 - 2 BvL 51/69 - (BVerfGE 34, 52 (59)) m. w. N.), dass keine Gewalt der für die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten beraubt werden darf; der Kernbereich der verschiedenen Gewalten ist unveränderbar. Der in diesem Umfang geschützte Aufgabenbereich der Gerichte wäre aber selbst dann nicht berührt, wenn das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bei einer Vielzahl von Asylbewerbern von einer persönlichen Anhörung absehen sollte. Es gehört nämlich grundsätzlich zu den Aufgaben a u c h der Verwaltungsgerichte, den Rechtssuchenden zu hören; dies folgt aus dem Grundsatz mündlicher Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO) und der oben erläuterten vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit der Angaben des Asylsuchenden im Verwaltungsverfahren.“

An diesen Grundsätzen hat sich trotz der zwischenzeitlichen Rechtsentwicklung im Asyl- und Flüchtlingsrecht im Grundsatz nichts geändert. Nach wie vor handelt es sich bei den im AsylG vorgesehenen materiellen Ansprüchen um gebundene Entscheidungen, welche dem Bundesamt keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum eröffnen. Auch Zweckmäßigkeitserwägungen wie in § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind den Regelungen des AsylG fremd.

Wenn von einigen Verwaltungsgerichten (VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 49 f; VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris) die gegenteilige Auffassung vertreten wird, weil dem Kläger eine Tatsacheninstanz im Verwaltungsverfahren genommen würde, widerspricht dies der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit in diesem Zusammenhang angeführt wird, dass dem Asylbewerber im Falle des „Durchentscheidens“ die ihm nach der Asylverfahrensrichtlinie des Rates (für förmliche Asylanträge bis einschließlich zum 19.07.2015 Richtlinie 2005/85/EG, für nach diesem Datum gestellte Anträge Richtlinie 2013/32/EU) eingeräumten Rechte zum Teil genommen würden, so überzeugt dies nicht. Dieses Argument wäre nur dann beachtlich, wenn einem Antragsteller bei dem dort geregelten Verfahren ein Mehr an Verfahrensrechten als in einem gerichtlichen Verfahren eingeräumt wäre oder das Bundesamt seine Entscheidung als besonders sachkundige Behörde trifft. Beides ist nicht der Fall. Zwar mag es sein, dass die Anhörung durch das Bundesamt in den verschiedenen Rechtsvorschriften (Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG bzw. Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU; Art. 25 AsylG) eine besondere Ausgestaltung insbesondere hinsichtlich der Öffentlichkeit erfahren hat. Dieser Umstand eröffnet jedoch nicht den zwingenden Schluss, in jedem Fall eine behördliche Entscheidung durch das Gericht zu erzwingen. Zunächst sind die Verwaltungsgerichte nicht gehindert, durch entsprechende Auslegung der Vorschriften über die Gerichtsöffentlichkeit nach §§ 169 ff. GVG dem Vertraulichkeitsbedürfnis im Hinblick auf die Intimsphäre (Art. 1 Abs. 1 GG) des Antragstellers Rechnung zu tragen, denn im Asylprozess stehen sich lediglich Antragsteller und die Bundesrepublik als Hoheitsträger gegenüber, so dass keine gegenläufigen schutzbedürftigen Interessen Dritter dem entgegenstehen können. Weiter entspricht eine gerichtliche Verpflichtung des Bundesamtes, das Verfahren fortzuführen, letztlich nicht dem Rechtsschutzziel des Antragstellers, der eine Entscheidung über seinen materiellen Anspruch erwartet. Eine bloße Verfahrensklage auf Handlungen einer Behörde ist der deutschen Rechtsordnung fremd und würde den Rechtsgedanken des § 44 a VwGO widersprechen. Tatsächlich würde es sich hierbei nämlich nicht um eine klassische Bescheidungsklage, sondern um eine reine Verfahrensklage handeln. Die Verwaltungsgerichte sind vielmehr verpflichtet, nach § 75 Satz 3 VwGO vorzugehen. Hierbei sind die exorbitant gestiegenen Asylbewerberzahlen und die begrenzten personellen Kapazitäten beim Bundesamt zu berücksichtigen (BVerwG, B. v. 16.3.2016 - 1 B 19.16 - juris = AuAS 2016, 119). Sollten dabei die Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht oder nicht mehr gegeben sein, so haben die Verwaltungsgerichte durch prozessleitende Verfügung oder im Beschlusswege das Bundesamt zur Durchführung unabdingbarer Verfahrensschritte wie die Antragstellung, die Identitätsfeststellung und den Informationsabgleich zur Feststellung der Verfahrenszuständigkeit nach der Dublin-Verordnung anzuhalten. Schließlich sind die Verwaltungsgerichte, selbst wenn bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsyG) keine materielle Prüfung des Schutzbegehrens des Antragstellers stattgefunden hat, berechtigt und verpflichtet, die möglichen und notwendigen Feststellungen zu treffen. Zwar ist das Bundesamt nach § 24 Abs. 1 Satz 1 AsylG verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweise zu erheben. In diesem Rahmen ist es nach § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG auch grundsätzlich zu einer persönlichen Anhörung des Asylbewerbers verpflichtet. Kommt das Bundesamt dieser Verpflichtung nicht nach, muss das Gericht, wenn es eine Entscheidung zur Sache für geboten hält, die gesetzlich gebotenen Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts durchführen (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris = Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 14).

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Eine Betretenserlaubnis (§ 11 Absatz 8) darf nur mit Zustimmung der für den vorgesehenen Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde erteilt werden. Die Behörde, die den Ausländer ausgewiesen, abgeschoben oder zurückgeschoben hat, ist in der Regel zu beteiligen.

(2) Über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 5 oder 7 und das Vorliegen eines Ausschlusstatbestandes nach § 25 Absatz 3 Satz 3 Nummer 1 bis 4 entscheidet die Ausländerbehörde nur nach vorheriger Beteiligung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.

(3) Räumliche Beschränkungen, Auflagen und Bedingungen, Befristungen nach § 11 Absatz 2 Satz 1, Anordnungen nach § 47 und sonstige Maßnahmen gegen einen Ausländer, der nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels ist, dürfen von einer anderen Behörde nur im Einvernehmen mit der Behörde geändert oder aufgehoben werden, die die Maßnahme angeordnet hat. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Aufenthalt des Ausländers nach den Vorschriften des Asylgesetzes auf den Bezirk der anderen Ausländerbehörde beschränkt ist.

(3a) Die Aufhebung einer Wohnsitzverpflichtung nach § 12a Absatz 5 darf nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde des geplanten Zuzugsorts erfolgen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 12a Absatz 5 vorliegen; eine Ablehnung ist zu begründen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die Ausländerbehörde am Zuzugsort nicht innerhalb von vier Wochen ab Zugang des Ersuchens widerspricht. Die Erfüllung melderechtlicher Verpflichtungen begründet keine Zuständigkeit einer Ausländerbehörde.

(4) Ein Ausländer, gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, darf nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Ein Ausländer, der zu schützende Person im Sinne des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes ist, darf nur im Einvernehmen mit der Zeugenschutzdienststelle ausgewiesen oder abgeschoben werden. Des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn nur ein geringes Strafverfolgungsinteresse besteht. Dies ist der Fall, wenn die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat nach § 95 dieses Gesetzes oder nach § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern oder Straftaten nach dem Strafgesetzbuch mit geringem Unrechtsgehalt erfolgt ist. Insoweit sind Straftaten mit geringem Unrechtsgehalt Straftaten nach § 113 Absatz 1, § 115 des Strafgesetzbuches, soweit er die entsprechende Geltung des § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches vorsieht, den §§ 123, 166, 167, 169, 185, 223, 240 Absatz 1, den §§ 242, 246, 248b, 263 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 265a, 267 Absatz 1 und 2, § 271 Absatz 1, 2 und 4, den §§ 273, 274, 276 Absatz 1, den §§ 279, 281, 303 des Strafgesetzbuches, dem § 21 des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 430) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und dem § 6 des Pflichtversicherungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl. I S. 213), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Februar 2017 (BGBl. I S. 147) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, diese Strafgesetze werden durch verschiedene Handlungen mehrmals verletzt oder es wird ein Strafantrag gestellt.

(5) § 45 des Achten Buches Sozialgesetzbuch gilt nicht für Ausreiseeinrichtungen und Einrichtungen, die der vorübergehenden Unterbringung von Ausländern dienen, denen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder bei denen die Abschiebung ausgesetzt wird.

(6) Vor einer Entscheidung über die Erteilung, die Verlängerung oder den Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 4a oder 4b und die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 ist die für das in § 25 Abs. 4a oder 4b in Bezug genommene Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft oder das mit ihm befasste Strafgericht zu beteiligen, es sei denn, es liegt ein Fall des § 87 Abs. 5 Nr. 1 vor. Sofern der Ausländerbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, beteiligt sie vor einer Entscheidung über die Festlegung, Aufhebung oder Verkürzung einer Ausreisefrist nach § 59 Absatz 7 die für den Aufenthaltsort zuständige Polizeibehörde.

(7) Zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 16a, 16d, 16e, 18a, 18b, 18c Absatz 3 und der §§ 19 bis 19c können die Ausländerbehörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie die Auslandsvertretung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Bundesagentur für Arbeit auch dann beteiligen, wenn sie ihrer Zustimmung nicht bedürfen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 – 11 K 434/06 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger, abgelehnte Asylbewerber ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem früheren Jugoslawien, begehren die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen und die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer.
Die am … 1969 in Skopje geborene Klägerin zu 1 reiste am 19.11.1991 mit ihren am … 1989 bzw. … 1991 in Rijeka geborenen Söhnen, den Klägern zu 2 und zu 3, in das Bundesgebiet ein und beantragte am 21.11.1991 für sich und ihre Kinder die Anerkennung als Asylberechtigte. Der damalige Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kinder war bereits zuvor nach Deutschland eingereist. Der am ... 1992 in Mannheim geborene Kläger zu 4 wurde in das Asylverfahren seiner Mutter mit einbezogen.
Mit Bescheid vom 04.11.1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - die Asylanträge der Kläger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und das bezüglich der Kläger zu 1, 3 und 4 keine Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Bezüglich des Klägers zu 2 stellte es fest, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG hinsichtlich Kroatiens und allen Ländern vorliegen, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung seiner Hemmkörperhämophilie zu gewährleisten. Im Übrigen wurden Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG auch bezüglich des Klägers zu 2 verneint. Allen Klägern wurde die Abschiebung nach Kroatien angedroht. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG wurde am 23.11.1994 bestandskräftig.
Auf die Klagen der Kläger zu 1, 3 und 4 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 18.06.1996 - A 6 K 14843/94 - die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, hinsichtlich dieser Kläger das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 4 AuslG festzustellen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 11.02.1998 - 14 S 1679/97 - das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen insgesamt abgewiesen.
Der Aufenthalt der Kläger wurde in der Folgezeit geduldet. Der Lebensgefährte der Klägerin zu 1 und Vater der Kläger zu 2 - 4 wurde 1997 nach Makedonien abgeschoben. Die Kläger haben zu ihm keinen Kontakt mehr.
Mit Schreiben vom 10.09.2001 und vom 29.08.2002 wurden die Kläger aufgefordert, sich in das Staatsangehörigkeitsregister „ihres Heimatlandes“ eintragen zu lassen. Die Klägerin zu 1 übersandte daraufhin eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.09.2002, dass sie einen Antrag auf Festlegung der makedonischen Staatsangehörigkeit gestellt habe. Mit weiterem Schreiben legte sie eine Bestätigung der Botschaft der Republik Makedonien vom 05.12.2003 vor, wonach sie keine Staatsbürgerin der Republik Makedonien ist. Mit Schreiben vom 15.06.2004 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen vom 27.05.2004 mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 nicht zugestimmt werde, da diese keine makedonische Staatsangehörige sei und sich bereits 1988 nach Kroatien abgemeldet habe.
Das Generalkonsulat der Republik Kroatien in Stuttgart teilte dem Regierungspräsidium Karlsruhe am 12.07.2004 mit, dass es über keinerlei Angaben verfüge, ob die Kläger kroatische Staatsbürger seien.
Am 11.08.2004 beantragten die Kläger die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen und mit Schreiben vom 17.12.2004 die Ausstellung von Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweisersatzpapieren. Zur Begründung trugen sie vor, hinsichtlich des Klägers zu 2 lägen die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vor. Bei den übrigen Klägern ergebe sich ein Abschiebungshindernis aus Art. 8 EMRK, da sie mit dem Kläger zu 2 in familiärer Gemeinschaft lebten. Weder Makedonien noch ein anderer Nachfolgestaat des früheren Jugoslawien sei bereit, ihnen Reisepässe auszustellen. Ihre Passbeschaffungsbemühungen seien erfolglos geblieben.
Mit Bescheid vom 27.06.2005 lehnte die Beklagte die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen gemäß § 30 AuslG bzw. Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 25 AufenthG und Reisedokumenten, hilfsweise von Ausweispapieren, ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Kläger hätten sich nicht hinreichend um Eintragung in ein Staatsangehörigkeitsregister bemüht. Da ihre Staatsangehörigkeit nicht geklärt sei, sei auch ihre Identität ungeklärt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 a AufenthG).
10 
Am 15.05.2005 legten die Kläger Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, sie hätten hinreichende Passbeschaffungsbemühungen unternommen. Außer zu Makedonien und zu Kroatien hätten sie keine Beziehungen zu Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Ihre Identität sei durch den früheren jugoslawischen Reisepass der Klägerin zu 1 und durch die Geburtsurkunden der Kläger zu 2 - 4 geklärt. Eine Abschiebung aller Kläger sei nach Art. 8 EMRK unzulässig, da in der Person des Klägers zu 2 ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG bestehe.
11 
Am 17.07.2005 teilten die makedonischen Behörden dem Regierungspräsidium Karlsruhe auf dessen Ersuchen mit, dass einer Rückübernahme der Klägerin zu 1 - als in Makedonien geborene Drittstaatsangehörige -, nicht hingegen einer Rückübernahme der übrigen Kläger zugestimmt werde.
12 
Mit Schreiben vom 03.08.2005 forderte die Beklagte die Klägerin zu 1 auf, sich beim Generalkonsulat von Serbien und Montenegro in Stuttgart einen Pass zu besorgen und ihre Kinder in das Staatsangehörigkeitsregister eintragen zu lassen. Das Generalkonsulat bestätigte mit Schreiben vom 13.10.2005, dass die Klägerin zu 1 am 13.10.2005 einen Antrag auf Beschaffung der Dokumente von den zuständigen Behörden in Serbien und Montenegro /Rekonstruktion der Eintragung in das Staatsbürgerregister gestellt habe. Mit Schreiben vom 25.11.2005 teilte das Generalkonsulat der Klägerin zu 1 mit, dass sie ausweislich der Auskunft des zuständigen Registerstandesamts Nis nicht im Staatsangehörigkeitsregister eingetragen sei.
13 
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Widersprüche der Kläger mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen nicht vor. Die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG stehe zwar derzeit formal einer Aufenthaltsbeendigung entgegen. Fraglich sei jedoch, ob dies auch bei einer freiwilligen Ausreise der Fall sei. Jedenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Wegfall möglicherweise jetzt bestehender Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Die medizinische Versorgung in Kroatien habe sich gegenüber 1994 verbessert und es erscheine möglich, dass der Kläger zu 2 in Kroatien eine angemessene Versorgung erhalten könne.
14 
Am 10.02.2006 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben mit den Anträgen, die Verfügung der Beklagten vom 27.06.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen und Reisedokumente, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen. Zur Begründung machen sie geltend, sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Ein aufnahmebereiter Staat stehe nicht zur Verfügung. Eine Behandlung der schweren Hemmkörperhämophilie sowie der chronischen Hepatitis B und C des Klägers zu 2 sei weder in Kroatien noch in einem der anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens möglich.
15 
Das Regierungspräsidium Karlsruhe teilte dem Gericht mit Schreiben vom 13.06.2006 mit, dass die kroatischen Behörden entgegen den Vereinbarungen im Rückübernahmeabkommen der Rückübernahme der Kläger nicht zugestimmt hätten. Die Klägerin zu 1 habe aber, wie aus einem Schreiben des Generalkonsulats der Republik Serbien vom 16.06.2006 hervorgehe, die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der serbischen Staatsangehörigkeit zu stellen, weil ihre Mutter aus Serbien stamme.
16 
Die Beklagte legte mit Schreiben vom 29.06.2006 eine beglaubigte Übersetzung der Bestätigung der Republik Serbien 04.04.2006 vor, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 Staatsbürgerin der Republik Serbien sei. Außerdem wurde ein Auszug aus dem Geburtsregister vorgelegt, wonach die Mutter der Klägerin zu 1 am 01.10.1953 in Pristina geboren sei und am 16.12.1971 die Ehe mit M. M. in der Gemeinde Skopje geschlossen habe.
17 
Mit Urteil vom 23.06.2006 - 11 K 434/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klagen als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Als Anspruchsgrundlage komme allein § 25 Abs. 5 AufenthG in Betracht, dessen Voraussetzungen nicht vorlägen, weil die Klägerin zu 1 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft beim Generalkonsulat der Republik Serbien stellen könne und diesem Antrag voraussichtlich auch stattgegeben werde, da die Republik Serbien die Staatsbürgerschaft der Mutter der Klägerin zu 1 bestätigt habe. Auch wenn die Kläger bislang nicht im jetzigen serbischen Staatsgebiet gelebt hätten, sei ihnen ein Zuzug dorthin zumutbar. Abschiebungshindernisse in Bezug auf Serbien seien nicht festgestellt und lägen auch nicht vor, da die Krankheit des Klägers zu 2 nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.03.2005 dort behandelbar sei und kostenfrei behandelt werde. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten oder Ausweisersatzpapieren.
18 
Am 05.03.2007 haben die Kläger bei der Ausländerbehörde der Beklagten die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 beantragt. Diese Anträge wurden nicht beschieden.
19 
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 11.07.2007 - 11 S 1892/06 - die Berufung zugelassen und den Klägern Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt. Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen vor. Sie hätten ihre Passlosigkeit nicht zu vertreten. Die Mutmaßung des Verwaltungsgerichts, sie könnten beim Generalkonsulat der Republik Serbien mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft stellen, sei unzutreffend. Zwar sei die Mutter der Klägerin zu 1 in Pristina geboren worden, sie sei jedoch nicht serbische Staatsangehörige gewesen. In dem Geburtsregister enthalte die Rubrik „Staatsangehörigkeit“ lediglich sechs Querstriche. Die Mutter sei am 17.03.2003 verstorben. In der am 24.03.2003 in Makedonien ausgestellten Sterbeurkunde werde als Staatsangehörigkeit der Mutter ein Eintrag in Form von drei Querstrichen vorgenommen. Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen seien widersprüchlich. Das Schreiben der Stadt Nis vom 04.04.2006 bestätige, dass die Mutter der Klägerin zu 1 aufgrund des Geburtenbuches als Staatsbürgerin eingetragen sei; das Geburtenbuch selbst weise jedoch ausdrücklich keine Staatsangehörigkeit aus. Die Kläger zu 2 - 4 seien zudem faktische Inländer, sie beherrschten die serbokroatische Sprache nicht. Eine Ausreise nach Serbien sei ihnen nicht zumutbar. Die Behandlung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 sei in keinem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens kostenfrei möglich; zudem fehle es an einem mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard. Die jährlichen Behandlungskosten beliefen sich auf knapp 180.000 EUR. Der Kläger zu 2 habe zwischenzeitlich zudem einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Er sei Vater des am 31.10.2007 in Mannheim geborenen deutschen Kindes N. S..
20 
Die Kläger beantragen,
21 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Juni 2006 - 11 K 434/06 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25. Januar 2006 zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen und Reiseausweise für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatze auszustellen, sowie ferner, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
die Berufung zurückzuweisen.
24 
Sie erwidert, der Kläger zu 2 sei nunmehr volljährig und nicht mehr auf die Fürsorge seiner Mutter angewiesen. Er sei zudem zwischenzeitlich mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 sei er wegen einer gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung unter Einbeziehung einer vorangegangenen Verurteilung wegen gemeinschaftlichen Raubes u.a. zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Er erfülle damit den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen rechtfertigten gemäß § 5 Abs. 3 AufenthG nicht ein Absehen von § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Der Kläger zu 2 habe keinen Schulabschluss und sei keiner Beschäftigung nachgegangen. Er lebe nach dem Lustprinzip und vertraue auf die regelmäßige Sozialhilfe. Aufgrund dieser Lebenseinstellung komme ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nicht in Betracht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG lägen bei allen Klägern nicht vor. Sie könnten abgeleitet von der Mutter der Klägerin zu 1 die serbische Staatsangehörigkeit erwerben und in den Besitz serbischer Pässe gelangen. Entsprechende Bemühungen seien ihnen zumutbar.
25 
Mit Beschluss vom 03.06.2009 hat der Senat das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe, zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Er trägt vor, die Identität und die Staatsangehörigkeit der Kläger seien bislang nicht geklärt. Die Klägerin zu 1 habe keine Bemühungen um Feststellung der serbischen Staatsbürgerschaft nachgewiesen. Zwischenzeitlich sei den Klägern auch die Eintragung in das kosovarische Staatsangehörigkeitsregister möglich. Die Kläger zu 2 - 4 erfüllten Ausweisungstatbestände, die der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG entgegenstünden.
26 
Die bezüglich der Klägerin zu 1 sowie der Kläger zu 3 und zu 4 eingeholten Auskünfte aus dem Bundeszentralregister enthalten keine Eintragung. Der Kläger zu 2 ist ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister vom 16.06.2009 strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
27 
1. AG Mannheim, Urt. v. 07.11.2006: Gemeinschaftlicher Raub, Leistungserschleichung in zwei Fällen, versuchter Diebstahl in Tateinheit mit Unterschlagung, Diebstahl. Ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.
28 
2. AG Mannheim, Urt. v. 03.05.2007: Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung. 20 Monate Jugendstrafe unter Einbeziehung von Nr. 1. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 17.08.2006 gegen 6.00 Uhr morgens trafen der Kläger zu 2 und sein Mittäter nach einem Discothekenbesuch an einer Straßenbahnhaltestelle auf den Geschädigten T. N., der auf dem Weg zur Arbeit umsteigen wollte. Der Mittäter provozierte den Geschädigten, indem er mit einer brennenden Zigarette vor seinem Gesicht herumfummelte. Als der Geschädigte ihm die Zigarette wegnahm, fing der Mittäter an, diesen herumzuschubsen. Der Kläger zu 2 kam hinzu und stieß den Geschädigten mehrfach. Der Geschädigte fiel zu Boden; konnte sich aber wieder aufrappeln und versuchte, sich zu wehren. Der Kläger zu 2 und sein Mittäter schlugen nun gemeinsam auf den Geschädigten ein, bis dieser wieder zu Boden ging. Dann trat der Mittäter einmal mit den Füßen gegen den Kopf des Geschädigten, wodurch er ihn am Auge verletzte. Der Geschädigte trug ein Hämatom am Auge davon und seine Netzhaut wurde in Mitleidenschaft gezogen. Er war zwei Tage arbeitsunfähig. Bei der Strafzumessung wurde zugunsten des Klägers zu 2 sein Geständnis berücksichtigt. Er habe sich geständig, einsichtig und reumütig gezeigt. Auf der anderen Seite lägen schädliche Neigungen vor. Im Hinblick auf den schlechten Bewährungsverlauf habe die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können. Unter erheblichen Bedenken wurde die Entscheidung über die Aussetzung zur Bewährung für sechs Monate zurückgestellt.
29 
3. AG Mannheim, Strafbefehl vom 05.05.2008: Vorsätzliche Körperverletzung. 20 Tagessätze zu 10 EUR Geldstrafe. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Am 31.10.2007 kam es im Flur eines Krankenhauses zu Streitigkeiten zwischen dem Kläger zu 2 und der Geschädigten, in deren Verlauf er diese mit der flachen Hand ins Gesicht schlug und sie mit den Worten „Du Hure“ beleidigte.
30 
Der Kläger zu 2 verbüßt seit dem 16.06.2008 die mit Urteil vom 03.05.2007 verhängte Jugendstrafe. Zweidritteltermin war am 04.07.2009, Haftende ist der 25.01.2010.
31 
Die Kläger zu 3 und zu 4 wurden mit Urteil des Amtsgerichts Mannheim - Jugendgericht - vom 17.09.2008 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen, der Kläger zu 4 darüber hinaus wegen Beleidigung in zwei Fällen, der Kläger zu 3 zusätzlich wegen Diebstahls verwarnt. Dem Kläger zu 4 wurde aufgegeben, an 24 Stunden nach Weisung des Stadtjugendamts unentgeltlich gemeinnützig zu arbeiten. Dem Kläger zu 3 wurde auferlegt, nach Weisung des Stadtjugendamts an einem kleinen sozialen Trainingskurs teilzunehmen. Beiden Klägern wurde aufgegeben, mit den Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich durchzuführen. Gegen beide Kläger wurde zudem ein Freizeitarrest verhängt.
32 
Die Klägerin zu 1 hat, nachdem ihr seit dem 09.06.2009 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit allgemein gestattet ist, eine befristete Teilzeitanstellung als Reinigungskraft gefunden. Sie verdient ca. 700,-- EUR netto monatlich.
33 
Der Kläger zu 2 hat - für den Fall der Haftentlassung - für September 2009 einen Platz in der 9. Klasse in Aussicht, um den Hauptschulabschluss nachzuholen.
34 
Der Kläger zu 3 verließ die Hauptschule 2006 ohne Abschluss. Daran schloss sich ein Berufsvorbereitungsjahr an. Seit dem 02.04.2009 nimmt er am Bundesprojekt Kompetenzagentur mit dem Ziel der Reintegration in das Unterstützungssystem zur Erreichung eines Abschlusses bzw. einer Ausbildung teil.
35 
Der Kläger zu 4 erlangte 2007 den Hauptschulabschluss, absolvierte im Anschluss ein Berufsvorbereitungsjahr und strebt für das nächste Schuljahr den Besuch einer Realschule zur Erlangung des Realschulabschlusses an.
36 
Bereits mit Bescheid vom 19.03.2007 hat das Bundesamt die mit Bescheid vom 04.11.1994 bezüglich des Klägers zu 2 getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegt, widerrufen und festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 2 staatenlos sei. Trotzdem könne er nach Kroatien zurückkehren. Eine adäquate Behandlung seiner Erkrankung in Kroatien sei nach der beim Auswärtigen Amt eingeholten Auskunft vom 10.11.2006 möglich. Die Kosten würden von der Krankenversicherung übernommen. Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 13.02.2008 - A 4 K 343/07 - abgewiesen. Der erkennende Gerichtshof hat mit Beschluss vom 28.04.2008 - A 6 S 915/08 - die Berufung zugelassen, über die noch nicht entschieden wurde (- A 6 S 1160/08 -).
37 
In der Berufungsverhandlung ist dem Vertreter der Beklagten Gelegenheit gegeben worden, sein in § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eingeräumtes Ermessen hinsichtlich des Absehens von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen bezogen auf § 25 Abs. 5 AufenthG zu ergänzen und bezogen auf § 104 a AufenthG erstmals auszuüben. Hierzu wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
38 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sowie die Akten des 6. Senats im Berufungsverfahren A 6 S 1160/08 nebst Beiakten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
89 
Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
39 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO).
40 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. Dies umfasst zunächst die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind aber auch die erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils bei der Beklagten gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der Bleiberechtsregelung, da insoweit der Streitstoff identisch ist und ebenfalls ein humanitärer Aufenthaltszweck verfolgt wird. Der Streitgegenstand einer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird bestimmt und begrenzt durch den Aufenthaltszweck, aus dem der Ausländer seinen Anspruch herleitet. Im vorliegenden Verfahren stützen die Kläger ihr Klagebegehren in tatsächlicher Hinsicht auf humanitäre Gründe, wie sie in Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes normiert sind. Das Klagebegehren erfasst damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 und Urt. v. 27.01.2009 - 1 C 40.07 - DVBl 2009, 650) auch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach der durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) eingeführten und am 28. August 2007 in Kraft getretenen Altfallregelung des § 104 a AufenthG. Denn auch eine nach dieser Vorschrift erteilte Aufenthaltserlaubnis wird entweder als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG erteilt (§ 104 a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) oder gilt zumindest als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes104 a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 AufenthG). Die Anträge auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer (vgl. § 5 AufenthV), hilfsweise Ausweisersatzpapieren (vgl. § 48 Abs. 4 AufenthG) werden von den Klägern, wie diese in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, ebenfalls weiterverfolgt. Nicht Streitgegenstand ist demgegenüber das Begehren des Klägers zu 2 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG. Insoweit wird ein familiärer Aufenthaltszweck nach Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes verfolgt; nach dem Trennungsprinzip (BVerwG, Urt. v. 04.09.2007, a.a.O.) handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand. Der Vertreter des Klägers zu 2 hat in der Berufungsverhandlung zudem erklärt, dieses Begehren im vorliegenden Verfahren nicht zu verfolgen.
II.
41 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.01.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen sowie auf Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer, hilfsweise Ausweisersatzen, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Über die geltend gemachten Ansprüche ist unter Zugrundelegung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu entscheiden (unten 1.). Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem bei ihm vorrangig zu prüfenden § 25 Abs. 3 AufenthG (unten 2.) oder nach anderen Anspruchsgrundlagen (unten 3.). Die übrigen Kläger können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des bei ihnen allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor (unten 4). Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (unten 5). Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass sie die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen (unten 6.). Schließlich steht sämtlichen Klägern kein Anspruch auf Ausstellung eines Reiseausweises oder Ausweisersatzes zu (unten 7.).
42 
1. Maßgeblich für die Beurteilung der von den Klägern verfolgten Verpflichtungsbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist insgesamt der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels bei der Frage, ob eine Aufenthaltserlaubnis aus Rechtsgründen erteilt oder versagt werden muss, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit sich nicht aus dem materiellen Recht im Einzelfall Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.2004 - 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88>; Senatsurteil vom 18.04.2007 - 11 S 1035/06 - AuAS 2007, 219). Gleiches gilt nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - juris), der sich der Senat unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Urt. v. 18.04.2007, a.a.O.) anschließt, auch für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung: In Anlehnung an seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Überprüfung einer Ermessensentscheidung im Falle der gerichtlichen Anfechtung einer Ausweisung (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 <22 ff.>) geht das Bundesverwaltungsgericht nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass auch bei Klagen auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels für die Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, der für die gerichtliche Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich ist. Dies ist hier der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.
43 
Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Kläger noch unter Geltung des Ausländergesetzes die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen beantragt hatten. Die im Aufenthaltsgesetz getroffenen materiellen Übergangsregelungen (vgl. §§ 103 und 104), wonach das Ausländergesetz in bestimmten Fallkonstellationen über den 01.01.2005 hinaus auf Aufenthaltsansprüche Anwendung findet, erfassen den Fall von vor diesem Zeitpunkt geltend gemachten Ansprüchen auf Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen nicht.
44 
2. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG.
45 
a) Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Die Ausländerbehörde ist nach § 42 AsylVfG an eine positive oder negative Entscheidung des Bundesamts über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Feststellungen zu § 53 Abs. 6 AuslG, obwohl insoweit keine ausdrückliche Übergangsregelung erlassen worden ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - BVerwGE 126, 192; Senatsurteil vom 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 27; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 49).
46 
Danach ist die Beklagte vorliegend an die im Bundesamtsbescheid vom 04.11.1994 getroffene Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG gebunden. Dieser Bescheid ist nicht etwa mangels Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG) gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG insgesamt nichtig. Allerdings erstreckt sich die Bindungswirkung der positiven Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG nur auf Kroatien, nicht hingegen auf weitere Staaten, da der Bescheid insoweit teilnichtig ist (vgl. § 44 Abs. 4 VwVfG). Nach dem Tenor des Bundesamtsbescheides vom 04.11.1994 bezieht sich die Feststellung zu § 53 Abs. 6 AuslG auf Kroatien und alle Länder, die keinen mit Deutschland vergleichbaren medizinischen Standard besitzen, um die Therapierung der Hemmkörperhämophilie des Klägers zu 2 zu gewährleisten. Nähere Feststellungen zum medizinischen Standard in Deutschland, in Kroatien oder in weiteren Ländern finden sich in der Begründung nicht. Auf welche weiteren Länder sich die Feststellung konkret erstrecken soll, ist für den Adressaten nicht erkennbar. Insoweit fehlt es an der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit des Bescheides (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Hinsichtlich des Regelungsinhalts erfordert das Bestimmtheitsgebot, dass dieser für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 37 Rn. 12). Demgegenüber genügt es nicht, dass er für die Behörde - möglicherweise unter Hinzuziehung von Erkenntnisquellen zu weiteren Ländern - bestimmbar ist. Hier ist der Bescheid aus sich heraus nicht verständlich. Der Bescheid ist vielmehr in einem wesentlichen Punkt unklar; die bestehende Unbestimmtheit ist offensichtlich und kann auch nicht durch Auslegung behoben werden. Dies führt zur Nichtigkeit (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 44 Rn. 26 m.w.N.). Der nichtige Teil ist indes nicht so wesentlich, dass das Bundesamt die Feststellung in Bezug auf Kroatien ohne diesen Teil nicht erlassen hätte. Es liegt demnach eine Teilnichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 4 VwVfG vor.
47 
Die Bindungswirkung des wirksamen Teils des Bescheids ist nicht deshalb entfallen, weil das Bundesamt zwischenzeitlich die Feststellung widerrufen hat. Der Widerruf wirkt sich, solange er nicht bestandskräftig ist, nur insoweit aus, als er eine Atypik begründet. Rechtsfolge ist, dass der Regelerteilungsanspruch entfällt und über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - BVerwGE 124, 326; Burr in GK-AufenthG, § 25 Rn. 56).
48 
b) Der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG steht jedoch der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG entgegen. Die beantragte Aufenthaltserlaubnis ist zwingend zu versagen, wenn ein in § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführter Ausschlussgrund vorliegt. Dann ist auch eine Ermessensentscheidung nicht eröffnet (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 - a.a.O.).
49 
Nach § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer eine „Straftat von erheblicher Bedeutung“ begangen hat. Dieser Ausschlussgrund ist weiter gefasst als die Ausschlussgründe des Art. 1 F des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK -, des Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie - und des § 60 Abs. 8 AufenthG. Nach Art. 1 F GFK finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist,
50 
a) dass sie ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen;
51 
b) dass sie ein schweres nichtpolitisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelandes begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden;
52 
c) dass sie sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider laufen.
53 
Nach Art. 17 Abs. 1 RL 2004/83/EG ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
54 
a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen;
55 
b) eine schwere Straftat begangen hat;
56 
c) sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwider laufen;
57 
d) eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit des Landes darstellt, in dem er sich aufhält.
58 
Nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG findet Absatz 1 dieser Norm keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Nach Satz 2 gilt das Gleiche, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des - dem Art. 1 F GFK entsprechenden - § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllt.
59 
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 31) ist es nicht geboten, den Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG in Anlehnung an die angeführten Vorschriften eng auszulegen. Dagegen spricht zunächst die Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine vollständige Abschaffung der Duldung vor. Eine Aufenthaltserlaubnis sollte erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 Abs. 2 bis 7 vorliegen. Einziger Ausschlussgrund sollte nach Satz 2 des Entwurfs die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Ausreise in einen anderen Staat sein. Ein von der CDU/CSU-Fraktion eingebrachter Änderungsantrag sah demgegenüber eine restriktive Neufassung des § 25 Abs. 3 vor:
60 
„Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 vorliegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn eine Ausreise in einen anderen Staat aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Eine Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn der Ausländer die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst zu vertreten hat, weil er im Bundesgebiet nicht nur vereinzelte oder geringfügige Straftaten begangen hat oder nach seiner Einreise die Gründe für das Verbot der Abschiebung selbst herbeigeführt, die Aufenthaltsbeendigung in vorwerfbarer Weise hinausgezögert oder vereitelt hat oder sein Handeln in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich ist.“
61 
Begründet wurde der Änderungsantrag u.a. damit, dass Straftätern grundsätzlich keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden solle (BT-Drs. 15/955, S. 14). Diese Einwände haben sich in der vom Vermittlungsausschuss akzeptierten Fassung in der Weise niedergeschlagen, dass die Ausschlussgründe gegenüber dem Regierungsentwurf wesentlich erweitert wurden. Während der Regierungsentwurf einen Ausschluss nur in den Fällen vorsah, in denen die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist, wurden zusätzlich die Fälle des gröblichen Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten und die Begehung von Verbrechen, Straftaten oder Handlungen nach Abs. 3 Satz 2 lit. a - d eingefügt (BT-Drs. 15/3479, S. 5).
62 
Die Ausschlussgründe des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. a - d regeln lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, sagen aber nichts darüber aus, ob Ausländer, bei denen Abschiebungsverbote nach Abs. 3 Satz 1 vorliegen, in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden können. Rechtsgrundsätzliche Bedenken dagegen, dass die Ausschlussgründe weiter gefasst sind als in Art. 1 F GFK und in Art. 17 RL 2004/83/EG, bestehen daher nicht. Steht der Ausschlussgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, ist eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 48; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 72). In der Person des Klägers zu 2 liegt ohnehin lediglich ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor, so dass er sich auf die Bestimmungen der GFK und der Qualifikationsrichtlinie nicht berufen kann.
63 
Bei dem Begriff der Straftaten von erheblicher Bedeutung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, den der Gesetzgeber in einer Vielzahl von Gesetzen verwendet (vgl. etwa §§ 81 g, 98 a, 100 g, 100 h, 110 a, 131 StPO, § 28 BDSG, § 23 BPolG, §§ 8, 14, 15 BKAG, §§ 25, 30 PolG BW). Dazu zählen alle Verbrechen, aber auch schwerwiegende Vergehen (etwa §§ 224, 243, 253 StGB; schwerwiegende Straftaten nach dem BtMG). Man versteht darunter solche Taten, die den Rechtsfrieden empfindlich stören und geeignet sind, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Es muss sich bei den zu beurteilenden Taten um Delikte handeln, die mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen sind (BVerfG, Beschl. v. 14.12.2000 - 1 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21 <34> und Beschl. v. 16.06.2009 - 2 BvR 902/06 - juris; NdsOVG, Beschl. v. 06.03.2009 - 7 LA 231/07 - juris; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 81 g Rn. 7 a m.w.N.; Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 50; Hailbronner, AuslR, Kommentar, § 25 Rn. 69). In den Fällen der mittleren Kriminalität ist dabei das besondere Maß des Unrechts nach Lage des konkreten Einzelfalles entscheidend, wobei es nicht so sehr auf den abstrakten Charakter des Straftatbestandes, sondern auf Art und Schwere der jeweiligen konkreten Tat ankommt. Die Beeinträchtigung des Rechtsfriedens oder der Rechtssicherheit kann sich etwa daraus ergeben, dass durch die Straftat bedeutsame Rechtsgüter wie z.B. Leib, Leben, Gesundheit oder fremde Sachen von bedeutendem Wert verletzt wurden. Nach Lage des Falles können auch Eigentums- oder Vermögensdelikte mittlerer Qualität die genannten Voraussetzungen erfüllen, insbesondere wenn es sich um Straftaten mit Seriencharakter und entsprechendem (Gesamt-)Schaden für die Allgemeinheit handelt (BT-Drs. 11/7663 S. 35). Die Straftat muss ein Gewicht aufweisen, das es gerechtfertigt erscheinen lässt, den gesetzgeberischen Zweck der Legalisierung des Aufenthalts zurücktreten zu lassen (Burr, a.a.O. Rn. 50; Hailbronner, a.a.O. Rn. 69; VG Stuttgart, Urt. v. 07.10.2005 - 9 K 2107/04 - InfAuslR 2006, 78).
64 
Daran gemessen liegt der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 3 Satz 2 lit. b AufenthG hier vor. Der Kläger zu 2 wurde mehrfach nicht nur wegen Eigentums-, sondern auch wegen Gewaltdelikten (gemeinschaftlicher Raub, gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung) verurteilt. Er ist hierbei vor massiven Verletzungen der körperlichen Integrität unbeteiligter Dritter nicht zurückschreckt. Hinzu kommt, dass er die ihm mehrfach eingeräumten Gelegenheiten zur Bewährung ausweislich des Berichts der Bewährungshelferin vom 26.04.2007 und des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 03.05.2007 nicht genutzt hat. Nichts anderes folgt angesichts des Umstandes, dass gegen den Kläger zu 2 eine Jugendstrafe verhängt wurde, die letztendlich nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte, daraus, dass der Kläger zu 2 nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde.
65 
Unschädlich ist, dass die in § 72 Abs. 2 AufenthG vorgesehene Beteiligung des Bundesamtes unterbleiben ist. Nach dieser Vorschrift hätte das Vorliegen des Ausschlussgrundes unter Beteiligung des Bundesamtes geprüft werden müssen. Dieses Beteiligungserfordernis verfolgt jedoch nicht das Ziel, Rechte des Ausländers zu wahren. Es ist nicht als verfahrensrechtliche Schutznorm anzusehen. Der betroffene Ausländer kann sich daher in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mit Erfolg auf die unterbliebene Beteiligung berufen (Gutmann in GK-AufenthG, § 72 AufenthG Rn. 55 m.w.N.).
66 
Ob weitere Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorliegen, kann danach offenbleiben.
67 
3. Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach anderen Anspruchsgrundlagen.
68 
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger zu 2 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt. Insoweit erscheint offen, ob seine Ausreise nach Serbien oder Kosovo möglicherweise im Hinblick auf eine drohende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots rechtlich unmöglich ist. Bezüglich dieser Staaten liegt keine Bundesamtsentscheidung vor, die die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG insoweit sperren würde (vgl. § 42 Satz 1 AsylVfG). In der Rechtsprechung ist auch geklärt, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht ausschließlich im Rahmen des § 25 Abs. 3, sondern auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG berücksichtigungsfähig sind, soweit keine Prüfungszuständigkeit des Bundesamtes gegeben ist (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.; Hailbronner, AuslR, Kommentar, A 1 § 25 Rn. 119).
69 
Einem möglichen Anspruch steht aber jedenfalls das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG entgegen. Danach setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Mit den von ihm begangenen vorsätzlichen Straftaten, die nicht vereinzelt und geringfügig sind, hat der Kläger zu 2 den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrunds beseitigen würden, sind nicht ersichtlich. Anders als im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG - insoweit kommen gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht zur Anwendung - ist im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG auch nicht von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abzusehen. Vielmehr kann die Ausländerbehörde gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen absehen. Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.08.2007 ausdrücklich erklärt, dass sie bei dem Kläger zu 2 nicht von der allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absieht. Die bisherigen strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers zu 2 rechtfertigten eine solche Entscheidung nicht. Ermessensfehler sind insoweit nicht erkennbar. Die Ermessensbetätigung steht im Einklang mit der Entscheidung des Gesetzgebers, der im Rahmen des § 25 Abs. 3 AufenthG das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung als zwingenden Ausschlussgrund ausgestaltet hat. Es kann nicht beanstandet werden, dass die Beklagte unter Berufung auf die Schwere der strafrechtlichen Verfehlungen dieser gesetzgeberischen Entscheidung auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung trägt.
70 
§ 114 Satz 2 VwGO steht vorliegend der erstmaligen Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen. Zwar erlaubt diese Vorschrift nur die Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen. An solchen fehlt es vorliegend. Der Konzeption des § 114 Satz 2 VwGO liegt indes zugrunde, dass bei Ermessensentscheidungen der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung der maßgebliche Zeitpunkt ist (vgl. Kuntze in Bader u.a., VwGO, § 114 Rn. 5 m.w.N.). Ist aber - wie hier (vgl. oben II. 1.) - der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der maßgebliche Zeitpunkt auch für die Überprüfung der Ermessensentscheidung und ergibt sich erstmals während des gerichtlichen Verfahrens die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung, so ist eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 114 Satz 2 VwGO geboten. In dieser Situation kann es der Behörde, die die Pflicht zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Verfügung trifft, nicht verwehrt sein, bezüglich nachträglich entstandener Umstände, die erstmals eine Ermessensentscheidung erfordern, ihr Ermessen insgesamt nachträglich erstmals zu betätigen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum Ausweisungsrecht so entschieden. Es hat seine frühere Rechtsprechung, wonach Ermessenserwägungen bei Ausweisungsentscheidungen nur insoweit ergänzt werden können, als die nachträglich von der Behörde angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen (vgl. Urt. v. 05.05.1998 - 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363>), mit der Erwägung aufgegeben, dass diese Rechtsprechung sich nicht auf Sachverhalte bezieht, in denen es aus Gründen des materiellen Rechts erforderlich ist, in eine Ermessensentscheidung auch Umstände einzubeziehen, die erst nach Erlass der Ausweisungsverfügung entstanden sind (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 und Urt. v. 13.01.2009 - 1 C 2.08 - NVwZ 2009, 727). Dies betrifft nicht nur Situationen, in denen die Ergänzung einer bereits getroffenen Ermessensentscheidung geboten ist, sondern auch Fälle, in denen eine ursprünglich gebundene Ausweisung aufgrund nachträglicher Änderungen erstmals einer Ermessensentscheidung bedarf (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007, a.a.O. Rn. 19). Der Einbeziehung nachträglicher Ermessenserwägungen könne in dieser Sondersituation nicht entgegengehalten werden, dass diese sich auf nach Erlass der Ausweisung entstandene Umstände beziehen (zustimmend Decker in Posser/Wolff, VwGO, § 114 Rn. 45). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Senats auf Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu übertragen, nachdem das Bundesverwaltungsgericht auch in diesem Bereich seine Rechtsprechung zum maßgeblichen Zeitpunkt geändert hat (Urt. v. 07.04.2009 - 1 C 17.08 - a.a.O.). In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf seine neuere Rechtsprechung zum Ausweisungsrecht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ausländerbehörde die Möglichkeit habe, in Erfüllung ihrer Obliegenheit zur ständigen verfahrensbegleitenden Kontrolle die Ermessenserwägungen in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO im laufenden Verfahren zu aktualisieren (a.a.O. Rn. 42). Soweit danach eine Aktualisierung „in Anwendung der prozessualen Möglichkeit des § 114 Satz 2 VwGO“ erfolgen soll, lässt sich dem nicht entnehmen, dass anders als im Ausweisungsrecht eine gegebenenfalls notwendige erstmalige Ermessensbetätigung während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein soll. Diese Formulierung dürfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall eine Ermessensentscheidung getroffen worden war und daher von vornherein nur eine Ergänzung der bereits getroffenen Ermessensentscheidung im Raume stand.
71 
Hier ist die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erst infolge der vom Kläger zu 2 nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2006 begangenen Straftaten entfallen, so dass der Beklagten die erstmalige Ermessensausübung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt werden kann. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass dadurch der Verwaltungsakt in seinem Wesen geändert würde, was nach der bisherigen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - 8 C 12.81 - BVerwGE 64, 356 <360>) dem Nachschieben von Gründen entgegenstünde. Sinn und Zweck der Schranke der Wesensänderung sind Überlegungen prozessualer Waffengleichheit, damit insbesondere belastende Ermessensverwaltungsakte nicht frühzeitig auf schwacher Grundlage erlassen und von der Verwaltung auch noch im Prozess zur nachträglichen Legitimation der Anordnung nach Belieben nachgebessert werden können. Dieser Zweck trifft aber die infolge der Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts zu bewältigenden Fälle nachträglicher Änderungen der Sach- und Rechtslage gerade nicht (ebenso Kraft, ZAR 2009, 41 <46>). Sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage zugunsten wie zulasten des Ausländers zu berücksichtigen, erscheint es auch unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerechtfertigt, der Ausländerbehörde das Recht zur erstmaligen Ermessensentscheidung während des gerichtlichen Verfahrens einzuräumen.
72 
b) Der Kläger zu 2 hat keinen Anspruch gemäß der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17. November 2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Anordnung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis entgegen. Nach Nr. I 3.3 dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen.
73 
c) Einem möglichen Anspruch des Klägers zu 2 nach § 104 a AufenthG steht der Ausschlussgrund gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 dieser Vorschrift entgegen. Mit der Verurteilung zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten ist dieser Ausschlussgrund verwirklicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 52).
74 
4. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 können die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen nach § 25 AufenthG ebenfalls nicht beanspruchen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG liegen nicht vor.
75 
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
76 
a) Zwar sind alle Kläger aufgrund der in den Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohungen nach § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig.
77 
b) Es fehlt jedoch an der Unmöglichkeit der Ausreise. Die Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 ist weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Der Begriff der Ausreise umfasst die (zwangsweise) Abschiebung und die freiwillige Ausreise (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Die Ausreise ist unmöglich, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann. Da die Ausreise eine unvertretbare Handlung darstellt, ist die Unmöglichkeit im Hinblick auf den betroffenen Ausländer zu prüfen. Von der Unmöglichkeit der Abschiebung kann nicht ohne weiteres auf die Unmöglichkeit der Ausreise geschlossen werden. Grundsätzlich ist von der Möglichkeit einer (freiwilligen) Ausreise auszugehen, solange der Ausländer nicht durch einen gescheiterten Ausreiseversuch das Gegenteil nachweist. Es bedarf jedoch dann keines Versuchs der freiwilligen Ausreise in den Heimatstaat, wenn von vornherein feststeht, dass dieser Versuch erfolglos bleiben wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.2003 - 13 S 2767/02 - juris).
78 
aa) Ein tatsächliches Ausreisehindernis kann vorliegen, wenn ein Ausländer staatenlos ist und kein aufnahmebereiter Staat vorhanden ist. Auch der fehlende Besitz eines Passes oder sonstigen Reisedokuments kann die tatsächliche Unmöglichkeit begründen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.04.2005 - 11 S 2779/04 - VBlBW 2005, 356).
79 
bb) Die freiwillige Ausreise ist rechtlich unmöglich, wenn dem Ausländer aus Rechtsgründen nicht zuzumuten ist, Deutschland zu verlassen. Allgemeine Widrigkeiten, oder Überlegungen humanitärer Art, die aber keine Abschiebungshindernisse zur Folge haben, bleiben jedoch unberücksichtigt (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 - a.a.O.). Danach ist die Ausreise unzumutbar und damit unmöglich, wenn rechtliche zielstaats- und/oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen. Zu den inlandsbezogenen Abschiebungsverboten zählen auch die Verbote, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006, a.a.O.). Eine rechtliche Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise wäre danach gegeben, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben darstellte.
80 
Ein unverhältnismäßiger Eingriff - und demzufolge eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise - kann angenommen werden, wenn die „Verwurzelung“ des Ausländers in Deutschland infolge fortgeschrittener beruflicher und sozialer Integration bei gleichzeitiger Unmöglichkeit einer Reintegration im Herkunftsstaat dazu führt, dass das geschützte Privatleben nur noch hier geführt werden kann (sog. faktischer Inländer). Die Annahme einer Unzumutbarkeit der Ausreise im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG unter dem Aspekt des nach Art. 8 EMRK geschützten „Privatlebens“ setzt eine abgeschlossene und „gelungene“ Integration des Ausländers in die Lebensverhältnisse in Deutschland voraus. Eine derartige Konstellation ist insbesondere denkbar bei Ausländern der zweiten Generation, die in Deutschland aufgewachsen sind und keinerlei Beziehung zum Herkunftsstaat der Eltern besitzen. Wie sich hinreichend etwa aus den neueren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Sachen „Sisojeva I und II“ (EGMR, Urteile vom 16.06.2005 und 15.01.2007, EuGRZ 2006, 554 und InfAuslR 2007, 140) sowie „Rodrigues da Silva und Hoogkamer“ (EGMR, Urteil vom 31.01.2006, EuGRZ 2006, 562) ergibt, kommt es im Rahmen des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1 EMRK wohl nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Ausländer über einen zumindest vorübergehenden legalen Aufenthalt verfügte (offen gelassen im Urteil vom 08.04.2008 - Nr. 21878/06 - „Nnyanzi“); der Schutzbereich dieses Menschenrechts dürfte vielmehr auch bei nur Geduldeten eröffnet sein können (Senatsbeschlüsse vom 25.10.2007 - 11 S 2091/07 - InfAuslR 2008, 29 = VBlBW 2008, 114 = NVwZ 2008, 344, vom 03.11.2008 - 11 S 2235/08 -InfAuslR 2009, 72 und vom 05.02.2009 - 11 S 3244/08 - InfAuslR 2009, 178; ebenso Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 150; HK-AuslR/Fränkel, § 25 AufenthG Rn. 56; Benassi, InfAuslR 2006, 397 <401 f.>; Hoppe, ZAR 2006, 125; Marx, ZAR 2006, 261 <266>; a.A. wohl Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - juris und Storr in Storr u.a., ZuwG, 2. Aufl., § 25 AufenthG Rn. 31; unklar insoweit BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris).
81 
Zu berücksichtigen ist auch, dass minderjährige Kinder grundsätzlich aufenthaltsrechtlich das Schicksal ihrer Eltern teilen (sog. familienbezogene Gesamtbetrachtung; vgl. dazu Senatsurteil vom 26.07.2006 - 11 S 951/06 -VBlBW 2006, 442). Steht den Eltern wegen deren mangelnder Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über Art. 8 EMRK in Verbindung mit § 25 AufenthG kein Aufenthaltsrecht zu, so ist davon auszugehen, dass auch ein Minderjähriger, der im Bundesgebiet geboren wurde oder dort lange Zeit gelebt hatte und vollständig integriert ist, auf die von den Eltern nach der Rückkehr im Familienverband zu leistenden Integrationshilfen im Heimatland verwiesen werden kann. Ausnahmsweise kann etwas anderes gelten, wenn kein Elternteil in der Lage sein wird, diese Hilfen zu erbringen.
82 
cc) Daran gemessen folgt hier weder aus der Passlosigkeit der Kläger (aaa) noch aus Art. 8 EMRK (bbb) eine Unmöglichkeit der Ausreise. Wollte man dies hinsichtlich der Passlosigkeit anders sehen, stünden jedenfalls die Regelungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG dem geltend gemachten Anspruch entgegen (ccc).
83 
aaa) Zwar erscheint eine Ausreise nach Kroatien bezüglich aller Kläger ausgeschlossen, nachdem die kroatischen Behörden die Rückübernahme endgültig abgelehnt haben. Gleiches gilt in Bezug auf Makedonien für die Kläger zu 3 und zu 4. Dass eine Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 nach Serbien oder in die Republik Kosovo nicht möglich ist, steht demgegenüber nicht fest. Nachdem insoweit keine eindeutigen Erklärungen der zuständigen Stellen der betreffenden Staaten vorliegen, dass die Kläger nicht übernommen werden, und sie auch keinen - gescheiterten - Ausreiseversuch unternommen haben, ist von der Möglichkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen.
84 
bbb) Aus Art. 8 EMRK ergibt sich vorliegend keine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise der Kläger zu 1, zu 3 und zu 4.
85 
Soweit keine Abschiebung der Klägerin zu 1 nach Makedonien durchgeführt werden soll, ist vorliegend nicht der Schutzbereich des Rechts auf Familienleben (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 05.02.2009 – 11 S 3244/08 – InfAuslR 2009, 178), sondern lediglich der des Rechts auf Achtung des Privatlebens eröffnet. Die Klägerin zu 1 und der minderjährige Kläger zu 4 können nach dem oben Ausgeführten darauf verwiesen werden, gemeinsam nach Serbien bzw. Kosovo auszureisen. Gleiches gilt für den volljährigen Kläger zu 3, der im Übrigen nicht in gesteigertem Maße auf familiären Beistand angewiesen ist. Die Ausreise ist für keinen der Kläger unzumutbar. Der Eingriff in das geschützte Privatleben der Kläger ist im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht unverhältnismäßig.
86 
Bei der als Erwachsene eingereisten Klägerin zu 1, die in Makedonien aufgewachsen ist und später im heutigen Kroatien gelebt hat, fehlt es bereits an der erforderlichen Entwurzelung. Zudem ist sie nicht hinreichend verwurzelt, da sie über viele Jahre ausschließlich von Sozialleistungen gelebt und erst vor kurzem eine Arbeitsstelle gefunden hat. Weitere besondere Integrationsleistungen sind nicht ersichtlich. Es fehlt auch an einer Handreichung des Staates, da ihr Aufenthalt nach negativem Abschluss des Asylverfahrens durchgehend nur geduldet war. Sie konnte daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand ihres Aufenthalts im Bundesgebiet entwickeln (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 1 C 3.08 - juris). Der jetzt 17jährige Kläger zu 4 ist zwar hier geboren und aufgewachsen, so dass ohne weiteres von einer Entwurzelung ausgegangen werden kann. Er hat indes nach Abschluss der Hauptschule keine Ausbildung begonnen und auch beruflich nicht Fuß gefasst. Besondere Integrationsleistungen sind ebenfalls nicht ersichtlich. Negativ ins Gewicht fällt auch seine Verurteilung vom 17.09.2008. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 4 als Minderjähriger grundsätzlich das aufenthaltsrechtliche Schicksal seiner Mutter teilt (familienbezogene Gesamtbetrachtung). Bei dem als Kleinkind eingereisten, jetzt 18jährigen Kläger zu 3 fehlt es ebenfalls an einer abgeschlossenen Integration. Er hat keinen Schulabschluss erlangt und ist beruflich nicht integriert. Zudem ist er ebenfalls straffällig geworden. Von einer fortgeschrittenen beruflichen und sozialen Integration kann daher auch bei ihm keine Rede sein.
87 
ccc) Nach § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG darf die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, „wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist“ (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG), und ein Verschulden liegt insbesondere dann vor (die anderen Verschuldenstatbestände sind hier nicht einschlägig), wenn der Ausländer „zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt“ (§ 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Grundsätzlich ist der Ausländer verpflichtet, von sich aus zumutbare Anforderungen zur Beseitigung von Ausreisehindernissen zu erfüllen; er hat zudem unter Angabe nachprüfbarer Umstände darzulegen und durch Vorlage geeigneter Dokumente nachzuweisen, dass er das ihm Zumutbare zur Erlangung eines Passes oder eines anderen Rückreisedokuments getan hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - InfAuslR 2009, 109; Senatsurteil vom 22.03.2006 - 11 S 1924/05 - je m.w.N.). Bei der Frage, welche Mitwirkungshandlungen konkret zumutbar sind, sind alle Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen (siehe BVerwG, Beschl. v. 15.06.2006 - 1 B 54.06 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O. m.w.N.), wobei der Begriff der Zumutbarkeit es ausschließt, einem Ausländer solche Handlungen abzuverlangen, die von vornherein erkennbar aussichtslos sind (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2006, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.06.2007 - 3 B 34.05 - juris). Auch dem Verhalten der Behörde als Mitbeteiligter kommt bei der Festlegung der einzelnen Verantwortungsbereiche Bedeutung zu (Burr in GK-AufenthG, § 25 AufenthG Rn. 180; BayVGH, Beschl. v. 19.12.2005 - 24 C 05.2856 - InfAuslR 2006, 189). Erfolglos gebliebene behördliche Bemühungen können zwar dem Betroffenen selbst nicht als Verschulden angelastet werden; andererseits entlasten sie jedoch den Ausländer nicht von (sonst) zumutbaren eigenen Anstrengungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass im Rahmen des § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG eigenständige Verantwortungsbereiche von Behörde und Betroffenem anzunehmen sind (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005, a.a.O.) und dass Behördenbemühungen unter Umständen schon deswegen, weil sie von einer Behörde ausgehen, zum Scheitern verurteilt sein können. Die dem Ausländer obliegende Initiativpflicht erstreckt sich auf alle Handlungsmöglichkeiten, die ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können; nur insoweit kann ihm subjektive Verantwortlichkeit angelastet werden (siehe dazu BayVGH, Urteil vom 19.12.2005 a.a.O.). Daher hat die zuständige Behörde, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Betroffenen auf seine Pflichten hinzuweisen und ihm mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung bestimmter Handlungen verpflichtet ist; wenn sich ihm ein bestimmtes Verhalten nicht bereits aufdrängen muss, muss ihm wenigstens hinreichend erkennbar sein, was er konkret zu unternehmen hat. Die Behörde ist regelmäßig angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und Sachnähe besser in der Lage, die bestehenden Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.12.2008 - 13 S 2483/07 - a.a.O.).
88 
Daran gemessen ist ein Verschulden der Kläger hier zu bejahen. Die Klägerin zu 1 ist nie von sich aus tätig geworden, um nach Ungültigwerden ihres alten jugoslawischen Passes neue Pässe für sich und ihre Kinder zu erlangen. Aufforderungen zur Passbeschaffung ist sie bezogen auf Kroatien und Makedonien zunächst nachgekommen. Auch auf dem serbischen Konsulat hat sie vorgesprochen. Nachdem jedoch klar war, dass sie abgeleitet von ihrer Mutter möglicherweise ihre Registrierung und Einbürgerung in Serbien erreichen könnte, hat sie trotz ausdrücklicher Aufforderung seitens der Beklagten keine weiteren Bemühungen in dieser Richtung unternommen. Der Kläger zu 3, der nach Erreichen der Volljährigkeit ebenfalls keine eigenen Bemühungen unternommen hat, muss sich das Verhalten der Klägerin zu 1 ebenso zurechnen lassen wie der noch minderjährige Kläger zu 4.
89 
Auf das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen kommt es nach alledem im Hinblick auf die Ansprüche nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht an.
90 
5. Die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 haben auch keinen Anspruch nach der Anordnung des Innenministeriums nach § 23 AufenthG über ein Bleiberecht für im Bundesgebiet wirtschaftlich und sozial integrierte ausländische Staatsangehörige vom 20. November 2006 (Az.: 4-1340/29). Zum einen fehlt es an der Sicherung des Lebensunterhalts zum Stichtag 17.11.2006. Nach I. 1.2 der Anordnung muss der Lebensunterhalt des ausländischen Staatsangehörigen und seiner einbezogenen Familienangehörigen am 17.11.2006 und in Zukunft durch eigene legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Sozialleistungen gesichert sein. Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen steht der Ausschlussgrund nach Nr. I. 3.3 der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen entgegen. Nach Nr. I 3.3 der Anordnung dürfen keine Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5, 8 AufenthG vorliegen. Liegt für einen Elternteil oder für ein im Familienverband lebendes minderjähriges Kind ein Ausschlussgrund vor, so scheidet nach I. 3.5 der Anordnung zur Wahrung der Familieneinheit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch für die übrigen Familienmitglieder aus. Hier liegt nicht nur bei dem Kläger zu 2, sondern auch bei den Klägern zu 3 und zu 4 der anspruchsvernichtende Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit scheidet die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch für die Klägerin zu 1 aus.
91 
6. Möglichen Ansprüchen nach § 104 a AufenthG steht jedenfalls entgegen, dass die Kläger zu 1, zu 3 und zu 4 die allgemeine Erteilungsvoraussetzung der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) nicht erfüllen. Lockerungen in Bezug auf die Erfüllung der Passpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG bestehen im Rahmen des § 104 a AufenthG nicht (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 104 a AufenthG Rn. 71). Atypische Umstände, die das Gewicht des Regelerteilungsgrundes beseitigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Erlangung eines Passes unzumutbar sein könnte.
92 
Die von der Beklagten in der Berufungsverhandlung getroffene Entscheidung, nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abzusehen, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung wurde tragend mit der Erwägung begründet, die Klägerin zu 1 habe über Jahre hinweg keine Passbeschaffungsbemühungen entfaltet. Sie sei offensichtlich nicht gewillt, sich um einen Pass zu bemühen. Der Kläger zu 4 müsse sich die mangelnden Passbeschaffungsbemühungen seiner Mutter zurechnen lassen. Der Kläger zu 3 hätte sich nach Erreichen der Volljährigkeit auch selbstständig an das serbische Konsulat wenden und Passbeschaffungsbemühungen entfalten können. Diese Erwägungen lassen keine Ermessensfehler erkennen.
93 
§ 114 Satz 2 VwGO steht der erstmaligen Ermessensbetätigung in der Berufungsverhandlung nicht entgegen, weil mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt insgesamt erstmals über einen möglichen Anspruch auf der Grundlage des erst während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen § 104 a AufenthG zu entscheiden war. Insoweit gilt das oben unter II. 3. a) Ausgeführte entsprechend.
94 
7. Schließlich können die Kläger weder die Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer noch von Ausweisersatzen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthV liegen nicht vor, da die Kläger, wie oben ausgeführt, auf zumutbare Weise Pässe erlangen können. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor, da die Beklagte nicht nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Erfüllung der Passpflicht abgesehen hat.
III.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären. Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist gegenstandslos, nachdem die Kläger die Verfahrenskosten zu tragen haben.
96 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
97 
Beschluss vom 22. Juli 2009
98 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG auf jeweils40.000,-- EUR festgesetzt.
99 
Gründe
100 
Mit den Anträgen auf Verpflichtung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und zur Ausstellung von Reiseausweisen machen die Kläger zwei verschiedene prozessuale Ansprüche geltend, für die jeweils - je Kläger - der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG von 5.000,-- EUR anzusetzen ist (Senatsbeschluss vom 13.03.2007 - 11 S 150/07- NVwZ-RR 2007, 429). Dies ergibt einen Streitwert von 40.000,-- EUR. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend zu ändern.
101 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Stellt der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a), für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren gelten oder mit dem die Bundesrepublik Deutschland darüber einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hat, im Bundesgebiet einen Asylantrag (Zweitantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.

(2) Für das Verfahren zur Feststellung, ob ein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, gelten die §§ 12 bis 25, 33, 44 bis 54 entsprechend. Von der Anhörung kann abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. § 71 Abs. 8 gilt entsprechend.

(3) Der Aufenthalt des Ausländers gilt als geduldet. Die §§ 56 bis 67 gelten entsprechend.

(4) Wird ein weiteres Asylverfahren nicht durchgeführt, sind die §§ 34 bis 36, 42 und 43 entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Zweitantrags einen weiteren Asylantrag, gilt § 71.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.

(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.

(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann vor dem bestandskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ein Aufenthaltstitel außer in den Fällen eines gesetzlichen Anspruchs nur mit Zustimmung der obersten Landesbehörde und nur dann erteilt werden, wenn wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland es erfordern.

(2) Ein nach der Einreise des Ausländers von der Ausländerbehörde erteilter oder verlängerter Aufenthaltstitel kann nach den Vorschriften dieses Gesetzes ungeachtet des Umstandes verlängert werden, dass der Ausländer einen Asylantrag gestellt hat.

(3) Einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist oder der seinen Asylantrag zurückgenommen hat, darf vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden. Sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nummer 1 bis 6 des Asylgesetzes abgelehnt wurde, darf vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Die Sätze 1 und 2 finden im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung; Satz 2 ist ferner nicht anzuwenden, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 erfüllt.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.